Daten
Kommune
Kreuzau
Größe
105 kB
Datum
06.09.2018
Erstellt
09.08.18, 18:15
Aktualisiert
23.01.19, 18:15
Stichworte
Inhalt der Datei
Gemeinde Kreuzau
Kommunale Dienste - Herr Wolfram
BE: Herr Wolfram
Kreuzau, 08.08.2018
Vorlagen-Nr.: 71/2018
- öffentlicher Teil Sitzungsvorlage
für den
Umweltausschuss
Haupt- und Finanzausschuss
Rat
06.09.2018
25.09.2018
09.10.2018
Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen auf Erlass einer Baumschutzsatzung in der
Gemeinde Kreuzau
I. Sach- und Rechtslage:
Auf den Fraktionsantrag von Bündnis 90 / Die Grünen vom 24.04.2018 zur Einführung einer
Baumschutzsatzung für die Gemeinde Kreuzau wird verwiesen. Der Antrag sowie ein
Satzungsentwurf ist als Anlage beigefügt.
Rechtsgrundlage für den Erlass einer Baumschutzsatzung ist das Landesnaturschutzgesetz
NRW(LNatSchG NRW) vom 15.11.2016. Gemäß § 49 LNatSchG NRW können Gemeinden durch
Satzung den Schutz des Baumbestandes innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile
und des Geltungsbereichs der Bebauungspläne regeln.
Es handelt sich bei einer Baumschutzsatzung demnach um eine freiwillige kommunale Satzung,
die mit der Zielsetzung beschlossen wird, im Gemeindegebiet den Baumbestand älterer Bäume,
insbesondere Bäume im Privatbesitz, zu sichern und bei Fällungen entsprechende
Ersatzpflanzungen zu regeln.
Ziele und Zweck einer Baumschutzsatzung sind z.B.:
-
die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts sicherzustellen
das Orts- und Landschaftsbild zu beleben, zu gliedern und zu pflegen
schädliche Einwirkungen wie z.B. Luftverunreinigungen abzuwehren
das Ortsklima zu erhalten und zu verbessern
einen artenreichen Baumbestand zu erhalten
Bäume als Lebensraum für die Tierwelt zu erhalten und zu sichern
weitgehenste Regulierung der Ersatzpflanzungen
Nachteile einer Baumschutzsatzung sind:
1.
Wirksamkeit / Zielsetzung ist zu überprüfen
Bei rd. 80% der Anträge auf Baumfällung wird (muss) nach den Erfahrungen vieler
Kommunen eine Baumfällung gemäß Satzung genehmigt (werden).
Den Baumschutzsatzungen wird damit oftmals eine „geringe Wirksamkeit“ zugesprochen.
2.
Bauordnung / Baurecht
Fällungen aufgrund von Bauvorhaben können nicht verhindert werden.
3.
Problembereich Nachbarschaft / Überhänge
Dem andauernden Problembereich an der Grundstücksgrenze zum Beispiel in Bezug auf
das Entfernen der Überhänge kann mit dieser Satzung nicht entgegengewirkt werden.
4.
Verantwortung und Haftung
Naturschutzbehörden haben verantwortungsvoll alle Anträge auf Fällungen zu prüfen und
in angemessener Zeit zu bescheiden. Verweigert die Behörde eine erforderliche
Fällgenehmigung, haftet sie unter Umständen wegen einer Amtspflichtverletzung nach
§ 839 BGB für die Folgen eines Baumversagens. Kommt es zu einem Personenschaden,
dann ist strafrechtlich ggf. nicht mehr der Antragsteller, sondern der für die Verweigerung
der Fällgenehmigung zuständige Behördenbedienstete verantwortlich.
(Quelle: Stadt Münster 15.05.2011, - Thomas Paal – Stadtrat, Auszug aus „Öffentliches Hearing zur Frage der Einführung
einer Baumschutzsatzung )
5.
Zusätzlicher Verwaltungs- und Kostenaufwand
Die Erfassung des Privatbaumbestandes in ein Baumkataster ist für eine wirkungsvolle
Umsetzung einer Baumschutzsatzung erforderlich, jedoch kosten- und arbeitsintensiv. Im
Schnellbrief 327 vom 21.11.2016 beziffert der Städte- und Gemeindebund NRW die
Kosten für einen Ersterlass einer Baumschutzsatzung auf ca. 30.000,- €. Die Bearbeitung
und Kontrolle einschließlich der Kontrolle der Ersatzanpflanzungen erfordert einen zusätzlichen Personalbedarf sowie Kosten für Arbeitsmittel.
6.
Vorsorgliche Fällungen von Bäumen
Gemeint ist hiermit die „vorsorgliche“ Entnahme, bevor die Bäume die Kriterien der
Baumschutzsatzung erfüllen, wie z.B. den Stammdurchmesser.
7.
Unmut der Bürger
Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich durch eine Baumschutzsatzung in ihren
Entscheidungen bezgl. des Gehölzbestandes ihres Privatgrundstücks eingeschränkt.
Probleme mit den Bürgern sind vorprogrammiert, da mehrheitlich die Auffassung vertreten
wird, dass Bürger auf ihren Grundstücken über ihre Bäume selber entscheiden dürfen; und
zwar sowohl was sie wann anpflanzen und was sie später wieder fällen. Wenn dies alles
durch Satzung reglementiert wird, empfinden viele Grundstückseigentümer dies als
partielle Enteignung.
Welche alternativen Möglichkeiten gibt es derzeit, Bäume auch ohne Baumschutzsatzung
zu schützen?
1.
Festsetzung in Bebauungsplänen und Innenbereichssatzungen
In Bebauungsplänen können aus städtebaulichen Gründen Festsetzungen zum Erhalt und
zum Anpflanzen von Bäumen getroffen werden.
Wird gegen diese Festsetzung vorsätzlich verstoßen, kann die Ordnungswidrigkeit nach
den Bestimmungen des Baugesetzbuches mit einem Bußgeld bis 10.000,- € pro
festgesetztem Baum geahndet werden. Darüber hinaus kann auch eine Ersatzpflanzung
angeordnet werden.
Beispiele für die Gemeinde Kreuzau: Bebauungsplan E9 Niederdrove, Innenbereichssatzung Obermaubach Rödderweg, Bebauungsplan Winden Bergstraße.
2.
Festsetzung als Naturdenkmäler im Landschaftsplan
Naturdenkmäler sind rechtsverbindlich festgesetzte Einzelschöpfungen der Natur, deren
Schutz aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder
wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit erforderlich ist.
Beispiele für die Gemeinde Kreuzau: Stockheim Marieneiche (Decke Boom),
Drove Westhang Stockheimer Wald Baumgruppe aus 3 Edelkastanien.
-2-
3.
Schutz der Alleen
Gemäß § 41 Landesnaturschutzgesetz sind die Beseitigung vom Alleen sowie alle
Maßnahmen, die zu deren Zerstörung, Beschädigung oder nachteiligen Veränderung
führen können, verboten. Damit unterliegen alle Bäume die einer Allee und eindeutig
dem Weg- oder Straßenraum zugeordnet sind, dieser Schutzregelung.
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein – Westfalen hat in
Abstimmung mit dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (MUNLV NRW) folgende Definition für die Alleen formuliert:
„Alleen sind beiderseitig an Straßen oder Wegen (Verkehrsflächen) auf einer Länge von
grundsätzlich mindestens 100 m parallel verlaufene Baumreihen meist einer Baumart. Die
einzelnen Bäume haben untereinander in etwa den gleichen Abstand und in der Regel das
gleiche Alter.“
(Quelle: Landeamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, Allee im sinne des Alleenkatasters, 28.03.2017)
Aktuelle Situation bei den Kommunen im Kreis Düren:
Baumschutzsatzungen existieren in der Stadt Düren und in den Gemeinden Langerwehe
und Nörvenich.
Eine Abfrage hat ergeben, dass in der Gemeinde Nörvenich alle eingegangen Anträge
bewilligt wurden. In der Gemeinde Langerwehe erfolgt eine Ablehnung durchschnittlich in
7 % aller Anträge.
Eine Erfassung aller in Frage kommenden Bäume ist in beiden Kommunen nicht erfolgt.
Deshalb ist man auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, was aber als sehr kritisch
angesehen werden muss. Wenn solche Fälle tatsächlich gemeldet wurden, stellte sich
nach Ermittlung des Sachverhalts in den allermeisten Fällen heraus, dass es sich um
Bäume gehandelt hat, die nicht von den Bestimmungen der Baumschutzsatzung betroffen
waren.
In den Gemeinden Aldenhoven (2013) und Inden (2012) wurden bestehende Baumschutzsatzungen wieder außer Kraft gesetzt, da Aufwand und Erfolg in einem Missverhältnis
standen.
In allen anderen Kommunen im Kreis Düren gibt es keine Baumschutzsatzungen.
Aktuelle Situation in der Gemeinde Kreuzau:
Eine Baumschutzsatzung existiert in der Gemeinde Kreuzau nicht. Mehrfach, zuletzt 1997
(Vorlage Nr.153/97), wurde das Thema in den politischen Gremien behandelt.
Für die Einführung einer Baumschutzsatzung fand sich aber keine Mehrheit.
Der eigene Baumbestand auf öffentlichen Wegen und Plätzen ist erfasst und wird
regelmäßigen Sichtkontrollen unterzogen. Derzeit sind rd. 1.650 Bäume auf kommunalen
Flächen erfasst. Baumfällungen erfolgen nur, wenn durch den Begutachter die
Notwendigkeit aufgrund einer von dem Baum ausgehenden Verkehrsgefährdung schriftlich
dokumentiert wird. In vielen Fällen werden dann auch, sofern es möglich ist,
Neupflanzungen vorgenommen.
Die Tatsache, dass sich Bürger regelmäßig an die Verwaltung wenden und sich
erkundigen, ob ein Baum unter welchen Voraussetzungen gefällt werden darf zeigt, dass
die Bürgerinnen und Bürger auch ohne bestehende Satzung sensibel für dieses Thema
sind.
Einschätzung der Verwaltung:
Die hohe Bedeutung des Baumbestandes für die Lebensqualität einer Gemeinde ist
unbestritten. Bezogen auf den kommunalen Baumbestand handelt die Verwaltung, wie
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vorher bereits beschrieben, entsprechend. Von den Bürgern wird der Baumbestand
überwiegend als Bereicherung und nicht als Übel aufgefasst. Beim größten Teil der
Grundstückseigentümer ist ein entsprechendes Verantwortungsbewusstsein vorhanden.
Ein erhebliches Fehlverhalten, welchem nur durch den Erlass einer Baumschutzsatzung
entgegengewirkt werden kann, ist nicht erkennbar. Nicht zu unterschätzen ist die Gefahr,
dass Grundstückseigentümer sich vor Inkrafttreten einer Baumschutzsatzung
Baumbestand, der dann von den Regelungen dieser Satzung erfasst würde, entfernt bzw.
dazu veranlasst werden, zukünftig Bäume vor Erreichen des maßgeblichen
Stammumfangs zu fällen.
Es ist auch davon auszugehen, dass bei jeglichen formellen Schutzansprüchen nicht
übersehen werden kann, dass, wenn ein Baum seitens des Grundstückeigentümers nicht
gewollt ist, der Baum auf Dauer nur schwierig erhalten werden kann.
Die bereits aufgeführten nicht unerheblichen Aufwendungen für Personal- und
Sachausgaben dürfen bei einer Entscheidung für die Einführung einer Baumschutzsatzung
nicht außer Acht gelassen werden.
Es wird an der Stelle angemerkt, dass bei einer Einführung einer Baumschutzsatzung der
Entwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, insbesondere im Hinblick auf eine
rechtssichere Formulierung unter Beachtung der geänderten gesetzlichen Grundlagen
nach Einführung des Landesnaturschutzgesetzes NRW, redaktionell überarbeitet werden
muss.
Unter Abwägung aller Vor- und Nachteile sieht die Verwaltung keine Erfordernis zur
Änderung der bisherigen Vorgehensweise.
II. Haushaltsmäßige Auswirkungen:
Sollte dem Beschlussvorschlag gefolgt werden entstehen keine Kosten.
III. Beschlussvorschlag:
Von der Einführung einer Baumschutzsatzung wird abgesehen. In Bebauungsplänen ist im
Einzelfall zu entscheiden, ob Erhaltungs- oder Pflanzfestsetzungen aufgenommen werden sollen.
Der Bürgermeister
-Ingo Eßer-
IV. Beratungsergebnis:
Einstimmig:
Ja:
Nein:
Enthaltungen:
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