Daten
Kommune
Aachen
Dateiname
104779.pdf
Größe
93 kB
Erstellt
13.07.12, 12:00
Aktualisiert
06.09.18, 20:45
Stichworte
Inhalt der Datei
Der Oberbürgermeister
Vorlage
Federführende Dienststelle:
Stadtentwicklung und Verkehrsanlagen
Beteiligte Dienststelle/n:
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
FB 61/0700/WP16
öffentlich
13.07.2012
Dez. III / FB 61/70
Tiefbaumaßnahmen Innenstadt
Auswirkungen archäologischer Funde
Beratungsfolge:
TOP:__
Datum
Gremium
Kompetenz
29.08.2012
30.08.2012
06.09.2012
B0
PLA
MA
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Beschlussvorschlag:
Die Bezirksvertretung Aachen-Mitte nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Der Planungsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Der Mobilitätsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Vorlage FB 61/0700/WP16 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 18.06.2013
Seite: 1/3
Erläuterungen:
Bei der Durchführung von Tiefbaumaßnahmen in der Innenstadt haben sich in den letzten Jahren
zunehmend zeitliche und finanzielle Konsequenzen aus archäologischen Funden ergeben, konkrete
Beispiele dazu werden in den Sitzungen im Detail vorgestellt.
Beispiel Boxgraben
Im Kanalgraben wurde die Kontermauer gefunden. Ein Kanalbauwerk frühmittelalterlicher Zeit querte
die Trasse.
Beispiel Elisengarten
Bei der Umprofilierung des Geländes wurden Relikte aus verschiedenen Epochen gefunden, die
wegen ihrer Aussagekraft und Bedeutung der Öffentlichkeit in einer archäologischen Vitrine
zugänglich gemacht werden. Es ergab sich für die archäologischen Grabungen ein Kostenanteil von
einem Drittel der Bausumme und eine Verlängerung der Baumaßnahme um zwei Monate.
Beispiel Prinzenhof
Beim Aushub für Leitungstrasse, Fundamente und neue Platzoberfläche wurde historisches
Mauerwerk bis zu einer Höhe von 10 cm unter bisherigem Gelände angetroffen. Die Vielzahl der
Funde und deren Bedeutung hat die Bauarbeiten erheblich verzögert und verteuert.
Rahmenbedingungen Archäologie
Bodendenkmäler dienen als Archive der Vergangenheit für zukünftige Generationen, weshalb ihr
Erhalt von vorrangiger Bedeutung und durch das Denkmalschutzgesetz gestützt ist. Aus dem Bereich
der Aachener Innenstadt sind Fundstellen von der Steinzeit bis in die Neuzeit bekannt, weshalb dort
bei jeglichen Bodeneingriffen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Bodendenkmälern
zu rechnen ist. Diese Einschätzung wird durch ein Gutachten des Landschaftsverbands Rheinland
zum Bodendenkmalwert der Aachener Innenstadt bestärkt. Ein solches Gebiet, das diese Kriterien
erfüllt, ist zur Eintragung als Bodendenkmal nach § 3, 4 DSchG NW vorgesehen.
Üblicherweise wird von der Eintragung als Bodendenkmal abgesehen, da diese zunächst den
Eintragungsprozess in Gang setzen und anschließend eine Veränderung des Bodendenkmals den
Antrag nach § 9 DSchG bedingen würde. Grundsätzlich gilt dann, dass der Erhalt des Bodendenkmals
Priorität hat. Eine Genehmigung zur Veränderung darf nur dann erteilt werden, wenn entweder
Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse
die Maßnahme verlangt. Die Erteilung einer Genehmigung zur Ausgrabung denkmalwerter Substanz,
was in der Regel die teilweise Zerstörung des Bodendenkmals bedeutet, bedingt daher zwingend die
archäologische Untersuchung und Dokumentation entsprechend den hierfür aufgestellten
wissenschaftlichen Standards.
Durch Verzicht auf die Eintragung werden Beeinträchtigungen des Bauvorhabens verringert, das
Verfahren wird deutlich beschleunigt und vereinfacht.
Die Durchführung der Dokumentation muss also in jedem Fall erfolgen und ist der Ersatz für den
materiellen Erhalt des Bodendenkmals. Hinsichtlich der daraus resultierenden Kosten ist folgendes zu
beachten:
Vorlage FB 61/0700/WP16 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 18.06.2013
Seite: 2/3
Gängige Praxis war nach Einführung des Denkmalschutzgesetzes, dass die entstehenden Kosten
vom Vorhabenträger einer Maßnahme zu tragen sind. Dabei ging man davon aus, dass der
Vorhabenträger als Verursacher der Zerstörung eines Bodendenkmals anzusehen ist, und die
auszuführende Dokumentation als Ersatzleistung anzusehen ist (Verursacherprinzip).
Nach einer Entscheidung des OVG NW vom 20.09.2011 fehlt dazu jedoch eine entsprechende
Ermächtigungsgrundlage. Demzufolge ergeben sich für Vorhabenträger folgende Alternativen:
1. Der Antragsteller beantragt eine Durchführung der entsprechenden Arbeiten durch die zuständige
Außenstelle des LVR - Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland.
Die Kosten für die archäologischen Arbeiten werden vom LVR getragen. Die zeitliche Terminierung
zur Durchführung der entsprechenden Maßnahme ist abhängig von den Kapazitäten der
zuständigen Außenstelle.
2. Alternativ bleibt es dem Antragsteller unbenommen, freiwillig und auf eigene Kosten eine
archäologische Fachfirma zu beantragen.
Die Folgen dieser gerichtlichen Entscheidung haben dazu geführt, dass eine Überarbeitung des
Denkmalschutzgesetzes eingeleitet wurde. Es ist davon auszugehen, dass neben anderen
Änderungen das Verursacherprinzip gesetzlich verankert wird und somit künftig anfallende Kosten für
archäologische Dokumentationen allein vom Vorhabenträger aufzubringen sind.
Fazit
Während in der Vergangenheit 8-10 % der Baukosten für potenziellen archäologischen Aufwand
eingeplant wurden, zeigen die jüngsten Erfahrungen, dass der Mehraufwand Dimensionen von über
20 % annehmen kann. Da schon bei Hochbaumaßnahmen 7 % der Baukosten für archäologische
Maßnahmen vorgehalten werden, ist eine Erhöhung des bisherigen Ansatzes im Bereich Tiefbau
sinnvoll.
In einzelnen Fällen muss das Tiefbauverfahren so abgeändert werden, dass sich der Aufwand
vervielfacht. Dafür müssen zukünftig zusätzliche Mittel bereitgestellt werden.
Mit Blick auf die zeitliche Dimension muss davon ausgegangen werden, dass sich die Zeit der
baulichen Durchführung erheblich ausdehnen kann.
Bei den nächsten anstehenden Maßnahmen in der Innenstadt, u.a.
- Krämerstraße
- Büchel
wird aktuell ein Ansatz in Höhe von 30 % der Bausumme in den Haushalt zur Beratung eingebracht.
Eine weitere Konsequenz ist bei zukünftigen Wettbewerbsverfahren zu ergreifen. Bereits in der
Ausschreibung ist darauf hinzuweisen, dass wahlfreie Eingriffe ins Bodendenkmal möglichst zu
vermeiden sind. Dies gilt für bauliche Elemente im öffentlichen Raum und bedauerlicherweise auch für
Pflanzmaßnahmen im Boden. Andernfalls muss dies im Budget berücksichtigt werden mit
entsprechenden Mehrkosten. Am Beispiel Prinzenhof lässt sich das leicht nachvollziehen: Die Kosten
für die Archäologie erhöhten sich, von angenommenen 15 % der Baukosten (100.000 €) auf
vermutlich insgesamt 295.000 € (ca. ein Drittel der Baukosten).
Vorlage FB 61/0700/WP16 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 18.06.2013
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