Daten
Kommune
Kreuzau
Größe
109 kB
Datum
09.07.2018
Erstellt
14.06.18, 13:05
Aktualisiert
14.06.18, 13:05
Stichworte
Inhalt der Datei
Gemeinde Kreuzau
Bauleitplanung, Wirtschaftsförderung - BM Eßer
BE: BM Eßer
Kreuzau, 13.06.2018
Vorlagen-Nr.: 57/2018
- öffentlicher Teil Sitzungsvorlage
für den
Haupt- und Finanzausschuss
Rat
26.06.2018
09.07.2018
Gründung einer Gemeindeentwicklungs- und Dienstleistungsgesellschaft
I. Sach- und Rechtslage:
Bereits im Jahr 2012 hatte der Gemeinderat grundsätzlich die Gründung einer
Gemeindeentwicklungs- und Dienstleistungsgesellschaft Kreuzau mbh (GDK) „erwogen“ (vgl.
Vorlage 66/2012 und Beschluss des Rates vom 11.12.2012). Vor Gründung sollte der Rat über die
Chancen und Risiken des beabsichtigten wirtschaftlichen Engagements unterrichtet werden. Die
Verwaltung wurde beauftragt, einen entsprechenden Gesellschaftervertrag vorzubereiten.
Hintergrund war u.a. die grundsätzliche Bereitschaft, sich an Windkraftanlagen beteiligen zu
wollen. Die endgültige Beratung wurde jedoch zurückgestellt und es wurde kein
Gründungsbeschluss gefasst. Dies hing u.a. mit dem (seinerzeit) ungewissen Fortgang der
Ausweisung von Windkraftkonzentrationszonen und der wiederholten Reformierung durch den
Landesgesetzgeber zu den Möglichkeiten wirtschaftlicher Betätigung von Kommunen zusammen.
Im Zusammenhang mit den im vergangenen Jahr forcierten Bemühungen zur Entwicklung neuer
Baugebiete ist die Überlegung zur Gründung einer Gemeindeentwicklungs- und
Dienstleistungsgesellschaft von der Verwaltung wieder aufgegriffen worden. Dies wurde in
verschiedenen Gremien (IFG, Bauausschuss) auch mitgeteilt und positiv zur Kenntnis genommen.
Im Folgenden wird versucht, kurz und prägnant mögliche Rechts- und Organisationsformen,
denkbare und für die Gemeinde Kreuzau gewinnbringende Inhalte und Zielsetzungen,
Gestaltungsmöglichkeiten sowie Überlegungen einer möglichen Finanzierung darzulegen.
I.1
Betätigungsfelder
Denkbare (wirtschaftliche) Betätigungsfelder für eine neu zu gründende Gesellschaft wären z.B.:
- Unterstützung der Gemeinde in Angelegenheiten der Bauleitplanung;
- Erwerb, Erschließung und Vermarktung von Grundstücken mit dem Ziel der
Gemeindeentwicklung;
- Durchführung von Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der gemeindlichen
Infrastruktur oder der örtlichen Lebensgrundlagen;
- Dienstleistungen für die Gesellschafter zur Optimierung des Bezugs von Waren und
Dienstleistungen;
- Ausschreibung, Vergabe, Beschaffung von Planungs- und Bauleistungen;
- Vermietung bzw. Verpachtung von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen;
- Energiewirtschaftliche Betätigung;
Dieser (mögliche) Aufgabenkatalog ist bewusst sehr weit gefasst, ohne in allen Tätigkeitsfelder
von Anfang an tätig werden zu wollen. Vielmehr sollen diese Betätigungsfelder nach Etablierung
einer Unternehmensstruktur und jeweiliger Bedarfslage sukzessive angegangen werden. So wäre
es z.B. denkbar, als eine erste Aufgabenstellung die Durchführung von Hochbauarbeiten
gemeindlicher Infrastruktureinrichtungen (Ausschreibung und Bauausführung) auf die neue
Gesellschaft zu übertragen. In einem nächsten Schritt könnte die Baulandentwicklung angestoßen
werden usw. Hierzu sind jeweils eigene Beauftragungsbeschlüsse des Rates im Einzelfall
erforderlich, bevor die Gesellschaft tätig werden kann.
I.2
Rechtliche Grundlagen
Möchte die Gemeinde die Wahrnehmung einer kommunalen Aufgabe in Form einer
verselbständigten Einheit wahrnehmen, so stehen hierfür öffentlich-rechtliche und privatrechtliche
Organisationsformen zur Verfügung. Die Auswahl unter den zur Verfügung stehenden
Organisationsformen steht grundsätzlich im Ermessen der Gemeinde.
Diese der kommunalen Selbstverwaltung zuzurechnende Organisationshoheit gilt jedoch nicht
schrankenlos, sondern ist durch eine Vielzahl von gesetzlichen Bestimmungen, zu denen
insbesondere das Kommunalverfassungsrecht zählt, beschränkt. § 108 GO stellt die
Voraussetzungen auf, die eine Gemeinde beachten muss, wenn sie eine kommunale –
wirtschaftlich oder nichtwirtschaftliche – Aufgabe durch ein Unternehmen in der Rechtsform des
privaten Rechts durchführen möchte. Dabei ist § 108 GO als Ergänzung zur Grundsatzvorschrift
des kommunalen Wirtschaftsrechts in § 107 GO ausgestaltet.
Gemäß § 107 Abs. 1 GO darf sich eine Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben wirtschaftlich
betätigen, wenn
- ein öffentlicher Zweck die Betätigung erfordert,
- die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde steht und
- bei einem Tätigwerden außerhalb der Wasserversorgung, des öffentlichen Verkehrs sowie des
Betriebs von Telekommunikationsleitungsnetzen einschließlich der Telekommunikationsdienstleistungen der öffentliche Zweck durch andere Unternehmen nicht besser und wirtschaftlicher
erfüllt werden kann.
Als wirtschaftliche Betätigung ist der Betrieb von Unternehmen zu verstehen, die als Hersteller,
Anbieter oder Verteiler von Gütern oder Dienstleistungen am Markt tätig werden, sofern die
Leistung ihrer Art nach auch von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht
werden könnte (§ 107 Abs1. Satz 2 GO).
Die Bindung der wirtschaftlichen Betätigung an den öffentlichen Zweck bringt zum Ausdruck, dass
sie am Gemeinwohl und Interesse der Einwohner ausgerichtet sein muss und deshalb nur im
Zusammenhang mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zulässig ist. D.h., dass die
wirtschaftliche Betätigung unmittelbar dem Wohl der Einwohner zugutekommen muss und dass
wirtschaftliche Unternehmen dabei primär nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden
dürfen, wobei ein Gewinnstreben bei der Verfolgung der öffentlichen Aufgaben untergeordnet
vorhanden sein darf.
Um zulässig zu sein, muss die wirtschaftliche Betätigung nach Art und Umfang in einem
angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen. Die Gemeinde darf
danach keine wirtschaftlichen Unternehmen schaffen, die ihre personellen, finanziellen und
sachlichen Kräfte übersteigen. Finanzielles Risiko und finanzieller Bewegungsspielraum der
Gemeinde müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.
Darüber hinaus ist beim Tätigwerden kommunalwirtschaftlichen Handelns die im dritten
Spiegelstrich formulierte Subsidiaritätsklausel zu beachten.
Bei der Zulässigkeitsprüfung ist im jeweiligen Einzelfall zu unterscheiden, ob es sich um eine
wirtschaftliche oder eine nichtwirtschafltiche Betätigung handelt, wobei die Wahrnehmung beider
Betätigungen in der Rechtsform des Privatrechts möglich ist.
Im Detail legen die §§ 107, 108 GO die Zulässigkeit gemeindeeigener Wirtschaftsunternehmen
und Einrichtungen fest. Daneben muss sichergestellt sein, dass
-2-
-
eine Rechtsform gewählt wird, welche die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten
Betrag begrenzt,
die Einzahlungsverpflichtung der Gemeinde in einem angemessenen Verhältnis zu ihrer
Leistungsfähigkeit steht,
die Gemeinde sich nicht zur Übernahme von Verlusten in unbestimmter oder
unangemessener Höhe verpflichtet,
die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere in einem Überwachungsorgan
erhält, und dieser durch Gesellschaftsvertrag, Satzung oder anderer Weise gesichert wird,
das Unternehmen oder die Einrichtung auf den öffentlichen Zweck ausgerichtet wird.
I.3
Wahl der Gesellschaftsform
Die Wahl der Organisationsform steht wie oben ausgeführt im Ermessen der Gemeinde. Die
Verwaltung schlägt die Gründung einer privatrechtlichen GmbH mit der Gemeinde Kreuzau als
alleinigem Gesellschafter vor. Die eigenständige Rechtsform GmbH bietet ein
betriebswirtschaftliches Optimierungspotential. Durch die Bündelung der betrieblichen Bereiche in
einer unternehmerisch gesteuerten Organisationseinheit können Synergien und hierdurch eine
deutliche Entlastung für den Haushalt erzielt werden. Das Entlastungspotenzial liegt insbesondere
bei den Aufgaben der Bauleitplanung sowie der Erschließung und Vermarktung von
Grundstücken. Hierzu zählen u.a. eine flexiblere und zeitnähere Leistungserbringung. Die
mögliche monetäre Wertschöpfung könnte zur Haushaltsentlastung beitragen.
Im Bereich der Ausschreibung und Vergabe von Planungs- und Bauleistungen sowie der
Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der gemeindlichen Infrastruktur sind
insbesondere im Rahmen von Auftragsvergaben finanzielle Synergien zu erwarten.
Die Rechtsform der GmbH weist im Bereich der Haftungsbegrenzung auf das Geschäftsvermögen
einen Vorteil gegenüber anderen Rechtsformen auf, der gerade im Bereich der Entwicklung von
Wohngebieten für die Gemeinde und dem damit in Zusammenhang stehenden (Vor-)
Finanzierungs- und Vermarktungsrisiko wesentlich sein dürfte.
Die Rechtsform der GmbH wird auch gewählt, weil diese – anders als der Eigenbetrieb oder die
eigenbetriebsähnliche Einrichtung – eine flexible und schlanke Unternehmensstruktur bietet,
gleichzeitig aber durch die gesetzlichen Regelungen und die Gestaltung des
Gesellschaftsvertrages eine weitgehende (indirekte) Steuerung durch den Rat gewährleistet. Die
Rechtsform der Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) ist nicht geeigneter, da keine hoheitlichen
Aufgaben übertragen werden sollen und die AöR unbeschränkt haftet. Gerade bei der Erfüllung
der hier betroffenen betrieblichen Leistungen bietet die Unternehmensform der GmbH daher
optimale Handlungs- und Steuerungsmöglichkeiten.
Das erforderliche Stammkapital für die GmbH i.H.v. 25.000 € müsste erbracht werden, wobei
dieses sowohl als Bareinlage als auch in Form einer Sacheinlage und Kapitalrücklage, welches
später als Anlagevermögen aktiviert wird (z.B. gemeindliches Grundstück) möglich ist.
Gem.
§
113
GO
muss
der
Gemeinderat
einen/eine
Vertreter/-in
für
die
Gesellschafterversammlung bestellen. Da die Gemeinde Kreuzau alleiniger Gesellschafter ist,
reicht die Bestellung eines/einer Vertreters/-in aus. Gem. § 113 Abs. 2 GO ist der/die Vertreter/-in
an die Beschlüsse des Rates gebunden. Die Verwaltung schlägt im Gründungsfalle vor, dass
Bürgermeister Eßer als Vertreter der Gemeinde in die Gesellschafterversammlung der GDK
bestellt wird.
Die GO sieht weiterhin verpflichtend bestimmte Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten (§ 108
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis Nr. 8 GO) vor, durch die der Rat in ausreichender und dem Erfordernis der
Einheitlichkeit der Verwaltung Rechnung tragender Weise auch auf privatrechtlich organisierte
Unternehmen und Einrichtungen einwirken kann. Neben der erforderlichen Erstellung von
Jahresabschlüssen und Lageberichten ist hier insbesondere das fakultative Einwirkungs- und
Kontrollgremium Aufsichtsrat zu nennen. Um auch diesen „schmal“ und handlungsfähig
aufzustellen wird vorgeschlagen, eine möglichst kleine Mitgliederzahl (z.B. 4) festzulegen und die
-3-
Besetzung in analoger Anwendung von § 50 GO bei der Ausschussbesetzung (durch einheitlichen
Wahlvorschlag oder Besetzung durch Verhältniswahl) vorzunehmen.
I.4
Personal
Die zu gründende GmbH soll operativ in die Gemeindeverwaltung eingebunden werden, sodass
sie zunächst über kein eigenes Personal verfügt.
Als Geschäftsführer könnte ein Mitarbeiter der Verwaltung (z.B. Dezernent oder Abteilungsleiter)
ohne zusätzliche Vergütung, bestellt werden. In einem weiteren (Ausbau-)Schritt und bei
zunehmender Arbeitstätigkeit wäre auch die Vergütung in Form einer Minijob-Nebentätigkeit
denkbar. Diese und/oder weitere durch die Gemeindeverwaltung zu erbringende Leistungen in
den
Fachabteilungen
(Geschäftsführung,
Controlling,
Bauverwaltung,
Kämmerei,
Finanzbuchhaltung,
Assistenzdienste
etc.)
können
per
Dienstleistungsvertrag
auf
Stundenlohnbasis abgerechnet werden.
I.5
Beispiele
In der Region befinden sich zahlreiche Beispiele kommunaler Entwicklungsgesellschaften in
unterschiedlicher Größe und Aufgabenstellung:
- Gemeindeentwicklungs- und Dienstleistungsgesellschaft der Gemeinde Titz mbH (GET);
- Entwicklungsgesellschaft Langerwehe mbH (EGL) ;
- Stadtentwicklungsgesellschaft mbH&Co. KG Jülich (SEG);
- MILAN Kommunale Dienstleistungsgesellschaft mbH, Niederzier u.a.;
- SüdKom Dienstleistungsgesellschaft mbH, Hürtgenwald u.a.;
- Entwicklungsgesellschaft Campus Merscher Höhe mbH, Jülich, Niederzier, Titz;
- Wirtschaftsförderungsgesellschaft WIN.DN GmbH, Düren;
- Gesellschaft für Infrastrukturvermögen im Kreis Düren mbH (GIS);
- Entwicklungsgesellschaft indeland GmbH, Kreis Düren u.a.;
I.6
Weiteres
Den örtlichen Selbstverwaltungsorganisationen von Handwerk, Industrie und Handel und der die
Beschäftigten der jeweiligen Branche handelnden Gewerkschaften ist nach § 107a Abs. 4 S. 2 GO
Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, sofern die Entscheidung die Erbringung verbundener
Dienstleistungen betrifft. Verbundene Dienstleistungen sind z.B. Energiehandel, die Erstellung von
Energieausweisen, die Energieberatung, das Energiemanagement oder Contracting-Modelle. Die
Übertragung solcher verbundener Dienstleistungen ist jedoch nicht beabsichtigt, so dass den
genannten Stellen keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden muss.
Die beabsichtigte Gründung einer Gemeindeentwicklungs- und Dienstleistungsgesellschaft ist der
Kommunalaufsicht gem. § 115 Abs. 1 Buchst. a) GO spätestens sechs Wochen vor dem Vollzug
anzuzeigen.
Wie oben ausgeführt könnte eine erste Beauftragung in der Ausschreibung und Bauausführung
gemeindlicher Infrastruktureinrichtungen liegen. Hierzu bedarf es auch keiner finanzieller Liquidität
durch die Gesellschaft, da diese Leistungen abzurechnen, d.h. durch die Gemeinde zu bezahlen
sind. Der Vorteil für die Gemeinde liegt darin, günstigere Ausschreibungsergebnisse zu erzielen.
Kommt es zur Beauftragung einer Baulandentwicklung hat die GDK den Vorteil, sich auf dem
freien Kreditmarkt bedienen zu können, um evtl. erforderliche Vorfinanzierungen abzusichern.
Diese finanzielle Flexibilität fehlt der Gemeinde Kreuzau, um selbst auf diesem Gebiet tätig zu
werden.
Nach positivem Gründungsbeschluss in der Ratssitzung am 9. Juli 2018 könnte das Vorhaben der
Kommunalaufsicht angezeigt werden. Parallel kann unter notarieller Vorberatung ein
Gesellschaftervertrag ausgearbeitet und Ihnen nach der Sommerpause zur Beschlussfassung
vorgelegt werden. Die Bestellung der Geschäftsführung, die Besetzung des Aufsichtsrates sowie
die notwendige Kapitalausstattung kann in diesem Zusammenhang erfolgen.
-4-
II. Haushaltsmäßige Auswirkungen:
Das erforderliche Stammkapital für die GmbH i.H.v. 25.000 € muss bereitgestellt werden.
III. Beschlussvorschlag:
1. Der Rat der Gemeinde Kreuzau beschließt grundsätzlich die Gründung einer
Gemeindeentwicklungs- und Dienstleistungsgesellschaft mbH (GDK).
2. Der Bürgermeister wird beauftragt, einen entsprechenden Gesellschaftervertrag vorzubereiten
und diesen dem Rat zur Entscheidung vorzulegen.
Der Bürgermeister
Gez.
- Ingo Eßer -
IV. Beratungsergebnis:
Einstimmig:
Ja:
Nein:
Enthaltungen:
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