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Vorlage-Sammeldokument

Daten

Kommune
Aachen
Dateiname
309511.pdf
Größe
1,3 MB
Erstellt
20.08.18, 12:00
Aktualisiert
30.08.18, 10:23

Inhalt der Datei

Der Oberbürgermeister Vorlage Federführende Dienststelle: Fachbereich Kinder, Jugend und Schule Beteiligte Dienststelle/n: Vorlage-Nr: Status: AZ: Datum: Verfasser: FB 45/0535/WP17 öffentlich 20.08.2018 FB 45/300 Sachstandsbericht Bezirkssozialarbeit der freien Träger Beratungsfolge: Datum Gremium Zuständigkeit 11.09.2018 Kinder- und Jugendausschuss Kenntnisnahme Beschlussvorschlag: Der Kinder- und Jugendausschuss nimmt den Bericht der Wohlfahrtsverbände zur Bezirkssozialarbeit zustimmend zur Kenntnis. Vorlage FB 45/0535/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 20.08.2018 Seite: 1/3 Finanzielle Auswirkungen JA NEIN x Investive Ansatz Auswirkungen 20xx Fortgeschriebener Ansatz Fortgeschriebe- Ansatz ner Ansatz 20xx ff. 20xx Gesamt- Gesamtbedarf (alt) 20xx ff. bedarf (neu) Einzahlungen 0 0 0 0 0 0 Auszahlungen 0 0 0 0 0 0 Ergebnis 0 0 0 0 0 0 + Verbesserung / 0 0 Deckung ist gegeben/ keine Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung ausreichende Deckung vorhanden vorhanden - Verschlechterung konsumtive Ansatz Auswirkungen 20xx Ertrag Fortgeschriebener Ansatz Fortgeschriebe- Ansatz ner Ansatz 20xx ff. 20xx 20xx ff. Folgekos- Folgekos- ten (alt) ten (neu) 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Abschreibungen 0 0 0 0 0 0 Ergebnis 0 0 0 0 0 0 Personal-/ Sachaufwand + Verbesserung / - Verschlechterung 0 0 Deckung ist gegeben/ keine Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung ausreichende Deckung vorhanden vorhanden Vorlage FB 45/0535/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 20.08.2018 Seite: 2/3 Erläuterungen: In der Stadt Aachen halten die Wohlfahrtsverbände Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Aachen - Stadt e. V. (AWO), Diakonisches Werk im Kirchenkreis Aachen e. V. (DW), Katholischer Verein für soziale Dienste in Aachen e. V. (SKM) und der Sozialdienst katholischer Frauen e. V. (SkF) einen Allgemeinen Sozialen Dienst vor. Dieses Angebot gehört schon seit Jahrzehnten als ein fester Bestandteil zur kommunalen sozialen Infrastruktur. Zunächst in der administrativen Zuständigkeit des Fachbereiches Kinder, Jugend und Schule (Jugendamt), später, nach Auflösung der Globalfinanzierung, im Rahmen getrennter Leistungsvereinbarungen als Allgemeine Sozialberatung in der Zuständigkeit des Fachbereiches Soziales und Integration und als Bezirkssozialarbeit in der Verantwortung des Fachbereiches Kinder, Jugend und Schule. Im Bereich der Jugendhilfe nehmen die Wohlfahrtsverbände Aufgaben gem. den §§ 16, 17 und 18 SGB VIII wahr. Die Bezirkssozialarbeit der vier Wohlfahrtsverbände ist somit auch Teil der Gewährleistung des Wunsch- und Wahlrechts gem. § 5 SGB VIII. Die Leistungsbeschreibung regelt u.a., dass die hoheitlichen Aufgaben vom öffentlichen Träger der Jugendhilfe, den Sozialraumteams, wahrgenommen werden. Der in der Anlage beigefügte Jahresbericht der Wohlfahrtsverbände für den Zeitraum 2016-2017 gibt einen ausführlichen Überblick über die hier geleistete Arbeit. Vertreter der Verbände werden in der Sitzung darüber hinausgehende Fragen beantworten. Anlage/n: Bericht der Wohlfahrtsverbände Vorlage FB 45/0535/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 20.08.2018 Seite: 3/3 Allgemeine Sozialdienste (ASD) der Freien Wohlfahrtsverbände in der Stadt Aachen Jahr 2016/17 1 2 Einleitung In der Stadt Aachen halten die Wohlfahrtsverbände Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Aachen-Stadt e.V. (AWO), Diakonisches Werk im Kirchenkreis Aachen e.V. (DW), SKM - Katholischer Verein für soziale Dienste in Aachen e.V. und der Sozialdienst katholischer Frauen e.V. (SkF) einen Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) vor. Dieses Angebot ist seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der kommunalen sozialpflegerischen Infrastruktur. Teilweise werden durch die Beschäftigten Familien bereits in der dritten Generation begleitet. Das Angebot basiert auf einer integrierten Leistungsbeschreibung, die in enger Abstimmung mit den Fachbereichen 45 und 56 der Stadt Aachen erstellt wurde. Der Dienst fußt auf einem ganzheitlichen und übergreifenden Verständnis von Beratung für alle Menschen der Stadt Aachen und fokussiert hierbei insbesondere Menschen mit sozialen Schwierigkeiten sowie Menschen, die im Kontext von Familie, Erziehung und Bildung Unterstützung und Rat suchen. Gleichzeitig verknüpft er individuelle Hilfen mit den Aspekten der Sozialraumgestaltung zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensräume in den Quartieren. Grundsätze und Standards Der ASD ist Ansprechpartner für alle Menschen in der Stadt Aachen mit sozialen Problemen jeglicher Art. Die Beratung/Hilfe erfolgt unbürokratisch und kostenfrei. Bezugspunkt der Hilfen ist die individuelle Situation von Menschen und deren Familien in ihrem Lebensumfeld: Die komplexe Realität der Ratsuchenden findet individuell Berücksichtigung.1 Die Hilfe setzt an Stärken und Selbsthilfepotentialen der Menschen an und fördert diese mit dem Ziel, dass Ratsuchende zukünftig nachhaltig selbstständig agieren können. Die Hilfe des ASD ist niedrigschwellig erreichbar. Es werden offene Sprechstunden, terminierte Beratungen und Hausbesuche angeboten. Die offenen Sprechstunden finden in den jeweiligen Einrichtungen der Leistungsanbieter und im Sozialraum statt (siehe auch S. 6). Der ASD engagiert sich für die Menschen im Sozialraum. Er wirkt in den wesentlichen sozialräumlichen Gremien, wie z.B. Stadtteil- oder Sozialraumkonferenzen mit. Der ASD ist auf Prävention ausgerichtet, grenzt niemanden aus, setzt sich für Integration ein und fördert soziale Teilhabe. 1 Siehe auch Ausführungen zum systemischen Beratungsansatz auf S. 10 3 Strukturqualitative Angaben Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD) Träger AWO AWO/SKM DW SKF SKF/SKM SKM (14) (4) (42) (68) (3) (30) Abbildung 1: Wirkungsgebiete auf Grundlage der sozialräumlichen Zuordnung2 2 Quelle: Stadt Aachen 4 Personalstruktur nach Kostenträgern und Leistungserbringern Sozialamt Jugendamt Summe BU* Wochenstunden* SKM AC 1,5 1,3 2,8 109,2 Diakonie 1,5 1 2,5 97,5 SkF AC 2 1 3,0 117 AWO 1,5 0,5 2,0 78 Summe 6,5 3,8 10,3 401,7 in % 63,1 36,9 *Summe BU = Summe der vorgehaltenen Beschäftigungsumfänge je Freier Verband *Wochenstunden = Summe der wöchentlichen Bruttoarbeitszeit je Freier Verband Verteilung Arbeitsinhalte in % Gremien/ Stadteilarbeit 7% Feb/Mär 2015 Themenspezifische Arbeit 20% Fallarbeit 61% Kurzkontakte 12% Abbildung 2: Durchschnittliche Verteilung der Arbeitsinhalte je Mitarbeiterin in % Erläuterungen zum Kreisdiagramm  Fallarbeit = Kontaktanzahl mit den zu Beratenden: mindestens drei oder mehr pro Jahr Weitere Anmerkung: Die Beratung von Klient*innen erfolgt insgesamt über 16 verschiedene Standorte, die im gesamten Wirkungsgebiet eine gute Erreichbarkeit sicherstellen und strukturell einen optimalen Quartiersbezug gewährleisten; bei Bedarf erfolgen darüber hinaus Beratungen in Form von Hausbesuchen  Kurzkontakte = Zu Beratende in Sprechstundenzeiten inkl. in den Quartierbüros (max. 1 bis 2 Kontakte pro Jahr)  Gremien und Stadtteilarbeit Alle Verbände sind in Stadtteilkonferenzen vertreten, beraten und unterstützen sozialräumliche Arbeitsgemeinschaften und Initiativen und beteiligten sich somit impulsgebend an der sozialstrukturellen Entwicklung der Quartiere (siehe auch Statistikauswertung 2016/17)  Themenspezifische Inhalte = Fortbildungen, Dienstbesprechungen, Teamsitzungen, Qualitätsmanagement / -zirkel, Supervision etc. 5 Sozialstrukturelle Angaben zur Zielgruppe Die nachfolgende Grafik differenziert, in welchen Haushaltsformen die beratenen Personen leben:  Die Gruppe der Alleinerziehenden stellt in 2016 und 2017 mit 34 % die größte Gruppe der Hilfesuchenden dar (2017: 33,6 %). Diese Zielgruppe charakterisiert sich u.a. durch ihr signifikant hohes Armutsrisiko: Die Armutsgefährdungsquote in NRW liegt durchschnittlich in 2016 bei 17,8 % (zum Vergleich 2006: 13,9 %)3. Demgegenüber sind 45,2 % der Ein-ElternHaushalte in NRW in 2016 armutsgefährdet.4 Zur Veranschaulichung: Die Armutsschwelle liegt in NRW im Jahre 2016 bei Alleinerziehenden mit zwei Kindern bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.514 EUR.  Paare mit Haushalt lebenden Kindern stellen in 2016 mit 31,3 % die zweitgrößte Gruppe dar. In 2017 sinkt ihr Anteil auf 29,5 % und erreicht damit in etwa eine vergleichbare Dimension wie die Singlehaushalte  Singlehaushalte stellen in 2016 mit 29,1 % die drittgrößte Gruppe dar. In 2017 nimmt diese Gruppe mit 30 % der Beratungen nach Haushaltsformen die Rangziffer 2 ein.  Die kleinste Gruppe mit 5,3 % (2016) bzw. 6,9 % (2017) sind Menschen, die in Paargemeinschaften leben. Abbildung 3: Beratungen nach Haushaltsformen Alleinerziehende, Paare mit Kindern und Menschen, die in Singlehaushalten leben, sind zentrale Kundengruppen der Allgemeinen Sozialen Diensten. In ca. 2/3 der Haushalte der rat- und hilfesuchenden Menschen leben Kinder. 3 https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Soziales/Sozialberichterstattung/Tabellen/Armutsg efaehrungsquoteBundeslaender.html ; abgerufen am 19.07.2018 4 https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2017/08/PD17_298_122.html; abgerufen am 19.07.2018 6 Zu bemerken ist im Jahresvergleich 2016/17 ein leichter Rückgang der Anfragen durch Haushalte mit Kindern zu Gunsten von Haushaltsformen ohne Kinder Die folgende Grafik veranschaulicht, dass der ASD zur Unterstützung und Hilfe von „Fallsystemen“ beiträgt, in denen 1.132 (2016) bzw. 1.257 (2017) Kinder und Jugendliche bzw. junge Erwachsene leben. Trotz eines leichten Rückgangs der Beratungen von Menschen, die in Haushaltsformen mit Kindern leben, steigt die absolute Anzahl der Kinder/Jugendlichen in den Fallsystemen um 110 Personen bzw. + 9,6 %. Dies kann in erster Linie dadurch erklärt werden, dass die absolute Zahl der Beratungen von 2016 zu 2017 von 928 auf 968 (+ 4,3 %) Beratungs“fälle“ steigt. Gleichwohl ist in diesem Kontext die steigende Anzahl von Kindern und Jugendlichen überproportional. Erfahrungsberichte der Beschäftigten zeigen auf, dass die Anzahl der Mehr-Kind-Familien in den letzten Jahren angestiegen ist. „Familien mit vier bis sechs Kinder kommen mittlerweile sehr häufig in unsere Beratungen; hinzukommt, dass die Anzahl der Familien mit Fluchthintergrund zugenommen hat.“ (Zitat Beschäftigte ASD des SKM Aachen e.V.) Mit steigender Anzahl von Kindern in einer Familie steigt auch das Armutsrisiko signifikant. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung aus Februar 2018 belegt dies: Armutsgefährdet seien demnach 13 Prozent der Paare mit einem Kind, 16 Prozent mit zwei und 18 Prozent mit drei Kindern.5 Des Weiteren berichten die Beschäftigten, dass eine neue Regelung zum Antrag auf Unterhaltsvorschuss dazu führe, dass mehr Familien mit Kindern resp. Alleinerziehende die Beratung der ASD in Anspruch nehmen müssen, weil die Ratsuchenden Unterstützung bei der Antragstellung benötigen. Abbildung 4: Anzahl Minderjährige / junge Erwachsene in den Fallsystemen 5 http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/arm-und-reich/armutsrisiko-kind-bertelsmann-studie-zeigt-gruende15436454.html; abgerufen am 25.07.2018 7 Abbildung 5: Einkommensarten bei beendeten Beratungen Abbildung 5 veranschaulicht, mit welchen Anteilen welche Einkommensarten bei den in 2016 insgesamt 722 beendeten Beratungen (2017: 730) zu Grunde liegen (Mehrfachnennungen möglich, daher n=911 Nennungen): Mit 58 % beziehen deutlich mehr als die Hälfte aller Klient*innen staatliche Transferleistungen in Form von Grundsicherung, ALG I6, ALG II7 oder ergänzende Leistungen8. Mit 33,5 % ist die Gruppe der ALG II Empfänger*innen hierbei die größte. In 2017 sank der Anteil der Transferleistungsbezieher*innen leicht auf 55,3 %. Besonders rückläufig ist dabei der Anteil der ALG I Empfänger*innen. Dies korreliert mit einer weiterhin guten konjunkturellen Gesamtlage in der Bundesrepublik, die sich auch in den regionalen Entwicklungen spiegelt: Die Zahl der Arbeitslosen sinkt. Jedoch lag die AL-Quote in 2016 bei 8,2 % in der Stadt Aachen9, womit sie deutlich über dem Bundesdurchschnitt mit 6,1 % liegt.10 Ebenfalls leicht rückläufig ist die Anzahl der Empfänger*innen von Grundsicherung. Auffällig ist weiterhin ein Anstieg der ALG II Empfänger*innen sowie der Empfänger*innen von ergänzenden Leistungen. In 2016 geben die übrigen 42 % (44,7 % in 2017) der unterstützten Personen an, dass sie über Erwerbseinkommen, Renten oder sonstige Einkommensquellen verfügen. Insgesamt zeigt die Erhebung, dass die Zielgruppe nach wie vor wesentlich von Einkommensarmut betroffen ist. Erfahrungsberichte der Mitarbeiter*innen der ASD ergänzen weiterhin, dass die überwiegende Mehrheit der Erwerbseinkommensbezieher*innen und Renter*innen lediglich über sehr geringe Einkommen verfügen. Einkommensarmut wiederum begründet wesentlich komplexe Problemlagen. In 6 ALG I wird nach Eintritt in Arbeitslosigkeit bis zu einem Jahr gezahlt, bei älteren Arbeitslosen ggfs. auch bis zu 2 Jahren. 7 ALG II: Grundsicherungsleistungen für Erwerbsfähige und deren Bedarfsgemeinschaften („Hartz IV“) 8 Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz; Anspruch, wenn Einkommen und das zum Lebensunterhalt verwendbare Vermögen dem ALG II Bedarf für die erwachsene Person der Bedarfsgemeinschaft entspricht, jedoch nicht den Bedarf der ganzen Familie deckt. 9 http://www.aachen.de/DE/stadt_buerger/pdfs_stadtbuerger/pdf_statistik/statistisches_jahrbuch_2016.pdf; S. 54; abgerufen am 19.07.2018 10 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1224/umfrage/arbeitslosenquote-in-deutschland-seit-1995/; abgerufen am 19.07.2018 8 Folge sind die Betroffenen auf möglichst niedrigschwellige und kostenfreie institutionelle Hilfen angewiesen. Ergebnis- und wirkungsorientierte Angaben Abbildung 6: Zugang/Vermittlung zur Beratung Die vorangestellte Abbildung zeigt auf, welche Zugangswege die Hilfesuchenden zum Angebot der ASD nutzen: Die größte Gruppe sind in 2016 mit 57 % Selbstmelder (2017: 58,3 %). Die weiteren Zugangswege stellen mit ungefähr gleichen Anteilen die Fachbereiche 56 „Wohnen, Soziales und Integration“ sowie 45 „Kinder, Jugend und Schule“, Bildungseinrichtungen und sonstige Behörden sowie sonstige Zuweiser. Im Jahresvergleich zeichnen sich unwesentliche Verschiebungen unter diesen Zuweisergruppen ab. Die Auswertung veranschaulicht, dass das Angebot auf Grund der deutlich überwiegenden Anzahl von Selbstmeldern, die im Jahresvergleich von 2016 zu 2017 tendenziell steigen, einen hohen Zugang zur Zielgruppe besitzt. Das Angebot bietet mit seiner sozialräumlichen Orientierung in dezentralen Strukturen eine niedrigschwellige und bevölkerungsnahe Ausrichtung. Dies ist vor dem Hintergrund des Phänomens der verdeckten oder auch sogenannten verschämten Armut umso bedeutender: Verdeckte Armut liegt vor, wenn ein gesetzlicher Anspruch auf Mindestsicherungsleistungen nicht geltend gemacht wird. Die Zahl der Betroffenen ist groß: Laut sozialwissenschaftlicher Studien11 aus dem Jahre 2016 sind bspw. 68 % der über 65 – jährigen und zwischen 54-63 % der Erwerbstätigen hiervon betroffen. 11 Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Sozialbericht 2016. Armuts- und Reichtumsbericht, Düsseldorf 2016, Seite 189f. 9 Abbildung 7: Anzahl aller Beratungen nach Beratungsformen Die vorangestellte Auswertung veranschaulicht, dass im Jahre 2016 insgesamt 8.544 Beratungseinheiten durchgeführt wurden. Nach 2017 stieg dieser Wert auf 8.608 Einheiten (+ 64 / + 0,8%) Beratungseinheiten. Differenziert wird diese Angabe weiterführend nach den Beratungsformen. Es zeigt sich, dass die Beratungen in den Sozialraumbüros/Dienststellen der Träger die meist genutzte Anlaufstelle der Ratsuchenden ist. Gleichfalls zentral ist das Element der telefonischen Beratung, obschon es im Jahresvergleich eine rückläufige Relevanz besitzt. Weiterhin auf Grund von Erfahrungsberichten durch betroffene Klient*innen als sehr hilfreich bewertet ist die aufsuchende Beratung in Form von Hausbesuchen. Im Jahresvergleich steigt diese tendenziell an. Dieses Beratungselement fördert wesentlich den barrierefreien Zugang zur Dienstleistung und wird insbesondere von in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen genutzt. Diese Form der aufsuchenden Sozialarbeit ist Teil des Selbstverständnisses und Konzeptes der ASD. In 2016 stellen 2.206 Beratungseinheiten einen Kontakt der Sozialarbeiter*innen zu Dritten dar, um die Anliegen der Betroffenen zielgerichtet bearbeiten zu können (2017: 2.343). Dies veranschaulicht den hohen Grad der notwendigen Vernetzung des Dienstes mit anderen Institutionen und relevanten Akteur*innen innerhalb des Quartiers / der Hilfesysteme. Der im Jahresvergleich deutliche Anstieg dieser Beratungsform unterstreicht ihre Relevanz. Mit rund 5 % stellt die EDV gestützte Beratung via Email aktuell einen eher geringen Anteil dar. Gleichwohl stellt der gesellschaftliche Trend zur Digitalisierung auch einen potentiellen zukünftigen Sozialraum dar, in dem es gilt, Klient*innen adäquate Angebote zu machen. Erste Impulse hierzu werden in Form von Seminarangeboten insbesondere durch die Spitzenverbände der Träger initiiert. 10 Abbildung 8: Themenfelder der Allgemeinen Sozialen Dienste Die dargestellten Themenfelder der Allgemeinen Sozialen Dienste sind Ergebnis der Bildung von Clustern auf der Grundlage der in den Erhebungen gewonnen Daten. Die Analyse ermittelt sechs zentrale Themenfelder, die unter Bezug auf ihre Ausprägung im Jahr 2017 aufsteigend nach den jeweils erhobenen Aspekten dargestellt werden: 1. Lebenspraktische Themen (2017: 28,5 %) Anträge und Bescheide/Umgang mit Behörden, allgemeine Themen, Haushaltsführung; migrationsspezifische Themen; es fällt eine tendenziell steigende Bedeutung des Themenfeldes im Jahresvergleich auf. 2. Sozioökonomische Themen (2017: 25,2 %): Wirtschaftliche Probleme; Finanzielle Absicherung; Schulden; Arbeit(-slosigkeit), Wohnen; es fällt eine tendenziell steigende Bedeutung des Themenfeldes im Jahresvergleich auf. 3. Familie, Erziehung, Bildung (2017: 17,7 %): Beziehungsprobleme; Häusliche Gewalt; allgemeine Probleme des Zusammenlebens; Aufsichtspflichtverletzung; Begleiteter Umgang; Einschränkung, Förderung und Bildung; Erziehungsprobleme; Schulprobleme; Es fällt ein tendenziell deutlicher Rückgang der Beratungen zum Themenfeld im Jahresvergleich auf. Aus Sicht der Beschäftigten kann das unter anderem damit erklärt werden, dass Schulsozialarbeit strukturell als Regelangebot implementiert wurde und sich sukzessive etabliert hat; Familienzentren bildeten sich in den letzten Jahren zunehmend aus und kooperieren meist mit Erziehungsberatungen, wodurch der Weg zum ASD nicht mehr notwendig wird. Im Rahmen der Antragsberatung auf Unterstützung durch das Bildungs- und Teilhabepaket etablierten sich ferner zunehmend ebenfalls Familienzentren und Schulen. Zudem ist eine zunehmende Verarmung der Hilfesuchenden zu verzeichnen, was dazu führt, dass die Abwendung von ökonomischer bzw. existentieller Not im Rahmen der Hilfen deutlich im Vordergrund steht. Themen um Familie, Erziehung und Bildung werden folglich eher nachrangig angegangen. 4. Gesundheit/Krankheit (2017: 24,7 %): Alter, Pflegebedürftigkeit; allgemeine gesundheitl. Probleme, psychische Erkrankungen, Schwangerschaft, somatische Erkrankungen, Körperbehinderung, Sucht, Drogen; es fällt eine tendenziell steigende Bedeutung des Themenfeldes im Jahresvergleich auf. Insbesondere Beratungen im 11 Bereich des SGB XI (Pflegeversicherung) steigen an und es ist eine Zunahme von Menschen mit psychischen Erkrankungen zu verzeichnen. 5. Sonstiges (2017: 2,8 %; 2016: 5,6 %) 6. Kriminalität (2017: 1,0%; 2016: 0,8 %): Delinquenz, (sex.) Misshandlung In den meisten Situationen ist die Beratung multithematisch orientiert: Die beratenen Personen weisen bspw. neben Unterstützungsbedarfen im Cluster „Familie, Erziehung, Bildung“ auch Hilfebedarfe im Cluster „Sozioökonomische Themen“ auf. Dies entspricht der Grundkonzeption des Angebotes der Allgemeinen Sozialen Dienste als systemische Hilfeleistung: Die systemische Perspektive rückt die dynamische Wechselwirkung zwischen den biologischen und psychischen Eigenschaften einerseits und den sozialen Bedingungen des Lebens andererseits ins Zentrum der Betrachtung, um das Individuum und seine Störungen angemessen verstehen zu können und auf dieser Basis passgenaue Hilfeleistungen anzubieten. Es gibt keine abschließende Definition für den Terminus „Soziales Problem“. Die Bestimmung eines sozialen Problems ist stets Resultat eines sozial- bzw. gesellschaftspolitischen Diskurses. Soziale Probleme sind Zustände, die durch Öffentlichkeit kollektiv als veränderungsbedürftig definiert werden.12 Gleichwohl ist festzustellen, dass gewisse Bevölkerungsgruppen von bestimmten sozialen Problemen und Lebensrisiken überproportional betroffen sind. Hierzu zählen nach Reiners insbesondere Gruppen, die auf Grund ihrer Berufs-, Einkommens-, Bildungs- und / oder Gesundheitssituation über geringe Bewältigungspotentiale verfügen. 13 12 13 Vgl. Albert Scherr: Soziale Probleme, Soziale Arbeit und menschliche Würde; in: SozialExtra 7/2002 Vgl. Reiners, Andreas: Vorlesung Sozialpolitik SoSe2014, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen 12 Der zweite Sozialentwicklungsplan der Stadt Aachen (SEP) wurde im November 201514 veröffentlicht. Die hierin veröffentlichten Sozialdaten der Stadt Aachen veranschaulichen, wie sich zentrale soziale Problemlagen regional darstellen. Problemlage (Jahr) Arbeitslosenquote (2014) SGB II Empfänger*innen (Hartz VI) (2013) Sozialgeldempfänger*innen (Indikator Kinderarmut) (2013) SGB XII Empfänger*innen (Indikator Altersarmut) (2013) Öffentl. geförderte Wohnungen (2013) Bildung: Kinder mit Förderbedarf bei Einschulung (2007 – 2013) Eltern mit geringer Bildung (2007 – 2013) Stichprobe Alle 15 bis 64 jährigen Alle 15 bis 64 jährigen Ausprägung absol. Ausprägung in % v.H. Entwicklungstendenz 11.755 6,6 Leicht steigend 17.915 10,2 Leicht fallend Alle < 15 - jährige 6.522 22,9 Leicht fallend Alle > 64 -jährigen 2.883 6,4 Stark steigend 143.039 9.576 6,7 Stark fallend 7.715 Eingeschulte 776 10,1 Leicht fallend / k. A. 22 k. A. Die aufgezeigten zentralen Themenfelder der Allgemeinen Sozialen Dienste zeigen eine hohe Übereinstimmung zwischen den durch die Klient*innen einerseits artikulierten Hilfebedarfe und den anderseits durch den Sozialplan identifizierten gesellschaftlichen Herausforderungen. Das Angebot bietet folglich eine bedarfsgerechte inhaltliche Ausrichtung. 14 Stadt Aachen (2015): Zweiter Sozialentwicklungsplan Aachen, Demografische, sozio-ökonomische und soziale Entwicklung und Perspektiven für die Aachener Quartiere, Stadt Aachen, der Oberbürgermeister, Eigenverlag 13 Abbildung 9: Gründe zur Beendigung der Beratung Die vorangestellte Grafik stellt die Gründe zur Beendigung einer Beratung dar. Setzt man voraus, dass die Aspekte „Problemlösung“, „Einleitung HzE-Maßnahme15“ und „Vermittlung in andere Hilfsangebote“ als erfolgreicher Beratungsabschluss zu bewerten sind, lässt sich hieraus eine Erfolgsquote für 2016 von 83 % (n=599) ableiten. In 2017 steigt diese Quote auf 629 erfolgreiche Beratungen (= 86,16 %). Dieses Ergebnis ist insgesamt als erfolgreich zu bewerten. 15 HzE-Maßnahme = Hilfe zur Erziehung 14 Zukünftige sozialpolitische Handlungsbedarfe und Herausforderungen Das Angebot der ASD in der Stadt Aachen ist passgenau und bedarfsorientiert. Die ASD unterstützen Menschen in unterschiedlichsten Problemlagen individuell und einzelfallorientiert. Durch ihre Mitwirkung, Beratung und Begleitung von Stadtteilkonferenzen, örtlichen Arbeitsgemeinschaften und Initiativen fördern sie ferner wesentlich eine sozialräumliche Entwicklung, die wiederum positiv auf die gesellschaftlichen Entwicklungen im Quartier ausstrahlt. Die ASD können als Seismographen der regionalen gesellschaftlichen Entwicklungen interpretiert werden: So ist z.B. an den Erhebungen abzulesen, dass viele Alleinerziehende einen Beratungsbedarf haben. Sie sind in besonderem Maße armutsgefährdet und in der Folge von gesellschaftlicher Exklusion betroffen. Weiterhin zeigte sich beispielhaft bei der Erhebung der Einkommensarten, dass viele Ratsuchende von Einkommensarmut betroffen sind. Einkommensarmut wiederum begründet wesentlich komplexe Problemlagen. In Folge sind die Betroffenen auf möglichst niedrigschwellige und kostenfreie institutionelle Hilfen angewiesen. Erfahrungswerte unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Allgemeinen Sozialen Diensten zeigen weiterhin, dass es einen zunehmenden Anstieg von insbesondere weiblicher Altersarmut gibt, der von den Betroffenen meist über einen langen Zeitraum verdeckt wird, indem Ansprüche auf Sozialleistungen nicht bzw. nicht umfassend geltend gemacht werden. Weitere aktuelle Themen sind Leistungsberatungen im Kontext der Pflegeversicherung, die Suche nach bezahlbarem Wohnraum und Fragen rund um den Themenkomplex Migration und Ausländerrecht. Zunehmend beobachten unser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zudem psychische Probleme und Erkrankungen bei den Ratsuchenden, die zu instabilen Lebenssituationen führen und die einer Vermittlung in spezialisierte Hilfeformen bedürfen. Die ASD stellen für all diese Menschen einen elementaren, sozialräumlich orientierten und niedrigschwelligen Baustein in ihrer psychosozialen Grundversorgung in der Stadt Aachen dar. Die Darstellung aktueller und prognostizierter gesellschaftlicher Entwicklungen und Herausforderungen veranschaulicht den weiterhin bestehenden Bedarf dieser Dienstleistungen nachdrücklich. Für den Bericht Torsten Nyhsen (SKM Aachen e.V.) Ursula Braun-Kurzmann (SkF Aachen e.V.) Armin Carduck (DW Aachen) Christof Ant (AWO Aachen) 15