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Beschlussvorlage (Bericht zur kommunalen Pflegeplanung des Rhein-Erft-Kreises)

Daten

Kommune
Kerpen
Größe
221 kB
Datum
04.07.2018
Erstellt
08.06.18, 12:49
Aktualisiert
21.06.18, 13:15

Inhalt der Datei

KOLPINGSTADT KERPEN DER BÜRGERMEISTER Amt/Abteilung: 22.1 | Senioren | Menschen mit Behinderungen | Soziale Hilfen Bearbeitung: Brigitte Püllen | Hans Arnold Maus TOP Drs.-Nr.: 176.18 Datum : Beratungsfolge Termin Sozialausschuss X 16.05.2018 Bemerkungen 20.06.2018 Öffentlicher Teil Nichtöffentlicher Teil Bericht zur kommunalen Pflegeplanung des Rhein-Erft-Kreises X Durch die Vorlage entstehen keine haushaltsrelevanten Kosten Durch die zu beschließende Maßnahme entstehen Kosten von ___ € (s. Anlage) Mittel stehen haushaltsrechtlich zur Verfügung; Haushaltsansatz im Haushaltsjahr : Produktsachkonto: Mittel müssen über- außerplanmäßig bereitgestellt werden; Im Haushaltsjahr : Produktsachkonto: Deckung: Mittel sollen im/in folgenden Haushaltsjahr/en veranschlagt werden: Durch die Vorlage entstehen stellenplanmäßige Auswirkungen (s. Begründung) Pflichtaufgabe Freiwillige Aufgabe Beschlussentwurf: Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen. Sachbearbeitung gez. Püllen Abteilungsleitung Amtsleitung Zuständiger Dezernent gez. Maus gez. Canzler Mitzeichnung Dez. Amt Kämmerer Bürgermeister Abt. 10.1 Ratsbüro gez. Spürck gez. Cornely Begründung: Der Bericht zur kommunalen Pflegeplanung des Rhein-Erft-Kreises (REK) vom 29.01.2018 ist dem Sozialausschuss bereits zur Sitzung am 28.02.2018 zur Kenntnis vorgelegt worden verbunden mit dem Hinweis, dass in der kommenden Sitzung vertiefend berichtet wird. Ergänzend hat sich die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN mit beigefügtem Antrag vom 19.03.2018 positioniert. Nach § 4 Abs. 1 Alten- und Pflegegesetz NRW sind die Kreise und kreisfreien Städte verpflichtet, eine den örtlichen Bedarfen entsprechende pflegerische Angebotsstruktur sicherzustellen. Der vorliegende Bericht ist als „Empfehlung für freie Träger“ zu verstehen, da sich der REK für eine nicht verbindliche kommunale Pflegeplanung entschieden hat, die alle zwei Jahre zu erstellen ist. Die Planung soll den Bestand feststellen sowie Quantität und Qualität der Angebote prüfen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Herstellung, Sicherung oder Weiterentwicklung von Angeboten entwickeln. Auf Basis dieser Bestandsaufnahme leitet der Bericht die folgenden Handlungsempfehlungen ab, die im weiteren Prozess der Pflegeplanung zu diskutieren sind. Die Verwaltung hat nachfolgend zu den im Bericht aufgeführten Handlungsempfehlungen jeweils eine auf die Kolpingstadt Kerpen bezogene Stellungnahme ergänzt: (1) Die Analyse der demografischen Entwicklung ergibt, dass trotz des bereits fortgeschrittenen Stadiums des demografischen Wandels mit einer weiteren Zunahme der älteren Bevölkerung im Rhein-Erft-Kreis und damit auch der Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf zu rechnen ist. Allein die demografische Entwicklung macht es daher erforderlich, die pflegerische und pflegeergänzende Versorgung weiter auszubauen. Der demographische Wandel ist spürbar in der Pflege angekommen und macht auch vor der Kolpingstadt Kerpen nicht halt. Die in den 1950er und 1960er Jahren geborenen Menschen, die zahlenmäßig starke Generation der Babyboomer, werden auf eine geringer werdende Anzahl von Menschen stoßen, die Pflege ausüben können. (2) Dieser Ausbau sollte unter Berücksichtigung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ erfolgen, d.h. das breite Spektrum der ambulanten, teilstationären, wohnungsbezogenen und niedrigschwelligen Hilfen sollte vorrangig ausgebaut werden, um damit einen weiteren Ausbau vollstationärer Angebote möglichst vermeiden zu können. Für die Kolpingstadt Kerpen bedeutet dies:  In der ambulanten Pflege: Obwohl Kerpen in der ambulanten Pflege mit zehn Pflegediensten vermeintlich gut ausgestattet ist, sind derzeit bereits Versorgungsengpässe zu beobachten. In der Beratung wird berichtet, dass Pflegedienste Patienten wegen mangelnder Kapazitäten ablehnen. So ist es beispielsweise schwierig, die nach einem Krankenhausaufenthalt möglichen Übergangsleistungen im häuslichen Umfeld bereitzustellen. Pflegedienste haben durch das Pflegestärkungsgesetz und die damit einhergehenden finanziellen Entlastungsleistungen erhöhten Zulauf von Pflegebedürftigen aller Pflegegrade (PG), vor allem des PG 1, wo hauptsächlich hauswirtschaftliche und betreuende Angebote nachgefragt werden. Pflegedienste suchen im Personalbereich Kräfte von der Hauswirtschaft bis zur Fachkraft.  In der teilstationären Pflege: Im Bereich der Tagespflege ist als Ergänzung zur häuslichen Pflege eine zunehmende Akzeptanz zu verzeichnen, zumal die Tagespflege finanziell erheblich gefördert wird und somit eine echte Alternative zur vollstationären Versorgung darstellt. In Kerpen ist die derzeit einzige Ta- Beschlussvorlage 176.18 Seite 2 gespflegeeinrichtung mit 11 Plätzen täglich fast vollständig ausgebucht. Pflegebedürftige müssen nach Bergheim, Hürth, Pulheim, Frechen und in den Kreis Düren ausweichen, sofern der Fahrdienst sie transportiert.  Wohnungsbezogen: Die altersgerechte Ausgestaltung des räumlichen Umfeldes sowie die individuelle Anpassung der Wohnung selbst, wird in der Beratung mit zunehmendem Alter ein drängenderes Problem. Eine Wohnberatungsstelle mit Fachleuten aus Bau und Pflege als begleitendes Angebot, welches die Aufrechterhaltung der Häuslichkeit auch im Falle von Pflegebedürftigkeit zum Ziel hat, könnte hier Abhilfe schaffen.  Im Bereich der sogenannten Niedrigschwelligen Hilfen: Die Teilhabe an kulturellen Angeboten, hauswirtschaftliche Hilfen, Hilfen zur Mobilität im Alltag und nicht zuletzt soziale Teilhabe in Gruppen und Netzwerken sind komplementäre Angebote, die das Konzept einer ganzheitlichen Pflege vervollständigen. Gerade im Bereich der Dienstleistungen übersteigt die Nachfrage das Angebot. Die Entlastungsleistung im Wert von 125 € monatlich, abrufbar für jeden Pflegebedürftigen und ergänzend zu den übrigen Pflegeleistungen, wird zunehmend abgefragt. Anerkannte Dienstleister sind auch in Kerpen rar, Pflegedienste winken bei einer solitären Anfrage meist ab. Auf diese Weise verfallen jährlich nicht genutzte Finanzmittel der Pflegeversicherung. Ebenso sind dringend benötigte menschliche Kontakte in sozialen Netzwerken geeignet, Einsamkeit und dem Fortschreiten von körperlichem und geistigem Abbau entgegenzuwirken. Hier besitzt Kerpen mit dem Netzwerk 55plus eine zukunftsweisende Ressource, die im besten Sinne präventiv wirkt. Diese Komponenten der vorstationären Versorgung sind geeignet, eine vollstationäre Pflege zu verzögern oder sogar zu vermeiden. Durch gezielte Beratung kommt es zur verstärkten und effektiven Ausnutzung von Pflegeleistungen. (3) Die Aufgabe des Kreises ist es nicht, selbst Angebote zu entwickeln, sondern den Anbietern Anregungen zur Angebotsentwicklung zu geben, Planungsgrundlagen zur Verfügung zu stellen und ggf. die Ausrichtung der Angebotsentwicklung zu steuern. Die Kommunen sind aufgefordert, durch vorausschauende Immobilien-Entwicklung und entsprechendes Planungsrecht das barrierefreie Wohnen sowie die Ansiedlung insbesondere von Tages- und Kurzzeitpflegeangeboten sowie Angeboten des Servicewohnens zu fördern. In Kerpen wird das barrierefreie bzw.- arme Bauen amtsübergreifend bei den Beratungen zur Planung und Angebotsentwicklung berücksichtigt. Die Ansiedlung von Tagespflege und solitärer Kurzzeitpflege wird seitens der Kolpingstadt besonders gefördert, indem Initiatoren ermuntert werden, diese Angebote zu realisieren. (4) Angebote, die wohnortnah konzipiert sind (wie z.B. Angebote des Wohnens, der Tagespflege, Hilfen bei Demenz und Begegnungsangebote), sollten in jeder Kommune vorhanden sein. Bei der weiteren Angebotsplanung sollte die derzeitige Verteilung der Kapazitäten auf die Städte berücksichtigt werden. Die Quartiersnähe der vorstationären wie der teilstationären Angebote wird seitens der Kolpingstadt Kerpen bei Investorengesprächen eingefordert. Dennoch gilt es vor allem bei den stationären Angeboten, die nahe der Stadtgrenze in angrenzenden Kommunen liegen, diese als nutzbare Kapazitäten miteinzubeziehen. Beschlussvorlage 176.18 Seite 3 (5) Das Angebot der Tagespflege liegt unter dem Landes- und Bundesdurchschnitt und sollte weiter ausgebaut werden. Bei einem Ausbau dieses Angebots ist zu berücksichtigen, dass es wohnortnah zur Verfügung stehen sollte und daher insbesondere in den Städten ausgebaut werden sollte, die noch nicht über ein Angebot dieser Art verfügen (Bedburg und Erftstadt) bzw. in den Städten, in denen die Versorgungsdichte noch unter dem Kreisdurchschnitt und damit besonders gering ist (Hürth und Kerpen). Beim Angebot der Tagespflege spielt die Quartiersnähe eine wesentliche Rolle, um die vertraute Nähe für die Pflegebedürftigen als auch die Entlastung für die Pflegenden unkompliziert zu gestalten. Deshalb wird ein Ausbau der Tagespflege in den Quartieren bereits im Seniorenkonzept empfohlen. Die Verwaltung steht mit möglichen Initiatoren in Kontakt. 2019 werden neben den 11 Plätzen der AWO Tagespflege noch 18 Plätze auf dem Gelände der geplanten und bereits in Realisierung befindlichen Pflegeeinrichtung des Caritasverbandes an der Heppendorfer Straße geschaffen. (6) Das Angebot der Kurzzeitpflege im Rhein-Erft-Kreis scheint zwar im Vergleich zum Landes- und Bundesdurchschnitt gut ausgebaut, allerdings sind nur 5,5% der Plätze auch eigenständige Kurzzeitpflegeplätze und damit verlässlich einplanbar. Ein Ausbau der Kurzzeitpflege sollte angestrebt werden, wobei dies möglichst in eigenständiger Form erfolgen sollte. Wie bereits im Seniorenkonzept angemerkt, versucht die Verwaltung seit langen Jahren, solitäre Kurzzeitpflege als eigenständiges Element der vorstationären Versorgung zu etablieren, es zeigte sich jedoch bisher aus wirtschaftlichen Gründen leider kein Anbieter interessiert. Es bleibt zu hoffen, dass sich hier die Lage auch aufgrund der Etablierung von Kurzzeitpflege im Rahmen des SGB V als Übergangsversorgung nach einem Krankenhausaufenthalt ändert. Die Nachfrage übersteigt hier das Angebot im Bereich der Kolpingstadt Kerpen deutlich. (7) Das Angebot an ambulanter Pflege erscheint im Landes- und Bundesvergleich unzureichend, wobei die Versorgungskapazitäten ambulanter Pflegedienste bei der Umsetzung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ ein zentrales Kriterium darstellen. Dieses Angebot sollte stärker ausgebaut werden. Hierbei sind die bereits jetzt festzustellenden Probleme bei der Gewinnung geeigneten Personals zu berücksichtigen. Siehe (2) (8) Ob die Angebote an haushaltsnahen Dienstleistungen wie Hilfen im Haushalt, Mahlzeiten- und Fahrdienste ausreichend sind, ist wegen fehlender Vergleichszahlen nicht zu beurteilen und sollte in Zukunft genauer geprüft werden. Es kann jedoch festgehalten werden, dass die Angebote in diesem Bereich, mit Ausnahme der Stadt Elsdorf, recht gleichmäßig verteilt sind und in jeder Stadt mindestens ein Angebot zur Verfügung steht. Die wachsende Nachfrage nach haushaltsnahen Dienstleistungen ist in der Beratungstätigkeit deutlich spürbar. Die neue Gesetzeslage als Entlastungsleistung (monatlich 125 €) plus 40% Nutzung von Sachleistung durch Haushaltshilfe sichert für viele Pflegehaushalte die Finanzierung von Arbeiten wie Reinigen der Wohnung, Einkaufen, Wäschepflege, Mahlzeitenbereitung, aber auch Begleitdienste zu Arzt und Privatkontakten. Die Nachfrage übersteigt derzeit das Angebot. Seitens der Stadtverwaltung werden interessierte Dienstleister ermuntert, das Anerkennungsverfahren beim Rhein-Erft-Kreis zu durchlaufen, um die Angebote für pflegebedürftige Menschen nutzbar zu machen. Beschlussvorlage 176.18 Seite 4 (9) Das Angebot an Unterstützung im Zusammenhang mit Demenz ist im Rhein-Erft-Kreis gut ausgebaut. Hier finden sich sowohl Unterstützungsangebote und Selbsthilfegruppen insbesondere für Angehörige von Demenzkranken als auch – oftmals damit verbundene – Betreuungsangebote für Betroffene. Auch diese Form der Hilfe sollte wohnortnah, d.h. in allen Städten vorhanden sein, was im Rhein-Erft-Kreis gegeben ist. Unterstützungsangebote für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen sind in der Stadt Kerpen bereits seit 2004 etabliert. Seitens der Pflegeberatungsstelle werden zwei Angehörigengruppen (Treffen einmal monatlich) in Sindorf und Brüggen fachlich begleitet sowie gemeinsame Ausflüge und Feste mit den kranken Angehörigen organisiert. Angehörige erleben, dass sie in der Betreuung ihrer demenzkranken Partner oder Eltern nicht allein sind und erfahren Unterstützung und Wertschätzung, wichtige Elemente in der Bewältigung von Pflege. Die Pflegeberatung berät Betroffene und Angehörige -oft in aufsuchender Beratung zu Hause- über das Krankheitsbild und entsprechende Hilfen. Die Verwaltung ist daneben mit der Pflegeberatung sowie dem Netzwerk 55plus im Demenznetzwerk BBT( Brüggen, Balkhausen, Türnich) „Bunt statt grau“ vertreten, in dem sich verschiedene Akteure des Stadtteils zusammengefunden haben. Angehörige und Betroffene erhalten quartiersnah Beratung und Information. Sie können in Schulungsseminaren ihre Kompetenzen erweitern und lernen, Menschen mit Demenz in ihrem Verhalten zu verstehen. Ziel ist, durch ein verstehendes Umfeld Ressourcen der Menschen mit Demenz so lange wie möglich zu erhalten und somit einen möglichst langen Verbleib im vertrauten Quartier zu ermöglichen. (10) Das Angebot des Servicewohnens im Rhein-Erft-Kreis erweist sich auch im überregionalen Vergleich als umfassend (soweit dies ermittelt werden konnte), sollte jedoch als zentrales Element des vorstationären Bereichs weiterhin ausgebaut werden. Hierbei ist besonders auf die starke Ungleichverteilung zwischen den Städten im Rhein-ErftKreis hinzuweisen. Während in einer Stadt gar kein Angebot an Servicewohnen besteht (Bedburg), liegt das Versorgungsangebot in anderen Städten stark über dem Kreisdurchschnitt (Brühl). In Bezug auf das Wohnen mit Service ist dabei generell wichtig, dass die Betreuungsangebote ein gutes Servicespektrum umfassen, transparent und individuell gestaltbar sind und zugleich auch für ältere Menschen mit geringem Einkommen erschwinglich sind. Wohnen mit Serviceleistungen wird in allen Gesprächen mit Anbietern von seniorengerechtem Wohnen thematisiert. Um als zentrales Element des vorstationären Bereiches wirksam zu sein, sollte das Preis-Leistungsverhältnis für die Akzeptanz berücksichtigt werden. Auf notwendige bezahlbare Angebote in dieser Form wurde bereits im Seniorenkonzept hingewiesen. (11) Die Angebotsdichte der ambulant betreuten Wohngemeinschaften im Rhein-ErftKreis liegt unter der von vergleichbaren Kreisen. In fünf Städten des Rhein-Erft-Kreises fehlt ein solches Angebot derzeit vollkommen. Ein weiterer Ausbau dieser Wohnform ist sehr zu befürworten, zumal sie sich an eine Zielgruppe wendet, die ohne dieses Angebot wahrscheinlich auf vollstationäre Pflege angewiesen wäre. Ambulant betreute WGs sind in der Stadt Kerpen seit langen Jahren mit Anbietern thematisiert und auch umgesetzt. Die relativ große Anzahl dieser WGs im Stadtgebiet (Kerpen, Sindorf, Horrem, Balkhausen, Brüggen) bezieht sich auf Personengruppen mit Behinderung und Menschen mit Beatmung. Sie sind zum Teil nicht auf Senioren bezogen! Spezielle WGs für Menschen mit Demenz fehlen gänzlich, sowohl anbieterverantwortet als auch selbstverantwortet. Daher lässt sich von der Anzahl der WGs nicht auf den Bedarf schließen. Es ist zu hoffen, dass sich diese Lücke in den nächsten Jahren schließt. Beschlussvorlage 176.18 Seite 5 (12) Die gesundheitliche Versorgung im Rhein-Erft-Kreis erscheint, bis auf den Bereich der krankenhäuslichen Versorgung, vergleichsweise gut und sollte aufrechterhalten werden. Die Versorgung mit Krankenhausbetten liegt jedoch deutlich unter dem Landes- sowie Bundesdurchschnitt (wobei zu berücksichtigen ist, dass die Krankenhäuser der Städte Köln und Bonn eine Versorgungsfunktion auch für das Umland übernehmen). Die stationäre Krankenhausversorgung Kerpener Bürger findet kreisweit neben der Versorgung durch die Städte Köln und Bonn sowie Düren in sieben Allgemeinkrankenhäusern statt. Für die psychiatrische Versorgung sind die Kliniken in Düren und Zülpich zuständig. Seit 2018 ist das Therapiezentrum des LVR in Bergheim in Betrieb. Für Angehörige sind daher leider oft lange Anfahrten in Kauf zu nehmen. (13) Der Rhein-Erft-Kreis verfügt über zwei stationäre Hospize und Angebote der ambulanten Hospizbetreuung in acht von zehn Städten. Der Bedarf an Sterbebegleitung und Palliativversorgung rückt allerdings zunehmend ins Blickfeld, so dass fortlaufend zu prüfen ist, ob die hier erreichten Versorgungsstandards auch in Zukunft ausreichend sind. Die hospizliche Versorgung in der Kolpingstadt Kerpen erfolgt durch den ambulanten Hospizverein mit Sitz in Horrem sowie die stationären Hospize in Erftstadt und Frechen. Die ambulante palliative Versorgung (AAPV) sowie die spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) stehen für die Unterstützung von Betroffenen und Angehörigen bei einer schweren Erkrankung nach Verordnung eines Arztes in der häuslichen Umgebung zur Verfügung. Die Koordination im Versorgungsbereich Kerpen wird durch das integrierende Netzwerk „NoPain“ e.V. geführt in Kooperation mit der Palliativstation des St. Katharinenhospitals Frechen. Betroffene erhalten im Bedarfsfall eine umfassende Versorgung. (14) In jeder Stadt im Rhein-Erft-Kreis gibt es eine Pflegeberatungsstelle, die auch intensiv in Anspruch genommen werden. Die bestehenden Informations- und Beratungsstrukturen sollten sicherstellen, dass die vorhandenen Angebote den jeweiligen Bedarfslagen entsprechend genutzt werden. Die Pflegeberatungsstelle der Stadt Kerpen berät seit dem Jahr 2000 ortsnah und neutral über entsprechende Hilfen in Pflegesituationen oder bei drohender Pflegebedürftigkeit. Der Stellenumfang der Beraterin seit Einführung der Pflegeberatung 75% einer Vollzeitstelle. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist der Beratungsbedarf und -umfang in diesen achtzehn Jahren bei Pflegebedürftigen und Angehörigen spürbar gestiegen, Auf diese Entwicklung wurde mit der Einschränkung des Beratungsumfanges der einzelnen Beratungen reagiert, womit die Qualität der Beratung sinkt. Dennoch wird versucht, der wachsenden Anzahl Ratsuchender eine individuelle, umfassende und im Bedarfsfall auch zugehende Beratung zukommen zu lassen. (15) Die derzeitige Versorgungsdichte im Bereich der stationären Pflege sollte nach Einschätzung des ISG bei einem gleichzeitigen Ausbau des vorstationären Bereichs auch zukünftig ausreichend sein. Der Rhein-Erft-Kreis weist jedoch im Vergleich zum Landesund Bundesdurchschnitt eine niedrigere Versorgungsdichte auf, und ein Platzabbau in diesem Bereich sollte angesichts der demografischen Entwicklung vermieden werden. Die verschiedenen geplanten Veränderungen der Platzkapazitäten in den Städten des Kreises werden insgesamt dazu führen, dass zukünftig 23 Plätze weniger zur Verfügung stehen als derzeit vorhanden sind. Beschlussvorlage 176.18 Seite 6 Der Ausbau der stationären Versorgung im Bereich des Stadtgebietes hat zur Folge, dass in 2019 in den Stadtteilen Sindorf, Kerpen, Horrem und Brüggen sowie im Stadtteil Buir im darauffolgenden Jahr stationäre Pflegeplätze für Menschen mit hohem Pflegebedarf zur Verfügung stehen. Die stationäre Pflege ist ein wichtiges Element in der pflegerischen Versorgung, welches in der Regel heutzutage nur noch dann nachgefragt wird, wenn alle vorstationären Möglichkeiten der Versorgung ausgeschöpft, die Angehörigen am Ende ihrer Leistungskraft und Pflegebereitschaft angekommen sind und eine Akzeptanz erheblicher finanzieller Umbrüche unvermeidbar erscheint. Das Pflegeheim als Lebensform stellt sich immer mehr als Notlösung in einer dieser Situationen heraus. Dennoch gibt es seitens der Pflegeberatung – im Gegensatz zur Nachfrage nach ambulanten Diensten – keine Notstandssituation bei der Suche nach stationären Pflegeplätzen. Drehund Angelpunkt ist meistens nicht der Platz, sondern dessen Finanzierung, die mit immensem Aufwand an Bürokratie und Zeit verbunden ist. Bestätigt wird diese Erfahrung durch die im Bericht erwähnten 95% Auslastung der Einrichtungen im Rhein-Erft-Kreis, die „nicht auf eine unzureichende Kapazität deuten“, wie es auf S. 84 heißt. So ist der „Unterversorgung“ in Kerpen eben auch die „Überversorgung“ in Elsdorf entgegen zu setzen. Genau wie im Bereich der Krankenhausversorgung und der Kurzzeitpflege müssen Angehörige auch im Bereich der stationären Pflege mobil sein. Hier muss man ganz deutlich die Frage stellen, ob es auf dieser Grundlage notwendig ist, in jedem Stadtteil eine Pflegeeinrichtung zu schaffen, ohne vorher eine vorstationäre Infrastruktur herzustellen, die eine mögliche Heimaufnahme verhindert. In den Beratungsfeldern der Pflegeberatung spielt der Bereich „vollstationäre Pflege“ daher auch nur eine Nebenrolle. (16) Die Bestandsaufnahme der pflegerischen und pflegeergänzenden Angebote sollte fortlaufend aktualisiert und der Entwicklung der älteren Bevölkerung und des Pflegebedarfs gegenübergestellt werden. Dabei sollte die Pflegeplanung nicht nur darauf ausgerichtet sein, die derzeitige Versorgungsdichte auch bei sich verändernder Bevölkerungsstruktur konstant zu halten, sondern vielmehr sollte eine Orientierung an den vom ISG empfohlenen Zielwerten langfristig zu einer verbesserten Versorgungslage beitragen. Dies ist gesetzlicher Auftrag und zu befürworten. (17) Die Fortführung der Pflegeplanung sollte durch eine Arbeitsgruppe begleitet werden, die von der Pflegeplanung des Kreises moderiert wird und der z.B. Ansprechpartner aus den Städten, der Pflegekassen und der kommunalen Beratungsstellen angehören sollten. Der Wunsch nach einer stärkeren Beteiligung der Kommunen wurde bereits bei der Vorstellung des Berichtes in der Sozialdezernentenkonferenz durch den Ersten Beigeordneten deutlich gemacht. (18) Die kommunale Pflegeplanung im Rhein-Erft-Kreis sollte gem. § 7 Abs. 2 APG NRW in einen fortlaufenden Austausch mit den angrenzenden Gebietskörperschaften eingebunden werden. Dies ist gesetzlicher Auftrag und zu befürworten. Beschlussvorlage 176.18 Seite 7 Fazit Spätestens seit der Erstellung des Seniorenkonzept im Jahr 2010 wird in der Kolpingstadt Kerpen der Leitgedanke „ambulant vor stationär“ in der Pflege konsequent vorangetrieben. Auch so ist erklärbar, dass nach Prognosen auch aus diesem Pflegebericht stationäre Pflegeplätze in erheblichem Maße fehlen, in der Beratungspraxis von Pflegeberatung, Grundsicherungs- und Betreuungsstelle dies aber nur in Ausnahmefällen thematisiert wird. Die mit der Pflegeberatung befasste Mitarbeiterin schafft es mit guten Ideen und Kontakten in der Beratung den Wunsch der Pflegebedürftigen nach einem möglichst langen Verbleib in der eigenen Häuslichkeit möglich zu machen. Grundvoraussetzung dafür ist im wesentlichem die langjährigen Erfahrung und Qualifikation der Mitarbeiterin. Aufgrund ihrer anstehenden Verrentung wird es Aufgabe sein, in den nächsten Jahren diese Qualität bei steigendem Beratungsbedarf zu sichern. Weiterhin ist die starke Ausbildung von Netzwerken im Stadtgebiet förderlich für einen längeren Verbleib in der eigenen Häuslichkeit. Das Kerpener Netzwerk 55plus besteht bereits seit mehreren Jahren in den Ortsteilen Kerpen, Horrem und Brüggen. Hier zeigt sich, dass die im Netzwerk betriebene soziale Vorsorge Früchte trägt. Der Vereinsamung wird entgegenwirkt und Netzwerker helfen sich in Notsituationen. Positiv ist die gute Zusammenarbeit von Planungs- und Pflegebereich bei Beratungen und Investorengesprächen zu Planung und Angebotsentwicklung in der Pflege zu bewerten. Trotzdem kann der demographische Wandel, aber auch Themen wie Pflegenotstand oder Fachkräftemangel, in der Pflege dadurch alleine nicht gelöst werden. Weitere Schritte zur Verbesserung der Lage von Pflegebedürftigen in der Kolpingstadt Kerpen können:    die Schaffung einer Wohnberatung, eine Anpassung des Stellenumfangs der Pflegeberatung an den steigenden Bedarf sowie die Ausweitung des Kerpener Netzwerks 55plus auf weitere Stadtteile sein. Die derzeitige finanzielle Notlage der Kolpingstadt Kerpen lässt allerdings keinen Spielraum für die Schaffung bzw. Ausweitung der vorgenannten Angebote. Aus diesem Grunde wird vorgeschlagen, dies bis zur Beendigung der Haushaltssicherung zurückzustellen. Beschlussvorlage 176.18 Seite 8