Daten
Kommune
Aachen
Dateiname
255072.pdf
Größe
1,7 MB
Erstellt
20.04.17, 12:00
Aktualisiert
06.09.18, 23:40
Stichworte
Inhalt der Datei
Der Oberbürgermeister
Vorlage
Federführende Dienststelle:
Fachbereich Stadtentwicklung und Verkehrsanlagen
Beteiligte Dienststelle/n:
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
FB 61/0676/WP17
öffentlich
20.04.2017
Dez. III / FB 61/200
Evaluation StädteRegionales Einzelhandelskonzept (STRIKT)
hier: Vorstellung des Abschlussberichtes
Beratungsfolge:
TOP:__
Datum
Gremium
Kompetenz
18.05.2017
28.06.2017
PLA
AAWW
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Beschlussvorschlag:
Der Planungsausschuss nimmt den Abschlussbericht zur Evaluation des Städteregionalen
Einzelhandelskonzeptes zur Kenntnis.
Der Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft nimmt den Abschlussbericht zur Evaluation
des Städteregionalen Einzelhandelskonzeptes zur Kenntnis.
Vorlage FB 61/0676/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 20.11.2017
Seite: 1/2
Erläuterungen:
Das STRIKT dient seit 2008 als Abstimmungsgrundlage für (großflächige) Einzelhandelsprojekte in
der Städteregion. Diese werden regelmäßig im Arbeitskreis STRIKT vorgestellt, an dem außer
Vertretern der Kommunen auch die IHK Aachen, der Einzelhandelsverband Aachen-Düren-Köln sowie
die Bezirksregierung Köln teilnimmt.
Die Arbeit des Arbeitskreises ist insgesamt als erfolgreich zu bewerten. Durch den Austausch im
Arbeitskreis wird die Transparenz von Projekten gefördert und der Abstimmungs- und
Genehmigungsprozess beschleunigt, da er auf einer gemeinsam vereinbarten Basis beruht. Durch
den regionalen Konsens wird eine Planungssicherheit auch gegenüber den Genehmigungsbehörden
erreicht, sodass eine erfolgreiche Umsetzung der Projekte gefördert wird.
Obwohl für die überwiegende Zahl der Projekte ein Konsens erreicht werden konnte, gab es jedoch
auch kontrovers diskutierte Vorhaben und auch solche, für die keine Zustimmung auf Grundlage der
vereinbarten Regelungen gefunden werden konnte. In diesem Rahmen entstand die Diskussion, ob
die vereinbarten Regeln noch wirksam sind und der aktuellen Einzelhandelsentwicklung entsprechen.
Hinzu kommen die geänderten gesetzlichen Vorgaben durch den seit 2013 vorliegenden
Landesentwicklungsplan LEP NRW – Sachlicher Teilplan großflächiger Einzelhandel.
Dies war Anlass, dass der Arbeitskreis STRIKT die Notwendigkeit sah, das bestehende Konzept zu
überprüfen.
Im Dezember 2015 erteilte die Städteregion Aachen der GMA (Gesellschaft für Markt- und
Absatzforschung, Köln) den Auftrag zur Evaluation des STRIKT.
Der beiliegende Abschlussbricht stellt das Ergebnis dieser Untersuchung dar.
Im Ergebnis wird eine Fortschreibung des STRIKT empfohlen sowie eine Erneuerung der
Ratsbindung.
Hauptziele werden weiterhin sein:
Stärkung der zentralen Versorgungsbereiche
Verhinderung von zentrenschädlichen Ansiedlungen an dezentralen Standorten
Stärkung der wohnungsnahen Grundversorgung
Förderung der Abstimmung in der Städteregion durch ein transparentes Verfahren und
einheitliche Vorgaben.
Die Weiterführung des STRIKT bietet den Vorteil, dass auch künftig (politische) Entscheidungen auf
Grundlage eines aktuellen und damit auch rechtssicheren Einzelhandelskonzeptes mit einer
entsprechenden Datengrundlage getroffen werden können. Letztendlich basiert auch das Aachener
Zentren- und Nahversorgungskonzept auf dem STRIKT.
Ziel ist, das Abstimmungsverfahren insgesamt zu aktualisieren und zu modifizieren. Dabei soll eine
Verschlankung des Prozesses angestrebt werden, sodass in Zukunft eine höhere Effektivität zu
erwarten ist.
Anlage/n:
Abschlussbericht Evaluation STRIKT
Vorlage FB 61/0676/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 20.11.2017
Seite: 2/2
Evaluation
STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse,
Bewertung, Empfehlungen
Evaluation Städteregionales
Einzelhandelskonzept STRIKT
Aachen, Abschlussbericht
Analyse, Bewertung,
Empfehlungen
Auftraggeber:
StädteRegion Aachen
Projektleitung:
Gudula Böckenholt,
Monika Kollmar, Niederlassungs‐
leitung
Köln, am
07.04.2017
Gesellschaft für Markt‐
und Absatzforschung mbH
1
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Urheberrecht
Das vorliegende Dokument unterliegt dem Urheberrecht gemäß § 2 Abs. 2 sowie § 31 Abs. 2
des Gesetzes zum Schutze der Urheberrechte. Eine Vervielfältigung, Weitergabe oder (auch
auszugsweise) Veröffentlichung ist nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung des Auftrag‐
gebers und seiner Mitgliedskommunen unter Angabe der Quelle zulässig.
Gesellschaft für Markt‐ und Absatzforschung mbH
Ludwigsburg | Dresden, Hamburg, Köln, München
Siegburger Straße 215
50679 Köln
Geschäftsführer: Dr. Stefan Holl
Telefon:
Telefax:
E‐Mail:
Internet:
0221 / 98 94 38 – 0
0221 / 98 94 38 ‐ 19
office.koeln@gma.biz
www.gma.biz
2
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Vorbemerkung
Im Dezember 2015 erteilte die StädteRegion Aachen der GMA, Gesellschaft für Markt‐ und
Absatzforschung mbH, Köln, den Auftrag zur Evaluation des städteregionalen Einzelhandelskon‐
zeptes (STRIKT).
Die Bearbeitung dieser Untersuchung basiert auf dem im Jahr 2006 / 2007 erarbeiteten STRIKT,
das seit 2008 als interkommunale Abstimmungsgrundlage für großflächige Einzelhandelsent‐
wicklungen in der StädteRegion Aachen dient. In den Bericht fließen zudem die Ergebnisse aus
Fachgesprächen mit Vertretern aller städteregionalen Kommunen (i. d. R. der Planungsämter),
mit der Bezirksregierung Köln, der IHK Aachen und dem Einzelhandels‐ und Dienstleistungsver‐
band Aachen‐Düren‐Köln e.V. ein. Die Ergebnisse der Evaluation und Vorschläge zur Weiter‐
entwicklung des STRIKT Aachen wurden in zwei STRIKT‐Arbeitskreissitzungen diskutiert. Der
vorliegende Abschlussbericht dient als Ergebnisbericht.
Der GMA standen zur Auftragsabwicklung u. a. Veröffentlichungen des Statistischen Bundesam‐
tes, des IT.NRW sowie des Auftraggebers und z. T. der städteregionalen Kommunen zur Verfü‐
gung. Bestandserhebungen im Einzelhandel waren auftragsgemäß nicht Gegenstand der vorlie‐
genden Evaluation.
Die Evaluation dient als Grundlage für die Entscheidung über die Fortschreibung des STRIKT
Aachen. Alle Informationen im vorliegenden Dokument sind sorgfältig recherchiert; der Bericht
wurde nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktu‐
alität aller Inhalte kann die GMA keine Gewähr übernehmen.
G M A
Gesellschaft für Markt‐ und
Absatzforschung mbH
Köln, den 07.04.2017
BÖ/KO‐aw
3
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Inhaltsverzeichnis
Seite
I.
Rahmenbedingungen
8
1.
Aufgabenstellung, Hintergrund
8
2.
Regionale Einzelhandelskonzepte
9
3.
Wesentliche Grundzüge der Einzelhandelsentwicklung
10
II.
Evaluation STRIKT Aachen
12
1.
Untersuchungsdesign
12
2.
Bilanzierung der bisherigen Projekte
13
3.
Rückmeldungen aus den Städten und Gemeinden
17
III. Empfehlungen zur Weiterentwicklung des STRIKT
1.
19
Empfehlungen zum künftigen Umgang mit Ansiedlungs‐ und
Erweiterungsprojekten – differenziert nach Sortimentsbedeutung
(nahversorgungs‐, zentren‐ und nicht zentrenrelevant)
20
1.1
Einzelhandelsvorhaben mit nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten
20
1.2
Einzelhandelsvorhaben mit zentrenrelevanten Kernsortimenten
21
1.3
Einzelhandelsvorhaben mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten
21
1.4
Fazit
21
2.
Empfehlungen zum Verfahren
22
2.1
Umgang mit Konfliktfällen
22
2.2
Information / Kommunikation
23
2.3
Handlungsempfehlungen und Fazit
23
3.
Ausblick
26
Verzeichnisse
27
IV. Anhang: Planungsrechtliche Instrumente zur Steuerung der
Standortentwicklung im Einzelhandel
28
1.
Bauplanungsrecht
28
1.1
Gebiete mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB)
28
1.2
Unbeplanter Innenbereich (§ 34 BauGB)
28
2.
Landesplanung
29
3.
Regionalplanung
31
4.
Prüfung der Ausnahmeregelung in Ziel 2 bei Ansiedlung / Erweiterung eines
Einzelhandelsbetriebes mit Lage außerhalb eines ZVB mit
nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten (sofern Atypik nicht greift)
32
4
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Zusammenfassung
Das Städteregionale Einzelhandelskonzept (STRIKT) dient seit 2008 als interkommunales Ab‐
stimmungsinstrument für großflächige Einzelhandelsentwicklungen in der StädteRegion
Aachen. Es basiert auf den damals gültigen landesplanerischen Vorgaben (v. a. § 24a LEPro
NRW).
Die vorliegende Evaluation dient der Entscheidungsfindung, ob mit einer überarbeiteten, neuen
Fassung des STRIKT auch in den kommenden Jahren grundsätzlich weiter gearbeitet werden
soll.
Aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Neuerungen durch Inkrafttreten des Sachlichen Teil‐
plans großflächiger Einzelhandel sowie der Erfahrungen aus dem AK STRIKT und der Verände‐
rungen der Einzelhandelssituation ist eine Aktualisierung der Ziele und Kriterien des STRIKT
zwingend erforderlich.
Die Erfahrungen mit dem STRIKT haben gezeigt, dass eine Reihe von Vorteilen generiert wer‐
den kann, so z. B. eine im Vergleich zu nicht regional organisierten Kommunen effektivere und
konstruktivere Abstimmung, eine im regionalen Kontext durchgeführte Gleichbehandlung
von Ansiedlungsvorhaben und eine abgestimmte Einzelhandelsentwicklung. Diese Vorteile
ermöglichen u. a. eine entsprechende Positionierung der Region gegenüber übergeordneten
Genehmigungsbehörden.
Die Evaluation der bisherigen Projekte und Abstimmungsverfahren im STRIKT zeigt eine hohe
Erfolgsquote auf: 89 % der behandelten Verfahren endeten in einem regionalen Konsens. Für
Planungen, die bei Erstvorlage nicht den Konsenskriterien des STRIKT entsprachen, konnten
praxisorientierte Lösungen gefunden werden.
Rückmeldungen aus den Städten und Gemeinden sowie den im Arbeitskreis beteiligten Institu‐
tionen (Bezirksregierung Köln, IHK Aachen sowie EHV Aachen‐Düren‐Köln e.V.) zeigen eine hohe
Akzeptanz des STRIKT, insbesondere in Bezug auf das transparente Verfahren und eine schnel‐
lere Abwicklung der formellen Genehmigungsverfahren.
Ein regionaler Konsens im STRIKT bedeutet letztlich eine Planungssicherheit der planenden
Kommune gegenüber den Genehmigungsbehörden und eine zielgerichtete Umsetzung der
Vorhaben.
5
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Abbildung 1: Vorteile des STRIKT für die Städte und Gemeinden
GMA‐Darstellung 2017
Vor diesem Hintergrund empfiehlt die GMA eine Fortschreibung des STRIKT unter Anpassung
an die aktuellen landesplanerischen Vorgaben des LEP NRW – Sachlicher Teilplan großflächiger
Einzelhandel.
Für eine noch effektivere Abwicklung der Projekte und ein optimiertes Abstimmungsverfahren
werden Empfehlungen für eine Reduzierung der zu behandelnden Projekte in abgestimmten
zentralen Versorgungsbereichen sowie klarere Spielregeln für den Konfliktfall ausgesprochen.
Mit einer Verschlankung des Prozesses können in Zukunft eine höhere Effektivität erreicht und
ungewollte Härtefälle vermieden werden.
Der vorliegende Bericht basiert auf einer Evaluation der bisher im STRIKT diskutierten Projekte
sowie auf einer Einschätzung der beteiligten Kommunen und Institutionen. Die Empfehlungen
des Gutachters wurden mit den Akteuren des Arbeitskreises STRIKT diskutiert und in Bezug auf
die Realisierbarkeit überprüft.
Die Umsetzung der im Rahmen der Evaluation erarbeiteten Inhalte setzt eine Identifikation
aller städteregionalen Kommunen mit dem STRIKT sowie die Akzeptanz durch die örtliche
Politik voraus.
Dies sollte als freiwillige Selbstbindung in Form einer politischen Beschlussfassung erfolgen.
Für die Fortführung des STRIKT ist ein erneuter Ratsbeschluss innerhalb der kommunalpoliti‐
schen Gremien herbeizuführen.
6
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Abbildung 2: Spielregeln für die Städteregionalen Kommunen
GMA‐Darstellung 2017
7
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
I.
Rahmenbedingungen
1.
Aufgabenstellung, Hintergrund
Im Jahr 2006 / 2007 hat die StädteRegion Aachen in Zusammenarbeit mit den zehn Mitglieds‐
kommunen, der Bezirksregierung Köln, der Industrie‐ und Handelskammer (IHK) Aachen sowie
dem Einzelhandels‐ und Dienstleistungsverband (EHV) Aachen‐Düren‐Köln e.V. ein städteregio‐
nales Einzelhandelskonzept (STRIKT) erarbeitet. Dieses dient seit 2008 als interkommunales
Abstimmungsinstrument für großflächige Einzelhandelsentwicklungen in der StädteRegion.
Zwischenzeitlich sind mit dem LEP NRW – Sachlicher Teilplan großflächiger Einzelhandel 2013
neue landesplanerische Vorgaben zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels in Kraft getre‐
ten, daher ist eine Aktualisierung der Ziele und Kriterien des STRIKT notwendig.1
Abbildung 3: Ziele und Grundsätze zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels gemäß
LEP NRW – Sachlicher Teilplan großflächiger Einzelhandel
GMA‐Darstellung 2017
Der vorliegende Berichtsband fasst die Ergebnisse der Evaluation des STRIKT Aachen zusammen
und dient als Grundlage für die Entscheidung über die Fortsetzung der interkommunalen Ab‐
stimmung.
1
Eine Übersicht über das planungsrechtliche Instrumentarium der Standortentwicklung im Einzelhandel
ist im Anhang zu diesem Bericht aufgeführt.
8
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
2.
Regionale Einzelhandelskonzepte
Interkommunale und regionale Einzelhandelskonzepte geben die planerischen Rahmenbedin‐
gungen zur Standortentwicklung des Einzelhandels in einer Region vor. Sie basieren zum Teil auf
kommunalen Einzelhandelskonzepten der beteiligten Städte und Gemeinden, richten den Blick
jedoch auf eine übergeordnete Steuerung innerhalb der Region. Sie stellen eine rechtlich und
planerisch fundierte Bewertungsgrundlage und ein grundsätzliches Steuerungskonzept für die
Einzelhandelsentwicklung innerhalb einer Region dar.
Um eine Verbindlichkeit dieser informellen Planungen herzustellen, ist ein Beschluss des Ein‐
zelhandelskonzeptes durch die Räte der beteiligten Kommunen notwendig.
Wesentliche Elemente eines Einzelhandelskonzeptes sind
die Definition von städtebaulichen Zielen der Kommune / der Region für die Einzel‐
handelsentwicklung,
die Festlegung der Zentren‐ und Standortstruktur,
die Abgrenzung und Definition der zentralen Versorgungsbereiche ,
die Definition einer stadtspezifischen / regionalen Sortimentsliste,
Steuerungsempfehlungen zur Einzelhandelsentwicklung,
die planungsrechtliche Verankerung im Rahmen der Bauleitplanung.
Die auch im Sachlichen Teilplan Großflächiger Einzelhandel (Grundsatz 9) aufgeführten Regiona‐
len Einzelhandelskonzepte werden in der Begründung folgendermaßen eingeordnet:
„Regionale Einzelhandelskonzepte (REHK) stellen ein wichtiges informelles Instru‐
ment einer kooperativen Einzelhandelsentwicklung dar. Sie vermitteln zwischen örtli‐
chen und überörtlichen Interessen, basieren auf freiwilliger Zusammenarbeit unter‐
schiedlichster Akteure aus Wirtschaft und Verwaltung und enthalten gemeinsam ver‐
einbarte Regeln für die Ansiedlung großflächigen Einzelhandels. Auf dieser Grundlage
ist es möglich, bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt solche Projekte, die mit den
Zielsetzungen des Landes nicht vereinbar sind, entweder nicht weiter zu verfolgen
oder entsprechend zu modifizieren. Der Wert solcher Konzepte liegt aus Sicht des
Landes Nordrhein‐Westfalen aber auch darin, dass sie auch die in Zeiten des demo‐
graphischen Wandels noch wichtiger werdende regionale Kooperation und Kommu‐
nikation fördern.“2
2
Erläuterungen zu Grundsatz 9: Regionale Einzelhandelskonzepte, LEP NRW, Sachlicher Teilplan Großflä‐
chiger Einzelhandel, S. 25
9
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Mit einem Regionalen Einzelhandelskonzept können sich Regionen gegenüber Nachbarräumen
und gegenüber den übergeordneten Genehmigungsbehörden gemeinsam positionieren und
Planungssicherheit erlangen.
3.
Wesentliche Grundzüge der Einzelhandelsentwicklung
Die Weiterentwicklung des STRIKT kann nicht losgelöst von wesentlichen Entwicklungstrends im
Einzelhandel erfolgen, die auch die Standortwahl der Unternehmen maßgeblich beeinflussen:
Ein starker Rückgang der Einzelunternehmen im Handel als Folge eines Strukturwan‐
dels, der bereits seit den 70er Jahren v. a. zu Lasten inhabergeführter Fachgeschäfte
und zugunsten filialisierter und discountorientierter Unternehmen geht.
Bis in die späten 2000er Jahre hinein erfolgte eine starke Verkaufsflächenexpansion
der Einzelhandelsunternehmen in allen Branchen, mit der jedoch nur eine stagnie‐
rende bis leicht ansteigende Umsatzentwicklung einherging.
Die dynamische Entwicklung des Onlinehandels in den vergangenen zehn Jahren
führt zu einer grundsätzlich geringeren Verkaufsflächennachfrage im Nonfoodseg‐
ment, insbesondere in Branchen wie der Unterhaltungselektronik, bei Büchern,
Spielwaren, aber auch im Textil‐, Schuh‐ und Sportsegment. Hier geht eine Tendenz
zu Showrooms, in denen der Kunde ausgewählte Waren besichtigen und vor Ort oder
von zu Hause im Internet einkaufen kann.
Nach einem langjährigen Trend zur Expansion an autokundenorientierten Standorten
ist seit einigen Jahren wieder ein deutlicher Trend in die Innenstadt festzuhalten, der
– nicht zuletzt auch aufgrund des restriktiven Planungsrechtes in Deutschland – wie‐
der zu einer verstärkten Nachfrage nach Flächen in den Innenstädten führte. Davon
ist der Lebensmittelhandel losgelöst zu sehen.
Der steigende Wettbewerbsdruck im Lebensmitteleinzelhandel führt zu einer immer
stärkeren Angleichung der Flächenansprüche von Lebensmitteldiscountern und Su‐
permärkten (Vollsortimenter). Auch wenn die Discounter immer noch deutlich gerin‐
gere Artikelzahlen führen als Supermärkte, überspringen alle deutschlandweit täti‐
gen Filialisten im Discountsegment mittlerweile die Grenze der Großflächigkeit.
Während Netto, Norma und Penny tendenziell Flächen zwischen 1.000 m² und 1.200
m² nachfragen, realisieren Aldi und Lidl – je nach Standort – mittlerweile Flächen zwi‐
schen 1.400 m² und 1.800 m² Verkaufsfläche.
10
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Wie in der Bilanzierung (Seite 13 ff.) aufgezeigt wird, lag der Schwerpunkt der Projekte, mit
denen sich der AK STRIKT in den letzten Jahren befasst hat, bei Erweiterungsplanungen von
Lebensmittelmärkten, insbesondere bei Lebensmitteldiscountern. Die steigenden Flächenan‐
forderungen der Unternehmen lassen sich teilweise nur außerhalb zentraler Versorgungsberei‐
che realisieren, was wiederum zu Konflikten bezüglich der durch die Gemeinden vereinbarten
STRIKT‐Kriterien führen kann.
Auch vor diesem Hintergrund ist eine Anpassung des STRIKT Aachen an die aktuellen Rahmen‐
bedingungen im Einzelhandel dringend notwendig.
Tabelle 1:
Standortanforderungen der Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels
(Auswahl)
Discounter
Vollsortimenter
Großer Super‐
markt /
SB‐Warenhaus
Verkaufsfläche
ab 800 m²
ab 1.200 m²
ab 2.500 m²
Sortiment
75 – 80 %
Foodanteil
85 – 90 %
Foodanteil
60 – 70 %
Foodanteil
Artikelzahl
ca. 2.000 – 4.000
ca. 10.000
ca. 25.000 –
50.000
Parkplätze
ab 60 Stück
ab 80 Stück
ab 150 Stück
Grundstück
ab 4.000 m²
ab 5.000 m²
ab 7.000 m²
Kernbevölkerung
ab 3.000 EW
ab 4.000 EW
ab 10.000 EW
Daten
Quelle: GMA‐Standortforschung 2017, ca.‐Werte
11
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
II.
Evaluation STRIKT Aachen
1.
Untersuchungsdesign
Das Untersuchungsdesign der Evaluation des STRIKT Aachen stellt sich entsprechend der nach‐
folgenden Abbildung dar.
Abbildung 4: Untersuchungsdesign Evaluation STRIKT Aachen
GMA‐Darstellung 2017
12
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
2.
Bilanzierung der bisherigen Projekte
Die Bilanzierung der bisherigen Projekte erfolgte auf Basis einer von der StädteRegion Aachen
zur Verfügung gestellten Datenbank. Folgende wesentliche Ergebnisse lassen sich zusammen‐
fassen:
Insgesamt wurden seit Beginn des STRIKT im Jahr 2007 56 Vorhaben abgestimmt.
Circa 45 % der Vorhaben waren Ansiedlungen, etwa 38 % Erweiterungsvorhaben und
rund 17 % sonstige Projekte, wie z. B. Einzelhandelskonzepte oder Sortimentsneu‐
strukturierungen.
41 % der Projekte waren zentralen Versorgungsbereichen zugeordnet, ca. 59 % sons‐
tigen Lagen.
Beim Großteil der Vorhaben (rd. 77 %) wurden Betriebe mit nahversorgungs‐ / zen‐
trenrelevanten Kernsortimenten angesiedelt bzw. erweitert, bei etwa 23 % der Pla‐
nungen handelte es sich um Betriebe mit überwiegend nicht zentrenrelevanten Sor‐
timenten.
Übersicht 1: Bilanzierung (seit 2007) – Regionale Projekte in Abstimmung nach Städten /
Gemeinden
*
inkl. der Vorhaben mit regionalem Konsens unter Vorbehalt sowie regionalem Konsens unter bestimm‐
ten Bedingungen
**
da nicht alle Vorhaben auch nach allen Kriterien gegliedert werden konnten, stimmt die Summe in den
einzelnen Spalten nicht immer mit der Gesamtsumme überein.
Quelle: StädteRegion Aachen, 2016 / GMA‐Auswertung 2016 / 2017
13
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Mit Blick auf die Zeitachse seit 2007 zeigt sich, dass der Anteil der Erweiterungsvorhaben in den
letzten Jahren deutlich zugenommen hat (siehe Abbildung 5). Dies liegt v. a. in dem hohen An‐
teil von geplanten Erweiterungen von Lebensmitteldiscountern begründet. Durch die Verkaufs‐
flächenerweiterung bemühen sich die Discounter, ihre Märkte moderner und damit wettbe‐
werbsfähig aufzustellen. Es ist eine der großen Herausforderungen des STRIKT, diese Planungen
an geeignete Standorte zu lenken.
Abbildung 5: Regionale Projekte in Abstimmung: Ansiedlung / Erweiterung
GMA‐Auswertung 2017
14
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Während die Ansiedlungs‐ oder Erweiterungsvorhaben innerhalb der zentralen Versorgungsbe‐
reiche in der StädteRegion Aachen i. d. R. unproblematisch sind, gibt es bei Ansiedlungs‐ und
Erweiterungsvorhaben außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche Abstimmungsbedarf;
insbesondere bei Vorhaben mit dem Schwerpunkt bei nahversorgungs‐ / zentrenrelevanten
Sortimenten.
Übersicht 2: Bilanzierung (seit 2007) – Regionale Projekte in Abstimmung nach Jahren
GMA‐Auswertung 2017
15
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Abbildung 6: Regionale Projekte in Abstimmung: zentrale Versorgungsbereiche / sonstige
Lagen
GMA‐Auswertung 2017
Insgesamt ist das STRIKT als Erfolgsmodell zu sehen:
In 50 von 56 Fällen konnte ein regionaler Konsens erzielt werden (= 89 %), wobei in
rd. 5 % der Fälle ein Konsens erst nach intensiver Abstimmung im Arbeitskreis STRIKT
und entsprechender Modifizierungen der Projekte erreicht wurde. Gerade diese Fälle
sind als Positivbeispiele für das Abstimmungsinstrument STRIKT zu bewerten, da pra‐
xisorientierte Lösungen für solche Fälle gefunden wurden, die zu Beginn planungs‐
rechtlich unzulässig waren.
Von den sechs Projekten, die keinen regionalen Konsens fanden, wurden vier Projek‐
te von den jeweiligen Städten und Gemeinden zurückgezogen. Lediglich in zwei Pro‐
jekten hat die planende Kommune gegen das Votum des Arbeitskreises STRIKT ihre
Planungen fortgeführt.
16
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Abbildung 7: Ergebnisse der Bilanzierung
GMA‐Darstellung 2017
Fazit: In 89 % der Fälle wurde ein regionaler Konsens erzielt. Die Abstimmung erfolgte i. d. R.
innerhalb kurzer Zeit. Somit ist STRIKT insgesamt als erfolgreich und effektiv zu bewerten.
3.
Rückmeldungen aus den Städten und Gemeinden
Zur Evaluation der Projektabwicklung im Rahmen des STRIKT wurden persönliche Gespräche
mit den Planern aller beteiligten Kommunen sowie mit IHK, Bezirksregierung und Handelsver‐
band geführt. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Gesprächspartner STRIKT als Instrument
überwiegend sehr positiv einschätzen:
Die frühzeitige Diskussion von Projekten führt zu einer größeren Transparenz inner‐
halb der StädteRegion.
Die klaren Spielregeln, die für alle Städte und Gemeinden gelten, werden positiv her‐
vorgehoben. Die vorgezogene Abstimmung führt i. d. R. zu einer deutlichen Be‐
schleunigung des formalen Verfahrens; Bezirksregierung, IHK und Einzelhandelsver‐
band sind bereits in einem frühzeitigen Stadium eingebunden.
Weiterhin wird der inhaltliche Austausch auf fachlicher Ebene betont, aktuelle recht‐
liche Rahmenbedingungen und Urteile werden zielführend diskutiert.
Einschränkend führten einige Teilnehmer an, dass die Vermittlung der STRIKT‐
Ergebnisse aus der Verwaltung in die kommunale Politik hinein teilweise schwierig sei
und es Optimierungsbedarf für Konfliktfälle gäbe.
17
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Als weitere Einschränkung wurde das z. T. aufwendige Verfahren genannt, da auch
bei Projekten in abgestimmten zentralen Versorgungsbereichen alle Gemeinden zur
Stellungnahme aufgefordert werden, auch wenn die entsprechende Gemeinde auf‐
grund der Distanz zur planenden Gemeinde nicht von dem Projekt betroffen sein
kann.
Übersicht 3: STRIKT – Stärken und Schwächen
GMA‐Darstellung 2017
Fazit: Zusammenfassend ist insbesondere die transparente und vertrauensvolle Zusammen‐
arbeit im Arbeitskreis STRIKT als Stärke hervorzuheben; sie führt dazu, dass viele Problemstel‐
lungen zeitnah zu praxisorientierten Lösungen geführt werden und damit die formalen Ge‐
nehmigungsverfahren zügig abgeschlossen werden konnten.
18
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
III. Empfehlungen zur Weiterentwicklung des STRIKT
Mit Blick auf die 2008 im STRIKT definierten Leitziele
Sicherung und Förderung der Nahversorgung
Sicherung und Stärkung der vitalen Zentren
Erhalt der Vielfalt der Einkaufsmöglichkeiten
transparentes Verfahren / Verfahrensbeschleunigung
lässt sich zunächst festhalten, dass diese Zielsetzungen weitgehend erreicht wurden. Auch
wenn die vorliegende Evaluation keine empirische Überprüfung des Einzelhandelsbestandes in
der StädteRegion umfasst – dies wäre Aufgabe einer Fortschreibung des STRIKT Aachen –, lässt
sich auf Basis der Fachgespräche festhalten, dass mit STRIKT eine städtebauliche und pla‐
nungsrechtliche Verträglichkeit gesteuert werden konnte. Die Transparenz des Abstimmungs‐
verfahrens und die Verfahrensbeschleunigung sind besonders hervorzuheben. Die Rückmel‐
dungen aus den Städten und Gemeinden sowie den beteiligten Institutionen (Bezirksregierung,
IHK, Einzelhandelsverband) und insbesondere die hohe Erfolgsquote mit 89 % der Fälle, in de‐
nen ein regionaler Konsens erreicht wurde, sprechen für eine Fortschreibung des STRIKT.
Abbildung 8: Empfehlungen für die Fortschreibung des STRIKT
GMA‐Darstellung 2017
19
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
1.
Empfehlungen zum künftigen Umgang mit Ansiedlungs‐ und Erweiterungsprojekten
– differenziert nach Sortimentsbedeutung (nahversorgungs‐, zentren‐ und nicht
zentrenrelevant)
1.1
Einzelhandelsvorhaben mit nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten
Im Sinne der Transparenz wäre ein Beibehalten der 800 m² Verkaufsflächen‐Grenze in allen
Sortimenten sinnvoll. Da die bisherigen Erfahrungswerte jedoch gezeigt haben, dass bei fast
allen Vorhaben eine Unbedenklichkeit attestiert wurde, erscheint zukünftig eine Verkaufsflä‐
chengrenze, ab der sich der AK STRIKT erst mit einem großflächigen Lebensmittelmarkt in ei‐
nem abgestimmten zentralen Versorgungsbereich beschäftigt, als ausreichend. Dies führt zu
einer Entlastung der AK STRIKT‐Mitglieder.
Zur Vermeidung überflüssiger Stellungnahmen bei bereits abgestimmten Standorten in zentra‐
len Versorgungsbereichen könnte daher bei der Fortschreibung des STRIKT eine Abstimmungs‐
grenze von z. B. 1.500 m² Verkaufsfläche bei Lebensmittelmärkten vereinbart werden3. Bis zu
dieser Grenze müssten Vorhaben, die innerhalb eines im STRIKT abgegrenzten zentralen Ver‐
sorgungsbereiches gelegen sind, nicht abgestimmt werden; es erfolgt jedoch eine Information
über das Vorhaben. Unabhängig von der Abstimmungsgrenze ist der Nachweis der Verträglich‐
keit eines großflächigen, nahversorgungsrelevanten Vorhabens auch bei Lage im abgestimmten
zentralen Versorgungsbereich zu führen. 4
Somit bleibt der für die Arbeitskreismitglieder wichtige fachliche Austausch bzw. die Informati‐
on über alle großflächigen Einzelhandelsvorhaben weiterhin bestehen. Auf diese Weise wird
eine gute Informationsbasis und Transparenz erreicht, die als Grundlage für eine vertrauensvol‐
le Zusammenarbeit im STRIKT dient.
Ist ein Vorhaben außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches gelegen oder weist ein in‐
nerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches gelegenes Projekt eine Verkaufsfläche von
über 1.500 m² auf, so ist eine Abstimmung entsprechend der STRIKT‐Kriterien erforderlich (vgl.
Abbildung 9).
Durch die Einführung einer Abstimmungsgrenze von z. B. 1.500 m² Verkaufsfläche für Lebens‐
mittelmärkte in zentralen Versorgungsbereichen dürfte sich die Anzahl der im AK STRIKT zu
diskutierenden Ansiedlungs‐ bzw. Erweiterungsfälle deutlich reduzieren. Bei Vorhaben oberhalb
dieses Grenzwerts bzw. bei Standorten außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches wird
wie bisher verfahren, d. h. die planende Stadt bringt über das standardisierte Datenblatt Infor‐
3
Im Rahmen der Fortschreibung des STRIKT wäre zudem zu prüfen, ob ein solcher Schwellenwert bei
Haupt‐ und Nahversorgungszentren unterschiedlich angelegt wird, oder ob beispielsweise zwischen
Vollsortimentern und Discountern differenziert wird.
4
Hierzu kann das Prüfschema der IHK Aachen vom Dezember 2016 beitragen, dass den Kommunen der
StädteRegion Aachen vorliegt. Dies ersetzt jedoch kein Verträglichkeitsgutachten im Rahmen des Bau‐
leitplanverfahrens oder des Baugenehmigungsverfahrens.
20
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
mationen zum Projekt ein, zu denen die STRIKT‐Kommunen dann eine Stellungnahme abgeben.
In diesem Rahmen erfolgt auch bereits eine vorgezogene Beurteilung der Übereinstimmung des
Projektes mit landesplanerischen Vorgaben, sodass eine Planungssicherheit gegenüber der
Bezirksregierung bereits in diesem frühen Stadium erreicht werden kann. Auch dies trägt zu
einer Verfahrensbeschleunigung bei.
1.2
Einzelhandelsvorhaben mit zentrenrelevanten Kernsortimenten
Großflächige Betriebe mit dem Umsatzschwerpunkt bei zentrenrelevanten Sortimenten sollen
auf zentrale Versorgungsbereiche gelenkt werden; sie sind nur in Haupt‐ oder geeigneten Stadt‐
teilzentren zulässig. Mit Blick auf die aktuellen landesplanerischen Regelungen sind folgende
Aspekte zu beachten:
Das Kongruenzgebot gilt lt. neuem LEP nur noch für nicht zentrenrelevante Sortimen‐
te (Grundsatz 4); damit entfällt die Regelung der Umsatz‐Kaufkraft‐Kennziffer.
Die Konzentration auf (regional abgestimmte) zentrale Versorgungsbereiche wird
beibehalten.
Bei kritischen Fällen ist die Prüfung wesentlicher Beeinträchtigungen erforderlich.
1.3
Einzelhandelsvorhaben mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten
Das bisherige Verfahren zum Umgang mit großflächigen, nicht zentrenrelevanten Einzelhan‐
delsvorhaben hat sich bewährt; es sollte entsprechend der landesplanerischen Vorgaben fest‐
gesetzt werden.
1.4
Fazit
Zur Entlastung der Mitglieder des AK STRIKT soll die Anzahl der Projekte, mit denen sich der
Arbeitskreis beschäftigt, reduziert werden. Hierfür bieten sich Ansiedlungs‐ und Erweiterungs‐
vorhaben im Lebensmittelhandel bis zu einem bestimmten Grenzwert (z. B. 1.500 m² Verkaufs‐
fläche) in den abgestimmten zentralen Versorgungsbereichen an. Nachfolgende Abbildung 9
stellt Projekte, mit denen sich der AK STRIKT künftig befassen soll, zusammenfassend dar.
21
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Abbildung 9: Übersicht über die im AK STRIKT zu behandelnden großflächigen Projekte
* 1.500 m² als Beispielwert; der bei Fortschreibung STRIKT konkret festzulegen wäre, ggf. mit Differenzierung
zwischen Haupt‐ und Nahversorgungszentrum
GMA‐Darstellung 2017
2.
Empfehlungen zum Verfahren
2.1
Umgang mit Konfliktfällen
Im Rahmen der Bilanzierung der STRIKT‐Projekte 2007 – 2015 wurde festgestellt, dass nur in
sechs Fällen kein regionaler Konsens erreicht wurde. In vier dieser sechs Fälle hat die planende
Kommune das Projekt zurückgezogen.
Der bisherige Umgang mit Konfliktfällen hat sich nicht bewährt. Es wird empfohlen, an dieser
Stelle zukünftig die Bürgermeisterkonferenz frühzeitig einzubinden. Gutachterlicherseits wird
folgendes zweistufiges Verfahren vorgeschlagen.5
5
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das STRIKT einen informellen Charakter hat; die
Planungshoheit der Gemeinden kann nicht eingeschränkt werden. Folgender Auszug aus dem STRIKT
2008 sollte daher weiterhin Bestand haben: „Sollte eine Gemeinde der Auffassung sein, in bestimmten
und städtebaulich begründbaren Fällen von den vereinbarten Prüfkriterien abzuweichen, entstehen ihr
keine Nachteile. Es bleibt ihrer Entscheidung überlassen, auch bei einem negativen Votum aus dem in‐
formellen Verfahren das formelle zweistufige Verfahren (landesplanerische Anpassung, anschließendes
Bauleitplanverfahren) einzuleiten.“ Quelle: STRIKT Aachen, BBE 2008, S. 127.
22
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Abbildung 10: Spielregeln im Konflikt
GMA‐Darstellung 2017
2.2
Information / Kommunikation
Um eine verbesserte Transparenz zwischen dem AK STRIKT und der kommunalpolitischen Ebe‐
ne zu erreichen, wird empfohlen, die Politik regelmäßig über die Ergebnisse des AK STRIKT zu
informieren, z. B. in Form kontinuierlicher Sachstandsberichte (ein‐ oder zweimal jährlich). Wird
diese Information als regelmäßiger Tagesordnungspunkt in die relevanten Gremien aufgenom‐
men, kann dadurch der Stellenwert der Arbeit des AK STRIKT erhöht werden. Dies wiederum
hat positive Effekte auf Transparenz und Akzeptanz / Identifikation mit STRIKT in den einzelnen
politischen Gremien.
2.3
Handlungsempfehlungen und Fazit
Im Rahmen der Fortschreibung des STRIKT wird empfohlen:
Zur zielgerichteten Steuerung von Einzelhandelsstandorten in der StädteRegion sind
die Städte und Gemeinden verpflichtet, ältere Bebauungspläne an die Ziele der
Raumordnung anzupassen (vgl. § 1 Abs. 5 BauGB). Kritische Standorte außerhalb
zentraler Versorgungsbereiche, die nach § 34 BauGB bewertet werden (unbeplanter
Innenbereich), sollen ebenfalls überplant werden.
Da bislang keine konkreten Aussagen zu Einzelhandelsagglomerationen außerhalb
von zentralen Versorgungsbereichen bestehen, wird für die Fortschreibung des
23
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
STRIKT eine entsprechende Regelung empfohlen. Agglomerationen mit mehreren
Fachmärkten unterhalb der Großflächigkeit – oft im Umfeld von Lebensmittelmärk‐
ten – können ähnliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche ausüben wie
großflächige Betriebe. Es wird empfohlen, solche Agglomerationen im Rahmen der
Fortschreibung STRIKT textlich und / oder zeichnerisch darzustellen und Steuerungs‐
empfehlungen hierfür zu treffen.
Für eine zielgerichtete Fortschreibung des STRIKT und die Arbeit in den kommenden
Jahren ist der Aufbau einer Bestandsdatenbank des Einzelhandels für die StädteRe‐
gion zu empfehlen. Hierzu können die Grundlagendaten der kommunalen Einzelhan‐
delskonzepte, die regelmäßig fortgeschrieben werden, verwendet werden. Eine ent‐
sprechende Auswertung i. S. e. Einzelhandelsmonitoring kann dann auch unabhängig
von einer möglichen Fortschreibung des STRIKT erfolgen.6
Die Information der StädteRegion bzw. des AK STRIKT über ein digitales Datenblatt
hat sich bewährt; diese Vorgehensweise sollte fortgeführt werden. Im Rahmen der
Fortschreibung des STRIKT sollten Verbesserungsmöglichkeiten im Detail geprüft
werden.7
Planungen sollten frühzeitig – idealerweise noch vor Einreichung der Vorlage der
Planungsunterlagen an den Rat bzw. die entsprechenden Ausschüsse – in den AK
STRIKT eingebracht werden. Ist ein formales Bauleitplan‐ / Genehmigungsverfahren
erst einmal eingeleitet, ist die Bezirksregierung verpflichtet, sich damit zu beschäfti‐
gen, auch wenn das Vorhaben noch nicht im AK STRIKT diskutiert wurde.8 Bei einer
Planung im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens sollte die Vorstellung im AK STRIKT
(vor der Offenlage) im Zuge der frühzeitigen Beteiligung erfolgen, im Rahmen eines
Baugenehmigungsverfahrens nach Eingang des Bauantrages (Bauvoranfrage).9
6
Bei veralteter Datenlage sollte im Rahmen der Fortschreibung des STRIKT eine erneute Bestandserhe‐
bung erfolgen.
7
Beispielsweise der mittelfristige Aufbau einer Projektdatenbank.
8
Sollte die planende Gemeinde bereits einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan für ein
konkretes Vorhaben beschließen, ohne dass das Projekt vorher im Arbeitskreis STRIKT besprochen wur‐
de, sollte die Vorlage für den Aufstellungsbeschluss einen entsprechenden Hinweis enthalten. Dieser
könnte lauten, dass die STRIKT‐Beratung noch nicht stattgefunden habe, jedoch noch durchzuführen sei.
9
Die Bestätigung des regionalen Konsenses im Baugenehmigungsverfahren ersetzt nicht die Beteiligung
der Bezirksregierung bzw. der IHK gemäß Okt. 5.6 Einzelhandelserlass NRW.
24
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Fazit: Ziele und Vorgehensweise des Verfahrens im AK STRIKT haben sich in den vergangenen
Jahren bewährt. Modifikationen zur Reduzierung der Fallzahlen, mit denen sich der AK
STRIKT beschäftigt, und zum Umgang mit Konfliktfällen sowie eine Anpassung an die aktuel‐
len landesplanerischen Ziele des LEP NRW – Sachlicher Teilplan großflächiger Einzelhandel
sind aus gutachterlicher Sicht vorzunehmen. Die nachfolgende Abbildung 11 stellt den aktua‐
lisierten Ablauf des Verfahrens dar.
Abbildung 11: Aktualisierter Ablauf des Verfahrens
GMA‐Darstellung 2017
25
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
3.
Ausblick
Vor dem Hintergrund der dargestellten Ergebnisse wird die Fortschreibung des STRIKT empfoh‐
len. Die interkommunale Abstimmung, die im Rahmen des formalen Bauleitplan‐ / Genehmi‐
gungsverfahrens ohnehin vorzunehmen ist, erfolgt frühzeitig in einer transparenten Vorge‐
hensweise. Mögliche Verstöße gegen Ziele der Raumordnung und Landesplanung können be‐
reits im Vorfeld ausgeräumt werden, sodass auch Planungssicherheit für das formale Verfahren
erlangt wird. Insgesamt ist eine Abstimmung mit STRIKT effektiver und konstruktiver als ohne
dieses informelle Abstimmungsinstrument.
Mit einer Fortschreibung des STRIKT ist auch eine Erneuerung der Ratsbindung (selbstbindender
Ratsbeschluss) in den einzelnen Kommunen verbunden. Somit kann die grundsätzliche
„Marschrichtung“ gefestigt werden:
Die zentralen Versorgungsbereiche werden gestärkt, zentrenschädliche Ansiedlungen
an dezentralen Standorten verhindert.
Die wohngebietsnahe Grundversorgung wird gestärkt.
Die Abstimmung in der StädteRegion wird durch ein transparentes Verfahren und
einheitliche Spielregeln für alle gefördert.
Die Weiterführung von STRIKT bietet für die Politik die Vorteile, auf der Basis von empirischen
Grundlagen und einer aktuellen Datenbasis Entscheidungen so treffen zu können, dass eine
städtebaulich und raumordnerisch verträgliche Einzelhandelsentwicklung in der eigenen Kom‐
mune (wie auch in der Region) umgesetzt werden kann. Dies führt wiederum zu einer besseren
Positionierung der StädteRegion gegenüber den übergeordneten Behörden.
Mit der Aktualisierung und Modifizierung des STRIKT‐Verfahrens und der anzuwendenden Kri‐
terien werden bestehende Probleme angegangen und wird auf eine Verschlankung des Prozes‐
ses abgezielt, sodass für die Zukunft eine höhere Effektivität zu erwarten ist.
26
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Verzeichnisse
Seite
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Vorteile des STRIKT für die Städte und Gemeinden
6
Abbildung 2:
Spielregeln für die Städteregionalen Kommunen
7
Abbildung 3:
Ziele und Grundsätze zur Steuerung des großflächigen
Einzelhandels gemäß LEP NRW – Sachlicher Teilplan großflächiger
Einzelhandel
8
Abbildung 4:
Untersuchungsdesign Evaluation STRIKT Aachen
12
Abbildung 5:
Regionale Projekte in Abstimmung: Ansiedlung / Erweiterung
14
Abbildung 6:
Regionale Projekte in Abstimmung: zentrale Versorgungsbereiche
/ sonstige Lagen
16
Abbildung 7:
Ergebnisse der Bilanzierung
17
Abbildung 8:
Empfehlungen für die Fortschreibung des STRIKT
19
Abbildung 9:
Übersicht über die im AK STRIKT zu behandelnden großflächigen
Projekte
22
Abbildung 10: Spielregeln im Konflikt
23
Abbildung 11: Aktualisierter Ablauf des Verfahrens
25
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Standortanforderungen der Betriebstypen des
Lebensmitteleinzelhandels (Auswahl)
11
Übersichtsverzeichnis
Übersicht 1:
Übersicht 2:
Übersicht 3:
Bilanzierung (seit 2007) – Regionale Projekte in Abstimmung nach
Städten / Gemeinden
13
Bilanzierung (seit 2007) – Regionale Projekte in Abstimmung nach
Jahren
15
STRIKT – Stärken und Schwächen
18
27
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
Anhang: Planungsrechtliche Instrumente zur Steuerung der
Standortentwicklung im Einzelhandel
1.
Bauplanungsrecht
Städte und Gemeinden haben mit dem BauGB und der BauNVO ein planungsrechtliches In‐
strumentarium zur Hand, mit dem die Standortentwicklung im Einzelhandel gesteuert werden
kann; dabei sind zunächst folgende Gebietskategorien grundlegend zu unterscheiden:
1.1
Gebiete mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB)
In Gebieten mit Bebauungsplänen kommt es auf deren Festsetzungen an. Werden in Bebau‐
ungsplänen die in der BauNVO bezeichneten Baugebiete festgelegt, sind Einzelhandelsbetriebe
nach Maßgabe der §§ 2 bis 9 BauNVO – teils ausdrücklich als Läden oder Einzelhandelsbetriebe,
teils allgemein als Gewerbebetriebe – in allen Baugebieten vorgesehen:
Sie sind zulässig in allgemeinen und besonderen Wohngebieten sowie in Dorf‐,
Misch‐, Gewerbe‐ und Industriegebieten (§§ 4 bis 9 BauNVO),
in Kleinsiedlungsgebieten und reinen Wohngebieten können sie als Ausnahme zuge‐
lassen werden (§§ 2 und 3 Bau NVO).
Für Einzelhandelsgroßbetriebe enthält der § 11 Abs. 3 BauNVO eine Sonderregelung für alle
Baugebiete. Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe mit bestimmten städte‐
baulichen und raumordnerischen Auswirkungen sind außer in Kerngebieten nur in speziell aus‐
gewiesenen Sondergebieten zulässig. Der letzte Satz des § 11 Abs. 3 beinhaltet eine widerlegba‐
re Regelvermutung. Die konkrete Prüfung hat zweistufig stattzufinden:
Liegt ein großflächiger Handelsbetrieb vor? Wenn ja (über 800 m² Verkaufsfläche)
dann:
liegen Auswirkungen vor? Wenn ja: Nur im Kerngebiet oder Sondergebiet zulässig
(die Regelvermutung für potenzielle Auswirkungen liegt vor, wenn die Geschossflä‐
che 1.200 m² überschreitet).
1.2
Unbeplanter Innenbereich (§ 34 BauGB)
Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen
Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart
der näheren Umgebung einfügt und gleichzeitig die Erschließung gesichert ist. Nach § 34 Abs. 2
BauGB ist hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung die BauNVO anzuwenden, wenn die Eigen‐
art der näheren Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO entspricht. Nach § 34 Abs. 3
BauGB dürfen von den Vorhaben keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbe‐
28
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
reiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein. Im Einzelfall (z. B. Erwei‐
terung) kann vom Erfordernis des Einfügens abgewichen werden.
Das Ziel der gesetzlichen Neuregelung im besagten Paragraphen ist es, durch das Ausfüllen ei‐
ner Rechtslücke bei Genehmigungsverfahren für großflächige Einzelhandelsvorhaben in Ge‐
mengelagen im unbeplanten Innenbereich auch hier eine städtebauliche Steuerung ohne Bau‐
leitplanung zu ermöglichen. Dies soll durch die Sicherung der zentralen Versorgungsbereiche,
insbesondere dem Schutz der Angebotsstrukturen in den Kernstadtbereichen und damit deren
Attraktivitätserhalt dienen.
Mit der Novellierung des BauGB 2007 hat der Gesetzgeber darüber hinaus die Möglichkeit ge‐
schaffen, über § 9 Abs. 2a BauGB im nicht beplanten Innenbereich einen Bebauungsplan aufzu‐
stellen, in dem zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche nur bestimmte
Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen festgelegt oder ausgeschlos‐
sen werden können.
2.
Landesplanung
Landesplanerische Vorgaben zur Standortsteuerung des großflächigen Einzelhandels in NRW
sind im Landesentwicklungsplan Nordrhein‐Westfalen, Sachlicher Teilplan Großflächiger Einzel‐
handel, dargelegt. Dieser wurde von der Landesregierung mit Zustimmung des Landtags als
Rechtsverordnung beschlossen; er ist am 13. Juli 2013 in Kraft getreten. 10
Der sachliche Teilplan Großflächiger Einzelhandel definiert in Kapitel 3 „Festlegungen und Erläu‐
terungen zum großflächigen Einzelhandel“ sieben Ziele und drei Grundsätze zur Steuerung des
großflächigen Einzelhandels: 11
„1 Ziel Standorte nur in Allgemeinen Siedlungsbereichen
Kerngebiete und Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverord‐
nung dürfen nur in regionalplanerisch festgelegten Allgemeinen Siedlungsbereichen darge‐
stellt und festgesetzt werden.
2 Ziel Zentrenrelevante Kernsortimente: Standorte nur in zentralen Versorgungsbereichen
Dabei dürfen Kerngebiete und Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3
Baunutzungsverordnung mit zentrenrelevanten Kernsortimenten nur
‐ in bestehenden zentralen Versorgungsbereichen sowie
10
Das Landeskabinett hat am 05.07.2016 einen neuen Entwurf für den Landesentwicklungsplan Nord‐
rhein‐Westfalen (LEP NRW) beschlossen und dem Landtag zur Beschlussfassung zugeleitet. Bestandteil
des LEP‐Entwurfs sind auch die Inhalte des jetzigen Teilplans Sachlicher Einzelhandel; diese wurden mit
ergänzender Erläuterung in das Unterkapitel 6.5 des LEP übernommen. Der LEP tritt mit der nach Be‐
schluss des Landtags avisierten Bekanntmachung in Kraft und ersetzt damit den jetzigen Teilplan Sachli‐
cher Einzelhandel.
11
Im LEP‐Entwurf s. 6.5, S. 45ff
29
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
‐ in neu geplanten zentralen Versorgungsbereichen in städtebaulich integrierten Lagen, die
aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung sowie verkehrsmäßigen Anbindung für die Versor‐
gung der Bevölkerung zentrale Funktionen des kurz‐, mittel‐ oder langfristigen Bedarfs er‐
füllen sollen,
dargestellt und festgesetzt werden. Zentrenrelevant sind
‐ die Sortimente gemäß Anlage 1 und
‐ weitere von der jeweiligen Gemeinde als zentrenrelevant festgelegte Sortimente (ortsty‐
pische Sortimentsliste).
Ausnahmsweise dürfen Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungs‐
verordnung mit nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten auch außerhalb zentraler Ver‐
sorgungsbereiche dargestellt und festgesetzt werden, wenn nachweislich:
‐ eine Lage in den zentralen Versorgungsbereichen aus städtebaulichen oder siedlungs‐
strukturellen Gründen, insbesondere der Erhaltung gewachsener baulicher Strukturen o‐
der der Rücksichtnahme auf ein historisch wertvolles Ortsbild nicht möglich ist und
‐ die Bauleitplanung der Gewährleistung einer wohnortnahen Versorgung mit nahversor‐
gungsrelevanten Sortimenten dient und
‐ zentrale Versorgungsbereiche von Gemeinden nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
3 Ziel Beeinträchtigungsverbot
Durch die Darstellung und Festsetzung von Kerngebieten und Sondergebieten für Vorhaben
im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung mit zentrenrelevanten Sortimenten dür‐
fen zentrale Versorgungsbereiche von Gemeinden nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
4 Grundsatz Nicht zentrenrelevante Kernsortimente: Verkaufsfläche
Bei der Darstellung und Festsetzung von Sondergebieten für Vorhaben im Sinne des § 11 Ab‐
satz 3 Baunutzungsverordnung mit nicht‐zentrenrelevanten Kernsortimenten soll der zu er‐
wartende Gesamtumsatz der durch die jeweilige Festsetzung ermöglichten Einzelhandelsnut‐
zungen die Kaufkraft der Einwohner der jeweiligen Gemeinde für die geplanten Sortiments‐
gruppen nicht überschreiten.
5 Ziel Nicht zentrenrelevante Kernsortimente: Standort, relativer Anteil zentrenrelevanter
Randsortimente
Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung mit nicht
zentrenrelevanten Kernsortimenten dürfen nur dann auch außerhalb von zentralen Versor‐
gungsbereichen dargestellt und festgesetzt werden, wenn der Umfang der zentrenrelevanten
Sortimente maximal 10 % der Verkaufsfläche beträgt und es sich bei diesen Sortimenten um
Randsortimente handelt.
6 Grundsatz Nicht zentrenrelevante Kernsortimente: Verkaufsfläche zentrenrelevanter
Randsortimente
Der Umfang der zentrenrelevanten Randsortimente eines Sondergebietes für Vorhaben im
Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung mit nicht zentrenrelevanten Kernsortimen‐
ten soll außerhalb von zentralen Versorgungsbereichen 2.500 m² Verkaufsfläche nicht über‐
schreiten.
7 Ziel Überplanung von vorhandenen Standorten
Abweichend von den Festlegungen 1 bis 6 dürfen vorhandene Standorte von Vorhaben im
Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung außerhalb von zentralen Versorgungsberei‐
chen als Sondergebiete gemäß § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung dargestellt und festge‐
30
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
setzt werden. Dabei sind die Sortimente und deren Verkaufsflächen in der Regel auf die Ver‐
kaufsflächen, die baurechtlichen Bestandsschutz genießen, zu begrenzen. Wird durch diese
Begrenzung die zulässige Nutzung innerhalb einer Frist von sieben Jahren ab Zulässigkeit auf‐
gehoben oder geändert, sind die Sortimente und deren Verkaufsflächen auf die zulässigen
Verkaufsflächenobergrenzen zu begrenzen. Ein Ersatz zentrenrelevanter durch nicht zentren‐
relevante Sortimente ist möglich.
Ausnahmsweise kommen auch geringfügige Erweiterungen in Betracht, wenn dadurch keine
wesentliche Beeinträchtigung zentraler Versorgungsbereiche von Gemeinden erfolgt.
8 Ziel Einzelhandelsagglomerationen
Die Gemeinden haben dem Entstehen neuer sowie der Verfestigung und Erweiterung beste‐
hender Einzelhandelsagglomerationen außerhalb Allgemeiner Siedlungsbereiche entgegen‐
zuwirken. Darüber hinaus haben sie dem Entstehen neuer sowie der Verfestigung und Erwei‐
terung bestehender Einzelhandelsagglomerationen mit zentrenrelevanten Sortimenten au‐
ßerhalb zentraler Versorgungsbereiche entgegenzuwirken. Sie haben sicherzustellen, dass ei‐
ne wesentliche Beeinträchtigung zentraler Versorgungsbereiche von Gemeinden durch Ein‐
zelhandelsagglomerationen vermieden wird.
9 Grundsatz Regionale Einzelhandelskonzepte
Regionale Einzelhandelskonzepte sind bei der Aufstellung und Änderung von Regionalplänen
in die Abwägung einzustellen.“
10 Ziel Vorhabenbezogene Bebauungspläne für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3
Baunutzungsverordnung
Vorhabenbezogene Bebauungspläne für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungs‐
verordnung sind, soweit von § 12 Absatz 3a Satz 1 BauGB kein Gebrauch gemacht wird, nur
zulässig, wenn sie den Anforderungen der Festlegungen 1, 7 und 8 entsprechen; im Falle von
zentrenrelevanten Kernsortimenten haben sie zudem den Festlegungen 2 und 3, im Falle von
nicht‐zentrenrelevanten Kernsortimenten den Festlegungen 4, 5 und 6 zu entsprechen.
3.
Regionalplanung
Der Regionalplan für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Aachen, nennt v. a. fol‐
gende für die vorliegende Untersuchung relevante Ziele: 12
Allgemeine Siedlungsbereiche (ASB), Ziel 1
In der Bauleitplanung sollen Sondergebiete für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandels‐
betriebe und sonstige Handelsbetriebe im Sinne von § 11 Abs. 3 der Baunutzungsverordnung
(BauNVO) nur in Allgemeinen Siedlungsbereichen geplant werden.
Gewerbe‐ und Industrieansiedlungsbereiche (GIB), Ziel 1
In GIB ist die Ansiedlung oder wesentliche Erweiterung von Handelsbetrieben im Sinne von
§ 11 Abs. 3 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) bauleitplanerisch auszuschließen. Zum
Zweck der Eingrenzung bereits bestehender solcher Betriebe ist ausnahmsweise die Festset‐
12
Bezirksregierung Köln (Bezirksplanungsbehörde, Hrsg.): Regionalplan für den Regierungsbezirk Köln
Teilabschnitt Aachen, 1. Auflage 2003 mit Ergänzungen (Stand November 2014), Textliche Darstellung, S.
14 und 17f
31
Evaluation STRIKT Aachen – Abschlussbericht
Analyse, Bewertung, Empfehlungen
zung von Sondergebieten in der Bauleitplanung möglich – einschließlich ggf. zur Bestandssi‐
cherung notwendiger geringfügiger Erweiterungen.
4.
Prüfung der Ausnahmeregelung in Ziel 2 bei Ansiedlung / Erweiterung eines Einzel‐
handelsbetriebes mit Lage außerhalb eines ZVB mit nahversorgungsrelevanten
Kernsortimenten (sofern Atypik nicht greift)
Prüfkriterium
Prüfmaßstab
Voraussetzung: keine Atypik im Sinne von § 11
Abs. 3 BauNVO
s. o. Nachweis (Erläuterung)
Lage in einem ASB (Ziel 1)?
Prüfung laut Regionalplan
Sortimentsstruktur: mindestens 90 % nahversor‐
gungsrelevante Sortimente
städtebaulich (= siedlungsstrukturell) integrierter
Standort
es liegen städtebauliche oder siedlungsstruktu‐
relle Gründe für die Ansiedlung / Erweiterung
vor
Gewährleistung der wohnortnahen Versorgung
keine wesentlichen Beeinträchtigungen von
zentralen Versorgungsbereichen (Ziel 3)
Flächenanteil für nicht nahversorgungsrele‐
vante Sortimente < 10 % der Gesamtver‐
kaufsfläche
Prüfung lt. Sortimentsaufstellung
direkte Wohngebietsanbindung in mindes‐
tens zwei Haupt‐Himmelsrichtungen (Prü‐
fung lt. Grundkarte, Einbeziehung möglicher
geplanter Baugebiete)
ein Standort innerhalb des ZVB ist nicht vor‐
handen
der Planstandort kann nicht in einen beste‐
henden ZVB integriert werden (durch Erwei‐
terung des ZVB) oder aber…
der nächstgelegene ZVB kann die Versorgung
im Bezugsraum des Planstandortes nicht er‐
füllen
ausreichender Nahbereich vorhanden (vgl.
kommunales Einzelhandelskonzept) / Anbin‐
dung an den ÖPNV
begründbare Nahversorgungsfunktion (Ori‐
entierungswert für Gesamtumsatz des Le‐
bensmittelmarktes: ≤ 35 % der relevanten
Kaufkraft im Nahbereich (Gehzeit von 10 Mi‐
nuten bzw. 700 – 1.000 m, vgl. Einzelhan‐
delserlass 2008)
Begründung durch Auswirkungsanalyse
GMA‐Zusammenstellung 2017.
32