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Vorlage-Sammeldokument

Daten

Kommune
Aachen
Dateiname
110598.pdf
Größe
805 kB
Erstellt
14.02.13, 12:00
Aktualisiert
06.09.18, 21:02

Inhalt der Datei

Der Oberbürgermeister Vorlage Federführende Dienststelle: Umwelt Beteiligte Dienststelle/n: Vorlage-Nr: Status: AZ: Datum: Verfasser: FB 36/0178/WP16 öffentlich 14.02.2013 FB 36/30 Herr Goffin Gutachten zur Steuerung des Weiher von Schloss Schönau Beratungsfolge: TOP:__ Datum Gremium Kompetenz 06.03.2013 B6 Kenntnisnahme Beschlussvorschlag: Die Bezirksvertretung Aachen-Richterich nimmt den Bericht der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis. In Vertretung Nacken Beigeordnete Vorlage FB 36/0178/WP16 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 25.02.2013 Seite: 1/5 finanzielle Auswirkungen investive Ansatz fortgeschriebener Ansatz fortgeschriebener Gesamt- Gesamt- Auswirkungen 20xx Ansatz 20xx 20xx ff. Ansatz 20xx ff. bedarf (alt) bedarf (neu) Einzahlungen 0 0 0 0 0 0 Auszahlungen 0 0 0 0 0 0 Ergebnis 0 0 0 0 0 0 + Verbesserung / 0 0 Deckung ist gegeben / keine Deckung ist gegeben / keine ausreichende Deckung vorhanden ausreichende Deckung vorhanden -Verschlechterung konsumtive Ansatz fortgeschriebener Ansatz fortgeschriebener Folgekosten Folgekosten Auswirkungen 2013 Ansatz 2013 2014 ff. Ansatz 2015 ff. (alt) (neu) Ertrag 0 0 0 0 0 0 19.200 19.200 44.600 44.600 45.000 45.000 Abschreibungen 0 0 0 0 0 0 Ergebnis 0 0 0 0 0 0 Personal/Sachaufwand + Verbesserung / -Verschlechterung 0 0 Deckung ist gegeben Deckung ist gegeben Die einmaligen Kosten für das Monitoring-Gutachten in Höhe von ca. 6.000 € sind über das Sachkonto 5429 0000 beim PSP-Element 1-130102-900-7 gedeckt. Die Folgekosten für den erhöhten Unterhaltungsaufwand von maximal jährlich ca. 5.000 € sind über das Sachkonto 5279 0000 beim PSP-Element 4-130102-907-8 gedeckt. Vorlage FB 36/0178/WP16 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 25.02.2013 Seite: 2/5 Erläuterungen: Am 31.10.2012 hat die Verwaltung im Rahmen der Sitzung der Bezirksvertretung Aachen-Richterich einen Sachstandsbericht zur weiteren Vorgehensweise im Zusammenhang mit dem Tiersterben im Weiher von Schloss Schönau abgegeben. Die Bezirksvertretung nahm die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis verbunden mit der Erwartung auf einen weiteren Bericht, wenn das beauftragte Gutachten vorliegt. Dem möchte die Verwaltung mit diesem Bericht nachkommen. Das nun vorliegende Gutachten wurde erstellt vom Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung (gaiac) an der RWTH Aachen. Es trägt den Titel: Gutachten zur Steuerung der Teichanlage Schloss Schönau mit den Schwerpunkten Botulismus und Eutrophierung. Die Zusammenfassung lautet wie folgt: Im Jahr 2012 wurde ein Enten- und Fischsterben in der Teichanlage Schloß Schönau in AachenRichterich beobachtet. Durch Analysen am Robert-Kochs-Institut konnte eindeutig das durch Clostridium botulinum verursachte Botulinumtoxin Typ C nachgewiesen werden, so dass sicher von Geflügelbotulismus als Ursache ausgegangen werden kann. Da mit hoher Wahrscheinlichkeit verendete Fische eine wichtige Rolle beim Ausbruch des Botulismus gespielt haben, wurde nach Maßnahmen gesucht, die zum einen ein weiteres Fischsterben verhindern und des weiteren die Eutrophierung des Gewässers reduzieren. 1. Als wesentliche Sofortmaßnahme wird ein effektives Verbot der Entenfütterung angesehen, um dadurch die Eutrophierung des Gewässers zu mindern und die Wasservögel zur Abwanderung zu bewegen. 2. Eine weitere Kontrolle hinsichtlich verendeter Tiere am Gewässer und gegebenenfalls eine sofortige Entfernung von Kadavern bis ins nächste Jahr hinein ist dringend durchzuführen. 3. Des weiteren ist zur Stabilisierung eine Sauerstoffbelüftung äußerst empfehlenswert, um das Risiko eines weiteren akuten Fischsterbens zu minimieren. Wie lange und in welchem Umfang eine solche Belüftung nötig sein wird, kann durch ein begleitendes Gewässermonitoring untersucht werden. 4. Eine Änderung der Gewässermorphometrie ist nach ersten Simulationsrechnungen nicht empfehlenswert. Hingegen würden sich unbelastete Zuflüsse positiv auswirken. 5. Daher sollte die Möglichkeit zusätzlicher Wassereinleitungen geprüft werden. 6. Als langfristig wirkende Maßnahme wird eine Biomanipulation in Absprache mit dem Angelverein empfohlen, um den Anteil der Friedfische gegenüber den Raubfischen zu erniedrigen. Vorlage FB 36/0178/WP16 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 25.02.2013 Seite: 3/5 7. Eine regelmäßige Entfernung von Falllaub wird als sinnvolle ergänzende Maßnahme angesehen. 8. Um zukünftig belastbare Daten zur Gewässergüte der Teichanlage und der wesentlichen Nährstoffeinträge inklusive der bestehenden Zuflüsse zu erhalten, wurde ein Vorschlag für ein Gewässermonitoring formuliert. Das Gutachten wurde seitens der Fachbehörde, dem Fachbereich Umwelt, gesichtet und bewertet. Die vorgeschlagenen 8 Punkte werden mitgetragen und werden bereits umgesetzt bzw. werden zur Zeit zur Umsetzung vorbereitet: Zu 1. effektives Verbot der Entenfütterung Das Verbot der Entenfütterung wurde bereits von den Fraktionen der CDU und der Grünen im Rat beantragt. Die Umsetzung erfolgt durch den Fachbereich Sicherheit und Ordnung, FB 32, im Rahmen einer im Frühjahr vorgesehenen Änderung der Straßennutzungsverordnung der Stadt Aachen. Zu 2. sofortiges Entfernen von Kadavern Sobald bekannt wird, dass ein verendetes Tier entdeckt wurde, wird die Bezirkskolonne des E 18 darüber umgehend informiert. Durch sie verfolgt die zeitnahe Entnahme und Beseitigung der verendeten Tiere. Zu 3. Sauerstoffbelüftung Der nach der Maßnahme zur Entschlammung des Weihers nicht mehr eingesetzte Belüfter soll im Frühjahr wieder installiert werden, damit im Rahmen des Monitorings der Nutzen einer derartigen Belüftung festgestellt werden kann. Dazu laufen derzeit verwaltungsintern diverse Abstimmungsgespräche mit dem Aachener Stadtbetrieb, E 18, und dem Gebäudemanagement, E 26. Zu 4. Änderung der Gewässermorphologie Das Abflachen der Uferböschung oder das Eintiefen des Weihers wird nicht weiter verfolgt. Zu 5. zusätzliche Wassereinleitung Die Verwaltung hat zwei Maßnahmen zur zusätzlichen Wassereinleitung geprüft: Zunächst wurde die Umleitung des Regenwasserkanals zum Weiher hin geprüft. Die Kanäle im Bereich Schloss Schönau liegen einerseits so tief, dass das Wasser nur mittels Pumpen angehoben werden müsste, um es in den Weiher einzuleiten, und andererseits ist auch dieses Wasser sauerstoffarm und die Wasserqualität im Regenwasserkanal nicht geeignet, es in den Weiher einzuleiten, weil Straßenwässer nicht frei von Belastungen sind. Hinzu kommt, dass zu den kritischen, regenfreien Zeiten keine Zuspeisung erfolgen würde. Die Entnahme von Grundwasser wurde ebenfalls geprüft. Grundsätzlich wäre diese Maßnahme umsetzbar. Die Errichtung einer Tiefbohrung, der Ausbau zu einem Entnahmebrunnen und die Installation einer Pumpe würde geschätzt mehr als 20.000 € an Investitionen erfordern. Vorlage FB 36/0178/WP16 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 25.02.2013 Seite: 4/5 Hinzu kämen die ständigen Betriebskosten (wie Wartung, regelmäßige Kontrolle und Stromkosten). Außerdem müsste das geförderte Grundwasser mit Sauerstoff angereichert werden, bevor es in den Weiher geleitet wird. Die Prüfung hat somit ergeben, dass keine technischen Maßnahmen gesehen werden, die mit verhältnismäßigem Aufwand eine kontinuierliche oder auch nur zeitliche zusätzliche Wassereinleitung gewährleisten. Es verbliebe lediglich die Zuspeisung von Leitungswasser mittels Einspritzen durch die Feuerwehr oder aus der Trinkwasserleitung, was jedoch im Hinblick auf die anfallenden Kosten von ca. 2,50 €/ m³ ebenfalls unverhältnismäßig wäre. Zu 6. Biomanipulation in Bezug auf den Fischbestand Eine Absprache mit dem örtlichen Angelsportverein muss und wird in naher Zukunft erfolgen, um den Anteil der Friedfische gegenüber den Raubfischen abzusenken, damit ein für diesen Weiher geeigneter Fischbestand in Menge und Art zukünftig gewährleistet ist. Es wird überlegt, ob eine gutachterliche Begleitung hilfreich ist. Zu 7. Entfernen von Falllaub Eine Beauftragung des E 18 zur Umsetzung dieser ergänzenden Maßnahme steht kurz bevor, da ein Angebot des E 18 dem Fachbereich Umwelt bereits vorliegt. Zu 8. Beauftragung eine Gewässermonitorings Eine Beauftragung eines vom Gutachter vorgeschlagenen Gewässermonitorings steht kurz bevor. Ein Angebot des gaiac zur Durchführung in 2013 liegt dem Fachbereich Umwelt bereits vor. Interne Abstimmungen (insbesondere zur Finanzierung) sind noch erforderlich, damit eine Beauftragung zeitnah erfolgen kann. Neben diesen Maßnahmen empfiehlt der Gutachter auch die Demontage des Entenhäuschens. Da das Häuschen ohnehin marode ist, hat die Verwaltung vor, es im Frühjahr demontieren zu lassen. Anlage: Das Gesamtgutachten des Forschungsinstituts für Ökosystemanalyse und – bewertung e.V. (gaiac) ist über das Ratsinformationssystem einsehbar. Vorlage FB 36/0178/WP16 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 25.02.2013 Seite: 5/5 Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Gutachten zur Steuerung der Teichanlage „Schloss Schönau“ mit den Schwerpunkten Botulismus und Eutrophierung Dr. Tido Strauss 18.DEZEMBER 2012 Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und –bewertung e.V. (gaiac) Kackertstrasse 10 52072 Aachen strauss@gaiac.rwth-aachen.de www.gaiac.rwth-aachen.de Auftraggeber: Stadt Aachen, Fachbereich Umwelt Reumontstraße 1, 52064 Aachen Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 Inhalt 1 Ziel der Untersuchung und Untersuchungsgewässer .................................................. 3 2 Botulismus ................................................................................................................ 5 3 2.1 Botulismusausbruch 2012............................................................................................. 5 2.2 Ursachen für Botulismus............................................................................................... 5 Gewässereutrophierung ............................................................................................ 8 3.1 Wassertemperatur ....................................................................................................... 9 3.1.1 4 Simulationen zum Einfluss der Gewässermorphologie auf die Wassertemperatur ....................... 9 3.2 Entenfütterung........................................................................................................... 12 3.3 Fischbestand .............................................................................................................. 13 3.4 Zuflüsse ..................................................................................................................... 14 3.5 Laubeintrag................................................................................................................ 15 Maßnahmen ........................................................................................................... 16 4.1 Sofortmaßnahmen ..................................................................................................... 16 4.1.1 4.1.2 Entenfütterung.............................................................................................................................. 16 Sauerstoffeintrag (Belüfter) .......................................................................................................... 16 4.2 Biomanipulation (Änderung des Fischbestands) .......................................................... 17 4.3 Gewässerunterhaltung ............................................................................................... 17 4.4 Gewässermonitoring .................................................................................................. 18 5 Zusammenfassung .................................................................................................. 19 6 Literatur.................................................................................................................. 20 Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 2 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 1 Ziel der Untersuchung und Untersuchungsgewässer Im Sommer 2012 trat an der Teichanlage am Schloss Schönau im Aachener Vorort Richterich ein Fall von Geflügelbotulismus auf. Dieser erste in Aachen bekanntgewordene Botulismusfall wird ursächlich mit der schlechten Wasserqualität in Folge zu starker Nährstoffeinträge in Zusammenhang gebracht. Das vorliegende Gutachten beschäftigt sich mit der 1. Bewertung der aufgetretenen Botulismusfälle – Ursachen und mögliche Maßnahmen 2. Möglichkeiten zur kurzfristigen Stabilisierung des Gewässers 3. Maßnahmen zur Verminderung der Eutrophierung Abb. 1.1: Teichanlage Schloss Schönau (26.09.2012). Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 3 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 Abb. 1.2: Teichanlage Schloss Schönau mit Entenhäuschen (26.09.2012). Abb. 1.3: Teichanlage Schloss Schönau mit Stockenten (26.09.2012). Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 4 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 2 Botulismus 2.1 Botulismusausbruch 2012 Seit Juli 2012 wurden wiederholt tote Vögel und Fische aus der Teichanlage Schloss Schönau gemeldet. Bis Ende November sind der UWB Aachen 2 tote Schwäne, 22 Enten und 22 Fische bekannt geworden. Im August 2012 wurde durch Analysen am Robert-Kochs-Institut das durch Clostridium botulinum verursachte Botulinumtoxin Typ C in einer Ente, einem Fisch und in geringen Mengen in einer Sedimentprobe nachgewiesen. Somit gilt ein Ausbruch von Geflügelbotulismus in den Teichanlagen als gesichert. Der Toxintyp C gilt für Menschen als unbedenklich, gesicherte Krankheitsfälle bei Menschen nach Kontakt mit Erregern bzw. Botulinumtoxin Typ C sind nicht bekannt. In der Regel kann dieser Toxintyp zu tödlichen Vergiftungen von Wasservögeln führen. Auch können sich Fische durch Verzehr virulenter Nahrung infizieren und möglicherweise auch daran sterben, wobei die Sensitivität gegenüber dem Botulinumtoxin Typ C artspezifisch sehr unterschiedlich ist. Allerdings sind in der Regel die Auswirkungen übermäßiger Gewässereutrophierung für Fischsterben verantwortlich. Ein Nachweis des Typ C-Toxins in einem Fischkadaver ist daher kein Hinweis auf die Todesursache. 2.2 Ursachen für Botulismus Der Ausbruch von Geflügel-Botulismus (Toxintyp Cα) in Seen und Teichen benötigt als Auslöser proteinreiche Nährsubstrate (z.B. tierische Kadaver), ein sauerstofffreies Milieu sowie hohe Wassertemperaturen. Haben sich einmal erhöhte Konzentrationen der Toxine in geeigneten Substraten gebildet, bleiben diese in der Regel über mehrere Monate stabil und können in der Folge weitere Tiere vergiften, wenn sie als Nahrung aufgenommen werden. Das optimale Medium für die Bakterien im Freiland sind verwesende Wirbeltierkadaver. Daher stellen tote Fische im vorliegenden Fall für die Teichanlage Schloß Schönau die wahrscheinlichste Quelle für den Geflügelbotulismus dar. In den größeren Kadavern können sich z.B. Maden von Schmeiß- und Aasfliegen entwickeln, die gegenüber dem Toxin unempfindlich sind, allerdings eine Anreicherung des Toxins um mindestens 3-4 Zehnerpotenzen aufweisen können. Die zur Verpuppung vom Kadaver abwandernden Larven können nun durch Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 5 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 gründelnde Gewässervögel wie Enten aufgenommen werden. Die Wahrscheinlichkeit, das Gift mit der Nahrung aufzunehmen, ist für im Flachwasserbereich gründelnde Enten besonders hoch. Im Gewebe abgestorbener Maden bleibt das Toxin noch lange hochtoxisch. Dieser Mechanismus ist nachweislich eine häufige Ursache für den Ausbruch von Geflügelbotulismus (Westphal 1991, vergleiche auch Abb. 2.1). Inwieweit sich auch in kleineren wirbellosen Wassertieren nach ihrem Tod relevante Toxinkonzentrationen anreichern können, die zu Geflügelsterben führen können, ist wissenschaftlich noch umstritten. Zumindest bei Massensterben von Wirbellosen Tieren im Uferbereich ist von einer ernstzunehmenden Gefährdung auszugehen. Fische und wirbellose Wassertiere können bei Sauerstoffmangel sterben und so ein geeignetes Substrat für Clostridium botulinum bilden. Aufgrund der hohen Toxinanreicherung zumindest in den Wirbeltierkadavern reichen auch kleine Toxinherde für den Ausbruch von Geflügelbotulismus aus. Aufgrund dessen sind insbesondere die negativen Auswirkungen von Gewässereutrophierung eine häufige Ursache für Botulismus. Allerdings betrifft dies ursächlich nur die Herkunft der als Bakteriensubstrat relevanten Kadaver. Es ist durchaus möglich, dass auch natürlicherweise verendende Tiere eine Quelle für Botulismus gebildet haben können. Unabhängig von der Herkunft der Kadaver ist mit Ausbrüchen von Geflügelbotulismus in der Regel eine hohe Wassertemperatur verknüpft, so dass die Ausbrüche zeitlich meist in Folge von wärmeren Wetterperioden auftreten. Insbesondere stark erwärmte Sedimente in Ufernähe, die zeitweise trockenfallen, können hohe Toxinproduktionen aufweisen. Daher ist ein schwankender Wasserstand als Risikofaktor für Botulismusausbrüche zu werten. Die Bakterien können als Sporen lange in Sedimenten überdauern. Zwar ist die Sporendichte in Sedimenten nach einem Botulismusvorfall meist erhöht. Da die Sporen allerdings nahezu überall in Sedimenten und Böden verbreitet sind, stellt in der Regel eine Sedimententnahme zur Reduktion von Clostridiensporen im Sediment keine sinnvolle Risikoverminderung hinsichtlich des Auftretens von Geflügelbotulismus dar. Das gehäufte Auftreten toter Fische insbesondere Anfang November (20 Fische im November) ist nicht untypisch für stark eutrophierte Teiche unter den Witterungsbedingungen des Sommers 2012: Mitte August 2012 herrschten sehr hohe Temperaturen vor, welche sich in hohen Wassertemperaturen niederschlugen (Stolz 2012). Ende August schloß sich eine Periode mit deutlichem Temperaturabfall an. Dieser Wechsel verursacht in der Regel einen Wechsel von hohem Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 6 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 Algenwachstum zu einer Phase mit hoher Sauerstoffzehrung bei verringerter Sauerstoffproduktion durch Algen. In dieser Wettersituation ist das Auftreten von Fischsterben in dem vorliegenden Gewässertyp am wahrscheinlichsten. Abb. 2.1: Ökologische Vernetzung botulismusfördernder Faktoren (aus: Westphal 1991). Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 7 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 3 Gewässereutrophierung Eutrophierung bezeichnet die Überschreitung des für ein spezifisches Gewässer verträglichen Nährstoffeintrages. In der Regel handelt es sich dabei um eine unerwünschte Erhöhung von Phosphorgehalten, gegebenenfalls auch um Stickstoffverbindungen. Durch die Gewässereutrophierung kann es zu übermäßigen Algenblüten kommen, die in der Folge nicht nur problematische Gruppen wie allergieauslösende Blaualgen beinhalten, sondern auch grundsätzlich zu einer hohen Sauerstoffzehrung sowohl im Wasserkörper als auch auf der Sedimentoberfläche führen können. Zudem kann es zu erhöhter Trübung und zu störenden Geruchsbelästigungen kommen. Insbesondere der auftretende Sauerstoffmangel kann gravierende Folgen auf die Struktur und Funktion des Ökosystems haben. Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gutachten sind die Prozesse von besonderer Bedeutung, aus denen eine erhöhte Mortalität von Fischen und Wirbellosen resultiert. Zu unterscheiden sind dabei externe Nährstoffeinträge, die von außen in das Gewässer eingebracht werden wie zum Beispiel durch Zuflüsse oder Entenfütterung, und gewässerinterne Remobilisierungsprozesse, an denen beispielsweise gründelnde Fische beteiligt sein können. Die meisten Prozesse, die sich in eutrophierten Systemen negativ auswirken können, sind temperaturabhängig. Beispielsweise verringern sich Sauerstoffzehrungsraten oder das Wachstum von Algen bei verringerter Wassertemperatur. Daher ist eine mögliche Steuerung der Temperaturverhältnisse in einem Gewässer ebenfalls von Bedeutung. Im Zusammenhang mit dem Auftreten des Geflügelbotulismus sind eutrophierende Prozesse insofern bedeutsam, als diese das Risiko von Fischsterben erhöhen und so die Grundlage für die Anreicherung relevanter Botulismustoxin-Konzentrationen in Kadavern stellt. Im Folgenden werden die für den Teich Schloß relevanten Themen angesprochen. Die gewässerinterne Nährstofffreisetzung aus dem Sediment wird nicht weiter thematisiert, da schon im Jahr 2008 eine grundlegende Entschlammung durch die Stadt Aachen vorgenommen wurde. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 8 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 3.1 Wassertemperatur Die Wassertemperatur ist sowohl für den Ausbruch von Geflügel-Botulismus als auch für negative Auswirkungen eutrophierter Gewässer wie z.B. Fischsterben wesentlich. So ist die Geschwindigkeit der Toxinproduktion bei Temperaturen von über 20°C massiv beschleunigt. Ebenso sind Prozesse wie die Sauerstoffzehrung in einem Gewässer exponentiell temperaturabhängig. Um die Frage zu klären, ob Änderungen in der Morphologie der Teichanlage Schloss Schönau zu einer wesentlichen Änderung der Wassertemperatur führen könnten, wurden Simulationen mit veränderter Morphometrie des Gewässers durchgeführt. 3.1.1 Simulationen zum Einfluss der Gewässermorphologie auf die Wassertemperatur Zur Simulation wurde das hydrodynamische Temperaturmodell HyLaM Vers. 3.01 (Strauss 2009) verwendet. Dieses Modell ist in der Lage, in Abhängigkeit von Wetterdaten, der Morphometrie des Gewässers und der Gewässertrübung die Entwicklung der Gewässertemperatur präzise abzubilden. Als beispielhafter Datensatz wurden Wetterdaten mit 10-minütiger Auflösung aus dem Jahr 2003 verwendet, welches sich durch einen sehr warmen Sommer auszeichnete. Es wurden drei verschiedene Morphometrien für die Teichanlage (Oberfläche: 2250 m2) modelliert, neben einem mutmaßlichen Ist-Zustand (Standard-Szenario) auch eine kastenförmig vertiefte und eine abgeflachte Gewässerform (Abb. 3.1, Tab. 3.1). Für die Simulationen wurde eine Sichttiefe von 1 m gewählt. Die tägliche graphische Ausgabe der Wassertemperatur wurde auf 16 Uhr eingestellt. Um den Einfluss eines hypothetischen Grundwasserzuflusses darzustellen, wurden Simulationen mit einem steten Zufluss von 5 L/s und einer Wassertemperatur von 10 °C gewählt, was häufig den Bedingungen in Grundwass erkörpern entspricht. Fläche [m 2] pro Tiefenintervall Fläche [m 2] pro Tiefenintervall 500 1000 1500 2000 2500 0 500 1000 1500 2000 Fläche [m 2] pro Tiefenintervall 0 2500 0-0,25 0-0,25 0,25-0,5 0,25-0,5 0,25-0,5 0,5-0,75 0,75-1 0,5-0,75 0,75-1 Tiefe [m] 0-0,25 Tiefe [m] Tiefe [m] 0 500 1000 1500 2000 2500 0,5-0,75 0,75-1 1-1,25 1-1,25 1-1,25 1,25-1,5 1,25-1,5 1,25-1,5 Abb. 3.1: Morphometrie der drei simulierten Szenarien für die Teichanlage. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 9 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 Tab. 3.1: Kenngrößen der simulierten Teichszenarien. Volumen [m3] 1962 2437 3375 Teichszenarien Abgeflacht Standard Kastenförmig vertieft Mittlere Tiefe [m] 0,9 1,1 1,5 In Abb. 3.2 wird deutlich, dass schon ein geringer Zufluss von kühlem Wasser deutlich die sommerlichen Temperaturspitzen absenkt. Hingegen unterscheiden sich die Resultate für die drei verschiedenen Morphometrien lediglich minimal, sowohl in Simulationen ohne (Abb. 3.3) als auch mit (Abb. 3.4) Grundwasserzufluss. Die Unterschiede in den sommerlichen Temperaturspitzen sind in Tab. 3.2 zusammengestellt. Standard Szenario mit / ohne Zufluss 35 ohne Zufluss Temperature [°C] 30 mit Zufluss 25 20 15 10 5 0 0 50 100 150 200 250 300 350 400 Tage im Jahr Abb. 3.2: Simulierte Wassertemperaturen für das Standardszenario mit und ohne Zufluss. 35 Abgeflacht Temperature [°C] 30 Standard 25 Vertieft 20 15 10 5 0 0 50 100 150 200 250 300 350 400 Tage im Jahr Abb. 3.3: Simulierte Wassertemperaturen für die drei Szenarien ohne Zufluss. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 10 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 Teich Schloss Schönau mit Zufluss Temperature [°C] 35 30 Abgeflacht 25 Standard Vertieft 20 15 10 5 0 0 50 100 150 200 250 300 350 400 Tage im Jahr Abb. 3.4: Simulierte Wassertemperaturen für die drei Szenarien mit Zufluss. Tab. 3.2: Simulierte maximale Wassertemperaturen [°C]. Teichszenarien Abgeflacht Standard Kastenförmig vertieft Maximale Differenz Ohne Zufluss 31,2 30,6 29,8 1,4 Mit Zufluss 25,3 24,7 24,2 1,1 Differenz 5,9 5,8 5,6 Ob es tatsächlich nicht zu thermischen Schichtungen kommt, wie die Simulationen nahe legen, hängt von der Trübung des Gewässers ab. Hierzu liegen allerdings keine Daten vor. Ebenso sind die lokalen Windverhältnisse unbekannt. Im Falle einer deutlichen Windabschattung, z.B. durch umstehende Bäume, kann die windinduzierte Turbulenz verringert und eine thermische Schichtung des Gewässers begünstigt werden. Ob das Sediment in geringer Wassertiefe sich möglicherweise doch signifikant aufwärmt gegenüber tieferen Bereichen, müssten zukünftige Messungen ergeben. Dies könnte für die Entstehungsbedingungen von Botulismus eine relevante Rolle spielen Diese ersten Simulationen zeigen allerdings deutlich, dass von einer Änderung der Gewässerform keine grundlegende Änderung der Temperaturverhältnisse zu erwarten ist. Hingegen würde eine Zufuhr kühlen Wassers die sommerlichen Temperaturen nennenswert senken. Eine Besachattung des Gewässers, die sich ebenfalls deutlich auf Wärmehaushalt auswirken würde, ist in dem vorliegenden Fall denkmalpflegerischen Gründen nicht möglich. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. den aus Seite 11 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 3.2 Entenfütterung Eine massive Fütterung der vor allem aus Stockenten bestehenden Entenpopulation mit Brot ist offenbar schon seit vielen Jahren ein bekanntes Problem. Diese Praxis führt zum einen zu einem hohen Nährstoffeintrag, wodurch das Wachstum fädiger Algenmatten und von Phytoplankton gefördert wird. Im Zuge dessen steigt das Risiko einer Sauerstoffverarmung im Sommer, insbesondere wenn sich nach Schönwetterperioden und der Bildung großer Algendichten Schlechtwetterbedingungen anschließen, welche ein Überwiegen der Sauerstoffzehrung gegenüber der Sauerstoffproduktion durch Algen bewirken. Zum anderen wird die Sauerstoffzehrung im Gewässer durch einen hohen Eintrag organischen Materials erhöht und die Sediment- und Faulschlammbildung begünstigt. Nach Berichten ortskundiger Anwohner konnten durchaus regelmäßig bis zu 150 Enten an der Teichanlage gezählt werden. Bei Verwendung eher vorsichtiger Angaben zum Nährstoffeintrag gründelnder Enten (Manny et al. 1994) gelangt man zu folgendem Bild: Bei einem Phosphoreintrag von 0,22 g P pro Tag und Ente exkretieren 150 Enten pro Jahr ca. 12 kg Phosphor in das kleine Gewässer. Dies bedeutet (bei einer angenommenen mittleren Wassertiefe von 1 m) eine tägliche Erhöhung des Phosphorgehalts von knapp 15 µg P/L. Trotz der Unsicherheit über die tatsächlichen Vogelzahlen sowie über Art und Menge der entweder verfütterten oder direkt in das Gewässer eingebrachten Backwaren sind diese Nährstoffeinträge als ein massives Problem für dieses Gewässer zu werten, und nach Möglichkeit durch sofortige Maßnahmen abzustellen. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 12 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 3.3 Fischbestand Die Teichanlagen werden vom Angelsportverein Richterich bewirtschaftet. Nach Aussagen von Herrn Hamacher wird am Gewässer an den Wochenenden eingeschränkt geangelt. In der Vergangenheit kam es wohl wiederholt zu Fischsterben im betrachteten Gewässer, so z.B. im Jahr 1992. Dieses wurde schon damals auf niedrige Sauerstoffgehalte im Gewässer zurückgeführt. Somit ist das Auftreten toter Fische in der Teichanlage Schloss Schönau kein neues Phänomen. Nach der Installation eines Teichbelüfters im Jahr 1992 bis zu seiner Demontage im Jahr 2008 soll sich kein Fischsterben mehr ereignet haben. Für die Folgezeit ist zumindest für das Frühjahr 2011 wieder einige tote Fische im Gewässer dokumentiert worden. Es liegen bisher keine Fischerhebungen oder Fangstatistiken für das Gewässer vor. Allerdings geben die Entnahme- und Rückführungsprotokolle, die bei der Fischauslagerung durch den Angelverein im Zuge der Entschlammung im Jahr 2008 angefertigt wurden, Hinweise auf Besatz und Artenzusammensetzung der Fischzönose. Herr Hamacher teilte mit, dass anschließend kein weiterer Fischbesatz stattgefunden habe. Die vom Angelsportverein Richterich durch Herrn Hamacher freundlicherweise zur Verfügung gestellten Fang- und Besatzprotokolle wurden ausgewertet und in Tab. 3.3 zusammengefasst. Am 30.08.2008 wurden die meisten Fische (geschätzte Fangeffizienz der Elektrobefischung ca. 80 %) aus dem Gewässer entnommen und umgesiedelt. Am 25.10.2008 und 14.03./18.04.2009 wurden nach Abschluss der Entschlammungsarbeiten wieder Fische eingesetzt. Es handelt sich dabei bei den Friedfischen vor allem um Karpfen, Rotaugen, Rotfedern und Brassen. Als Raubfische wurden Hechte und Zander entnommen und wiederbesetzt. Die Fangzahlen deuten auf einen sehr hohen Friedfischbesatz mit einer typischen Artzusammensetzung eutropher Gewässer hin. Beim Neubesatz wurde, mit leichten Ausnahmen wie den Aalen, nahezu dieselbe Fischzusammensetzung in relativ hoher Stückzahl besetzt. Die Kleinfische, welche als „Futterfische“ besetzt wurden, beliefen sich auf ca. 60 kg Fisch, angegeben als Mischung von Rotaugen, Rotfedern und Brassen (eine Individuenzahl wurde für diese Fische nicht angegeben). Allein diese Größenordnung ergibt einen Fischbesatz von ca. 270 kg/ha, was einen für eutrophe Gewässer nicht untypischen, aber nichtsdestotrotz ungünstig hohen Wert ergibt. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 13 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 Friedfische wie die in eutrophen Flachgewässern häufig dominanten Rotaugen tragen bei geringer Zooplanktonverfügbarkeit durch direkte Ingestion von Sediment deutlich zur gewässerinternen Eutrophierung bei, da sie die überschüssigen Nährstoffe in die Wassersäule exkretieren und so als „Nährstoffpumpe“ fungieren können. Auch Karpfen können durch Gründeln im Sediment ebenfalls deutlich zu Nährstoffmobilisierung in die Wassersäule und zur Erhöhung der Gewässertrübung beitragen. Tab. 3.3: Anzahl entnommener und wieder eingesetzter Fische. Fischart Aal Karpfen Brasse Rotauge Rotfeder Schleie Karausche Barsch Hechte Zander Entnommen 26 135 116 411 274 13 14 8 20 14 Eingesetzt 69 12 (und weitere ungezählte Tiere) ungezählte Tiere ungezählte Tiere 8 9 13 10 3.4 Zuflüsse An der Teichanlage gibt es neben der Einleitung von Niederschlagswasser des Schlosses einen kleinen Zulauf am Nordufer unbekannter Herkunft, sowie im Bereich der südlichen Ausbuchtung („Anhängsel“) eine Einleitung mit vermutetem Grundwasseraustritt. Es liegen allerdings keine Meßdaten zu Wasserqualität und Wassermenge dieser Einleitungen vor. Zuflüsse können sich positiv wie auch negativ auf die Gewässerqualität auswirken. Negative Aspekte hinsichtlich der Gewässereutrophierung stellen erhöhte Nährstoffeinträge dar. Auf der anderen Seite können Zuflüsse 1. Nährstoffe aus dem Gewässer ausschwemmen, solange die Zuflüsse deutlich geringere Nährstoffgehalte aufweisen 2. die Sauerstoffzehrung vermindern, falls das zufließende Wasser erhöhte Sauerstoffkonzentrationen aufweist oder zu einer verstärkten Durchströmung des Gewässers beiträgt. 3. die Temperatur im Sommer signifikant erniedrigen, wenn kühleres Grundwasser zufließt. Ob allerdings nach diesen Kriterien geeignete Wässer zur Verfügung stehen, müßte geprüft werden. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 14 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 3.5 Laubeintrag Ein weiterer Eintrag in das Gewässer wird durch den herbstlichen Laubfall bewirkt. Dies bedeutet einerseits einen Nährstoffeintrag in das Gewässer. Eine kurze Kalkulation soll dies für die Teichanlage Schloß Schönau verdeutlichen (Werte aus Hamm 1976): Nimmt man für einen mittleren herbstlichen Blattfall 300 g Trockensubstanz/m2 und für die betroffene Gewässerfläche einen Wert von 10 %, so resultiert für die gesamte Wasserfläche des Gewässers im Mittel ein Eintrag von 30 g TS/m2. Dies entspricht (bei einer angenommenen mittleren Wassertiefe von 1 m) einem Laubeintrag von 0,03 g TS/L pro Jahr. Nimmt man unrealistischerweise des weiteren an, dass der gesamte mittlere Phosphorgehalt der Blätter (mit 2,4 mg P/g TS) im Laufe der Zeit ausgewaschen bzw. remineralisiert würde, so ergibt sich ein jährlicher Phosphoreintrag von 72 µg P/L. Dieser Wert entspricht einem mittleren täglichen Eintrag von ca. 0,2 µg P/L. Das Ergebnis dieser groben Berechnung liegt um den Faktor 75 unter dem kalkulierten Eintrag durch Enten. Andererseits kann starker Blattfall die gewässerinterne Sauerstoffzehrung leicht erhöhen sowie zur Anreicherung von organischem Sediment führen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass ein massiver Laubeintrag möglicherweise zu sauerstofffreien Mikrozonen ohne Wasseraustausch an der Sedimentoberfläche führt. Aufgrund solcher möglichen negativen Auswirkungen ist es sicherlich vorteilhaft, das Gewässer künftig von größeren Blattmengen zu säubern. Dies ist schon allein deshalb sinnvoll, um den Gewässerablauf freizuhalten. Allerdings ist die Dringlichkeit solcher Maßnahmen insbesondere im Vergleich mit der Entenproblematik eher als gering einzustufen. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 15 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 4 Maßnahmen Die Maßnahmen gegen Botulismus sollten grundsätzlich vor allem auf Verbesserung der Gewässerqualität zielen. Bis auf die im Folgenden genannten Sofortmaßnahmen ist hinsichtlich Gewässersanierung nicht mit schnell wirkenden Lösungen zu rechnen. Um Datengrundlage für künftige Sanierungsmaßnahmen zu erhalten, empfiehlt zudem ein Gewässermonitoring. die der eine sich 4.1 Sofortmaßnahmen Als wichtige Maßnahme zur Vermeidung weiterer Botulismusherde sollte ein regelmäßiges Absammeln von Kadavern im Gewässerbereich bis in das Jahr 2013 hinein stattfinden. 4.1.1 Entenfütterung Die Fütterung der Wasservögel ist hinsichtlich der Gewässereutrophierung als auch aufgrund der damit verbundenen künstlich hoch gehaltenen Entenpopulation am Gewässer möglichst effektiv zu unterbinden und dies regelmäßig zu kontrollieren. Dies ist bei gegebenem Kenntnisstand die vordringlichste und erfolgversprechendste Maßnahme. Durch das im Herbst 2012 schon teilweise umgesetzte Verbot der Entenfütterung durch Absperrungen und Hinweistafeln scheint sich eine Reduktion des Entenbestandes durch Abwanderung einzustellen. Ortskundige berichten von nunmehr nur noch ca. 20 Enten im Gewässerbereich, was meinen eigenen Beobachtungen am 26.09.2012 entspricht. In diesem Zusammenhang empfiehlt sich auch die Demontage des Entenhäuschens, welches ein falsches Signal an die Bevölkerung aussenden könnte. 4.1.2 Sauerstoffeintrag (Belüfter) Zur Verbesserung der Sauerstoffversorgung ist der Einsatz von Belüftungsanlagen sicherlich ein probates Mittel, um eine Unterschreitung einer für Fische und tierische Wirbellose kritischen Sauerstoffkonzentration im Gewässer zu unterbinden. Insbesondere während des Frühjahrs und Sommers sollte dadurch ein Fischsterben verhindert werden. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 16 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 Möglicherweise ist es nicht zuletzt aus Kostengründen möglich, gegebenenfalls den Betrieb der Anlage auf bestimmte Monate und Tageszeiten zu beschränken. Um die Effizienz einer Belüftungsanlage zu überprüfen, sollten begleitende Messungen des Sauerstoffgehaltes an verschiedenen Stellen vorgenommen werden. 4.2 Biomanipulation (Änderung des Fischbestands) Änderungen im Fischbestand zu Zwecken der Seentherapie werden als Biomanipulation bezeichnet. Dies findet in der Regel entweder durch Entnahme von Friedfischen (Abfischen/Angeln), oder durch Besatz von Raubfischen statt. Am meisten erfolgversprechend ist eine Kombination beider Verfahren. Ziel ist eine Eindämmung der Friedfischbestände, um so die Nährstoffmobilisierung durch Fische wie Karpfen und Rotaugen, des weiteren aber auch eine Förderung des Zooplanktons zu erreichen, welches das Algenwachstum eindämmen und die Sichttiefe erhöhen kann. Eine solche Maßnahme könnte in Absprache mit dem Angelverein Richterich durchgeführt werden. Das Anfüttern der Fische, falls dies überhaupt Teil der anglerischen Praxis in den Teichanlagen sein sollte, sollte aus naheliegenden Gründen natürlich unterbleiben. 4.3 Gewässerunterhaltung Ein schwankender Wasserstand ist als Risikofaktor für Botulismusausbrüche in der Teichanlage nicht relevant, da der Wasserstand nach Aussagen der UWB Aachen konstant bleibt. Allerdings empfiehlt es sich, den Wasserstand insbesondere in trockenen Sommermonaten regelmäßig zu überwachen. Aus den in Kapitel 3.5 aufgeführten Gründen empfiehlt sich grundsätzlich eine Entfernung von Fallaub im Herbst. Zudem sollten bei Auftreten sommerliche Algenmatten im Uferbereich entfernt werden. Deren Absterben im Flachwasserbereich kann zu starker Sauerstoffzehrung und zum Absterben der in den Matten lebenden Wirbellosen führen. Ein erhöhter Zufluss von unbedenklichem Wasser würde sich auf das Gewässer äußerst positiv auswirken (vgl. Kapitel 3.4). Es ist die Möglichkeit zu prüfen, ob eine Einleitung weiterer nährstoffarmer und toxikologisch unbedenklicher Wässer möglich ist. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 17 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 4.4 Gewässermonitoring Da zu vielen in diesem Gutachten angesprochenen Aspekten keine belastbaren Meßdaten vorliegen, ist zukünftig eine Datenerhebung im sinnvollen Umfang anzuraten. Ein Grundmonitoring sollte die Messung der wichtigsten Nährstoffparameter (Phosphor- und Stickstofffraktionen), der Wassertemperatur, pH-Wert und des Sauerstoffgehalts sowie der Sichttiefe im Wasserkörper beinhalten. Zudem sind Messwerte zum Chlorophyll-a-Gehalt (z.B. über Fluoreszenz mit Algenklassendifferenzierung) sowie qualitative Phytoplanktonauswertungen notwendig. Ebenso sollten die Wassermengen, Wassertemperatur und Nährstoffgehalte der Zuflüsse gemessen werden, um ein Gesamtbild der Nährstoffeinträge zu erhalten. Gerade in kleinen Gewässern mit geringem Zu- und Abfluss ist der Nährstoffeintrag auch kleinerer Zuflüsse relevant. Für dieses Monitoring wären monatliche Intervalle sinnvoll, in kritischen Phasen gegebenenfalls mit weiteren Zusatzterminen. In den Sommermonaten ist es angeraten, zusätzlich zum Grundmonitoring auch vertikale Temperaturgradienten im Gewässer an verschiedenen Stellen sowie die Sedimenttemperatur an sonnenexponierten Flachwasserabschnitten zu erfassen. Zur näherungsweisen Bewertung des Fischbestandes wäre zumindest eine regelmäßige Anfertigung von Fangstatistiken durch den Angelverein hilfreich. Zur Erfolgskontrolle eines Fütterungsverbotes sollte dringend eine regelmäßige Bestimmung und Zählung der Wasservögel an den Teichanlagen übers Jahr erfolgen. Um die Effizienz einer Belüftungsanlage sowie die nötige Betriebsdauer abschätzen zu können, könnten an ausgewählten Terminen Sauerstoffmessungen mit bzw. ohne Belüftung durchgeführt werden. Diese Daten würden eine Basis zur angemessenen Dimensionierung der Belüftungsintensität und –dauer darstellen. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 18 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 5 Zusammenfassung Im Jahr 2012 wurde ein Enten- und Fischsterben in der Teichanlage Schloß Schönau in Aachen-Richterich beobachtet. Durch Analysen am Robert-Kochs-Institut konnte eindeutig das durch Clostridium botulinum verursachte Botulinumtoxin Typ C nachgewiesen werden, so dass sicher von Geflügelbotulismus als Ursache ausgegangen werden kann. Da mit hoher Wahrscheinlichkeit verendete Fische eine wichtige Rolle beim Ausbruch des Botulismus gespielt haben, wurde nach Maßnahmen gesucht, die zum einen ein weiteres Fischsterben verhindern und des weiteren die Eutrophierung des Gewässers reduzieren. Als wesentliche Sofortmaßnahme wird ein effektives Verbot der Entenfütterung angesehen, um dadurch die Eutrophierung des Gewässers zu mindern und die Wasservögel zur Abwanderung zu bewegen. Eine weitere Kontrolle hinsichtlich verendeter Tiere am Gewässer und gegebenfalls eine sofortige Entfernung von Kadavern bis ins nächste Jahr hinein ist dringend durchzuführen. Desweiteren ist zur Stabilisierung eine Sauerstoffbelüftung äußerst empfehlenswert, um das Risiko eines weiteren akuten Fischsterbens zu minimieren. Wie lange und in welchem Umfang eine solche Belüftung nötig sein wird, kann durch ein begleitendes Gewässermonitoring untersucht werden. Eine Änderung der Gewässermorphometrie ist nach ersten Simulationsrechnungen nicht empfehlenswert. Hingegen würden sich unbelastete Zuflüsse positiv auswirken. Daher sollte die Möglichkeit zusätzlicher Wassereinleitungen geprüft werden. Als langfristig wirkende Maßnahme wird eine Biomanipulation in Absprache mit dem Angelverein empfohlen, um den Anteil der Friedfische gegenüber den Raubfischen zu erniedrigen. Eine regelmäßige Entfernung von Fallaub wird als sinnvolle ergänzende Maßnahme angesehen. Um zukünftig belastbare Daten zur Gewässergüte der Teichanlage und der wesentlichen Nährstoffeinträge inklusive der bestehenden Zuflüsse zu erhalten, wurde ein Vorschlag für ein Gewässermonitoring formuliert. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 19 Gutachten Teichanlage “Schloss Schönau” 2012 6 Literatur Hamm A (1976): Zur Nährstoffbelastung von Gewässern aus diffusen Quellen: Flächenbezogene P-Abgaben - eine Ergebnis- und Literaturzusammenstellung. Z. f. Wasser- und Abwasser-Forschung 1:4-10. Manny et al. (1994) : Nutrient additions by waterfowl to lakes and reservoirs: predicting their effects on productivity and water quality. Hydrobiologia 279/280: 121132. Stolz KH (2012): Botulismusuntersuchung Teich Schloß Schönau. Interner Berichtsentwurf Stadt Aachen vom 24.09.2012. Strauss, T (2009): Dynamische Simulation der Planktonentwicklung und interner Stoffflüsse in einem eutrophen Flachsee. Shaker, Aachen, ISBN 978-3-8322-8501-2. Westphal, U (1991): Botulismus bei Vögeln. AULA Verlag, Wiesbaden, ISBN 389104-513-1. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. Seite 20