Daten
Kommune
Aachen
Dateiname
275607.pdf
Größe
612 kB
Erstellt
30.10.17, 12:00
Aktualisiert
06.11.17, 20:21
Stichworte
Inhalt der Datei
Der Oberbürgermeister
Vorlage
Federführende Dienststelle:
Aachener Stadtbetrieb
Beteiligte Dienststelle/n:
E 18/0102/WP17
öffentlich
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
30.10.2017
Beschaffung von Fahrzeugen
Beratungsfolge:
Datum
Gremium
Zuständigkeit
21.11.2017
Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb
Kenntnisnahme
Beschlussvorschlag:
Der Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb nimmt die Ausführungen der Betriebsleitung zur
Kenntnis.
Vorlage E 18/0102/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 06.11.2017
Seite: 1/7
Erläuterungen:
Nach der Organisationsverfügung der Stadt Aachen ist der Aachener Stadtbetrieb für die Beschaffung
von Fahrzeugen jedweder Art (mit Ausnahme von Feuerwehrfahrzeugen) zuständig und verfügt
stadtweit über den umfangreichsten Fahrzeug-, Maschinen- und Gerätepark.
Nicht zuletzt aus diesem Grund wird daher seit einigen Jahren intensiv eine konsequente
Umstrukturierung des eigenen Fuhrparks in Richtung Elektromobilität verfolgt. Das Ergebnis kann sich
im bundesweiten Vergleich sehen lassen, liegt der städtische Anteil an mit 41 elektrischen
Fahrzeugen schon jetzt bei über 10%, welcher sich durch die aktuellen Programme zur Förderung und
Entwicklung der Elektromobilität weiter steigern wird. Nicht zuletzt
So wird bei allen Beschaffungsvorgängen die betriebsinterne Vorgabe geprüft, ob die zu
bewältigenden Aufgaben bei einer Neu- oder Ersatzbeschaffung grundsätzlich mit dem Einsatz von
Elektrofahrzeugen oder -geräten wahrgenommen werden können.
Die städtischen Bedarfsträger werden daher bei Anschaffungen für den städtischen Fuhrpark fachlich
beraten und auf die Vorteile der Elektromobilität als empfehlenswerter Antrieb hingewiesen. Bei einer
Entscheidungsfindung müssen jedoch stets weitere Anforderungen wie Marktangebot,
Serviceinfrastruktur, finanzielle Umsetzbarkeit und insbesondere die Leistungsfähigkeit und
Verfügbarkeit im Kontext der betrieblichen Anforderungen berücksichtigt werden.
Ähnlich beim Gerätepark, wo dieselbe Strategie durch den Aachener Stadtbetrieb verfolgt wird:
handgeführte Geräte (Freischneider, Laubbläser, Handrasenmäher etc.) werden beim Kauf
grundsätzlich durch akkubetriebene Alternativen ersetzt. Von über 800 eingesetzten Geräten verfügen
derzeit schon 90 über einen elektrischen Antrieb. Somit liegt die Elektrifizierungsquote des
Geräteparks bereits bei 11%, Tendenz stark steigend.
Die Berücksichtigung umweltrechtlicher Faktoren ist ebenfalls eine Vorgabe des Vergaberechts.
Beschaffungen dürfen nicht dem Prinzip folgen, ausschließlich den billigsten Anbieter zu beauftragen.
Vielmehr wird eine wirtschaftliche Beschaffung gefordert, welche Aspekte des Umweltschutzes und
der Energieeffizienz beachtet.
Bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses finden sich solche Kriterien in einer Wertungsmatrix
wieder.
Mit den Fachdienststellen wird ein individuelles Anforderungsprofil erstellt und daraufhin verschiedene
Alternativen ermittelt. Nach Abwägung zwischen technischen, arbeitsschutzrechtlichen und
betriebswirtschaftlichen Aspekten werden das Leistungsverzeichnis und die Bewertungskriterien
aufgestellt und auf dieser Basis das Vergabeverfahren durchgeführt.
Vorlage E 18/0102/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 06.11.2017
Seite: 2/7
Ein Beschaffungsvorgang läuft systematisch in folgenden Schritten ab:
Schritt 1: Ermittlung der Anforderungen
Ausschlaggebend für alle Beschaffungen sind die Anforderungen, die der Bedarfsträger im Rahmen
des Einsatzzweckes an die Fahrzeuge stellt. Beispielhaft sind zu nennen:
-
Mitzunehmende Mitarbeiter und Arbeitsmittel
-
Einsatzort und -zeiten
-
Geschätzte Laufleistung
-
Beladungsart, Nutz- und Anhängelast
-
Maße außen und innen
-
Erforderliche Aufbauten oder Anbauteile
-
Arbeitsschutzrechtliche Aspekte
-
Verfügungssicherheit und Reichweite (bei bedeutsamen Einsatzfahrzeugen)
Die Anforderungen werden in einer Liste zusammengefasst. Aufgabe des technischen Bereiches des
Aachener Stadtbetriebes ist es anschließend, die relevanten Informationen herauszuarbeiten und
geeignete Vorschläge zu ermitteln. Bei verschiedenen Alternativen wird eine Empfehlung
ausgesprochen.
Schritt 2: Ermittlung der Antriebsart
Der Aachener Stadtbetrieb hat alternative und konventionelle Antriebsarten wie folgt priorisiert:
1. Elektroantrieb (inkl. zukünftig Brennstoffzelle)
2. Hybridantrieb
3. Benzin
4. Diesel
Alternative Antriebe werden demnach bevorzugt beschafft. Der Dieselantrieb steht an letzter Stelle
und kommt in Frage, wenn der Markt die Anforderungen an ein Fahrzeug in Kombination mit anderen
Antriebsarten technisch oder wirtschaftlich zumutbar nicht erfüllen kann. Im Bereich von PKW und
leichten Nutzfahrzeugen ist der Einsatz von Elektro- und Hybridantrieben inzwischen problemlos
möglich. Bei mittleren bis schweren Nutzfahrzeugen ist der Diesel zurzeit typisch und oftmals
alternativlos. Hier bleibt die weitere technische Entwicklung sowie das Angebot neuer Produktpaletten
der Hersteller abzuwarten.
Vorlage E 18/0102/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 06.11.2017
Seite: 3/7
Schritt 3: Anforderungen an Emissionen
Die in Zusammenhang mit der Beschaffung von Fahrzeugen relevanten Emissionen sind
Luftverschmutzung und Lärm (Schall).
Der Stadtbetrieb fordert zur Verringerung von Luftverschmutzung grundsätzlich die höchstmögliche
Abgasnorm. Für Verbrennungsmotoren ist das derzeit Euro 6. Fahrzeuge der neuen Einstufung 6d
sind aktuell noch nicht erhältlich.
Für PKW gibt es seit 2011 die Einstufung in CO2-Effizienzklassen von A++ bis G. Dabei wird der
Verbrauch im Verhältnis zur Motorleistung und dem Gewicht des Fahrzeugs gewertet und
entsprechend eingestuft. Die Klassifizierung ist nur für PKW gültig und ist durch erforderliche
Umbauten wie Lichtbalken mit Rundumkennleuchten oder Anhängerkupplungen i.d.R. nicht
aussagekräftig.
Das Vergaberecht gibt vor, bei der Beschaffungen von Fahrzeugen Lebenszykluskosten zu
betrachten. Der Aachener Stadtbetrieb hat sich dazu entschieden, den im Rahmen des EU-Projektes
„Buy Smart+ – Green Procurement“ erstellten Leitfaden auch weiterhin zu verwenden. Dieser wurde
im Auftrag der Europäischen Kommission sowie des Bundesministeriums für Umwelt erstellt.
Er beinhaltet für Beschaffungen Empfehlungen zur Berücksichtigung von Umweltkriterien und stellt
eine Excel-Berechnungshilfe für Straßenfahrzeuge zur Verfügung. Über die Lebensdauer und die
voraussichtlich gefahrenen Kilometer werden die Emissionen monetär bewertet und ergeben
summiert einen Betrag für die CO2- und Schadstoffemissionen.
Berücksichtigt und bewertet werden:
Art der Emission
Element Kosten pro Einheit
€/g
Kohlendioxid
CO2
0,0003
Stickoxide
NOx
0,0044
Nichtmethan-
NMHC
0,0010
PM
0,0870
Kohlenwasserstoffe
Partikelförmige
Abgasbestandteile
Hinzu kommt der in genormten Prüfverfahren ermittelte Wert für den Energieverbrauch, der mit den
aktuellen Preisen für den Kraftstoff (Benzin, Diesel oder Strom) berechnet wird. Die Summe aller
Werte ergeben die Lebenszykluskosten, die zum angebotenen Preis addiert werden.
Vorlage E 18/0102/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 06.11.2017
Seite: 4/7
Beispiel:
Energieverbrauch
4.800 €
CO2-Emissionen
400 €
Schadstoffemissionen
1.600 €
Gesamtsumme Lebenszykluskosten:
6.800 €
Anschaffungspreis
30.000 €
=========
Gesamtsumme Lebenszykluskosten +
36.800 €
Anschaffungspreis
Umweltfreundliche Fahrzeuge mit geringen Emissionen und Verbräuchen können mit diesem
Verfahren einen höheren Anschaffungspreis kompensieren.
Das Verfahren entspricht den Regelungen der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge
(VgV) und dem Tariftreue- und Vergabegesetz (TVgG) NRW und beruht auf objektiv nachprüfbaren
und nichtdiskriminierenden Kriterien.
Sind bei Fahrzeugbeschaffungen durch den Aachener Stadtbetriebs belastbare Lebenszykluskosten
ermittelbar, werden diese nach dem vorgenannten Verfahren angerechnet. Das ist möglich, wenn die
Werte auf standardisierten Testverfahren basieren.
Die Methode ist jedoch nicht aussagekräftig, wenn beispielsweise Fahrgestelle nachträglich mit
Sonderaufbauten ausgestattet werden. Die Emissionswerte und Lebenszykluskosten eines leeren
Fahrgestells sagen nur etwas darüber aus, wie sich ein Abfallsammelfahrzeug oder eine
Straßenreinigungsmaschine im reinen Fahrbetrieb verhält. Sobald diese ihren Einsatzort erreicht und
in den Arbeitsmodus wechselt, wird vom Motor eine vielfach höhere Leistung abverlangt, mehr
verbraucht und Schadstoffe ausgestoßen. Die dabei anfallenden Umweltbelastungen stellen den
größten Einsatzanteil dar und werden in keinem standardisierten Prüfzyklus abgebildet.
Hinsichtlich der Minimierung von Schallemissionen (Lärm) werden zur Verbesserung der
Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter und für das Umfeld Faktoren wie Maschinenlautstärke oder
Abrollgeräusche von Reifen untersucht und berücksichtigt.
Vorlage E 18/0102/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 06.11.2017
Seite: 5/7
Schritt 4: Vergaberechtliche Wertung
Der Aachener Stadtbetrieb nutzt bei Beschaffungsvorgängen die vorhandenen
Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Auswahl von Zuschlagskriterien. So kann im einfachsten
Fall das wirtschaftlichste Angebot lediglich über den Preis ermittelt werden.
Ist mehr als nur der Preis relevant, werden weitere Kriterien herangezogen. Das ist in der Regel bei
technischen Beschaffungen der Fall, bei denen Umweltfaktoren berücksichtigt werden können. Diese
werden beschrieben, gewichtet und mit den Ausschreibungsunterlagen bekannt gegeben. In einer
Matrix werden die pro Kriterium erzielten Punkte addiert und zwischen den einzelnen Bietern
verglichen. Der Bieter mit der höchsten Punktezahl erhält dann den Zuschlag.
Folgende Kriterien werden bei Fahrzeugen und Maschinen angewendet:
Kriterien
Preis zzgl.
Lebenskosten
Service
Abgasnorm Fuhrpark
Lieferfrist
Beschreibung
Wertung
Berechnung nach Buy-Smart-Tabelle der EU
60 - 70 %
Entfernung zur nächsten Niederlassung bzw.
10 – 30
Servicestation
%
Verwendung umweltfreundlicher Fahrzeuge beim
Transport
Kürzester verbindlicher Liefertermin
10 - 20 %
10 - 30 %
Die Wertung des Kriteriums Preis ist auch auf Grund juristischer Vorgaben mit mindestens 50 %
anzusetzen und liegt in der Praxis meist noch darüber. Je nach Beschaffungsziel, wie schnell eine
Lieferung erforderlich ist oder Serviceinfrastruktur benötigt wird, werden die verbleibenden Kriterien
gewichtet.
Fazit:
Die Beschaffungen des Aachener Stadtbetriebs laufen nach den zuvor beschriebenen Schritten ab.
Um einen Konsens für das Beschaffungsvorhaben zu erzielen, finden in diesen Phasen
wiederkehrende Abstimmungsgespräche mit den Beteiligten statt. Umweltrelevante Faktoren werden
berücksichtigt.
Abschließend ist eine Abwägungsentscheidung zwischen betriebswirtschaftlichen, umweltbezogenenund technischen Aspekten zu treffen. Nicht jede Anforderung ist mit der umweltfreundlichsten Technik
realisierbar, doch das Angebot und die Möglichkeiten werden zunehmend immer größer.
Für den derzeit oftmals noch anfallenden Aufpreis umweltschonender Antriebsarten sind im
Bedarfsfall die notwendigen Zusatzmittel gegenüber den konventionellen Antriebsarten zur Verfügung
zu stellen. In Zusammenarbeit mit B03 konnten bereits bei einer Vielzahl der beschafften
Elektrofahrzeuge die beschriebenen Mehrkosten teilweise durch Fördermittel reduziert werden.
Vorlage E 18/0102/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 06.11.2017
Seite: 6/7
Anlage/n:
Excel-Berechnungshilfe Buy Smart+ – Green Procurement Teil 1 und 2
Vorlage E 18/0102/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 06.11.2017
Seite: 7/7
Anlage: Excel-Berechnungshilfe Buy Smart+ – Green Procurement Teil 1
Seite 6
Anlage: Excel-Berechnungshilfe Buy Smart+ – Green Procurement Teil 2
Seite 7