Daten
Kommune
Brühl
Größe
111 kB
Datum
07.06.2018
Erstellt
24.05.18, 09:23
Aktualisiert
24.05.18, 09:23
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Brühl
öffentliche
Vorlage
Der Bürgermeister
Dienststelle
Sachbearbeiter/in
32/3
Mohlberg
Aktenzeichen
Datum
Vorlagen-Nr.
15.05.2018
155/2018
Betreff
Brühler Erinnerungskultur 2018 anlässlich 80 Jahre Reichspogromnacht und 30 Jahre
Schweigegang
Beratungsfolge
Ausschuss für Kultur, Partnerschaften und Tourismus
Finanzielle Auswirkungen
X
X Ja
Nein
Mittel stehen zur Verfügung bei SK / KST
Mittel stehen nicht zur Verfügung
Über-/außerplanmäßige Aufwendungen/Auszahlungen
Sachkonto / Kostenstelle
BGM
Zust. Dez.
Zust. Dienststelle
Freytag
i.V. Schiffer Mülhens
Kämmerer
RPA
Beschlussentwurf:
Der Ausschuss für Kultur, Partnerschaften und Tourismus nimmt den Bericht des
Bürgermeisters zur Kenntnis.
Erläuterungen:
„Vor 80 Jahren, am 9. November 1938, überfielen Brühler Nazi-Trupps jüdische
Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die Einrichtungen ihrer Wohnungen und Geschäfte wurden
zertrümmert und die Brühler Synagoge an diesem Tag in Brand gesteckt. Bürgerinnen und
Bürger Brühls wurden Opfer des faschistischen Terrorregimes. In dieser Pogromnacht, die
verhöhnend „Reichskristallnacht“ genannt wurde, überfielen und misshandelten überall in
Deutschland Schlägerbanden der SA und SS Jüdinnen und Juden und schreckten dabei
selbst vor Mord nicht zurück. Dem Geschehen sahen große Teile der Bevölkerung
tatenlos oder sogar billigend zu. Das Ergebnis der Verbrechen dieser Tage: 119 jüdische
Gotteshäuser wurden angezündet, weitere 76 vollständig verwüstet, 7.500 jüdische
Geschäfte geplündert und mehr als 25.000 Menschen jüdischen Glaubens in sogenannte
Konzentrationslager gebracht. Mit der Reichspogromnacht begann die brutalste Form der
Judenverfolgung, der 65 Jüdinnen und Juden aus Brühl zum Opfer fielen“.(Quelle: Aufruf
der Brühler Initiative für Völkerverständigung anlässlich des Schweigegangs im Jahr
2017)
In diesem Jahr jähren sich die an Brühler Mitmenschen begangenen Verbrechen während
der Programnacht zum 80. Mal. Die Aufarbeitung dieser dunklen und schlimmen Phase
der Brühler Stadtgeschichte hat mit der Verurteilung von 12 Brühlern im Jahr 1947
begonnen. Diese wurden aufgrund Ihrer nachweisbaren Taten wegen Verbrechen gegen
Menschlichkeit bestraft und teilweise auch für kurze Zeit inhaftiert. In der Brühler
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Zivilgesellschaft haben sich in den 1950er und 1960er Jahren nachweislich nicht viele
Menschen mit den an Brühler Mitbürgerinnen und Mitbürgern begangenen Verbrechen
beschäftigt oder haben versucht diese intensiv aufzuarbeiten. Zu erwähnen ist allerdings
auch, dass der Rat der Stadt Brühl erstmalig in seiner Sitzung am 17.11.1958 an die
Verbrechen der Novemberpogrome gedacht hat und dass ein erster Schweigegang am
20.11.1963 erfolgte, der an die Verbrechen in Brühl erinnerte. Dieser Schweigegang
wurde in den Folgejahren nicht fortgesetzt, sondern erst Ende der 1980er Jahre neu
belebt. Besonders hervorzuheben ist hier die Erinnerungsarbeit von Caspar Markard.
Ganz aktuell erfolgte ein Rückblick auf das Werk des ehemaligen Leiters der Grundschule
Vochem anlässlich der Gedenkfeier zu seinem 10. Todestag. Die Brühler Initiative für
Völkerverständigung, die Gruppe Pax Christi und die Stadt Brühl würdigten hier
insbesondere sein wichtiges Engagement für die Schweigegänge, die Errichtung der
Gedenkstätte an der Synagoge und die Umbenennung der Straße „An der Synagoge, wie
auch die christlich-jüdischen Gottesdienste, die auf Initiative Markards 20 Jahre lang in
Brühl stattfanden.
Die Stadt Brühl ist stolz auf das sehr breite gesellschaftliche und parteiübergreifende
Engagement, dass mit dem ersten Aufruf zum Schweigegang vor 30 Jahren entstand, bis
heute ungebrochen anhält und jährlich generationsübergreifend an die schrecklichen
Ereignisse im Jahr 1938 mahnend erinnert.
Den Aufruf unterstützen im Jahr 2017 :
Aktion Gemeinsinn, Attac Ortsgruppe Brühl, Arbeiterwohlfahrt Brühl, Arbeitsgemeinschaft
Christlicher Kirchen Brühl (ACK),Begegnungs –Café Brühl, Brühler Initiative Christen
begegnen Muslimen – Muslime begegnen Christen, Brühl International, Brühler
Kunstverein,
Brühler Tafel, Bündnis 90/Die Grünen Brühl, Bund der deutschen katholischen Jugend
(BDKJ), CDU -Fraktion im Rat der Stadt Brühl, Deutscher Kinderschutzbund OV Brühl,
Die Linke, Stadtverband Brühl, DPBM Stamm Sperber, Evangelische Kirchengemeinde
Brühl, FDP OV Brühl, Förderverein der Brühler Initiative für Völkerverständigung,
Förderverein
Brühler Städtefreundschaften, Frauenforum Brühl, Freie evang. Gemeinde Brühl,
Integrationsrat der Stadt Brühl, Horst Brühl im Deutschen Pfadfinderbund Mosaik, Junge
Union Brühl, JUSOS Brühl, Jugendgemeinderat Brühl, Katholische Kirche Brühl,
Kolpingfamilie Brühl, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Pax Christi Brühl, Piratenpartei
Brühl,
SJD die Falken OV Brühl, SPD - Fraktion im Rat der Stadt Brühl, SV Max – Ernst
Gymnasium,
SV St. Ursula - Gymnasium Brühl, Terre des hommes Brühl, „Welt - Laden“ Brühl,
Unterwegs e.V., VORORT e.V.
Auf dieses fest in unserem Stadtleben gelebte und wichtige Engagement gilt es im 30.
Jahr des Bestehens zurückzuschauen, aber auch den Blick nach vorne zu werfen, damit
der Schweigegang im Herzen der Brühler Zivilgesellschaft unverrückbar verankert ist und
auch immer wieder die nachfolgenden Generationen erreicht
Aus diesem Grunde wurde mit der Initiative für Völkerverständigung und der Pax ChristiGruppe-Brühl für das Jahr 2018 ein leicht veränderter Ablaufplan entwickelt. Zudem
besteht bedingt durch die Bautätigkeiten am Rathaus Steinweg die bislang genutzte
Fläche nicht zur Verfügung.
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Ablauf:
Freitag , 9. November 2018
17.00 Uhr
Galerie am Schloss: Rückschau auf 80 Jahre Pogromnacht und 30
Jahre Schweigegänge in Brühl
19.00 Uhr
Leamington-Spa-Platz: Schweigegang mit Ansprache
Weiterhin wird derzeit geprüft, ob nicht noch ehemalige Brühler Mitbürgerinnen und
Mitbürger aus der damaligen Zeit lebenund ob diese als Zeitzeuginnen und Zeitzeugen
über die Kraft und Gesundheit verfügen, ihre alte Heimatstadt im Jahr 2018 zu besuchen.
Hierzu wurde ganz aktuell eine Einladung an einen ehemaligen jüdischen Mitbürger
ausgesprochen, der nach Israel ausgewandert ist und den Willen zum Besuch nach Brühl
bekundet hat. Eine Zusage hierzu steht noch aus.
Im Rahmen der vielfältigen und seit vielen Jahrzehnten in Brühl durchgeführten, wie auch
nachhaltigen Erinnerungskultur an die Verbrechen während der NS-Gewaltherrschaft und
der kritischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, erfolgt am 11.Juni 2018,
19.00 Uhr die Buchvorstellung „Macht will ich haben-Die Erziehung des Hitlerjungen
Günter Roos zum Nationalsozialisten“ im Dorothea-Tanning-Saal des Max Ernst Museums
gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung. Das Buch basiert auf den
Tagebucheinträgen des Brühler Günter Roos, der sich sehr selbstkritisch und nachhaltig
mit dem Ziel der Aufklärung und Weitergabe seiner Erlebnisse für die nachfolgenden
Generationen auseinandergesetzt hat. Zahlreiche Fotografien und Zeitungsausschnitte,
vor allem aber umfangreiche Tagebucheinträge und Feldpostbriefe aus den Kriegsjahren
gewähren einen detaillierten Einblick in das Denken und Handeln von Günter Roos und
damit in die Sozialisierung, wie auch schrittweise Radikalisierung eines Brühler
Jugendlichen im Nationalismus. Das Buch wird um einen umfangreichen Internetauftritt
ergänzt und ist digital über die Internetseite www.roos.nsdok.de abrufbar. Martin Rüther
vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln hat dieses verfasst und Herausgeber ist
die Bundeszentrale für Politische Bildung mit einer Vielzahl von Brühler Motiven, wie auch
Berichten über Brühl aus den 1930er und 1940er Jahren.
Im Vorfeld der Veranstaltungen zum 9. November planen die Brühler Initiative für
Völkerverständigung und Pax Christi für Sonntag, den 4. November 2018, eine Matinee
mit dem Film „Das Vergangene ist nicht tot“ von Dr. Heribert Blondiau im Zoom-Kino.