Daten
Kommune
Aachen
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276415.pdf
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801 kB
Erstellt
09.11.17, 12:00
Aktualisiert
07.09.18, 00:06
Stichworte
Inhalt der Datei
Der Oberbürgermeister
Vorlage
Federführende Dienststelle:
Fachbereich Stadtentwicklung und Verkehrsanlagen
Beteiligte Dienststelle/n:
Fachbereich Umwelt
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
FB 61/0814/WP17
öffentlich
09.11.2017
Dez. III / FB 61/100
Erhalt und Sicherung der Aachener Grünfinger
Ratsantrag 299/17 der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion vom
12.09.2017
Beratungsfolge:
Datum
Gremium
Zuständigkeit
07.12.2017
12.12.2017
Planungsausschuss
Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Beschlussvorschlag:
Der Planungsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis.
Der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur
Kenntnis.
Vorlage FB 61/0814/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 15.08.2018
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Erläuterungen:
Anlass
Mit Beschlussfassung vom 20.09.2017 hat der Rat Stadt Aachen die Verwaltung beauftragt
(Ratsantrag 299/17 der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion vom 12.09.2017), in den zuständigen
Fachausschüssen darzustellen, welche Schritte zur Umsetzung des Ziels, dem Erhalt und der
Sicherung der Grünfinger in Aachen einen besonderen Stellenwert zuzuordnen, durchgeführt werden
können. Ferner wurde festgehalten, dass die Abwägung zu einzelnen Bereichen im Rahmen des
Verfahrens zur Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes Aachen*2030 erfolgen soll. Hierbei steht
der Verbrauch unbebauter Flächen wie auch die kritische Auseinandersetzung mit Schlüsselstellen im
bebauten Bereich im Fokus.
Ausgangslage
Die abwechslungsreiche landschaftliche Lage der Stadt Aachen wird geprägt durch den Übergang von
den ländlich besiedelten, bewaldeten Naturräumen der Voreifel im Süden und der landwirtschaftlich
genutzten Börde im Norden. Mehrere Bachtäler verknüpfen den 'Waldgürtel' über 'Grünfinger' mit der
Kernstadt Aachens.
Der Erhalt eines gesunden Stadtklimas gehört in der Kur- und Badestadt Aachen seit Jahren zu den
zentralen Feldern kommunaler Umweltpolitik. Anpassungserfordernisse an die Folgen des
Klimawandels stellen sich in der Stadt Aachen besonders dringlich, weil die Kernstadt aufgrund ihrer
Talkessellage seit vielen Jahren mit stadtklimatischen und lufthygienischen Problemlagen „zu
kämpfen hat“. Deshalb ist es langjähriger Planungskonsens, Grünzüge und Frischluftbahnen von
Bebauung freizuhalten, um die Klimatisierung der Kernstadt zu gewährleisten, um gesundheitlich
bedenkliche Aufheizungen von Stadtquartieren zu vermeiden und klimatische Extremereignisse
abzumildern. Aufgrund der begrenzten Flächenverfügbarkeit und wegen des anhaltenden Drucks zur
baulichen Nachverdichtung wird sich die Diskussion um innenstadtnahe Freiflächen voraussichtlich
tendenziell noch verschärfen. Eine planerische Verankerung ist daher zum Erhalt und zur Sicherung
der Aachener Grünfinger unabdingbar.
Zu den Konzepten, die sich mit dem Thema „Erhalt und Sicherung der Aachener Grünfinger“
befassen, zählen neben dem Masterplan Aachen*2030 die Neuaufstellung des
Flächennutzungsplanes, die Erarbeitung des neuen Landschaftsplanes, das Aachener
Klimafolgenanpassungskonzept von 2015 sowie das Konzept zur Sicherung der Aachener
Freiflächen. Diese konkretisieren Vorgaben aus der Regional- und Landesplanung, die zum Teil als
Zielvorgaben verbindlich zu berücksichtigen sind. Die vorgenannten Konzepte und Planungen sind
damit Weichen stellend für die verbindliche Bauleitplanung und die Bewertung von konkreten
Bauvorhaben.
Die Wichtigkeit des Themas insgesamt wird auch durch die Einbindung der Stadt Aachen und seiner
Repräsentanten in nationale und internationale Netzwerke. So ist die Stadt Aachen z.B. Mitglied in
den Klimaschutzinitiativen der EU-Kommission 'Covenant of Mayors – Konvent der Bürgermeister'
europäischer Städte sowie 'Mayors Adapt'.
Vorlage FB 61/0814/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 15.08.2018
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Einordnung in die Regional- und Landesplanung
Die kommunale Bauleitplanung ist in die Planungssystematik der Regional- und Landesplanung
eingebunden. Auf diesen übergeordneten Planungsebenen sind Zielvorgaben formuliert, die durch die
kommunale Bauleitplanung verbindlich zu berücksichtigen sind.
Der Schutz und die Sicherung der natürlichen Lebengrundlagen ist eine zentrale Prämisse des
aktuellen Landesentwicklungsplanes (LEP). Mit Blick auf die lokal bedeutsamen Grünfinger finden
diese dort eine Entsprechung durch die Darstellung von Grünzügen, die sich an den natürlichen
Strukturen der Bachtäler und der Topographie orientieren. Eine bauliche Entwicklung in diesen
Bereichen ist nicht zulässig, diese bleibt dem ausgewiesenen Siedlungsraum vorbehalten. Diese
Zielsetzung wird im LEP unter Kapitel 7.1-5 „Ziel Grünzüge“ textlich konkretisiert: „Regionale
Grünzüge sind im Hinblick auf ihre freiraum- und siedlungsbezogenen Funktionen vor einer
siedlungsräumliche Inanspruchnahme zu schützen.“ Die Umsetzung dieser landesplanerischen
Zielsetzung erfolgt durch den Regionalplan, welcher seinerseits die Zielvorgabe durch die Darstellung
von regionalen Grünzügen definiert und die bauliche Entwicklung auf allgemeine Siedlungsbereiche
beschränkt.
Die als „Grünfinger“ bezeichneten Strukturen reichen mehrheitlich südwestlich bis südöstlich zum
innerstädtischen Talkessel. Diese Grünbereiche, die die Verbindung der Landschaft bis in den
Siedlungsbereich darstellen, sind seit vielen Jahren bekannt als bedeutsame Flächen für
Naherholung, Sport, Stadtklima und Grünvernetzung.
Im Hinblick auf die anstehende Überarbeitung des Regionalplanes wird die Verwaltung über
verschiedene Themenfelder wie Klimaschutz, Lufthygiene, Energie, Biotopverbund und Biodiversität,
Verkehrs-, Gewerbe- und Wohnungsbauentwicklung die Sicherung und den Erhalt der Aachener
Grünfinger einbringen.
Masterplan Aachen*2030
In seiner Sitzung am 19.12.2012 hat der Rat der Stadt Aachen den Masterplan Aachen*2030 als
Ausdruck eines gemeinsamen Grundverständnisses über die gesamtstädtische Zielkonzeption
beschlossen. Die Ergebnisse des Masterplanes sind gem. §1 (6), Nr.11 BauGB im Sinne der
gemeindlichen Selbstbindung als städtebauliche Entwicklungskonzeption in der Bauleitplanung zu
berücksichtigen. Daraus resultiert die Verpflichtung, die enthaltenen Zielsetzungen im Zuge der
Weiterentwicklung der Bauleitplanung in den Abwägungsprozess einzubeziehen.
Der Masterplan Aachen*2030 zeigt Perspektiven und Impulse für die räumliche Entwicklung der Stadt
Aachen auf und erfüllt die Funktion eines strategischen Instrumentes. Besondere Bedeutung kommt
der Sicherung und Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen zu. Diese sind in den
Handlungsfeldern 7 Freiraum, 8 Natur und Landschaft sowie 9 Klimaschutz und Klimaanpassung
beschrieben und die Zielsetzungen jeweils in Plan und Text konkretisiert sowie in einigen
Schwerpunktbereichen detaillierter ausgearbeitet.
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Ausdruck vom: 15.08.2018
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Hinsichtlich der „Grünfinger“ ist das „Handlungsfeld 7 - Freiraum“ hervorzuheben. Dort ist als Ziel
formuliert: „Tief in den Stadtkörper hineinreichende Grünfinger mit Bachläufen verknüpfen die
Siedlungsbereiche mit den vielfältig strukturierten Landschaftsräumen; dies begünstigt die notwendige
Klimatisierung des Stadtkerns durch Kaltluftentstehung und -abfluss ebenso wie die quartiersnahe
Erholung. Die Grünzüge tragen wesentlich zur Stadtattraktivität und zur Lebensqualität der
Wohnstandorte bei. Sie sollen deshalb grundsätzlich von Bebauung freigehalten werden.“
In der zugehörigen Kartendarstellung ist die Synergie der „grünen und blauen Vernetzungen“
dargestellt und darüber hinaus sind Bereiche definiert, in denen die Grünfinger dauerhaft zu sichern
sind oder fortgeführt werden sollen. Dem Ziel der Vernetzung mit den Siedlungsbereichen ist durch
eine Signatur Rechnung getragen, die die Verknüpfungsbereiche mit den Grünfingern darstellt.
Die klimatische Bedeutung der Grünfinger kommt im „Handlungsfeld 9 – Klimaschutz,
Klimaanpassung“ zum Ausdruck. Dort ist als Ziel formuliert: „Bei der weiteren Entwicklung der
Siedlungsbereiche und der Freiräume werden Strategien und Maßnahmen erforderlich sein, die
negative Auswirkungen des Klimawandels dämpfen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf
Siedlungsräumen, die aus stadtklimatischer Sicht und aus gesundheitlicher Sicht ein erhöhtes Risiko
für die nachteiligen Folgen des Klimawandels bergen. Die Kaltluftentstehungsgebiete am Rande der
Siedlungsbereiche müssen daher langfristig gesichert werden. Mit dem Kaltluftabfluss über die
Grünfinger in die Kernstadt erfolgt in Aachen ein wirksamer klimatischer Ausgleich, der langfristig
gewährleistet bleiben muss.“
Neben der Berücksichtigung in der Abwägungsentscheidung der Bauleitplanung enthält der
Masterplan auch Maßnahmen zur Umsetzung seiner Zielsetzungen. Er ist damit Grundlage für das
Verwaltungshandeln in den erfassten Sachthemen. Im Zuge der Erarbeitung verschiedene
Fachkonzepte und abgeleiteter Maßnahmen wird regelmäßig überprüft, wie sie zur Umsetzung der
Zielsetzungen des Masterplanes beitragen können.
Erkenntnisse aus dem Klimafolgenanpassungskonzept
Für die Situation der dicht besiedelten Innenstadt haben die Bachtäler des Aachener Südens eine
sehr hohe Bedeutung. Durch die Tallagen entlang von Bächen fließen große Mengen nächtlicher
Kaltluft bis weit in die verdichtete Innenstadt hinein und ermöglichen so den Austausch
schadstoffhaltiger und sauerstoffarmer Luft, die sich hier durch Verkehrs- und Hausbrandemissionen
tagsüber einstellt. Hierzu liegen zahlreiche Gutachten und Modellrechnungen vor. Diese Effekte sind
wissenschaftlich untersucht und belegt. Neben diesem lufthygienischen Effekt ist der abkühlende
stadtklimatische Effekt heute und mit Blick auf die Auswirkungen des Klimawandels von besonderer
Bedeutung für die Sicherung der Qualität des Wohnens und Lebens in der Stadt. Das Aachener
Klimafolgenanpassungskonzept von 2015 hat diese Funktion untersucht und den besonderen
Sicherungsanspruch der Bachtäler betont, helfen sie doch den mit dem Klimawandel zu erwartenden
Erwärmungstendenzen entgegen zu wirken.
Gerade eine Stadt wie Aachen, die eine, im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich hohe
Wohnbevölkerung im innerstädtischen Kern aufweist, ist diese Vorsorge elementar zum Schutz der
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Einwohner der Stadt. Die Erkenntnisse des Klimafolgenanpassungskonzeptes haben maßgeblichen
Einfluss auf den Abwägungsprozess zum neuen Flächennutzungsplan sowie im Übergang zur
Landschaft auch für den neuen Landschaftsplan.
Neuaufstellung des Flächennutzungsplan Aachen*2030
Schon 1978 wurden im Landschaftspflegerischen Fachbeitrag (Prof. Pflug) zum Flächennutzungsplan
1980 die herausragende Bedeutung und Funktion sowie der damit verbundene Schutzanspruch der
Talflächen belegt bzw. formuliert. Das hat in den letzten 35 Jahren dazu geführt, dass im
Wesentlichen die stadtklimatisch wirksamen Bachtäler von Bebauung freigehalten wurden.
Fortschreitendes Siedlungs- und Verkehrswachstum führen im Zusammenwirken mit zu erwartenden
Auswirkungen des Klimawandels zu weiteren Verschärfungen der stadtklimatischen und
lufthygienischen Problemlagen im Talkessel, denen mit dem Klimafolgenanpassungskonzepte
vorsorglich entgegengewirkt wird. Komplementär zu den Klimaschutzzielen verfolgt die Stadt Aachen
deshalb auch das Ziel, negative Folgen des Klimawandels zu dämpfen.
Zur Sicherung der besonderen Funktion der Grünfinger ist beabsichtigt, diese und die darüber hinaus
wichtigen klimarelevanten Bereiche im Rahmen der Neuaufstellung des FNP AC*2030 besonders
darzustellen. Die Bereiche, die Frischluft zuführen, sollen als ‘Belüftungsbahnen‘ dargestellt werden,
um ihnen bei zukünftigen Planungen besonderen Stellenwert zukommen zu lassen. Bereiche im
zentralen, innerstädtischen Bereich, die besonderen Belastungen ausgesetzt sind (Stichwort
„Hitzestress“) und damit einen besonderen Schutzanspruch haben, sollen als ‘Schutzbereich
Stadtklima‘ dargestellt werden. Planungen und konkrete Baumaßnahmen, die zukünftig in diesen
Bereichen vorgesehen sind, werden hinsichtlich dieser Thematik besonders zu prüfen sein. Die
Festlegung von konkreten Maßnahmen geht über die Darstellungsmöglichkeiten und der
Regelungsdichte des FNPs hinaus, die Umsetzung von stadtklimatisch wirksamen Maßnahmen wird
dann im nachfolgenden Bauleitplanverfahren oder im Zuge der Realisierung der konkreten
Baumaßnahmen geregelt.
Neuaufstellung des Landschaftsplanes
Anders als der Flächennutzungsplan, der als Instrument der Siedlungsentwicklung und -steuerung
dient, trifft der Landschaftsplan Aussagen über den so genannten Außenbereich, erhält und sichert
Qualitäten und zeigt Entwicklungsziele auf. Bundesnaturschutzgesetz und Landesnaturschutz
Nordrhein-Westfalen definieren die Ziele und die Inhalte des Landschaftsplanes. Die
Landschaftsplanung ist damit das zentrale Planungsinstrument des Natur- und Artenschutzes und der
Landespflege. Als Satzung beschlossen, erreicht der Landschaftsplan mit seiner parzellenscharfen
Abgrenzung einen hohen Verbindlichkeitsgrad.
Bei der Erarbeitung der Inhalte des „neuen“ Landschaftsplanes, der derzeit parallel zum
Flächennutzungsplan Aachen*2030 aufgestellt wird, ist der Abgleich mit den Vorgaben zur
Siedlungsentwicklung und der siedlungsnahen Übergänge in den Landschafts- und Erholungsraum
von besonderer Bedeutung. Zielsetzung für den neuen Landschaftsplan ist hier, über
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Landschaftsräume, Leitbilder und Entwicklungsziele behördenverbindliche Leitlinien im Hinblick auf
den Erhalt und die Sicherung der „Grünfinger“ zu formulieren.
Derzeit wird der Vorentwurf des neuen Planwerks erarbeitet. Das beauftragte Planungsbüro,
Gesellschaft für Umweltplanung und wissenschaftliche Beratung aus Bonn, sowie die Verwaltung
legen dabei größten Wert auf einen Abgleich der konkurrierenden Interessen im Rahmen der
Festsetzungskompetenzen des Landschaftsplanes für den Natur-, Landschafts- und Artenschutz.
Hierbei wird auch das Entwicklungsziel „Klima“ bearbeitet.
Zusammenfassung
Der Erhalt und die Sicherung der Grünfinger ist eine Zielsetzung, die bereits aus der Regionalplanung
herzuleiten ist. Das informelle Planwerk des Masterplan Aachen*2030 formuliert diese weiter aus.
Hieraus ergibt sich eine Zielvorgabe, sowohl für die kommunale Bauleitplanung als auch für die
konkrete städtebauliche Planung. Insbesondere die beiden in der Neuaufstellung befindlichen,
umfassenden Planwerke, der Flächennutzungsplan Aachen*2030 und der Landschaftsplan bilden
zukünftig das Herzstück zum Erhalt und zur Sicherung der Aachener Grünfinger und dienen im
Rahmen der Abwägung zwischen Flächenschutz und –Inanspruchnahme als zentrale Maßgaben.
Hieran lehnen sich weitere informelle Planungen und Konzepte an, die den Erhalt und die Entwicklung
der Grünfinger sicherstellen.
Anlage/n:
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