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Vorlage-Sammeldokument

Daten

Kommune
Aachen
Dateiname
173541.pdf
Größe
1,2 MB
Erstellt
11.11.16, 12:00
Aktualisiert
06.09.18, 23:20

Inhalt der Datei

Der Oberbürgermeister Vorlage Vorlage-Nr: Status: AZ: Datum: Verfasser: Federführende Dienststelle: Fachbereich Finanzsteuerung Beteiligte Dienststelle/n: FB 20/0087/WP17 öffentlich 11.11.2016 "Stiftung Elisabethspitalfonds" - Verwendung von Stiftungsmitteln hier: Zuschuss SKM Aachen e.V., Projekt "Gewaltlos stark" Beratungsfolge: TOP: 6 Datum Gremium Kompetenz 08.12.2016 SGA Entscheidung Beschlussvorschlag: Der Ausschusses für Soziales, Integration und Dempraphie beschließt den Zuschuss in einer Gesamthöhe von 55.740 € an den SKM Aachen e.V. für das Projekt „Gewaltlos stark“ aus der „Stiftung Elisabethspitalfonds“ für das Jahr 2017. Prof. Dr. Sicking (Beigeordneter) Zur Mitzeichnung: Dez. II FB 20 erl. erl. Vorlage FB 20/0087/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 20.04.2017 Seite: 1/3 finanzielle Auswirkungen Investive Ansatz Auswirkungen 20xx Fortgeschriebener Ansatz Fortgeschriebe- Ansatz ner Ansatz 20xx ff. 20xx Gesamt- Gesamtbedarf (alt) 20xx ff. bedarf (neu) Einzahlungen 0 0 0 0 0 0 Auszahlungen 0 0 0 0 0 0 Ergebnis 0 0 0 0 0 0 + Verbesserung / - 0 0 Deckung ist gegeben/ keine Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung ausreichende Deckung vorhanden vorhanden Verschlechterun g konsumtive Ansatz Auswirkungen 2016 Ertrag Personal-/ Sachaufwand Abschreibungen Ergebnis Fortgeschriebener Ansatz Fortgeschriebe- Ansatz ner Ansatz 2017 ff. 2016 2017 ff. Folgekos- Folgekos- ten (alt) ten (neu) 0 0 0 0 0 0 176.200 176.200 334.500 334.500 0 0 0 0 0 0 0 0 -176.200 -176.200 -334.500 -334.500 0 0 + Verbesserung / Verschlechterun 0 0 Deckung ist gegeben Deckung ist gegeben g Vorlage FB 20/0087/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 20.04.2017 Seite: 2/3 Erläuterungen: Mit Antrag vom 22.08.2016 beantragte der SKM Aachen e.V. für das Projekt „Gewaltlos stark“ einen Zuschuss in einer Gesamthöhe von 55.740 € für das Jahr 2017. Durch die Stiftungsverwaltung konnte festgestellt werden, dass das vorgenannte Projekt dem Satzungszweck der „Stiftung Elisabethspitalfonds“ im Sinne der Förderung der Wohlfahrtspflege entspricht. Das Gleichstellungsbüro der Stadt Aachen hat das Projekt aus fachlicher Sicht als förderungswürdig bewertet. Die Zweckidentität im Sinne der steuerlichen Gemeinnützigkeit ist ebenfalls gegeben. Der o.g. Betrag kann durch die Stiftung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Stiftungserträgen aus Mittelvorträgen aus Vorjahren, als Zuschuss gewährt werden. Gemäß §6 lit. b) der Satzung der „Stiftung Elisabethspitalfonds“ entscheidet der zuständige Fachausschuss der Stadt Aachen über unterjährige Einzelmaßnahmen bei einem Betrag von über 20.000 Euro über die Vergabe der Stiftungsmittel. Anlagen: Anlage 1 - Zuschussantrag der SKM an den Elisabethspitalfonds Anlage 2 - Anschreiben an die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Aachen Anlage 3 - Gewaltlos stark - Hilfe & Unterstützung für Täter häuslicher Gewalt Anlage 4 - Gewaltlos stark_ Exposé Anlage 5 - Täterberatung Finanz- und Kostenplan Vorlage FB 20/0087/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 20.04.2017 Seite: 3/3 SKM Aachen e.V.  Heinrichsallee 56  52062 Aachen FB 20/20 der Stadt Aachen Herrn Schlaak Johannes-Paul-II-Str. 1 52058 Aachen Aachen; 24.08.2016 „Gewaltlos stark“: Ein Konzept zur Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt und zur Vernetzung der Opfer- und Täterarbeit in der Stadt Aachen; Zuschussantrag an den Elisabethspitalfonds Sehr geehrter Herr Schlaak, sehr geehrte Damen und Herren unter Bezug auf ein heutiges Telefonat mit Ihnen, Herr Schlaak, möchte ich anbei folgende Nachträge zu meinem Schreiben vom 22.08.2016 vorlegen und bitte freundlichst um gefällige Kenntnisnahme und weitere Berücksichtigung. Das Konzept zum Projekt „Gewaltlos Stark“ wurde wie dargestellt im Laufe der Jahre 2014 und 2015 unter Federführung des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Aachen e.V. und des SKM Aachen e.V. unter Beteiligung weiterer Träger entwickelt. Ursprünglich unterstellten die Verfasser des Konzeptes, dass ein entsprechendes Angebot für die Stadt Aachen sowie die StädteRegion realisiert werden soll. Die Strukturen in der StädteRegion sollten von der Diakonie entwickelt werden. Analog hierzu erklärte sich der SKM Aachen e.V. bereit, diese Aufgabe für die Stadt Aachen zu übernehmen. Der vom SKM Aachen e.V. nun vorliegende Antrag zielt folglich auf die Entwicklung und Etablierung der dargestellten Hilfs- und Unterstützungsstrukturen für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Aachen. Das vorliegende Konzept basiert auf Daten, die die städtische und städteregionale Perspektive in den Blick nehmen. In Analogie hierzu sind aus meiner Sicht folgende Daten für den vorliegenden Antrag relevant und werden hiermit nachgereicht: Bedarfsanalyse (S. 3ff.)  Fast 75 Prozent der Betroffenen erlitten schwere Gewalthandlungen und/oder ernsthafte Gewaltandrohung oder sehr schwere bis lebensbedrohliche Gewalthandlungen. In der Stadt Aachen sind dies ca. 20.350 Frauen (rd. 46 %).  In Aachen und der StädteRegion gehen jährlich ca. 900 Anzeigen aufgrund häuslicher Gewalt bei der örtlichen Polizei ein. Diese Angabe kann durch die Polizei nicht differenziert nach Stadt und StädteRegion angegeben werden.  Die tabellarisch aufgeführten Angebote in der StädteRegion auf S. 5 treffen gleichbedeutend auf die Stadt Aachen zu. Geschäftsstelle Heinrichsallee 56 52062 Aachen Tel.: 0241/413 55-500 Fax 0241/413 55-511 info@skm-aachen.de Ansprechpartner: Torsten Nyhsen Tel.: -505 E-Mail: torsten.nyhsen @skm-aachen.de Bankverbindungen: Pax Bank eG Aachen BLZ 370 601 93 Kto. 1005 557 018 IBAN: DE65 3706 0193 1005 5570 18 BIC: GENODED1PAX Sparkasse Aachen BLZ 390 500 00 Kto. 36 400 IBAN: DE58 3905 0000 0000 0364 00 BIC: AACSDE33 Spendenkonto: Pax Bank eG Aachen BLZ 370 601 93 Kto 150 150 IBAN DE61 3706 0193 0000 1501 50 BIC: GENODED1PAX Steuer-Nr. 201/5903/3095 Der SKM im Internet: www.skm-aachen.de Wirkungskreis, Zielgruppe, Ziele (S. 7ff.)  Der Wirkungskreis des Angebotes zielt auf die Stadt Aachen und in Umsetzung durch den SKM Aachen nicht auf die StädteRegion ab. Volkswirtschaftliche Aspekte (S. 9 ff.)  Bei ca. 545.000 Einwohnern in Stadt und StädteRegion Aachen lassen sich die Folgekosten auf rund 21.800.000 Euro pro Jahr für den Wirkungsbereich der Beratungsstelle beziffern. In der Stadt Aachen leben zum Jahreswechsel 2014/15 ca. 251.500 Menschen. Hieraus resultieren Folgekosten von rund 10.028.000 EUR p.a..  Die im Weiteren dargestellte Amortisationsrechnung bezieht sich auf die Stadt und die StädteRegion Aachen. Der Anteil der rein städtischen Bevölkerung in der Region liegt bei ca. 46 %. Die Auswirkungen der Leistungen des SKM Aachen e.V. für das Gebiet der Stadt Aachen sind in Analogie zu diesem Bevölkerungsanteil (46 % = rd. 501.400,00 EUR p.a.) zu bewerten. Personal (S. 12 ff.)  Anstelle von zwei Vollzeitstellen beantragt der SKM Aachen e.V. eine Vollzeitstelle (siehe auch Finanz- und Kostenplan). Bei Bedarf stehe ich gerne für weitere Gespräche zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Torsten Nyhsen (Geschäftsführer SKM Aachen e.V.) SKM Aachen e.V.  Heinrichsallee 56  52062 Aachen Frau Loni Finken Gleichstellungsbüro der Stadt Aachen Johannes-Paul-II-Str. 1 52058 Aachen Aachen; 22.08.2016 „Gewaltlos stark“: Ein Konzept zur Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt und zur Vernetzung der Opfer- und Täterarbeit in der Stadt Aachen Geschäftsstelle Heinrichsallee 56 52062 Aachen Sehr geehrte Frau Finken, Tel.: 0241/413 55-500 Fax 0241/413 55-511 info@skm-aachen.de Im Laufe der Jahre 2014 und 2015 wurde unter Federführung des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Aachen e.V. und des SKM Aachen e.V. unter Beteiligung weiterer Träger ein Konzept zur Beratung und Begleitung von Männern entwickelt, die häusliche Gewalt ausüben. Ansprechpartner: Torsten Nyhsen Tel.: -505 E-Mail: torsten.nyhsen @skm-aachen.de Dieses Konzept erhebt den Anspruch, für die Stadt Aachen ein soziales Hilfsund Unterstützungsangebot zu begründen, welches für die Region als dringend erforderlich, innovativ und zukunftsweisend zu qualifizieren ist. Die Stadt verfügt über kein vergleichbares Angebot. Nach einer repräsentativen Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BFSFJ) aus dem Jahr 2004 haben rund 25 Prozent aller Frauen im Alter von 16 bis 85 Jahren mindestens einmal körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch einen Beziehungspartner erlebt. Zudem zeigt die Studie auf, dass ca. 75 % der betroffenen Frauen schwere bis sehr schwere Gewalterfahrungen durchleben (mussten). Für Stadt und StädteRegion Aachen resultiert hieraus, dass ca. 44.230 Frauen schwere bis sehr schwere häusliche Gewalterfahrungen erlebten bzw. nach wie vor erleben. In Aachen und der StädteRegion gehen jährlich ca. 900 einschlägige Anzeigen bei der örtlichen Polizei ein.1 Die Stadt Aachen verfügt über eine gut vernetzte Versorgungsstruktur zum Schutz, zur Beratung und gegebenenfalls Weitervermittlung der Opfer häuslicher Gewalt. Es fehlt jedoch für die Täter an bedarfsgerechten und passgenauen Angeboten, die für die ursächliche und nachhaltige Bekämpfung des Problems zwingend sind. Zudem werden betroffene Migrantinnen und sozial stark isolierte Frauen nicht erreicht. Wir bitten um wohlwollende Prüfung, ob dieses innovative und zukunftsweisende Angebot für die Stadt Aachen finanziell über den 1 Orientiert an den jeweiligen Bevölkerungszahlen lässt sich bei differenzierter Betrachtung für die Stadt Aachen ableiten, dass im Stadtgebiet rd. 50 % der 44.230 Frauen leben. Eine vergleichbare Differenzierung für die Anzeigen der Polizei kann nicht gemacht werden. Bankverbindungen: Pax Bank eG Aachen BLZ 370 601 93 Kto. 1005 557 018 IBAN: DE65 3706 0193 1005 5570 18 BIC: GENODED1PAX Sparkasse Aachen BLZ 390 500 00 Kto. 36 400 IBAN: DE58 3905 0000 0000 0364 00 BIC: AACSDE33 Spendenkonto: Pax Bank eG Aachen BLZ 370 601 93 Kto 150 150 IBAN DE61 3706 0193 0000 1501 50 BIC: GENODED1PAX Steuer-Nr. 201/5903/3095 Der SKM im Internet: www.skm-aachen.de Elisabethspitalfonds der Stadt Aachen mit rd. 56.000,00 EUR für das Jahr 2017 bezuschusst werden kann (siehe auch Finanz- & Kostenplan). Weitere Informationen entnehmen Sie freundlicher Weise den beigefügten Anlagen. Über Ihr Interesse an unserem Konzept würden wir uns sehr freuen und stehen Ihnen auf Wunsch gerne für weitere Gespräche zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Torsten Nyhsen (Geschäftsführer SKM Aachen e.V.) Gewaltlos stark Konzept zur Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt und zur Vernetzung der Opfer- und Täterarbeit - Stadt und StädteRegion Aachen - Diakonisches Werk im Kirchenkreis Aachen e.v. SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste in Aachen e.V. Unter Mitwirkung von Julia Breuer-Nyhsen Stand: August 2015 Inhaltsverzeichnis 1. Bedarfsanalyse 3 2. Definition 7 3. Beratungsstelle für Männer, die häusliche Gewalt ausüben 7 7 9 9 11 12 12 12 13 14 14 18 19 19 20 3.1 Wirkungskreis, Zielgruppe, Ziele 3.2 Wirkungsprognose 3.2.1 Volkswirtschaftliche Aspekte 3.2.2 Individuelle Aspekte 3.3 Strukturmerkmale 3.3.1 Rechtsgrundlagen 3.3.2 Personal 3.3.3 Qualitätsmanagement, Evaluation, wissenschaftliche Begleitung 3.4 Aufgaben 3.4.1 Beratung 3.4.2 Koordination, Vernetzung 3.4.3 Prävention 3.4.4 Öffentlichkeitsarbeit 3.5 Netzwerkpartner 4. Quellen 21 2 1.Bedarfsanalyse In Artikel 2 des Grundgesetzes ist das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person verankert. Häusliche Gewalt stellt eine Einschränkung dieser Grundrechte dar. Das Gewaltschutzgesetz und §34a PolG verbessern seit dem Jahr 2002 die Möglichkeiten, unter anderem gegen diese Form der Gewalt vorzugehen. Trotzdem ist sie die häufigste Verletzungsursache bei Frauen, häufiger als Verkehrsunfälle und Krebs zusammen.1 Bei einer repräsentativen Studie, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Jahr 2004 veröffentlichte, gaben rund 25 Prozent der 10.264 im Alter von 16 bis 85 Jahren befragten Frauen an, mindestens einmal körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch einen Beziehungspartner erlebt zu haben. Fast 75 Prozent der Betroffenen erlitten schwere Gewalthandlungen und/oder ernsthafte Gewaltandrohung oder sehr schwere bis lebensbedrohliche Gewalthandlungen2. In der StädteRegion Aachen sind dies ca. 44.230 Frauen. In Aachen und der StädteRegion gehen jährlich ca. 900 Anzeigen aufgrund häuslicher Gewalt bei der örtlichen Polizei ein. Angesichts der genannten Studie muss von einer deutlich höheren Dunkelziffer jährlicher Fälle häuslicher Gewalt ausgegangen werden. Mit dem Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen, den Frauenhäusern, „Frauen helfen Frauen e.V.“ und unterschiedlichen Beratungsangeboten verfügt Aachen über eine Versorgungsstruktur, die betroffene Frauen und ihre Kinder unterstützt, ihnen Schutz bietet, sie berät und gegebenenfalls weitervermittelt. In den vergangenen Jahren stellten die zuständigen Akteure fest, dass die Versorgung und Beratung der Frauen, die auf die bekannten Strukturen zugreifen, das Problem häuslicher Gewalt jedoch nicht ursächlich und nachhaltig zu bekämpfen vermögen. Es fehlt an bedarfsgerechten und passgenauen Angeboten für die Täter in der Stadt und StädteRegion Aachen. Die Täter werden daher in Folge häufig wieder gewalttätig; erneut gegenüber der zurückkehrenden Partnerin oder in einer neuen Beziehung. Zudem werden betroffene Migrantinnen, die aufgrund sprachlicher Barrieren über bestehende Angebote nicht informiert sind, vielfach nicht erreicht. Gleiches gilt für sozial stark isolierte Frauen. Auch hier ist die unzureichende bzw. teilweise nicht vorhandene Täterarbeit zum Schutz der Frauen von besonderer Relevanz. Die langfristigen Folgen der sich wiederholenden Gewalt durch eine fehlende Verhaltensänderung der Täter und die unbemerkte Eskalation in sozial isolierten Familien sind verheerend und vielfältig:  Von Gewalt betroffene Frauen haben ein signifikant höheres Risiko, neben den zugefügten Verletzungen an Schmerzsyndromen, Atemwegserkrankungen, Hauterkrankungen, Schlafstörungen, Depressionen, geschlechtsspezifischen 1 Vgl. http://www.frauenrechte.de/online/index.php/themen-und-aktionen/haeusliche-und-sexualisierte-gewalt (letzter Zugriff: 9.2.2015) 2 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2014) 3 Erkrankungen und posttraumatischen Belastungssyndromen zu erkranken. Zusätzlich ist bei betroffenen Frauen eine Häufung von sogenanntem problematischem Verhalten wie Nikotin-, Alkohol-, Drogenkonsum, riskantes Sexualverhalten, Selbstverletzungen und Suizidgedanken zu beobachten.3  Sind Kinder vorhanden, sind auch sie immer betroffen und tragen ein hohes Risiko, aufgrund der erlebten oder beobachteten Gewalt selbst später (wieder) Opfer zu werden. So stellt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fest, dass gewaltsame Kindheitserfahrungen in Form von selbst erlebter körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt, aber auch in Form der Zeugenschaft elterlicher Gewalt den mit Abstand stärksten Prädiktor für die Betroffenheit der Frauen durch schwere Gewalt und Misshandlung im späteren Erwachsenenleben bilden.4  Nicht zuletzt entsteht durch häusliche Gewalt ein enormer volkswirtschaftlicher Schaden. Der Europarat benennt im Handbuch "Die Parlamente vereint bei der Bekämpfung der häuslichen Gewalt gegen Frauen" einen Durchschnittswert von ca. 40 Euro per anno pro Kopf der Bevölkerung, der als volkswirtschaftlicher Schaden durch häusliche Gewalt zu beklagen ist. Hieraus resultieren folglich für die Bundesrepublik etwa 14,5 Mrd. Euro pro Jahr.5 Um die Gewaltspirale zu durchbrechen und häusliche Gewalt nachhaltig zu verhindern, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung von Interventionsprojekten gegen häusliche Gewalt (WiBIG) einige Kriterien identifiziert, die entscheidend den Erfolg der Interventionen beeinflussen. Die folgende Tabelle zeigt die zentralen Empfehlungen der Studie auf und gleicht sie mit bestehenden Angeboten in der StädteRegion Aachen ab. Ferner geht sie auf Entwicklungsbedarfe der vorhandenen Angebotsstrukturen ein und zeigt notwendige Maßnahmen auf. 3 Vgl. http://www.gegeko.de/de/wp-content/uploads/sites/3/2014/11/Find_find_IUK-Master_Symposium.pdf ( letzter Zugriff: 5.2.2015) 4 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2014 a) 5 Vgl. Europarat, Sekretariat des Ausschusses für Gleichberechtigung von Frauen und Männern 4 Empfehlung der WiBIG-Studie6 Angebote in der StädteRegion Klare gesetzliche Grundlagen für verbesserte Intervention und verbesserten Schutz vor Gewalt. An Sicherheitsfragen orientierte Praxis: Prüfung aller Maßnahmen auf ihre Wirkung für Opfer und Kinder, Kontakt zur (Ex-)Partnerin als fester Bestandteil der Täterarbeit. Spezialzuständigkeiten in Institutionen für die Bearbeitung von Fällen häuslicher Gewalt. GewaltschutzG und §34a PolG NRW Spezifische und bedarfsgerechte Schutzund Unterstützungsangebote für von häuslicher Gewalt Betroffene. Eigenständige Unterstützungsangebote für Kinder und Jugendliche, die im Kontext häuslicher Gewalt leben. Angebote der Verhaltensänderung für Gewalttäter. Proaktive Beratung für Opfer häuslicher Gewalt. 6 Defizite Geplante Maßnahmen Überprüfung der Maßnahmen auf die Sicherheit der Betroffenen. Der Kontakt zur (Ex)Partnerin findet im Rahmen der Sozialen Trainingskurse gegen Gewalt nur teilweise statt. Vernetzung der Opferund Täterarbeit als Bestandteil des Beratungsprozesses und der Einzel- und Gruppenarbeit. Spezialzuständigkeit bei der Staatsanwaltschaft. Keine Spezialzuständigkeit bei der Polizei. Trennung von Vergehen gegen das GewaltschutzG und Körperverletzung durch häusliche Gewalt bei der Staatsanwaltschaft. Keine aufsuchenden Angebote. Multiplikatorenschulungen in Institutionen und Einrichtungen. Angebot des Kinderschutzbundes in Kooperation mit dem Frauenhaus des SKM Aachen. Keine festen Vernetzung und Kooperationsbündnisse Kooperationen mit mit der Jugendhilfe. Jugendhilfeeinrichtungen. Training zur Vermeidung häuslicher Gewalt (TVhG). Angebot nicht proaktiv. Teilnehmer überwiegend auf Weisung der Justiz. Proaktives7 Beratungsangebot für Täter häuslicher Gewalt. Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2014 b) 7 Im Rahmen des proaktiven Beratungsansatzes werden die Männer unaufgefordert über das Angebot der Beratungsstelle informiert, wenn sie sich bereit erklärt haben, dass ihre Daten an die Beratungsstelle weitergeleitet werden. Dadurch können Zugangsbarrieren wie Scham, fehlende Information oder sprachliche Hürden überwunden und mehr Männer mit dem Angebot erreicht werden. 5 Empfehlung der WiBIG-Studie Angebote in der StädteRegion Defizite Geplante Maßnahmen Institutionalisierung der Kooperation zwischen an der Intervention und Unterstützung beteiligten Institutionen und Einrichtungen. Kompetenz in allen beteiligten Institutionen entwickeln und erweitern. Evaluation der Praxis. „Fachausschuss Häusliche Gewalt“. Kein Gremium zur Koordination der Interventionen. Etablieren der bisherigen „Konzeptgruppe Täterarbeit“ als festen Beirat zur Koordinierung der Interventionen. Fortbildungen zum Thema häusliche Gewalt. Keine zentrale Koordinierung der Schulungen. Flächendeckende Schulung durch Multiplikatorenansatz. Individuelle Evaluation der Tätigkeit der einzelnen Einrichtungen. Keine gemeinsame Evaluation der Interventionen und ihrer Wirkung aller beteiligten Einrichtungen. Evaluation und Wirkungsanalyse der Täterarbeit ist ein im vorliegenden Konzept verankertes Element. Durch Vernetzung und Koordination Evaluation der Ergebnisse aller Interventionen. Zur Behebung der aufgezeigten Mängel ist eine im vorliegenden Konzept beschriebene Stelle zu installieren, die die erheblichen regionalen Defizite im Bereich der bedarfsgerechten und passgenauen Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt, bedient. Ferner ist durch die Stelle die Vernetzung und Koordinierung der verschiedenen Interventionen zu intensivieren. 6 2. Definition Diesem Konzept werden die Definition und das Verständnis von häuslicher Gewalt der in den von der Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V. (BAG-TäHG e.V.) verfassten Standards für die Arbeit mit Tätern bei häuslicher Gewalt (2014) zugrunde gelegt. Bewusst wird als häusliche Gewalt die Gewalt von Männern an ihren (Ex-)Partnerinnen bezeichnet. Andere Formen häuslicher Gewalt, wie Gewalt gegen Kinder, in gleichgeschlechtlichen Beziehungen, von Kindern gegen Eltern und von Frauen gegen (Ex-)Partner sollen dadurch nicht marginalisiert werden. Sie stellen jedoch nur einen kleinen Anteil häuslicher Gewalt dar und erfordern gegebenenfalls weitere Konzepte und Standards. Unter Gewalt ist jede zielgerichtete Verletzung der körperlichen, seelischen und sozialen Integrität einer anderen Person zu verstehen. Häusliche Gewalt kann in Form von physischer, psychischer, sexualisierter, sozialer, emotionaler und ökonomischer Gewalt vorkommen. Sie beinhaltet auch Stalking, Bedrohung und Einschüchterung. Häusliche Gewalt kann ernsthafte und lang anhaltende negative Auswirkungen auf Wohlergehen, Selbstwertgefühl, Autonomie, körperliche und seelische Gesundheit der geschädigten Person haben.8 3. Beratungsstelle für Männer, die häusliche Gewalt ausüben In Bezug auf die in der Einleitung dargestellten Defizite der in Stadt und StädteRegion Aachen vorhandenen Strukturen empfiehlt sich dringend die Installation eines Beratungsangebotes für Männer, die häusliche Gewalt ausüben. Im Folgenden wird dieses Beratungsangebot ausführlich dargestellt: 3.1 Wirkungskreis, Zielgruppe, Ziele Die Beratungsstelle deckt den Bereich Aachen Stadt und die StädteRegion Aachen ab. Bereitgestellt wird ein Beratungsangebot für volljährige Männer, die häusliche Gewalt ausüben, ausgeübt haben oder befürchten zu Tätern häuslicher Gewalt zu werden. Das Angebot richtet sich sowohl an Männer, die freiwillig beraten werden möchten, als auch an Täter, die vom Gericht die Weisung erhalten haben, eine Beratung in Anspruch zu nehmen oder an einem Anti-Gewalt-Training teilzunehmen. 8 Vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V. (2014) 7 Abb.: Karte der StädteRegion Aachen, Wirkungskreis der Beratungsstelle für Männer, die häusliche Gewalt ausüben.9 Ziele  Oberstes Ziel ist das sofortige Beenden der Gewalt und der Schutz der Kinder in den betroffenen Familien.  Darüber hinaus wird durch den systemischen Beratungsansatz und die eventuelle Vermittlung an andere Fachberatungsstellen an möglicherweise begleitenden Handlungsbedarfen der Betroffenen gearbeitet werden. Beispielhaft zu nennen sind in der Praxis häufig anzutreffende Themen wie wirtschaftliche Notlagen, Sucht- oder Erziehungsprobleme. Ziel ist das Vermeiden erneuter Gewalt.  Durch proaktive Beratung sollen im ersten Jahr des Bestehens der Beratungsstelle bereits ca. 100 Männer durch das Angebot erreicht werden. In den folgenden Jahren ist, verbunden mit einer Stellenaufstockung, die Beratung von rund 400 Männern angestrebt. Dies entspricht der Zahl der jährlich gemeldeten Fälle häuslicher Gewalt in der StädteRegion Aachen. 9 http://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%A4dteregion_Aachen. Zugriff: 18.3.2015 8 3.2 Wirkungsprognose 3.2.1 Volkswirtschaftliche Aspekte Wie einführend bereits erläutert, ist die Bezifferung der Folgekosten häuslicher Gewalt angesichts der weitreichenden und komplexen Auswirkungen in unterschiedlichen Bereichen schwierig. Werden die unterschiedlichen Kostenpositionen betrachtet, zeigt sich aber die enorme ökonomische Tragweite der entstehenden Kosten:  Kosten im Gesundheitswesen: medizinische Behandlung (Notfallbehandlung, Krankenhausaufenthalte, Erst-oder Folgebehandlung in Kliniken und Arztpraxen), zahnärztliche Behandlung und Zahnersatz, Hauspflege, Medikamente und Hilfsmittel, psychologische Beratung/Behandlung (Psychotherapien, Psychiatrieaufenthalte), Behandlung von psychosomatischen, chronifizierten und sexuell übertragbaren Krankheiten, Suchttherapien, Rehabilitationsmaßnahmen und Kuren, Behandlungsaufwand für Schwangerschaftskomplikationen, Frühgeburten und Geburtsfehler.  Kosten bei der Polizei: Bearbeitung von Anrufen, Einsätze, Sachbearbeitung, Ermittlung, Verfolgung und Festnahmen.  Kosten bei der Justiz: Festnahme, Anklage, Verfahren und Haftaufenthalte, Prozesskostenhilfe, Gutachterhonorare, Bewährungshilfe, Sozialtherapie in der Haftanstalt.  Kosten im Sozialbereich: Kosten für Schutzangebote für Frauen und Kinder, soziale, ökonomische, Rechts-, Sucht-, Familien- und Täterberatung, Unterstützungsprogramme, Supervision, päd. Maßnahmen, lang-und kurzfristige Fremdunterbringung von Kindern, Hilfe zum Lebensunterhalt, Jobtraining, Fortbildung, Wiedereingliederungsangebote.  Weitere institutionelle Kosten: Präventionsmaßnahmen und Aufklärungstrainings für Polizei, Ärzte/Ärztinnen, Justiz und Medien, Koordination des Interventionssystems, Öffentlichkeitsarbeit, Sensibilisierungsmaßnahmen.  Ökonomische Multiplikationseffekte: sinkende Arbeitsmarktpartizipation, d.h. Steuerausfälle, Arbeitslosen- und Krankengeld, Frühberentung oder Hilfe zum Lebensunterhalt, verringerte Arbeitsproduktivität und erhöhter Absentismus, geringere Löhne, Verlust von Rentenansprüchen, Bewerbungstrainings, Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen, generationsübergreifender Einfluss auf die Produktivität aufgrund schlechterer Schulergebnisse und als Folge eines geringeren Bildungsstandes der Kinder, geringere Kapitalanlage und Sparguthaben, Kapitalflucht.10 10 Vgl. Stoff, B. (2013) 9 Wie eingangs bereits dargestellt, geht der Europarat in seinem Handbuch „Die Parlamente vereint bei der Bekämpfung der häuslichen Gewalt gegen Frauen“ von jährlichen Kosten von 40,00 Euro pro Einwohner aus.11 Bei ca. 545.000 Einwohnern in der Städteregion Aachen lassen sich die Folgekosten auf rund 21.800.000 Euro pro Jahr für den Wirkungsbereich der Beratungsstelle beziffern. Die Polizei Aachen bearbeitet jährlich ca. 900 eingehende Strafanzeigen wegen häuslicher Gewalt. Teilt man die jährlich durch häusliche Gewalt anfallenden Kosten in der Städteregion durch diese 900 Fälle, so ergeben sich pro Fall und Jahr Kosten in Höhe von ca. 24.222 Euro. Amortisationsrechnung Können durch das neue Beratungsangebot pro Jahr nur 8 Fälle häuslicher Gewalt verhindert bzw. beendet werden, sind die kalkulierten Personal- und Sachkosten in Höhe von rd. 200.000 Euro p.a. refinanziert. Voraussichtlich wird die Zahl der erfolgreich beratenen Männer deutlich höher ausfallen: Von den angezeigten 900 Fällen gelangen ca. 400 Fälle als Meldung an die Interventionsstellen. Werden wie unter 3.1 als Ziel formuliert im ersten Jahr 100 Täter beraten, sind das bereits 87 mehr als im Jahr 2013 an einem sozialen Trainingskurs teilnahmen. Kann bei der Hälfte dieser Täter, ca. 45 Männern, eine dauerhafte Verhaltensänderung erreicht werden, die dann nicht als Wiederholungstäter Fälle häuslicher Gewalt verursachen, erreicht das Angebot also im ersten Jahr eine Verringerung der Folgekosten häuslicher Gewalt um rund 1.089.990 Euro im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren. Zieht man hiervon wiederum die Kosten der Beratungsstelle in Höhe von 200.000 Euro ab, saldiert sich ein volkswirtschaftlicher Überschuss in Höhe von 889.990 Euro. Davon abzuziehen sind die Kosten, die bereits durch die erfolgten Taten entstanden sind und als langfristige Folgekosten entstehen werden. Durch das Beenden der Gewalt in diesen Fällen können aber weitere kurzfristige Folgen verhindert und langfristige Folgen wirksamer und nachhaltiger bearbeitet werden. Zusätzlich werden in den Folgejahren nach Volkswirtschaftlicher Nutzen der Beratungsstelle Einsparungen durch erfolgreiche Verhaltensänderung bei 45 Männern im ersten Jahr abzügl. der Kosten der Beratungsstelle: EUR 1.089.990 –EUR 200.000=EUR 889.990 Gründung der Beratungsstelle die Männer früher erreicht werden. Die Familien, in denen bereits seit Jahren wiederholt häusliche Gewalt zur Anzeige gebracht wird, werden seltener. Gerade langfristige Folgen entstehen vor Allem durch wiederholte Gewalterfahrungen. Die schon entstandenen Kosten werden also in den ersten Jahren des neuen Beratungsangebotes geringer, die Einsparungen pro Fall wachsen. 11 Vgl. Europarat, Sekretariat des Ausschusses für Gleichberechtigung von Frauen und Männern 10 Andere Studien gehen von Kosten von bis zu 180,00 Euro pro Jahr pro Kopf der Bevölkerung in Deutschland aus.12 Die errechneten Einsparungen wären bei Zugrunde legen dieser Zahlen viereinhalb Mal so hoch. 3.2.2 Individuelle Aspekte Neben dem dargestellten volkswirtschaftlichen Schaden, der durch die Folgekosten häuslicher Gewalt entsteht, hat jede einzelne von Gewalt betroffene Frau eine Vielzahl individueller Folgen zu tragen:  Verletzungen und deren möglichen Langzeitfolgen, psychosomatische Folgen, psychische Folgen, gesundheitsgefährdendes Verhalten (Nikotin, Alkohol, Drogen, riskantes Sexualverhalten) und Schwangerschaftskomplikationen sind nur einige der möglichen gesundheitlichen Folgen häuslicher Gewalt.  Individuelle Kosten können durch Zuzahlungen zu medizinischen Behandlungen, Kuren, Selbstverteidigungskurse, Trennung und Finanzierung einer eigenen Wohnung, Verlust des Arbeitsplatzes oder geringeres Einkommen durch die Situation als Alleinerziehende entstehen.  Mitbetroffenheit der Kinder. Studien belegen den Zusammenhang zwischen dem Erleben elterlicher Gewalt und dem erhöhten Risiko, später selbst Opfer13 oder Gewalttäter14 zu werden. Zudem bedeutet häusliche Gewalt für Kinder immer auch das Fehlen von sicheren Beziehungen, Loyalitätskonflikte, Angst, Scham, und Wut mit häufig daraus resultierenden schwerwiegenden Folgeproblemen.  Psychosoziale Folgen: Häusliche Gewalt verursacht bei den Betroffenen Schmerz und Leid. Häufig führen die Erfahrungen zu Beziehungsängsten und sozialer Isolation, gesellschaftliche Teilhabe wird eingeschränkt. Besonders hervorzuheben ist der schwer zu durchbrechende Kreislauf, der durch die sich verstärkenden Folgen entsteht: Die körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen durch häusliche Gewalt haben einen negativen Einfluss auf soziale Beziehungen und führen zu zunehmender Isolation. Diese fehlende Einbettung in ein soziales Gefüge erschwert die Rehabilitation.15 Dies wiederum führt nicht selten zu Arbeitsplatzverlust. Dadurch entstehen finanzielle Probleme, die zu den direkten individuellen Folgekosten hinzukommen. Zusätzlich hat auch Erwerbslosigkeit einen negativen Einfluss auf die Gesundheit16 , der beschriebene Kreislauf wird erneut stabilisiert. 12 Vgl z. B. Stoff, Beate (2013): Kosten häuslicher Gewalt – vorliegende Ergebnisse aus europäischen Ländern. Fachtag „Opferschutz durch Täterarbeit?! Erfahrungen. Ergebnisse. Perspektiven.“ Mainz, 18. April 2013, S. 26 13 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2014) 14 Vgl. Wilmers, N. u. A. (2002) 15 Vgl. Brzank, P. (2009, 332) 16 Vgl. Grobe, C. D./Schwartz, F. (2003) 11 Die Verbesserung der Nachhaltigkeit der Arbeit gegen häusliche Gewalt erhöht die Lebensqualität der Betroffenen massiv. Durch die Unterstützung in passgenauen Beratungsangeboten für die ganze Familie und der intensiven Koordinierung der Interventionen erhalten sie die Möglichkeit, den Folgenkreislauf zu durchbrechen und ihre Lebenssituation wieder aktiv zu gestalten. 3.3 Strukturmerkmale 3.3.1 Rechtsgrundlagen §153 a und b StPO sehen die Einstellung eines Strafverfahrens oder das Absehen von einer Klage bei Erfüllung von Auflagen und Weisungen vor. Bei häuslicher Gewalt kann eine Weisung insbesondere die Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs beinhalten. Auch im Rahmen des §8a SGBVIII zur Kindeswohlgefährdung können vom Gericht Beratung und Trainings angeordnet oder vom Jugendamt empfohlen werden. Eine Handreichung des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen zur häuslichen Gewalt und polizeilichem Handeln weist die ermittelnden Beamten an, im Rahmen der Vernehmung von Tätern häuslicher Gewalt im Zusammenhang mit dem §34a PolG NRW auf Angebote für eine Beratung des Täters hinzuweisen. Mit der Beratungsstelle für Männer, die häusliche Gewalt ausüben, soll diese Möglichkeit geschaffen werden. 3.3.2 Personal Personalbedarf 2 Vollzeitstellen Qualifikationsprofil und weitere personelle Anforderungen 2 x SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen; idealerweise mit zusätzlicher systemischer-/ Gewaltberaterausbildung oder vergleichbarer Zusatzqualifikation, möglichst bilingual. 12 Strukturierung der Arbeitszeit und Beratungskapazität Die jährliche Nettoarbeitszeit einer vollen Stelle beträgt bei zugrunde gelegten 52 Wochen und 39 Arbeitsstunden pro Woche 1622,4 Stunden nach Abzug von Urlaub, Feiertagen und durchschnittlichen Krankheitstagen. Diese Arbeitszeit wird wie folgt strukturiert: 65%Beratung Nettoarbeitszeit 25% Koordination und Vernetzung 10% Teamgespräche und Supervision Für eine sechzigminütige Beratungseinheit wird eine Arbeitszeit von 1,5 Stunden kalkuliert, die sich aus 1,0 Stunden Beratung und 0,5 Stunden Terminkoordination/Dokumentation/Vor- und Nachbereitung zusammensetzen. Die reine Beratungskapazität der Beratungsstelle für die Eingangsund Abschlussphase sowie für die intensive Einzelarbeit der Arbeitsphase beträgt bei zwei vollen Stellen also rund 2109 Stunden pro Jahr. Zusätzlich stehen die in der Arbeitsphase (Kap. 3.4.1) genannten Kooperationsangebote zur Verfügung. 3.3.3 Qualitätsmanagement, Evaluation, wissenschaftliche Begleitung Um überprüfbare Qualitätsstandards zu schaffen und deren Einhaltung zu sichern wird bei Gründung der Beratungsstelle ein Qualitätsmanagement installiert, das laufend fortgeschrieben wird. Im Rahmen eines jährlichen Tätigkeitsberichts wird die Arbeit ausführlich evaluiert. Zur Auswertung der Daten und zur Untersuchung der Wirksamkeit des neu geschaffenen Angebotes wird die Gründungsphase wissenschaftlich begleitet. 13 3.4 Aufgaben 3.4.1 Beratung Mit der Beratung von Tätern häuslicher Gewalt wird ein neues, bisher fehlendes Angebot geschaffen. Der ganzheitliche und systemische Beratungsansatz ermöglicht einen umfassenden Blick auf das Familiensystem und die der Gewalt zugrunde liegenden Probleme. Die Gewalt wird nachhaltig beendet und die Situation der Opfer und der Kinder sowohl bei Trennung als auch bei Fortführung der Beziehung dauerhaft verbessert. Dazu wird mit einem 3-Phasen-Modell gearbeitet17. Phase 1 (Eingangs- und Aufnahmephase): Die erste Phase der Täterarbeit umfasst die Problemdefinition und eine erste Risikoeinschätzung. In mindestens drei sechzigminütigen Einzelgesprächen werden dazu die vorgefallenen Taten besprochen und der Täter so erstmals mit der ausgeübten Gewalt konfrontiert. Inhalt dieser Arbeit ist auch eine Gewaltverzichterklärung des Täters und die Erarbeitung eines Notfallplans für kritische Situationen. Mögliche andere Probleme (Suchtproblematik, Schulden, Erziehungsprobleme,…) werden identifiziert und gegebenenfalls die Vermittlung zu Fachberatungsstellen eingeleitet. In enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Opferberatungsstellen und/oder Frauenhäusern wird mit Zustimmung aller Beteiligten eine Gefährdungsanalyse vorgenommen, um in der aktuellen Situation eine wiederholte Eskalation zu vermeiden. Anschließend werden in mindestens acht weiteren Einzelterminen à 60 Minuten die Themen für die zweite Phase erarbeitet und Entscheidungen darüber getroffen, ob eine gemeinsame Arbeit mit Täter und Opfer in Frage kommt. Schließlich soll in dieser Phase die Eigenmotivation gestärkt werden. Die Erfahrungen anderer Interventionsprojekte haben gezeigt, dass durch die Eingangsphase die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass die Täter auch die anderen Phasen der Beratung vollständig absolvieren. Phasenabschluss Zum Abschluss der Eingangs- und Aufnahmephase wird in einem gemeinsamen Gespräch mit allen beteiligten Beratern das weitere Vorgehen geplant. Dies kann eine Fortführung der Einzelarbeit, die Teilnahme an einem Gruppenangebot (z.B. „Training zur Vermeidung häuslicher Gewalt“), die gemeinsame Arbeit mit der Partnerin oder einen Abbruch der Intervention beinhalten, sowie die Kombinationen aus mehreren dieser Möglichkeiten. An diesem Gespräch sollten neben den Mitarbeitern der Beratungsstelle sowohl die zuständigen Akteure der Opferbegleitung als auch gegebenenfalls das Jugendamt bzw. eingeschaltete Kinder- und Jugendschutzeinrichtungen beteiligt sein. 17 Der strukturelle Aufbau der Beratung ist in Anlehnung an das Konzept zur Arbeit mit gewaltbelasteten Familiensystemen des Interventionszentrum Südpfalz entstanden. 14 Phase 2 (Arbeitsphase): Die Arbeitsphase konzipiert sich modular und ist an den individuellen Bedarfen der Männer/Paare auszurichten. Die Berater greifen dabei ggfs. auf vorhandene und etablierte Angebotsstrukturen im Kontext „Häusliche Gewalt“ zurück bzw. vermitteln an diese. Sozialer Trainingskurs Das bereits vorhandene Gruppenangebot „Training zur Vermeidung häuslicher Gewalt (TVhG)“ orientiert sich an den Standards der Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V. (BAG TäHG e.V.) und wird durch den SkF/M der Region Heinsberg angeboten18. Die Durchführung der Maßnahme erfolgt zurzeit in Aachen. In 25 wöchentlich stattfindenden zweistündigen Trainingseinheiten lernen die Männer, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und das gewalttätige Verhalten allmählich und nachhaltig durch gewaltfreie Konfliktlösungsstrategien zu ersetzen. Dazu werden neben theoretischen Inputs unterschiedliche kognitive, gruppendynamische und ressourcenorientierte Methoden angewandt. Das Training beinhaltet  Wöchentliche Reflexion und Aufforderung, neue Gewalttaten zu verbalisieren, Gewaltbilanz, Tatrekonstruktion  Erarbeitung eines individuellen Sicherheits- und Notfallplans  Konfrontative Interviews  Aktuelle Konfliktaufarbeitung mit der gesamten Gruppe  Entwicklung von Opferempathie  Selbst- und Fremdwahrnehmung  Erarbeiten und Einüben von Verhaltensalternativen  Intensive Bearbeitung von beziehungsrelevanten Themen wie Macht/Ohnmacht, Körpersprache, Sprachlosigkeit/Hilflosigkeit, eigene Wahrnehmung, Umgang mit Provokationen, eigenes Konfliktlösungsverhalten. 18  Inputs zu Gewaltarten, Gefühlen, Kommunikation  Frauenbild, Männerbild, Vaterrolle Vgl. Sozialdienst Katholischer Frauen und Männer e.V. Region Heinsberg (2014) 15 Intensive Einzelarbeit Zeigt sich in der Aufnahme- und Eingangsphase, dass ein Gruppentraining nicht geeignet ist, kann die intensive Arbeit mit den erarbeiteten Themen auch in einer ca. 6-monatigen Einzelarbeit fortgesetzt werden. Die Themen und Lernziele entsprechen dabei den Inhalten des TVhG. Zur Anwendung kommt der systemische Beratungsansatz. Wie im Folgenden dargestellt wird, eignet sich die systemische Sicht und die Arbeitsweise dieser Beratungsform bei der Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt passgenau. Häusliche Gewalt findet immer in Beziehungen statt, meist in Familiensystemen, in denen eingefahrene Verhaltensmuster beider Partner zu immer wiederkehrender Eskalation führen. Auch bei der Einzelarbeit mit dem Täter muss also die Bedingtheit der Interaktionen aller Systemmitglieder stets berücksichtigt werden. Jede Veränderung hat Auswirkungen auf alle Mitglieder und kann zu Verbesserungen aber auch zu Irritationen und Unsicherheit führen. Die bisherigen Verhaltensmuster haben geschadet, gleichzeitig aber auch stabilisierende Strategien dargestellt. Der systemische Beratungsansatz denkt diese Dimension der Interventionen immer mit und verbessert so die Sicherheit der Opfer und gegebenenfalls Kinder während des Beratungsprozesses. Die dem Täter entgegengebrachte Haltung durch den Berater ermöglicht zudem eine Sicht, die das Verhalten des Beratenen zunächst als „sinnvolle“ Strategie anerkennt, auch wenn sie dem eigenen Wertesystem widerspricht und keineswegs entschuldigt oder für richtig befunden wird. Um die schädlichen Verhaltensmuster durch „gute“, gewaltfreie zu ersetzen, müssen sie aber zunächst als nachvollziehbare Strategien identifiziert werden. Da die meisten Täter ehemalige Opfer oder Zeugen elterlicher Gewalt sind, ist diese zugrunde zu legende Sicht auf die ausgeübte Gewalt unverzichtbar für einen erfolgreichen Beratungsprozess. Dabei sollen mögliche Ursachen in der Herkunftsfamilie benannt jedoch nicht zum Mittelpunkt der Beratung erklärt werden. Der Klient soll vielmehr dabei unterstützt werden, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen und lösungsorientiert neue Handlungsmöglichkeiten zu erkennen. Schließlich respektiert die systemische Sicht die Eigendynamik des Systems. Das heißt, dass dem Berater zu jeder Zeit bewusst ist, dass er mit Ratschlägen oder Vorschriften keine nachhaltige Verbesserung der Situation erreichen kann. In akuten Krisensituationen kann der so ausgeübte Druck im Gegenteil eine zusätzliche Verschärfung der Krise bewirken. Stattdessen werden in der systemischen Beratung die vorhandenen Ressourcen der Familienmitglieder gemeinsam identifiziert und gestärkt um mit Unterstützung des Beraters eigene neue Strategien zu entwickeln. 16 Zur Umsetzung dieser Grundsätze stehen vielfältige Methoden zur Verfügung, von denen beispielhaft einige dargestellt werden.  Genogramm/Soziogramm. Soziale Beziehungen werden bildlich dargestellt und dadurch bewusster wahrgenommen. Einflüsse zum Beispiel von Erfahrungen in der eigenen Herkunftsfamilie können dadurch zur Sprache kommen. Aber auch hilfreiche Bindungen, die als Unterstützung intensiviert werden können, werden sichtbar.  Zirkuläres Fragen. Fragen wie „Was glauben Sie, wie sich Ihre Partnerin fühlt, wenn Sie gewalttätig sind?“ fördern die Empathiefähigkeit und erfordern einen Perspektivwechsel. Fragen nach den Gefühlen der Kinder können die Vaterrolle in den Vordergrund rücken und die Übernahme von Verantwortung stärken. Aber auch Lösungsorientierte Fragen („Was glauben Sie, würden Ihre Kinder sich in Konfliktsituationen wünschen?“) verändern die oft einseitige Sicht des Täters auf die Situation.  Reframing. Durch die positive Umdeutung von bisher als ausschließlich negativ empfundenen Situationen wird der Blick erweitert. Zum Beispiel die häufige Unterstellung, derart provoziert worden zu sein, dass es keinen anderen Ausweg als Gewalt gab, kann mit dieser Technik hinterfragt werden.  Entdecken von Ausnahmen. Durch das Entdecken von Situation, in denen Konflikte gewaltfrei gelöst wurden, könne Faktoren identifiziert werden, die günstig für neue Lösungsmuster sind.  Figuren/Skulptur. Bei der Aufstellung von Figuren oder Gegenständen, die die Mitglieder des Familiensystems repräsentieren, werden frühere, gegenwärtige und gewünschte Beziehungsmuster dargestellt. Lösungen werden so manifestiert und internalisiert.  Wunderfrage. Die Frage, wie die Familiensituation aussähe, wenn der zu Beratende sich ohne Einschränkung etwas wünschen könnte, ist stark lösungsorientiert und ermöglicht ein konkretes Bild eines Ziels. Bei der näheren Beschreibung zeigt sich oft, dass dieses Bild aus vielen Details besteht, auf die der Klient Einfluss nehmen kann.  Fragen nach Ressourcen. Mögliche Lösungen werden identifiziert. Bei der Erarbeitung eines Notfallplans für kritische Situation können vorhandene Ressourcen herangezogen werden. Jede Beratungseinheit endet mit einer Abschlussintervention. Neue Sichtweisen oder Ideen aus der Sitzung werden zusammengefasst. Eventuell kann eine Aufgabe oder Übung formuliert werden, anhand derer bis zum nächsten Termin neue Erkenntnisse im Alltag erprobt werden können. Paarberatung Bei dem beidseitigen Wunsch der (Ex-)Partner, die Partnerschaft fortzuführen oder einvernehmliche Umgangsregelungen für gemeinsame Kinder zu finden, kann ein weiterer Baustein dieser Phase die Beratung für Paare und Familien zur Beendigung häuslicher Gewalt sein. Es handelt sich hierbei um Paar- oder Familiengespräche mit einem Co-Beraterpaar, das aus einem Psychologen und einer Dipl.Sozialpädagogin und systemischen Familientherapeutin besteht. Das Modul wird durch das Angebot 17 „Neue Wege gehen“ in Kooperation des SKF Aachen mit dem katholischen Beratungszentrum gestellt. In einem Vorgespräch wird zunächst eine Auftragsklärung vorgenommen: Geht es um einvernehmliche Umgangslösung bei Trennung oder streben die Klienten eine gemeinsame, gewaltfreie Zukunft als Paar an? Es schließen sich zehn 90-minütige Beratungstermine an. In der ersten Phase der Beratung wird eine vertrauensvolle Basis zwischen den Beratern und dem Paar geschaffen. Anschließend sollen mit Hilfe von erlebniszentrierten Methoden die vorhandenen Ressourcen der Beziehung gestärkt werden, um Strategien für einen gewaltfreien Umgang zu entwickeln. Die gestellten Aufgaben ermöglichen die Reflexion der aktuellen Situation, die Entwicklung eines gemeinsamen Bildes einer gewaltfreien Beziehung und schließlich dessen begleitete Umsetzung. Im Fokus der Beratung steht die aktuelle Situation, nicht die Bearbeitung von eventuellen biographischen tiefer gehenden Problemen. Mit der Stabilisierung der aktuellen Beziehung soll eine Situation geschaffen werden, die es den Partnern ermöglicht, auf dieser Basis auch weiterführende Beratungs- oder Therapieangebote nutzen zu können. Abschließend findet im letzten Gespräch eine gemeinsame Reflexion der Beratung statt. Die Partner werden ausdrücklich ermutigt, in weiteren Terminen ihre Erfahrungen zu besprechen und Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Auf weitere Angebote wird hingewiesen. Phasenabschluss Abgeschlossen wird auch die Arbeitsphase mit einem gemeinsamen Gespräch aller beteiligten Berater/innen/Therapeut/innen. Hier soll wieder Bilanz gezogen und die weitere Vorgehensweise besprochen werden. Ergebnisse können wiederum das Fortführen der Arbeit in der anschließenden Verselbständigungsphase, eine Fortführung der Einzelarbeit oder einen Abbruch beinhalten. Phase 3 (Verselbständigungsphase): Ziel der Phase ist es, die neu erlernten Verhaltensweisen im Alltag weiter zu üben und umzusetzen. Kern der Beratung ist die Reflexion der neuen Erfahrungen und deren Wirkung. Im Ablösungsprozess werden die Männer auf die Zeit nach der Arbeit mit der Beratungsstelle vorbereitet. Es wird ausdrücklich auf die Möglichkeit, bei Bedarf auf unterstützende Gespräche in der Beratungsstelle zurückzugreifen sowie auf weitere Unterstützungsangebote und Handlungsmöglichkeiten hingewiesen. 18 3.4.2 Koordination, Vernetzung Wie bereits in der Einleitung ausgeführt, verbessert eine enge Vernetzung und Koordinierung der unterschiedlichen Interventionen nachweislich die Nachhaltigkeit der Arbeit gegen häusliche Gewalt. Ein der Beratung von Tätern zugrunde liegender systemischer Ansatz verpflichtet zudem zur Zusammenarbeit mit allen Akteuren der nötigen Interventionsmaßnahmen. Die Koordination und Vernetzung stellt deshalb neben der Beratung eine zentrale Aufgabe der Mitarbeiter der Beratungsstelle für Täter häuslicher Gewalt dar. Bereits bei der Risikoabschätzung in der Eingangs- und Aufnahmephase der Beratung sollen alle beteiligten Mitarbeiter/innen auch der Opfer- und Kinder- und Jugendschutzeinrichtungen beteiligt werden. Aus einem Pool an Netzwerkpartnern kann gegebenenfalls an geeignete Angebote zur Sucht-, Erziehungs-, Schuldnerberatung oder zu Therapieangeboten weiter vermittelt werden. Die gemeinsamen Gespräche aller Beteiligten zum Abschluss der verschiedenen oben vorgestellten Phasen ermöglichen schließlich eine konsequente Sicht auf den gesamten Fall, ohne die nötige klare Priorität der Opfer- und Kindesinteressen aufzuweichen. Durch die enge Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft werden mehr Täter häuslicher Gewalt erreicht als bisher. In regelmäßigen Treffen des trägerübergreifenden Beirats werden die Koordination und die Wirksamkeit der Interventionen bei häuslicher Gewalt laufend reflektiert und optimiert. 3.4.3 Prävention Mit Informationsveranstaltungen in Schulen, Familienzentren und Familienbildungsstätten sollen Familien und Jugendliche für das Thema häusliche Gewalt sensibilisiert werden. Damit verbunden werden Betroffene auf diesem Weg anonym und proaktiv mit Informationen und Adressen von möglichen Anlaufstellen versorgt. Durch die Schulung von Multiplikatoren zum Umgang mit Fällen häuslicher Gewalt werden klare Zuständigkeiten in Institutionen unterstützt und alle mit häuslicher Gewalt in Berührung kommenden Mitarbeiter/innen sensibilisiert. 3.4.4 Öffentlichkeitsarbeit Durch regelmäßige Information in der Tagespresse, Informationsveranstaltungen, Flyer und einen Internetauftritt wird das Angebot der Beratungsstelle bekannt gemacht und werden Zugangsbarrieren abgebaut. In einem veröffentlichten Jahresbericht werden die Ergebnisse der Arbeit dargestellt und einer breiten (Fach-) Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 19 3.5 Netzwerkpartner Zur effektiven Koordinierung aller Angebote und zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Sinne einer gemeinsam verfolgten Interventionskette, wird die enge Vernetzung mit den folgenden Einrichtungen, Institutionen und Diensten angestrebt:  Ärzte  Bewährungshilfe  Ehe-, Familien-, Paar-, Sucht-, Schuldnerberatungsstellen  Fachausschuss „Gewalt gegen Frauen“, Frauennetzwerk Aachen  Fachstellen und Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt in der Städteregion (SKF Aachen, Diakonie) mit den Frauenhäusern  Frauen-helfen-Frauen e.V.  Gleichstellungsbüro der Stadt Aachen  Jugendamt  Jugendgerichtshilfe  JVA  Kinderschutzbund  Krankenhäuser  Kulturvereine/-gemeinschaften  Landschaftsverband (Opferentschädigungsgesetz)  Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen  Polizei  Projekt Gender Gewaltkonzept (Koordinationsprojekt von Frauen-helfen-Frauen und Klinikum)  Projekt Neue-Wege-Gehen (Koordinationsprojekt SKF Aachen und katholisches Beratungszentrum)  SKF/M, Region Heinsberg  SKM Aachen  Sozialpsychiatrischer Dienst  Staatsanwaltschaft  Straffälligenhilfe  Therapeuten  Weißer Ring 20 4. Quellen Brzank, P. (2009): (Häusliche) Gewalt gegen Frauen: sozioökonomische Folgen und gesellschaftliche Kosten. In: Robert-Koch-Institut (Hrsg.): Bundesgesundheitsblatt. Gesundheitsforschung. Gesundheitsschutz. 52(3), 330-337 Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V. (2014): Arbeit mit Tätern bei häuslicher Gewalt: Standard der Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2014): Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen. Eine sekundäranalytische Auswertung zur Differenzierung von Schweregraden, Mustern, Risikofaktoren und Unterstützung nach erlebter Gewalt. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2014): Gemeinsam gegen häusliche Gewalt. Kooperation, Intervention, Begleitforschung. Forschungsergebnisse der Wissenschaftlichen Begleitung der Interventionsprojekte gegen häusliche Gewalt (WiBIG) Europarat (o.J.), Sekretariat des Ausschusses für Gleichberechtigung von Frauen und Männern: Handbuch für ParlamentarierInnen. Die Parlamente vereint bei der Bekämpfung der häuslichen Gewalt gegen Frauen Grobe, T. G./Schwartz, F. (2003): Arbeitslosigkeit und Gesundheit. Gesundheitsberichterstattung des Bundes 13. Robert Koch-Institut, Berlin InterventionsZentrum gegen häusliche Gewalt Südpfalz (o.J.): Konzept. Arbeit mit gewaltbelasteten Familiensystemen. In Kooperation mit dem Jugendamt Germersheim. Sozialdienst Katholischer Frauen und Männer e.V. Region Heinsberg (2014): Konzeption „Täterarbeit bei häuslicher Gewalt“. Stoff, Beate (2013): Kosten häuslicher Gewalt – vorliegende Ergebnisse aus europäischen Ländern. Fachtag „Opferschutz durch Täterarbeit?! Erfahrungen. Ergebnisse. Perspektiven.“ Mainz, 18. April 2013 Terre Des Femmes (o.J.): http://www.frauenrechte.de/online/index.php/themen-undaktionen/haeusliche-und-sexualisierte-gewalt Zugriff: 9.2.2015 Uniklinik RWTH Aachen (o.J.):http://www.gegeko.de/de/wpcontent/uploads/sites/3/2014/11/Find_find_IUK-Master_Symposium.pdf Zugriff: 5.2.2015 Wikipedia (o.J.):http://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%A4dteregion_Aachen. Zugriff: 18.3.2015 Wilmers, N./Enzmann, D./Schaefer, D./et al (2002): Jugendliche in Deutschland zur Jahrtausendwende: Gefährlich oder gefährdet? Ergebnisse wiederholter, repräsentativer Dunkelfelduntersuchungen zu Gewalt und Kriminalität im Leben junger Menschen 1998-2000. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden. 21 Gewaltlos stark Konzept zur Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt und zur Vernetzung der Opfer- und Täterarbeit in Stadt und StädteRegion Aachen - Exposé Nach einer repräsentativen Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BFSFJ) aus dem Jahr 2004 haben rund 25 Prozent aller Frauen im Alter von 16 bis 85 Jahren mindestens einmal körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch einen Beziehungspartner erlebt. Zudem zeigt die Studie auf, dass ca. 75 % der betroffenen Frauen schwere bis sehr schwere Gewalterfahrungen durchleben (mussten). Für Stadt und StädteRegion Aachen resultiert hieraus, dass ca. 44.230 Frauen schwere bis sehr schwere häusliche Gewalterfahrungen erlebten bzw. nach wie vor erleben. In Aachen und der StädteRegion gehen jährlich ca. 900 einschlägige Anzeigen bei der örtlichen Polizei ein. Aachen verfügt über eine gut vernetzte Versorgungsstruktur zum Schutz, zur Beratung und gegebenenfalls Weitervermittlung der Opfer häuslicher Gewalt. Es fehlt jedoch für die Täter an bedarfsgerechten und passgenauen Angeboten, die für die ursächliche und nachhaltige Bekämpfung des Problems zwingend sind. Zudem werden betroffene Migrantinnen und sozial stark isolierte Frauen nicht erreicht. Die psychosozialen und volkswirtschaftlichen Folgen anhaltender und wiederholter Gewalt sind verheerend. Um die Gewaltspirale zu durchbrechen und häusliche Gewalt nachhaltig zu bekämpfen, hat das BFSFJ im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung von Interventionsprojekten gegen häusliche Gewalt (WiBIG) Kriterien identifiziert, die entscheidend den Erfolg der Interventionen beeinflussen. Angelehnt an diese Empfehlungen begründet das vorliegende Konzept eine Beratungsstelle für Männer, die häusliche Gewalt ausüben oder ausgeübt haben. Neben der Beratung der Täter wird die Vernetzung, die Koordination der Interventionen, Prävention und Öffentlichkeitsarbeit im Fokus stehen. Personell wird das Angebot mit zwei Vollzeitstellen ausgestattet. Die Beschäftigten sind Sozialpädagogen/-arbeiter mit einschlägiger Berufserfahrung. Mit dem Ziel, häusliche Gewalt umgehend und dauerhaft zu beenden, erfolgt die Beratung nach einem Drei-Phasen-Modell, bestehend aus Eingangs- und Aufnahmephase, Arbeitsphase und Verselbständigungsphase. Regional bestehende und etablierte Angebote werden integriert. Durch die Unterbrechung des Kreislaufs sich verstärkender psychosozialer Folgen häuslicher Gewalt zielt das Angebot durch Hilfe für die Täter mittelbar auf eine deutliche Steigerung der Lebensqualität der betroffenen Frauen und Kinder. Sie erhalten die Möglichkeit, ihre Lebenssituation wieder aktiv zu gestalten. Der Europarat geht von Folgekosten häuslicher Gewalt in Höhe von jährlich 40,00 Euro pro Einwohner aus. Legt man diese Annahme zu Grunde, erwirkt das Angebot der Täterberatung/begleitung im Best-Case-Szenario durch die Unterbrechung der Gewaltspiralen einen volkswirtschaftlichen Nutzen in Stadt und StädteRegion Aachen von bis zu 1,1 Mio. Euro p.a.. Andere Studien gehen von Kosten von bis zu 180,00 Euro pro Jahr pro Kopf der Bevölkerung in Deutschland aus. Gewaltlos stark - Hilfe & Unterstützung für Täter häuslicher Gewalt SKM - Katholischer Verein für soziale Dienste in Aachen e.V. Kosten- & Finanzierungsplan Aufwand Personalkosten (100 % Beschäftigungsumfang) 20 % der Personalkosten für Leitung und Verwaltung Sachkostenpauschale Fortbildungspauschale EDV Pauschale Summe Aufwand Kalkulation Projektjahr 2017 69.600,00 € 13.920,00 € 5.500,00 € 1.000,00 € 520,00 € 90.540,00 € Ertrag Eigenmittel Träger Antragsumme Elisabethspitalfonds Summe Ertrag Überschuss/Defizit 34.800,00 € 55.740,00 € 90.540,00 € - € Personalkosten Fachpersonal (AG-brutto) basieren auf tariflichen Vorgaben gem. AVR-C: Anlage 33 Vergütungsgruppe S12 Stufe 6 Es wird die Beschäftigung einer langjährig erfahrenen Fachkraft mit Zusatzqualifikationen im Arbeitsfeld gefordert. Die Herleitung der Personal & Sachkosten orientiert sich an den allgemein anerkannten Kalkulationverfahren gem. KGSt abgeleitet.