Daten
Kommune
Aachen
Dateiname
307226.pdf
Größe
548 kB
Erstellt
11.07.18, 12:00
Aktualisiert
07.08.18, 14:42
Stichworte
Inhalt der Datei
Der Oberbürgermeister
Vorlage
Federführende Dienststelle:
Bezirksamt Aachen-Richterich
Beteiligte Dienststelle/n:
BA 6/0166/WP17
öffentlich
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
11.07.2018
Ausnahmegenehmigung von § 9 Landesimmissionsschutzgesetz
NRW für Traditionsveranstaltungen der KG Koe Jonge im
Richtericher Karneval;
Antrag der SPD-Fraktion Nr. 48 vom 11.10.2017
Beratungsfolge:
Datum
Gremium
Zuständigkeit
12.09.2018
Bezirksvertretung Aachen-Richterich
Kenntnisnahme
Beschlussvorschlag:
Die Bezirksvertretung Aachen-Richterich nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Der Antrag gilt damit als behandelt.
Philipp
BA 6
FB 30
FB 32/30
FB 63/210
Oberbürgermeister
Vorlage BA 6/0166/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 27.07.2018
Seite: 1/5
Erläuterungen:
Die SPD-Bezirksfraktion beantragt mit Schreiben vom 11.10.2017, die Verwaltung zu beauftragen, für
drei Veranstaltungen der KG Koe Jonge Richterich (Prinzenproklamation, Herrensitzung und
Entthronisierung) in der Peter-Schwarzenberg-Halle festzustellen, dass diese zum Kernbestand des
Brauchtums im Karneval des Stadtbezirks Aachen-Richterich gehören und damit die Voraussetzungen
des § 9 Abs. 2 des Landesimmissionsschutzgesetzes NRW vorliegen, eine Ausnahmegenehmigung
nach § 9 Abs. 1 LImSchG zu erteilen sowie bauordnungsrechtlich eine vorübergehende
Nutzungsänderung zu erleichtern.
Weder die baurechtlich noch die immissionsschutzrechtliche oder die kommunalrechtliche
Behandlung des Antrags erlaubt es, für die Zukunft bestimmte Veranstaltungen bzw. bestimmte
Veranstalter dahingehend zu privilegieren, dass diese stets „gesetzt“ sind.
Die Peter-Schwarzenberg-Halle ist eine gemeindliche Einrichtung im Sinne von § 8
Gemeindeordnung. Sie wurde zunächst als reine Sporthalle genutzt, aber mit Baugenehmigung vom
11.09.1993 auch als Mehrzweckeinrichtung genehmigt und von der Stadt Aachen als solche
betrieben.
Nach der Baugenehmigungsakte ist die Betriebszeit auf 1 Uhr nachts begrenzt. Die Genehmigung
erlaubt eine Nutzung mit maximal 312 Personen unter Festlegung möglicher Bestuhlungsvarianten.
Grundlage der Genehmigung ist u.a. der Messbericht der Schall- und Wärmemessstelle Aachen
(SWA/ Sachverständiger Gebing), welcher die Einhaltung der gebietstypischen Lärmwerte nachweist:
an Werktagen Mo-Sa
tagsüber
außerhalb
der
innerhalb der Ruhezeiten
22h bis 6h morgens
Ruhezeiten, d.h. 8-20h
6-8h und 20-22h
60 dB(A)
55 dB(A)
45 dB(A)
innerhalb der Ruhezeiten
22h bis 7h morgens
Sonn- und Feiertags
tagsüber
außerhalb
der
Ruhezeiten, d.h. 9-13h, 15-20h
7 bis 9h, 13-15h und 20-22h
60 dB(A)
55 dB(A)
45 dB(A)
zu messen an der nächstliegenden Wohnbebauung.
Die Baugenehmigung gilt für alle Veranstaltungen in der Peter-Schwarzenberg-Halle, somit für die im
Antrag aufgeführten Karnevalsveranstaltungen.
Darüber hinaus gilt die Baugenehmigung für die Überlassung an jeglichen Veranstalter.
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Ausdruck vom: 27.07.2018
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1. Baurechtliche Betrachtung
Für einzelne Veranstaltungen, die von den Rahmenbedingungen der Baugenehmigung abweichen,
kann eine vorübergehende Nutzungsänderung bei der Bauaufsicht beantragt werden. Dies war z. B.
beim Weihnachtsmarkt 2016 notwendig, da u. a. von der Bestuhlungsvariante abgewichen wurde.
Im Rahmen temporäre Nutzungsänderungen ist es allerdings nicht grundsätzlich zulässig, andere
Werte zum Schallschutz vorzusehen, dies würde den Nachbarschutz nicht ausreichend gewährleisten.
Denkbar ist lediglich, die bei der Beurteilung von Schallimmissionen nach der TA Lärm bzw. der
Freizeitlärmrichtlinie zulässigen „seltenen Ereignisse“ zu berücksichtigen.
Baurechtlich gilt für die Erteilung von Genehmigungen für temporäre Nutzungsänderungen zudem,
dass diese nicht für beliebig viele Ereignisse ausgesprochen werden können, da sie entsprechend der
gesetzlichen Vorgaben keine dauerhafte Genehmigung ersetzen können und die grundsätzliche
Genehmigungspflicht nicht aushebeln dürfen.
Denkbar wäre ein Antrag auf dauerhafte bauaufsichtliche Nutzungsänderung. Hierzu wäre neben den
üblichen Vorgaben zum Inhalt und Umfang der vorzulegenden Bauantragsunterlagen eine
umfassende und plausible Schallimmissionsprognose vorzulegen. Diese könnte möglicherweise auch
Vorgaben für bauliche Änderungen zur Einhaltung der Lärmschutzwerte oder für andere Maßnahmen
(Einsatz einer besonderen Technik der Musikanlage, Schallschutzelemente) enthalten. Über die
Erfolgsaussichten kann seitens des Fachbereichs Bauaufsicht ohne umfassende Antragsunterlagen
keine Aussage getroffen werden.
Ein Antrag auf temporäre oder dauerhafte Nutzungsänderung kann grundsätzlich von jedermann
gestellt werden, da die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt wird. Die
Privilegierung einzelner Antragsteller oder Veranstaltungen ist baurechtlich nicht zulässig.
2. Immissionsschutzrechtliche Betrachtung
Im Antrag angesprochen ist auch eine Ausnahme nach § 9 Abs. 2 LImSchG NRW.
Es spricht bereits viel dafür, dass eine isolierte Ausnahme nach § 9 Abs. 2 LImSchG NRW für in
geschlossenen Räumen durchgeführte Veranstaltungen nicht vorgesehen ist. Die Erteilung einer
solchen isolierten Ausnahmeerlaubnis würde die erforderliche bauaufsichtliche Genehmigung
„aushebeln“. Hierdurch könnten die Vorgaben der Baugenehmigung unterlaufen werden. Auch könnte
diese der bei Erteilung der dauerhaften oder vorübergehenden Nutzungsgenehmigung durchgeführten
Entscheidung bzgl. des Lärmschutzes zuwiderlaufen.
Bei der Prüfung einer Erlaubnis nach § 9 Abs. 2 LimSchG NRW wird u.a. die sogenannte
„Freizeitlärmrichtlinie“ vom 13.04.2016 herangezogen. Diese ist ausschließlich auf Freizeitanlagen
anwendbar, z.B. Grundstücke für Zelte oder Volksfeste, Freizeitparks, Vergnügungsparks Badeplätze
außerhalb von Schwimmbadanlagen (…)., nicht jedoch auf geschlossene Veranstaltungsräume.
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Ausdruck vom: 27.07.2018
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Auch in der Rechtsprechung finden sich nur Entscheidungen, die Veranstaltungen außerhalb von
Gebäuden betreffen.
Unabhängig davon kann die Entscheidung über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur
Erteilung einer Ausnahmegenehmigung grundsätzlich nur von der zuständigen Behörde getroffen
werden. Die Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis nach § 9 Abs. 2 LImSchG NRW liegt in ihrem
pflichtgemäßen Ermessen und muss im Einzelfall geprüft werden.
Auch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen würde es einen Ermessensfehler begründen
und einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darstellen, einzelne Veranstaltungen bzw.
einzelne Veranstalter zu privilegieren.
3. Kommunalrechtliche Betrachtung
Die Peter-Schwarzenberg-Halle ist eine gemeindliche Einrichtung im Sinne von § 8 Gemeindeordnung
(GO NRW). Nach § 8 Abs. 2, Abs. 4 GO NRW haben alle Einwohner sowie Personenvereinigungen
im Rahmen des geltenden Rechts einen Benutzungsanspruch.
Entsprechend sind selbstverständlich von allen Nutzern die rechtlichen Vorgaben des Baurechts und
Immissionsschutzrechts einzuhalten.
Auch im Rahmen der Zulassungsentscheidung nach § 8 GO NRW ist aber unzulässig, bestimmte
Veranstaltungen oder Veranstalter zu privilegieren.
Nur dann, wenn der Widmungsumfang der gemeindlichen Einrichtung bestimmte Veranstaltungen für
die Zukunft ausschließt, können diese abgelehnt werden. Ist dies nicht der Fall und ergeben sich mehr
Bewerber als Kapazitäten, so ist im Wege der sachgerechten Ermessensausübung für jedes
Kalenderjahr eine neue Auswahlentscheidung anhand nachvollziehbarer Kriterien zu treffen.
4. Abschließende Beurteilung:
Die Privilegierung bestimmter Veranstaltungen bzw. Veranstalter ist rechtlich nicht zulässig.
Die besondere Lage der Halle im Wohngebiet, das auch durch die Rechtsprechung besonders
geschützte Recht der Anwohner auf Nachtruhe, die Häufigkeit der Veranstaltungen in der Halle sowie
zusätzlich am Karnevalswochenende im nahegelegenen Zelt bedeuten für die Anwohner eine nicht
unerhebliche Belastung. Hiergegen steht das Interesse der Vereine auf Durchführung ihrer
traditionellen Veranstaltungen für die Bürger im Bezirk.
Die bisherigen Maßnahmen:
-
Einhaltung einer 8 stündigen Nachtruhe
-
Einwirken auf Gästelärm vor der Halle
-
Schließen der Fenster und Türen ab 22h
-
Reduzierung der Musiklautstärke und insb. der Bässe ab 22h
-
Schallmessungen des Veranstalters an der nächstgelegenen Wohnbebauung
-
Kommunikation des Veranstalters mit den Anwohnern
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haben sich in der Praxis bewährt und dazu geführt, dass es aktuell bei den Veranstaltungen 2018
keine Anwohnerbeschwerde gegeben hat.
Erfolgversprechend sind weitere Maßnahmen des Veranstalters zur Lärmreduzierung in der Halle
durch Einsatz von technischen Maßnahmen der Verstärker- und Musikanlage. Diese haben sich auch
bereits beim Betrieb des Karnevalszeltes als sehr zielführend erwiesen. Diese führen einerseits zu
dem gewünschten Lärmschutz der Anwohner und tragen andererseits dem Interesse des jeweiligen
Veranstalters auf Durchführung der Veranstaltung Rechnung.
Anlage/n:
- Antrag der SPD-Fraktion Nr. 48 vom 11.10.2017
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