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Vorlage-Sammeldokument

Daten

Kommune
Aachen
Dateiname
271865.pdf
Größe
567 kB
Erstellt
28.09.17, 12:00
Aktualisiert
18.02.18, 10:12

Inhalt der Datei

Der Oberbürgermeister Vorlage Vorlage-Nr: Status: AZ: Datum: Verfasser: Federführende Dienststelle: Fachbereich Personal und Organisation Beteiligte Dienststelle/n: Fachbereich Verwaltungsleitung FB 11/0236/WP17 öffentlich FB 11/201 28.09.2017 Frau Begaß Gleichstellungsplan der Stadtverwaltung Aachen Beratungsfolge: Datum Gremium Zuständigkeit 19.10.2017 06.12.2017 13.12.2017 Personal- und Verwaltungsausschuss Hauptausschuss Rat der Stadt Aachen Anhörung/Empfehlung Anhörung/Empfehlung Entscheidung Finanzielle Auswirkungen: Keine Beschlussvorschlag: 1) Der Personal- und Verwaltungsausschuss nimmt den Gleichstellungsplan der Stadtverwaltung Aachen zur Kenntnis und empfiehlt auf Vorschlag des Oberbürgermeisters dem Hauptausschuss, dem Rat der Stadt Aachen den Beschluss des Gleichstellungsplanes der Stadtverwaltung Aachen zu empfehlen. 2) Auf Vorschlag des Oberbürgermeisters und Empfehlung des Personal- und Verwaltungsausschusses empfiehlt der Hauptausschuss dem Rat der Stadt, den Gleichstellungsplan der Stadtverwaltung Aachen zu beschließen. 3) Auf Vorschlag des Oberbürgermeisters und Empfehlung des Personal- und Verwaltungsausschusses und des Hauptausschusses beschließt der Rat der Stadt den Gleichstellungsplan der Stadtverwaltung Aachen. Vorlage FB 11/0236/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 21.12.2017 Seite: 1/2 Erläuterungen: Inhalte des neuen Gleichstellungsplans: 1. Der Plan enthält Auswertungen, Analysen und Interpretation relevanter statistischer Personaldaten. Im Wesentlichen wird der Ist-Stand 31.12.2016 zugrunde gelegt und mit der Zeitreihe ab 2012 verglichen. 2. Aus den Auswertungen abgeleitet werden Zielsetzungen und Maßnahmen beschrieben sowohl bereits initiierte als auch geplante Vorhaben. 3. Im thematischen Schwerpunkt beleuchtet dieser Gleichstellungsplan die Einflüsse der Rollenverteilung Mann/Frau im privaten Umfeld auf die berufliche Entwicklung. Der Plan geht damit über die reine Betrachtung „harter“ Faktoren wie z.B. der Kinderbetreuung und der Teilzeitmodelle als Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie hinaus und beschreibt neue Ansätze zur Stärkung der Gleichstellung von Mann und Frau im Beruf. Anlage/n: Gleichstellungsplan der Stadtverwaltung Aachen Vorlage FB 11/0236/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 21.12.2017 Seite: 2/2 Gleichstellungsplan der Stadt Aachen www.aachen.de Inhalt I. Einleitung: Gleichstellung und Frauenförderung – Relikte der Vergangenheit oder Instrumente mit Zukunft? 2 II. Handlungsfelder 3 1. Handlungsfeld Rekrutierung und Berufsbereiche 3 1.1 Frauenberufe, Männerberufe? – Ungleichgewichte in Berufsbereichen 3 1.2 Ziele und Maßnahmen: Voneinander profitieren in allen Bereichen! 6 2. Handlungsfeld Einkommen, Arbeitszeit und Alterssicherung 6 2.1 Nur ein kleiner Unterschied? – Einkommensverteilung, Einkommensgruppen 6 2.2 Kleiner Verzicht oder großer Abstieg? – Die Teilzeitarbeit 8 2.3 Ziele und Maßnahmen: Förderung von Frauen, eine Bereicherung für Alle 11 3. Handlungsfeld Karrierewege und Führungspositionen 12 3.1 Fort- und Weiterbildung – der Weg zum Erfolg? 12 3.2 Kaum möglich oder einfacher Zugang? – Frauen in Führungspositionen bei der Stadt Aachen 3.3 Karriere trotz Knick oder Knick ohne Karriere? – Unterbrochene Erwerbsbiographien 13 16 3.4 Ziele und Maßnahmen: Viele Wege führen zum Ziel – Perspektiven, Alternativen und Chancen im Erwerbsverlauf 4. Handlungsfeld Lebensweise und –balance 18 20 4.1 Das „bisschen“ Haushalt? – Privat- und Berufsleben im klassischen Rollenmodell 20 4.2 Ziele und Maßnahmen: Ausgewogene Rollenverteilung = Chancen für Alle! 22 III. Fazit 23 IV. Allgemeine Regelungen 26 1. Verantwortung 26 2. Geltungsbereich 26 3. Erstellung, Überprüfung und Fortschreibung 26 4. Schlussbestimmungen 27 1 I. Einleitung Gleichstellung und Frauenförderung – Relikte der Vergangenheit oder Instrumente mit Zukunft? Eine berufstätige Frau ist in unserer heutigen Gesellschaft längst die Normalität. Es ist heute selbstverständlich, wenn eine Frau formuliert, dass die Arbeit neben der Familiengründung Teil der eigenen Lebensplanung ist und ein Stück Lebenszufriedenheit darstellt. Wenn Frau also heute im Beruf angekommen ist, warum dann Frauenförderung? Man muss keine Studien zitieren oder über den Fachkräftemangel referieren, um deutlich zu machen, dass hinter Frauenförderung bzw. Gleichstellung auch wirtschaftlicher Nutzen steht und ein Arbeitgeber damit auch ein eigenes Interesse verfolgt. Eine Förderung der Gleichstellung findet also auch immer im Sinne einer Unternehmensentwicklung statt. Nicht umsonst hat auch die Stadt Aachen in den vergangenen Jahren in eine Fülle von Maßnahmen (Teilzeitmodelle, Telearbeit, Betriebskindergarten etc.) investiert, um Frauen in ihrer Chancengleichheit zu unterstützen und die Vereinbarkeit von Kind und Karriere zu ermöglichen. Erreicht hat man damit viel. Die Effekte sind unter anderem an kürzeren Elternzeiten und einem schnelleren Wiedereinstieg in den Beruf ablesbar. Geblieben ist jedoch ein ganz großes – auch gesellschaftliches – Problem. Nach wie vor reduzieren Frauen ihre Arbeitszeit drastisch nach der Geburt eines Kindes, bis hin zu Modellen mit minimalen Stundenanteilen von 8 Stunden Arbeitszeit pro Woche. Dies bringt für den Arbeitgeber viele Herausforderungen mit sich. Für die Frauen birgt es das Risiko von Altersarmut, es reduziert Entwicklungsmöglichkeiten und Karriereperspektiven. Doch warum reduzieren meist nur Frauen ihre Stundenanteile und verzichten vielleicht sogar bewusst auf eine Karriere? Sogar dort, wo es theoretisch möglich wäre, nutzen nicht alle Eltern die Möglichkeit ihr Kind bis 17 Uhr in der Kindertagesstätte abzugeben, sondern holen es - dank Teilzeitarbeit – früher ab. Wobei es auch hier wieder die Frauen sind, die dann die Teilzeitarbeit ausüben. Warum ist dies so? Die Antworten auf diese Fragen beinhalten emotionale und ethische Komponenten und haben etwas mit persönlichen Werten und dem eigenen Familienverständnis zu tun. Umso wichtiger ist es, dass alle Entscheidungen bezüglich der Familie auch gemeinsam von Mann und Frau getragen werden. Wie sieht die Aufteilung zwischen Mann und Frau zur Bewältigung des Familienalltags aus? Und hätten Väter nicht vielleicht auch den Wunsch, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen? Könnte die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht ganz anders aussehen, wenn der Vater an zwei Tagen in der Woche das Kind um 14 Uhr abholen würde und die Mutter dann länger arbeiten könnte? Oder wäre es eine Option, wenn die Arbeitszeit der beiden Elternteile nahezu Vollzeit wäre? 2 Spätestens an dieser Stelle wird deutlich: Frauenförderung hat auch etwas mit Männerförderung zu tun. Es geht darum, in den Köpfen und den Herzen von Frauen und Männern ebenso wie in unserer Gesellschaft einen Umdenkprozess bezogen auf die Rollenverteilung und das Familienverständnis herbeizuführen. Dieser Gleichstellungsplan möchte daher keine eindimensionale und von den Männern losgelöste Betrachtung der „Frauenförderung“ vornehmen. Frauenförderung ist nur dann ein Instrument der Zukunft, wenn es an den Kern der Problematik geht und die starre Gegenüberstellung von Mann – Frau und ihren jeweils gelebten Rollen auflöst. Insofern wird dieser Bericht bei den Zielen und Maßnahmen eine ganzheitliche Betrachtungsweise vornehmen und neben den „harten“ Fakten auch die weicheren, emotionalen Komponenten einbeziehen, die ggf. bislang verhindern, dass Frauen im Beruf ihre Möglichkeiten ausschöpfen und Männer die Chancen der aktiven Vaterrolle verstreichen lassen. I. Handlungsfelder: 1. Handlungsfeld Rekrutierung und Berufsbereiche 1.1 Frauenberufe, Männerberufe – Ungleichgewicht in Berufsbereichen Betrachtet man den Gesamtpersonalbestand der Verwaltung fällt auf: Frauen sind in der Verwaltung stärker vertreten als Männer. Im Vergleich zum Jahr 2011 erhöhte sich der Frauenanteil in der Verwaltung bis Ende 2016 um 6% auf insgesamt 55%. 1 Gesamtpersonalbestand 45 % 55 % Frauen Männer n = 105 1 Sofern nicht anders angegeben, sind alle Daten auf dem Stand vom 31.12.2016. 3 Ein etwas anderes Bild zeichnet sich bei der feineren Unterteilung nach tariflich Beschäftigten und Beamten/ Beamtinnen ab. Unter den Beamten/Beamtinnen ist der Anteil der Männer erheblich höher (61%), während sich das Verhältnis bei den Beschäftigten genau umkehrt. Anteile Frauen/Männer nach Beamtinnen/Beamten und Beschäftigten Beamte Frauen Männer 60% 40% 39% 61% Ursache hierfür ist unter anderem der geringe Anteil von Frauen in der klassischen Männerdomäne der Berufsfeuerwehr, der bei den Beamten ins Gewicht fällt. Dagegen ist der Anteil der Frauen in erzieherischen und sozialen Berufen deutlich höher, dies macht sich bei den Beschäftigtenzahlen bemerkbar. Auch die Verteilungen von Männern und Frauen auf die einzelnen Dienststellen spiegeln dies wider. Unter den Top 5 Dienststellen mit hohen Frauenanteilen befinden sich vor allem Bereiche mit einem großen Anteil von sozial-erzieherischen Berufsbildern sowie Dienststellen mit stark serviceorientierten Aufgaben. Dienststellen mit hohem Frauenanteil FB 45 Kinder, Jugend und Schule BA 1 - 5 Bezirksämter E 49 Kulturbetrieb FB 11 Personal und Organisation FB 12 Bürgerservice FB 30 Recht und Versicherung FB 34 Standesamt FB 13 Presse und Marketing FB 02 Wirtschaft, Wissenschaft und Europa B 03 Bauverwaltung FB 32 Sicherheit und Ordnung E 42 Volkshochschule FB 61 Stadtentwicklung und Verkehrsanlagen FB 20 Finanzsteuerung FB 22 Steuern und Kasse FB 52 Sport FB 56 Wohnen, Soziales und Integration E 88 Eurogress B 17 Aitsmedizin und Arbeitssicherheit Frauen Männer 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Anteile in % Im Gegensatz dazu ist der Frauenanteil in den Dienststellen mit technischen Berufsbildern entsprechend niedriger. 4 Dienststellen mit hohem Männeranteile FB 37 Feuerwehr E 18 Aachener Stadtbetrieb FB 62 Geoinformation und... FB 36 Umwelt FB 63 Bauaufsicht Frauen E 26 Gebäudemanagement Männer E 46 Stadttheater/Musikdirektion FB 14 Rechnungsprüfung FB 01 Verwaltungsleitung 0 10 20 30 40 50 60 Anteile in % 70 80 90 100 Die Geschlechterverteilung bei den Einstellungen zur Ausbildung für die klassischen Verwaltungsbeamten hat sich in den vergangenen Jahren verändert. So wurden seit 2012 im gehobenen Dienst 36 Frauen und 15 Männer neu eingestellt. Im mittleren Dienst wurde seit 2012 ein recht ausgewogenes Verhältnis von 15 Frauen zu 12 Männern bei den Neueinstellungen erreicht. Der hohe Frauenanteil im gehobenen Dienst wird unter anderem auch dadurch beeinflusst, dass die Anzahl der Bewerbungen von Frauen mittlerweile deutlich höher liegt als der Anteil von männlichen Bewerbern. Anteil Männer/Frauen bei vergebenen Ausbildungsstellen (ohne Feuerwehr) 100 90 80 70 60 Anteile 50 Männer/Frauen in % 40 Frauen Männer 30 20 10 0 2012 (n=29) 2013 (n=24) 2014 (n=28) 2015 (n=33) 2016 (n=30) Jahre 5 1.2 Ziele und Maßnahmen: Voneinander profitieren in allen Bereichen Mehr Frauen in Technik, mehr Männer in Kitas Ein wichtiges Ziel der Gleichstellung ist die Erweiterung des Berufsspektrums für junge Frauen und Männer ohne dabei an den klassischen „Rollengrenzen“ stehen zu bleiben. Das Interesse von Frauen an technischen und naturwissenschaftlichen Berufen muss weiterhin ebenso gefördert werden wie das Interesse junger Männer an sozialen Berufsfeldern. Das zu erreichende perspektivische Oberziel lautet, einen ausgewogenen Anteil (50%-Zielquote) von Männern und Frauen in allen Dienststellen zu erreichen. Maßnahmen a) Maßnahmenpakete der Dienststellen Alle Dienststellen erhalten nach Veröffentlichung des Gleichstellungsplanes vom Fachbereich Personal und Organisation eine statistische Auswertung mit Angaben zu aktuellen Männer-/Frauenanteilen in der jeweiligen Dienststelle. Basierend auf den Ergebnissen wird FB 11 mit ausgewählten Dienststellen einen Workshop durchführen, dessen Ziel es ist, Maßnahmen zu erarbeiten, mit denen der Frauen-/Männeranteil erhöht werden kann, wenn dieser in einer Dienststelle deutlich unter 50% liegt. Die Koordination erfolgt zentral durch FB 11, da denkbare Einzelmaßnahmen in den Dienststellen in die Handlungsfelder des Fachbereichs Personal und Organisation münden (Auswahlverfahren, Employer Branding, Familienservicebüro etc.) und nicht solitär betrachtet werden können. Die erarbeiteten Maßnahmenpakete werden nachträglich gebündelt und als Anlage in den Gleichstellungsplan aufgenommen. Nach fünf Jahren wird über durchgeführte Maßnahmen und deren Wirkung berichtet. b) Employer Branding Im Rahmen des geplanten Employer Branding im Internet werden Rekrutierungskampagnen gezielt darauf ausgelegt, mehr Frauen für technische Berufsbilder und mehr Männer für sozial-erzieherische Berufe zu gewinnen. c) Check-In-Tag/ZAB Check-In-Tag und Berufsmesse ZAB werden in Zukunft noch stärker genutzt, um gezielt junge Menschen anzusprechen und aktiv zu motivieren, sich auch in „rollenfremden“ Berufsfeldern zu bewerben. 2. Handlungsfeld Einkommen und Arbeitszeit 2.1 Nur ein kleiner Unterschied? – Einkommensverteilung, Einkommensgruppen Betrachtet man die Anteile von Frauen und Männern in den verschiedenen Laufbahngruppen (inkl. äquivalenter Tarifgruppen) bei der Stadtverwaltung Aachen, fällt auf, dass es innerhalb der Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt (ehem. höherer Dienst) eine deutliche Unterrepräsentanz von Frauen gibt. 6 Anteile Frauen/Männer nach Laufbahngruppen (inkl. äquivalenter Tarifgruppen) Laufbahngruppe 2 Laufbahngruppe 1 Frauen Männer 2. Einstiegsamt (bisher: Höherer Dienst) n=211 41% 59% 1. Einstiegsamt (bisher: Gehobener Dienst) n=1268 60% 40% 2. Einstiegsamt (bisher: Mittlerer Dienst) n= 2379 56% 44% 1. Einstiegsamt (bisher: Einfacher Dienst) n=734 52% 48% Gleichzeitig ist anhand der nachfolgenden Grafik ersichtlich, dass der Frauenanteil im gehobenen Dienst mit steigender Einkommensgruppe sinkt. Innerhalb des gehobenen Dienstes erreichen gerade einmal 20% der Frauen die beiden obersten Gehaltsebenen. Im Gegensatz dazu sind Frauen in den geringsten Einkommensgruppen (E1 und E2) mit einem Anteil von 88% stark überrepräsentiert. Dies wird verursacht durch die überwiegend weiblichen Reinigungskräfte 2 und Küchenhilfen, die in diese Entgeltgruppe (E2) eingeordnet werden. Der niedrige Anteil von Frauen in der Gehaltsgruppe E 7 wiederum hängt damit zusammen, dass sich hier klassische „Männerberufe“ wiederfinden (Vorhandwerker, Gärtner in der Baumpflege etc.). Hierbei handelt es sich um auslaufende Verträge von Reinigungskräften, die derzeit noch vorwiegend für die Schulgebäudeund Kita-Reinigung eingesetzt werden. 2 7 Prozentuale Verteilung der Geschlechter auf den Einkommensebenen B-Tarife A 16, E 15 Ü A 15, E 15 A 14, E 13 A 13 h.D., E 13 A 13 g.D., E 12, S 18 A 12, S 17, E 11 S 15, S 16, A 11, E 10 S 11, S11B, S12,S13, S13Ü,S14, A 10, E 9 A 9 g.D. A 9 m.D. S8, S8A, S8B, A8, E8 E7 A 7, E 6 S 4, A 6, E 6 E 4/S 3 E3 E2 E1 2. Einstiegsamt (ehem. Höherer Dienst) 1. Einstiegsamt (ehem. Gehobener Dienst) 2. Einstiegsamt (ehem. Mittlerer Dienst) 1. Einstiegsamt (ehem. Einfacher Dienst) -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 Frauen Laufbahngruppe 2 Laufbahngruppe 1 Männer Die hier dargestellten Aufteilungen der Geschlechter nach Gehaltssituationen spiegeln zumindest in Teilen die stagnierenden Karriereverläufe von Frauen in der Verwaltung wider. Eine höhere Gehaltsstufe geht einher mit einem verantwortungsvolleren Aufgabengebiet oder einer Führungsverantwortung. Offensichtlich werden solche höherwertigen Aufgabengebiete seltener von Frauen wahrgenommen. Über die Ursachen kann hier nur spekuliert werden. Allerdings spielt bei Frauen die Unterbrechung der Erwerbsbiographie aufgrund von Familiengründung und die sich häufig anschließende, teils dauerhafte Arbeit in Teilzeit eine nicht unwesentliche Rolle. Mehr dazu wird im Kapitel „Karriereverläufe“ beschrieben. Generell gilt: ein weniger an Gehalt aufgrund einer Stundenreduzierung und einer oft schlechteren Steuerklasse bedeutet einen geringeren Altersvorsorgebetrag in der gesetzlichen Rentenversicherung und weniger Geld für eine private Altersvorsorge. Damit erhöht sich das Risiko für Altersarmut beträchtlich. 2.2 Teilzeit – kleiner Verzicht oder großer Abstieg? Teilzeitarbeit ist weiblich. Das ist nicht nur bei der Stadtverwaltung Aachen so, sondern deutschlandweit zu beobachten. Innerhalb der Stadtverwaltung arbeitet mehr als die Hälfte der Frauen in Teilzeit, während gerade einmal 8% der Männer ein Teilzeitmodell nutzen. 8 Innerhalb der Teilzeitkräfte (< 39 h) üben 31,6% der Mitarbeiter/-innen eine Teilzeitarbeit mit weniger als 50% Arbeitszeit („kleine“ Teilzeit) aus – darunter auch Fälle mit Arbeitszeiten von nur acht Stunden oder weniger. Rund 33,5% der Teilzeitkräfte arbeiten in Stundenmodellen mit 30 Stunden und mehr. Der hohe Anteil in dieser Gruppe wird jedoch geprägt dadurch, dass hier Berufsgruppen vertreten sind, welche teilweise von vorneherein mit Verträgen ausgestattet sind, die aus Organisationsgründen keine höheren Stundenanteile vorsehen (z.B. Kräfte zur Überwachung des ruhenden Verkehrs). Es handelt sich also nicht um eine aktive Reduzierung der Arbeitszeit auf Teilzeit. Der Anteil klassischer Sachbearbeiter/-innen aus der Verwaltung beträgt in dieser Gruppe nur 25%. Anteil Teilzeitkräfte verteilt nach Stundenmodellen bei der Stadtverwaltung Aachen (Teilzeit unter 39 h) 100 90 80 70 60 Anteile Teilzeitmitarbeiter/- 50 innen in % 40 30 20 10 0 bis < 20 h 20 - < 30 h Teilzeit - Stundenmodelle 30 - < 39 h n=1584 Nach wie vor ist es so, dass die Mehrheit der Frauen nach der Geburt eines Kindes nur mit einem meist deutlich reduzierten Arbeitszeitumfang in den Beruf zurückkehrt. Betrachtet man die Gründe für die Stundenreduzierung, so kommt das Statistische Bundesamt zu dem Ergebnis, dass Frauen ihre Arbeitszeit in 50,4% 3 der Fälle aufgrund familiärer Pflichten reduzieren. Bei den Männern mit Kindern spielt das nur in 10,6% der Fälle eine Rolle bei der Stundenreduzierung. Bei den Männern wird Teilzeit vorrangig dann ausgeübt, wenn keine Vollzeitstelle verfügbar war (26,1%), einer Ausbildung/Fortbildung nachgegangen wird (17,9%) oder aus anderen Gründen (37,4% z.B. aufgrund betriebsbedingter reduzierter Arbeitszeiten oder Nebentätigkeit (auch Selbständigkeit)) eine Vollzeitarbeit nicht möglich war (siehe nachfolgende Grafik). Matthias und Thomas Haustein (2014): Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ergebnisse des Mikrozensus 2013, S. 733 – 753 in: Wirtschaft und Statistik 2014, Heft 12. 3 9 Gründe für Teilzeitbeschäftigung von Frauen und Männern in Deutschland (2013) 100 90 80 70 29,4 % 2,4 % 60 Angabe in % 50 40 7,9 % 50,7 % 10 0 10,6 % 17,9 % 30 20 37,4 % 4% 13,6 % Frauen 26,1 % Männer Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus Dass die Hauptverantwortung der Familienarbeit bei den Frauen liegt und zu Lasten der betrieblichen Arbeitszeit geht, wird noch deutlicher, wenn man statistisch nur Frauen mit Kindern betrachtet – dann ist die Familie sogar in 78% der Fälle der Grund für die Arbeitszeitreduzierung. Familiengründung ist bei Frauen also nach wie vor gleichzusetzen mit einer stärkeren Abkehr von der betrieblichen Arbeit und einem deutlichen Einschnitt in der Erwerbsbiographie. Die Auswirkungen solcher Stundenreduzierungen sind teils direkt spürbar, andere werden erst in späteren Jahren zum Tragen kommen. a) Auswirkungen auf Gehalt und Alterssicherung • Das Einkommen reduziert sich entsprechend des weggefallenen Stundenanteils • • Die Einzahlungen in die gesetzliche Altersvorsorge schmälern sich entsprechend Häufig wird das Einkommen nach Steuerklasse V besteuert, wodurch sich der Nettobetrag insgesamt erheblich verringert und die private Altersvorsorge erschwert wird. b) Auswirkungen auf die berufliche Entwicklung • Mit einem deutlich reduzierten Stundenanteil ist man zeitlich weniger präsent und aufgrund der weiteren • Verpflichtungen (Kinder, Haushalt) auch weniger flexibel in der Ausübung der Arbeit Mit geringen Stundenanteilen lassen sich im Beruf keine großen Schritte mehr vollbringen – dies bestätigen unzählige Studien der vergangenen Jahre; bezogen auf den Arbeitsalltag in der Verwaltung lässt sich das relativ einfach an einem Beispiel verdeutlichen. Finden an einem Arbeitstag einer Teilzeitkraft, die von 08:00 bis 13:00 Uhr arbeitet, wöchentliche Projektbesprechungen von 08:30 bis 12:00 statt, bleibt genau eine Stunde effektiver Arbeitszeit an diesem Tag übrig. Insgesamt ist festzustellen, dass der Einstieg in die Teilzeitarbeit nicht unmittelbar den beruflichen Abstieg bedeutet. Allerdings reduzieren sich die Chancen einer beruflichen Weiterentwicklung erheblich, so lange man in dem Modell der „kleinen Teilzeit“ von bis zu 20 Stunden verbleibt. 10 2.3 Ziele und Maßnahmen: Förderung von Frauen, eine Bereicherung für Alle Berufliche Entwicklung fördern Es ist wichtig, Frauen aktiver über Risiken einer langfristigen „kleinen“ (d.h. unterhälftigen) Teilzeit zu informieren. Neben der Schaffung optimaler Betreuungsvoraussetzungen für Kinder müssen das „klassische“ Rollenverständnis stärker in Frage gestellt werden und andere Optionen der Arbeitsverteilung zwischen Mann und Frau vermehrt in den Vordergrund gerückt werden. Auch abseits der klassischen Führungskarriere gibt es für Frauen in der Verwaltung noch andere Möglichkeiten der Weiterentwicklung (und damit verknüpft einer Gehaltsentwicklung). Frauen Perspektiven der Entwicklung aufzuzeigen und Frauen zu motivieren, die eigene Weiterentwicklung auch nach der Familiengründung nicht aus dem Blick zu verlieren, sind wichtige Bausteine der Karriereförderung für Frauen. Maßnahmen a) Kinderbetreuung - Betriebskindertagesstätten Eine gesicherte Kinderbetreuung ist die Grundlage, nach der Elternzeit wieder in den Beruf einzusteigen. Aus diesem Grund hat die Stadt Aachen einen eigenen Betriebskindergarten für Kinder im Alter von 4 Monaten bis 3 Jahre eingerichtet. Die Betreuungszeiten ermöglichen eine 45h - Betreuung und damit zumindest die theoretische Möglichkeit, auch in Vollzeit wieder in den Beruf einzusteigen. Darüber hinaus sind in der Stadt Aachen mittlerweile 76,42% der vorhandenen Kita-Plätze sogenannte 45h - Plätze, so dass auch abseits des Betriebskindergartens eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Vollzeit - Betreuung existieren. b) Telearbeit und Mobile Arbeit Telearbeitet fördert durch wegfallende Pendelzeiten und flexiblere Arbeitszeitgestaltung die Möglichkeiten „mehr“ Arbeit zu leisten und damit Stundenanteile einer Teilzeitarbeit aufzustocken. Die Zahl der Telearbeitsplätze hat sich seit 2011 verdoppelt. Dabei wird Telearbeit auch überwiegend von Frauen (83,3 %) genutzt und dient (gemäß der Antragsbegründungen) vor allem zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Einführung der mobilen Arbeit ermöglicht nun eine weitere neue Form der Arbeitsflexibilisierung und erleichtert die Vereinbarkeit von Beruf und Familienpflichten, z.B. auch bei kurzfristigen Betreuungsengpässen. c) Informationsblatt – Moderne Teilzeit Die Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Teilzeitmodell ist in aller Regel eine sehr private und persönliche Entscheidung der Familie. Eine gute Beratung - auch über die negativen Folgen von Teilzeitmodellen mit geringen Stundenanteilen - ist daher eine wichtige Grundlage, um anschließend eine gut durchdachte Entscheidung zu treffen. Dabei sollte auch verdeutlicht werden, dass es abseits der klassischen Modelle (Frau reduziert ihre Arbeitszeit massiv, Mann arbeitet in Vollzeit) auch andere Modelle gibt, bei denen beide Partner ihren Familienalltag gemeinsam gestalten können und nahezu Vollzeit arbeiten können. Hierzu wird von FB 11 (Familienservicebüro) 11 künftig ein Informationsblatt gestaltet werden, welches allen in Elternzeit eintretenden Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen ausgehändigt wird. d) Beratungsangebote Gleichstellungsbüro/Familienservicebüro Bereits jetzt werden seitens des Gleichstellungsbüros sowie des Familienservicebüros Beratungsleistungen rund um das Thema „Teilzeit“ angeboten. Neben Hilfestellung bei der Beantragung von Teilzeitarbeit wird dabei in Fällen starker Stundenreduzierungen auf die möglichen negativen Auswirkungen eingegangen. Darüber hinaus wird angeregt, dass Ratsuchende Ihre(n) Partner/Partnerin zu dem Gespräch mitbringen. Ziel ist es zu verdeutlichen, dass Elternzeit und Teilzeit „Familienangelegenheiten“ sind. e) Fortbildung: Karriereförderung für Frauen Seminarangebote zu diesem Thema gehören zum festen Bestandteil des Fortbildungskatalogs. Möglichkeiten der Entwicklung aufzeigen, eigene Stärken besser erkennen und nutzen und gezielt eine berufliche Weiterentwicklung anzustreben, wird Frauen in diesen Seminaren vermittelt. Das Seminarangebot wird derzeit überarbeitet und erweitert. 3. Handlungsfeld Karrierewege und Führungspositionen 3.1 Fort und Weiterbildung – der Weg zum Erfolg? Im Beruf „up-to-date“ bleiben, sich persönlich weiterentwickeln, eigene Fertigkeiten und Fähigkeiten ausbauen oder die Grundsteine für eine berufliche Weiterentwicklung zulegen – Motivation bzw. Auslöser für eine Weiterbildung fallen individuell sehr unterschiedlich aus. Im Jahr 2016 nahmen 549 Mitarbeiter/-innen der Verwaltung die Möglichkeiten einer Qualifizierung aus dem Fortbildungskatalog der Stadtverwaltung Aachen wahr. Teilnehmer/-innen an internen Fortbildungen im Jahr 2016 34 % 66 % Frauen Männer n = 549 12 Frauen nutzen die vorhandenen Angebote zur internen Fortbildung sehr aktiv. Ihre Bereitschaft zur Weiterbildung betrifft dabei nicht nur Themenfelder wie die Entwicklung klassischer Soft-Skills (Kommunikation, Konfliktmanagement), sondern auch Seminarschwerpunkte rund um Führung und Management. So lag beispielsweise der Frauenanteil im Seminar „Grundlagen der Personalführung“ im Jahr 2016 bei 61%. Das Fortbildungsangebot soll zukünftig auch dahingehend überarbeitet werden, dass dieses Männer künftig stärker anspricht und von diesen nachgefragt wird. Insgesamt 9 Frauen besuchten 2016 das Seminar „Karriereentwicklung für Frauen“. Im Führungsnachwuchsprogramm dokumentiert der Frauenanteil von 53%, dass Frauen aktiv Chancen zur beruflichen Weiterentwicklung nutzen und diese auch offensichtlich anstreben (siehe nachfolgende Grafik). Teilnehmer/-innen am Führungsnachwuchsprogramm (ohne Programm für Kitas/OGS) 47 % 53 % Frauen Männer n=105 Die hohen Frauenanteile bei der Wahrnehmung von Weiterbildungsangeboten sind durchweg positiv zu bewerten. Inwieweit die Teilnahme am Führungsnachwuchsprogramm für Frauen tatsächlich in eine Führungsposition mündet, wird die Evaluation des Programms zeigen. 3.2 Kaum möglich oder einfacher Zugang? - Frauen in Führungspositionen bei der Stadtverwaltung Die nachfolgende Grafik bestätigt, was in Kapitel 2.1 vor dem Hintergrund der Gehaltsgruppen bereits beschrieben wurde: Frauen in Führungspositionen sind bei der Stadtverwaltung deutlich unterrepräsentiert. Der Frauenanteil in den unten beschriebenen Hierarchieebenen (ohne Kita-Leitungen) beträgt insgesamt gerade einmal 35%. Innerhalb der Gruppe der höchsten Führungsebenen (Fachbereichs- und Dezernatsleitungen) ist der Frauenanteil seit 2011 zudem um 6% gesunken (siehe Grafik). Bei den Abteilungsleitungen blieb das Niveau bei knapp 40% gleich. Die übrigen Hierarchieebenen verzeichnen keine nennenswerten Veränderungen. 13 100 90 Anteile von Frauen und Männern in Führungspositionen in der Stadtverwaltung n=59 Aachen n=9 n=8 80 n=6 Anteil in % 70 60 50 n=44 n=57 n=38 n=54 n=59 n=6 n=61 n=65 2011 2016 40 30 20 10 0 2011 2016 2011 2016 2011 Männer 2016 2011 2016 2011 2016 Frauen Betrachtet man die Auswahlverfahren für Führungspositionen im Zeitraum November 2012 bis August 2016, lässt sich erkennen, dass es auf den niedrigeren Führungsebenen einen Trend hin zu einem ausgewogenen Männer/Frauenanteil gibt. So gab es auf 56 Stellen der unteren Hierarchieebenen insgesamt 89 Bewerbungen - der Frauenanteil lag bei 52% (vgl. nachfolgende Grafik). Betrachtet man das Ergebnis der Auswahlverfahren, wird ersichtlich, dass sich die Frauen in den Verfahren auch häufiger durchsetzen konnten (54% Stellenbesetzungen mit Frauen). Bewerbung auf Teamleitungen/Abteilungsleitungen 11/2012 - 08/2016 48 % 52 % Frauen (n=46) Männer (n=43) Stellenbesetzungen Teamleitungen/Abteilungsleitungen 11/2012 - 08/2016 46 % 54 % Frauen (n=25) Männer (n=21) Setzt sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren fort, dürfte sich der Frauenanteil auf diesen Führungsebenen langsam angleichen. Ein anderes Bild ergibt sich jedoch, wenn man die höchsten Hierarchieebenen der Verwaltung (Fachbereichs-/Bereichsleitungen) betrachtet. 14 Bewerbungen auf Fachbereichs/Bereichsleitungen 11/2012 08/2016 67 % 33 % Frauen (n=15) Männer (n=30) Stellenbesetzungen Fachbereichs/Bereichsleitungen 11/2012 08/2016 17 % 83 % Frauen (n=2) Männer (n=10) Deutlich zu erkennen ist der stark unterdurchschnittliche Frauenanteil bei den Bewerber/-innen auf Positionen dieser Hierarchieebenen. Dies wirkt sich dann auch negativ auf das Ergebnis der Stellenbesetzungen aus. Ist der Frauenanteil unter den Bewerbungen so gering, sinkt die Wahrscheinlichkeit die optimal passende Person darunter zu finden. Dementsprechend überrascht es nicht, dass die Stellenbesetzungen überwiegend aus dem erheblich größeren Pool männlicher Bewerber erfolgen. Das Problem von niedrigen Frauenanteilen auf den obersten Hierarchieebenen fängt also bereits bei einem Mangel an Bewerberinnen auf diese Positionen an und ist weniger ein Ausdruck davon, dass Frauen sich in den Verfahren schlechter durchsetzen können als Männer. Allerdings lassen die nachwachsenden Frauenanteile auf den unteren Führungspositionen erhoffen, dass sich dies künftig positiver entwickeln wird. Zu den Gründen warum die Anzahl der Bewerbungen von Frauen auf die höheren Führungspositionen so gering ausfällt, zählen:   Karriereunterbrechungen: Durch Elternzeiten entstehen Unterbrechungen und damit verbundene Stagnation im Verlauf der Karriere von Frauen. Andere Prioritäten: Frauen messen einer eigenen Karriere eine geringere Bedeutung bei. Zu diesem Ergebnis kommen etliche Studien 4. Im Hinblick auf ihre Lebensziele streben demnach die meisten Frauen ein zufriedenstellendes Privatleben an (43% 5), gefolgt von Selbstverwirklichung (37%) und Wohlstand  (37%). Das Thema Karriere lag mit 31% auf Platz 4. Bei den Männern steht die berufliche Karriere auf dem ersten Platz – rund ein Drittel (34%) nannten dies als angestrebtes Lebensziel. Auf dem zweiten Platz landet (allerdings mit nur 28%) ein zufriedenstellendes Privatleben. Belastung: Die Belastung einer hochrangigen Leitungsposition gepaart mit familiären Verpflichtungen ist zu groß – insbesondere vor dem Hintergrund, dass Frauen nach wie vor den Großteil der Erziehungs- und Hausarbeit übernehmen. Tatsächlich sind in Deutschland 44% der Frauen in Führungspositionen kinderlos (Männer: 23%) 6 – die Abwägung von Karriereinteressen und Familiengründung spielt bei Frauen insgesamt eine viel größere Rolle. Zugleich machen diese Zahlen deutlich, dass es auch innerhalb der Gruppe der Frauen eine denkbare Konkurrenzsituation zwischen Frauen mit und ohne Kinder gibt und insofern ein U.a. die Studie: „Wollen Frauen führen?“ – Karmasin Motivforschung im Auftrag von Lindlpower (http://www.leaderscircle.at/wollen-frauen-fuehren.html). 5 Quelle: „Wollen Frauen führen?“ – Karmasin Motivforschung im Auftrag von Lindlpower (http://www.leaders-circle.at/wollenfrauen-fuehren.html) 6 BMFSFJ (Hrsg.): Frauen in Führungspositionen, Berlin, 2014, S. 30 4 15 besonderes Augenmerk auf eine differenzierte und qualifizierte Frauenförderung gelegt werden muss (z.B. durch gezielte Förderung von Führung in Teilzeit und Optionen der Fachkarriere für Frauen mit Kindern).  Zu geringes Selbstvertrauen: Nach wie vor neigen Frauen dazu, eigene Fähigkeiten zu unterschätzen und sehen für sich selber weniger Weiterentwicklungsoptionen als tatsächlich vorhanden wären. 7 Frauenquoten können solche Hürden auf dem Weg zu einer Führungsposition nicht lösen. Wo sich keine einzige Frau bewirbt, kann keine Frau im Auswahlprozess berücksichtigt werden. Problemlösungsansätze müssen daher schon früher greifen. 3.3 Karriere trotz Knick oder Knick ohne Karriere? – Unterbrochene Erwerbsbiographien Eine Auszeit vom Job zu nehmen, um Kinder im Rahmen der Elternzeit oder in Form von unbezahltem Sonderurlaub zu betreuen, ist auch in der Stadtverwaltung Aachen immer noch ein überwiegend weiblich besetztes Thema. Die nachfolgende Grafik verdeutlicht einmal mehr, dass es mehrheitlich Frauen sind, die in Elternzeit gehen. Falls Männer die Elternzeit nutzen, dann überwiegend nur bis zu einer Dauer von 3 Monaten. Dauer der Elternzeit (Anteile Männer/Frauen) (2012 - 2016) 100 90 n=42 n=74 n=40 n=154 n=60 n=17 n=27 80 70 60 Anteile in % 50 40 Frauen 30 Männer 20 10 0 bis 1 Monat 1-3 Monate 3 - 6 6 Monate Monate bis 1 Jahr 1 - 1,5 Jahre 1,5 - 2 2 - 3 Jahre Jahre Dauer der Elternzeit Festzustellen ist jedoch, dass von den Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen in Elternzeit die Mehrheit nach einer Gesamtdauer von maximal einem Jahr wieder in den Beruf zurückkehrt. Während es noch in den 90er Jahren nicht unüblich war, dass Frauen die vollen drei Jahre Elternzeit und darüber hinaus zu Hause blieben, hat es hier eine Trendwende gegeben. Die Rahmenbedingungen der Kinderbetreuung von unter 3-jährigen haben sich erheblich verbessert, die Möglichkeiten in Teilzeit zu arbeiten wurden ausgebaut und der frühe Wiedereinstieg in den Beruf ist auch gesellschaftlich akzeptiert. Dies alles hat sicherlich positiv zu dieser Entwicklung beigetragen. Kienbaum/BDI (2016): Frauen in Führungspositionen, Perspektiven aus der Praxis., Berlin.; BMFSFJ (2010) Frauen in Führungspositionen. Barrieren und Brücken, Heidelberg, S. 33; Sieverding M (2003) Frauen unterschätzen sich: Selbstbeurteilungs-Biases in einer simulierten Bewerbungssituation. Z Sozialpsychol 34: 147–160 7 16 Innerhalb der Elternzeit besteht die Möglichkeit, einer Teilzeitarbeit von bis zu 30 Stunden nachzugehen. Im Zeitraum 2012 – 2016 wurde dies in 21% der Fälle innerhalb der Verwaltung genutzt – der Frauenanteil lag dabei bei 94%. Das neue ElterngeldPlus zielt darauf ab, diese Option attraktiver zu machen und durch einen Partnerschaftsbonus die Väter zu motivieren, ihre Arbeitszeit ebenfalls zeitweise zu reduzieren und zeitgleich mit der Mutter das Berufs- und Familienleben gleichberechtigt aufzuteilen. Inwieweit dies zu einem positiven Effekt beitragen kann, werden die nächsten Jahre zeigen. Personen in Sonderurlaub Anteile Männer/Frauen (Zeitraum 2012 - 2016) 100 90 n=59 n=16 n=11 n=24 n=8 n=4 n=24 n=32 n=21 80 70 60 Anteil Männer/Frauen 50 in % 40 Frauen 30 Männer 20 10 0 unter 1 1 - 3 3 - 6 6 1 Jahr - 1,5 - 2 2 - 3 4 - 6 6 - 8 Monat Monate Monate Monate 1,5 Jahre Jahre Jahre Jahre - 1 Jahr Jahre Dauer Sonderurlaub Die längeren Unterbrechungen in den Erwerbsverläufen von Frauen offenbaren sich jedoch nicht nur in den möglichen drei Jahren Elternzeit. Innerhalb der Stadtverwaltung sind rund 83% der Personen in Sonderurlaub Frauen. Die nachfolgende Grafik verdeutlicht zudem, dass der größte Teil der Männer, die Sonderurlaub beantragen, dies maximal für einen Monat tun. Betrachtet man dagegen die Sonderurlaubszeiten ab zwei Jahren und aufwärts, liegt der Frauenanteil bei insgesamt 96%. Die Gründe für derart lange Sonderurlaubzeiten sind häufig die Betreuung von Kindern, die Pflege von Angehörigen oder auch die berufliche Veränderung des Mannes und damit einhergehende räumliche Umzüge. Die Frauen ziehen mit der Familie um und geben ihre eigene Arbeit auf unbestimmte Zeit auf. Das online-Magazin Spiegelonline griff dieses Thema 2015 auf und überschrieb es mit dem Titel „Er macht Karriere – sie macht mit“ 8. Im Kern wurde festgestellt, dass die Karriere des Mannes, auch von den Frauen selbst, wichtiger bewertet wurde als die eigene berufliche Entwicklung. Die Rollenverteilung und –muster haben sich demnach in den letzten Jahrzehnten nicht wesentlich weiterentwickelt. Die Tatsache, dass Gehaltsunterschiede zwischen Mann und Frau und eine geplante Familiengründung solche Entscheidungen mitbeeinflussen, verdeutlicht zudem die äußeren Zwänge des Rollenverhaltens und die Schwierigkeit diese zu durchbrechen. Spiegelonline, Dienstag, 06.10.2015, 14:39 Uhr: „Er macht Karriere – sie macht mit“. Basierend auf der Studie Ullrich, Jan; Büttgen, Marion Dr. Prof. (2015) „Einfluss des Lebenspartners auf Karriereentscheidungen von Mitarbeitern: Die Entscheidung für ein Jobangebot an einem anderen Standort“, Stuttgart. 8 17 3.4 Ziele und Maßnahmen: Viele Wege führen zum Ziel - Perspektiven, Alternativen und Chancen im Erwerbsverlauf Motivation zur frühen Rückkehr nach Elternzeit Die frühe Rückkehr aus Elternzeit und der schnelle Wiedereinstieg in Beruf müssen weiterhin unterstützt werden. Aktive Vaterschaft fördern Die Förderung einer gleichberechtigen Partnerschaft und einer anderen Aufteilung von Familienarbeit und beruflicher Arbeit zwischen Mann und Frau sollten Teil einer modernen Unternehmenskultur werden. Erhöhung des Frauenanteils in den höheren Führungsebenen Der Frauenanteil unter den Bewerber/-innen auf die höheren Führungspositionen muss deutlich erhöht werden. Maßnahmen a) Wiedereinsteiger/-innen-Konzept „Gemeinsam zurück in den Beruf“ Mit einem Wiedereinsteiger/-innenkonzept wird künftig ein engerer Kontakt zwischen dem Arbeitgeber und Personen in Elternzeit forciert. Regelmäßige Gespräche zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen in Elternzeit und ein Austausch und Abgleich von Wünschen, Bedürfnissen und vorhandenen Möglichkeiten sollen den Wiedereinstieg erleichtern. b) Vaterurlaub Der Vaterurlaub hat sich als Familien-Förderungsinstrument in der Verwaltung etabliert und wird dementsprechend auch von Vätern genutzt. Vaterurlaub ermöglicht es den Vätern, in den ersten Tagen nach Geburt eines Kindes, Zeit mit ihrem Kind zu verbringen und gemeinsam mit der Mutter den neuen Familienalltag zu gestalten. c) Beratung bei anstehender Elternzeit Das Familienservicebüro wird weiterhin zu allen Fragestellungen rund um Elternzeit und Wiedereinstieg beraten. Ein besonderer Fokus liegt dabei künftig auf der Vorstellung des neuen Elterngeld-Plus und den damit vorhandenen Möglichkeiten einer gerechten Arbeitsverteilung zwischen Mann und Frau während der Elternzeit. In diesem Sinne werden sie gemeinsam vom Familienservicebüro zu einem Gespräch eingeladen– unabhängig davon ob beide bei der Stadtverwaltung beschäftigt sind. Ziel ist es auch hier zu verdeutlichen, dass die Regelung der familiären Kinderbetreuung eine Familienangelegenheit ist. d) Kontaktaufnahme zu Personen im Sonderurlaub Bisher gibt es keine Erkenntnisse darüber, inwieweit die Personen im Sonderurlaub ggf. durch bestimmte Maßnahmen (Teilzeitmodelle o.ä.) zu einer Rückkehr in den Beruf motiviert werden könnten, bzw. woran diese 18 Rückkehr bislang „scheitert“. Dies soll durch eine Befragung der beurlaubten Mitarbeiter/-innen ermittelt werden und in künftige Überlegungen einfließen. e) Ergebniskultur statt Präsenzkultur als Weg zur Führung Um Frauen zu motivieren in Führung zu gehen, müssen Lösungen an verschiedenen Stellen ansetzen. Die nachfolgende Grafik verdeutlicht, welche zentralen Aspekte aus Sicht von Führungskräften geeignet sind, Frauen bei der Übernahme einer Führungsrolle zu unterstützen. Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (Hrsg.): DGFP Studie: Frauen in Führungspositionen, Düsseldorf, 2015, S. 19. • Eine große Rolle spielen demnach flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte, bei denen es nicht um die „Präsenz“ vor Ort geht, sondern das ergebnisorientierte Arbeiten im Vordergrund steht. Stimmt die Leistung, auch in einer Führungsfunktion, dann ist nicht relevant, wo und zu welchen Zeiten die Arbeitsleistung erbracht wurde. • Das Modell der Telearbeit und der mobilen Arbeit ist folglich geeignet, zu einer solchen Flexibilisierung beizutragen und die Vereinbarkeit der (Führungs-)Arbeit mit familiären Verpflichtungen zu erleichtern. 19 • • • • Aus diesem Grund wurde auch die Möglichkeit zur Telearbeit für Führungskräfte ausgeweitet, die bis zu 40% ihrer Arbeitszeit in Telearbeit leisten können. Führung muss für Frauen attraktiver werden. Aus diesem Grund werden Job-Sharing-Modelle künftig stärker in den Fokus rücken, wenn es um die Erhöhung von Frauenanteilen in Führungspositionen geht. Darüber hinaus muss die gezielte Weiterentwicklung von Frauen in Führungspositionen stärker gefördert werden – Mentoringprogramme für Führungskräfte der niedrigeren Führungsebenen aber auch für Berufsanfänger/Berufsanfängerinnen sind hier in Planung. Mitarbeiter/-innenbindung (Retention): Der Bindung von Mitarbeiter/-innen wird in der Studie ebenfalls eine große Rolle zugeschrieben. Dies setzt voraus, dass u.a. auch Entwicklungsoptionen aktiv aufgezeigt werden, damit Fluktuationen insbesondere auf Führungsebenen gering gehalten werden. Austausch: Was wollen Frauen in Führung? Können Sie sich eine eigene Weiterentwicklung noch vorstellen? Was hindert sie ggf. daran, sich auf höchste Führungsstellen zu bewerben? Ein gezielter Austausch hierüber würde es ermöglichen, verwaltungsspezifische Hinderungsgründe aufzudecken und gezielte Maßnahmen zu entwickeln. 4. Handlungsfeld Lebensweise und -balance 4.1 Das “bisschen Haushalt“ - Privat- und Berufsleben im klassischen Rollenmodell Der Ausbau der Kinderbetreuung bildet die Grundlage dafür, dass Frauen wieder in den Beruf einsteigen können. Die Mehrheit der Aachener Betreuungseinrichtungen ermöglichen heute Betreuungszeiten, die dem eines Vollzeitarbeitstages (45h-Betreuung) entsprechen. Wenn also grundsätzlich die Möglichkeit bestünde, dass Kinder 5 Tage in der Woche insgesamt 40 Stunden in Betreuung sind, warum arbeiten dann Frauen nach der Geburt der Kinder vorwiegend nur in Teilzeit? a) Organisatorische Gründe Wenn „Mann“ Vollzeit arbeitet, wer versorgt dann den Haushalt? Wer wäscht und bügelt, putzt das Haus/die Wohnung, erledigt die Einkäufe, kocht das Essen, koordiniert die Arzttermine der Kinder, bringt die Kinder zu Freunden, Musikschule oder Turnunterricht? Wenn Frau Vollzeit arbeiten würde und abends nach Hause käme, würde nach dem heutigen Rollenmodell der nächste Vollzeit - Job auf sie warten. Wer es finanziell stemmen kann, delegiert Arbeiten an Haushaltshilfen. Ansonsten bleibt dieser Lebensbereich Hauptaufgabengebiet der Frau. Dies spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Allensbach- Studie "Weichenstellungen für die Aufgabenteilung in Familie und Beruf“ 9 wider, aus der nachfolgend Daten aufbereitet wurden. Institut für Demoskopie Allensbach (Hrsg.), 2015: Weichenstellung für die Aufgabenverteilung in Familie und Beruf. Untersuchungsbericht zu einer repräsentativen Befragung von Elternpaaren im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Allensbach 9 20 Wie haben Sie sich die Familienarbeit mit Ihrem Partner/Ihrer Partnerin aufgeteilt: Wie viel machen Sie selbst bei der Familienarbeit? 100 90 80 70 60 Anteil der Befragten 50 in % 40 Mütter Väter 30 20 10 0 Alles Das Meiste Etwa die Hälfte Den Kaum Keine kleineren etwas, gar Angabe Teil nichts Eigenen Grafik; Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach (Hrsg.), 2015: Weichenstellungen für die Aufgabenverteilung in Familien und Beruf b) Emotionale Gründe Das Institut für Demoskopie Allensbach stellt in seiner Studie „Weichenstellungen für die Aufgabenteilung in Familie und Beruf“ aus dem Jahr 2014 fest, dass an oberster Stelle für die Aufteilung der Arbeitszeit von Mann und Frau der persönliche Wunsch der Mutter stand, Zeit mit ihrem Kind zu verbringen bzw. das Kind in den ersten Jahren auch selbst zu betreuen. Mit anderen Worten: in den Köpfen und Herzen der Mütter besteht der ausdrückliche Wunsch, diese Betreuung zu übernehmen. Gleichzeitig gab es seitens der Väter kaum Protest gegenüber dieser Sichtweise. Vielmehr stellt die Studie fest, dass nur bei 8% der Paare Uneinigkeit bezüglich der Aufgaben- und Arbeitszeitverteilung auftrat. c) Finanzielle Gründe Für 60% der Paare hatte gemäß der Allensbach-Studie das Gehalt großen Einfluss darauf, dass die Eltern sich für ein bestimmtes Modell der Arbeitszeitverteilung ausgesprochen haben. Da in der Mehrheit der Fälle der Mann besser verdient, ist es für die meisten Paare auch unter diesem Gesichtspunkt sinnvoll, dass der Mann voll im Beruf arbeitet und die Frau ihre Arbeitszeit reduziert. d) Gesellschaftliches Rollenbild Neben diesen Gründen gibt es auch noch das allgemeine Rollenverständnis, dem Mann und Frau gleichermaßen unterliegen. „Mann“ kann doch nicht in Teilzeit arbeiten, wenn er beruflich weiterkommen möchte. „Frau“ muss ihrem Mann doch den Rücken frei halten, wenn er an seiner Karriere bastelt. In den meisten Unternehmen herrscht ebenso wie gesellschaftlich nach wie vor das klassische Rollenverständnis. Der Druck lastet also auch auf den Männern. Der Wunsch eines Mannes, seine Arbeitszeit zu Gunsten der Familie zu reduzieren, wird in vielen Unternehmen gleichgesetzt mit einem Mangel an beruflichem Engagement und dem Verzicht auf Karriere. Als ein weiterer Beleg für diese klassische Rollenverteilung wurde in der Vergangenheit auch immer wieder die Pflege kranker Kinder angeführt. „Pflege ist Müttersache“ – dieses Credo war und ist in den Köpfen der Gesellschaft noch immer verankert. Allerdings kündigen sich derzeit Veränderungen an. 21 So stellt eine aktuelle DAK-Studie fest, dass 2016 rund 23% der Väter schon einmal die Betreuung eines kranken Kindes übernommen haben. Das sind immerhin fast doppelt so viele Väter wie im Jahr 2010. Auffällig ist, dass von den Personen, die Sonderurlaub wegen Kind-Erkrankung nutzen mussten, es lediglich die Mütter waren, die schon einmal 10 Tage oder mehr in Anspruch genommen haben, während kein einziger Vater einen derart langen Zeitraum an Sonderurlaub beansprucht hat. Mütter mit Kindern unter 12 Jahren Väter mit Kindern unter 12 Jahren Auffällig ist, dass lediglich die Mütter schon einmal 10 Tage oder mehr Sonderurlaub bei Kindererkrankung in Anspruch nehmen mussten, während kein einziger Vater einen derart langen Zeitraum an Sonderurlaub beansprucht hat. 4.2 Ziele und Maßnahmen: Ausgewogene Rollenverteilung = Chancen für Alle! Modernes Rollenverständnis fördern Ohne ein Aufbrechen klassischer Rollenstrukturen wird der Anteil von Frauen in vollzeitnaher Beschäftigung nicht wesentlich steigen – Familienarbeit ist bislang fast ausschließlich Frauenarbeit und bleibt damit ein Job neben dem Job. Ein Arbeitgeber kann jedoch dazu beitragen, dass im eigenen Unternehmen ein modernes Rollenverständnis Einzug hält und die Teilzeitarbeit von Männern zu einem selbstverständlicheren Alltagsbild wird. Für die Männer würde sich damit die Chance eröffnen, Vaterschaft aktiv zu erleben und etwas mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Hemmschwellen identifizieren Welche Faktoren hindern Frauen in der Verwaltung an einer beruflichen Weiterentwicklung? Welche Rolle spielt die persönliche und private Lebenseinstellung? Was kann der Arbeitgeber aktiv beeinflussen? Maßnahmen: 22 a) Beratungsarbeit Wie bereits oben beschrieben wird die Beratungsleistung des Familienservicebüros künftig verstärkt darauf ausgerichtet, Mitarbeiter/-innen auf die Möglichkeiten des neuen Elterngeld-Plus hinzuweisen und auch persönlich über eine ausgeglichene Verteilung von Familienpflichten und Berufstätigkeit innerhalb der Familie nachzudenken. b) Informationskampagne Das Familienservicebüro wird in den nächsten Jahren im Intranet verstärkt das Thema „Aktive Vaterschaft“ thematisieren, Positiv-Beispiele vorstellen und Beratungsangebote in diesem Themenfeld ausbauen. Fazit Betrachtet man die Ergebnisse dieses Gleichstellungsplans, so kann man im Wesentlichen zwei Dinge feststellen: 1. Die Frauenförderung der vergangenen Jahre hat Erfolge zu verzeichnen:     Frauen kommen früher wieder aus ihrer Elternzeit zurück und steigen schneller wieder in den Job ein. Maßnahmen wie der Ausbau der U3-Betreuung und des Betriebskindergartens, die vielfältigen Möglichkeiten der Teilzeitarbeit und die Telearbeit haben als Maßnahmen offensichtlich einen wertvollen Beitrag dazu geleistet. Die Einführung der mobilen Arbeit in diesem Jahr und die nun vorhandene Möglichkeit zur Teilnahme von Führungskräften (bis zu 40% der Arbeitszeit) an der Telearbeit werden in den nächsten Jahren sicherlich weitere positive Effekte nach sich ziehen. Frauen nutzen aktiv die Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung und –entwicklung z.B. durch eine Teilnahme am Führungsnachwuchsprogramm und definieren damit, dass Führung für sie eine berechtigte Perspektive darstellt. In den Verfahren zur Besetzung von niedrigen/mittleren Leitungsebenen bewerben sich mehr Frauen als Männer und sie setzen sich auch erfolgreich gegen männliche Bewerber durch. Führung auf diesen Ebenen wird also weiblicher. Ausbildungsplätze werden vermehrt durch Frauen besetzt und auch im Bereich der Ausbildungsplätze für den gehobenen Dienst überwiegt der Frauenanteil. Das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen bei den Beamten dürfte sich in den nächsten Jahren bei gleichbleibender Entwicklung langsam reduzieren. 2. Es gibt noch viel zu tun in der Frauenförderung  Nach wie vor verursacht die Familiengründung einen massiven Bruch in der Erwerbsbiographie der Frauen. So gelingt zwar der berufliche Wiedereinstieg früher, es sind jedoch vor allem die Frauen, die ihre 23   Arbeitszeit anschließend auf unbestimmte Zeit reduzieren. Das Risiko von Altersarmut ist und bleibt damit ein Frauenthema. Frauen erreichen die Führungspositionen auf den höchsten Führungsebenen in der Verwaltung sehr selten. Eine Rolle spielen auch hier die Brüche in der Erwerbsbiographie. Ein weiterer Faktor ist die Belastung, welche Frauen mit Kindern bei einer klassischen Rollenverteilung zu bewältigen hätten, nämlich eine hohe Führungsverantwortung bei gleichzeitig hoher Verantwortung für sämtliche Familienpflichten. Die private Aufgabenverteilung der Familienpflichten entscheidet u.a. darüber, ob Frauen in der Lage sind, Stunden im Beruf aufzustocken. Dabei sind Familienpflichten mehr als nur die reine Betreuung der Kinder. Bei einem hohen Deckungsgrad von Vollzeit-Betreuungsplätzen (45h) in der Stadt Aachen und Umgebung, könnten Frauen tatsächlich vermehrt Vollzeit arbeiten. Aber zu Familienpflichten gehören auch der Haushalt, das Einkaufen sowie die Freizeitgestaltung der Kinder. So lange dies Frauenarbeit bleibt, wird sich nicht viel verändern. Denn das Ziel für die Frauen kann nicht lauten, zwei Vollzeitjobs alleine zu bewältigen. Die Frauenförderung der vergangenen Jahre hat einen sehr starken Fokus auf die Schaffung „harter“ Rahmenbedingungen (z.B. U3- Betreuungsplätze, Teilzeitmodelle) gelegt, um Frauen überhaupt Perspektiven und Möglichkeiten des beruflichen Wiedereinstiegs und der Weiterentwicklung zu eröffnen. Bei allen Erfolgen muss man jedoch feststellen, dass diese Maßnahmen nach wie vor an die Grenzen einer traditionellen Rollenverteilung im privaten Umfeld der Frauen stoßen. Die Tatsache, dass beispielsweise die Teilzeitquote von Männern in Deutschland erheblich niedriger liegt (9%) als in anderen europäischen Ländern (z.B. Niederlande mit 22%) 10, bestätigt, dass die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau innerhalb Deutschlands nach wie vor ein wesentliches gesellschaftliches Handlungsfeld ist. Politisch ist dies längst erkannt worden und mit dem ElterngeldPlus ein Versuch gestartet worden, eine gerechtere Aufteilung von Familienarbeit zwischen Mann und Frau anzustoßen. Doch was kann ein Betrieb tun, um hier einen Beitrag für die eigenen Mitarbeiter/-innen zu leisten und in der Frauenförderung eine neue Dynamik zu entfachen? Wie kann man als Unternehmen Einfluss auf so private Entscheidungen und Haltungen nehmen? Es wird Aufgabe der Stadtverwaltung sein, ein neues Rollenverständnis zu fördern und Handlungsoptionen aufzuzeigen. Dazu zählt, dass die Teilzeitarbeit raus muss aus ihrer Nische der „Frauenförderung“. Teilzeitarbeit ist ein Familienthema und kann in sehr viel gerechteren Modellen erfolgen als dies bisher oft der Fall ist – nämlich dann, wenn Mann und Frau Familie und Beruf untereinander gerechter aufteilen. Der Arbeitgeber muss hierzu aktiv eine Haltung entwickeln und offen vermitteln, dass Teilzeitarbeit auch ein „Männermodell“ ist. Gleichzeitig müssen bei aller Flexibilität auch immer die organisatorischen Grenzen des Arbeitgebers bei Stellenzuschnitten und den Reaktionsmöglichkeiten auf individuelle Teilzeitwünsche gesehen werden. Eine klare Angebotsstruktur von Teilzeitoptionen und den dazugehörigen Rahmenbedingungen wird künftig ein deutlich transparenteres Modell der Teilzeitarbeit für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen – und auch explizit als gleichrangiges Angebot für Männer beworben werden. Dabei geht es nicht darum, dass künftig statt der Frauen die Männer ihre Arbeitszeit drastisch reduzieren, sondern dass beide Elternteile einer Beinahe-Vollzeit-Beschäftigung nachgehen und die Pflichten der Familienarbeit untereinander ausgewogener aufteilen. Wie Teilzeitarbeit nach solchen Modellen (theoretisch) erfolgen kann, zeigt das nachfolgende Beispiel. 10 Statistisches Bundesamt: veröffentlicht in ZEIT ONLINE, afp, haw, jr, 1. November 2016, 13:08 Uhr 24 Teilzeitmodell Vater und Mutter (bei gesicherter Kinderbetreuung bis 14 Uhr) Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Vater Mutter Vater Mutter Vater Mutter Vater Mutter Vater Mutter 8 – 14 Uhr Beruf Beruf Beruf Beruf Beruf Beruf Beruf Beruf Beruf Beruf 14 – 18 Uhr Beruf Familie Beruf Familie Familie Beruf Familie Beruf Beruf Familie Arbeitszeiten 8h 5h 8h 5h 5h 8h 5h 8h 8h 5h Wochenarbeitszeit: Vater: 34 h, Mutter: 31 h (Fahrzeit, Pausenzeit berücksichtigt) Solche Denkmodelle der „Beinahe-Vollzeit“ beider Elternteile sollen von der Arbeitgeberin Stadt Aachen aktiv kommuniziert werden, die moderne Vaterschaft zum Thema gemacht werden und auch innerhalb des Unternehmens akzeptiert sein. Wer z.B. statt 39 Stunden „nur“ 34 h arbeitet, darf keine Nachteile für die eigene Karriere befürchten müssen. Statt reiner Präsenzkultur wird die Ergebniskultur der Arbeit stärker in den Vordergrund gestellt werden und dazu ergänzende Instrumente zur Flexibilisierung der Arbeit eingeführt. Mit der Dienstvereinbarung zur mobilen Arbeit wurde hier bereits ein erster Schritt getätigt. Dem werden in den nächsten fünf Jahren Aufklärungs- und Informationskampagnen des Familienservicebüros folgen, die verstärkt darauf setzen, die aktive Vaterschaft zu fördern und ein modernes, zeitgemäßes Familienbild innerhalb der Verwaltung zu etablieren. Die Schauspielerin Senta Berger hat einmal gesagt: „Wenn ein Mann Karriere macht, fragt kein Mensch: Und was machen Sie mit den Kindern? Bei Frauen fragt man das immer: Warum eigentlich?“ Es wäre wünschenswert, wenn auch in unserer Verwaltung diesbezüglich ein Kulturwandel stattfindet und die Frage künftig lautet „Wie habt ihr gemeinsam die Kinderbetreuung geregelt?“. Dann wäre die Frauenförderung am Ziel angekommen und die Karriere der Frau tatsächlich gleichberechtigt und gleichwertig. 25 IV. Allgemeine Regelungen 1. Verantwortung Die Gesamtverantwortung für die Umsetzung des Gleichstellungsplans und des Landesgleichstellungsgesetzes, liegt beim Oberbürgermeister, delegiert auf Dez. V und dem Fachbereich Personal und Organisation als ausführende Stelle. Alle Dienststellen - d.h. alle Vorgesetzten für ihren Verantwortungsbereich - tragen Mitverantwortung dafür, dass die hier formulierten grundsätzlichen Ziele in einem angemessenen Zeitraum realisiert werden. Alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere solche mit personeller Verantwortung, sind aufgefordert, an dieser Aufgabe mitzuarbeiten. Mitarbeit bedeutet für die sachlich unmittelbar zuständigen Stellen die konkrete Anwendung und Durchführung der Maßnahmen dieses Gleichstellungsplanes, d.h., die Umsetzung in eine entsprechende Praxis. Weiter gefasst bedeutet Mitarbeit, mitzudenken, Vorschläge zu machen, Anregungen zu geben und insbesondere durch Verhalten dazu beizutragen, dass die berufliche Gleichstellung von Frauen und Männern überall in unserer Verwaltung verstärkt und gefestigt wird. Da die berufliche Gleichstellung der Geschlechter zu den zentralen Anliegen des Gleichstellungsbüros gehört, nimmt diese Dienststelle vorrangig die Beratung in den einschlägigen Fragestellungen wahr. Die gesetzlichen Beteiligungsrechte des Rates und seiner Ausschüsse sowie die der Personalvertretung werden durch die nachfolgenden Regelungen nicht berührt. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Dienststelle - einschließlich des Gleichstellungsbüros - und der Personalvertretung ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung des Gleichstellungsplans. 2. Geltungsbereich Der nachstehende Gleichstellungsplan gilt für die Stadtverwaltung Aachen, deren Eigenbetriebe sowie eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen. 3. Erstellung, Überprüfung und Fortschreibung Der Fachbereich Personal und Organisation erstellt in Zusammenarbeit mit dem Gleichstellungsbüro einen Gleichstellungsplan jeweils für fünf Jahre und schreibt diesen nach Ablauf fort. Nach spätestens zwei Jahren ist die Zielerreichung des Gleichstellungsplanes zu überprüfen. Der Gleichstellungsplan wird durch den Rat der Stadt Aachen verabschiedet. Sind während der Geltungsdauer des Gleichstellungsplans ergänzende Maßnahmen ergriffen worden, werden diese in der Fortschreibung des Gleichstellungsplanes benannt und die Gründe dafür dargelegt. Dem Rat wird zur Sicherstellung der Kontinuität die Fortschreibung des Gleichstellungsplanes vorgelegt. 26 Der Gleichstellungsplan und die nach Maßgabe des Gleichstellungsplans durchgeführten Maßnahmen werden in den Dienststellen bekannt gemacht. Darüber hinaus werden alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über den Gleichstellungsplan und seine Inhalte aktiv informiert. 4. Schlussbestimmungen Der Gleichstellungsplan tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. 27