Daten
Kommune
Aachen
Dateiname
303351.pdf
Größe
500 kB
Erstellt
12.06.18, 12:00
Aktualisiert
20.06.18, 14:43
Stichworte
Inhalt der Datei
Der Oberbürgermeister
Vorlage
Federführende Dienststelle:
Fachbereich Umwelt
Beteiligte Dienststelle/n:
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
FB 36/0281/WP17
öffentlich
12.06.2018
36/300
Belastung der Aachener Gewässer mit multiresistenten Keimen
Beratungsfolge:
Datum
Gremium
Zuständigkeit
03.07.2018
Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
Kenntnisnahme
Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz nimmt die Sachstandsmitteilung zu multiresistenten
Keimen zur Kenntnis.
Vorlage FB 36/0281/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 13.06.2018
Seite: 1/6
Vorlage FB 36/0281/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 13.06.2018
Seite: 2/6
Erläuterungen:
Eine Untersuchung der Aachener Gewässer auf multiresistente Keime/Erreger wurde bisher nicht
durchgeführt.
Bei den v.g. Erregern handelt es sich um Bakterien, die gegen viele Antibiotika widerstandsfähig
geworden sind. Die Erreger können z.B. im menschlichen Darm durch den vielfachen Einsatz von
Arzneimittel entstehen. Die Erreger gelangen mangels technischer Reinigungsstufen über die
Kläranlagen in die Gewässer.
Auch wenn keine Untersuchungen zu multiresistenten Keimen in Aachen durchgeführt worden sind,
ist das Thema der Verbreitung von resistenten Bakterien und Medikamentenrückständen von
wachsender Bedeutung. Die folgenden Ausführungen geben eine Übersicht der Gewässerbelastung
durch Arzneimittel in Aachen und wie in NRW bzw. in Aachen damit umgegangen wird.
Am 22.12.2008 wurde der Entwurf des ersten Bewirtschaftungsplans für die Flussgebietsanteile von
Rhein,
Weser,
Ems
und
Maas
veröffentlicht.
Die
Regionalräte,
die
sondergesetzlichen
Wasserverbände, die anerkannten Naturschutzverbände, die Träger öffentlicher Belange, sonstige
Interessengruppen und alle Bürgerinnen und Bürger hatten die Möglichkeit, hierzu Stellung zu
nehmen. Nach politischer Beratung erteilte der für Umweltfragen zuständige Ausschuss des
Landtages am 24.02.2010 sein Einvernehmen. Damit wurde der erste Bewirtschaftungsplan und das
Maßnahmenprogramm behördenverbindlich.
Der Bewirtschaftungsplan enthält folgende Informationen:
•
Allgemeine Beschreibung der Flussgebiete in NRW
•
Methodische Angaben zu den grundsätzlichen Zielen der EG-WRRL und zu Schutzgebieten
•
Ergebnisse der Untersuchungen der Gewässer und des Grundwassers
•
Analyse von Belastungsursachen
•
Zusammenfassung des Maßnahmenprogramms
•
Konkrete Bewirtschaftungsziele (Was ist bis wann wo zu erreichen?)
•
Wirtschaftliche Analyse der Wasserdienstleistungen
•
Informationen zum Beteiligungsprozess und zur Öffentlichkeitsarbeit
Für den Bewirtschaftungsplan wurden im Rahmen der Ermittlung von Grundlagendaten auch
Untersuchungen hinsichtlich Arzneimittel in einzelnen Aachener Gewässern durchgeführt.
In nachfolgenden Tabellen werden die im Gewässer vorgefunden Arzneimittel mit einer
Hintergrundinformation zum Anwendungsgebiet dargestellt. Darüber hinaus erfolgt eine Bewertung
der Messgröße dieser Stoffe nach den wasserrechtlichen Vorgaben für das Gewässersystem nach
den Qualitätsstufen sehr gut, gut, mäßig, unbefriedigend und schlecht. Allerdings erfolgt für die
Gewässer nicht nur eine chemische Bewertung von Inhaltsstoffen, sondern nach gleichem Schema
auch eine Bewertung vieler anderer chemischer Stoffe sowie des ökologischen Gewässerzustandes.
Landesweites Ziel ist es, für alle Gewässer eine Gesamtbewertung „gut“ zu erreichen.
Vorlage FB 36/0281/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 13.06.2018
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Gewässer: Haarbach
Messstelle: oberhalb Kläranlage Eilendorf
Bewertungszeitraum: 2007-2009
Parameter
Einstufung
Diclofenac (Schmerzmittel)
sehr gut
Erythromycin (Antibiotikum)
sehr gut
Ibuprofen (Rheumamittel)
sehr gut
Sotalol (Betablocker)
sehr gut
Sulfamethoxazol (Antibiotikum)
sehr gut
Gewässer: Haarbach
Messstelle: unterhalb Kläranlage Eilendorf
Bewertungszeitraum: 2007-2009
Parameter
Einstufung
Clarithromycin (Antibiotikum)
unbefriedigend
Diclofenac (Schmerzmittel)
unbefriedigend
Erythromycin (Antibiotikum)
schlecht
Ibuprofen (Rheumamittel)
mäßig
Sotalol (Betablocker)
unbefriedigend
Sulfamethoxazol (Antibiotikum)
mäßig
Gewässer: Wurm
Messstelle: oberhalb Haaren – Berliner Ring
Bewertungszeitraum: 2005-2007
Carbamazepin (Antiepileptikum)
sehr gut
Gewässer: Wurm
Messstelle: unterhalb Kläranlage Soers
Bewertungszeitraum
2005-2007
2007-2009
2010-2012
Parameter
Einstufung
Einstufung
Einstufung
Carbamazepin (Antiepileptikum)
sehr gut
mäßig
gut
Clarithromycin (Antibiotikum)
sehr gut
unbefriedigend
eingehalten
Diclofenac (Schmerzmittel)
unbefriedigend
unbefriedigend
schlecht
Erythromycin (Antibiotikum)
schlecht
schlecht
eingehalten
Solatol (Betablocker)
unbefriedigend
unbefriedigend
mäßig
Sulfamethoxazol (Antibiotikum)
Keine Angabe
mäßig
sehr gut
Im Jahr 2016 wurde der zweite Bewirtschaftungsplan von der Landesregierung für die betroffenen
Behörden verbindlich eingeführt. Die Bewirtschaftungsbehörden haben den gesetzlichen Auftrag, die
im Bewirtschaftungsplan aufgeführten Ziele umzusetzen. Für die Aachener Gewässer sind als
Vorlage FB 36/0281/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 13.06.2018
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Bewirtschaftungsbehörden die Untere und Obere Wasserbehörde zuständig, wobei die Obere
Wasserbehörde für die großen kommunalen Abwassereinleitungen zuständig ist.
Leider können in Abwasser eingetragene Arzneimittel kaum mit herkömmlichen Methoden der
kommunalen Abwasserbehandlung entfernt werden und gelangen somit fast ungefiltert in die
Gewässer.
Allerdings
Abwasserkanalisation
stammen
von
Arzneimittel
Krankenhäusern.
nicht
Belastete
nur
aus
Abwässer
dem
sind
Einzugsgebiet
ebenfalls
in
der
reinen
Wohngebieten zu finden, denn steigendes Lebensalter und vermehrte Medikamenteneinnahme der
Bürger sind weitere Ursachen.
Da die Belastungen der Gewässer durch Arzneimittel nicht mit den wasserwirtschaftlichen Zielen
vereinbar ist, hat das Umweltministerium NRW nach Partnern gesucht, die bisher nur durch
Forschungsarbeiten dokumentierte Eliminierung von Arzneimitteln in der Praxis zu testen bzw.
evaluieren. Der Wasserverband Eifel-Rur hat sich als Partner bereit erklärt, in seinem
Zuständigkeitsgebiet eine solche Großanlage zu bauen.
Da das Gewässer Wurm in Aachen kaum in der Lage ist, die anfallenden Abwässer der Großstadt
Aachen in qualitativer wie quantitativer Sicht ordnungsgemäß abzuleiten, wurde im Frühjahr 2018 eine
sogenannte Ozonstufe auf dem Gelände der Kläranlage Soers mit großer finanzieller Unterstützung
des Land NRW am Ablauf der Nachklärung installiert (Baukosten 12 Mio € mit einer Förderung von 70
%).
Die Ozonstufe ist hydraulisch auf den gesamten Regel-Volumenstrom der Kläranlage ausgelegt, die
so eine vollständige Behandlung des Mischwasserabflusses gewährleistet. Der Wasserverband EifelRur verfolgt mit Hilfe der RWTH Aachen das Ziel, mit der europaweit größten Abwasserozonung das
Verfahren für die Anwendung kommunaler Kläranlagen zu optimieren. Mit diesem Verfahren sollen
Medikamente,
Haushaltschemikalien, Stoffe wie Industriechemikalien und Pestizide größtenteils
abgebaut werden. Auch kann eine Behandlung multiresistenter Keime/Erreger erfolgen. Oft kommen
diese Stoffe allerdings nur in kleinsten Konzentrationen (Spurenbereiche) vor und sind erst mit
modernen Messmethoden überhaupt erfassbar.
Darüber hinaus erfolgt eine umfangreiche Begleitforschung und Untersuchung der Wurm, wie effektiv
diese Behandlungsstufe mit Blick auf die Gewässerqualität bzw. die Elimination der Spurenstoffe ist
und ob sich die Gewässerqualität der Wurm damit signifikant bessert.
Zukünftig wird es nicht nur bei dieser Anlagenerweiterung der Kläranlage Soers bleiben. Da ein Teil
des Abwassers bei starken Niederschlägen wegen Überlastung der Behandlungsanlagen und
Zwischenspeicherbecken nicht in der Kläranlage Soers behandelt werden kann bzw. nicht zur
Kläranlage Soers gelangt, soll ergänzend ein großer Retentionsbodenfilter gebaut werden, der das bei
starken Niederschlägen ankommende Abwasser filtern soll, bevor es in die Wurm gelangt. Allerdings
ist nicht genug Fläche vorhanden, um eine Filteranlage nach den allgemein anerkannten Regeln der
Technik bauen zu können.
Vorlage FB 36/0281/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 13.06.2018
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Auch wenn mit den ergänzenden Reinigungsstufen das landesweite Ziel der Gewässerklasse „gut“
nicht erreicht werden sollte, so sollen von der Wasserwirtschaft dennoch alle Möglichkeiten
ausgeschöpft werden, möglichst nahe an dieses Ziel heranzukommen.
Sicherlich wird das neue Thema der multiresistente Keime/Erreger in Zukunft noch weiter in den
Vordergrund
rücken.
Die
Wasserwirtschaft
kann
oft
nicht
so
schnell
entsprechende
Behandlungsmethoden entwickeln und bauen, wie neue Inhaltsstoffe gefunden werden.
Die Ozonbehandlung ist sicherlich ein guter Weg zur Behandlung von entsprechend belasteten
Abwässern, da der Medikamentenkonsum sicherlich nicht zurückgehen wird. Allerdings handelt es
sich um ein sehr teures Abwasserbehandlungsverfahren. Ob eine Übertragung auf kleinere
kommunale Abwasserbehandlungsanlagen möglich ist, werden die weiteren Forschungsergebnisse
des Wasserverbandes Eifel-Rur und der RWTH zeigen.
Fazit:
Bei der neu aufkommenden Diskussion bezüglich multiresistenter Keime/Erreger ist zu beachten,
dass nicht alle Stoffe eine Gewässerbelastung darstellen. Es gibt kein Gewässer, das keimfrei ist.
Multiresistente Keime/Erreger können ein Gesundheitsrisiko für bestimmte Menschen darstellen,
wenn z.B. im Gewässer gebadet wird und Bachwasser getrunken wird. Aus wasserwirtschaftlicher
Sicht wird derzeit kein Handlungsbedarf für vertiefte Untersuchungen gesehen.
Anlage/n:
Ratsantrag Nr. 364/17 der AfD vom 23.05.2018
Vorlage FB 36/0281/WP17 der Stadt Aachen
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