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Beschlussvorlage (Dokumentation Mobilitätsleitbild)

Daten

Kommune
Kerpen
Größe
783 kB
Datum
27.02.2018
Erstellt
16.02.18, 14:30
Aktualisiert
16.02.18, 14:30

Inhalt der Datei

WORKSHOP MOBILITÄTSLEITBILD Mobilität in Kerpen 2025 08. Dezember 2017 Dokumentation Auftraggeber Kolpingstadt Kerpen Jahnplatz 1 50171 Kerpen www.stadt-kerpen.de Koordination: Technischer Beigeordneter Joachim Schwister Durchführung und Bearbeitung P3 Agentur für Kommunikation und Mobilität Antwerpener Straße 6-12 50672 Köln Tel. 0221-20894-0 Fax 0221-20894-44 www.p3-agentur.de Dipl.-Ing. Franz Linder Merten Wothge, B.Sc. Inhalt 1 EINLEITUNG UND AUSGANGSLAGE ................................................................................ 3 2 LEITBILD-WORKSHOP .................................................................................................... 4 3 ARBEITSPHASE 1: „VISION MOBILITÄT IN KERPEN 2025“............................................... 5 4 ARBEITSPHASE 2: „LEITWERTE“ .................................................................................... 8 5 ARBEITSPHASE 3: „ENTWICKLUNGSZIELE“ ................................................................... 9 6 ARBEITSPHASE 4: „LEITPROJEKTE“ ................................................................................ 9 7 „ MOBILITÄTSLEITBILD KERPEN 2025“ - SCHLUSSBETRACHTUNG ................................ 11 Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 Seite 2 WORKSHOP MOBILITÄTSLEITBILD Mobilität in Kerpen 2025 Dokumentation der Ergebnisse 1 EINLEITUNG UND AUSGANGSLAGE Die Stadt Kerpen steht wie viele andere Kommunen vor der Herausforderung, Mobilität neu zu denken. Die Auswirkungen der Digitalisierung auf Gesellschaft und Wirtschaft, die Entwicklung von autonom fahrenden Autos und Bussen, aber auch der Klimawandel und die demografische Entwicklung erfordern eine grundlegende Diskussion über die Zukunftsmobilität in unseren Städten. Hinzu kommen ungelöste Problemfelder, wie die Dieselproblematik, die damit möglicherweise verbundene Sperrung von Straßenzügen, Dauerstaus auf Autobahnen, Leistungsengpässe beim ÖPNV und nicht zuletzt das unzureichende Raumangebot von Fuß- und Radverkehr. In der Gesamtbetrachtung von aktuellen Problemen und zukünftigen Herausforderungen wird deutlich, dass sich ein Paradigmenwechsel in der Mobilität ankündigt. In Kerpen hat diese Diskussion bereits begonnen. Auf der Agenda stehen Schlagworte wie Energiehauptstadt, die Neuaus- Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 richtung mit eigenen Stadtwerken, die Realisierung innovativer städtebaulicher Ansätze für neue Erschließungsgebiete, aber auch Themen wie den Betrieb wasserstoffbetriebener Busse durch die ÖV-Träger, die Implementierung eines umfassenden Mobilitätsmanagements. Dies führt zu der zentralen Frage: In welcher Weise soll die Ausgestaltung einer zukunftsfähigen Verkehrsinfrastruktur erfolgen? Durch die besondere, disperse Raumstruktur Kerpens mit seinen einzelnen, auseinanderliegenden größeren und kleineren Stadtteilen und den damit verbundenen Binnenverkehren steht Kerpen vor einer doppelten Herausforderung, Mobilität effizient, nachhaltig und städtebaulich-verträglich zu gestalten. Um diesen sektoralen Themendiskussionen einen übergeordneten Rahmen, eine Zielperspektive, zu geben, so der Wunsch von Politik und Verwaltung, sollte in einem eintägigen, moderierten Workshop ein Mobilitätsleitbild „Mobilität Kerpen2025“ erarbeitet werden. 2025 steht dabei weniger für das konkrete Jahr, sondern als Synonym für einen überschaubaren Zukunftsraum. Seite 3 2 LEITBILD-WORKSHOP Für den Workshop wurden rund 25 Akteure aus Kommunalpolitik, Verwaltung, Wirtschaft, Einzelhandel, Schulen, Vereinen u.a. eingeladen (s. Teilnehmerliste). Die Workshop-Teilnehmenden haben sich in einem mehrstufigen moderierten Prozess folgenden Fragen gestellt:  Wie wollen (werden) wir in Zukunft leben, wohnen, arbeiten und uns bewegen? (Visionsbild) Programm Workshop Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 10:00 Uhr Begrüßung, Bürgermeister Dieter Sprück 10:15 Uhr Vortrag: Stadt und Mobilität 2025 – Trends die unsere Zukunft prägen, Franz Linder 10:45 Uhr Einführung in den Prozess 11:00 Uhr Arbeitsphase 1: Vision und Zukunftsbild  Welche Werte stehen für diese zukünftige Entwicklung? (Leitwerte) 12:30 Uhr Präsentation der Zukunftsbilder  Was sind die zentralen Entwicklungsziele dieser Vision? (Ziele) 13:00 Uhr Mittagspause  Inwieweit verändern sich die Rollen und Funktionen der klassischen Verkehrsträger (Auto, ÖPNV, Fuß- und Radverkehr)? Mit welchen „neuen“ Mobilitätskonzepten, Verkehrsmitteln und Servicediensten ist zu rechnen? 13:45 Uhr Arbeitsphase 2: Bestimmung der Leitwerte  Wie muss die zukünftige Verkehrsinfrastruktur ausgestaltet sein, um zukünftigen Ansprüchen gerecht zu werden? 15:15 Uhr Präsentation der Entwicklungsziele und Leitprojekte  Schließlich: Welche Leitprojekte und Maßnahmen bieten sich an, um das Mobilitätsleitbild zu realisieren? 15:45 Uhr Zusammenfassung und Abschluss des Workshops 14:30 Uhr Arbeitsphase 3 und 4: Bestimmung von Entwicklungszielen und Leitprojekten Der Workshopablauf war vierstufig angelegt (Vision 2025, Leitwerte, Entwicklungsziele, Leitprojekte). Für die erste Arbeitsphase (Visionsbild) wurden drei unterschiedliche Arbeitsgruppen gebildet. Die weiteren Phasen wurden im Plenum bearbeitet. Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 Seite 4 ARBEITSPHASE 1: Vision Mobilität in Kerpen 2025 3 ARBEITSPHASE 1: „VISION MOBILITÄT 2025 IN KERPEN “ Die erste Arbeitsphase bot den Teilnehmenden Gelegenheit sich mit den eigenen Wünschen und Vorstellungen für eine zukünftige Mobilität in Kerpen auseinanderzusetzen und diese in der Gruppe zu diskutieren. In drei Arbeitsgruppen wurden gemeinsame Visionsbilder erarbeitet und anschließend zusammengefasst zu einem Gesamtbild für Kerpen2025. ERGEBNISSE ARBEITSGRUPPE 1 Das Motto dieser Gruppe war „Kerpen – Bewegt und Belebt“, mit dem Untertitel „Ruhige Stadt Kerpen“. Im Fokus steht eine gesunde Mobilität, die zur persönlichen Bewegung anregt, die Stadt belebt aber trotzdem insgesamt leiser macht, vornehmlich durch weniger Autoverkehr auf den Straßen. Parallel sollen die Nahmobilität und der ÖPNV entsprechend attraktiviert werden. Dieser alternativen Form der Mobilität, ist nach Ansicht der Gruppe im Stadtbild flächendeckend Vorrang zu gewähren. Um Bewegung zu fördern, wurden neue und verbesserte Verbindungen im Radverkehr und öffentlichen Verkehr (ÖV) gefordert. Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 Diese sind schnell, unkompliziert und praktisch zu gestalten, so dass eine qualitativ hochwertige Alternative zum Autoverkehr entsteht. Geplant ist ein Netz aus Radwegeverbindungen, welche das Angebot für den Radverkehr merklich verbessert und das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel etabliert. Zur Verbesserung der vorhandenen Infrastruktur müssen u.a. zusätzliche Fahrradstellplätze in Einzelhandelszentren errichtet werden sowie die Anschaffung von Lastenfahrrädern zum Verleih gefördert werden. Für die Stärkung des ÖV fordert die Gruppe einen dichteren Takt und direkteren ÖV, der ohne viele Umwege ebenfalls schnell, unkompliziert und praktisch ans Ziel befördert. Es müssen mehr Querverbindungen entstehen, die den ÖV attraktiver machen. Zeitgleich muss die Versorgung vor Ort sichergestellt werden, um den Menschen die Möglichkeit zu bieten in Fußdistanz oder mit nur kurzen Strecken im ÖV alles zu erreichen, was sie für den täglichen Bedarf benötigen. Als weiteren Eckpfeiler einer gesunden und bewegten Mobilität, sieht die Gruppe den Faktor Grün und Naherholung. Eine konsequente Vernetzung von innerstädtischem und den zwischen Stadtteilen liegenden Grünflächen wird als zentral angesehen, um die Lebensqualität zu steigern und Kerpen zu beleben. Zum anderen gilt es die qualitativ hochwertigen Außenflächen mit Seen und Flüssen wiederzubeleben und für alle Kerpener zugänglich zu machen. Seite 5 Begleitend ist es aus Sicht der Gruppe zwingend erforderlich kommunikative Maßnahmen in Schulen, Kindertagesstätten, Betrieben und Verwaltung zu starten. Lokale Mobilitätsvorbilder sollen für die neuen Verbindungen und alternative Mobilität werben, um möglichst viele Menschen vom neuen Konzept zu überzeugen und mitzunehmen. ERGEBNISSE ARBEITSGRUPPE 2 Diese Gruppe hat sich am Leitgedanken einer „Gartenstadt“ im Sinne einer besonders grünen und gesunden Stadt orientiert. Kerngedanke ist eine bessere und vernetzte Begrünung der Ortsteile, durch die karge und triste Straßenräume neu belebt werden. Die Straße mittels Begrünung wieder als offenen Lebensraum zurückzugewinnen, war ein zentraler Wunsch in der Gruppe. Um allen Menschen den Zugang zum neuen Lebensraum Straße zu ermöglichen, wird eine konsequente barrierefreie Gestaltung des öffentlichen Raums gefordert. Mit dazu gehören sinnvoll platzierte Bänke, die Menschen ermöglichen längere Wege zu Fuß zurückzulegen, da sie Gelegenheit haben zu pausieren. Diese und weitere Elemente einer barrierefreien Stadtgestaltung sollen zu einer „Erreichbarkeit für Alle“ führen, die Grundlage ist für eine sozialverträgliche Mobilität. Aus Sicht der Gruppe bedeutet eine sozialverträgliche Mobilität allen Menschen gleichermaßen zu ermöglichen die öffentlichen Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 Räume unabhängig ihrer persönlichen finanziellen, körperlichen oder sonstigen Voraussetzungen zu nutzen. Ein weiterer Leitgedanke war die konsequente Vernetzung der unterschiedlichen Ortsteile miteinander. Wichtig war der Gruppe dabei, dass die Ortsteile ihre Autonomie bzw. Identität bewahren und differenziert wahrgenommen werden. Jedoch sollen Menschen ohne Hindernisse zwischen den verschiedenen Ortsteilen auf hochwertig ausgebauter, alternativer Infrastruktur zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Bus unterwegs sein können. Eine Anbindung dieser Infrastruktur, als interregionale Fußund Radwege an die weiteren Städte im Rhein-Erft-Kreis wird ebenfalls gefordert. Ähnlich dazu wünscht sich die Gruppe einen starken Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Neben einem guten Angebot mit einem 20-Minuten Takt, ist vor allem die Qualität der Fahrzeuge entscheidend. Hier muss über die Anschaffung von komfortablen und hochwertigen Bussen nachgedacht werden, die z.B. durch WLAN oder Stromversorgung effizient von den Fahrgästen genutzt werden können. Um die beschriebene Vision umzusetzen, ist eine konsequente Flächenumverteilung zugunsten des Fuß- und Radverkehrs Voraussetzung. Ebenso ist der Gruppe eine funktionierende Nahversorgung wichtig, so dass viele der alltäglichen Wege zu Fuß oder mit dem Rad problemlos bewältigt werden können. Damit die Menschen in Kerpen diese Veränderungen mitbekommen und die neuen Seite 6 Möglichkeiten zur Fortbewegung nutzen, sollen die Vorteile der alternativen Mobilität mit Hilfe von kommunikativen Maßnahmen verstärkt hervorgehoben werden. ERGEBNISSE ARBEITSGRUPPE 3 In dieser Gruppe war das Leitmotiv: „Kerpen vernetzen und bewegen – wir machen es einfach“. Gemeint war vor allem die konsequente Realisierung von Verbindungen zwischen den Stadtgebieten. Zum einen durch hochwertige Radwege, die sich am Standard von Radschnellwegen orientieren; zum anderen durch Busse mit modernen Fahrzeugen und guter Taktdichte inklusive eines nachfrageunabhängigen Nachtbusses. „Statt das Auto zu dämonisieren, besser die Alternativen attraktivieren“, so lautete eine zentrale Aussage der Gruppe. In diesem Zusammenhang wurde auch empfohlen, dass das Stadtteile verbindende Radwegenetz möglichst kreuzungsfrei gestaltet wird, um in der Verbindung von Radschnellwegen – mit eigenen Brückenbauwerken – und der Nutzung von E-Bikes einen größtmöglichen Fahrkomfort, aber auch Zeitvorteile gegenüber dem PKW, zu bieten. Eine ähnliche Qualitätsoffensive wurde auch für den ÖPNV gefordert. „Bürgerflatrate“, 24Stunden-Betrieb, Busse mit Fahrrad- und Rollator-Mitnahme, Maßnahmen zur Busbeschleunigung sowie ein Bahnanschluss für Kerpen waren einige der Diskussionspunkte. Die Gruppe sieht darüber hinaus in ihrem Visionsbild den Bau einer Seilbahn zwischen den beiden großen Stadtteilen Sindorf und Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 Kerpen vor. Die Seilbahn bietet die Möglichkeit, die hochbelastete Verbindungsstraße zu umgehen und wäre zudem ein „identifikationsstiftendes Element“, das für eine neue Mobilität in Kerpen steht. Neben dem ÖPNV und dem Fuß- und Radverkehr wurde ein dritter Handlungsschwerpunkt identifiziert: Die Umgestaltung der Ortsdurchfahrten. Die Empfehlung lautet, Ortsdurchfahrten in der Form umzugestalten, dass möglichst wenig Durchgangsverkehr entsteht, zum Beispiel durch einen „OD-Cut“ (Ortsdurchfahrt-Cut), abschnittsweise Shared-Space oder autofreie Bereiche, Verlagerung von PKW-Stellplätzen, eine Attraktivierung durch Grün- bzw. Baumanpflanzungen und weitere Maßnahmen. Ebenfalls empfohlen wurden breitere Bürgersteige, alleine schon im Hinblick auf die Zunahme von Rollatoren. Kerpen soll zu einer bewegungsreichen, gesunden, belebten und grünen Stadt werden. Dies soll sich in der Qualität der Radverkehrsinfrastruktur, in den Straßenräumen, aber auch in der Gestaltung von Stadtplätzen und Grünanlagen ausdrücken – zum Beispiel auch durch die Aufstellung von Bewegungsgeräten für Jung und Alt. Seite 7 ARBEITSPHASE 2: Leitwerte 4 und Stadtparks, übergeht. in die Stadtteile  Mit Sicherheit verbindet sich sowohl der Wunsch nach Verkehrssicherheit – insbesondere für den Fuß- und Radverkehr – als auch nach sozialer Sicherheit. ARBEITSPHASE 2: „LEITWERTE“ Wertvorstellungen – oder kurz Werte – bezeichnen im allgemeinen Sprachgebrauch „als erhaltenswert oder moralisch gut betrachtete Eigenschaften“ bzw. „die Qualität, die Objekten, Ideen, Sachverhalten, etc. beigemessen wird“. Das Geflecht miteinander verknüpfter, aber unterschiedlich gewichteter Werte nennt man Werte-Hierarchie (Wikipedia). Im Kontext des Mobilitätsleitbildes sind Werte Eigenschaften bzw. wichtige Qualitätsmerkmale, die für die zukünftige Stadt- und Mobilitätsentwicklung stehen. Die für Kerpen relevanten Werte korrespondieren mit den Visionsbildern der Gruppen bzw. dem daraus entstandenen gemeinsamen Zukunftsbild. In einem intensiven Diskussionsprozess mit anschließender Abstimmung sind folgende Werte als Leitwerte identifiziert worden.  Der Leitwert Gesundheit steht für eine stadtverträgliche, klimafreundliche und lebendige Mobilität, in der gesunde körperaktive Bewegung in Form von Fuß- und Radverkehr eine zentrale Rolle spielt.  Ruhe ist ein Synonym für eine geräuscharme, leise Stadt und steht auch in direktem Zusammenhang mit dem Autolärm – in Kerpen ganz spezifisch durch die Autobahn.  Teilhabe steht für das Miteinander, für Vernetzung, für Mitbestimmung und ebenfalls für Verträglichkeit. Die genannten Leitwerte sind in dieser Hierarchie wichtige Parameter und Qualitätsmerkmale für die zukünftige Mobilitätsentwicklung in Kerpen. Leitwerte – Hierarchie 1. Gesundheit 2. Grün 3. Sicherheit 4. Ruhe 5. Teilhabe  Grün ist Synonym für eine durchgrünte Stadt mit der Erwartung, dass das Grün aus den umgebenden Natur- und Landschaftsräumen, über die Ortsdurchfahrten Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 Seite 8 derlich. Als wichtiges Kommunikationselement wird ebenfalls die Mobilitätserziehung, sowie innerhalb der Verwaltung das Mobilitätsmanagement, gesehen. ARBEITSPHASE 3: Entwicklungsziele 5 ARBEITSPHASE 3: „ENTWICKLUNGSZIELE“ Neben den Leitwerten sind diese zentralen Entwicklungsziele gleichsam wichtige Determinanten zur Realisierung der Zukunftsperspektive. Aus der Gesamtvision und den Leitwerten konnten folgende Entwicklungsziele abgeleitet werden:  Modal-Split: Angestrebt wird eine Reduktion des motorisierten KFZ-Verkehrs zugunsten einer deutlichen Steigerung des Fuß- und Radverkehrs. Erreicht werden soll dies durch den hochwertigen Ausbau der entsprechenden Infrastruktur.  ÖPNV: Gewünscht wird die Entwicklung zu einem modernen und sozial verträglichen öffentlichen Nahverkehr. Dabei stehen sowohl die lokale Bedienung, als auch die Verknüpfung der Stadtteile im Vordergrund.  Verkehrssicherheit: Maßstab und Ziel ist die sogenannte „Vision Zero“ nach der idealerweise kein Mensch mehr im Verkehr zu Tode kommt und/oder lebensgefährlich verletzt wird.  Kommunikation: Um die Vision zu realisieren, ist nach Meinung der Workshop-Teilnehmenden, eine projektbegleitende Öffentlichkeitsarbeit mit Infomaterialien, PR, Foren, etc. erfor- Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 ARBEITSPHASE 4: Leitprojekte 6 ARBEITSPHASE 4: „LEITPROJEKTE“ In der abschließenden Arbeitsphase wurden für „Mobilität in Kerpen2025“ folgende Leitprojekte identifiziert. Diese bilden die „strategischen Bausteine“ für die Erreichung der Ziele.  Kommunales Netz aus Radschnellwegen: Als Kernprojekt zur Förderung des Radverkehrs in Kerpen wurde die Idee eines kommunalen, hochwertigen Hauptradwegenetzes herausgearbeitet, das sich in der Ausgestaltung und Dimensionierung an Radschnellwegen orientiert. Diese Radwege sollen die verschiedenen Stadtteile verbinden und vernetzen. Das bestehende Netz wird attraktiviert und entsprechend ergänzt. Eine Möglichkeit zur Anbindung der Stadtteile Türnich, Balkhausen und Brüggen an den Bahnhof Horrem Seite 9 wird in der Reaktivierung einer alten Bahnstrecke als Veloroute gesehen. Das, die Stadtteile verknüpfende, Radwegenetz dient sowohl für den Alltagsverkehr als gesunde, schnelle Alternative zum Auto, als auch für den steigenden Anteil an Freizeitradlern. Dieses Netz muss möglichst direkt sein – also frei von Umwegen, eine hohe Qualität hinsichtlich Dimension und Fahrkomfort aufweisen und zum Teil planfreie Querungen (Brücken) enthalten.  Grünvernetzung: Zur Steigerung der Wohn- und Aufenthaltsqualität in den Stadtteilen sollen in diesem Leitprojekt die Ortsdurchfahrten, aber auch zentrale Plätze, neu begrünt werden. Betrachtet man die Gesamtstadt aus der Vogelperspektive so zeigt sich Kerpen – in größerem Sinne – als eine „Stadtlandschaft“ oder auch „Gartenstadt“. Ziel ist das Grün aus den Naturund Landschaftsräumen in Form „grüner Bänder“ in die Stadtteile zu verlängern. Möglichkeiten bestehen zum Beispiel darin, die Ortsdurchfahrten durch Grün aufzuwerten, Straßen zu Chausseen oder Alleen zu machen, Stadtplätze zu begrünen und bereits bestehende Grünanlagen zu attraktivieren. In einem „Grünvernetzungsplan“ sind Potenziale und Kapazitäten für die Durchgrünung aufzuzeigen. Dabei soll sich die Bepflanzung an heimischen Baumarten und an einem naturnahen Charakter im Erscheinungsbild orientieren. Mobilitätsleitbild Kerpen 2025  Attraktivierung der Zentren: Ebenfalls als Leitprojekt wird die Attraktivierung und Aufwertung der Straßenräume – vornehmlich der Ortsdurchfahrten – in der Zentrumslage gesehen. Ziel ist es, den dominanten Autoverkehr zu reduzieren oder zumindest zu entschleunigen. Dies soll mittels Netzsperren, sektoralen Fußgängerbereichen und Shared-SpaceAbschnitten erfolgen, ergänzt durch eine ansprechende Möblierung (Bänke, Spielgeräte, Grünelemente, Bodenbeläge, Beleuchtung, etc.). Insgesamt dienen diese Maßnahmen dem Zweck, die zentralen Einkaufsstraßen und Ortsmittelpunkte schöner, aufenthaltsfreundlicher und lebendiger zu machen. Verkehrsberuhigende Eingriffe und gestalterische Maßnahmen greifen hier ineinander.  Öffentlicher Nahverkehr 2.0: Ziel ist die Realisierung eines konkurrenzfähigen, modernen Nahverkehrssystems, das hinsichtlich der Bedienungshäufigkeit, der Ausstattung der Fahrzeuge, des Bezahlsystems und des Taktkomforts vielfältige Nutzeranreize bietet. Der klassische liniengebundene Betrieb könnte zum Beispiel in den Zeiten schwacher Nachfrage durch ein ergänzendes System mit automatisiertem oder teilautomatisiertem Fahrzeugbetrieb ergänzt werden. In diesem Zusammenhang sollte sich Kerpen um die Einführung eines „Call a Bus“-Systems zu Testzwecken bemühen; ein neues Bezahlsystem – unter anderem „Bürger-Flatrate“ – testen; Busse als „alte Transportmittel“ sollen durch moderne, Seite 10 klimatisierte und evtl. mit WLAN ausgestattete Fahrzeuge mit unterschiedlichen Kapazitäten ersetzt werden. Eine weitere Forderung ist im Hinblick auf eine multimodale Mobilität, das Radverkehrsnetz mit den Haltepunkten des ÖV zu vernetzen und an den Schnittstellen Bike+RideServicepunkte vorzusehen, die den Umstieg und die Verknüpfung erleichtern. tens – sollen diverse Kommunikationsmaßnahmen durchgeführt werden. Kommunikation soll allgemein über Mobilität und die damit verknüpften Projekte informieren. Dies kann zum Beispiel in Form von Flyern, Foren, PR-Maßnahmen, Social-Media etc. erfolgen und soll darüber hinaus über entsprechende Kommunikationsformate mit Diskussionen die Themen moderner Mobilität vermitteln und gleichzeitig Anreize und Motivationshilfen zu einem gesunden, nachhaltigen Mobilitätsverhalten geben. Gleichzeitig soll in der Verwaltung das Mobilitätsmanagement verankert werden.  Infrastruktur – kreuzungsfreie Querung: Zur Beschleunigung und Attraktivierung des öffentlichen Nahverkehrs und des Radverkehrs wird vorgeschlagen eine weitere planfreie Querung (Brücke/ Unterführung) zwischen den Stadtteilen Sindorf und Kerpen zu realisieren. Alternativ soll der Bau einer Seilbahn geprüft werden, die den Bahnhof Sindorf mit dem Zentrum Kerpen verbinden würde. Mobilitätsleitbild Kerpen 2025  Schulzentrum Horrem-Sindorf: Dieses Leitprojekt beinhaltet eine bewegungsfreundliche Umgestaltung der Straßen im näheren Umfeld des Schulzentrums zu einem Campus. Es geht darum sowohl die Verkehrssicherheit der Schüler(innen) zu steigern, als auch Kinder über eine bewegungsaktivierende Ausgestaltung „in Bewegung zu bringen“. In diesem Zusammenhang ist auch die Konzeption eines autofreien bzw. autoreduzierten Schulumfeldes zu prüfen – als Antwort auf das Elterntaxi.  Kommunikation: Für die Projektbegleitung – auch mit Blick auf eine Änderung des Mobilitätsverhal- Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 7 „MOBILITÄTSLEITBILD KERPEN 2025“ - SCHLUSSBETRACHTUNG Die Teilnehmer(innen) des Tagesworkshops haben sich in einem moderierten Prozess vielfältigen Fragen zur Zukunftsmobilität in Kerpen gestellt. Das Ergebnis: Eine hohe kollektive Übereinstimmung in den Zukunftsbildern der drei Arbeitsgruppen, so dass daraus eine gemeinsame, konsensuale Zielperspektive entstehen konnte. Mit Blick auf dieses Visionsbild konnten ebenfalls gemeinsame Leitwerte, Entwicklungsziele, Ideen und Seite 11 konkrete Leitprojekte bzw. Handlungsschwerpunkte für die Zukunftsmobilität in Kerpen herausgearbeitet werden. Der Stadtteil Sindorf ist idealtypisch für die Realisierung erster Leitprojekte und Maßnahmen (Umgestaltung der Ortsdurchfahrten, Förderung der Nahmobilität, Optimierung des ÖV, Attraktivierung des Zentrums, Grünvernetzung, etc.). Zusammenfassend lässt sich aus den Workshop-Ergebnissen für Kerpen das avisierte Zukunftsbild einer gesunden, grünen, belebten und bewegungsaktiven Stadt mit hoher Lebens- und Aufenthaltsqualität herausstellen. „Grün“ war in nahezu allen Diskussionen ein wichtiges Anliegen. So hatte eine Gruppe ihre Vision mit „Die Gartenstadt Kerpen“ betitelt. Im vorausgegangenen Verwaltungsworkshop war die Rede von „Stadtlandschaft Kerpen“. Grün bezieht sich in Kerpen nicht nur auf die umgebenden Landschafts- und Naturräume der Stadtteile, sondern auch auf die von vielen gewünschte „Durchgrünung“ der Stadtteile, vorzugsweise in den Ortsdurchfahrten und ergänzt durch eine Vernetzung der bestehenden Grünflächen. Die „Grünstrukturen“ sollen durch eine entsprechende Möblierung – auch mit Bewegungsgeräten – für Jung und Alt nutzbar werden. „Bewegte Stadt“ war ein zweites Schlüsselthema im Workshop. Eine Gruppe beschreibt Kerpen als ruhige aber dennoch belebte und vor allem bewegte Stadt. Gewünscht ist eine Stadt in der oft und gerne körperaktive Bewegung durch zu Fuß gehen Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 und/oder Radfahren stattfindet. Eine zentrale Forderung diesbezüglich lautet: Radfahren muss schnell, angenehm, unkompliziert und vor allem sicher sowie praktisch sein. Dies stellt natürlich Bedingungen an eine flächenhafte, hochwertige Radverkehrsinfrastruktur innerhalb und zwischen den Stadtteilen. Nahmobilität im Sinne einer Realisierung einer qualitativ hochwertigen Infrastruktur für Fuß- und Radverkehr war in allen Gruppen ein zentrales Zukunftsthema. „Belebte Stadt“ bezieht sich einerseits auf die Reduktion und Verlangsamung des KFZVerkehrs in den Stadtteilen, einhergehend mit einer deutlichen gestalterischen Attraktivierung der Ortsdurchfahrten und der Ortsmittelpunkte. In diesem Zusammenhang wurden auch Shared-Space-Konzepte gefordert. Weniger und langsamer Autoverkehr kommt neben dem Aspekt der Verkehrsberuhigung dem Wunsch nahezu aller WorkshopTeilnehmenden nach einer „leisen Stadt“ entgegen. Andererseits ist über die verkehrsreduzierenden Maßnahmen hinaus mit gestalterischen Mitteln (Möblierung) eine „Belebung“ der Ortsmittelpunkte gefordert. „Kerpen vernetzen und bewegen“ war das Leitthema einer anderen Gruppe. Die Forderung, die Stadtteile sowohl durch ein hochwertiges Netz von Radwegen, die sich am Standard von Radschnellwegen orientieren, als auch durch ein innovatives ÖV-System zu vernetzen und zu verbinden stand in der Agenda ganz oben. Der Wunsch nach einer Abkehr vom klassischen ÖPNV hin zu einem modernen System, sogar bis zu einer Seilbahn und „On-Demand-Shuttle-Busse“, Seite 12 sowie ergänzt durch „Carpooling“, „Ridesharing“ und Fahrrad-Verleihsysteme, sollen in Kerpen ein zukunftsfähiges, multimodales Mobilitätsangebot gewährleisten. „Transformation“ war das Thema für die Umgestaltung der Ortsdurchfahrten und spiegelte sich in dem Wunsch nach einer „anderen“ Straßenform, zum Beispiel im Sinne von Shared-Space. „Transformation“ beschreibt die Umwandlung der „alten“ klassischen Straße in eine neue, urbane Gestaltform. Ein neuer Typ von Straße, der vielfältige, nicht verkehrliche Nutzungen zulässt und wesentlich dazu beiträgt, Straßen wieder wohnlicher, verträglicher und aufenthaltsfreundlicher zu erleben. Köln, den 31.01.2018 Dipl.-Ing. Franz Linder Merten Wothge, B.Sc. Insgesamt beschreiben die Workshop-Teilnehmer(innen) ihre Stadt Kerpen im Jahr 2025 als eine grüne, bewegte und lebendige Stadt, die sich vor allem durch ihren gesunden Charakter mit vielen inner- und außerstädtisch gelegenen Natur- und Grünflächen auszeichnet. Eine qualitativ hochwertige Infrastruktur lädt Fußgänger und Radfahrer zur Bewegung in der Stadt oder im Grünen ein und dient sowohl der Alltags- als auch der Freizeitmobilität. Für alle Menschen, ob mit oder ohne Einschränkungen, gibt es Möglichkeiten selbstbestimmt vorwärtszukommen, ob zu Fuß, mit dem Rad oder mit einem modernen ÖPNV. Ein schönes Kerpen, in dem die unterschiedliche Charakteristik der einzelnen Stadtteile erhalten bleibt, jedoch durch qualitativ hochwertige Verkehrsinfrastruktur mit viel Grün zur Gesamtstadt Kerpen zusammenwächst – das ist Vision und Handlungsansatz zugleich. Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 Seite 13 Teilnehmerliste Herr Thomas Ristow, Die Linke Herr Daniel Dobbelstein, SPD Herr Klaus Ripp, CDU Herr Wolfgang Pfeil, FDP Herr Peter Kunze, B´90/ Die Grünen Herr Gero Donner, B´90/ Die Grünen Herr Thomas Kümpel, Kolpingstadt Kerpen Herr Jörg Mackeprang, Kolpingstadt Kerpen Herr Markus Schmidt, Kolpingstadt Kerpen Herr Joachim Schwister, Technischer Beigeordneter Herr Dr. Achim Schmidt, Sporthochschule Frau Victoria Kling, Bürgerin Frau Susanne Harke-Schmidt, Kolpingstadt Kerpen Herr Albert Memmersheim, Bürger Frau Monika Jung, Netzwerk 55+ Herr Augustus Briefs, Behindertenbeirat Herr Lutz Venatier, Europagymnasium Herr Julius Geßmann, Europagymnasium Herr Tom Bauer, Willy-Brandt-Gesamtschule Frau Celine Isaku, Adolph-Kolping-Schule Herr Karsten Keck, Wirtschaft Herr Cornelius Schäfer, Aktionsgemeinschaft Kolpingstadt Kerpen e.V. Herr Rolf Axer, Heimatfreunde Kerpen e.V. Frau Kristina Lindenberg, IHK Köln Herr Dieter Sprück, Bürgermeister Herr Michael Strehling, Kolpingstadt Kerpen Herr Guido Ensemeier, Kolpingstadt Kerpen Herr Michele Maske, Kolpingstadt Kerpen Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 Seite 14 Abbildung 1: Grüne und gesunde Stadt Kerpen Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 Seite 15 Abbildung2: Impressionen des Workshops Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 Seite 16 Abbildung 3 : Impressionen des Workshops Mobilitätsleitbild Kerpen 2025 Seite 17