Daten
Kommune
Aachen
Dateiname
277707.pdf
Größe
1,1 MB
Erstellt
17.11.17, 12:00
Aktualisiert
22.11.17, 06:17
Stichworte
Inhalt der Datei
Der Oberbürgermeister
Vorlage
Federführende Dienststelle:
Gebäudemanagement
Beteiligte Dienststelle/n:
Dezernat I
Fachbereich Recht und Versicherung
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
E 26/0103/WP17
öffentlich
17.11.2017
E 26/00
Sachstand "Revitalisierung Neues Kurhaus"
Beratungsfolge:
Datum
Gremium
Zuständigkeit
22.11.2017
Rat der Stadt Aachen
Entscheidung
Beschlussvorschlag:
1. Der Rat nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
2. Der Rat beauftragt die Verwaltung, mögliche Alternativ-Nutzungen zu untersuchen,
vorzubereiten und aufzuzeigen – mit dem Ziel, komplexe Mehrfach-Nutzungen zu vermeiden.
Die dazu benötigten Finanzmittel werden aus dem bisherigen Projektbudget zur Verfügung
gestellt.
Vorlage E 26/0103/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
Seite: 1/2
Erläuterungen:
s. Anlage
Anlage/n:
Anlage 1
Erläuterungen zum Sachstand „Revitalisierung „Neues Kurhaus“
Anlage 2
Kostenermittlung - Wirkungszusammenhänge
Vorlage E 26/0103/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
Seite: 2/2
Zusammenfassung und baufachliche Bewertung
Am 25.10.2017 hat der Generalplaner Höhler & Partner (H&P) aus Aachen auftragsgemäß die Kostenberechnung (KB) vorgelegt. Damit liegt erstmals überhaupt eine Kostenunterlage vor, die durch eine Entwurfsplanung gem. HOAI (Leistungsphase 3) „verifiziert“, also abgesichert ist.
Die KB schließt ab mit Kosten i.H.v. 38,65 Mio. EUR.
Politik und Öffentlichkeit wurden am 07.11.2017 von dem Sachstand durch den Oberbürgermeister informiert.
Das städtische Gebäudemanagement ist unverzüglich in die Prüfung der umfangreichen Unterlagen
eingestiegen. Die Prüfung der Entwurfsplanung und der Kostenberechnung ist annähernd abgeschlossen.
Je nach Ansatz der verbleibenden Kostenunsicherheiten und der Bauindexkosten schließt die Kostenberechnung ab mit Kosten i.H.v 38 - 40 Mio. EUR.
Als Ergebnis ist Folgendes feststellbar:
A. Auftragsgemäß nicht erstellt wurden darüber hinaus die noch fehlende Genehmigungsplanung
(Lph 4 HOAI) und die Ausführungsplanung (Lph 5 HOAI). Damit verbleiben weiterhin Kostenunsicherheiten von regelhaft rd. 20 % (> „Kostensicherheit durch Planungstiefe“).
B. Der erweiterte Kenntnisstand durch die zahlreichen Vor- und Bausubstanz-Untersuchungen seit
Rückgabe des Objektes in 08/2015 von der Westspiel an E26, sowie die intensive Einbindung
zahlreichen Sonderfachleute (u.a. Statik, Akustik, Bauphysik, Brandschutz, Hygieniker) und
Dienststellen (z.B. Obere Denkmalschutz-Behörde/ LVR) zeigt bisher nicht oder nicht angemessen erkannte, neue Handlungsbedarfe auf, wie z.B.:
Asbest in Putzen,
Außenhülle (Teile Fenster, Fassade),
marode Grundleitungen (Kamera-Befahrung),
Denkmalschutz-Bedarfe („Neu-Entdeckungen“, wie z.B. Wandmalereien, MarmorSäulen),
statische Ertüchtigung von Decken-Bereichen u.ä..
C. Zusätzlich werden weitere Kosten ausgelöst durch
die Mehrfach-Nutzungen (5 (!) Nutzungsbereiche: Westspiel, Gastronomie, EventMuseum, sog. „4. Nutzung“ und allgemeiner Teil (Foyer)), die alle in sich geschlossen
funktionieren müssen und dadurch z.B. neue Innen-Erschließungen (Treppen/ Aufzüge/ Flucht- und Rettungswege) erzwingen und über die Anwendung der Versammlungsstätten-Verordnung zahlreiche technisch komplexe, zusätzliche Anforderungen
im Bereich Lüftung, Sprinkleranlagen und erhöhten Brandschutz auslösen und
die anzusetzenden, real erhöhten Bauindex-Kosten (statt 2% gem. Statistischem
Bundesamt 3 bzw. 4 %), Baunebenkosten (Honorare) und aktivierten Eigenleistungen
des E26. Letztere beiden erhöhen sich automatisch mit steigendem Bauvolumen und
dem damit verbundenen höherem Aufwand.
Vorlage der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
Seite: 2/12
D. E26 kann keine Maßnahmen erkennen, die unter den gegebenen Rahmenbedingungen, wie
dem Konzept der Mehrfach-Nutzungen, der damit verbundenen Anforderungen und den vorliegenden neuen Sanierungsnotwendigkeiten zu Einsparungen i.H. mehrerer Mio. EUR liegen. Ein
spürbares Drücken der Kosten auch nur ansatzweise in Richtung der im Haushalt bereitgestellten 25,5 Mio. EUR ist ausgeschlossen.
Das städtische Gebäudemanagement kann aus rein baufachlicher Sicht nur folgendes Fazit aus den
vorliegenden Erkenntnissen ziehen:
1. Das Konzept, das Gebäude zur Optimierung der Mieteinnahmen mit möglichst vielen Nutzungen
zu belegen, ist gescheitert. Es gilt nunmehr bei der Anzahl der Nutzungen abzuschichten.
2. Bei allen zukünftigen Überlegungen sollte nicht das Gebäude unter kostenträchtigen Zwängen
den potentiellen Nutzungen angepasst werden müssen, sondern vielmehr müssen die Nutzungen zu dem denkmalgeschützten, historischen Gebäude passen.
3.
Nutzungen, die im Untergeschoß und im 1. Obergeschoß die Anwendung der Versammlungsstätten-Verordnung erzwingen und so teure Folgekosten (Lüftung, Sprinkleranlagen, erhöhter
Brandschutz) nach sich ziehen, sind zu vermeiden. Damit scheiden im Grundsatz auch Versammlungen des Eurogress über 100 Personen in diesen beiden Bereichen aus. Büro-, Verwaltungs- und Seminarraumnutzung unterhalb dieser Personenanzahl im ersten OG bleiben möglich. Das Untergeschoss sollte von Nutzungen frei gehalten bzw. als Technik-, Lager- und Archivfläche dienen.
Abermals bestätigt sich,
-
wie sehr sich Änderungen zu einem in einer Machbarkeitsstudie vorgelegten Nutzungs-Konzept
(z.B. von zwei Nutzern auf drei bzw. vier Nutzern) kostenmäßig auswirken,
-
wie wenig ein Eingriff in einer denkmalgeschützten Altbausubstanz vorab prognostizierbar ist,
-
wie notwendig die Erstellung einer konkreten Bedarfsplanung einschl. Nutzerbedarfsprogrammen (NBP) ist, sobald endgültig die Nutzer feststehen,
-
wie wichtig es ist, vor Planungs- und Baubeginn über intensiv durchgeführte Bausubstanz- und
Voruntersuchungen ein klares Bild über den Zustand des Objektes zu erhalten, um daraus die
erforderlichen Handlungsbedarfe seriös ableiten zu können und
-
dass Kostensicherheit nur mit Planungstiefe und der damit einhergehenden Erkenntnistiefe herstellbar ist.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass nach baufachlicher Einschätzung die Sanierung des Neuen Kurhauses auch unter anderen, verringerten Nutzungsanforderungen keinesfalls unter 30 Mio. EUR machbar
ist. Nach den jetzt vorliegenden Erkenntnissen lösen die Sanierungsanforderungen alleine des allgemeinen Teiles (einschl. der Fassade und Fenster) und insbesondere des großen Saales – unabhängig
von der weiteren Nutzung anderer Bereiche – Kosten i.H.v. nicht weit unter 20 Mio. EUR aus.
Die genauen Kostenansätze der einzelnen Nutzungsbereiche werden zurzeit ermittelt.
Vorlage der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
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Das „Gute im Schlechten“:
Faktisch hat der Bau noch nicht begonnen. Von überraschenden „Kostenexplosionen“ während der
Bauabwicklung kann nicht die Rede sein! Dies ist einem professionellen, strukturierten Vorgehen der
Beteiligten zu verdanken.
Von den vorbereitenden Maßnahmen des Dringlichkeitsbeschlusses wurden ausschließlich die ohnehin anstehende Sanierung der Wandmalereien und der Marmorsäulen, sowie der Abriss des LennéPavillons durchgeführt. Alle weiteren Arbeiten wurden gestoppt (so auch die Asbestsanierung).
Insgesamt wurden bisher Kosten i.H.v. 104 TEUR, sowie unvermeidbare Honorare für Planungsleistungen und Untersuchungen i.H.v. 1,6 Mio. fällig.
Erläuterungen:
Vorbemerkungen
1. Machbarkeitsstudie Höhler & Partner (H&P) aus 05/2012:
Im Rahmen der damaligen Machbarkeitsstudie wurde untersucht, wie die durch einen verminderten
Raumbedarf der Westspiel frei werdenden Flächen mit „möglichst geringem Kostenaufwand“ gemeinsam mit dem Eurogress (um)genutzt werden können. Teil der Betrachtung war die Nutzung des
großen Saales als Veranstaltungsfläche – entweder betrieben durch den Eurogress oder durch einen
Dritten, den es damals noch nicht gab und der somit an den Überlegungen auch nicht beteiligt werden konnte. Eingebunden in die Grobbetrachtungen waren die Westspiel und der Eurogress.
Die MS schloss mit einer „groben Kostenbetrachtung“ (Anm.: kein DIN-mäßiger Begriff) i.H.v. rd. 17,0
Mio. EUR brutto ab.
Durch den vorformulierten Minimalansatz der Betrachtung sind dabei folgende Aufwendungen von
vorne herein nicht berücksichtigt worden:
-
Abriss/ Neubau Lenné-Pavillon
Grundinstandsetzung der Fassade,
Energetische Sanierung (einschl. Fenster),
Sanierung der Tiefgarage,
„Unvorhergesehenes“ (keine Risikobetrachtung, keine Betrachtung der Kostenunsicherheiten
durch die nicht vorhandene Planungstiefe) und
der Baupreisindex (= nicht zu vermeidende Baukostensteigerungen).
Ebenso erfolgten im laufenden Spielbetrieb der Westspiel keinerlei (!) Bausubstanz- und Voruntersuchungen zur Risikovorsorge und nur oberflächliche Erstabstimmungen z.B. mit der unteren Denkmalbehörde.
Die Betrachtungstiefe selber war mit keinerlei Planungsleistungen gem. HOAI verbunden und max.
vergleichbar mit der „Grundlagenermittlung“ (Lph 1 HOAI) und sehr geringen Anteilen einer „Vorentwurfsplanung“ (Lph 2 HOAI).
Vorlage der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
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2. Aktualisierung der Machbarkeitsstudie in I./ 2013:
Anfang 2013 wurden die groben Kostenangaben der Machbarkeitsstudie unter Berücksichtigung für
„Unvorhersehbares“ und einem Baupreisindex von rd. 2 % aktualisiert:
a) in 01/2013 legte die NRW.Bank eine „Grobschätzung“ mit Kosten i.H.v. 21,4 Mio. EUR brutto vor,
b) in 02/2013 H&P eine Aktualisierung der Grobkostenschätzung mit Kosten i.H.v. 19,0 Mio. EUR
brutto.
Ergänzungen z.B. durch erste Planungen oder Bausubstanz-Untersuchungen gab es auch hier nicht;
die Alt-Ergebnisse der MS wurden nur hochgerechnet und angepasst.
„Stellschrauben“, die die Kostenangaben jeweils unterscheiden, waren
- die Berücksichtigung von „Unvorhergesehenes“,
- eine Baupreisindexierung von rd. 2 % jährlich, sowie
- die Berücksichtigung von Abriss/ Neubaus des Lenné-Pavillons mit etwa 893.000,- EUR netto.
In keiner der groben Kostenaussage wurde dabei der oben beschriebene „Minimalansatz“ verlassen.
3. Aktuelle Ausgangslage, Vorgehen und Sachstand
Mit Verlagerung des Spielbetriebes der Westspiel vom Neuen Kurhaus in den Tivoli und Übergabe
des Objektes an das städtische Gebäudemanagement am 12.08.2015 fiel die gesamte Instandhaltung des Gebäudes zurück an die Stadt.
Die Zuständigkeit für die Instandhaltung war - abgesehen von der äußerer Hülle (Dach, Fenster, Fassade) - gemäß Alt-Vertrag rd. 40 Jahre auf Westspiel übertragen, was dazu führte, dass dem städtischen Gebäudemanagement wenig aktuelle Erkenntnisse über das Gebäude vorlagen.
Vom städtischen Gebäudemanagement wurden sofort grundlegende Voruntersuchungen der Bausubstanz, Kamera-Befahrungen der Leitungen und statische Untersuchungen beauftragt und alle
identifizierbaren, vorab erbringbaren Leistungen und Gewerke vorbereitet bzw. deren schnelle Umsetzung konzipiert.
Ziel dieser Voruntersuchungen war es, sich frühzeitig - bereits vor und während der Planung - ein
umfassendes Bild von der vorliegenden Bausubstanz zu machen, um so die Überraschungen während der Bauphase zu vermeiden und damit verbleibende Risiken zu minimieren, die insbesondere
beim Bauen im Bestand eines denkmalgeschützten Altbaus erhöht bestehen.
Insbesondere wurden umfangreiche Schadstoff- und statische Untersuchungen durchgeführt und in
Abstimmung mit der unteren Denkmalschutzbehörde der Original-Baustatus weitestgehend festgestellt. Hierbei wurde auch der Asbestbefund identifiziert.
Diese Untersuchungen konnten nicht Bestandteil der vorlaufenden Machbarkeitsstudie aus 2012
bzw. deren Aktualisierungen sein, da Eingriffe in die Bausubstanz bei laufendem Betrieb des
Spielcasinos nicht möglich waren.
Vorlage der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
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3.1 Beschluss Hauptausschuss vom 18.11.2015:
„Die Verwaltung wird beauftragt die Planungsleistungen zur Sanierung des Objektes „Neues
Kurhaus“ auf der Grundlage der priorisierten Nutzungsvariante bis zur Kostenberechnung und
Genehmigungsplanung zu vergeben und den Ausschuss über die Ergebnisse zu informieren.
Nach einer Kostenberechnung sollen die Investitionskosten festgeschrieben werden.
Während der Ausschreibungs- und Planungszeit sind die Mietvertragsverhandlungen zu führen
und abzuschließen, so dass danach ein Ausführungsbeschluss im Rat erfolgen kann.
In die Planungen und Kostenberechnungen einbezogen werden soll auch das ehemalige Automaten-Casino. Denkbar wäre hier zum Beispiel die Nutzung als Veranstaltungsraum für die
Aachener Clubszene.“
3.2 Bedarfsdefinition/ -planung gem. DIN 18205 zur Feststellung der Nutzerbedarfe
Grundlage jeder Planung ist die Definition des Bedarfes. Der Bauherr muss wissen, was gebaut
werden soll. Die aufwändige Bedarfsplanung (sog. Leistungsphase „0“) mit Aufstellung der Raumund Funktionsprogramme von
Westspiel (= Spielcasino),
Explorado (=Eventmuseum) und
Maison van der Boer/ MvdB (=Gastronom)
konnte im Dez. 2016 (mit Nachbearbeitung bis in 03/2017) mit Benennung der Bedarfe durch die
Nutzer fertiggestellt werden.
Insbesondere wurden hier die Nutzungen abgestimmt, festgelegt und deren Schnittstellen und Abgrenzungsbereiche definiert. Eine sog. „4. Nutzung“ zur Stärkung der Aachener Clubszene kam
nachträglich dazu.
Herausforderung war hierbei, die nutzungsunabhängigen, von der Stadt zu erbringenden Leistungen von den „nutzungsspezifischen“ Leistungen zu unterscheiden, die von den Nutzern zu erbringen sind – insbesondere, da dies in der Praxis im Detail nicht immer konsequent möglich ist.
Die vorhandene Netto-Raumfläche von rd. 10.000 m² teilt sich nach der Planung wir folgt auf:
Flächen:
Westspiel:
Gastronomie:
maximale Nutzerzahl (Personen):
ca. 2.700 m²
ca.
900 m²
1.250
800 + 200 (Galerie) + 100 Veranst. Rm
Außenterrasse:
ca.
400 m²
350
Kunst-Event:
ca. 1.820 m²
800
Allgem. Nutzung:
ca. 3.700 m²
---
„4. Nutzung“:
ca.
500
Gesamt:
ca. 10.000 m²
480 m².
4.000 Pers.
Diese maximale Personenzahl wurden nicht zur Dimensionierung der technischen Anforderungen
herangezogen, sondern nur die im Regelfall zu erwartende.
Vorlage der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
Seite: 6/12
Die Bedarfsplanung diente als Grundlage für die EU-weite Ausschreibung eines Generalplaners
(GP), die im Januar 2017 unmittelbar nach Fertigstellung der Bedarfsplanung erfolgte.
Vier Büros haben Interesse an dem Planungsauftrag bekundet, zwei haben ein Angebot abgegeben, einer davon ist abgesprungen. Der Auftrag wurde Ende Mai 2017 an das Büro Höhler & Partner vergeben.
3.3 Erstellung der Entwurfsplanung und Kostenberechnung (Lph 3 HOAI)
Mit der Vergabe der Planung an Höhler & Partner als Generalplaner Ende Mai 2017 sah das städtische Gebäudemanagement die Kontinuität der weiteren Planungsabwicklung als gesichert an, da
das Objekt H&P aus der Studie bekannt war und so eine langwierige Einarbeitung entfallen konnte.
Die konstituierende Planungssitzung erfolgte am 29.05.17. Die Planungen wurden zum Zwecke der
Qualitätssicherung eng von E26 als fachkundiger Bauherr begleitet. Aufgrund der extrem engen
Terminplanung erfolgten die weiteren Planungsrunden wöchentlich.
Die komplexen Nutzerabstimmungen und deren Funktionsabgrenzungen machten zahlreiche detaillierte Vorabsprachen zur Genehmigungsfähigkeit mit z.B. Bauaufsicht, Feuerwehr, Denkmalschutz und Veterinäramt der Städteregion, sowie die Einschaltung zahlreichen Sonderfachleuten
erforderlich.
Nach nur 4 1/2 Monaten hat H&P am 25.10.2017 die Entwurfsplanung mit Kostenberechnung (KB)
vorgelegt. Damit sind die Planungen für die Leistungsphasen 1-3 (Grundlagenermittlung, Vorentwurfsplanung, Entwurfsplanung) auftragsgemäß abgeschlossen.
Die Kostenberechnung endet mit Gesamtkosten i.H.v. rd. 38, 65 Mio. EUR
Je nach Ansatz der zu berücksichtigenden Kosten für Baupreisindex und verbleibenden Unsicherheiten Schwanken die Kosten zwischen 38 und 40 Mio. EUR.
Erstmals überhaupt liegt damit eine von Planungen hinterlegte, sog. „verifizierte“ Kostengrundlage
vor!
Zu berücksichtigen ist dabei, dass z.B. der Bund in seinem Endbericht der Reformkommission „Bau
von Großprojekten“ (06/2015), sowie der Städtetag NRW in seinem Positionspapier zum kommunalen Bauen (12/2015) herausstellen, dass „die zu frühzeitige Bezifferung der Baukosten ohne Belastbare Planungen“, sowie „eine ungenaue Ermittlung des Bedarfs und die die unzureichende Berücksichtigung der Besonderheiten im Projekt zu kostenträchtigen Änderungen führen müssen“ und
Fehlentwicklungen sind.
Die umfangreichen Unterlagen zur Entwurfsplanung und KB werden z.Zt. vom Gebäudemanagement intensiv geprüft. Die Prüfung ist noch nicht vollständig abgeschlossen.
Ebenso wurde eine Vorprüfung einer „4. Nutzung“ auf grundsätzliche Machbarkeit abgeschlossen,
in der Grundannahmen zu treffen waren, die mangels Nutzerzuschlag noch nicht konkret abgestimmt werden konnten.
Vorlage der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
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3.4 Erkenntnisse aus den Bausubstanz- und weiteren Voruntersuchungen vor und während
der Planung
Zusätzliche Handlungsbedarfe in den Bereichen
- Denkmalschutz (Wandmalereien, Marmorsäulen, Lichtkunst),
- Brandschutz (komplexe Sonderlösungen, zusätzliche TH zur Entfluchtung, Sprinkleranlagen, Genehmigungsfähigkeit)
- Schadstofffunde (Asbest in Putzen und Spachtelmassen, 21.000 m² Wandputz und 5.000 m² Deckenputz.)
- Betriebsausstattung (nicht zu haltende Kücheneinrichtung)
- Ermöglichung der sog. „4. Nutzung“,
- Ermöglichung der zu tragenden Deckenlasten bei erhöhten Anforderungen
konnten durch intensive Voruntersuchung frühzeitig nach Übernahme des Objektes identifiziert
werden.
3.5 Sachstand Umsetzung der vorbereitenden Maßnahmen (Dringlichkeitsbeschluss vom
18.07.2017)
Im o.g. Dringlichkeitsbeschluss wurde dargelegt, dass zur Stabilisierung der engen Terminschiene
die durch die Bausubstanzuntersuchungen neu erkannten Handlungsbedarfe in die Gesamtterminplanung einzureihen sind, insbesondere um das Risiko von Bauzeitverzögerungen zu minimieren.
Unabhängig von jeglicher zukünftigen Nutzung könnten bereits vorab zwingend erforderliche Herrichtungs-, Abbruch-, Entsorgungs- und andere vorbereitende Arbeiten durchgeführt werden.
Hierbei handelt es sich um folgende Gewerke und Leistungen:
- Abbruch Lenné-Pavillon (ca. 30.000 €),
- Baustelleneinrichtung (ca. 75.000 €),
- Sanierung Wandmalerei und Naturstein/ Marmorsäulen (aktuell 100 TEUR).
- Rückbau der 40 Jahre alten technischen Anlagen und Einrichtung im Untergeschoss
ca. 100.000 €),
- Sanierung der asbesthaltigen Putz- und Spachtelmassen (aktuell 1,78 Mio. EUR)
Die Beauftragung dieser vorzuziehenden Leistungen deckte sich bis dahin nicht mit der Beschlusslage, sondern wurde erst mit dem Dringlichkeitsbeschluss abgedeckt.
Ziel war dabei die Möglichkeit zu sichern, die Maßnahme zügig umzusetzen und die enge Terminplanung nicht zu verzögern.
Bisher sind insg. lediglich 104 TEUR für Vorleistungen verausgabt/ beauftragt. Es fallen Honorarkosten i.H.v. 1,6 Mio. an.
Hierzu gehören die Sanierung der Wandmalereien und der Marmorsäulen (Auflage Obere Denkmalschutz-Behörde), sowie der ohnehin vorgesehene und nun durchgeführte Abriss des LennéPavillon.
Vorlage der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
Seite: 8/12
Alle weiteren Arbeiten sind zwar detailliert vorbereitet und standen kurz vor Durchführung, sind aber
gestoppt. So wurde mit der Entfernung der asbesthaltigen Wandputze nicht begonnen.
3.6 Aktualisierung der Berücksichtigung des Baupreis-Index
Das Budget von 21,3 Mio. EUR (2014) wurde bisher auf eine Realisierung des Bauvorhabens bis
2017 ermittelt.
Seit 2014 wird bei städtischen Neubauvorhaben über 1,0 Mio. EUR in Aachen der sog. „BaupreisIndex“ als Preissteigerung zwischen der Abgabe der Kostenunterlage und dem Errichtungszeitraum
in Abstimmung mit der Finanzsteuerung pauschal (nur) mit 2 % berücksichtigt.
Bei zurzeit „heiß gelaufener“ Baukonjunktur reicht dies nicht aus, um die realen Baupreissteigerungen am Markt aufzufangen.
Gemäß statistischem Bundesamt sind die Preise z.B. von 08/2016 zu 08/2017 um rd. 3,0 % (Hochbau) bzw. 3,5 % (TGA) gestiegen – mit weiter zunehmender Tendenz. In 2018 rechnen Experten
bereits mit einer durchschnittlichen Steigerung von 4 %.
Bei einer durchschnittlichen Indexsteigerung von 3,25 % p.a. ergibt sich bereits die Notwendigkeit
einer Preisanpassung von ca. 2,769 Mio. EUR (= 24,7 Mio. EUR).
4. Sachstand der Verhandlungen mit den potentiellen Nutzern und Termine
Begleitend zur planerischen Abstimmung wurden die Vertragsverhandlungen geführt mit
a) Westspiel – im Wesentlichen vorgegeben durch die auch seitens des Rates bestätigten „Vorverträge“; einer vertraglichen Bindung steht aus Sicht von Westspiel die derzeit noch bestehende Ungewissheit über eine Verlängerung der Konzession entgegen (Geschäftsgrundlage).
b) Mock O´Hara GmbH – auf der Grundlage der im Hauptausschuss der Stadt Aachen erfolgten
Vorstellung, sowie der auch bereits mit dem Vorinteressenten erarbeiteten Eckdaten, aber verknüpft mit der Klärung noch offener Fragen (z.B. Ausstiegsklausel).
c) dem nunmehr eigenständigen Vertragspartner, der ebenfalls in der Hauptausschusssitzung
genannte Gastronom (Maison v.d. Boer), der weiterhin Interesse signalisiert, aber lediglich die
Bereitschaft zur Abgebe eines „Letter of Intent“ erklärt hat.
Vorgesehen waren drei eigenständige Mietverträge, die allerdings aufeinander abgestimmt werden
sollten, um die Idee der Gesamtkonzeption auch wirksam zu verknüpfen.
Auf der Basis von mehreren gemeinsam mit den potentiellen Partnern geführten Gesprächen wurden Vertragsentwürfe erstellt und mehrfach überarbeitet, aus den vorstehend skizzierten Gründen
letztlich jedoch ohne bisher einen abschließenden Konsens zu erzielen. Das ursprünglich angestrebte Ziel, während der Sommerpause die finalen Vertragsentwürfe auszutauschen und für den
Herbst 2017 beschlussfähig zu gestalten, konnte somit nicht eingehalten werden.
Vorlage der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
Seite: 9/12
Vor dem Hintergrund der aktuellen Erkenntnisse sind auch die seinerzeit kalkulierten Mieten bei weitem nicht mehr als auskömmlich zu bezeichnen.
Mit dem neuen Sach- und Erkenntnisstand wurden am 07.11.17 alle weiteren Überlegungen zur
Umsetzung des zur Zeit vorliegenden Nutzungskonzeptes gestoppt.
Damit „kippt“ auch die bisherige Terminschiene mit geplanter Nutzungsübergabe im Mai 2020.
Das Projekt benötigt nun einen „Neustart“.
Mit dieser Berichterstattung zum Sachstand der Mitvertragsverhandlungen gilt der Antrag der Fraktion GRÜNE vom 06.11.2017 zur Tagesordnung für diese Ratssitzung zugleich als erledigt.
Vorlage der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
Seite: 10/12
Zusammenfassung Kostenänderung
Kostenentwicklung "Revitalisierung Neues Kurhaus"
Ausgangsbudget Machbarkeitsstudie alle Angaben brutto
Kostenermittlung Stand 2014
21.520.737 €
abzüglich aktivierte Eigenleistung
-642.553 €
20.878.184 €
Kostenänderung
Asbestsanierung
1.781.000 €
Wiederaufbringen Wandoberflächen
197.000 €
Restaurierung Wandmalerei und Freilegen Naturstein
100.000 €
Zusätzliche Maßnahmen Denkmalschutz
210.000 €
Abbruch und Neubau Treppenhäuser großer Saal
262.000 €
Brandschutz
149.000 €
interne Treppen zur Erschließung
81.000 €
Glaskubus Terrasse
57.000 €
Fassade
1.576.000 €
Reduzierung durch Entfall Glasdächer
181.000 €
Statik
191.000 €
Außenanlagen
300.000 €
Entfall Neubau Lenné
-893.000 €
4.Nutzungseinheit im Untergeschoss
1.035.000 €
Zugangskontrolle elektronisch
55.000 €
Herrichten und Erschließen TGA
-1.000 €
Abwasser, Wasser, Gasanlagen 410
366.000 €
Wärmeversorgungsanlagen 420
-6.000 €
Lufttechnische Anlagen 430
128.000 €
Starkstromanlagen 440
1.213.000 €
Fernmelde- und Informationstechnische Anlagen 450
Förderanlagen 460
-23.000 €
2.000 €
Gebäudeautomation 480
553.000 €
zusätzliche bauliche Maßnahmen für TGA
1.222.000 €
Anpassung Baupreisindex an tatsächliche Marktentwicklung
532.896 €
Baupreisindexsteigerung 4% (2017 nach 2018)
370.756 €
Anpassung Baunebenkosten (KG700)
2.786.000 €
Summe Kostenänderung
12.425.652 €
Kostenansatz ohne aktivierte Eigenleistungen
33.303.835 €
zzgl. 5,5% aktivierte Eigenleistungen
1.831.711 €
Gesamtkosten Stand 10/ 2017
35.135.546 €
10% verm. Zuschlag für Kostenvarianz KB
3.513.555 €
Gesamt: rd.
38.650.000
Vorlage der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 17.11.2017
Seite: 11/12
Spielbank, Eurogress, Allgem. Teil (AT)
Grobabstimmungen
Grobabstimmungen
nicht erstellt
keinerlei Planung nach HOAI, Studiencharakter
allgem. anerkannt: 40 %, im Altbau wesentl. höher
nachträglich mit 2% p.a. bis 2017
gebäudespez. ohne Substanzuntersuchung nicht mögl. X
5. Anzahl Nutzungsbereiche
6. Abstimmungen Nutzer
7. Bedarfsklärung/ -definition
8. Raum- und Funktionsprogramm
9. Planungstiefe (Lph HOAI)
10. Kostenunsicherheit
11. Berück. Baupreisindex
12. Risikoerkennung
Ausdruck vom: 17.11.2017
pauschal 5-stellig
16. Entgeld/ Honorar
Seite: 12/12
vorgegeben gem. HOAI, hier: 7-stellig
Grundsatz: Kostensicherheit wird durch Bedarfsklarheit und Planungstiefe erzeugt!
X
nein
15. Einbindung übergeord. Behörden
LVR /obere Denkmalschutzbehörde
Bauaufsicht, Feuerwehr, Denkmalschutz, Grünplanung
X
Grobabstimmung eher allgmeiner Inhalte
14. Abstimmung städt. Dienststellen
X
E26/ Scha
X
X
X
X
X
Hochbau, Technik, Statik, Akkustik, Bauphysik,
Sachverständige (Schadstoffe, Kunst), Restauratoren
X
gering(er)
X
X
X
X
X
hoch
Restrisiken gem FinMin NRW 5% pauschal (n. berück.)
laut Stat. Bundesamt bis zu 4 % und mehr
X allgem. anerkannt: 20 %
Lph 1-3, Grundlagenermittlung, Vorentwurf, Entwurf
X
X
Leistungsphase "0" mit Bedarfsplanung
X
detaillierte Raumbücher mit Ausstattungsbeschreibung
Abstimmungen über Anforderungen und Schnittstellen
Spielbank, Gastronom, Eventmuseum, Club, AT
möglich, da leeres Haus
erstmalig "verifizierte" Kostenunterlage
Gem. DIN Grundlage 1. für die erforderliche
Finanzierung und 2. ob Genehmigungsplanung erstellt
bzw. Bau durchgeführt werden soll
Stadt Aachen, Gebäudemanagement
Entwurfsplanung 2017 (=Kostenberechnung)
X
gering(er)
13. Einbindung weiterer Fachingenieure Hochbau, Technik
X
nicht möglich, da laufender Betrieb
4. Bausubstanzuntersuchungen
X
grundsätzl. Machbarkeit/ Möglichkeit, Vorüberlegungen
Erstellung einer Grundlage zur Entscheidung, ob in die
Planung eingetreten werden soll (erste grobe
"Programmkosten")
2. Anlass
3. Ziel
Stadt Aachen, Eurogress
1. Auftraggeber
ohne
Machbarkeitsstudie 2012 (=Kostenrahmen)
hoch
Grundsatzvergleich Machbarkeitsstudie - Entwurfsplanung
ohne
Vorlage der Stadt Aachen
ANLAGE 1: Kostenermittlungsstufen bei Bauvorhaben:
Wirkungszusammenhänge, Systematik, Möglichkeiten und Grenzen
Baukostenplanung und -steuerung – Grundlagen und
Wirkungszusammenhänge
Bauwerke unterscheiden sich von den meisten anderen Wirtschaftsgütern wesentlich:
- sie stellen i.d.R. Unikate dar,1
- die „Fertigungsbedingungen“ unterliegen erheblichen externen Einflüssen,
- die Planungs- und Realisierungsprozesse sind insbesondere für größere
Hochbaumaßnahmen sehr komplex und langwierig,
- die Nutzungs- bzw. Betriebsphasen von mehreren Jahrzehnten - z.T. über 100
Jahren - sind sehr langfristig,
- es werden vorab zur Erkenntnissammlung keine „Prototypen“ erstellt,
- alle Kostenbetrachtungen in der Projektvorbereitungs- und -planungsphase
werden auf der Grundlage von Erkenntnissen, die aus anderen, ähnlichen
(aber nicht gleichen) realisierten Baumaßnahmen gewonnen wurden,
angestellt.
Die Einzigartigkeit baulicher Anlagen und die Notwendigkeit der Extrapolation bzw.
Prognose von Kostendaten über große Zeiträume stellt eine besondere Herausforderung
an die mit der Kostenplanung für Bauprojekte befassten Fachleute dar.
Jede Art der Kostenermittlung ist Prognose in die Zukunft und somit mit Kostenprognose
bleibt maximal
Ungenauigkeiten behaftet. Eine Kostenprognose bleibt maximal eine gute Annäherung! gute Annäherung!
Hilfestellung gibt hier das Baukosten-Informationszentrum der deutschen
Architektenkammern (BKI), welches alljährlich aufgrund real abgerechneter
Bauvorhaben unterschiedlichster Gebäudefunktionsgruppen Baukosten-Kennwerte mit
zeitlichen Verzug zur Verfügung stellt (=“BKI-Wert“).
Die DIN 276 „Kosten im Bauwesen“ unterscheidet im Verlauf des Projektfortschritts fünf
Kostenermittlungsstufen, die in der Kostenprognose durch steigenden Erkenntnisgewinn
grundsätzlich zunehmend sicherer werden:
1.
2.
3.
4.
5.
Kostenrahmen,
Kostenschätzung,
Kostenberechnung,
Kostenanschlag (bepreiste Leistungsverzeichnisse) und
Kostenfeststellung.
5 Ermittlungsstufen
mit steigendem
Erkenntnisgewinn
und
Genauigkeitsgrad
Es ist für die fachliche und übergeordnete Entscheidungsfindung in Verwaltungsvorstand
und Politik und deren Kommunikation von grundlegender Bedeutung, dass
1. künftig alle Aussagen über Kosten eindeutig und unter Verwendung nur der
Begriffe dieser Kostenermittlungsstufen zugeordnet werden und
2. das Bewusstsein über die damit jeweils verbundenen möglichen
Kostengenauigkeiten und -risiken allgemein präsent ist.
1
Auf Grund der Standortgebundenheit trifft dieses selbst auf typisierte Bauwerke zu, da der Grund und Boden, auf dem
ein Bauwerk steht oder errichtet werden soll immer einzigartig ist.
1
Grundlegende
Bedeutung für
Entscheider:
Ermittlungsstufe
und damit verbundene Ungenauigkeit!
Die Kosten für bekannte bzw. definierte Leistungen können nur mit einer von der
Planungstiefe abhängigen Genauigkeit prognostiziert werden. Ist die benötigte Leistung
nicht bekannt, können auch die zugehörigen Kosten nicht ermittelt werden. Dadurch
entsteht eine sog. „Kostenvarianz“: 2
Leistung
unbekannt =
Kosten
unbekannt!
den Planenden wird aufgrund der mit einem Bauvorhaben verbundenen Unwägbarkeiten
und dem Prognosecharakter von Kostenermittlungen in Wissenschaft und
Rechtsprechung ein Toleranzrahmen zugebilligt, innerhalb dessen Abweichungen der
tatsächlichen Kosten von den vorher ermittelten Kosten noch keinen Mangel der
Leistung darstellen.
Der in der nachfolgenden Abbildung dargestellte trichterförmige Verlauf des
Toleranzrahmens spiegelt (idealisiert) den Erkenntnisgewinn im Planungsfortschritt
wieder.
Kostensicherheit durch Planungstiefe!
Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
Lph "0"
Lph 1 (2%) Lph 2 (7%) Lph 3 (15%) Lph 4 (3%) Lph 5 (25%) Lph 6 (10%) Lph 7 (4%) Lph 8 (32%) Lph 9 (2%)
Bedarfsermittlung
Grundlagenermittlung
Entwurfsplanung
Vorplanung
Genehmigungsplanung
Ausführungsplanung
Vorbereitung
Vergabe
Mitwirkung
Vergabe
Bauüberwachung/ Dokum.
Objektbetreuung
+-20 %
Abb. 1: Toleranzgrenzen der Genauigkeit von Baukostenangaben im Projektfortschritt
(Ergebnis Lph 8)
(Ergebnis Lph 7)
Kostenanschlag
Kostenfeststellung
nur 50% der Kostenvarianz wird berücksichtigt!
(Ergebnis Lph 3)
(Ergebnis Lph 2)
0%
20 %
40 %
+-30 %
Kostenschätzung
Kostenrahmen
(Ergebnis Lph "0")
+-40 %
+-10 %
Kostenberechnung
60 %
80 %
Korridor der Genauigkeit von Baukostenangaben (jurist. durchgeklagter Toleranzrahmen)
3
Die Kostenvarianz ist nicht auf geänderte oder zusätzliche Leistungen zurückzuführen,
sondern hat ihre Ursachen im Prognosecharakter der Kostenermittlung, sowie den
prozessbedingten Unschärfen der Planung.
„Kostenvarianz“
Durchgesetzt hat sich in der Baufachwelt, dass „nur“ 50% der möglichen Spannbreite als = Kostenunschärfen einer
Kostenvarianz in die Darstellung der jeweiligen Kostenermittlungsstufe eingeht (s.o.).
Daher ist es berechtigt und erforderlich, diese Kostenvarianz zukünftig in die
Kostenermittlungen
einzubeziehen,
um
zumindest
die
„systembedingten“
Kostenunschärfen einer Prognose im Entscheidungsprozess transparent zu machen.
2
Abweichung der prognostizierten von den tatsächlichen Kosten. Im Planungsstadium kann diese Abweichung nur im
Sinne eines Genauigkeitsgrades eingeschätzt werden.
3
Bürgerschaftsdrucksache 20/6208 v. 04.12.12: „Kostenstabiles Bauen – Fortentwicklung des öffentlichen Bauwesens“,
S. 11
Quelle der Zahlenwerte: Kochendörfer/ Liebchen/ Viering: „Bau-Projektmanagement. Grundlagen und
Vorgehensweisen“, 2010
2
Prognose
Systematik der Kostenermittlung nach DIN 276 („Kosten im Bauwesen“)
Kostenermittlungsstufe 1 (durchschnittlich 40 % Kostenvarianz möglich):
– Der Kostenrahmen (KR)
bildet die Projektidee zum frühen Projektzeitpunkt ab - auf Grundlage einer Bedarfsplanung
gem. DIN 18605 bzw. Anteilen der „Grundlagenermittlung“ (Lph 1 HOAI). Im KR werden
grundsätzliche Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsüberlegungen angestellt und erste grobe
Kostenannahmen getroffen.
Die Kosten werden auf Grundlage von Erfahrungs- oder pauschalen Kosten-Kennwerten (z.B.
Euro/m² Gebäudefläche) ermittelt, ohne dass dem weitere Planungen vorangegangen sind.
Daher sind sehr hohe Kostenabweichungen und -risiken möglich.
Kostenermittlungsstufe 2 (durchschnittlich 30 % Kostenvarianz möglich):
– Die Kostenschätzung (KS)
ist eine nur überschlägige Kostenermittlung, der die Ergebnisse der „Vorentwurfsplanung“
(Leistungsphase 2 HOAI), Mengenschätzungen, Skizzen, erläuternde Angaben zu den
planerischen Zusammenhängen, Vorgängen und Bedingungen sowie Angaben zum
Baugrundstück und zur Erschließung zugrunde liegen. Die Kostenansätze sind bis zur ersten
Kostengliederungsebene zu detaillieren (7 Hauptkostengruppen).
Die Kostenschätzung dient als eine Grundlage für die Entscheidung über die Fortführung des
Projektes. Hohe Kostenabweichungen und –risiken bleiben möglich.
Kostenermittlungsstufe 3 (durchschnittlich 20 % Kostenvarianz möglich):
– Die Kostenberechnung (KB)
ist eine Kostenermittlung auf Grundlage der „Entwurfsplanung“ (Leistungsphase 3 HOAI; ihr
liegen durchgearbeitete Entwurfszeichnungen sowie Mengenermittlungen und für die
Berechnung und Beurteilung der Kosten relevante Erläuterungen zugrunde.
Die Kostenberechnung ist die erste sog. „verifizierte“ Kostenermittlungsstufe und dient - als Teil
der Vorlage zum Baubeschluss - als Grundlage für die weitere Entscheidung über die
Fortführung des Projektes. Die Kostenansätze werden bis zur zweiten Gliederungsebene
differenziert (Aufteilung in „Bauelemente“).
Mittlere Kostenabweichungen und -risiken bleiben möglich.
Kostenermittlungsstufe 4 (durchschnittlich 10 % Kostenvarianz möglich):
– Der Kostenanschlag (KA) (=bepreiste Leistungsverzeichnisse)
ist die Zusammenstellung der rechnerisch geprüften Angebote. Ihm liegen die fertig gestellte
Ausführungsplanung, Leistungsbeschreibungen, Angebote, ggf. bereits erteilte Aufträge und
entstandene Kosten zugrunde.
Je größer der Anteil an den Gesamtkosten ist, der durch Angebote, erteilte Aufträge und bereits
entstandene Kosten belegt ist, desto näher kommt die Summe der im Kostenanschlag
zusammengetragenen Kosten an die Realisierungskosten (Kostenfeststellung) heran. Der KA
wird bis in die dritte Gliederungsebene gegliedert (konkrete „Leistungsbeschreibungen“). Es
sind nur noch geringe, Kostenabweichungen (Insolvenzen, technische Risiken, Witterung, allg.
Termin- u. Änderungsrisiken) möglich.
Kostenermittlungsstufe 5:
– Die Kostenfeststellung (KF)
ist eine Kostenermittlung auf Grundlage der tatsächlich entstandenen Kosten, geprüften
Abrechnungsbelege (Rechnungen, Abrechnungszeichnungen etc.) und ausgeführten Massen
und Mengen. Sie dient zum Nachweis der entstandenen Kosten sowie gegebenenfalls zu
Vergleichen und Dokumentationen.
3
Mit fortschreitender Planungstiefe können also die für den Projekterfolg notwendigen
Bauleistungen tiefer und somit die Baukosten zunehmend exakter ermittelt werden. Die
Unsicherheiten bei der Kostenermittlung nehmen durch die Verfeinerung der Planung
und dem damit verbundenen Erkenntnisgewinn über die verschiedenen
Kostenermittlungsstufen ab.
Nicht verifizierte Kostenaussage. Nur vorläufiger Aussagewert – dem Bearbeitungsstand entsprechend. Mehrkosten sind gem. RH keine „Kostensteigerungen“
KB = Grundlage
Baubeschluss
Mehrkosten ab Vorlage „verifizierter“ KB =
Kostensteigerungen (aber: 20% „Varianz“+Ris)
Abb. 2: Kostenermittlungsstufen mit fortschreitend detaillierteren Bezugsgrößen im Projekt-/
4
Bearbeitungsfortschritt
Fakt ist: Kostensicherheit wird nur durch frühe Bedarfsklarheit und Planungstiefe Kostensicherheit
erreicht; Diese wiederum bedürfen im geforderten ganzheitlichen Ansatz eine durch Planungseingehende Befassung der Politik, des Vorstands, der bestellenden Verwaltung tiefe!
(Bedarfsträger), der Bau umsetzenden Verwaltung (Realisierungsträger) und der Planer
mit der Aufgabenstellung und den projekt-/ objektspezifischen Notwendigkeiten und
damit das Einräumen eines dafür angemessenen Zeitraumes.
4
https://de.wikibooks.org/w/index.php?curid=62704, Stand: 23.03.2016, 20:18
4
Daraus folgt:
1. Ist Schnelligkeit notwendig und wird damit der angemessene Zeitraum für die
baufachliche Bearbeitung einschränkt, muss das Risiko größerer Kosten- und
Terminunsicherheiten hingenommen werden!5
2. Ist Kostensicherheit gefordert, muss der baufachlich und projektspezifisch
notwendigen Bearbeitungs-Zeitraum eingeräumt werden!
Schnell oder
gründlich –
Zeitdruck
beschränkt
Qualität!
So stellen Rechnungshöfe regelmäßig fest: Zeitdruck beschränkt Qualität!
„Die Notwendigkeit, vor der Entscheidung über ein Bauvorhaben
größtmögliche Klarheit über dessen Umfang und Kosten zu erreichen, steht
oftmals hinter dem Ziel zurück, möglichst schnell, auch unter politischem
Druck hin, mit dem Bauprojekt beginnen zu wollen bzw. zu sollen.
Mit der dann notwendig werdenden späteren Konkretisierung der
Baumaßnahme erst nach Bewilligung oder erst baubegleitend werden
Kostenabweichungen unvermeidbar.“6
Keine der Leistungsphasen der HOAI kann aus Zeitgründen ausgespart oder verkürzt
werden ohne eine Erhöhung der Kostenrisiken zu erzeugen.
Und selbst mit dezidierter Planung können unvorhersehbare Risiken nicht
ausgeschlossen werden!
Ohne tiefgehende Planung und zunehmenden Erkenntnisgewinn (Bedarfs-, Vorentwurfs-, Entwurfs- und ggf. Ausführungsplanung) ist keine Kostensicherheit erreichbar!
Kostensteigerungen können viele Gründe haben. Bei einer Analyse von
Kostenentwicklungen ist empfehlenswert, zwischen den folgenden Ursachen für
Kostensteigerungen zu differenzieren:
– Mangelnde Rollen- und Aufgabenklarheit: innerhalb der Projektorganisation bzw. abwicklung - insbesondere zwischen dem sog. „Bedarfsträger“ (bestellender
Fachbereich/ FB, der den mit dem Bau gewollten Nutzungen fachlich am nächsten
steht) und den städtischen Gebäudemanagement als sog. „Realisierungsträger“
(bauausführender Fachbereich/ technischer Dienstleister, „Architekturbüro der Stadt“).
– Mangelnde Bedarfsklarheit: trägt erheblich zu Kosten- und Terminunsicherheit bei. Da
am Anfang jeder Projektentwicklung die Kosten am stärksten zu beeinflussen sind, ist
die Bedarfsklärung durch die Erstellung einer sog. „Bedarfsplanung“ nach DIN 18205
mit Nutzer-Bedarfsprogramm (NBP), sowie Raum- und Funktions- und
Ausstattungsprogramm eine Grundsatzforderung.
Die Bedarfsdefinition und -klärung ist Kernaufgabe des Trägers dieses Bedarfs
(=Bedarfsträger-Aufgabe). Bleiben Bedarfsunklarheiten bis zur Bauplanung oder gar ausführung bestehen, werden Fehlerkorrekturen unverhältnismäßig teuer, da dies zu
kostenträchtigen Änderungen führt.
5
6
Beispiel: Flüchtlingsunterbringung
hier Beispiel: Rechnungshof Hamburg: “Sonderbericht Kostenstabiles Bauen” v. 08.07.2010, S. 26
5
Ursachen
für Kostensteigerungen
– Kostenrisiken: treten ein, wenn Kosten für Leistungen anfallen, deren Erfordernis nicht
vorhersehbar war (z.B. Risiken durch Insolvenz des Auftragnehmers und höhere
Gewalt) oder deren Eintrittswahrscheinlichkeit und/oder Kostenauswirkungen nicht
exakt ermittelbar waren (z.B. Baugrundrisiko und Bausubstanzrisiko). Risiken darf man
nicht ignorieren, man muss sie steuern!
– Plan- bzw. Bausolländerungen: führen zu Kosten für zusätzliche Leistungen und
ergeben sich z.B. durch Modifikation technischer oder rechtlicher Vorschriften, neue
Zielvorgaben zu Standards oder Projektanforderungen o.ä..
– Bauplanungs- und –ausführungsfehler: verursachen Kosten für geänderte oder
zusätzliche Leistungen. Gemäß Prüfungen der Rechnungshöfe häufigste
Fehlerursache.
– Preissteigerungen: werden durch Inflation oder andere Marktpreisentwicklungen
(Baupreisindex) verursacht. Die Bundesbauverwaltung rechnet hier grundsätzlich mit
3% p.a.; das Gebäudemanagement Aachen stellt in Abstimmung mit der
Finanzsteuerung für mehrjährige Neu-, Um- und erweiterungsbauvorhaben > 1 Mio.
EUR seit 2014 einen verminderten Wert von 2% p.a. ein.
– Weitere, z.B. baufachfremde Eingriffe und Vorgaben, wie z.B. fachfremde, politisch
motivierte Termin- und Kostenvorgaben.
Die Rechnungshöfe haben verstanden:7
„Baumaßnahmen sind je nach Art und Umfang mehr oder weniger komplexe
Vorhaben, deren Kosten nicht mit 100%iger Genauigkeit vorherbestimmt
werden können.
Von der Bedarfsplanung über die Vor- und Entwurfsplanung sowie die
detaillierte Ausführungsplanung bis hin zur Abrechnung des Bauvorhabens
können sich die Kosten verändern. Kostenabweichungen sind somit zum Teil
systemimmanent und Kostensteigerungen daher differenziert zu betrachten.
So entwickeln sich Kostendarstellungen im Zuge der Vorbereitung und im
Spannungsfeld von Fachlichkeit, Wünschenswertem und Wirtschaftlichkeit
erst zum abschließend genannten Wert.
Sie können daher nicht als Bezugsgröße für Kostensteigerungen
herangezogen werden. Bis zur Kostenberechnung … sind sich
ergebende „Mehrkosten“ also nicht im eigentlichen Sinne
Kostensteigerungen.
Die Erkenntnisse aus der fortschreitenden Bearbeitung einschließlich der
damit genauer möglichen Kostenangaben fließen in die HaushaltsunterlageBau (Anm.: = Vorlage Baubeschluss) ein und sind Erkenntnisstand für Senat
und Bürgerschaft zum Zeitpunkt der Beschlussfassung.
Wenn vorher Kosten genannt werden, z.B. im Finanzplan, haben diese
immer einen vorläufigen, mit dem jeweiligen Bearbeitungsstand der
Maßnahme korrespondierenden Aussagewert.“
7
Rechnungshöfe:
bis Vorlage
Kostenberechnung
sind „Mehrkosten“
keine
Kostensteigerungen!
Kostenaussagen
haben immer nur
vorläufigen, dem
Bearbeitungsstand
entsprechenden
Aussagewert!
Ebenda, S. 16
6
Auch kommunal reift die Erkenntnis:8
„Im Übrigen ist es sinnvoll, Kosten zu Baumaßnahmen auch erst dann
öffentlich zu diskutieren, wenn eine fundierte Kostenbetrachtung (Anm.: =
Kostenberechnung nach Lph 3 HOAI „Entwurfsplanung“) durchgeführt wurde.
Nur die qualifizierte Berechnung der Kosten sollte künftig Grundlage für
Entscheidungen sein, denn am Ende gibt es nur eine belastbare Aussage:
Der in der Ausschreibung im Wettbewerb ermittelte Preis.“
Die Kostenrisiken sinken also mit zunehmender Planungstiefe.
So gilt bei Vorlage der verifizierten Kostenberechnung als Endprodukt der
Entwurfsplanung (= Lph 3 HOAI) für den Baubeschluss immer noch eine grundsätzliche
Kostenunsicherheit von etwa 20 %, weil die Bearbeitungstiefe einer Ausführungs- und
Genehmigungsplanung noch nicht vorliegt und somit noch nicht alle notwendigen,
konkreten Leistungen herausgearbeitet wurden und erkennbar sind!
Quelle: Konzeptentwurf der Betriebsleitung E26 von 04/2016
Handlungsempfehlungen zur Stabilisierung von Kosten und Terminen
bei Hochbaumaßnahmen der Stadt Aachen
(„Bauen in Aachen – kostenstabil und termingerecht“)
http://www.aachen.de/DE/stadt_buerger/planen_bauen/gebaeudemanagement/GEBAE
UDEMANAGEMENT/4informationen/Konzept-Kostenstabilitaet.pdf
8
Beispiel Gebäudewirtschaft Köln: Abschlussbericht Organisationsanalyse Gebäudewirtschaft Köln, 10/2013, S.14
7
Zeitpunkt
Baubeschluss:
noch 20%
Kostenvarianz!