Daten
Kommune
Wesseling
Größe
4,2 MB
Erstellt
09.04.18, 13:01
Aktualisiert
09.04.18, 13:01
Stichworte
Inhalt der Datei
Lärmaktionsplan der Stadt Wesseling
- 3. Stufe gemäß § 47 d BImSchG
Entwurf
März 2018
Erarbeitet durch die Stadt Wesseling
Fachbereich 61/ Stadtplanung, Judith Hawig
2
Inhaltsverzeichnis
1
Anlass für die Lärmaktionsplanung ................................................... 4
2
Lärmkarten ............................................................................... 5
3
Wirkung von Lärm ....................................................................... 7
4
Rechtliche Vorgaben und Auslösewerte für Wesseling ........................... 8
4.1
Rechtliche Vorgaben ..................................................................................................................... 8
4.2
Auslösewerte der Lärmaktionsplanung in Wesseling .................................................................. 10
5
Hauptlärmquellen in Wesseling und von ihnen ausgehende Belastungen .. 11
5.1
Lärmquelle Hauptverkehrsstraßen .............................................................................................. 11
5.2
Lärmquelle Haupteisenbahnstrecken .......................................................................................... 22
5.3
Lärmquelle Flugverkehr ............................................................................................................... 26
6
Bewertung der Lärmeinwirkungen ................................................. 27
6.1
Straßenverkehr ............................................................................................................................ 27
6.2
Schienenverkehr .......................................................................................................................... 28
7
Lärmminderungsmaßnahmen ........................................................ 30
7.1
Maßnahmen Straßenverkehr ....................................................................................................... 30
7.2
Maßnahmen Schienenverkehr..................................................................................................... 37
7.3
Maßnahmen der Bauleitplanung.................................................................................................. 40
7.4
Eigenvorsorge .............................................................................................................................. 41
8
Lärmsanierung der Autobahn A 555 ............................................... 43
8.1
Lärmuntersuchung ....................................................................................................................... 44
8.3
Konzeption ................................................................................................................................... 45
8.4
Realisierung ................................................................................................................................. 47
9
Ruhige Gebiete ......................................................................... 49
10 Empfehlungen für die Verbesserung der Lärmsituation in Wesseling ....... 51
10.1 Autobahn A 555 ........................................................................................................................... 51
10.2 Landesstraße L 184/ Brühler Straße ........................................................................................... 53
10.3 Stadtbahnlinie 16 ......................................................................................................................... 56
10.4 Ruhige Gebiete ............................................................................................................................ 57
11 Ausblick .................................................................................. 58
3
1
Anlass für die Lärmaktionsplanung
Mit der EU-Umgebungslärmrichtlinie („Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung
von Umgebungslärm“) ist ein Handlungsrahmen festgelegt worden, um den sogenannten „Umgebungslärm“ mit rechnerischen Mitteln zu erfassen, zu beurteilen und nach Möglichkeit zu reduzieren
oder zu verhindern. Unter Umgebungslärm werden durch menschliche Aktivitäten verursachte belästigende und gesundheitsschädigende Geräusche verstanden, die insbesondere aus Straßen-, Eisenbahn- und Flugverkehr sowie aus gewerblichen und industriellen Nutzungen resultieren. Geräusche
wie Nachbarschafts-, Sport- oder Freizeitlärm, die von Personen selbst oder durch ihre Tätigkeiten
verursacht werden, gelten nicht als Umgebungslärm im Sinne der o.g. Richtlinie. Gleiches gilt für
Lärm, der am Arbeitsplatz, in Verkehrsmitteln oder auf Militärgeländen entsteht.
Die Lärmaktionsplanung erfolgt in Stufen und ist nach ihrem Abschluss alle fünf Jahre zu überprüfen
und ggf. zu überarbeiten. Für Deutschland ist ein Vertragsverletzungsverfahren gegenüber der Europäischen Kommission anhängig, da zahlreiche Kommunen nicht der Verpflichtung zur Lärmaktionsplanung nachgekommen sind. Den gesetzlichen Vorgaben entsprechend wurden in Wesseling bisher
zwei Stufen der Lärmaktionsplanung durchgeführt. Die 1. Stufe der Lärmaktionsplanung wurde im
Jahr 2012 durch einen entsprechenden Entschluss des Rates abgeschlossen. Drei Jahre später, im
Jahr 2015, ist der Bericht zur 2. Stufe der Lärmaktionsplanung verabschiedet worden.
Der hiermit vorliegende Bericht dokumentiert die 3. Stufe der Lärmaktionsplanung Wesseling. Er
baut auf den beiden vorangegangenen Stufen auf und aktualisiert deren Ergebnisse.
Der Untersuchungsumfang der Lärmaktionsplanung richtet sich nach der Größe der zu betrachtenden
Gemeinde und danach, ob diese vom zuständigen NRW-Umweltministerium als Teil eines Ballungsraumes festgelegt worden ist. Wesseling wird nicht als Teil eines Ballungsraumes betrachtet.
Untersuchungsrelevant für nicht-Ballungsraum-angehörige Gemeinden sind bei der 3. Stufe der
Lärmaktionsplanung
-
Hauptverkehrsstraßen (Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen) mit einem Verkehrsaufkommen von mehr als 3 Mio. Kraftfahrzeugen pro Jahr (∑ beider Richtungen),
-
Haupteisenbahnstrecken mit einem Verkehrsaufkommen von mehr als 30.000 Zügen pro
Jahr (∑ beider Richtungen)
-
sowie Großflughäfen mit mehr als 50.000 Starts und Landungen pro Jahr.
Lärm, der durch große gewerbliche und industrielle Nutzungen verursacht wird, ist lediglich in den
Ballungsräumen Gegenstand der Lärmaktionsplanung.
Zuständig für die Lärmaktionsplanung sind die Gemeinden. Ausgenommen hiervon ist die Lärmaktionsplanung an Hauptschienenwegen in der Baulast des Bundes, die zum 01.01.2015 an das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) übertragen worden ist. Einzelheiten zum Lärmaktionsplan der Hauptschienenwege in der Baulast des Bundes und zu den Möglichkeiten der Öffentlichkeitsbeteiligung sind
über die Internetseite www.eba.bund.de abrufbar.
4
2
Lärmkarten
Zur Beurteilung der Betroffenheit und als Grundlage zur Entwicklung geeigneter Lärmminderungsmaßnahmen sind den nicht-Ballungsraum-angehörigen Gemeinden Lärmkarten zur Verfügung gestellt
worden. Die Lärmkarten geben die jeweiligen Lärmimmissionen getrennt nach den Verursachern
(Straßenverkehr, Schienenverkehr, Flugverkehr) wieder. Da die Lärmbelastungen durch die verschiedenen Verursacher von den Menschen unterschiedlich wahrgenommen und empfunden werden,
erfolgt in den Lärmkarten keine Betrachtung der Gesamtbelastung.
Die für die Lärmbelastung ausschlaggebenden Schalldruckpegel werden in der Maßeinheit Dezibel
dB(A) gemessen. Der Grad der jeweiligen Lärmbelastung ist in den Lärmkarten farblich durch sogenannte „Isophonen“ dargestellt. Bereiche gleicher Lärmpegel weisen die gleiche Farbe auf. An Gebäuden stellen die Isophonen Außenpegel an der Fassade dar.
Für die einzelnen Verkehrsarten liegt jeweils eine Karte der Lärmbelastung über 24 Stunden (LDEN)
und eine für den Nachtzeitraum (LNight) vor. Beim LDEN gehen die Pegel in der vierstündigen Abendzeit (18- 22 Uhr) um 5 dB(A) und in der achtstündigen Nachtzeit (22 – 6 Uhr) um 10 dB(A) erhöht in
den Gesamtpegel ein. Mit dieser Gewichtung trägt man der erhöhten Lästigkeit des Lärms zu diesen
Zeiten Rechnung. Der LNight ist ein über alle Nächte des Jahres (22 bis 6 Uhr) gemittelter Dauerschallpegel.
Abb. 1: Lärmkartenviewer (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ Screenshot abgerufen am 14.03.2018)
Da sich der Schalldruckpegel mit zunehmender Entfernung vom Entstehungsort verringert, stellen
die Lärmkarten die jeweiligen Lärmpegel in 5 dB(A)-Schritten farblich unterschiedlich dar. Die Isophonen beginnen für die 24-h-Belastung (LDEN) bei 55 dB(A) und reichen bis zum Pegelbereich ≥ 75
dB(A). Entsprechend erfolgt die Darstellung für den Nachtzeitraum (LNight) von 50 dB(A) bis zum Pegelbereich ≥ 70 dB(A).
5
Die Ermittlung der Schallpegel für die Lärmaktionsplanung wird in Deutschland nach einheitlichen
Berechnungsvorgaben vorgenommen, wobei die Verfahren für die einzelnen Lärmquellen differieren. Da beabsichtigt ist, die jeweiligen Berechnungsverfahren europaweit ab der 4. Stufe der Lärmaktionsplanung zu vereinheitlichen, tragen sie in Deutschland derzeit noch die Bezeichnung „vorläufige Berechnungsverfahren…“. Wesentliche Parameter die in die Berechnungen einfließen sind einerseits quellenbezogen, wie z.B. die Verkehrsstärke/-zusammensetzung, Geschwindigkeit oder
Trassenoberfläche und berücksichtigen andererseits die Ausbreitungsbedingungen, wie z.B. den
Abstand von der Straße bzw. vom Gleis, schallmindernde Hindernisse/Abschirmungen oder den Einfluss des Geländes. Im Vergleich zu den Lärmkartierungen der 1. und 2. Stufe der Lärmaktionsplanung kann bei den Lärmkarten der 3. Stufe aufgrund technischer Verbesserungen der Modellierungsund Berechnungsverfahren von einer weiteren Erhöhung der Genauigkeit ausgegangen werden (Sascha Reichert, LANUV, Veranstaltung „Lebenswerte Städte – Lärmaktionsplanung lohnt sich“,
01.02.2018, Köln).
Die Berechnungsverfahren in der Lärmaktionsplanung unterscheiden sich von anderen Analyseverfahren zur Ermittlung der Lärmbelastung. So richtet sich die Lärmsanierung an Bundesfernstraßen
z.B. nach den "Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes" (VLärmSchR-97) in Verbindung mit den "Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - Ausgabe
1990" (RLS-90). Die Ergebnisse der nach diesen Richtlinien ermittelten Belastungen können von den
Ergebnissen der „vorläufigen Berechnungsverfahren…“ abweichen. Eine unmittelbare Vergleichbarkeit der in den Lärmkarten dargestellten Isophonen und den Darstellungen nach RLS-90 ist somit
nicht gegeben.
Zuständig für die Erstellung der Lärmkarten für die zu untersuchenden Hauptverkehrsstraßen ist das
Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). Auch die Lärmkarten für
Hauptschienenwege außerhalb der Trägerschaft des Bundes wurden vom LANUV erstellt. Die Kartierung der Haupteisenbahnstrecken des Bundes wird vom Eisenbahnbundesamt (EBA) durchgeführt.
6
3
Wirkung von Lärm
Das menschliche Ohr ist mit feinen Sensoren ausgestattet, die Schall empfangen und die Signale zur
Verarbeitung an das Gehirn weiterleiten. Schall ermöglicht uns, etwas zu hören. „Lärm“ kennzeichnet Schall bzw. ein Geräusch, das als störend empfunden wird.
Lärm kann zu gesundheitlichen Schäden führen, die zum einen das Gehör selbst und zum anderen
den gesamten Organismus betreffen können. Wird das Gehör zu starkem, insbesondere ausdauerndem Schall ausgesetzt, sind nachhaltige Beeinträchtigungen des Hörvermögens, bis hin zur Schwerhörigkeit oder temporäre sowie dauerhafte Ohrgeräusche (Tinnitus) möglich. Lärm löst ferner –
selbst bei niedrigen, nicht gehörschädigenden Schallpegeln - Stressreaktionen aus, die auf das autonome Nervensystem und das Hormonsystem einwirken. Folgen können Schlafstörungen, Veränderungen bei Blutdruck und Herzfrequenz sowie Auswirkungen auf das gesamte Stoffwechselsystem des
Körpers sein. Auch psychische Erkrankungen werden in wissenschaftlichen Studien mit dem Thema
Lärm in Zusammenhang gebracht.
Abb. 2: Schalldruckpegel verschiedener Geräusche (Umweltbundesamt (Hrsg.): „Schwerpunkte 2013“, 2013, S. 51)
Neben möglichen gesundheitlichen Auswirkungen hat Lärm Einfluss auf die Kommunikation, die
Lern- und Konzentrationsfähigkeit – insbesondere bei Kindern - und auf das generelle Wohlbefinden.
Ob Lärm als belästigend empfunden wird, ist nur zu einem Drittel unmittelbar von der Lautstärke
eines Geräusches abhängig. Ein weiteres Drittel bestimmen soziologische Faktoren, während die
auslösenden Faktoren für das letzte Drittel der belästigenden Wirkung bisher nicht wissenschaftlich
benannt werden konnte.
Abb. 3: Folgen von Lärm (nach Umweltbundesamt (Hrsg.): „Schwerpunkte 2013“, 2013, S. 51)
7
4
4.1
Rechtliche Vorgaben und Auslösewerte für Wesseling
Rechtliche Vorgaben
In seinem bis heute gültigen Runderlass "Lärmaktionsplanung" aus dem Jahre 2008 hat das Landesumweltministerium Auslösewerte festgelegt, durch welche die Gebiete mit dem dringlichsten Handlungsbedarf gekennzeichnet werden. Entsprechend dieser Auslösewerte sind Lärmaktionspläne aufzustellen, wenn an Wohnungen, Schulen, Krankenhäusern oder anderen schutzwürdigen Gebäuden
ein LDEN von 70 dB(A) oder ein LNight von 60 dB(A) erreicht oder überschritten wird. Den Kommunen
steht es frei, weitergehende, strengere Schwellenwerte für das Ergreifen lärmmindernder Maßnahmen festzulegen.
Das Umweltbundesamt empfiehlt, einen deutlich strengeren Maßstab für die Lärmaktionsplanung
anzulegen, um die Bevölkerung vor Belästigungen und Gesundheitsrisiken durch Lärm zu schützen.
Die Fachbehörde differenziert dabei zwischen einem kurz-, mittel- und langfristigen Handlungsbedarf. Kurzfristiger Handlungsbedarf zur Vermeidung gesundheitlicher Beeinträchtigungen besteht
demnach bei einem LDEN ab 65 db(A) und einem LNight ab 55 db(A).
Umwelthandlungsziel
Zeitraum
LDEN
LNight
Vermeidung gesundheitlicher Beeinträchtigungen
Kurzfristig
65 dB(A)
55 dB(A)
Vermeidung erheblicher Belästigungen
Mittelfristig
55 dB(A)
45 dB(A)
Vermeidung von Belästigungen
Langfristig
50 dB(A)
40 dB(A)
Tab. 1: Auslösekriterien für die Lärmaktionsplanung (nach https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr laerm/umgebungslaermrichtlinie/laermaktionsplanung abgerufen am 21.02.2018)
Neben den angeführten Auslösewerten für die Lärmaktionsplanung bestehen immissionsschutzrechtliche Vorgaben zum Schutz vor Lärm. Hierbei ist zwischen Vorgaben für die Lärmvorsorge und die
Lärmsanierung zu unterscheiden.
Grenzwerte der Lärmvorsorge gelten beim Neubau oder bei wesentlichen Änderungen von öffentlichen Straßen und von Schienenwegen für Eisen- und Straßenbahnen. Die zugehörige gesetzliche
Grundlage bildet die 16. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV):
Gebietsnutzung
(Flächenstatus)
Kurzzeichen
Krankenhäuser, Schulen,
Kur- und Altenheime
Immissionsgrenzwert [dB(A)]
Tag (06.00 – 22.00 Uhr)
Nacht (22.00 – 06.00 Uhr)
57
47
Reine und allgemeine
Wohngebiete, Kleinsiedlungsgebiete
WR, WA, WS
59
49
Kern-, Dorf- und Mischgebiete
MK, MD, MI
64
54
GE
69
59
Gewerbegebiete
Tab. 2: Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV
8
Für den schienengebundenen Verkehr von Bedeutung ist, dass der bis 2015 geltende sog. „Schienenbonus“ abgeschafft worden ist. Beim Schienenbonus handelte es sich um eine Pegelkorrektur der
erwarteten, rechnerisch ermittelten Schallpegel einer neuen bzw. wesentlich geänderten Trasse um
5 db(A). Die Begründung für den Schienenbonus, dass von Schienenverkehrsgeräuschen eine geringere Störwirkung ausgeht, wie von Straßenverkehrslärm, wurde inzwischen durch wissenschaftliche
Studien widerlegt. Für den Neubau von Straßenbahnen gilt der Schienenbonus noch bis zum
01.01.2019. (vgl. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.): „Lärmschutz im
Schienenverkehr“, 2016, S. 60, 82) Ebenfalls relevant bei der Betrachtung von Schienenverkehrslärm ist, dass als „Neubau“ oder „wesentliche Änderung“ von Schienenwegen nicht die Erhöhung
von Zugzahlen gilt. Diese löst keinen Anspruch auf vorsorgenden Lärmschutz aus. (vgl. ebd. S. 18)
Die Lärmsanierung an bestehenden Straßen des Bundes erfolgt auf Grundlage der „Richtlinien für
den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes“, kurz „VLärmSchR 97“.
Die in der Richtlinie enthaltenen Auslösewerte der Lärmsanierung an Bundesfernstraßen sind im
Jahre 2010 um 3 dB(A) gesenkt worden. Für schutzbedürftige Gebiete und Nutzungen gilt seitdem
ein Grenzwert von 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts. Das Land NRW hat die Werte für die Lärmsanierung an Landesstraßen übernommen.
Gebietsnutzung
(Flächenstatus)
Kurzzeichen
Krankenhäuser, Schulen,
Kur- und Altenheime,
allgemeine Wohngebiete
sowie Kleinsiedlungsgebiete
Kern-, Dorf- und Mischgebiete
Gewerbegebiete
Immissionsgrenzwert [dB(A)]
Tag (06.00 – 22.00 Uhr)
Nacht (22.00 – 06.00 Uhr)
SO, WR, WA
67
57
MK, MD, MI
69
59
G, GE, GI
72
62
https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr Tab.
3:
Auslösewerte
VLärmSchR
97
(nach
laerm/verkehrslaerm/strassenverkehrslaerm#textpart-6 und http://www.strassen.nrw.de/umwelt/laermschutz.html abgerufen am 22.02.2018)
Für die Lärmsanierung im Schienenverkehr gelten seit 2016 dieselben Auslösewerte.
Die vorgestellten Grenz- und Auslösewerte machen deutlich, dass für die Lärmvorsorge strengere
Vorgaben bestehen, als für die Lärmsanierung. Die Ursache hierfür liegt darin, dass bestehende Konfliktlagen durch nachträgliche Schallschutzmaßnahmen i.d.R. schwierig aufzulösen sind. Bei Neuplanungen und teilweise auch bei wesentlichen Änderungen ist der Spielraum für Maßnahmen zur
Lärmminderung oftmals größer. Darüber hinaus spielen finanzielle Gründe eine Rolle. Die Lärmsanierung an Straßen in der Baulast des Bundes oder des Landes sowie an Schienenwegen des Bundes
ist eine freiwillige Aufgabe und erfolgt im Rahmen der begrenzten haushaltsrechtlichen Möglichkeiten.
9
4.2
Auslösewerte der Lärmaktionsplanung in Wesseling
Das Landesumweltministerium hatte ursprünglich vorgesehen, die eingangs genannten Auslösewerte
der Lärmaktionsplanung von 70/60 dB(A) auf 65 dB(A) für den LDEN und 55 dB(A) für den LNight zu
reduzieren und sich somit den Empfehlungen des Umweltbundesamtes anzunähern.
U.a. der nordrhein-westfälische Städte- und Gemeindebund (StGB) sah den Änderungsentwurf des
Erlasses zur Lärmaktionsplanung jedoch kritisch, obgleich er das Ziel, den Gesundheitszustand der
Bevölkerung zu verbessern, befürwortet. In seiner Stellungnahme vom 21.12.2012 führt der StGB die
allgemein anerkannte These an, dass ein Unterschied von 3 dB(A) einer Halbierung der Verkehrsstärke gleichkommt. Übertragen auf eine Reduzierung der Auslösewerte um 5 dB(A) verlange dies,
das Verkehrsaufkommen in den betroffenen Bereichen um mehr als die Hälfte zu senken, was insbesondere die Ballungsraumkommunen mit ihren großen Betroffenheiten in innerstädtischen Lagen an
den Rand der Handlungsfähigkeit bringen würde. Ebenfalls kritisiert wird die Beibehaltung der Auslösewerte für die Lärmsanierung an Bundesfernstraßen von 67/57 dB(A): „Es macht keinen Sinn, für
die Lärmaktionsplanung bezogen auf Tag und Nacht Lärmwerte festzusetzen, die dann bei Bundesfern- und Landesstraßen nicht dazu führen, dass entsprechende Lärmschutzmaßnahmen an Straßen
ergriffen werden. Die einzige Folge einer solchen Änderung ist, dass die lärmbetroffenen Bürgerinnen und Bürger Frustrationen erleiden, was nicht zielführend sein kann.“ (StGB NRW-Mitteilung vom
21.12.2012)
Vor dem Hintergrund der Empfehlungen des Umweltbundesamtes plädiert die Stadt Wesseling für
eine Reduzierung der Auslösewerte für die Lärmaktionsplanung auf einen LDEN von 65 db(A) und einen LNight von 55 dB(A), durch deren Unterschreitung „gesundheitliche Beeinträchtigungen“ vermieden werden können. Da die Wesselinger Lärmproblematik insbesondere aus den Emissionen der Autobahn A 555 und der L 184 Brühler Straße resultiert, ergibt sich jedoch die vom StGB NRW beschriebene Schwellenwert-Diskrepanz: nicht die Stadt Wesseling, sondern der Straßenbaulastträger
Straßen.NRW ist für die Durchführung von Lärmminderungsmaßnahmen an den genannten Straßen
verantwortlich. So lange für Bundes- und Landesstraßen weniger strenge Schwellenwerte gelten, als
die Stadt Wesseling in ihrem Lärmaktionsplan festlegt, hätten letzterer bzw. darin geforderte Maßnahmen wenig Aussicht auf Umsetzung. Die Stadt Wesseling schließt sich daher der Argumentation
des StGB NRW an und legt der Lärmaktionsplanung die derzeit geltenden Auslösewerte von 70 dB(A)
(LDEN) und 60 dB(A) (LNight) zu Grunde.
10
5
Hauptlärmquellen in Wesseling und von ihnen ausgehende Belastungen
Die Stadt Wesseling befindet sich in direkter Rheinlage zwischen den Oberzentren Köln (13 km) und
Bonn (12 km). Wesseling ist eine industriell geprägte Stadt, viele bedeutende Unternehmen der
Chemieindustrie haben hier ihren Standort. Die Stadt profitiert von ihrer überdurchschnittlich guten
verkehrlichen Anbindung an regionale, nationale und internationale Verkehrswege, wie den Flughafen Köln-Bonn oder den Hafen Köln-Godorf als Anschluss an die Bundeswasserstraße Rhein. Von besonderer Bedeutung für Wesseling und seine ca. 37.000 Einwohner sind die Autobahn A 555 KölnBonn und die Stadtbahnlinie 16 zwischen Köln und Bonn. Beide Verkehrsträger ermöglichen einen
idealen Anschluss an die Region, bilden jedoch gleichzeitig eine starke räumliche Zäsur im Stadtgebiet mit den damit verbundenen Immissionen.
5.1
Lärmquelle Hauptverkehrsstraßen
Köln
Bonn
Abb. 4: Kartierte Hauptverkehrsstraßen (Ausschnitt aus
http://www.laermschutz.nrw.de/laermkartierung/umfang_ergebnisse_nrw/Uebersicht_Kartierungsumfang_Stufe_2_2011.pdf
abgerufen am 14.03.2018)
Die vorangegangene Grafik veranschaulicht die für Wesseling relevanten Hauptverkehrsstraßen mit
einem Aufkommen von mehr als 3 Mio. Kfz pro Jahr. Aus der nachfolgend abgebildeten Tabelle kann
das jeweilige Verkehrsaufkommen der relevanten Straßen und Straßenabschnitte im Bezugsjahr
2015 entnommen werden. Die entsprechenden Daten wurden von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) im Zuge ihrer Bundesverkehrszählung erhoben.
Die Zahlen zum jährlichen Kfz-Aufkommen geben jeweils die Gesamtbelastung in beide Fahrtrichtungen wieder. Leider liegen der Stadt Wesseling keine Informationen dazu vor, welchen genauen
Streckenabschnitt die in der Tabelle enthaltenen Kennungs-Codes markieren.
11
Name
Kennung
A 555
DE_NW_rd_05362040001
22,921 Mio
A 555
DE_NW_rd_05362040002
26,729 Mio
L 184
DE_NW_rd_05362040003
5,833 Mio
L 184
DE_NW_rd_05362040007
3,000 Mio
L 192
DE_NW_rd_05362040005
6,404 Mio
L 192
DE_NW_rd_05362040006
3,025 Mio
L 300
DE_NW_rd_05362040004
4,905 Mio
Tab.
4:
Verkehrsaufkommen
der
Hauptverkehrsstraßen
mit
einem
Aufkommen
>
(http://www.gis.nrw.de/arcgis/rest/services/umwelt_laerm/stufe3/MapServer/0/45/attachments/811
21.02.2018)
Kfz/a
3
Mio.
Kfz/a
abgerufen
am
Autobahn A 555
Besondere Bedeutung für die Lärmaktionsplanung in Wesseling weist die bereits 1932 fertiggestellte
Trasse der Autobahn A 555 auf, die die Städte Köln und Bonn in Nord-Süd-Richtung verbindet und
dabei das Wesselinger Stadtgebiet mittig durchquert. Aufgrund des starken Bevölkerungswachstums
nach dem 2. Weltkrieg und der vorhandenen Siedlungsstruktur Wesselings wurde auch der innerstädtische Raum beidseits der Autobahn sukzessive für die Entwicklung neuer Wohngebiete in Anspruch
genommen. Die Verbreiterung der Autobahn in den 1960er Jahren von 16 m auf 38 m verbesserte
zwar die Abwicklung des immens gestiegenen Verkehrsaufkommens auf der Trasse, verstärkte aber
gleichzeitig die negativen Auswirkungen der Gemengelage.
Abb. 5: A 555 auf Höhe des Brückenbauwerks Flach-Fengler-Straße/ Keldenicher Str. (eigene Bilder, 2018)
Durch die vorhandenen Lärmschutzanlagen wird die Lärmproblematik gemildert. In jenem Abschnitt
der Autobahn, der beidseits dicht von Wohnbebauung umgeben ist (ca. Höhe West-Devon-Straße bis
Anschlussstelle Wesseling), sind Erdwälle, Schallschutzwände oder eine Kombination aus beiden
vorhanden. Die Anlagenhöhen belaufen sich auf 2 bis 6 m, vorherrschend sind Höhen zwischen 4 und
5 m. Stellenweise weist das Schallschutzsystem entlang der A 555 in Wesseling Schwachpunkte auf,
so z.B. an der Autobahnüberführung am Mühlenweg.
12
Abb. 6: Kartierte A 555 Nord, LDEN (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen am 24.01.2018)
Abb. 7: Kartierte A 555 Nord, LNight (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen am 24.01.2018)
13
Abb. 8: Kartierte A 555 Mitte, L DEN (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen am 24.01.2018)
Abb. 9: Kartierte A 555 Mitte, L Night (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen am 24.01.2018)
14
Abb. 10: Kartierte A 555 Süd, LDEN (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen am 24.01.2018)
Abb. 11: Kartierte A 555 Süd, LNight (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen am 24.01.2018)
15
Abb. 12: Kartierte A 555 Urfeld, LDEN (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen am 24.01.2018)
Abb. 13: Kartierte A 555 Urfeld, LNight (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen am 24.01.2018)
16
Die Belastungen, die von der Autobahn ausgehen, werden aufgrund der erheblichen Betroffenheiten
und der durch den Bund geplanten Lärmsanierungsmaßnahmen gesondert in Kapitel 8 behandelt.
Landesstraße L 192
Südlich der Anschlussstelle Wesseling knüpft die Landesstraße L 192 unter der Bezeichnung „Siebengebirgsstraße“ an die Autobahn A 555 an. Betroffen von den Lärmauswirkungen der Siebengebirgsstraße sind insbesondere die Wohngebäude an der Paul-Klee-Straße, der Emil-Nolde-Straße, dem
Fitz-Uhde-Weg und der Wilhelm-Busch-Straße auf der Westseite der L 192. Das Gewerbegebiet
„Eichholz“ auf der Ostseite liegt ebenfalls im Einwirkungsbereich der Siebengebirgsstraße. Die hier
vereinzelt vorhandenen Betriebswohnungen jedoch sind der gewerblichen Nutzung zuzuordnen und
gelten nicht als schützenswert im Sinne der Lärmaktionsplanung.
An den nächsten an die Trasse heranreichenden Gebäuden der angeführten Straßen des Malerviertels ergeben sich für den 24h-Wert maximale Lärmpegel im Bereich von > 65 ≤ 70 dB(A). Die höchsten Nachtwerte belaufen sich für die Bebauung auf > 55 ≤ 60 dB(A). Die Belastungen sind hoch, eine
Überschreitung der Auslösewerte der Lärmaktionsplanung jedoch findet nicht statt, was durch die
Tieflage der Wohnbebauung gegenüber der Siebengebirgsstraße und die vorhandenen Schallschutzeinrichtungen zu begründen ist.
Abb. 14: Kartierte Landesstraße L 192, Siebengebirgsstraße, L DEN (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/
abgerufen am 24.01.2018)
17
Abb. 15: Kartierte Landesstraße L 192, Siebengebirgsstraße, L Night (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/
abgerufen am 24.01.2018)
Landesstraße L 184, Brühler Straße
Die L 184, Brühler Straße, wurde vom Kreisverkehr Kurfürstenstraße bis zur westlichen Stadtgrenze
an der Autobahnauffahrt zur A 553 Brühl-Ost betrachtet, da lediglich für diesen Teil der Schwellenwert von mehr als 3 Mio. Kfz/a erreicht wird. In dem vom LANVUV kartierten Teilbereich überwiegen Wohnnutzungen, vereinzelt sind jedoch auch gewerbliche Nutzungen anzufinden.
Die Lärmbelastungen durch die Brühler Straße sind insbesondere für das Teilstück zwischen der
Kreuzung Langenackerstraße/ Sternenweg bis zur Einmündung der Nikolausstraße sehr hoch. Grund
hierfür ist die geringe Straßenbreite in Verbindung mit einer überwiegend grenzständigen Bebauung.
An den direkt an die Straße angrenzenden Straßenfronten werden für den LDEN Werte von > 75 dB(A)
erreicht und somit der Auslösewert für die Lärmaktionsplanung deutlich überschritten. Die nahezu
geschlossene Bauweise auf der Nordseite der Brühler Straße verhindert zumindest, dass die der
Straße abgewandten Gebäudeteile und Freiflächen ähnlich starken Belastungen ausgesetzt sind. Auf
der Südseite der Straße bewirken einzelne Baulücken, dass die Emissionen auch auf die rückwärtigen Gebäudeseiten und Freiflächen einwirken. Durch die z.T. fehlende Abschirmung erreichen die
Schallpegel hier Werte im Bereich > 55 bis ≤ 70 dB(A) für den LDEN-Wert. Nachts wird der Auslösewert der Lärmaktionsplanung von 60 dB(A) im beschriebenen Straßenabschnitt ebenfalls deutlich
überschritten. Bei einem Großteil der straßenzugewandten Fronten werden Werte von > 65 dB(A)
erreicht.
18
Abb. 16: Brühler Straße (eigene Bilder, 2018)
Im weiteren, westlichen Straßenverlauf bis zum Kreisverkehr, reduziert sich die Lärmbelastung geringfügig. Durch die z.T. weiter von der Straße zurückspringende Bebauung erreichen lediglich einzelne Gebäude einen Tagespegel von > 75 dB(A). Entlang der nördlichen Straßenseite wird an fast
allen straßenseitigen Gebäudeseiten der Auslösewert von 70 dB(A) für den 24h-Wert überschritten.
Nachts erreichen die Pegel an den straßenseitigen Hausfronten auf der Nordseite der Brühler Straße
überwiegend Werte der Pegelklasse > 60 ≤ 65 dB(A). Auf der Südseite treten vornehmlich Lärmpegel
im Bereich zwischen > 55 ≤ 60 dB(A) auf.
Zwischen dem Kreisverkehr an der Berggeiststraße und der 553 befinden sich weitere Gebäude, die
durch Verkehrsgeräusche der L 184 beeinträchtigt werden. Überschreitungen der Auslösewerte der
Lärmaktionsplanung treten bei zwei, unmittelbar an der Straße liegenden Gebäuden auf.
Ebenfalls beeinträchtigt durch Emissionen der Brühler Straße sind Gebäude an der nördlichen Hagenstraße, der Straßen An den Benden und der östlichen Hauptstraße. Der Auslösewert der Lärmaktionsplanung von 70 dB(A) für den 24-h-Wert wird bei einem Gebäude An den Benden und einem
Haus am Kreisverkehr Brühler Straße/Kurfürstenstraße überschritten. Nachts sind die Belastungen
geringer und die Auslösewerte werden eingehalten. Einzelne Gebäude sind Schallpegeln von > 55 ≤
60 dB(A) ausgesetzt.
19
Abb. 17: Kartierte Landesstraße L 184, Brühler Straße, West, L DEN (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/
abgerufen am 24.01.2018)
Abb. 18: Kartierte Landesstraße L 184, Brühler Straße, West L Night (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/
abgerufen am 24.01.2018)
20
Abb. 19: Kartierte Landesstraße L 184, Brühler Straße, Ost, L DEN (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/
abgerufen am 24.01.2018)
Abb. 20: Kartierte Landesstraße L 184, Brühler Straße, Ost, L Night (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/
abgerufen am 24.01.2018)
21
A 553
Die Autobahn A 553 verläuft zwischen der Stadt Brühl und dem Ortsteil Bliesheim der Stadt Erftstadt. Der Rand der Autobahntrasse schneidet die Wesselinger Stadtgrenze im Westen. Emissionen
der Autobahn erreichen den Ortsteil Berzdorf und schützenswerte Wohnbebauung lediglich im Randbereich. Betroffen ist die Bebauung an der Godorfer Burg. Die einwirkenden Lärmpegel bewegen
sich hier in Bereichen von > 55 ≤ 60 dB(A) für den 24h-Wert und > 50 ≤ 55 dB(A) nachts. Die Auslösewerte der Lärmaktionsplanung von ≥ 70 dB(A)/60 dB(A) werden somit nicht erreicht.
L 300
Die L 300 erreicht unter der Bezeichnung „Theodor-Heuss-Straße“ lediglich in ihrem nördlichen
Teilabschnitt von der Stadtgrenze zu Köln bis zur Brühler Straße das für die Lärmaktionsplanung
ausschlaggebende Verkehrsaufkommen von mehr als 3 Mio. Kfz/a. Da die L 300 in dem Teilbereich
ausschließlich die Betriebsbereiche der LyondellBasell Industries GmbH sowie der Evonik Degussa
GmbH durchquert, sind keine schützenswerten Nutzungen von Emissionen der Trasse betroffen.
5.2
Lärmquelle Haupteisenbahnstrecken
Wie in Kapitel 1 dargelegt, ist das Eisenbahnbundesamt für die Erstellung von Lärmaktionsplänen für
die Schienenwege des Bundes verantwortlich. Wesseling wird im südwestlichen Stadtgebiet auf einer Länge von ca. 400 m von der DB-Eisenbahnlinie Köln/Bingen tangiert deren Lärmwirkungen jedoch aufgrund des großen Abstands der Trasse zum Siedlungsbereich begrenzt sein sollten.
Von wesentlich größerer Bedeutung, da das Stadtgebiet zentral querend, ist die Stadtbahnlinie 16,
die als sonstige Hauptschienenstrecke durch das LANUV kartiert worden ist. Die von den Kölner Verkehrsbetrieben (KVB) und den Stadtwerken Bonn (SWB) betriebene Stadtbahnlinie 16 verbindet die
Städte Köln und Bonn in Nord-Süd-Richtung und geht zurück auf die bereits Anfang des 20. Jahrhunderts angelegte Rheinuferbahn. Auf Wesselinger Stadtgebiet verfügt die Stadtbahnlinie 16 über die
Haltestellen „Wesseling Nord“, „Wesseling“, „Wesseling Süd“ und „Urfeld“. Zu den Spitzenzeiten
am frühen Morgen und am Nachmittag werden die Haltestellen aus Richtung Köln bis zur zentralen
Haltestelle „Wesseling“ im 10-Minuten-Takt angefahren. Außerhalb der Rush-Hour und am Wochenende besteht ein 20- bzw. 30-Minuten-Takt. In der Nachtzeit zwischen 1 Uhr und 3 Uhr erfolgt lediglich in den Nächten von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag eine Andienung der Haltestellen. Der Trassenabschnitt zwischen der Haltestelle „Wesseling“ und Bonn Bad Godesberg wird
weniger häufig befahren. Wochentags besteht ein 20-Minten-Takt, am Wochenende werden die Haltestellen zweimal pro Stunde angefahren.
Mit dem Fahrplanwechsel zum 11.12.2017 ist der Takt der Stadtbahnlinie 16 erheblich ausgeweitet
worden. Seitdem verkehren die Bahnen von der Haltestelle „Wesseling“ in Richtung Köln wochentags zwischen 4 und 9 Uhr sowie zwischen 15 und 22 Uhr im 10- bis 15-Minuten-Takt. In den Nächten
von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag wird die ganze Nacht hindurch ein Halbstundentakt sichergestellt. Die Lärmkarten der 3. Stufe berücksichtigen noch die alte, oben beschriebene Taktung.
22
Name
Kennung
Köln (Heinrich-Lübke
Ufer) – Wesseling Bornheim Hersel
DE_NW_rl_05362040001
Züge/a
81.760
Tab. 5: Verkehrsaufkommen der Haupteisenbahnstrecken mit einem Aufkommen > 30.000 Zügen/a
(http://www.gis.nrw.de/arcgis/rest/services/umwelt_laerm/stufe3/MapServer/0/45/attachments/811 abgerufen am
21.02.2018)
Die Trasse der Stadtbahnlinie wird teilweise auch für den Güterverkehr genutzt. Dieser jedoch ist im
Rahmen der Lärmkartierung nicht berücksichtigt worden. Die Frage, ob eine Betrachtung des Güterverkehrs auf der Trasse hätte erfolgen müssen – bei den Schienenwegen des Bundes ist dies der Fall
– muss offen bleiben. Vom Landesverkehrsministerium gab es hierzu trotz mehrmaliger Anfrage keine Antwort. Weitere in Wesseling vorhandene Güterverkehrstrassen, wie z.B. der Abzweig in westliche Richtung nach Brühl auf Höhe der Brühler Straße („Querbahn“), sind ebenfalls nicht Gegenstand der Lärmaktionsplanung.
Anders als die Autobahn A 555 verfügt die Stadtbahntrasse über keinerlei abschirmende Einrichtungen zum Schutz der angrenzenden Wohnbebauung vor Schallimmissionen.
Die Lärmkarten zeigen, dass Überschreitungen der Auslösewerte von 70 dB(A) für den LDEN und 60
dB(A) für den LNight entlang der Stadtbahntrasse im innerstädtischen Bereich entlang der Berzdorfer
Straße und der Konrad-Adenauer-Straße (Höhe Gartenstraße) sowie am östlichen Rand der Urfelder
Waldsiedlung auftreten.
An der südlich der Bahnlinie verlaufenden Berzdorfer Straße beläuft sich der Ganztages-Pegel an
den straßenseitigen Fassaden auf > 65 ≤ 70 dB(A). Punktuell wird auch die Pegelklasse > 70 ≤ 75
dB(A) erreicht. Nachts treten hier an fast allen Häusern Werte von > 60 ≤ 65 dB(A) auf. Ebenso stark
von den Lärmemissionen der Stadtbahntrasse betroffen, wie die Berzdorfer Straße, ist die parallel
zur Bahn verlaufende Konrad-Adenauer-Straße. Auf Höhe des südlich gelegenen Marktkaufs treten
auf diesem Straßenabschnitt Pegel von > 65 ≤ 70 dB(A) für den Tageswert und von > 60 ≤ 65 dB(A)
für den Nachtwert auf. Auch das Schulzentrum ist von Immissionen durch die Stadtbahntrasse betroffen. Eine Überschreitung der Auslösewerte ist jedoch nur im Bereich der Sporthalle ersichtlich.
Abb. 21: Wohnhäuser an der Stadtbahntrasse auf Höhe der Konrad-Adenauer-Str./ Berzdorfer Str. und in der Urfelder Waldsiedlung (eigene Bilder, 2018)
23
Abb. 22: Kartierter Hauptschienenweg, Innenstadt, L DEN (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen
am 24.01.2018)
Abb. 23: Kartierter Hauptschienenweg, Innenstadt, L Night (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen
am 24.01.2018)
24
Abb. 24: Kartierter Hauptschienenweg, Urfeld, L DEN (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen am
24.01.2018)
Abb. 25: Kartierter Hauptschienenweg, Urfeld, L Night (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/ abgerufen am
24.01.2018)
25
Die Auslösewert-Überschreitungen in der Urfelder Waldsiedlung konzentrieren sich auf die der
Bahntrasse am nächsten gelegenen Teilstücke der Ehlenstraße, des Fichtenwegs, des Tannenwegs
der Urfelder Straße und der Willy-Brandt-Straße.
Bezogen auf den nächtlichen Auslösewert von 60 dB(A) sind 14 Häuser betroffen (ein Mehrfamilienhaus an der Willy-Brandt-Straße erreicht gar die Pegelklasse > 70 db(A)), tagsüber (24h) wird der
ausschlaggebende Wert von 70 dB(A) an 4 Gebäuden überschritten.
5.3
Lärmquelle Flugverkehr
In den Lärmkarten für den Flugverkehr werden die Lärmbelastungen für Großflughäfen mit über
50.000 Starts und Landungen pro Jahr dargestellt. Für Nordrhein-Westfalen betrifft dies die Flughäfen Düsseldorf und Köln-Bonn.
Wesseling ist nicht von Immissionen durch Fluglärm betroffen. Die nachfolgende Grafik veranschaulicht die Lärmeinwirkungen durch den Flughafen Köln-Bonn auf das rechtsrheinische Kölner Umland.
Abb. 26: Kartierter Flughafen Köln-Bonn, L DEN, LNight (Ausschnitt, http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/stufe3/
abgerufen am 25.01.2018)
26
6
Bewertung der Lärmeinwirkungen
Zur Beurteilung der Straßen- und Schienenverkehrsimmissionen hat das LANUV eine Abschätzung der
Gesamtzahl der vom Lärm betroffenen Menschen vorgenommen. Die nachfolgenden, nach Straßenund Schienenverkehr unterteilten Tabellen, geben Aufschluss über die Betroffenheiten in Wesseling.
6.1
Straßenverkehr
53 Menschen sind einem 24h-Schallleistungspegel (LDEN) durch Hauptverkehrsstraßen ausgesetzt, der
oberhalb des Auslösewertes von 70 dB(A) liegt. Nachts sind 69 Menschen durch Immissionen beeinträchtigt, die den Auslösewert von 60 dB(A) überschreiten (LNight).
Wird auch die unterhalb der Auslösewerte folgende Pegelklasse von > 65 ≤ 70 dB(A) für den Tageswert bzw. > 55 ≤ 60 dB(A) für den Nachtwert betrachtet, so werden erhebliche Betroffenheiten
deutlich. 298 Personen sind Immissionen in und oberhalb dieser Pegelklasse am Tag und 565 Personen in der Nacht ausgesetzt. Gemäß der Gefährdungseinstufung des Umweltbundesamtes sollten
beim Erreichen der Pegelklasse kurzfristige Maßnahmen ergriffen werden, um gesundheitliche Beeinträchtigungen zu vermeiden (vgl. Kapitel 4).
LDEN/dB(A)
N
LNight/dB(A)
N
> 55 ≤ 60
> 60 ≤ 65
> 65 ≤ 70
> 70 ≤ 75
> 75
(3.275) 3.596
(1.083) 1.248
(198) 245
(95) 50
(50) 3
> 50 ≤ 55
> 55 ≤ 60
> 60 ≤ 65
> 65 ≤ 70
> 70
(1.652) 1.926
(302) 496
(90) 66
(64) 3
(4) 0
Tab. 6: Geschätzte Gesamtzahl N der Menschen, die in Gebäuden mit entsprechenden Schallpegeln an der Fassade wohnen;
in Klammern ist der Wert der Lärmkartierung der 2. Stufe als Vergleichswert angegeben
(http://www.gis.nrw.de/arcgis/rest/services/umwelt_laerm/stufe3/MapServer/0/45/attachments/811 abgerufen am
21.02.2018)
LDEN/dB(A)
>55
>65
>75
Größe/km2
6,321992
1,585970
0,452541
Tab. 7: Grundfläche der lärmbelasteten Gebiete in Wesseling
(http://www.gis.nrw.de/arcgis/rest/services/umwelt_laerm/stufe3/MapServer/0/45/attachments/811 abgerufen am
21.02.2018)
LDEN/dB(A)
>55
>65
>75
(2.059) 2.243
(139) 137
(24) 0
N Schulgebäude
(3) 6
(0) 0
(0) 0
N Krankenhaus-
(0) 0
(0) 0
(0) 0
N Wohnungen
gebäude
Tab. 8: Geschätzte Gesamtzahl N der lärmbelasteten Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser; in Klammern ist der Wert der
Lärmkartierung der 2. Stufe als Vergleichswert angegeben
(http://www.gis.nrw.de/arcgis/rest/services/umwelt_laerm/stufe3/MapServer/0/45/attachments/811 abgerufen am
21.02.2018)
27
Im Vergleich zur Lärmkartierung zur 2. Stufe der Lärmaktionsplanung sind die Werte der Betroffenheiten in den hohen Pegelklassen deutlich zurückgegangen. Da die Verkehrsbelastungen auf den
Straßen nicht abgenommen, sondern weiter zugenommen haben und bisher keine Lärmschutzmaßnahmen auf der A 555 und der L 184 realisiert worden sind, resultieren die verringerten Betroffenheiten vermutlich auf einer Verbesserung der Berechnungsmethoden bei der Lärmkartierung. Dass
derartige Tendenzen aufgrund detaillierterer und genauerer Eingangsparameter bei der Lärmkartierung möglich sind, wurde auch im Rahmen einer Informationsveranstaltung zur Lärmaktionsplanung
der 3. Stufe bei der Bezirksregierung Köln seitens der Fachreferenten thematisiert (Veranstaltung
„Lebenswerte Städte – Lärmaktionsplanung lohnt sich“, 01.02.2018, Köln).
6.2
Schienenverkehr
Die nachfolgende Tabelle zeigt, wie viele Menschen von Immissionen der Stadtbahnlinie 16 oberhalb
des Schwellenwertes von 70 dB(A) für den LDEN und 60 dB(A) für den LNight betroffen sind. Es zeigen
sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der Betroffenheiten im Tag- und im Nachtzeitraum. Während im Tageszeitraum 3 Personen Pegelwerten oberhalb der Auslösewerte der Lärmaktionsplanung
(70 dB(A)) ausgesetzt sind, beläuft sich die Anzahl der Menschen in den Nachtstunden auf 215 (60
dB(A)).
Wird auch hier die nächst tiefer gelegene Pegelklasse mit in die Betrachtung einbezogen, steigt die
Anzahl der Betroffenen erheblich. Für den Tageszeitraum sind 292 Menschen von Schallpegeln > 65
db(A) betroffen, beim LNight (> 55 db(A)) gar 361.
LDEN/dB(A)
> 55 ≤ 60
> 60 ≤ 65
> 65 ≤ 70
> 70 ≤ 75
> 75
N
(465) 356
(236) 173
(218) 289
(88) 3
(0) 0
LNight/dB(A)
> 50 ≤ 55
> 55 ≤ 60
> 60 ≤ 65
> 65 ≤ 70
> 70
N
(402) 316
(159) 146
(263) 215
(0) 0
(0) 0
Tab. 9: Geschätzte Gesamtzahl N der Menschen, die in Gebäuden mit entsprechenden Schallpegeln an der Fassade wohnen;
in Klammern ist der Wert der Lärmkartierung der 2. Stufe als Vergleichswert angegeben
(http://www.gis.nrw.de/arcgis/rest/services/umwelt_laerm/stufe3/MapServer/0/45/attachments/811 abgerufen am
21.02.2018)
LDEN/dB(A)
>55
>65
>75
Größe/km2
1,183938
0,384106
0,001537
Tab. 10: Grundfläche der lärmbelasteten Gebiete in Wesseling
(http://www.gis.nrw.de/arcgis/rest/services/umwelt_laerm/stufe3/MapServer/0/45/attachments/811 abgerufen am
21.02.2018)
28
LDEN/dB(A)
>55
>65
>75
(328) 250
(143) 137
(0) 0
N Schulgebäude
(12) 6
(1) 1
(0) 0
N Krankenhausgebäude
(4) 3
(0) 0
(0) 0
N Wohnungen
Tab. 11: geschätzte Gesamtzahl N der lärmbelasteten Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser; in Klammern ist der Wert der
Lärmkartierung der 2. Stufe als Vergleichswert angegeben
(http://www.gis.nrw.de/arcgis/rest/services/umwelt_laerm/stufe3/MapServer/0/45/attachments/811 abgerufen am
21.02.2018)
Auch beim Schienenverkehr zeigt sich, dass die Betroffenheiten in den höheren Pegelklassen, vermutlich durch exaktere Berechnungen zur Lärmentstehung und –ausbreitung, im Vergleich mit den
zugehörigen Daten aus der Lärmkartierung zur 2. Stufe gesunken sind.
29
7
Lärmminderungsmaßnahmen
Die vorangegangen Kapitel haben einen Überblick über die besonders stark von Verkehrslärm betroffenen Stadtbereiche vermittelt und die Betroffenheiten aufgezeigt. Im Folgenden sollen gängige
Maßnahmen zur Verbesserung der Immissionssituation vorgestellt werden. Grundsätzlich lassen
Lärmminderungsmaßnahmen sich nach ihren verschiedenen Wirkprinzipien unterscheiden:
•
Maßnahmen an der Quelle (z.B. lärmarme Reifen, lärmarme Fahrzeuge, Automatikgetriebe,
Elektrofahrzeuge)
•
bauliche Maßnahmen (z.B. Schallschutzwände/-wälle, Umgehung sensibler Bereiche, homogener Verkehrsfluss, lärmmindernder Belag)
•
Fahrverhalten (z.B. Drehzahlbereich, Geschwindigkeit, Bremsverhalten)
•
ordnungsbehördliche Maßnahmen (z.B. Geschwindigkeitsbegrenzungen und -kontrollen,
Durchfahrtsverbote für bestimmte Fahrzeugklassen)
•
Beeinflussung der Verkehrsmittelwahl (z.B. Förderung Rad- und Fußgängerverkehr, Ausbau
Radschnellwege, Erhöhung der Auslastung von Fahrzeugen)
•
Maßnahmen der Bauleitplanung und der Eigenvorsorge (z.B. „Stadt der kurzen Wege“/gemischte Quartiere, Grundrissgestaltung, Festsetzung von Schalldämmmaßen)
7.1
Abb.
Maßnahmen Straßenverkehr
27:
Wirksamkeit
von
Maßnahmen
zur
Lärmreduzierung
im
Straßenverkehr
(http://www.umgebungslaerm.nrw.de/laermaktionsplanung/massnahmen_welche/index.php abgerufen am 21.02.2018)
30
Abbildung 27 verdeutlicht, dass im Straßenverkehrsbereich insbesondere bauliche Maßnahmen und
ordnungsbehördliche Regelungen zu einer Reduzierung der Lärmbelastung beitragen können. Der
Fahrbahnbelag und die zulässige Höchstgeschwindigkeit sind hierbei die entscheidenden Parameter.
Straßenbelag
So entstehen auf einem Pflasterbelag mit seinem typischen, den Rollvorgang unterbrechenden Fugenbild, deutlich stärkere Abrollgeräusche, als auf einer durchgängigen, ebenen Asphalt- oder Betonfläche. Bereits ab 30-40 km/h ist die Lautstärke des Rollgeräusches von modernen Pkw größer als
die verursachten Motorengeräusche. Insbesondere auf Fahrtrassen, auf denen höhere Fahrzeuggeschwindigkeiten erreicht werden, können daher Maßnahmen, die am Fahrbahnbelag ansetzen, zu
einer Reduzierung der Fahrzeugemissionen führen.
Außerorts
Für außerörtliche Straßen findet immer häufiger sogenannter „OPA“ (offenporiger Asphalt) Verwendung. Wie Abb. 28 schematisch veranschaulicht, „schluckt“ der Porenraum des OPA die Schallwellen
der Reifenabrollbewegung vertikal und verhindert somit eine ungestörte horizontale Ausbreitung der
Emissionen.
Abb. 28: Wirkung von offenporigem Asphalt (K. Stroh, Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.): „UmweltWissen Lärm –
Straße und Schiene“ 2003/2008, S. 2)
Offenporige Asphalte ermöglichen – zumindest in den Anfangsjahren – Pegelminderungen von ca. 5
bis 7 dB(A). Der Einfluss von OPA auf die Lautstärke von Lkws ist geringer als bei Pkws. Grund hierfür ist, dass die Rollgeräusche von Lastkraftwagen erst ab ca. 60 km/h deutlich gegenüber den Antriebsgeräuschen überwiegen.
31
Abb. 29: Anteil der Intensität der Rollgeräusche bzw. der Antriebsgeräusche an der Gesamtemission in % getrennt für Pkw
und schwere Lkw auf dichten Standard-Fahrbahnbelägen (Müller BBM: „Physik der Reifen-Fahrbahn-Geräusche“, 2008, S.3)
Innerorts
Innerorts sind die Einsatzmöglichkeiten von offenporigem Asphalt begrenzt. Insbesondere die stark
wirkenden horizontalen Kräfte, die aus Lenk-, Beschleunigungs- und Verzögerungsvorgängen resultieren sowie die damit verbundenen, die Poren verstopfenden Reifenabriebe, strapazieren den Belag und verkürzen seine Lebensdauer. „Der Lärmminderungseffekt einer Asphaltdeckschicht aus
offenporigem Asphalt auf innerörtlichen Straßen ist aufgrund der niedrigen Fahrgeschwindigkeiten
deutlich geringer. In Kombination mit den hohen Herstellungskosten, u.a. verursacht durch die aufwendige Abdichtung der Unterlage […] und die Anpassung der Entwässerungseinrichtungen, wird
hierdurch ein schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis erzielt. Verursacht durch die schnellere Verschmutzungsneigung lässt der lärmmindernde Effekt deutlich schneller nach als auf Autobahnen. Des
Weiteren werden durch nachträgliche Aufgrabungen Störstellen (Anschlüsse, Nähte, Fugen, etc.) in
dem offenporigen Gefüge dieser Belagsart hergestellt, die zum Einen den lärmmindernden Effekt
und zum Anderen aber auch das Drainagevermögen stark beeinträchtigen.“ (Stefan Ehlert, Straßen
NRW für das Ministerium für Bauen und Verkehr NRW: „Lärmarme Fahrbahnbeläge für den kommunalen Straßenbau“, 2010, S. 14)
Das Umweltbundesamt empfiehlt für den innerstädtischen Bereich eine Belag-Textur, die durch den
Einsatz kleiner Größtkorngrößen etwas dichter ist und somit weniger mechanische Anregung an der
Oberfläche verursacht. Als geeignet wird z.B. eine lärmoptimierte Asphaltdeckschicht („LOA 5 D“)
angesehen, deren konkave Oberflächenstruktur an ein Plateau mit Schluchten erinnert. Da, wie
bereits erwähnt, bei Pkws erst zwischen 30 und 40 dB(A) eine Überdeckung der Antriebs/Motorengeräusche durch die Rollgeräusche eintritt, sind lärmoptimierte Asphaltdeckschichten für
eine spürbare akustische Verbesserung der Lärmsituation erst bei zulässigen Höchstgeschwindigkeiten ≥ 50 ≤ 60 km/h sinnvoll. Auf Referenzstrecken (u.a. Kennedydamm Düsseldorf) konnten durch
den LOA 5 D-Belag Pegelminderungen um knapp über 4 dB(A) erzielt werden. Voraussetzung für eine
entsprechende Lärmminderung ist die Vermeidung von Unebenheiten und Störstellen in der Asphaltdecke. Diese können z.B. durch Straßenaufbrüche (Leitungssanierungen, Hausanschlusserstellung
32
etc.), Nahtstellen oder erforderliche Einbauten (Straßeneinläufe, Kanaldeckel, Hydranten etc.) hervorgerufen werden.
Bisher befindet sich die lärmoptimierte Asphaltdecke noch in der Erprobungsphase. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW jedoch sieht im LOA 5 D-Belag große Potenziale für den innerstädtischen Bereich. (vgl. Stefan Ehlert, Straßen NRW für das Ministerium für Bauen und Verkehr NRW: „Lärmarme
Fahrbahnbeläge für den kommunalen Straßenbau“, 2010, S. 11 ff)
Verstetigung Verkehrsfluss
Neben der Belagsart können Maßnahmen zur Verstetigung des Verkehrsflusses die Lärmbelastung von
Anwohnern – insbesondere im innerstädtischen Bereich - reduzieren. Abgestimmte Ampelphasen
(„grüne Welle“) oder Kreisverkehre z.B. verhindern ein ständiges Abbremsen und Beschleunigen des
Kfz-Verkehrs. Die Geräuschkulisse verstetigt sich, was von den Betroffenen gegenüber Lautstärkewechseln i.d.R. als angenehmer wahrgenommen wird.
Tempo-Limits
Wie bereits angeführt, stellen auch Geschwindigkeitsbegrenzungen geeignete Maßnahmen zur Verringerung von Straßenverkehrslärm dar. Der Effekt der Lärmreduktion ist dabei u.a. von der Ausgangsgeschwindigkeit vor der Begrenzung und dem anschließenden Tempolimit, vom Fahrbahnbelag
sowie der Fahrzeugart abhängig.
Außerorts
Abbildung 30 veranschaulicht die Auswirkungen von Geschwindigkeitsreduzierungen auf einer zweispurigen Autobahn ohne Geschwindigkeitsbegrenzung auf ein Limit von 120 km/h, 100 km/h und 80
km/h anhand verschiedener Fahrzeugtypen.
Abb. 30: Minderung der Geräuschbelastung durch Verringerung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (Heinz Steven, TÜVAutomotive GmbH, Herzogenrath: „Minderungspotenziale beim Straßenverkehrslärm“, Tagung „Lärmkongress 2000“, S. 11)
Es zeigt sich, dass eine wahrnehmbare Lärmpegelminderung im Bereich von ca. 3 dB(A) nur bei Personenkraftwagen erreicht wird, wenn die zulässige Geschwindigkeit bis auf 80 km/h reduziert wird.
33
In der Summe aller Fahrzeugtypen ergeben sich lediglich Minderungen von ca. 2 dB(A). In Kombination mit weiteren, z.B. abschirmenden Schallschutzanlagen aber, können auch geringere Geschwindigkeitsreduzierungen die Lärmsituation entlang von Straßenverkehrstrassen verbessern.
Innerorts
Wurden in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Städten Tempo-30-Zonen in Wohngebieten ausgewiesen, steht heute die Anwendbarkeit und Wirksamkeit von Geschwindigkeitsreduzierungen für
innerstädtische Hauptverkehrsstraßen im Fokus von Verkehrswissenschaftlern. Das Umweltbundesamt hat im Jahr 2016 eine Studie zu den „Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen“ herausgebracht. In der Studie angeführte Referenzuntersuchungen in Frankfurt a.M., Mainz, Freiburg
i.Br. und in der Schweiz belegen, dass eine Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von
50 auf 30 km/h Lärmminderungen von 2 bis 6 dB(A) bewirken kann. Ferner wurde festgestellt, dass
bei Tempo 30 niedrigere Maximalpegel und geringere Pegelschwankungen auftreten, als bei Tempo
50. Durch eine geringere Bandbreite an auftretenden Pegelwerten wirken diese weniger belästigend. Das häufig angeführte Argument, bei geringeren Geschwindigkeiten würde in niedrigeren
Gängen und damit höheren Drehzahlen (=lauter) gefahren, konnte nicht bestätigt werden. Abgesehen von den lärmmindernden Wirkungen wurden folgende Erkenntnisse gewonnen:
• Die Senkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h hat in der Regel keine
nennenswerten Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Straße für den Kfz-Verkehr.
Größere Wirkungen gehen u.a. von der Qualität der Ampelsteuerungen, der Anzahl querender Fußgänger oder von Haltevorgängen in zweiter Reihe aus.
• In Pilotprojekten konnte nachgewiesen werden, dass die Geschwindigkeit auch ohne flankierende Kontrollmaßnahmen tatsächlich reduziert wurde. Insbesondere hohe Geschwindigkeiten traten seltener auf. Das Tempolimit greift umso stärker, je mehr Zeit seit seiner Einführung vergangen ist. Schwankungen in der Wirksamkeit sind möglich, weshalb sich Maßnahmen zum Monitoring empfehlen.
• Wenn es gelingt, die Qualität des Verkehrsflusses beizubehalten oder zu verbessern, sinkt
die Schadstoffbelastung bei einer Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h.
• Reaktions- und Bremsweg bilden zusammen den Anhalteweg, der benötigt wird, bis ein
Fahrzeug zum Stehen kommt. Der Anhalteweg ist abhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit, weshalb ein Fahrzeug bei Tempo 30 eine kürzere Strecke zurücklegt, als bei Tempo
50. Darüber hinaus nehmen Verkehrseilnehmer den Verkehrsraum bei geringer gefahrenen
Geschwindigkeiten deutliche detaillierte wahr, als bei höheren Geschwindigkeiten. Tempo
30 hat somit positive Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit.
• Tempo-30-Anordnungen auf Hauptverkehrsstraßen haben in vorliegenden Untersuchungen
nicht zu nennenswerten Schleichverkehren geführt. Um die Attraktivität von Hauptverkehrsstraßen für den Durchgangsverkehr beizubehalten, wird empfohlen, eine Senkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit immer im Netzzusammenhang und gemeinsam mit der Qualität
des Verkehrsflusses zu betrachten.
34
(vgl. E. Heinrichs/ F. Scherbarth/ K. Sommer, Umweltbundesamt (Hrsg.): „Wirkungen von Tempo 30
an Hauptverkehrsstraßen“ 2016, S. 4-18)
Ob eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf Stadtstraßen Aussicht hat, sich zukünftig als
realistische Option zur Reduzierung von Belastungen durch Lärm und Schadstoffe durchzusetzen, ist
vorrangig eine gesellschaftliche Frage. Erfahrungen mit den heute vielerorts realisierten und etablierten Tempo-30-Zonen in Wohngebieten zeigen, dass die Akzeptanz derartiger Maßnahmen Zeit
benötigt. Auch die angeführten Tempo-30-Zonen waren bei ihrer Einführung in den 1970er/ 1980er
Jahren zunächst höchst umstritten. Heute sind sie gesellschaftlicher Konsens und werden zur Gewährleistung der Wohnruhe nicht mehr in Frage gestellt.
In einigen Städten wurden Tempo-30-Limits auf Hauptverkehrsstraßen bereits angeordnet, um die
Belästigungen durch den Straßenverkehr zu reduzieren. Zu nennen ist insbesondere die Stadt Darmstadt, die bevorzugt für den Nachtzeitraum entsprechende Geschwindigkeitsbegrenzungen für ausgewählte Hauptverkehrsstraßen eingeführt hat.
Das niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr hat jüngst das auf drei Jahre
angesetzte „Modellprojekt Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen“ auf den Weg gebracht, in dessen
Rahmen untersucht werden soll, welche Effekte von dem Tempolimit auf den Verkehrslärm, die
Luftreinhaltung und den Verkehrsfluss ausgehen. Bis Ende Januar 2018 konnten niedersächsische
Kommunen sich für die Teilnahme an dem Projekt bewerben, Projektstart ist voraussichtlich Herbst
2018.
(vgl.
https://www.mw.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/staedte-koennen-
sich-fuer-teilnahme-an-modellprojekt-tempo-30-bewerben---interessenbekundungsverfahrenbeginnt-158254.html abgerufen am 21.02.2018)
In der Diskussion um die Potenziale, die von einer Ausweitung von Tempo-30-Bereichen für die
Lärm- und Schadstoffminderung ausgehen, wird zunehmend auch die Bedeutung derartiger Maßnahmen für die Stadtökologie, das Stadtbild und die Lebensqualität erkannt. Straßen sind mehr als
Fahrbahnen und Parkplätze – sie sind auch Orte der Kommunikation und des Aufenthalts von Menschen.
(vgl.
https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-
laerm/verkehrsplanung/tempolimit#textpart-1 abgerufen am 19.02.2018)
35
Abb. 31: Beispiele für Straßenraumgestaltungen mit verbesserter Aufenthaltsqualität (Umweltbundesamt (Hrsg.): „Straßen
und Plätze neu denken“, 2017, S. 26, 34, 40 und 17)
Verkehrsumleitung
Eine Verkehrsumleitung oder Umgehung ist insbesondere sinnvoll, um innerstädtische Bereiche von
Immissionen des Schwerlastverkehrs zu entlasten. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass für die
logarithmische Dezibel-Skala besondere Rechenregeln gelten und die Reduzierung des Verkehrs um
einen bestimmten Anteil nicht automatisch eine entsprechende Verringerung des Lärms bewirkt.
„Die Addition von zwei gleich lautenden Schallpegeln (z.B. durch eine Verdopplung des Verkehrsaufkommens) bewirkt eine Pegelerhöhung von 3 dB. Einer Halbierung, Viertelung, Zehntelung der Quellenzahl entsprechen Pegelverringerungen von minus 3 dB, minus 6 dB, minus 10 dB. Eine Zunahme
von 10 dB wird subjektiv als Verdoppelung des Lärms empfunden.“ (www.umebungslaerm.nrw.de
abgerufen am 14.01.2015) Kann durch die Anlage einer Umgehungsstraße z.B. eine 50%-ige Verkehrsreduzierung der ehemals stark belasteten Straße erreicht werden, so beläuft sich die damit
verbundene Lärmreduzierung in dem besagten Bereich lediglich auf 3 dB(A). 3 dB(A) werden in der
Fachwelt als Schwelle eingestuft, ab der eine Änderung des Schalldruckpegels bewusst wahrgenommen werden kann. Das Lärmminderungspotenzial einer Verkehrsverlagerung auf andere Strecken ist
daher begrenzt. Deutliche Effekte zur Lärmreduzierung können erst erzielt werden, wenn (wesentlich) mehr als die Hälfte des Verkehrsaufkommens auf andere, weniger sensible Strecken umgeleitet
wird. Zur Steigerung der Attraktivität eines Stadtviertels, zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und
zur Reduzierung von lokalen Luftschadstoffbelastungen kann die Umlenkung von (Durchgangs-) Verkehren aber sinnvoll und zielführend sein.
Lärmarme Fahrzeuge
Maßnahmen am Fahrzeug selbst können ebenfalls zu einer Verringerung von Lärmbeeinträchtigungen
führen. Mit entsprechenden Lärmgrenzwerten für die Typen-Zulassung von Fahrzeugen hat die EU
dafür Sorge getragen, dass Kraftfahrzeuge nicht unbegrenzt laut sein dürfen. Gemessen bei beschleunigter Vorbeifahrt aus 7,5 m Entfernung muss ein Lkw mit einer Leistung > 150 kW einen Geräuschgrenzwert von 80 dB(A) einhalten. Der gleiche Wert gilt für Busse (> 150 kW) und Motorräder
(> 175 kW). Pkw haben einen entsprechenden Grenzwert von 74 dB(A) einzuhalten. (vgl. K. Stroh,
Bayerisches Landesamt für Umwelt: „UmweltWissen Lärm – Straße und Schiene“ 2003/2008, S. 3).
36
Elektroautos sind gemäß einer Untersuchung des Bundesumweltamtes zumindest bei geringen Geschwindigkeiten (bis ca. 25 km/h) im Stadtverkehr fast geräuschlos, bei steigenden Geschwindigkeiten hingegen sind keine Unterschiede zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren festzustellen. Daneben gibt es „(…) Fahrzeugklassen, bei denen elektrische Antriebe eine deutliche Lärmentlastung
bringen können, allen voran Mopeds und Motorräder; aber auch Müllsammelfahrzeuge, ÖPNV-Busse
und andere Nutzfahrzeuge, die ausschließlich innerorts bewegt werden und sehr häufig anfahren
und wieder abbremsen.“ (Umweltbundesamt: „Kurzfristig kaum Lärmminderung durch Elektroauto Positionspapier“ 18.4.2013, S. 1)
Auch über die richtige Reifenwahl können Fahrzeuggeräusche reduziert werden. Seit 2012 gilt in der
EU eine entsprechende Kennzeichnungspflicht von Reifen, die neben der Höhe des Reifenabrollgeräusches eine Bewertung der Eigenschaften der Nasshaftung sowie der Kraftstoffeffizienz zum Gegenstand hat. Die Lärmminderungspotenziale lärmarmer Reifen liegen bei ca. 3-4 dB(A) (vgl. Landesamt für Umweltschutz Baden-Württemberg: „Lärmarme Reifen und geräuschmindernde Fahrbahnbeläge“, 2004, S. 29).
Abb. 32: Reifenkennzeichnung (Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW
(Hrsg.): „Besser leben mit weniger Lärm“, 2016, S. 20)
7.2
Maßnahmen Schienenverkehr
Wie beim Straßenverkehr werden auch die Emissionen durch Schienenverkehr anhand von sogenannten logarithmischen „Mittelungspegeln“ bemessen. Alle Zugfahrten in einem bestimmten Zeitraum
werden unter Berücksichtigung der Fahrzeugart, Länge und Geschwindigkeit des Zuges sowie der
Bremsart zu einem Mittelungspegel der Schallemission zusammengefasst. „Pegelspitzen werden
durch ihre hohe Intensität entsprechend stark berücksichtigt.“ (Deutsche Bahn AG: „Schallschutz –
Eine Investition in die Zukunft der Bahn“, 2009, S. 9)
Beim Schienenverkehr stellt das Rollgeräusch, das an der Berührungsstelle von Rad und Schiene
entsteht, die Hauptlärmquelle dar. Ursache für das Geräusch sind Schwingungen infolge von Riffeln
und Unebenheiten an Rad und Schiene, die als Schallwellen übertragen werden. Deutlich wahr37
nehmbar werden Rollgeräusche ab Geschwindigkeiten von 60 km/h. Bei 250 km/h treten zudem
verstärkt aerodynamisch bedingte Geräusche auf, die durch Luftverwirbelungen an Stromabnehmern
verursacht werden. Motoren, Lüfter und sonstige Aggregate spielen lediglich im Stand und bei langsamer Fahrt von Schienenfahrzeugen eine Rolle.
Abb. 33: Mittelungspegel im Straßen- und Schienenverkehr (Deutsche Bahn AG: „Schallschutz – Eine Investition in die Zukunft
der Bahn“, 2009, S. 9)
Abb. 34: Schalldruckpegel in Abhängigkeit von der Zuggeschwindigkeit (Deutsche Bahn AG: „Schallschutz – Eine Investition in
die Zukunft der Bahn“, 2009, S. 4)
Weitere auf die Höhe der Emissionen wirkende Kriterien sind die Bauart der Bremsen („laute“ Grauguss-Bremssohlen oder „leise“ Flüsterbremsen aus glattem Verbundstoff), das Vorhandensein von
Radabsorbern sowie die Zuglänge.
Ähnlich wie beim Straßenverkehr hat auch die Beschaffenheit der Bahntrasse Auswirkungen auf die
Entstehung von Lärm. So beeinflussen die Schienenart, der Zustand der Schienenfahrfläche, der
Kurvenradius sowie das Vorhandensein von Brücken/Tunneln und Bahnübergängen den Grad der
verursachten Emissionen.
Zusammengefasst existieren folgende Maßnahmen zur Reduzierung von Schienenverkehrslärm:
38
•
regelmäßiges Schleifen der Schienenoberfläche zur Vermeidung von Riffeln (bis zu 20 dB(A)
Minderung möglich)
•
Einsatz von Flüsterbremsen im Güterverkehr (bis zu 10 dB(A) Minderung möglich)
•
Einsatz von Schmierstoffen zum Vermeiden von Quietschgeräuschen, z.B. in engen Kurven
•
Einsatz von Schienenabsorbern (1 bis 6 dB(A) Minderung möglich)
•
Rasengleise anstelle von Schottergleisen (bis 2 dB(A) Minderung möglich)
•
Reduzierung der Geschwindigkeit
•
aktiver, baulicher Schallschutz an der Bahnanlage durch Wand, Wall oder Trog
•
Entwicklung und Einsatz neuer lärmarmer Fahrzeuge bzw. Lärmreduktion durch technische
Nachrüstung von Bestandsfahrzeugen
•
Abstellen von Nebenaggregaten bei längerer Standzeit
•
Personalschulung für lärmarme Fahrweise
Besonders wirksam, nicht nur für den Schienen-, sondern auch den Straßenverkehrslärm, sind aktive
Schallschutzmaßnahmen in Form von Lärmschutzwänden, -wällen oder –trögen. Wälle und Wände
können den Mittelungspegel eines Zuges um bis zu 15 dB(A) mindern, sofern sie eine ausreichende
Länge und Höhe aufweisen, um die sensible Nutzung zu schützen. Aufgrund ihres geringeren Platzverbrauches eigenen sich Lärmschutzwände in der Regel besser für innerörtliche Bereiche. Wälle
benötigen eine erheblich größere Grundfläche, ermöglichen aber in Kombination mit einer entsprechenden Modellierung und Bepflanzung eine ansprechende Integration ins Landschaftsbild. Nachteilig an Lärmschutzwällen ist, dass ihr Scheitelpunkt sich in Abhängigkeit von der Wallhöhe vom Emissionsort entfernt. Am effektivsten ist aktiver Schallschutz, wenn er möglichst nah an der Lärmquelle
ansetzt.
Abb. 35: Schallschutz durch Wand an einer Bahnstrecke. Oben: Mittelungspegel ohne Wand, unten: Mittelungspegel mit Wand
(Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: „Lärmschutz im Schienenverkehr“, 2013, S. 18)
39
Die Kosten für die Herstellung konventioneller Lärmschutzwände werden in der Literatur pro laufendem Meter je nach Höhe und Baumaterial (Beton, Holz, Aluminium etc.) mit ca. 500 bis 4.000 €
angesetzt. Die Deutsche Bahn geht von Durchschnittskosten von bis zu 1.500 € pro laufendem Meter
aus. Der jährliche Unterhalt wird auf ca. 2 % der Herstellungskosten geschätzt. (vgl.
https://www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/49310/?clsId0=0&clsId1=0&clsId2=0&clsId
3=0 abgerufen am 20.02.2018)
Eine vergleichsweise neue Entwicklung stellen niedrige Lärmschutzwände (nSSW) dar. Durch die
geringe Höhe von ca. 0,75 m bilden diese Anlagen eine geeignete Alternative bei begrenztem Raumangebot, wenn städtebauliche, denkmalrechtliche oder landschaftliche Aspekte gegen die Errichtung von klassischen Lärmschutzwänden sprechen. Positiver Nebeneffekt ist, dass auch das Sichtfeld
der Fahrgäste beim Einsatz von niedrigen Lärmschutzwänden unbeeinträchtigt bleibt.
Technisch existieren inzwischen mehrere nSSW-Modellarten, die sich vor allem in Bezug auf das
eingesetzte Dämmmaterial unterscheiden. Üblich sind Ausführungen als Gabionen mit Füllungen aus
Lavagestein oder neuerdings auch Recyclingmaterial, als Porenbeton oder Metallkassetten. Vor allem der geringe Abstand der niedrigen Lärmschutzwände zum Gleis ermöglicht eine deutliche
Lärmminderung. Hersteller geben als mögliche Lärmreduzierung Werte von ca. -6 dB(A) an.
Abb. 36: Beispiele für niedrige Schallschutzwände (www.rieder.cc, www.kassecker.de und www.heringinternational.de
abgerufen am 20.02.2018)
Probleme bereiten niedrige Lärmschutzwände aufgrund ihres notwendigerweise geringen Gleisabstands auf Trassen, die von überbreiten Güterwagen befahren werden. Je nach Höhe der nSSW sind
diese nur eingeschränkt oder gar nicht einsetzbar. (vgl. Eisenbahnbundesamt: „Lärmaktionsplan Teil
A“, 2018, S. 66)
7.3
Maßnahmen der Bauleitplanung
Im Rahmen der gesamtstädtischen Flächennutzungsplanung und der rechtsverbindlichen Bebauungsplanung spielt der Immissionsschutz eine bedeutende Rolle. Als einschlägige Vorschrift führt die DIN
18005 „Schallschutz im Städtebau“ Orientierungswerte für Baugebiete an, die z.B. bei der Planung
von neuen Wohngebieten in der Nähe zu vorhandenen Verkehrstrassen eigehalten werden sollen. Die
Stadt Wesseling zieht bei Bauleitplanverfahren regelmäßig Fachbüros zu Rate, welche die Immissionssituation gutachterlich analysieren und, falls erforderlich, mögliche Schallschutzmaßnahmen
vorschlagen. Im Bebauungsplan selbst kann dem Immissionsschutz z.B. durch die Einhaltung ausreichender Abstände zwischen schutzbedürftigen Nutzungen und Emissionsorten, durch die Festsetzung
40
von Schutzwällen-/wänden oder durch die Festlegung von passiven Schallschutzmaßnahmen an Gebäuden Rechnung getragen werden.
Hat ein Bebauungsplan die Überplanung einer bestehenden Konfliktlage zum Gegenstand, können
z.B. für Bestandswohngebäude in der Nähe zu Verkehrstrassen Schallschutzfenster, Lüftungssysteme
oder andere Maßnahmen an der Gebäudehülle festgesetzt werden. Aufgrund des Bestandsschutzes
der bestehenden Gebäude wird die Realisierung solcher passiver Schallschutzmaßnahmen erst bei
wesentlichen Änderungen an der baulichen Anlage zwingend erforderlich.
7.4
Eigenvorsorge
In bestehenden Problemlagen, in denen die Möglichkeiten von baulichen Schutzeinrichtungen ausgereizt sind oder z.B. kein Platz für abschirmende Schallschutzanlagen vorhanden ist, können Maßnahmen am Immissionsort durchgeführt werden, um die Lärmbelastung zu reduzieren. Geeignet ist
hierbei insbesondere der Einbau von Schallschutzfenstern.
Fühlen Bürger sich z.B. einer übermäßigen Belastung durch Straßenverkehrslärm von Landes- oder
Bundesstraßen bzw. Autobahnen ausgesetzt, so können sie in Nordrhein-Westfalen formlos eine entsprechende Überprüfung der Lärmsituation beim Straßenbaulastträger beantragen. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW als Straßenbaulastträger der genannten Straßen führt dann eine Einzelfallbetrachtung des betroffenen Gebäudes durch, um den Anspruch auf Lärmschutz festzustellen. Beurteilungsgrundlage der Anspruchsfeststellung sind die Auslösewerte der VLärmSchR 97, die in Tabelle 3
des Kapitels 4.1 angeführt werden. Der Straßenbaulastträger nimmt zunächst, ggf. unter Hilfestellung des Bau-/Planungsamtes der jeweiligen Kommune, eine Gebietseinschätzung vor, um den einschlägigen Immissionsgrenzwert zu ermitteln. Analysiert wird ebenfalls, welche Räume des Gebäudes der Schallquelle zugewandt sind. Ergeben die Berechnungen, dass die Grenzwerte lediglich in
den Nachtstunden überschritten werden, so entsteht ein Anspruch auf Schallschutzfenster nur für
Schlafräume, die zu der emittierenden Straße ausgerichtet sind. Wohnzimmer oder andere „TagesAufenthaltsräume“ sind von diesem Anspruch ausgeschlossen. Treten die Überschreitungen auch am
Tage auf, so besteht für sämtliche Aufenthaltsräume ein entsprechender Anspruch für schalldämmende Fenster. Da es sich bei der Lärmsanierung an Bundes- oder Landesstraßen um eine freiwillige
Leistung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel handelt, ergibt sich für die Betroffenen kein Rechtsanspruch auf die Umsetzung entsprechender Maßnahmen. Gemäß VLärmSchR
97 sind die Eigentümer zu 25 % an den Kosten von Schallschutzfenstern zu beteiligen. (Straßen.NRW,
Regionalniederlassung Ville-Eifel, Telefonat vom 05.02.2014)
Auch für Beeinträchtigungen durch Schienenlärm existieren entsprechende Programme zur Umsetzung von Schallschutzmaßnahmen. Seit 1999 stellt der Bund jährlich Mittel für das Programm "Maßnahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes" bereit. Im
Jahr 2016 betrug das Finanzvolumen der Lärmsanierung 150 Millionen Euro. Im selben Jahr wurden
die Auslösewerte für die Lärmsanierung an Schienenwegen des Bundes abgesenkt und betragen seitdem
für
Wohngebiete
67
dB(A)
tags
und
57
dB(A)
nachts.
(vgl.
41
http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/LA/laermvorsorge-und-laermsanierung.html
abgeru-
fen am 14.03.2018)
Die Häfen und Güterverkehr Köln AG, die für die Bereitstellung des Stadtbahnnetzes auf Wesselinger
Stadtgebiet zuständig ist, gewährt als nicht-staatliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen keine
Zuschüsse zu passiven Schallschutzmaßnamen wie Schallschutzfenstern.
42
8
Lärmsanierung der Autobahn A 555
Die A 555 durchquert das Wesselinger Stadtgebiet zentral und zerschneidet Bereiche, die z.T. durch
dichte Wohnbebauung geprägt sind. Dass die Wesselinger Bürger sich durch die Immissionen der
Autobahn A 555 belästigt fühlen, ist mehrfach in entsprechenden Petitionen an den Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zum Ausdruck gekommen. Resultat dieser - in der 1.
Stufe des Wesselinger Lärmaktionsplanes ausführlich beschriebenen Petitionen - war die Einführung
von Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der A 555 durch die Bezirksregierung Köln als zuständiger
Straßenverkehrsbehörde.
T+N
130/80
T+N
100/80
N
80/80
T
100/80
T+N
130/80
T
100/80
N
80/80
T+N
120/80
T+N
130/80
T+N
130/80
Abb. 37: Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der A 555 (eigene Darstellung)
43
Seit 2005 gilt für den zentralen innerstädtischen Autobahnabschnitt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h bzw. 80 km/h tags (Pkw/Lkw) und 80 km/h nachts (alle Fahrzeugklassen). Abbildung 37 veranschaulicht die vorhandenen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der A 555 im gesamten
Stadtgebiet. Vorhandene Schallschutzeinrichtungen entlang der A 555 sind der nachfolgenden Abbildung 38 zu entnehmen.
vorhandene Wand
vorhandener Wall
vorhandene Wall-Wandkombination
Abb. 38: Schallschutz an der A 555 heute (eigene Darstellung nach Straßen.NRW: „A 555 Lärmschutz Wesseling, Lärmtechnische Untersuchung“, Karten, 2013)
Angestoßen durch die Petitionen, die Darlegung der Problematik im Wesselinger Lärmaktionsplan
der 1. Stufe sowie durch reduzierte Grenzwerte für die Lärmsanierung an Bundesfernstraßen, ist der
innerstädtische Autobahnabschnitt in den Aktionsplan „Lärmschutz an BAB“ des Landes NRW aufgenommen worden.
8.1
Lärmuntersuchung
Um die tatsächlichen Belastungen der angrenzenden Wohnnutzungen in Wesseling zu ermitteln, hat
der Landesbetrieb Straßenbau NRW im Jahre 2013 eine umfangreiche Überprüfung der Lärmsituation
entlang der A 555 vorgenommen. Die Analyse erfolgte auf Grundlage der „Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen“ (RLS-90) und der für den Straßenbaulastträger maßgeblichen Sanierungsgrenzwerte von 67 db(A) tags und 57 db(A) nachts. Im Vorfeld der Berechnungen und Modellierungen sind
44
die vorhandenen Höhenlagen der Autobahn einschließlich der Schallschutzeinrichtungen und der
angrenzenden Wohngebäude vor Ort vermessen worden.
Die für das Berechnungsmodell relevanten Verkehrsstärken wurden aus der Straßenverkehrszählung
von 2010 (SVZ2010) abgeleitet. Als Basis für die Konzeption späterer Schallschutzmaßnahmen wurden die Daten der SVZ2010 auf das Prognosejahr 2025 hochgerechnet.
Auf der Immissionsseite, also an der schützenswerten Bebauung, sind Einzelpunktbeurteilungen
durchgeführt worden. Untersucht wurden Gebäude in insgesamt 60 autobahnnahen Straßen. Diese
reichen vom Kastanienweg im Norden des Stadtgebietes bis zur Straße Am Forst im südlich gelegenen Urfeld.
Für das Analysejahr 2010, dem Ausgangszustand mit Geschwindigkeitsbegrenzungen gemäß Abbildung 37, konnten an zahlreichen Gebäuden Überschreitungen der Lärmsanierungsgrenzwerte festgestellt werden. Die berechneten Pegel erreichen für den Tageszeitraum Werte von bis zu 73 dB(A)
und nachts von bis zu 65 dB(A). Diese Entwicklung setzt sich für den Prognose-Null-Fall weiter fort.
Letzterer betrachtet die Immissionssituation im Prognosejahr 2025 ohne die Durchführung von
Lärmminderungsmaßnahmen aber unter Aufhebung der geltenden Tempolimits (Annahme: Richtgeschwindigkeit 130 km/h, bzw. Tempolimit 80 km/h für Lkw). An den am stärksten betroffenen Gebäuden ergeben sich im Prognose-Null-Fall Rechenpegel von bis zu 76 dB(A) tags und 70 dB(A)
nachts.
Weitere Informationen zu den erfolgten Berechnungen und den betroffenen Straßenzügen können
dem Wesselinger Lärmaktionsplan der 2. Stufe entnommen werden. Auskünfte zu den Pegelberechnungen einzelner Gebäude erteilt der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen, Regionalniederlassung Ville-Eifel, Jülicher Ring 101-103, 53879 Euskirchen.
8.3
Konzeption
Zur Verbesserung der Immissionssituation in den betroffenen Straßenzügen hat der Landesbetrieb
Straßenbau NRW verschiedene Varianten lärmtechnisch wirksamer Maßnahmen an der A 555 und den
zugehörigen Auf- und Abfahrtsrampen untersucht. Die Wirksamkeit der Varianten wurde auf Basis
der auf das Prognosejahr 2025 hochgerechneten Verkehrsstärken analysiert. Wie im Prognose-NullFall ist von einer Aufhebung des heutigen Tempolimits ausgegangen worden.
Die vom Landesbetrieb Straßenbau NRW ausgewählte Vorzugsvariante 4a umfasst neben der Aufbringung lärmmindernden Minus-5dB(A)-Asphalts für den Autobahnabschnitt zwischen der Brühler
Straße und der Siebengebirgsstraße die Errichtung einer Schallschutzwand auf dem Mittelstreifen
der Autobahn (Höhe Johannesstraße bis Anschlussstelle Wesseling), die teilweise in den Seitenlagen
der Trasse ergänzt wird. Die Ergänzungen erfolgen durch die Aufstockung vorhandener Wälle und
Wall-/Wandkombinationen sowie durch Lückenschlüsse in den Bereichen Hubertusstraße, Mühlenweg/Martinstraße und Detmolder Straße (siehe Abbildung 39). Die geplante Mittelkassettenwand
wird voraussichtlich aus Alu hergestellt und je nach Lage eine Höhe von ca. 3,50 m (Tieflage) bis
6,50 m erreichen.
45
Im Zuge der Entwurfsplanung ist deutlich geworden, dass das Entwässerungssystem der Autobahn
erhebliche Mängel aufweist und einer umfangreichen Erneuerung bedarf. Der Landesbetrieb Straßenbau plant daher die Anlage zweier Rückhaltebecken, in denen das auf der Trasse anfallende
Niederschlagswasser gesammelt und nach vorheriger Reinigung versickert werden kann. Als Standorte für die Becken wurden das „Ohr“ an der Anschlussstelle Wesseling (Siebengebirgstraße) sowie
eine direkt an der Autobahn gelegen Fläche in der Nähe des Friedhofs an der Hubertusstraße ausgewählt. Die Ableitung des Niederschlagswassers erfolgt über Mulden seitlich des Standstreifens der zu
erneuernden Trasse.
Neben der Erforderlichkeit zur Erneuerung des Straßenentwässerungssystems wurde im Rahmen der
Plankonkretisierung festgestellt, dass die Autobahnbrücken am Mühlenweg und am Kronenweg sanierungsbedürftig sind. Beide Brücken sollen daher abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden.
vorhandene Wand
vorhandener Wall
vorhandene Wall-Wandkombination
neue Schallschutzwand
Abb. 39: Vorzugsvariante Lärmsanierung (eigene Darstellung nach Straßen.NRW: „A 555 Lärmschutz Wesseling, Lärmtechnische Untersuchung“, Karten, 2013)
Durch eine Realisierung der Lärmminderungsmaßnahmen können für die am stärksten von Lärmimmissionen betroffenen Bereiche im Prognosejahr 2025 Pegelminderungen in Höhe von bis zu 11 dB(A)
im Vergleich zum Prognose-Null-Fall erreicht werden.
Kritisch zu werten ist, dass der erwartete Anstieg des Verkehrsaufkommens bis zum Prognosejahr
dazu führt, dass trotz der angeführten beachtlichen Pegelsenkungen einzelne Wohngebäude weiterhin Belastungen an der Grenze oder oberhalb der Sanierungsgrenzwerte von 67 dB(A) tags und 57
46
dB(A) nachts ausgesetzt sein werden. Die Überschreitungen konzentrieren sich dabei vornehmlich
auf Dachgeschosse, deren tatsächliche Beeinträchtigung vom Ausbauzustand bzw. der Nutzung abhängig ist.
Abgesehen davon sind Überschreitungen in Bereichen zu erwarten, in denen keine Lärmschutzmaßnahmen realisiert werden. Hierzu gehört die Bebauung Am Forst/ Am Felde in Urfeld, die im Variantenvergleich aus dem Jahre 2013 mit untersucht worden ist. Da der zugehörige Bebauungsplan aktive und passive Schallschutzmaßnahmen festsetzt, sieht sich der Straßenbaulastträger hier nicht in
der Verantwortung für etwaige Lärmschutzmaßnahmen. Erwähnenswert ist jedoch, dass Straßen.NRW in Erwägung zieht, die Teilstrecke von der Anschlussstelle Wesseling bis zur Urfelder Straße im Zuge der beschriebenen Maßnahmen ebenfalls zu erneuern. Vorgesehen ist der Einbau eines
Splittmastix-Asphalts, der eine Lärmminderung von -2 dB(A) bewirkt. Im Jahre 2008 ist bereits der
o.g. Teilabschnitt der Fahrbahn in Richtung Köln mit diesem Asphalt erneuert worden.
8.4
Realisierung
Die Beschreibung der vorgesehenen Maßnahmen macht deutlich, dass die vom Baulastträger Straßen.NRW als „Erhaltungsentwurf“ betitelte Sanierungsmaßnahme der A 555 sehr umfangreich ist.
Die Kosten der vorgesehenen Maßnahmen belaufen sich inzwischen auf einen Betrag von 37 Mio. €,
wobei die Entwässerung den größten Kostenfaktor darstellt.
Nach
Auskunft
des
Landesbetriebs
Straßenbau,
Niederlassung
Euskirchen
(Gespräch
vom
07.02.2018), sieht der Zeitplan für die Realisierung der Maßnahmen zunächst die Erarbeitung der
Ausführungsplanung durch ein externes Ingenieurbüro bis ca. Sommer 2018 vor. Mit der erforderlichen Verlegung vorhandener Ver- und Entsorgungsleitungen ist ebenfalls im Sommer 2018 zu rechnen. Der Straßenbaulastträger beabsichtigt ferner, im Sommer/Herbst 2018 eine Bürgerinformationsveranstaltung zu der geplanten Lärmsanierung durchzuführen.
Aller Voraussicht nach Ende des Jahres 2018 können die Baumaßnahmen ausgeschrieben werden, so
dass als Baubeginn das Frühjahr 2019 realistisch erscheint.
Ein besonderes Genehmigungsverfahren für die Maßnahme ist nicht erforderlich. Die Lärmsanierung
wird, wie bereits angedeutet, als „Erhaltungsplanung“ angesehen, so dass von einem Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren abgesehen werden kann.
Der Straßenbaulastträger sieht vor, der eigentlichen Baumaßname die Erneuerung der Entwässerungsanlagen vorzuschalten. Zunächst werden demnach die Rückhaltebecken an der Hubertusstraße
und an der Siebengebirgsstraße hergestellt.
Anschließend erfolgt der Neubau der Autobahnbrücken am Mühlenweg und am Kronenweg. Da der
Fahrbetrieb auf der A 555 während des Abrisses und Neubaus weiter gewährleistet sein muss, werden die aus zwei Großplatten bestehenden Brücken abschnittsweise demontiert bzw. erneuert. In
einem ersten Schritt wird die Platte im Bereich der Fahrbahn Richtung Bonn abgetragen und durch
eine neue Konstruktion ersetzt. Die Verkehre werden derweil im Zweirichtungsverkehr über die
47
verbleibende Brückenhälfte geführt. Nach Herstellung der neuen Brückenplatte wird der Verkehr
über diese umgeleitet.
Da der Erhaltungszustand der Brücke am Mühlenweg keine einseitige Zweirichtungsbefahrung zulässt, müssen zunächst Stützen unter dem Bauwerk angebracht werden, um eine ausreichende Tragfähigkeit herzustellen. Durch diese Maßnahmen kann es ggf. zu temporären Beeinträchtigungen für
den Verkehr auf dem darunter verlaufenden Mühlenweg kommen.
Mit der Erneuerung des Fahrbahnbelags in Form eines lärmmindernden Asphalts wird auf der Trassenseite in Fahrtrichtung Bonn begonnen. Die Verkehre werden in dieser Phase ausschließlich über
die vorhandenen Fahrbahnen in Fahrtrichtung Köln abgewickelt. Es ist geplant, drei Spuren in die
eine und zwei in die andere Fahrtrichtung vorzusehen, wobei ggf., je nach aktueller Belastung, auch
ein alternierendes Spursystem während der Bauphase zur Anwendung kommen kann (stundenweise
Änderung durch Hütchen, Beleuchtung etc.).
Ist der Belag in Fahrtrichtung Bonn erneuert, wird der Verkehr in Analogie zur beschriebenen Vorgehensweise auf die neue Trasse umgelegt, so dass mit der Fahrbahnsanierung in Fahrtrichtung Köln
begonnen werden kann.
Die Errichtung der Mittelwand erfolgt parallel zur Fahrbahnerneuerung.
48
9
Ruhige Gebiete
Die Umgebungslärmrichtlinie verfolgt neben der Erfassung der Lärmbelastung und der Lärmminderung auch den Schutz ruhiger Gebiete. Diese Gebiete sollen langfristig von Nutzungen freigehalten
werden, die mit Emissionen verbunden sind.
Ruhe dient den Menschen dazu, sich nach körperlich oder geistig anstrengenden Tätigkeiten zu erholen. Orte der Ruhe sind daher für die Lebensqualität einer Stadt besonders wichtig. Um ruhige
Gebiete vor Verkehrslärm zu schützen, sollten diese möglichst fußläufig oder mit dem Rad erreichbar sein.
In den Niederlanden werden der Schutz und die Ausweisung ruhiger Gebiete bereits seit vielen Jahren aktiv betrieben. Bei den ausgewiesenen Gebieten handelt es sich zumeist um größere zusammenhängende Freiräume, die gleichzeitig einen hohen ökologischen Wert auswiesen. Die Gebiete
sind durch Lärmpegel von maximal 40 dB(A) geprägt.
Abb. 40: Ruhige Gebiete in der Provicie Noord-Holland (https://www.noord-holland.nl/Actueel/.../Stiltegebieden.pdf abgerufen am 21.03.2018) und Beschilderung ruhiger Gebiete in den Niederlanden (IPO, Interprovinciaal Overleg (Hrsg.): „Een
luisterend oor foor de stilte“, 2011, S. 21 und S. 33)
Im Rahmen der Lärmaktionsplanung ist keine Untersuchung oder Kartierung zu ruhigen Gebieten in
Wesseling durchgeführt worden. Aufgrund der kompakten Siedlungsstruktur und der vorhandenen
Einbindung in ein dichtes Verkehrsnetz gibt es in Wesseling keine größeren, unzerschnittenen Gebiete, die nicht von Verkehrslärm betroffen sind. Darüber hinaus gehen von der hier nicht näher zu
49
betrachtenden Industrie Emissionen aus, die an vielen Orten in der Stadt als dauerhaftes Hintergrundgeräusch wahrnehmbar sind.
Dennoch existieren auch in Wesseling Flächen, die von der Bevölkerung bevorzugt zur Naherholung
genutzt werden, und die weniger stark von Lärm betroffen sind, als andere Gebiete. Zu nennen sind
beispielsweise der Leinpfad, der Rheinpark, Coender‘s Park in Berzdorf oder der Friedhof an der
Römerstraße. Auch der Entenfang stellt einen Freiraum dar, der (trotz seiner Nähe zur stark befahrenen Rodenkirchener Straße) regelmäßig von Erholungssuchenden aufgesucht wird.
Abb. 41: Rheinsteg und Ruttmann’s Wiese (eigene Bilder, 2012)
Der Schutz der angeführten Flächen vor weiteren Lärmeinwirkungen sollte insbesondere vor dem
Hintergrund infrastruktureller Projekte (z.B. Rheinspange 553) und der Ausweisung neuer Siedlungsflächen im Rahmen der laufenden Flächennutzungsplanaufstellung ein besonderes Gewicht erhalten.
Die Stadt Wesseling hofft, im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Lärmaktionsplan der 3.
Stufe Informationen zu weiteren Gebieten im Stadtgebiet zu erhalten, die besonders ruhig sind oder
als leise empfunden werden. Wie ein Gebiet in Hinblick auf einwirkenden Lärm erlebt wird, hängt
auch von subjektiven Faktoren ab. Häufig werden strukturreiche Freiflächen und Parks bei gleicher
Lärmbelastung als weniger laut wahrgenommen, als Flächen, von denen die verursachenden Verkehrstrassen aus eingesehen werden können, oder die weniger Abwechslung bieten.
Abb. 42: Entenfang (Bilder von André Bonn)
50
10 Empfehlungen für die Verbesserung der Lärmsituation in Wesseling
Die vorangegangenen Kapitel haben aufgezeigt, welche Bereiche des Wesselinger Stadtgebietes
besonders stark durch Verkehrslärm beeinträchtigt sind und welche Maßnahmen grundsätzlich bestehen, um die Immissionskonflikte zu entschärfen.
In Kapitel 8 wurde die vom Landesbetrieb Straßenbau NRW betriebene Planung für die Verbesserung
des Lärmschutzes an der Autobahn A 555 vorgestellt, die auf einer umfangreichen Analyse der vorhandenen Lärmbelastung basiert. Im Folgenden werden die Vorschläge des Landesbetriebs Straßenbau zur Autobahn A 555 aus Sicht der Stadt Wesseling bewertet und eine entsprechende Empfehlung
ausgesprochen.
Die L 184/ Brühler Straße stellt die zweite Hauptverkehrsstraße in Wesseling dar, für die Handlungsbedarf besteht, um die Anzahl der betroffenen Anwohner zu reduzieren. Auch hierzu werden nachfolgend Handlungsempfehlungen unterbreitet.
Die Zuständigkeit bei der Realisierung von Lärmschutzmaßnahmen im Straßenverkehr ist Tabelle 12
zu entnehmen:
Tab. 12: Zuständigkeiten beim Straßenverkehr in NRW
(http://www.umgebungslaerm.nrw.de/laermaktionsplanung/massnahmen_welche/index.php abgerufen am 21.03.2018)
Zum Abschluss des nachfolgenden Kapitels wird beleuchtet, welche Schritte zur Verbesserung des
Lärmschutzes entlang der Trasse der Stadtbahnlinie 16 unternommen werden können.
10.1
Autobahn A 555
Für die Autobahn A 555 wird vom Landesbetrieb Straßenbau NRW eine Kombination aus offenporigem, schallreduzierendem Asphalt, neuen Schallschutzwänden auf dem Mittelstreifen sowie einer
Erneuerung und Verbesserung von Schallschutzanlagen in Seitenlagen der Trasse vorgesehen. Der
Straßenbaulastträger beabsichtigt, die heute bestehenden Tempolimits nach der Realisierung der
angeführten Schallschutzmaßnahmen wieder aufzuheben.
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Die Stadt Wesseling begrüßt, dass der Landesbetrieb zur Durchführung umfangreicher und kostenintensiver lärmmindernder Maßnahmen bereit ist. Eine Realisierung der Maßnahmen wird von der
Stadt ausdrücklich befürwortet!
Nicht einverstanden ist die Stadt Wesseling mit der beabsichtigten Aufhebung des Tempolimits nach
Abschluss der Verbesserungsmaßnahmen. Wie in Kapitel 8.3. angemerkt, führt die zu erwartende
allgemeine Zunahme des Verkehrs bis zum Prognosejahr 2025 dazu, dass in Teilbereichen der flankierenden Wohnbebauung erneut bzw. weiterhin erhebliche Überschreitungen der Lärmsanierungsgrenzwerte auftreten werden. Zu berücksichtigen ist, dass bei der Ermittlung der entsprechenden
Lärmbelastungen (gemäß den rechtlichen Vorgaben) lediglich von der Richtgeschwindigkeit für Pkw
(130 km/h) ausgegangen wurde. Ob diese der tatsächlich auf der Autobahn gefahrenen Geschwindigkeit entspricht und somit ein wirklichkeitsgetreues Bild der zu erwartenden Zunahme der Lärmbelastung zeichnet, ist fraglich.
Darüber hinaus ist die Datenbasis der beabsichtigten Lärmminderungsmaßnahmen kritisch zu betrachten. Für das (gar nicht mehr so weit entfernte) Prognosejahr 2025 sind die Daten der Straßenverkehrszählung von 2010 fortgeschrieben worden. In der Zwischenzeit wurde die SVZ2015 erstellt,
die zugehörigen Daten wurden im Sommer 2017 vom Bundesverkehrsministerium freigegeben. Seit
2010 hat die Region Köln/Bonn einen enormen Wachstumsschub erfahren, der sich auch in den Verkehrszahlen der A 555 niederschlägt. Es ist zu erwarten, dass diese Wachstumsdynamik sich weiter
fortsetzen wird, so dass eine im Jahr 2013 erarbeitete Prognose auf Grundlage von Daten des Jahres
2010 die künftig zu erwartenden Verkehrsstärken auf der A 555 nicht ausreichend realitätsnah abbildet.
Es ist zwar verständlich, dass der Straßenbaulastträger an einem möglichst zügigen Verkehrsfluss auf
deutschen Autobahnen interessiert ist. Die innerstädtische Trassierung der A 555 jedoch verlangt
nach einer besonderen Betrachtung. Die A 555 ist im entsprechenden Teilabschnitt nicht mit Autobahnen vergleichbar, die durch den Freiraum führen oder städtische Bereiche lediglich in Randlagen
tangieren. Etwa 3 km der Trasse führen in Wesseling durch einen zumeist beidseitig dicht von
Wohnbebauung umgebenen Bereich. In Relation zu einer Nord-Süd/West-Ost-Ausdehnung des gesamten Stadtgebiets von lediglich 5,8 bzw. 6,8 km wird die besondere Betroffenheit Wesselings deutlich.
Im Sinne einer anzustrebenden Nachhaltigkeit der angedachten Lärmminderungsmaßnahmen soll das
vorhandene Tempolimit beibehalten werden. Es ist anzunehmen, dass die Geschwindigkeitsbegrenzungen den regelmäßigen Nutzern der Autobahn 555 bekannt sind und ein entsprechender Gewöhnungseffekt eingetreten ist. Eine Beibehaltung des Tempolimits wird den Fahrzeughaltern nicht
auffallen und sie nicht nachteilig betreffen. Aufgrund der offenkundigen, von der Trasse aus sichtbaren Nähe der Autobahn zu Wohngebäuden kann davon ausgegangen werden, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen mit entsprechender „Lärmschutz“-Beschilderung von einem Großteil der Autofahrer als nachvollziehbar angesehen und hingenommen werden.
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è
Im Zuge der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zum LAP 2 hat die Bezirksregierung
Köln als zuständige Straßenverkehrsbehörde eine neuerliche Überprüfung der Lärmpegel
nach Realisierung der vorgesehenen Lärmminderungsmaßnahmen an der A 555 angekündigt.
Treten hierbei keine Grenzwertüberschreitungen zu Tage, beabsichtigt die Behörde, die Geschwindigkeitsbegrenzungen aufzuheben. Da bereits heute bekannt ist, dass im Prognosejahr
2025 in einigen autobahnnahen Lagen auch nach Realisierung der Lärmschutzmaßnahmen
Lärmpegelüberschreitungen auftreten werden und die auf einer veralteten Datengrundlage
(SVZ2010) basierenden prognostizierten Verkehrsstärken mit hoher Wahrscheinlichkeit übertroffen werden, erscheint eine Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht zielführend. Die Stadt Wesseling fordert daher weiterhin, das Tempolimit nach Durchführung der
beabsichtigten Schallminderungsmaßnahmen per se aufrechtzuerhalten und wird dieser Position auch bei künftigen Verhandlungen mit dem Straßenbaulastträger und der Bezirksregierung entsprechend Ausdruck verleihen.
10.2
Landesstraße L 184/ Brühler Straße
Wie Kapitel 5.1 zeigt, sind die Lärmbelästigungen an der Brühler Straße in der Ortslage Berzdorf
besonders hoch. Das vor einigen Jahren eingeführte Durchfahrtsverbot für Lkw > 3,5 t von 22 - 6 Uhr
kann nicht verhindern, dass auch in den Nachtstunden deutliche Überschreitungen der Auslösewerte
für die Lärmaktionsplanung auftreten. Maßnahmen, die eine Verbesserung der Lärmsituation an der
Brühler Straße bewirken können sind:
•
die Erneuerung der Fahrbahn mit einem lärmmindernden Belag (z.B. LOA 5 D)
•
die Verlagerung des Verkehrs auf eine Umgehungsstrecke
•
eine Geschwindigkeitsreduzierung von 50 km/h auf 30 km/h
•
passive Schallschutzmaßnahmen an den betroffenen Gebäuden
Fahrbahnerneuerung
Lärmmindernde Straßenbeläge für innerörtliche Bereiche befinden sich, wie in Kapitel 7.1 beschrieben, in der Erprobungsphase und sind daher noch nicht in die einschlägigen Rechtsvorschriften (RLS
90, 16. BImSchV) aufgenommen worden. Ohne eine entsprechende rechtliche Anerkennung stehen
derzeit außerhalb von Teststrecken keine lärmmindernden Beläge zum Einsatz im innerörtlichen
Bereich zur Verfügung. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW stellt aber in Aussicht, die Möglichkeit
des Einsatzes lärmmindernder Fahrbahnbeläge für die Brühler Straße zu prüfen, sobald eine Deckensanierung in dem betroffenen Bereich ansteht. (vgl. Straßen.NRW, Regionalniederlassung Ville-Eifel,
Mails vom 06.08.2014 und vom 21.03.2018)
Umgehungsstrecken
Im Vorfeld der Aufstellung des aktuellen Verkehrsentwicklungsplanes (VEP) des Rhein-Erft-Kreises
sind im Jahre 2001 mehrere Strecken analysiert worden, die als Umgehungsmöglichkeiten der bereits damals stark befahrenen Brühler Straße in der Ortslage Berzdorf in Frage kommen.
53
Das Ingenieurbüro Delta-Plan hat seinerzeit 4 Varianten entwickelt, deren jeweilige Trassenverläufe
Abbildung 42 zu entnehmen sind.
Aus verschiedenen Gründen (s. auch Vorlage Nr. 1/2003 des StEA vom 22.01.2003) hat die Stadt
Wesseling sich in der Vergangenheit für die Variante 2 als Basis weiterer Überlegungen einer Ortsumgehung Berzdorfs ausgesprochen.
Der Ausgangspunkt von Variante 2 (grün) ist die Brühler Straße ca. 100 m westlich der Unterführung
der Autobahn A 555. Über eine Rampenanlage geführt, überquert die Trasse die Bahnlinie und
nimmt über die vorhandene Auffahrt den Streckenverlauf der L 182/ Rodenkirchener Straße auf. Am
Kreisel Rodenkirchener Straße/ Curiestraße knickt die Trasse nach Westen ab und kreuzt die K 31/
Langenackerstraße. Von hier erfolgt wie in Variante 1 ein Verschwenk nach Süden mit erneuter Querung der Güterbahngleise, bis die Trasse schließlich über die Berggeiststraße zurück auf die Brühler
Straße geführt wird.
Nachteilig an der Trassenführung von Variante 2 ist die erforderliche zweimalige Querung der Güterbahnstrecke. Zudem wird die Strecke teilweise über Kölner Stadtgebiet geführt, was den Abstimmungsaufwand deutlich vergrößert. Positiv bewertet wurde der große Abstand der Trasse zu
Wohngebieten und somit geringe zu erwartende Beeinträchtigungen der Bewohner.
Abb. 42: Variantendarstellung Ortsumgehung Berzdorf (Delta Plan Ing.-Gesellschaft mbH: „Ortsumgehung Berzdorf – Machbarkeitsstudie“, 2001, verkleinert)
54
Der Rhein-Erft-Kreis hat die Trasse von Variante 2 als sogenannte L 184n in die 1. Fortschreibung des
Verkehrsentwicklungsplans 2007-2015 aufgenommen. Vorausgegangen waren politische Beschlüsse
der Stadt Wesseling und des Kreises, die der L 184n eine hohe Entlastungswirkung zusprachen und
sie als realisierungswürdig einstuften. Auch im Regionalrat wurde die Trasse positiv bewertet und
zur Aufnahme in den Landesstraßenbedarfsplan empfohlen (in Dringlichkeitsstufe 2 von 2). Dieser
Empfehlung ist das zuständige Landesverkehrsministerium nicht gefolgt. Im 2006 verbindlich gewordenen und weiterhin geltenden Landesstraßenbedarfsplan ist die Trasse der L 184n nicht enthalten.
è
Zur Zeit ist keine Fortschreibung des Landesstraßenbedarfsplanes abzusehen. Aufgrund der
Vielzahl der geplanten, zum Teil noch nicht realisierten Maßnahmen des derzeit gültigen Bedarfsplanes, erscheint eine Ortsumgehung Berzdorfs unrealistisch. Zudem wird mittlerweile
kritisch hinterfragt, ob die gegenüber der Ortsdurchfahrt mehr als doppelt so große Fahrstreckenlänge der L 184n tatsächlich die gewünschten Entlastungseffekte bewirken würde.
Zur Beantwortung der Frage nach der Wirkung der L 184n für den Lärmschutz wären weitere
Untersuchungen unter Berücksichtigung der seit 2001 erfolgten Änderungen im regionalen
Verkehrsnetz (u.a. Ausbau L 150 Kerkrader Straße) notwendig. Nach Ansicht der Stadt Wesseling stellt eine Ortsumgehung Berzdorfs zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine realistische Option zur Verbesserung der Lärmsituation dar. Es werden daher vorerst keine
weiteren Schritte unternommen, die L 184n zu projektieren.
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Die Stadt Wesseling überarbeitet derzeit ihren Flächennutzungsplan. Die räumliche Verteilung der ermittelten Siedlungsflächenbedarfe wird voraussichtlich auch den Ortsteil Berzdorf
betreffen. Je nach Verortung dieser Flächen wird die Planung neuer Verbindungsstraßen erforderlich. Diese sollten im Idealfall so konzipiert und trassiert werden, dass Entlastungswirkungen für die Brühler Straße erzielt werden können. Da die Flächennutzungsplanung sich
erst in einem sehr frühen Stadium befindet, können noch keine detaillierteren Aussagen zu
dieser Thematik getroffen werden.
Geschwindigkeitsreduzierung
Durch die Anordnung von Geschwindigkeitsreduzierungen können die von einer Straße ausgehenden
Emissionen erheblich reduziert werden (s. auch Kapitel 7.1). In Betracht kommen Geschwindigkeitsbegrenzungen für die Brühler Straße dann, „wenn u.a. die Lärmrichtwerte der ‚Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen‘ zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm‘ (‚LärmschutzrichtlinienStV‘; Verkehrsblatt 2007 S. 767) überschritten werden, der LKW-Anteil unter 10 % liegt und der Pegel durch die Geschwindigkeitsbegrenzung um mindestens 3 dB(A) (Hörbarkeitsschwelle) gesenkt
werden kann.“ (Straßen.NRW, Regionalniederlassung Ville-Eifel, Mail vom 06.08.2014). Der Landesbetrieb weist darauf hin, dass verkehrsrechtliche Anordnungen zur Geschwindigkeitsbeschränkung
den eigentlichen Widmungszweck einer Landes- oder Bundesstraße in Frage stellen können. Zu berücksichtigen sei außerdem die Gefahr von Verkehrsverschiebungen und somit unvorhersehbaren
Mehrbelastungen auf alternativen Strecken. (ebd., Telefonat vom 12.02.2014, Mail vom 06.08.2014)
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Die Stadt Wesseling kann die vom Landesbetrieb geäußerten Bedenken für eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h für die L 184 in Berzdorf nachvollziehen. Die erheblichen Belastungen der
dortigen Bewohner lassen diesen Aspekt jedoch nachrangig erscheinen. Ziel muss es sein, die Anwohner umgehend vor den unzumutbaren Auswirkungen des Straßenverkehrslärms der Brühler Straße zu schützen! Dass hier unmittelbarer Handlungsbedarf besteht, kommt durch regelmäßige Beschwerden der betroffenen Bürger – u.a. in Form einer Unterschriftenliste – zum Ausdruck.
Der Rat der Stadt Wesseling hat sich mit der Verabschiedung des Lärmaktionsplanes der 2.Stufe am
14.04.2015 für die Einführung eines lärmbedingten Tempolimits für die Brühler Straße ausgesprochen. Die Verwaltung wurde beauftragt, nach Abschluss der Bauarbeiten zum 4-spurigen Ausbau der
L 150 Kerkrader Straße zwischen den Autobahnanschlussstellen „Köln-Godorf“ (A 555) und „BrühlNord“ (A 553) einen Antrag zur Überprüfung der Lärmsituation auf der L 184 beim Landesbetrieb
Straßenbau zu stellen. Der entsprechende Antrag ist im Juli 2016 an den Landesbetrieb Straßenbau
verschickt worden. Im Januar 2017 hat die Verwaltung eine Nutzungseinstufung der betroffenen
Straßenzüge nachgereicht. Da bis Februar 2018 eine entsprechende Bearbeitung des Antrags unterblieben ist, hat die Verwaltung den Antrag kürzlich erneut an Straßen.NRW übermittelt.
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Im Vergleich zu baulichen Maßnahmen wie Belagserneuerungen mit lärmminderndem Asphalt
oder Umgehungsstrecken stellt die Anordnung eines Tempolimits eine Maßnahme dar, die
kostenfrei und ohne großen Aufwand kurzfristig durchführbar ist. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW, der als Träger öffentlicher Belange an der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung der Lärmaktionsplanung der 3. Stufe beteiligt wird, wird hiermit noch einmal ausdrücklich um die baldige Durchführung der beantragten Überprüfung gebeten. Es ist zu erwarten, dass die Überprüfung die Überschreitung der ausschlaggebenden Grenzwerte bestätigt. Die Stadt Wesseling wird alsdann umgehend die erforderlichen Schritte zur Anordnung
einer Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h einleiten.
Passiver Schallschutz
Passiver Schallschutz umfasst insbesondere den Einbau von Schallschutzfenstern an stark verschallten Hausfassaden. In Kapitel 7.4 ist ausführlich beschrieben worden, welche Schritte unternommen
werden müssen, um vom Straßenbaulastträger einen Zuschuss für Schallschutzfenster zu erhalten.
Zuwendungsbefugt sind Eigentümer betroffener Wohnhäuser.
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Die Stadt Wesseling empfiehlt betroffenen Hauseigentümern an der Brühler Straße Kontakt
zum Landesbetrieb Straßenbau NRW aufzunehmen und eine Überprüfung der Lärmsituation
vornehmen zu lassen. Die Stadt selbst ist nicht befugt, einen entsprechenden Antrag zu stellen.
10.3
Stadtbahnlinie 16
Die von den Kölner Verkehrsbetrieben und den Stadtwerken Bonn betriebene Stadtbahnlinie 16 verkehrt auf den Gleisanlagen der Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK). Die HGK ist als Eisenbahninfrastrukturunternehmen für die Bereitstellung und Unterhaltung des Schienennetzes verantwortlich.
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Nach Auskunft der HGK werden die Gleisanlagen der Stadtbahnlinie 16 „in einem optimalen Betriebszustand gehalten, Schienenstöße übergangsfrei hergestellt und Gleise durch den frühzeitigen
Einsatz eines Schleifzuges frei von lärmenden Verschließspuren, sog. Riffeln, gehalten.“ (HGK, Mail
vom 08.09.2014) Schallschutzanlagen sind nicht vorhanden und seitens der HGK derzeit auch nicht
geplant.
Bei den Anlagen der Häfen und Güterverkehr AG handelt es sich im Unterschied zu innerstädtischen
Straßenbahnen um Eisenbahnanlagen. Bei der Genehmigung und Herstellung von Eisenbahnanlagen
wird in der Regel ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, in dessen Rahmen sämtlich Umweltbelange, so auch das Thema Lärm, berücksichtigt werden. Die Eisenbahnanlagen der HGK genießen
Bestandsschutz. Werden wesentliche Änderungen an den Anlagen vorgenommen, so erlischt dieser
Bestandsschutz und ein neues Genehmigungsverfahren wird erforderlich. Treten durch die Änderungen Überschreitungen der einschlägigen Grenzwerte ein, werden Schallschutzmaßnahmen erforderlich. „Lärmsanierungspflichten am Bestand existieren nicht; allein die Deutsche Bahn betreibt ein –
freiwilliges – Lärmsanierungsprogramm, das sie aus Geldern des Bundes bestreitet. Diese Förderung
steht für nicht-bundeseigene Eisenbahnen leider nicht zur Verfügung.“ (HGK; Mail vom 08.09.2014)
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Es zeigt sich, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Ansatzpunkte bestehen, die HGK bzw.
KVB/SWB als Verursacher des Immissionskonfliktes an der Stadtbahntrasse zur Durchführung
von Schallschutzmaßnahmen zu verpflichten. Als unbefriedigend beurteilt die Stadt Wesseling
die unklare Sachlage bezüglich der Berücksichtigung des Güterverkehrs im Rahmen der Lärmaktionsplanung. Von der HGK sind keine entsprechenden Daten an das Landesverkehrsministerium gemeldet worden, obwohl die Stadt Wesseling dies bereits im Rahmen der Lärmaktionsplanung der 2. Stufe gegenüber der HGK und dem LANUV moniert hat. In den Lärmkarten blieb
der Güterverkehr somit (erneut) unberücksichtigt bzw. es erfolgte keine klärende Abstimmung
mit dem zuständigen Landesverkehrsministerium.
10.4
Ruhige Gebiete
Ruhige Gebiete, die in keinster Weise durch Lärm tangiert sind, existieren in Wesseling nicht. Grund
hierfür ist die Lage in einer stark verdichteten, dynamisch wachsenden Region, die durch ein dichtes
Netz an Verkehrstrassen geprägt ist.
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Aufgrund fehlender diesbezüglicher Daten erhofft die Stadt Wesseling sich insbesondere durch
die Beteiligung der Öffentlichkeit Informationen dazu, welche Gebiete die hier wohnenden
Bürgerinnen und Bürger als ruhig empfinden und die aufgesucht werden, um sich von der Hektik und Geräuschkulisse des Alltags zu erholen. Es ist möglich, dass diese Gebiete nicht tatschlich „ruhig“ im Sinne einer nur sehr geringen Lärmbelastung sind, trotzdem sollte die dauerhafte Erhaltung dieser Gebiete bei der zukünftigen Stadtentwicklung (FNP-Neuaufstellung)
oder bei Projekten im Verkehrsbereich ein besonderes Gewicht erhalten.
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11 Ausblick
Gemäß den gesetzlichen Vorgaben zur Lärmaktionsplanung wird der Entwurf des Lärmaktionsplanes
der 3. Stufe der Öffentlichkeit sowie den betroffenen Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher
Belange im Rahmen eines mehrwöchigen Beteiligungsverfahrens vorgestellt. Die Unterlagen werden
sowohl im Rathaus als auch über das Internet einsehbar sein. Die Bürgerinnen und Bürger sowie die
Behörden können sich über den Plan informieren und Stellungnahmen vorbringen. Seitens der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange ist vorgesehen, den Landesbetrieb Straßenbau
NRW, die Bezirksregierung Köln, das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz
NRW, den Rhein-Erft-Kreis sowie die Häfen und Güterverkehr Köln AG zu beteiligen.
Die Anregungen und Einwendungen der Öffentlichkeit und der Behörden sowie sonstigen Träger öffentlicher Belange werden anschließend geprüft und tabellarisch ausgewertet. Sind die Stellungnahmen für den Inhalt des Lärmaktionsplanes von Bedeutung, wird der Bericht entsprechend angepasst oder ergänzt.
Falls keine erneute Beteiligungsphase erforderlich wird, entscheidet der Rat der Stadt Wesseling
(nach vorheriger Empfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltschutz) über die
eingegangenen Stellungnahmen und ihre Berücksichtigung im LAP 3 und beschließt diesen.
Der Bericht wird anschließend an das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz
zur Übermittlung an die Europäische Kommission geschickt. Auch die Behörden und sonstigen Träger
öffentlicher Belange erhalten die Endfassung des Berichts als Grundlage für eine intensive und erfolgreiche Zusammenarbeit bei der Verbesserung der Immissionssituation in Wesseling.
Nach 5 Jahren ist der Lärmaktionsplan in seiner 4. Stufe zu überarbeiten.
Die Stadt Wesseling ist optimistisch, dass die vorgesehenen Lärmminderungsmaßnahmen des Landesbetriebs Straßenbau NRW für die A 555 bis dahin realisiert worden sind und die Anwohner der
Brühler Straße von einer reduzierten Fahrgeschwindigkeit vor ihrer Haustüre profitieren.
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