Daten
Kommune
Brühl
Größe
124 kB
Datum
29.10.2018
Erstellt
27.09.18, 16:57
Aktualisiert
27.09.18, 16:57
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Brühl
öffentliche
Vorlage
Der Bürgermeister
Dienststelle
Sachbearbeiter/in
32
Becke
Aktenzeichen
Datum
Vorlagen-Nr.
18.09.2018
314/2018
Betreff
Anregungen und Beschwerden gem. § 24 GO;
Allgemeinverfügung „Alkoholkonsumverbot im Umfeld des Balthasar-Neumann-Platzes in
Brühl-Mitte“
Beratungsfolge
Hauptausschuss
Rat
Finanzielle Auswirkungen
Ja
X Nein
Mittel stehen zur Verfügung bei SK / KST
Mittel stehen nicht zur Verfügung
Über-/außerplanmäßige Aufwendungen/Auszahlungen
Sachkonto / Kostenstelle
BGM
Zust. Dez.
Zust. Dienststelle
FB 30
Freytag
Brandt
Becke
Dartsch
RPA
Beschlussentwurf:
1.
Der Rat lehnt den Bürgerantrag gem. § 24 GO ab, für das Umfeld des BalthasarNeumann-Platzes ein unbefristetes Alkoholverbot zu verhängen.
2.
Der Rat beschließt ein zeitliches befristetes Alkoholverbot bis zum 31. Dezember
2019.
3.
Der Rat beauftragt den Bürgermeister, das Ergebnis bzw. die Auswirkungen des
Alkoholverbotes rechtzeitig vorzulegen, damit der Rat über eine erneute
Verlängerung des befristeten Verbotes entscheiden kann.
Erläuterungen:
Mit Schreiben vom 04.09.2018 beantragen die Interessengemeinschaft BalthasarNeumann-Platz e.V. sowie insgesamt rd. 600 Mitpetenten die Verhängung eines
unbefristeten Alkoholverbotes auf dem Balthasar-Neumann-Platz innerhalb des Gebietes
Kreuzung Römerstraße/ Rodderweg/Wilhelm-Kamm-Straße/ Schlaunstraße/ ClemensAugust-Straße/ Amtsgericht, sowie der Trasse der KVB (s. ges. Vorlage Nr. 304/2018; mit
Ausnahme von genehmigter Außengastronomie, sowie von angemeldeten öffentlichen
Veranstaltungen auf dem Balthasar-Neumann-Platz). Zwar ist zwischenzeitlich bereits ein
befristetes Alkoholkonsumverbot für das Umfeld des Balthasar-Neumann-Platzes in Kraft
getreten (Bekanntmachung vom 26.07.2018, Amtsblatt der Stadt Brühl Nr. 16 aus 2018),
die Antragsteller haben mit mündlichem Vortrag vom 04.09.2018 jedoch dargestellt, dass
sich ihr Antrag auf ein zeitlich unbefristetes Alkoholverbot richtet.
In der Vergangenheit haben die Verwaltungsgerichte stets die Alkoholverbote der
Kommunen aufgehoben (z.B. Duisburg), insbesondere weil diese nach Auffassung der
Gerichte entweder zu unbestimmt (auch im Hinblick auf die Örtlichkeit), unbefristet waren
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oder eine abstrakte Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch den Konsum von Alkohol
nicht belegt sei.
Um einer rechtlichen Überprüfung standhalten zu können, hat der Bürgermeister gemäß §
14 des Ordnungsbehördengesetzes NRW (OBG NRW) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV. NW. S. 528) mit Wirkung vom 27. Juli 2018
nachfolgende Verfügung erlassen:
1. Für das Umfeld des Balthasar-Neumann-Platzes in Brühl-Mitte wird befristet bis zum
31.12.2018 auf allen öffentlichen und auf allen privaten öffentlich zugänglichen Flächen
das Konsumieren von alkoholhaltigen Getränken verboten.
Hiervon ausgenommen sind Anwohner und Anwohnerinnen, die sich auf dem Weg zu
ihren Wohnungen bzw. auf ihren Grundstücken befinden sowie die Besucher und
Besucherinnen sowie Gäste von konzessionierten Gastronomiebetrieben mit
Außenbewirtschaftung. Außerdem ist ausgenommen das Konsumieren von
alkoholhaltigen Getränken von Besuchern und Besucherinnen im Zusammenhang mit
gemäß § 69 Gewerbeordnung festgesetzten Marktveranstaltungen und sonstigen von der
Stadt erlaubten Veranstaltungen.
2. Das Alkoholkonsumverbot nach Ziffer 1 gilt für folgende Bereiche:
Balthasar-Neumann-Platz in Brühl-Mitte
Der Bereich wird eingegrenzt im Osten von der Stadtbahnlinie 18, im Norden von der
Schlaunstraße, im Westen von der Wilhelm-Kamm-Straße und im Süden von der
Clemens-August-Straße.
Der Geltungsbereich ist auf der anliegenden Karte rot umrandet dargestellt. Die Karte ist
Bestandteil der Allgemeinverfügung.
3. Aus Gründen des öffentlichen Interesses wird die sofortige Vollziehung dieser
Verfügung angeordnet, mit der Folge, dass eine eventuell eingelegte Klage keine
aufschiebende Wirkung hat.
4. Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 S. 3, 4 VwVfG NRW mit dem auf die
Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt Brühl folgenden Tag als bekannt gegeben.
Gründe:
a) Gefahrenlage
Das Alkoholkonsumverbot wird vor dem Hintergrund erlassen, dass sich nach der
Umgestaltung des Balthasar-Neumann-Platzes in Brühl-Mitte in dem Bereich der Ziffer 2
ein störender Treffpunkt von Alkohol- und Drogen abhängigen Menschen entwickelt hat.
Sie nutzen nahezu täglich die zum Sitzen und Verweilen aufgesetzten Sitzinseln und
konsumieren über Stunden alkoholhaltige Getränke bis weit in die Nachtstunden. Bei
Regenwetter hält sich die Problemgruppe unter den Vordächern der den Platz
einfassenden Gebäude auf. Damit gehen mit zunehmendem Alkoholkonsum steigende
Lärmentwicklungen und nach 22.00 Uhr erhebliche Störungen der Nachtruhe einher.
Passanten, Anwohner und Anwohnerinnen sowie sonstige Unbeteiligte werden mit lautem
Gebrüll angepöbelt, beleidigt und bedroht. Der entstehende lautstarke Lärm dringt
ungehindert über die vorgelagerten Terrassen in die dahinterliegenden Wohnungen der
umliegenden Gebäudekomplexe ein, die sich wie die Tribünen bei einer Arena um den
Platz gruppieren. Ein ungestörtes Schlafen ist nicht möglich.
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Teilweise wird auch mittels Mobiltelefon laute Musik abgespielt. In den Ecken und
Hauszugängen des Platzes wird aufgrund des hohen Alkoholgenusses von den Störern
die Notdurft verrichtet.
Die verzehrten alkoholischen Getränke werden zumeist in Glasflaschen in den
umliegenden Einzelhandelsgeschäften (Kioske, Lebensmittelgeschäfte) gekauft und dann
vor Ort auf den öffentlichen und den privaten öffentlich zugänglichen Platzflächen
konsumiert. Die leeren Flaschen werden überwiegend nicht ordnungsgemäß entsorgt,
sondern einfach auf den Boden oder auf den Bänken abgestellt, fallengelassen oder
bewusst zerschlagen. Die unsachgemäß entsorgten Flaschen werden zu Stolperfallen. Die
Flaschen werden – versehentlich und auch bewusst – weggetreten und zersplittern.
Flaschen, Essensreste, Verpackungsmüll und sonstiger Müll, den die Mitglieder der Szene
zurücklassen, führen zu einer Vermüllung des Umfeldes. Die Glasflaschen und
Glasscherben verursachen beim Hineinfallen und Hineintreten – mitunter
lebensbedrohende – Verletzungen und stellen Gefährdungen für den Fußgänger- und
Radverkehr auf dem Platz dar.
Weiter werden abgeschlagene Flaschen zudem bei körperlichen Auseinandersetzungen
zwischen Personen der Problemgruppen und auch gegenüber unbeteiligten Passanten als
gefährliche Waffen eingesetzt. Auch bei Einsätzen von Polizei, Ordnungsbehörde und
Rettungsdienst stellen die zersplitterten Glasflaschen ein nicht unerhebliches
Gefährdungspotenzial dar.
Im letzten halben Jahr konnte eine verstärkte Einbruchtätigkeit sowohl in Wohnungen als
auch in Geschäftslokalen rund um den Balthasar-Neumann-Platz festgestellt werden.
Diese Einbrüche können der Problemszene zugerechnet werden.
Die Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass die früheren intensiven
Maßnahmen selbst in enger Zusammenarbeit von Polizei und Ordnungsbehörde sowie
den Eigentümern der Gebäudekomplexe nicht ausreichten, um die gegenwärtigen
erheblichen Gefahren durch das aufgrund des Alkoholgenusses enthemmte nicht
rechtmäßige Verhalten der Alkohol- und Drogen abhängigen Menschen zu verhindern.
Aus diesem Grunde wird zum Schutz der Allgemeinheit vor diesen erheblichen Gefahren
diese Allgemeinverfügung erlassen.
Die Allgemeinverfügung gilt zunächst befristet – unter dem Vorbehalt des jederzeitigen
Widerrufs – um die akuten Gefahren einzudämmen, die von dem störenden Treffpunkt
bedingt durch den ungehemmten Alkoholgenuss der Alkohol- und Drogen abhängigen
Menschen für die Allgemeinheit und besonders für die Anwohner und Anwohnerinnen
des Platzes ausgehen.
b) Rechtsgrundlage
Rechtsgrundlage für die getroffenen Anordnungen ist § 14 des Gesetzes über Aufbau und
Befugnisse der Ordnungsbehörden – Ordnungsbehördengesetz (OBG) vom 13.05.1980
(GV.NW. S. 528 in der jeweils gültigen Fassung). Danach kann die zuständige
Ordnungsbehörde die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende
Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren bzw. gegenüber Gewerbetreibenden, die
ein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe betreiben, Anordnungen zum Schutz gegen
Gefahren für Leben oder Gesundheit erlassen.
c) Störer
Gemäß § 17 Abs. 1 OBG sind Maßnahmen gegen die Person zu richten, die eine Gefahr
verursacht.
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Vorliegend handelt es sich um die Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr
für Gesundheit, Leib und Leben von Passanten, Anwohnern und Anwohnerinnen sowie
anderen Unbeteiligten, die durch die Missachtung der Rechtsordnung gefährdet werden.
Maßnahmen gegen diejenigen, die sich ordnungswidrig und gesetzeswidrig verhalten, sind
nicht oder nicht rechtzeitig möglich oder versprechen keinen Erfolg. Schon eine kleine
Menge Alkohol führt zur Enthemmung und die beschriebenen Verhaltensweisen des
störenden alkoholtrinkenden Personenkreises lassen sich selbst unter Einsatz aller
verfügbaren Ordnungskräfte praktisch nicht verhindern.
Die Ordnungsbehörde kann die Gefahr auch nicht oder nicht rechtzeitig selbst durch
Einzelüberwachung eines Störers oder durch Beauftragte oder auf andere Weise
abwehren. Eine Rund-um-die-Uhr Überwachung aller Ecken des Balthasar-NeumannPlatzes ist nicht möglich.
Die Allgemeinverfügung richtet sich an alle Personen, die den genannten Bereich betreten
und/oder sich dort aufhalten.
Anwohner und Anwohnerinnen sowie die Besucher und Besucherinnen sowie Gäste von
konzessionierten Gaststättenbetrieben mit Außengastronomie und von gemäß § 69
Gewerbeordnung festgesetzten Marktveranstaltungen wie auch sonstigen von der Stadt
Brühl erlaubten Veranstaltungen wurden aus dem Geltungsbereich ausgenommen, da von
diesem Personenkreis nicht die oben geschilderten Verhaltensweisen ausgehen.
d) Verhältnismäßigkeit
Aus den soeben genannten Gründen hat die Stadt Brühl zum Schutz der Allgemeinheit
und der Anwohner- und Anwohnerinnen des Balthasar-Neumann-Platzes vor den
beschriebenen erheblichen Gefahren das Alkoholkonsumverbot erlassen, um die Alkohol
bedingte Enthemmung der störenden Personen einzudämmen.
Darüber hinaus ist es auch erforderlich. Die begangenen Rechtsverstöße gegen die
Rechtsvorschriften können durch eine präventive Inanspruchnahme der jeweiligen Störer
oder auch durch eine mit vertretbarem Aufwand betriebene Überwachung die nicht effektiv
abwehrt werden.
Aus Artikel 2 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz (GG) folgt die Pflicht des Staates, sich schützend
vor Rechtsgüter wie Gesundheit, Leben und körperliche Unversehrtheit zu stellen und
diese gegebenenfalls auch vor Eingriffen von Seiten Dritter zu bewahren.
Diese Allgemeinverfügung dient dem Schutz der Allgemeinheit und der Anwohner- und
Anwohnerinnen des Balthasar-Neumann-Platzes vor den ausführlich beschriebenen
Gefahren. Sie führt auch dazu, dass jeder friedliche Alkoholkonsument seinen individuelle
Alkoholgenuss in konzessionierten Gaststätten mit Außenbewirtschaftung auf dem
Balthasar-Neumann-Platz verwirklichen kann, da ein Alkoholgenuss in diesem Bereich wie
auch bei Märkten und genehmigten Veranstaltungen unbeschränkt möglich ist.
Der zeitliche und räumliche Geltungsbereich entspricht dem in der Vergangenheit als
konfliktträchtig aufgefallenem, durch Polizei und Ordnungsbehörde beschriebenem Umfeld
des Balthasar-Neumann-Platzes.
e) Begründung zu Ziffer 4:
Rechtsgrundlage für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4
VwGO. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung bewirkt, dass eine eventuell
eingelegte Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Sie ist zum Schutze der Allgemeinheit
sowie der Anwohner- und Anwohnerinnen notwendig, da nur so sichergestellt werden
kann, dass die getroffene Anordnung unmittelbar vollziehbar ist.
Abzuwägen ist das öffentliche Interesse, Gesundheitsgefahren für die Allgemeinheit sowie
der Anwohner- und Anwohnerinnen abzuwehren gegenüber dem Interesse eines
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uneingeschränkten Alkoholgenusses. Die schwerwiegenden Gefahren, welche von
missbräuchlich Alkohol genießenden, enthemmten Personen der Alkohol- und DrogenSzene für so bedeutende Individualrechtsgüter wie Gesundheit, Leben und Eigentum –
insbesondere von unbeteiligten Personen – ausgehen können, würden bei Hemmung der
Vollziehung in vollem Umfang bestehen bleiben. Es besteht ein erhebliches öffentliches
Interesse daran, Gefahren für die öffentliche Sicherheit wirksam abzuwehren, um
insbesondere die Allgemeinheit zu schützen.
Das private Interesse an der aufschiebenden Wirkung einer Klage hat hinter dem
öffentlichen Interesse an einer wirksamen Gefahrenabwehr für die Allgemeinheit
zurückzutreten, da es sich lediglich um ein temporäres Verbot handelt und zudem die
Möglichkeit besteht, dass ein Alkoholkonsument seinen individuellen Alkoholgenuss in
konzessionierten Gaststätten mit Außenbewirtschaftung auf dem Balthasar-NeumannPlatz verwirklichen kann, da ein Alkoholgenuss dort wie auch bei Märkten und
genehmigten Veranstaltungen unbeschränkt möglich ist.“
Die bisherigen Erfahrungen seitens des Ordnungsamtes (FB 32) und der Polizei zeigen,
dass sich die Lage seit der Verhängung des Alkoholverbots – insbesondere auch für die
Anwohner – deutlich beruhigt hat. Dies hat zwei Gründe:
1)
die bisher sich dort aufhaltende „Problemgruppe“ hält sich dort nicht mehr auf oder
fällt dort nicht mehr wegen Lärms auf.
2)
Auf Grund des Alkoholverbots kann der Brühler Ordnungsdienst (BOD) bereits
einschreiten, bevor es laut wird.
Der Bürgermeister schlägt daher vor, die Befristung des Alkoholverbots zunächst um ein
Jahr zu verlängern, um die Ergebnisse bzw. Auswirkungen des Alkoholverbotes in dieser
Zeit auszuwerten zu können und dem Rat eine erneute Vorlage vorzulegen.