Daten
Kommune
Aachen
Dateiname
169754.pdf
Größe
388 kB
Erstellt
16.09.16, 12:00
Aktualisiert
07.06.17, 11:47
Stichworte
Inhalt der Datei
Der Oberbürgermeister
Vorlage
Federführende Dienststelle:
Fachbereich Stadtentwicklung und Verkehrsanlagen
Beteiligte Dienststelle/n:
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
FB 61/0557/WP17
öffentlich
16.09.2016
Dez. III / FB 61/700
Alternative Verkehrsflächenbefestigungen;
Antrag der CDU- und SPD-Fraktionen im Rat der Stadt vom
08.09.2016
Beratungsfolge:
TOP:__
Datum
Gremium
Kompetenz
29.09.2016
MA
Kenntnisnahme
Beschlussvorschlag:
Der Mobilitätsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Vorlage FB 61/0557/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 21.09.2016
Seite: 1/4
Erläuterungen:
Mit Datum vom 08.09.2016 beantragen die Fraktionen CDU und SPD die Vorstellung des Projektes
„Versickerungsfähige Verkehrsflächenbefestigungen mit alternativen Bindemitteln“ des Institutes für
Straßenwesen der RWTH.
Es wird um eine Präsentation des Forschungsprojektes sowie eine Einschätzung der Verwaltung
erbeten.
Das Institut für Straßenwesen der RWTH (ISAC) wurde um Information zu dem o.g.
Forschungsprojekt gebeten. Daraufhin wurden zwei Fachartikel mit dem aktuellen Sachstand des
Projektes zur Verfügung gestellt. In einem ergänzenden Telefonat mit Prof. Oeser wurden weitere
Informationen eingeholt.
Kurz zusammengefasst lässt sich daraus folgendes ableiten:
Herr Professor Oeser wird in der Sitzung über den aktuellen Forschungsstand berichten.
Die dargestellten Untersuchungsergebnisse eröffnen eine interessante Perspektive
hinsichtlich des Einsatzes neuartiger Bindemittel im Straßenbau auch im Zusammenhang mit
der Konzeption wasserdurchlässiger Beläge. Erste praktische Anwendungen im Bereich der
Befestigung von Parkplätzen und Wegen liegen bereits vor. Derzeit wir beim ISAC ein
„Technisches Regelwerk“ in Form von Arbeitsblättern zur Materialzusammensetzung, zum
Einbau, zur Projektplanung und –umsetzung und zur Erstellung von Ausschreibungshilfen
erarbeitet.
Im Folgenden wird das Thema detaillierter betrachtet.
Baumaterialien werden entsprechend den geänderten technischen Anforderungen und neueren
Erkenntnissen aus Wissenschaft und Praxis weiterentwickelt. Einer neuen Idee folgt zunächst die
Erprobung im Labormaßstab auf wissenschaftlicher Ebene, danach der punktuelle Einsatz zu
Testzwecken in der praktischen Anwendung, bevor mit einer Umsetzung in Richtlinien und
Vorschriften die Anwendung im großen Maßstab gesichert ist.
Der Impuls zur Entwicklung eines wasserdurchlässigen Oberflächenmaterials in gebundener
Bauweise kommt aus der Idee, bei zunehmender Versiegelung einen Beitrag zur Minderung des
Abflusses und zur Grundwasserneubildung zu leisten. Wasserdurchlässiges Oberflächenmaterial
steht dabei zunächst im Widerspruch zur Grundforderung, die Konstruktion gegen eindringendes
Wasser zu schützen, um Schäden vor allem bei Frost-Tau-Wechsel zu vermeiden. Deshalb werden
derartige Flächen auch nicht für den Einsatz unter schwerer Verkehrsbelastung empfohlen. Für
Flächen mit leichten bis moderaten Verkehrslasten ist eine Anwendung der Bauweise möglich.
Vorlage FB 61/0557/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 21.09.2016
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Die Suche nach einem wasserdurchlässigen Material, das Wasser schadlos ableitet und gleichzeitig
geeignet ist den zunehmenden Achs- und Radlasten zu widerstehen, wurde nach den
Starkregenereignissen der letzten Jahre intensiviert. Ein Anwendungskonzept solcher
Oberflächenmaterialien ist u.a. die Durchlässigkeit der gesamten Konstruktion bis in den Untergrund
zu gewährleisten. Weiterhin liegen Konzepte mit teilweise Versickerung des Oberflächenwassers oder
vollständig behinderter Versickerung vor. Letztere erfordern eine zusätzliche Drainage, die unterhalb
der durchlässigen Schichten angeordnet ist. Diese Konzepte können zwar nur teilweise oder
überhaupt nicht zur Versickerung beitragen, sind jedoch wegen der Zwischenspeicherung trotzdem
zur Vermeidung von Abflussspitzen von Oberflächenwasser geeignet. Ein weiterer Vorteil von
Befestigungen mit zielgerichteter Wasserdurchlässigkeit ist der positive Beitrag zum Stadtklima.
Hierbei kann gespeichertes Wasser an heißen Tagen aus den Befestigungen heraus verdunsten und
durch die Evaporationskälte zur Temperaturreduktion beitragen. Außerdem reduzieren die
Befestigungen die Verwirbelung von Straßenstaub, der sich an trockenen Tagen auf der Oberfläche
der Straßen ablagert und durch die Fahrzeuge wieder in die Luft gelangt. Damit leisten diese
Befestigungen einen positiven Beitrag zur Lufthygiene und insbesondere zur Feinstaubreduktion.
Inzwischen liegen erste Erkenntnisse wissenschaftlicher Untersuchungen vor. Die
Forschungsergebnisse des Instituts für Straßenwesen der RWTH Aachen wurde Ende 2015 in zwei
Fachartikeln veröffentlicht:
„Entwicklung von Deckenschichtmaterial für versickerungsfähige Verkehrsflächenbefestigungen auf
Basis alternativer Bindemittel“ (s. Straße und Autobahn 9/2016 S. 601ff und 11/2015 S. 776ff).
Für den ersten Teil der Untersuchungen wurden die wesentlichen Erkenntnisse der Versuche im
Labormaßstab wie folgt zusammengefasst:
„Anhand der durchgeführten Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass eine Kopplung der
hydraulischen Eigenschaften mit einer hohen mechanischen Fertigkeit durch eine Verwendung von
Polyurethan möglich ist.“ D.h., mit den PU-gebundenen Deckschichtmaterialien ist es nun erstmals
möglich, hochstabile, riss- und verformungsresistente offenporige Materialien einzusetzen, die
gleichzeitig ein hohes Maß an Wasserdurchlässigkeit aufweisen. Hierin liegt auch der Vorteil dieser
Materialien im Vergleich zu offenporigen Asphalten für Befestigungen mit zielgerichteter
Wasserdurchlässigkeit. Diese erfüllen zwar ebenfalls die hydraulischen Anforderungen
(Wasserdurchlässigkeit) sind aber wegen ihrer geringen Verformungsresistenz und des hohen
Verlustes an Oberflächenmaterial (infolge der in Städten häufig vorkommenden Schub- und
Schwerbelastungen durch Anfahren, Bremsen und Lenken) nicht gut geeignet. Außerdem lassen sich
Deckschichten aus PU-gebundenen Materialien nach etwaigen Aufgrabungen einfach wieder
verschließen und wasserdurchlässig an das umgebende Material anbinden. Ach hierin besteht ein
Vorteil zu offenporigen Asphalten.
„Aufgrund der erhöhten Durchlässigkeit des Deckschichtsystems ist bei der Konstruktion des
Gesamtsystems das Untergrunddesign besonders zu berücksichtigen. Eine Versickerung des
Regenwassers durch die Schicht bewirkt eine Zunahme der Wasserzuführung in die
darunterliegenden Schichten. Dies widerspricht jedoch den Regeln der Bautechnik, gemäß denen das
Niederschlagswasser weitgehend von der Konstruktion fernzuhalten ist. Daher sind besondere
Vorlage FB 61/0557/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 21.09.2016
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Anforderungen an den Schutz der Konstruktion zu stellen.“ Technische Lösungen liegen hierzu jedoch
mit dem Merkblatt für wasserdurchlässige Befestigungen bereits vor.
Im Ausblick werden folgende Perspektiven formuliert:
„Versickerungsfähige Verkehrsflächen bieten - neben der bereits genannten Entsieglung von
vorhandenen undurchlässigen Verkehrsflächen - neue Wege zur Vermeidung von verkehrsinduzierten
Schadstoffträgern zur Verbesserung des Stadtklimas, zur Verhinderung der Verkehrslärmentstehung
und zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe im Verkehrswegebau. Im Rahmen dieser Arbeit konnte
gezeigt werden, dass offenporige Verkehrsflächensysteme auf Basis von Polyurethan durchaus das
Potential besitzen, eine dauerhafte, konkurrenzfähige Alternative zu konventionellen, insbesondere
offenporigen, Verkehrsflächen darzustellen.“
„In diesem Zusammenhang werden auch geeignete Einbauverfahren erarbeitet und praxisnah
getestet“.
Der zweite Teil der Untersuchungen beschäftigt sich mit den Prüfmodalitäten und der Bewertung
materialspezifischer Eigenschaften:
„Für eine erfolgreiche Entwicklung von Deckenschichtmaterialien auf Basis alternativer Bindemittel
wurden im Labormaßstab verschiedene polyurethangebundene Materialkompositionen konzeptioniert,
prüftechnisch im Hinblick auf die Performance untersucht und bewertet.“
„ Anhand der Forschungsergebnisse lässt sich konstatieren, dass durch eine vollständige Substitution
von Bitumen durch Polyurethan die Performance der Deckschicht einer Verkehrsflächenbefestigung
erheblich gesteigert werden kann.“
Die dargestellten Untersuchungsergebnisse eröffnen eine interessante Perspektive hinsichtlich des
Einsatzes neuartiger Bindemittel im Straßenbau. Wie oben bereits erwähnt liegen erste Umsetzungen
vor, die derzeit einem Monitoringprozess unterzogen werden. Die Ergebnisse bzgl. Dauerhaftigkeit im
mechanischen und hydraulischen Sinne sind durchweg positiv.
Nach Vorliegen weiterer Erkenntnisse hinsichtlich der Einsatzkriterien und der bautechnischen
Umsetzung ist ein praxisnaher Testeinsatz im Stadtgebiet in enger Abstimmung mit dem ISAC
denkbar.
Die Fachverwaltung wird im Kontakt mit dem ISAC die Ergebnisse der weiteren Forschung verfolgen
und bei einem geeigneten Verfahrensstand und entsprechenden Erkenntnissen zur Tragfähigkeit und
Dauerhaftigkeit der Konstruktion eine geeignete Teststrecke auswählen.
Anlage/n:
- Antrag der Fraktionen von CDU- und SPD
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