Daten
Kommune
Aachen
Dateiname
313790.pdf
Größe
1,7 MB
Erstellt
18.09.18, 12:00
Aktualisiert
26.09.18, 02:59
Stichworte
Inhalt der Datei
Der Oberbürgermeister
Vorlage
Federführende Dienststelle:
Kulturbetrieb
Beteiligte Dienststelle/n:
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
E 49/0061/WP17
öffentlich
18.09.2018
E 49/3
Forschungsarbeit Arisierung jüdischen Grundeigentums in
Aachen
Ratsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 13.06.2018
Beratungsfolge:
Datum
Gremium
Zuständigkeit
11.10.2018
Betriebsausschuss Kultur
Kenntnisnahme
Beschlussvorschlag:
Der Betriebsausschuss Kultur nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
Vorlage E 49/0061/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 24.09.2018
Seite: 1/3
Erläuterungen:
Die wissenschaftliche Forschung zu den in Aachen durchgeführten sog. Arisierungen während der
Zeit des Nationalsozialismus hat sich in den letzten Jahren vornehmlich Firmenarisierungen in der
Aachener Textilindustrie gewidmet, getragen vom Engagement Einzelner und von der Ausrichtung der
Lehrstühle, bei denen überhaupt Dissertationen zu diesem Themenkomplex bearbeitet werden.
So untersucht Andreas Lorenz in seiner Publikation Der blinde Fleck1 von 2016 die jüdischen
Tuchfabrikantenfamilien und die sog. Arisierungen ihrer Firmen. Am Lehrstuhl für Wirtschafts-, Sozialund Technologiegeschichte der RWTH erforscht die dortige Doktorandin Lena Knops aktuell die
Arisierungen in der Aachener Tuchindustrie2 und die mit ihnen verbundenen sog.
Wiedergutmachungsverfahren.
Die in der hier behandelten Ratsanfrage angesprochenen sog. Grundstücksarisierungen sind für
Aachen bislang unerforscht, auch ist über die Rolle der Stadt in diesem Prozess nichts bekannt.
Für andere Städte wie u. a. Krefeld3 oder Mannheim4 liegen solche Arbeiten bereits vor. Diese
umfangreichen Überblicksstudien beleuchten auch die Rolle der Städte bei den sog. Arisierungen. Der
Sammelband „Arisierung“ und „Wiedergutmachung“ in deutschen Städten5 enthält Lokalstudien und
lässt damit Besonderheiten der sog. Arisierungen auf kommunaler Ebene sichtbar werden.
Solch grundlegende Studien fehlen für Aachen bislang.
Die Aufarbeitung des im Ratsantrag formulierten Themas „Arisierung jüdischen Grundeigentums in
Aachen“, die eine aufwendige Quellenforschung, auch in auswärtigen Archiven, erfordert, kann nur
von geeigneten Wissenschaftlern bzw. Wissenschaftlerinnen geleistet werden, die diesen Auftrag als
Vollzeit-Projektauftrag übernehmen oder ihre Promotion über dieses Thema anfertigen.
Zeitaufwendige Quellenforschungen in diversen auswärtigen Archiven (Landesarchiv NRW;
Wiedergutmachungsbehörde teils in Düsseldorf, teils in Duisburg; Akten der Reichsfinanzverwaltung
beim Bundesarchiv; Archiv der Jewish Trust Corporation in Jerusalem; Grundakten beim Amtsgericht
usw.) wie natürlich auch in den Beständen des Stadtarchivs Aachen wären hierzu notwendig.
Der hohe Zeitaufwand bei Quellenforschungen erfordert eine Anlage eines solchen
Forschungsprojektes auf 24 Monate. Die Wissenschaftlerin/der Wissenschaftler, die/der die
Forschungen durchführt, sollte mindestens über einen Masterabschluss eines einschlägigen
Studiengangs (Geschichte mit Schwerpunkt Neuzeit; alternativ: Wirtschaftsgeschichte) verfügen. Die
Anstellung der Wissenschaftlerin bzw. des Wissenschaftlers sollte, um eine unabhängige Forschung
auch nach außen hin transparent darstellbar zu machen, über die kooperierende Hochschule bzw.
Universität erfolgen.
Vergleiche Andreas Lorenz, Der blinde Fleck – Aachens jüdisches Tuchfabrikantentum von den Anfängen im 19.
Jahrhundert bis zu seiner Vernichtung im Jahre 1938, Aachen 2016.
2 Vgl. hierzu auch den Aufsatz von Silke Fengler, „Arisierungen“ in der Aachener Tuchindustrie, in: Geschichte im Westen,
19. Jg (2004), S. 149-176.
3 Vgl. Claudia Flümann, „… doch nicht bei uns in Krefeld!“ – Arisierung, Enteignung, Wiedergutmachung in der Samt- und
Seidenstadt 1933 bis 1963, Essen 2015 (Krefelder Studien; 15).
4 Vgl. Christiane Fritsche, Ausgeplündert, zurückerstattet und entschädigt. Arisierung und Wiedergutmachung in Mannheim,
Ubstadt-Weiher 2013 (Sonderveröffentlichung des Stadtarchivs Mannheim; 39).
5 Vgl. Christiane Fritsche, Johannes Paulmann (Hrsg.), „Arisierung und „Wiedergutmachung“ in deutschen Städten, Köln
u. a. 2014.
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Vorlage E 49/0061/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 24.09.2018
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Die Bezahlung sollte sich an den Personalmittelsätzen der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) orientieren.6 Eine Wissenschaftlerin/ein Wissenschaftler aus der Kategorie
„Doktorand/Doktorandin oder Vergleichbare“ mit universitärem Diplom oder Masterabschluss (ab E
13, Stufe 2) wird von der DFG mit
– Personalkosten von 64.500 Euro pro Jahr angesetzt. Beim hier vorgeschlagenen zweijährigen
Forschungsprojekt entspricht das Personalkosten von insg. ca. 129.000 Euro.
– Hinzu kämen Reisekosten und Kosten für Reproduktionen/Scans in Höhe von ca. 10.000 Euro
sowie
– Kosten für eine adäquate Publikation der Ergebnisse von ca. 15.000 Euro.
Die Projektkosten wären somit in einer Gesamthöhe von mindestens 154.000 Euro zu kalkulieren.
Hinzu würden ggf. Kosten für eine eventuell gewünschte Ausstellung kommen.
Im Wirtschaftsplan des Kulturbetriebes sind entsprechende Mittel für Forschungsprojekte bisher nicht
vorgesehen. Zuschüsse zu Personal- und Reisekosten können voraussichtlich, wenn überhaupt, nur
in sehr geringem Umfang eingeworben werden. Eine Aufteilung des Forschungsprojektes in mehrere
Teilprojekte ist unwirtschaftlich, da dann diverse Quellen mehrfach gesichtet werden müssten.
Aus diesen Gründen schlägt die Verwaltung vor, das Thema als Promotionsthema mit
entsprechenden Instituten bestimmter Hochschulen und Universitäten zu besprechen. Vor allem mit
der RWTH Aachen wird eine enge Zusammenarbeit angestrebt.
Sollten die Gespräche ergebnislos verlaufen, so müssen Mittel in Höhe 154.000 Euro, für den
Wirtschaftsplan des Kulturbetriebes zusätzlich zur Verfügung gestellt werden.
Anlage/n:
Ratsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 13.06.2018
6
Online abrufbar unter: http://www.dfg.de/formulare/60_12/60_12_de.pdf, Zugriff am 6.9.2018.
Vorlage E 49/0061/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 24.09.2018
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