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Vorlage-Sammeldokument

Daten

Kommune
Aachen
Dateiname
320662.pdf
Größe
9,1 MB
Erstellt
13.11.18, 12:00
Aktualisiert
22.11.18, 03:40

Inhalt der Datei

Der Oberbürgermeister Vorlage Federführende Dienststelle: Fachbereich Wirtschaft, Wissenschaft und Europa Beteiligte Dienststelle/n: Vorlage-Nr: Status: AZ: Datum: Verfasser: FB 02/0154/WP17 öffentlich 13.11.2018 FB 02 Bedarfe und Beiträge der Stadt Aachen im Rahmen eines Strukturprogramms Rheinisches Revier hier: Gemeinsamer Tagesordnungsantrag der Fraktionen von CDU und SPD vom 08.11.2018 Beratungsfolge: Datum Gremium Zuständigkeit 05.12.2018 Hauptausschuss Entscheidung Beschlussvorschlag: Der Hauptausschuss beauftragt die Verwaltung, sich aktiv in die Strukturen und Entwicklungen des Rheinischen Reviers einzubringen und konkrete Maßnahmen und Projekte auszuwählen, an denen sich die Stadt Aachen unmittelbar beteiligt, um so einen deutlichen Beitrag zum Strukturwandel in unserer Region zu leisten. Der Ausschuss ist kontinuierlich zu beteiligen. Philipp Oberbürgermeister Vorlage FB 02/0154/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 20.11.2018 Seite: 1/5 Sofortprogramm ‘DAS RHEINISCHE REVIER‘ Die Situation Das Rheinische Revier ist mit etwa 55 Milliarden Tonnen nicht nur die größte zusammenhängende Braunkohlelagerstätte, sondern auch in ihrem Charakter und in ihrer gewaltigen räumlichen Ausdehnung einzigartig für ganz Europa. Seit Jahrzehnten vollziehen sich hier im Zuge der Braunkohletätigkeit und anschließenden Rekultivierung tiefgreifende räumliche Umstrukturierungsprozesse, die zu großen Landschafts- und Raumveränderungen führen. Rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier in der Braunkohlewirtschaft unmittelbar tätig. 740 Mio. EUR Bruttolohn und Gehaltssumme pro Jahr und 735 Mio. EUR Auftragsvolumen pro Jahr bei den Zulieferern der Braunkohleunternehmen führen durch Multiplikatoreffekte zu weiteren 10.000 Beschäftigten, die in der Region von der Braunkohlewirtschaft profitieren. Die anstehende Aufgabe des Braunkohletagebaus wird zu nachhaltigen strukturellen Veränderungen führen. Vor dem Hintergrund des anstehenden Strukturwandels, der gesetzten Klimaschutzziele, der Energiewende und der gemeinsamen Aufgabe, diesen Wandel vorausschauend zu gestalten, gewinnt dieser räumliche Transformationsprozess zusätzlich an Bedeutung. Dabei führen die gewaltigen Veränderungen im Rheinischen Revier nicht nur zu großen Herausforderungen für die zukünftige Entwicklung. Sie implizieren auch die Möglichkeit einer zukunftsfähigen Neuordnung des Raumes. Die Kohlekommission Zusätzlichen Schub hat dieser Transformationsprozess durch die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung erhalten, die bis zum Jahresende konkrete Empfehlungen zum Ausstieg aus der Kohleverstromung erarbeiten soll, die zugleich die sozialen und strukturpolitischen Entwicklungsmöglichkeiten der betroffenen Regionen Rheinisches Revier, Mitteldeutsches Revier, Lausitzer Revier zu berücksichtigen haben. (vgl. Zwischenbericht zu möglichen Maßnahmen zur sozialen und strukturpolitischen Entwicklung der Braunkohleregionen, Anlage 1) Zum Auftrag der Kommission gehört insbesondere die Erarbeitung eines Aktionsprogrammes mit folgenden Schwerpunkten: 1. Schaffung einer konkreten Perspektive für neue, zukunftssichere Arbeitsplätze in den betroffenen Regionen im Zusammenwirken zwischen Bund, Ländern, Kommunen und wirtschaftlichen Akteuren (z.B. im Bereich Verkehrsinfrastrukturen, Fachkräfteentwicklung, unternehmerische Entwicklung, Ansiedlung von Forschungseinrichtungen, langfristige Strukturentwicklung). 2. Entwicklung eines Instrumentenmixes, der wirtschaftliche Entwicklung, Strukturwandel, Sozialverträglichkeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Klimaschutz zusammenbringt und zugleich Perspektiven für zukunftsfähige Energieregionen im Rahmen der Energiewende eröffnet. Vorlage FB 02/0154/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 20.11.2018 Seite: 2/5 3. Dazu gehören auch notwendige Investitionen in den vom Strukturwandel betroffenen Regionen und Wirtschaftsbereichen, für die bestehende Förderinstrumente von Bund und EU effektiv, zielgerichtet und prioritär in den betroffenen Regionen eingesetzt werden und für die ergänzend ein Fonds für Strukturwandel, insbesondere aus Mitteln des Bundes, eingesetzt wird. 4. Maßnahmen, die das 2030-er Ziel für den Energiesektor zuverlässig erreichen, einschließlich einer umfassenden Folgenabschätzung. Aus dem Klimaschutzplan ergibt sich hierfür die Vorgabe zur Verringerung der Emissionen aus der Energiewirtschaft um 61 bis 62 Prozent im Jahr 2030 gegenüber dem Jahr 1990. Für den Beitrag der Kohleverstromung soll die Kommission geeignete Maßnahmen zur Erreichung des Sektorziels 2030 der Energiewirtschaft, die in das Maßnahmenprogramm 2030 zur Umsetzung des Klimaschutzplans einfließen sollen, vorschlagen. 5. Darüber hinaus ein Plan zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung, einschließlich eines Abschlussdatums und der notwendigen rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen, renaturierungs- und strukturpolitischen Begleitmaßnahmen. 6. Ebenso Maßnahmen zum Beitrag der Energiewirtschaft, um die Lücke zur Erreichung des 40%-Reduktionsziels so weit wie möglich zu reduzieren. Hierzu wird die Bundesregierung eine aktuelle Schätzung zur Größe der zu erwartenden Lücke im Rahmen des Klimaschutzberichtes 2017 veröffentlichen. Mit besonderem Augenmerk wird darauf gewartet, welches Datum für den sogenannten Kohleausstieg die Kommission definiert. Bis 2021 sollen seitens des Bundes zunächst 1,5 Mrd. € für ein Sofortprogramm bereit gestellt werden. Das Rheinische Revier Mit Blick auf den anstehenden Wandel und die daraus resultierende gewaltige strukturpolitische Aufgabe stellt sich auch unsere Region seit geraumer Zeit auf. So haben die Zukunftsagentur Rheinisches Revier ‘Eckpunkte eines Wirtschafts- und Strukturprogramms‘ (Anlage 2) formuliert und der Region Aachen Zweckverband ‘Leitlinien für einen erfolgreichen Strukturwandel‘ (Anlage 3) erarbeitet. Darüber hinaus sind weitere Initiativen gebildet worden, die einen eigenen Beitrag für den Strukturwandel leisten, zeitgleich aber auch an den zusätzlichen Strukturmitteln partizipieren möchten. Als Beispiel sei der Zweckverband Tagebaufolge(n)landschaften genannt, den Erkelenz, Titz, Jüchen und Mönchengladbach gegründet haben. Das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW (MWIDE) Das MWIDE ist einerseits konkret an der Zukunftsagentur Rheinisches Revier beteiligt, andererseits versucht das Ministerium die verschiedenen Handlungsprogramme, Roadmaps und Positionspapiere der verschiedenen Teilregionen im Rheinland zu bündeln. Dabei ist vor allem eine Vorlage FB 02/0154/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 20.11.2018 Seite: 3/5 Schwerpunktsetzung und Maßnahmenpriorisierung erforderlich, da über die vielen beteiligten und betroffenen Strukturen hinweg zunächst eine heterogenere, bunte aber zu umfangreiche Projektvielfalt entstanden ist. So hat das MWIDE fokussierte Vorschläge für ein Sofortprogramm auf Basis der vorliegenden Eckpunktepapiere zusammengestellt. In dem Sofortprogramm wurden folgende Zukunftsfelder definiert:  Zukunftsfeld Raum und Infrastruktur  Zukunftsfeld Energie und Industrie  Zukunftsfeld Innovation und Bildung  Zukunftsfeld Ressource und Agrobusiness Für diese Zukunftsfelder hat das MWIDE aus den eingegangenen und benannten Maßnahmenvorschlägen eine Auswahl extrahiert und sogenannte Leitprojekte definiert. Aus dieser Auswahl werden nachfolgend verschiedene Beispiele für Projekte und Initiativen vorgestellt wird hierzu eine Auswahl an Beispielen widergespiegelt. Diese sind nicht vollständig – ohnehin sind Ergänzungen und Modifikationen im laufenden Verfahren möglich - , jedoch stellt die Auswahl vorrangig Projektansätze mit einem Bezug zu Aachen dar. Zukunftsfeld Raum und Infrastruktur ‘Rheinisches Zukunftsrevier‘ - Leitprojekt 1: Internationale Bau- und Technologieausstellung „Rheinisches Revier“ - Leitprojekt 2: TH Köln Campus Rhein-Erft - 10 Orte der Zukunft (z. B. Dörfer der Zukunft, Smart City, Green City etc.) - Gewerbeflächen als Kompetenzareale (z. B. Forschungsflugplatz Merzbrück, Campus Aldenhoven etc.) - Flächendeckender Glasfaser- und 5G-Ausbau - Optimierung der verkehrlichen Erreichbarkeit (z. B. 3 Gleis Aachen-Köln, IC-Verbindung Aachen-Heerlen, Regio Tram, Bahnradweg Aachen-Jülich) - Mobilitätsrevier der Zukunft (z. B. Mobilitätsstationen, Ladeinfrastruktur) Zukunftsfeld Energie und Industrie ‘Energierevier der Zukunft‘ - Leitprojekt 3: Reallabor StoreToPower Wäremespeicher-Kraftwerk - Leitprojekt 4: DLR-Institut für Hochtemperatur-Wärmepumpen - Leitprojekt 5: Ansiedlung einer Batteriezellproduktion - Fraunhofer Zentrum für Digitale Energie - CO²-freies Energieversorgungssystem Campus Melaten - Institutsverband Low Carbon Technologien am RWTH Aachen Campus Zukunftsfeld Innovation und Bildung ‘Innovation Valley Rheinland‘ - Leitprojekt 6: Einrichtung eines Block Chain Instituts - Exzellenz Start-up Center plus Vorlage FB 02/0154/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 20.11.2018 Seite: 4/5 - New Business Factory - Reallabor und Testzentrum 5G Zukunftsfeld Ressource und Agrobusiness - Zukunftsinitiative Kohlenstoff NRW - Tourismusverbund Rheinisches Revier Die Stadt Aachen Da kommunale Mitglieder der Zukunftsagentur Rheinisches Revier Tagebaurandkommunen und – gebietskörperschaften sind, ist die Stadt hier bislang nur mittelbar über den Region Aachen Zweckverband bzw. die StädteRegion beteiligt. Bei den Aktivitäten des Zweckverbandes selbst ist die Stadt seit kurzem direkt und konkret in einer Task Force eingebunden. Diese hat bislang einige Male getagt. Darüber hinaus steht die Stadt Aachen selbst in unmittelbarer und tragfähiger Abstimmung mit dem MWIDE zum Strukturwandel im Rheinischen Revier. Grundsätzlich gilt jedoch, dass in erster Linie die zentral betroffenen Tagebaurandkommunen von den Strukturmitteln profitieren sollen. Projektansätze aus Aachen sind nur dann förderfähig, wenn sie mindestens eine Ausstrahlung in das eigentliche Revier versprechen, besser noch mit den dortigen Kommunen gemeinsam entwickelt und realisiert werden. Die Stadt Aachen hat sich hierzu bereits aufgestellt und sich zu einer Reihe der beschriebenen Projektansätze aktiv und initiativ eingebracht. Zu nennen sind hier etwa die beschriebenen Verkehrsprojekte, vor allem die Mobilitätsüberlegungen, der Smart City-Ansatz, der Forschungsflugplatz Merzbrück, der Glasfaser- und 5G-Ausbau, die verschiedenen RWTH-CampusAnsätze und die New Business Factory, um nur einige Beispiele zu nennen. Gleichzeitig bestehen weitere Kooperationsmöglichkeiten, um einen effektiven Beitrag zur Zukunftssicherung unserer Region zu leisten und parallel Mehrwerte auch für Aachen zu generieren. Um die Handlungsansätze auszubauen hat FB 02 ein Projektteam gebildet, das die Starterprojekte systematisch auf Relevanz und Beteiligungsmöglichkeiten prüft. Parallel wird der diesbezügliche Kontakt zu den Aachener Hochschulen und weiteren Einrichtungen sowie zu regionalen Partnern intensiviert. Schließlich befindet sich in Klärung, welche weiteren neuen Projektideen in den Strukturwandelprozess ab 2019 eingebracht werden können. Verwaltungsintern wurden zudem weitere Fachbereiche eingebunden. Der Ausschuss wird fortlaufend informiert und beteiligt. Anlage/n: 1.) ‘Zwischenbericht zu möglichen Maßnahmen zur sozialen und strukturpolitischen Entwicklung der Braunkohleregionen‘ 2.) ‘Eckpunkte eines Wirtschafts- und Strukturprogramms‘ 3.) ‘Leitlinien für einen erfolgreichen Strukturwandel‘ 4.) Tagesordnungsantrag von CDU und SPD vom 08.11.2018 Vorlage FB 02/0154/WP17 der Stadt Aachen Ausdruck vom: 20.11.2018 Seite: 5/5 Kommission „Wachstum, Strukturentwicklung und Beschäftigung“ Zwischenbericht zu möglichen Maßnahmen zur sozialen und strukturpolitischen Entwicklung der Braunkohleregionen Beschluss vom 25.10.2018 1 1. Einleitung 2 3 4 Mit dem Einsetzungsbeschluss vom 6. Juni 2018 hat die Bundesregierung der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ einen konkret formulierten Auftrag erteilt und einen Zeitplan vorgegeben. Im Einsetzungsbeschluss heißt es: 5 6 7 8 „Die Bundesregierung bekennt sich zu den national, europäisch und im Rahmen des Pariser Klimaabkommens vereinbarten Klimaschutzzielen bis zum Jahre 2050. Der Klimaschutzplan der Bundesregierung aus dem Jahre 2016 beschreibt hierzu den schrittweisen Weg in Richtung einer weitgehend treibhausgasneutralen Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland bis Mitte des Jahrhunderts.“ 9 10 11 12 13 14 „Mit der Umsetzung des Klimaschutzplanes wird sich der Strukturwandel in vielen Regionen und Wirtschaftsbereichen beschleunigen, insbesondere im Sektor der Energieerzeugung. Die damit einhergehenden Veränderungen dürfen nicht einseitig zu Lasten der kohlestromerzeugenden Regionen gehen, müssen vielmehr Chancen für eine nachhaltige wirtschaftliche Dynamik mit qualitativ hochwertiger Beschäftigung eröffnen. Diese wollen wir aktiv nutzen und so Strukturbrüche sowie Einschränkungen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit vermeiden.“ 15 16 17 Um diesem Auftrag gerecht zu werden, legt die Kommission hiermit den Zwischenbericht zur Strukturentwicklung vor. Mit diesem Zwischenbericht soll den Menschen vor Ort in den betroffenen Strukturentwicklungsregionen frühzeitig eine Perspektive aufgezeigt werden. 18 19 20 21 22 Die Energiewende beschreibt einen Pfad einer politisch getriebenen, strukturellen Veränderung des Energiesystems. Diese durch klimapolitische Weichenstellungen im nationalen, europäischen und internationalen Rahmen, aber auch im Rahmen eines rapiden technologischen Wandels entstehenden Veränderungen betreffen Technologien jeglicher Art. Darüber hinaus sind ökonomische, Unternehmensund Beschäftigungsstrukturen sowie die grundlegende räumliche Entwicklung tangiert. 23 24 25 26 27 Der Erfolg der Energiewende im Kontext der globalen Herausforderungen wird sich vor diesem Hintergrund nicht nur an der Frage entscheiden, ob und wie die großen Chancen durch neue Technologien, und Geschäftsmodelle genutzt werden, sondern auch an der Frage, ob Entwicklungen wie der beschleunigte Ausstieg aus der Kohleverstromung fair und ohne unbeherrschbare Strukturbrüche vollzogen werden kann. 28 29 30 31 32 Die Beschäftigten der Kohlewirtschaft haben historisch maßgeblich zum Aufbau Deutschlands als Industrienation beigetragen und leisten noch heute einen substanziellen Beitrag für den Wohlstand unserer Gesellschaft und eine sichere Energieversorgung. Dies schafft die Grundlage dafür, unsere Industriegesellschaft nachhaltig umzubauen und einen adäquaten, an den Klimazielen orientierten Umbaupfad zu gestalten. 33 34 35 36 37 Der Strukturwandel in den Braunkohlerevieren hat zum Teil bereits begonnen. In den ostdeutschen Bundesländern ist zudem der flächendeckende Strukturwandel nach der deutschen Wiedervereinigung noch immer nicht abgeschlossen. Die Braunkohlereviere stehen vor der Herausforderung, bestehende Wertschöpfungsketten zu sichern und neue Wertschöpfungsketten aufzubauen, und gleichzeitig vor der Chance, den anstehenden Strukturwandel durch Innovationen zukunftsfähig zu gestalten. 38 39 40 41 42 Der Zusammenbruch großer Teile der ostdeutschen Industrie nach der Deutschen Einheit hat Wunden hinterlassen. Betriebliche Umstrukturierungen in der Energiewirtschaft in den folgenden Jahren haben zudem einen weiteren starken Abbau der Beschäftigung jenseits öffentlicher Aufmerksamkeit zur Folge gehabt. Strukturpolitische Maßnahmen müssen deshalb in besonderer Weise die Erfahrungen der Menschen in den ostdeutschen Bundesländern aufgreifen. 2 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 Der Kommission ist bewusst, dass eine erfolgreiche Strukturentwicklung ein andauernder Prozess ist. Auch Jahrzehnte nach dem Beginn des Endes des Kohlebergbaus liegt beispielsweise im Ruhrgebiet die Wirtschaftskraft weiter deutlich hinter der gesamtdeutschen Entwicklung zurück. Das Beispiel zeigt exemplarisch, dass eine reaktive Strukturpolitik nicht ausreichend ist. Dies darf sich in den Braunkohlerevieren nicht wiederholen. Vielmehr benötigen die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen eine proaktive Strukturentwicklung. Dafür gibt es bereits vielfältige Ansätze und Initiativen von Wirtschaft und Wissenschaft, Gebietskörperschaften und Zivilgesellschaft, um diese Herausforderungen nachhaltig und innovativ, aber auch sozial gerecht zu gestalten. Um diese Entwicklung selbst zu gestalten, brauchen Einwohner, Beschäftigte, Kommunen und Unternehmen einerseits eine breite gesamtgesellschaftliche und staatliche Unterstützung von EU, Bund und Ländern mit verlässlichen, langfristig wirksamen Rahmenbedingungen sowie andererseits möglichst breit verankerte regionale Perspektiven für die zukünftigen Entwicklungen. 55 56 57 58 59 60 61 Die Beschleunigung der Energiewende, im Falle einer politischen Entscheidung für einen schnelleren Ausstieg aus der Kohleverstromung, begründet auch eine politische Verantwortung für die damit verbundenen Folgen. Eine politische Verantwortung ergibt sich nicht nur für Deutschland, sondern auch im europäischen und internationalen Kontext, zum Beispiel aus dem völkerrechtlich verbindlichen Abkommen von Paris. Der Erfolg der Energiewende hat damit nicht nur eine energie-, klima- und industriepolitische Dimension, sondern ist auch mit Blick auf regionalen Strukturwandel und gute Arbeit zu bewerten. 62 63 64 65 66 67 68 69 70 Ziel ist die Schaffung neuer, zukunftssicherer Arbeitsplätze in den verschiedenen Regionen mindestens in einem Umfang, in dem diese Regionen durch den Wegfall von Arbeitsplätzen in der Kohleindustrie betroffen sind. Der Strukturwandel erfasst dabei nicht nur die Energiewirtschaft, sondern in besonderem Maße auch die energieintensive Industrie. Ein besonderes Augenmerk muss dafür auf den Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Branchen und auf der Gestaltung der dafür erforderlichen industriepolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland liegen. In den weiteren Berichten der Kommission werden zudem die Folgen eines Kohleausstiegs auf die industriellen Wertschöpfungsketten abgeschätzt und Voraussetzungen für den Erhalt energieintensiver Branchen in Deutschland definiert. 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 Die Kommission ist der Überzeugung, dass die konkreten Maßnahmen für eine erfolgreiche Strukturentwicklung intensiv im Zusammenhang mit den klima- und energiepolitischen Empfehlungen diskutiert werden müssen. Die Inhalte des Zwischenberichts werden deshalb im Abschlussbericht im Lichte der weiteren Beratungen konkretisiert und angepasst werden. Das Ziel dieses Zwischenberichtes ist es vor allem, die komplexen Fragen von Strukturwandel und Beschäftigung im Kontext des Auslaufens der Kohleverstromung in Deutschland zu strukturieren. Dies betrifft einerseits die Ausgangslage und die Rahmenbedingungen sowie die Beschreibung der Problem- und Handlungsfelder. Die Kommission wird sich in ihren weiteren Berichten mit einer Vielzahl von konkreten Maßnahmen zur Flankierung des Struktur- und Beschäftigungswandels beschäftigen. Vielfältige Detailvorschläge aus der Mitte der Kommission sind noch nicht abschließend beraten worden. Im Endbericht der Kommission soll auch der großen Detailtiefe und Bandbreite der Vorschläge, die der Kommission vorgelegt worden sind, Rechnung getragen werden. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der Tatsache zu verstehen, dass eine ganze Reihe dieser Maßnahmen nur im engen Zusammenhang mit den angestrebten bzw. erwartbaren Entwicklungen im Bereich der Kohleverstromung belastbar diskutiert werden können. Die Kommission wird in ihrem Abschlussbericht die Perspektiven mit Empfehlungen für konkrete Maßnahmen unterlegen. 86 87 Die Arbeit der Kommission umfasst die gesamte Kohleverstromung, das heißt sowohl Braun- als auch Steinkohle. Laut Einsetzungsbeschluss vom 6. Juni 2018 fokussiert der Zwischenbericht zum Struktur3 88 89 90 91 92 wandel auf die Braunkohlereviere. Die Kommission ist sich jedoch einig darüber, dass die mit der Steinkohleverstromung verknüpften Themenfelder im Rahmen der anstehenden Beratungen und bei der Erstellung der weiteren Berichte vertieft diskutiert und adressiert werden müssen. Dies umfasst sowohl die klima- und energiepolitische Dimension als auch die beschäftigungs- und strukturpolitischen Aspekte. 93 94 95 96 97 98 99 Alle Mitglieder der Kommission sind sich ihrer gemeinsamen Verantwortung für die historische Aufgabe bewusst. Die Ergebnisse der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ müssen diese einmalige Chance nutzen, ambitionierten Klimaschutz mit einem nachhaltigen, industriellen Aufbruch in den von der Kohle geprägten Regionen und an den entsprechenden Standorten zu verbinden. Das Potential der betroffenen Regionen, zu Vorreitern für einen gelungenen Strukturwandel zu werden und beispielgebend für den Transformationsprozess in Europa hin zu einer klimaneutralen Industriegesellschaft zu sein, muss genutzt werden. 100 4 101 2. Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung 102 2.1. Einsetzungsbeschluss und Auftrag 103 2.2. Zusammensetzung 104 2.3. Beratungsverlauf und Sachverständige 105 2.4. Bewertungsmaßstäbe der Kommission WSB 106 107 • Energiepolitisches Zieldreieck (Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit) 108 109 • Strukturentwicklung, Vermeidung von Strukturbrüchen, Sicherung der Wertschöpfung, neue Perspektiven für Innovation, neue Geschäftsmodelle und sozialer Zusammenhalt 110 111 112 Aus Sicht der Kommission zeichnen die folgenden Kriterien einen erfolgreichen Strukturentwicklungsprozess aus. Dabei stellt die Reihenfolge der Nennung keine Priorisierung dar. Aus Sicht der Kommission sind alle Punkte gleichrangig: 113 114 • Strukturbrüche in den Braunkohlerevieren und ggf. im Bereich der Steinkohleverstromung müssen vermieden werden. 115 116 • Eine gelungene Strukturentwicklung leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der freiheitlich demokratischen Grundordnung. 117 118 119 • Strukturentwicklung ist vorausschauend und richtet sich gleichermaßen an den Zielen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, Umwelt- und Klimaschutz, sozialem Zusammenhalt, kultureller Identität und der Lebensqualität in den Regionen für alle Menschen aus. 120 121 122 • Die Menschen und Akteure in den betroffenen Regionen gestalten den Strukturwandel in ihrer Heimat durch ihr Engagement und ihre Ideen. Die Politik unterstützt diese Entwicklung und belässt die notwendigen Freiräume. 123 124 125 • Strukturentwicklung ist eine langfristige gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie liegt in der gemeinsamen Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen sowie den Sozialpartnern, Unternehmen und Menschen vor Ort und wird von diesen gemeinsam gestaltet und getragen. 126 127 128 129 • Strukturentwicklung erfolgt sozialverträglich. Sie sichert bestehende, hochwertige, mitbestimmte Arbeitsplätze oder schafft neue, hochwertige, und zukunftssichere Arbeitsplätzen. Langfristig gebraucht werden Arbeitsplätze aller Qualifikationsstufen. Damit wird eine positive Beschäftigungsbilanz sichergestellt. 130 131 132 133 134 • Strukturentwicklung macht die Regionen zukunftsfähig und eröffnet ihnen neue Perspektiven. Sie unterstützt die Regionen dabei, sich für die Zukunft neu aufzustellen und sich bietende Chancen zu nutzen. Die Regionen werden damit zu Vorreitern für einen gelungenen Strukturwandel und beispielgebend für den Transformationsprozess in Europa hin zu einer weitgehend klimaneutralen Industriegesellschaft. 135 136 • Betriebsbedingte Kündigungen werden verhindert und den Beschäftigten entstehen keine unbilligen sozialen und ökonomischen Nachteile. 137 138 • Die mit einem Ausstieg aus der Kohleverstromung verbundenen Effekte auf den Wirtschaftsstandort Deutschland, beispielsweise mit Blick auf die Verbundindustrien und vor Ort bestehende Wertschöp5 139 140 fungsketten, sollen so weit wie möglich vermieden und ansonsten kompensiert werden. Die wirtschaftliche Weiterentwicklung soll auf den bestehenden Industriekernen aufbauen. 141 142 143 • Parallel zur Weiterentwicklung bestehender Wertschöpfungsketten werden neue aufgebaut, wobei auf in den Revieren bestehende Stärken aufgebaut und die Entwicklung neuer Wertschöpfungsketten gefördert wird. Die Chancen, neue und innovative Wertschöpfungsketten aufzubauen, werden genutzt. 144 145 146 • Investitionen in eine moderne Infrastruktur dürfen nicht allein bestehende Lücken zum bundesdeutschen Durchschnitt schließen, sondern setzen auch neue Standards. Attraktive infrastrukturelle Bedingungen sind Grundvoraussetzung für private Investitionen. 147 • Soziale wie kulturelle Infrastrukturen werden im Strukturwandel gesichert und weiterentwickelt. 148 149 150 151 • Strukturentwicklung muss auf die Besonderheiten der Regionen eingehen. Sie berücksichtigt die unterschiedlichen Ausgangslagen und Perspektiven der Reviere und folgt revierspezifischen Strategien. Strukturentwicklung unterstützt und stärkt die kulturelle Identität der Regionen. Die kurz-, mittelund langfristigen Dimensionen der Strukturentwicklung sind ausgewogen zu berücksichtigen. 152 • Der Prozess des Strukturwandels selbst schafft Vertrauen in Veränderung und neue Identifikation. 153 • Monitoring und professionelle Steuerung ermöglichen Anpassungen im Prozess des Strukturwandels. 154 155 156 • Die Gestaltung des Strukturwandels erfordert gleichermaßen Respekt vor den Motiven, die der Energiewende zugrunde liegen, und auch Respekt vor den Menschen und den Lebensleistungen der Menschen, die vom Strukturwandel in besonderer Weise betroffen sind. 157 158 159 160 161 162 163 • Die bestehenden strukturpolitischen Instrumente dienen insbesondere der Angleichung strukturschwacher Regionen an strukturstarke Regionen und leisten einen Beitrag zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Ein klimapolitisch forcierter Strukturwandel erfordert deshalb nennenswerte zusätzliche strukturpolitische Fördermaßnahmen. Diese müssen bedarfsgerecht finanziert werden. Neben öffentlichen Investitionen etwa in die soziale, kulturelle und nachhaltige Verkehrsinfrastruktur sind prioritär zielgerichtete Anreize für private, industrielle Investitionen in den Revieren und an Kraftwerksstandorten notwendig. 164 165 • Die finanzielle Absicherung des Strukturwandels muss die klimapolitisch veranlassten Eingriffe in die Energieerzeugung angemessen berücksichtigen. 166 167 168 169 170 171 • Ziel der strukturpolitischen Maßnahmen muss die nachhaltige Weiterentwicklung der industriellen Wertschöpfungsketten in Deutschland sein. Es muss das Ziel sein, für die sinkende bzw. wegfallende Wertschöpfung aus der Kohle adäquaten Ersatz bei Wertschöpfung und Beschäftigung in den Revieren zu schaffen. Ziel ist die nachhaltige Modernisierung des Industrielandes Deutschland, die Sicherung und Schaffung tarifvertraglich abgesicherter, mitbestimmter Arbeit und eine weitgehend treibhausgasneutrale Gesellschaft im Jahr 2050. 172 173 6 174 Die Kommission legt ihrer Arbeit folgende Revierabgrenzung zugrunde: 175 176 177 178 179 180 Die 2017 zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und den betroffenen Ländern abgestimmte geographische Abgrenzung der vier Braunkohlereviere wird übernommen. Die Kommission hat sich somit bewusst für eine breite Abgrenzung der Reviere entschieden, um auch solche Gebiete zu erfassen, die eine enge Verflechtung zur Braunkohlewirtschaft haben. Innerhalb der Reviere kann noch nach tatsächlicher Betroffenheit und überregionalen Auswirkungen des Strukturwandels differenziert werden. 181 182 183 Darüber hinaus war sich die Kommission einig, dass im Ausnahmefall auch Projekte in die Förderung aufgenommen werden oder andere Unterstützungsmaßnahmen erhalten können, die nicht im Revier selbst liegen, aber für die Entwicklung im Revier hohe Bedeutung haben. Region des Lausitzer Reviers Region des Mitteldeutschen Reviers Brandenburg: Sachsen: Kreis Dahme-Spreewald Stadt Leipzig Kreis Elbe-Elster Kreis Leipzig Kreis Oberspreewald-Lausitz Kreis Nordsachsen Kreis Spree-Neiße Stadt Cottbus Sachsen-Anhalt: Burgenlandkreis Sachsen: Saalekreis Kreis Bautzen Stadt Halle Kreis Görlitz Kreis Mansfeld-Südharz Kreis Anhalt-Bitterfeld Thüringen: Kreis Altenburger Land Region des Helmstedter Reviers Region des Rheinischen Reviers Niedersachsen: Nordrhein-Westfalen: Stadt Braunschweig Rhein-Kreis Neuss Kreis Helmstedt Kreis Düren Kreis Wolfenbüttel Rhein-Erft-Kreis Stadt Wolfsburg Städteregion Aachen Kreis Heinsberg Kreis Euskirchen Stadt Mönchengladbach 184 185 186 In den Betrachtungshorizont einer Förderung müssen auch solche Gebiete fallen, in denen eine Häufung von Steinkohleverstromungskraftwerken einen relevanten Beitrag zur Wertschöpfung leistet. 7 187 3. Ausgangslage (inkl. bisherige Entwicklung und zukünftige Referenzentwicklung) 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 3.1. Klimapolitische Ausgangslage • Globale Entwicklung und völkerrechtliche Einordnung • Europäische Entwicklung und Emissionshandel • Nationale Ziele 3.2. Energiewirtschaftliche Ausgangslage • Europäische Rahmenbedingungen • Energiemärkte • Strompreise und Stromkosten • Versorgungssicherheit • Revierpläne 3.3. Ausgangslage Wachstum und Beschäftigung und Innovationspotenziale 201 202 203 204 Deutschland zeichnet sich durch eine stabile gesamtwirtschaftliche Ausgangslage aus. So stellte das Bundeswirtschaftsministerium vor kurzem fest: „Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem stetigen und breit angelegten Aufschwung mit einem soliden binnenwirtschaftlichen Fundament. Die Kapazitäten sind gut ausgelastet, die Beschäftigung ist auf Rekordniveau und die Verbraucherpreise sind stabil.“1 205 206 207 Seit dem Ende der Finanzkrise befindet sich Deutschland in einem Wirtschaftsaufschwung. In den vergangenen Jahren verzeichnete Deutschland ein stetiges und anhaltendes Wirtschaftswachstum von zuletzt 2,2% im Jahr 2017.2 208 209 210 211 Allerdings trübt sich das weltwirtschaftliche Klima derzeit ein, u.a. wegen der sich verschärfenden weltweiten Handelskonflikte. Dies beeinträchtigt die deutsche Konjunkturentwicklung. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose für 2018 von 2,3% auf 1,8% und für 2019 Jahr von 2,1% auf 1,8% gesenkt. 3 212 213 214 215 216 Getragen vom Wirtschaftswachstum hat sich auch die Lage am Arbeitsmarkt positiv entwickelt. Bundesweit sank die Arbeitslosenquote in den letzten Jahren und lag im Durchschnitt des letzten Jahres bei 5,7%.4 Aktuell (Oktober 2018) beträgt sie 4,9%. Bei zugleich verhaltener demographischer Entwicklung wächst in einigen Branchen und Regionen die Zahl der unbesetzten Stellen, zumeist verbunden mit einem Mangel an qualifizierten Fachkräften. 217 218 219 Dieser Fachkräftemangel wird immer mehr zu einem Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung.5 Weitere Probleme des Standorts Deutschland sind Investitionsschwächen und langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren. 220 Bedeutung der Industrie für Wachstum und Wohlstand 221 222 223 224 In der Bundesrepublik erwirtschaftet die Industrie fast ein Viertel des Bruttoinlandsproduktes – mehr als in den meisten anderen Ländern. Der industrielle Kern bildet dabei den Ausgangspunkt für die enge Verflechtung von Produzenten, Zulieferern und Dienstleistern und ist eine wichtige Voraussetzung für Innovation, Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Deutschland hat die Herausforderungen der Finanzkrise 1 Herbstprojektion der Bundesregierung von Oktober 2018. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Jahreswirtschaftsbericht 2018. 3 Herbstprojektion der Bundesregierung von Oktober 2018. 4 Ebenda. 5 DIHK-Konjunkturumfrage Herbst 2018. 2 8 225 226 227 2008 auch deshalb besser als andere Länder gestemmt, weil es einen im internationalen Vergleich der OECD-Staaten hohen Industrialisierungsgrad hat. Der Beitrag der Industrie zur volkswirtschaftlichen Wertschöpfung in Deutschland lag 2017 bei 22,9%.6 228 229 230 231 232 Ein zentraler Standortfaktor für die deutsche Industrie ist das Vorhandensein vollständiger industrieller Wertschöpfungsketten. Das Fundament dieser Wertschöpfungsketten bilden die energieintensiven Industrien, die die Grund- und Werkstoffe herstellen, auf denen die weiteren Fertigungsprozesse aufbauen. Sie stehen in einem internationalen Wettbewerb und sind daher in besonderem Maße abhängig von einer wettbewerbsfähigen, preisgünstigen und sicheren Energieversorgung. 233 Entwicklung energieintensive Industrien 234 235 236 237 238 239 240 Trotz positiver wirtschaftlicher Entwicklung muss festgehalten werden, dass Deutschland zumindest in den energieintensiven Branchen vor besonderen Herausforderungen steht und teilweise von der Substanz lebt. Hintergrund dieser Entwicklung ist, dass private Investitionen generell am Standort Deutschland nur zurückhaltend getätigt werden.7 Exemplarisch dafür stehen die nominalen Nettoanlageinvestitionen der energieintensiven Branchen – das sind die Bruttoanlageinvestitionen abzüglich der Abschreibungen. Diese sind im Schnitt der vergangenen Jahre (2000 bis 2014) deutlich negativ. Nur in den Jahren 2000 und 2008 hatten diese Branchen positive Nettoinvestitionen.8 241 242 243 244 Auch der Strukturwandel der energieintensiven Industriebranchen, die als Hersteller von Grundstoffen vielfach Ausgangspunkt langer industrieller Wertschöpfungsketten sind, hat bereits begonnen. Einer schleichenden De-Industrialisierung muss entgegengewirkt werden. Weitere Kostensteigerungen durch die Abschaltung von Kohlekraftwerken drohen diesen Prozess zu beschleunigen. 245 246 247 248 249 250 251 Gerade aufgrund der engen Verknüpfung mit der Grundstoffindustrie drohen in den betroffenen Regionen erhebliche negative Effekte durch Strukturbrüche, wenn es nicht gelingt, die bestehenden Wertschöpfungsketten und Industrieverbunde zwischen Energie und Industrie zu erhalten. Wie oben aufgezeigt, ist das reale Nettoanlagevermögen in allen energieintensiven Sektoren (Papier-, Chemie-, Baustoffindustrie, Metallerzeugung) fast durchgängig jedes Jahr gesunken. Die Gesamtindustrie verzeichnet hingegen ein kleines Plus. Der Rückgang ist umso gravierender, da auch die aktivierten Ausgaben für Forschung und Entwicklung der jeweiligen Branchen umfasst sind.9 252 Innovationspotenziale 253 254 255 256 257 258 Der größte Anteil der Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung wird in Deutschland durch die Industrie bereitgestellt.10 Dadurch entwickelt sie innovative Technologien, effiziente Verfahren und markiert die Basis von Wertschöpfungsketten. Sie trägt damit auch zur Lösung von Umweltproblemen und zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen bei. Ihre gute Marktstellung und umfassende Kompetenz prädestinierten deutsche Unternehmen als Entwickler, Anbieter und Leitanwender von neuen Technologien wie der Sektorkopplung, der zirkulären Wirtschaft, nachhaltiger Mobilität, nachhaltiger, digitalisierter Wert- 6 Vergleiche auch Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2016: Unsere Industrie: Intelligent. Innovativ. International. Zahlen für 2017 aktualisiert. 7 Fratzscher-Kommission 2015: Stärkung von Investitionen in Deutschland. 8 Statistisches Bundesamt 2017, Energieintensive Branchen: Papier, Chemie, Glas/Keramik, sowie Metallerzeugung und -bearbeitung. 9 IW 2017: Energiepolitische Unsicherheit verzögert Investitionen in Deutschland. IW policy paper 13/2017. 10 Stifterverband 2016: Wissenschaftsstatistik des Stifterverbandes, Forschung und Entwicklung in der Wirtschaft. 9 259 260 schöpfungssysteme und Industrie 4.0. Sie benötigen für die Umsetzung allerdings langfristig stabile und berechenbare Rahmenbedingungen, vor allem Planungs- und Investitionssicherheit. 261 262 263 Von besonderer Bedeutung ist dabei die Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft, sowohl mit Hochschulen, universitären wie außer-universitären Forschungseinrichtungen. In dieser Art investierte Mittel induzieren Innovation und leisten einen erheblichen Beitrag zur Steigerung des Bruttoinlandsproduktes.11 264 Regionale Wirtschaftsentwicklung 265 266 267 268 269 270 Die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass erhebliche regionale Unterschiede beim Wirtschaftswachstum bestehen. So ist das Wachstum der Bundesländer, in denen sich die Braunkohlereviere befinden, seit 2010 meist unterdurchschnittlich im Vergleich zum nationalen Durchschnitt, was auch den Strukturwandel in den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen in diesen Ländern erschwert. In Nordrhein-Westfalen lag das Wirtschaftswachstum sogar in allen Jahren seit 2010 unter dem deutschen Durchschnitt.12 271 272 273 274 275 276 277 Es bestehen weiterhin deutliche Unterschiede der wirtschaftlichen Entwicklung innerhalb Deutschlands. Seit 1990 befinden sich die ostdeutschen Länder flächendeckend in einem wirtschaftlichen Strukturentwicklungsprozess mit dem Ziel, hinsichtlich der Wirtschaftskraft an das westdeutsche Niveau aufzuschließen. So erreichte die Wirtschaftskraft in Ostdeutschland im Jahr 2017 nur 73,2% des westdeutschen Niveaus.13 Auch andere ökonomische Größen wie Kaufkraft, Bruttowertschöpfung, Forschungs- und Entwicklungstätigkeit der Privatwirtschaft, Exportorientierung, Unternehmensgrößen oder Lohnniveau weisen auf einen nach wie vor bestehenden Nachholbedarf hin.14 278 279 280 281 282 Der aktuelle Deutschland Report der Prognos AG bestätigt diesen Trend und prognostiziert, dass die Wirtschaftskraft bis 2045 auf zwei Drittel des Durchschnitts der westdeutschen Bundesländer absinkt – auf das Niveau zur Jahrtausendwende.15 Insbesondere eine ungünstige demographische Entwicklung der ostdeutschen Flächenländer sowie die dort relativ geringen privaten FuE-Aktivitäten belasten die wirtschaftliche Entwicklung. 283 284 285 286 287 Zudem befinden sich die Standorte der Braunkohleindustrie überwiegend in Regionen, die bereits in der Vergangenheit teilweise tiefgreifende Strukturwandelprozesse durchlaufen haben. Vor dem Hintergrund dieser Ausgangslage werden die Überlegungen in der Kommission daher von der Auffassung getragen, dass erneute Strukturbrüche sowie soziale und demographische Verwerfungen für die Menschen in allen Revieren dringend zu vermeiden sind und Wertschöpfungsketten vor Ort erhalten bleiben müssen. 288 11 So induziert zum Beispiel die Zusammenarbeit von Unternehmen mit Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft einen Anstieg des Umsatzwachstums von 21% sowie des Produktivitätswachstums von 11%. Aus makroökonomischer Sicht führt jeder Euro an Auftragsforschung an die Fraunhofer Institute zu einer Steigerung des BIP von bis zu 18 Euro. Siehe auch Comin et al. 2018: Do Companies Benefit from Public Research Organizations? The Impact of the Fraunhofer Society in Germany; Studie des CIRCLE - Center for Innovation, Research and Competences in the Learning Economy, Universität Lund. 12 Vergleiche beispielsweise die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder (https://www.statistikbw.de/VGRdL/). Eine Ausnahme bildet hier Niedersachsen (Helmstedter Revier). Dort lag das Wirtschaftswachstum seit 2010 zumeist über dem Bundesdurchschnitt. 13 Bundesregierung 2018: Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2018. 14 Fehlende große Unternehmenszentralen wirken sich dabei ganz unmittelbar auf die eigenständige Leistungsfähigkeit der Kommunen aus. 15 Prognos (2018). 10 289 3.4. Strukturpolitische Ausgangslage 290 Wirtschaftsstruktur in den Revieren und Wertschöpfung 291 292 293 Die Wirtschaftskraft der betroffenen Regionen wird maßgeblich durch die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland insgesamt beeinflusst. Strukturpolitik kann sich nur in einem wachstumsfreundlichen Umfeld vollumfänglich und erfolgreich entfalten. 294 295 296 Die heute in den Revieren vorherrschenden Sektoren- und Branchenstrukturen sind maßgeblich dafür, wie groß die Herausforderungen des Strukturwandels sein werden. Sie stehen gleichzeitig für die wirtschaftlichen Chancen, die aus den jeweiligen Stärken der Reviere entstehen können. 297 298 299 Die Wirtschaftsstruktur der Reviere ist nicht einheitlich. Gemeinsam ist ihnen aber, dass die Braunkohlewirtschaft in drei der vier Revieren – dem Lausitzer, dem Mitteldeutschen und dem Rheinischen Revier – eine herausgehobene Rolle spielt. 300 301 302 Der Industrialisierungsgrad ist in diesen drei Revieren eher schwächer ausgeprägt als im Rest Deutschlands. Eine Ausnahme bilden die sogenannten Vorleistungsgüter im Rheinischen Revier (z.B. chemische Industrie und andere energieintensive Industrien). 303 304 305 Im Dienstleistungssektor weisen die Reviere jeweils unterschiedliche Stärken und Schwächen auf. Gemeinsam ist allen Revieren aber eine geringere Bedeutung der höher entlohnten Finanz- und Versicherungsdienstleistungen sowie der Dienstleistungen rund um Information und Kommunikation.16 306 Beschäftigungssituation in den Revieren 307 308 309 Die Kommission hat sich intensiv und wiederholt mit der Arbeitsmarktlage in den Revieren befasst. Insbesondere die Arbeitslosigkeit, die Verfügbarkeit von Fachkräften und die Rolle der Braunkohlewirtschaft als regionaler Arbeitgeber waren für sie von großer Bedeutung. 310 311 312 313 314 Positiv ist, dass vor dem Hintergrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre aber gerade auch aufgrund des mit der Alterung einhergehenden deutlichen Rückgangs des Erwerbspersonenpotentials die Arbeitslosigkeit in den Braunkohlerevieren deutlich zurückgegangen ist. Dabei stellt das rückläufige Erwerbspersonenpotential gleichzeitig ein Wachstumshemmnis dar. Die Aussagekraft der Arbeitslosenquote ist vor diesem Hintergrund nur begrenzt. 315 316 317 318 319 Die Braunkohlewirtschaft hat eine herausgehobene Rolle als Arbeitgeber in den Revieren. So sind im Lausitzer Revier im Wirtschaftszweig „Bergbau, Energie- und Wasserversorgung, Energiewirtschaft“, zu welchem die Braunkohlewirtschaft gezählt wird, gegenüber dem Bundesdurchschnitt mehr als doppelt so viele Menschen beschäftigt. Aktuell gibt es in allen vier Revieren zusammen rd. 20.000 direkt Beschäftigte.17 Überwiegend handelt es sich dabei um Arbeitsplätze mit hohem Qualifikationsniveau. Die Entlohnung 16 Siehe RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung 2018a: Erarbeitung aktueller vergleichender Strukturdaten für die deutschen Braunkohleregionen; Projektbericht für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. 17 Nach den letzten veröffentlichen Zahlen der Statistik der Kohlewirtschaft e.V. waren zum Ende des ersten Halbjahres 2018 exakt 20.751 Menschen in der Braunkohlewirtschaft beschäftigt. Hierzu gehören 991 Auszubildende. Hinzugerechnet werden hier auch die Beschäftigten der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV). Diese Mitarbeiter sind vor allem mit Arbeiten der Rekultivierung ehemaliger Braunkohlegebiete befasst. Aktuell arbeiten rd. 730 Mitarbeiter und Auszubildende bei der LMBV. Zur Beschäftigungssituation in der Braunkohlewirtschaft hat die Kommission die Braunkohleunternehmen selber angehört sowie das RWI-Leibniz-Institut mit einer Abschätzung beauftragt (Anhörung der vier Braunkohleunternehmen LEAG, MIBRAG und RWE am 29.08.2018 sowie RWI 2018a. Die vom RWI ermittelten Zahlen basieren ebenfalls auf Angaben Statistik der Kohlewirtschaft e.V. 11 320 321 ist in Relation zu den weiteren Beschäftigten in der Region sowie zu den meisten anderen Branchen deutlich überdurchschnittlich. 322 323 324 325 Der Anteil der im Braunkohlesektor direkt Beschäftigten an den insgesamt sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt im Lausitzer Revier bei ca. 2,0% und im Rheinischen Revier bei 1,2%. In den beiden anderen Revieren lag der Anteil mit 0,3% (Mitteldeutsches Revier) bzw. 0,1 % (Helmstädter Revier) deutlich niedriger.18 326 327 328 329 330 Aufgrund der Verbindungen zur Vorleistungs-, Konsum- und Investitionsgüterindustrie sowie weiterer Kaufkrafteffekte geht die Kommission davon aus, dass von jedem direkten Arbeitsplatz in der Braunkohlewirtschaft je ein weiterer indirekter oder induzierter Arbeitsplatz direkt im Revier und ein weiterer außerhalb der engeren geographischen Abgrenzung abhängt. Insgesamt ist daher von rd. 60.000 Arbeitsplätzen auszugehen, die im Zusammenhang mit der Braunkohlewirtschaft stehen. 331 332 333 334 Die Fachkräftesituation in den Revieren ist ambivalent. Die Zahl der MINT-Angestellten, d.h. die Zahl derjenigen, die in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik beschäftigt sind, liegt in den Revieren meist im bundesdeutschen Durchschnitt oder sogar darüber.19 Hierzu trägt insbesondere die Energiewirtschaft mit ihrem relativ hohen Anteil an Ingenieuren und Naturwissenschaftlern bei. 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 Der Kommission ist bewusst, dass insbesondere im Lausitzer Revier und zum Teil im Mitteldeutschen Revier viele dieser MINT-Beschäftigten in den nächsten Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden werden. Die Unternehmen der Braunkohlewirtschaft haben in ihrer Anhörung durch die Kommission klar zum Ausdruck gebracht, dass freiwerdende Stellen in ihren Unternehmen kontinuierlich nachbesetzt werden müssen, um den laufenden Betrieb aufrecht zu erhalten. Unter anderem aus diesem Grund investieren die Unternehmen der Braunkohlewirtschaft auch erheblich in die Ausbildung junger Leute. Sie sind somit ein wichtiger Anker für junge Menschen, die in den Revieren eine Ausbildungsstelle suchen, und spielen eine wichtige Rolle für die Bereitstellung überbetrieblicher Einrichtungen des dualen Systems. In der Aufrechterhaltung des Stamms an Facharbeitern in der Region (vorhandenes Personal, Weiterführung der Ausbildung ggf. bereits heute mit neuen Schwertpunkten) liegt angesichts des deutschlandweiten Fachkräftemangels ein kaum zu unterschätzender Standortvorteil. 346 347 348 349 350 Die Kommission hat in den Anhörungen zur Kenntnis genommen, dass die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in allen Revieren in den vergangenen Jahren gestiegen ist und neue Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb der Braunkohlewirtschaft entstanden sind. Ein hohes Beschäftigungswachstum ist vor allem im Dienstleistungsbereich zu beobachten. Aber auch in bestimmten Bereichen des Verarbeitenden Gewerbes steigt die Zahl der Beschäftigten in den Revieren. 351 Beitrag zum Steueraufkommen 352 353 354 Eine weitere wichtige Größe für die Abschätzung der strukturpolitischen Ausgangslage ist der Anteil des Braunkohlesektors zum Steueraufkommen. Hierfür stützt sich die Kommission auf eine unabhängige wissenschaftliche Erhebung.20 355 356 357 Der Anteil des Braunkohlesektors am kommunalen Einkommensteueraufkommen bestätigt die grundlegenden Befunde zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung der Braunkohle. Einschließlich der indirekten und induzierten Beschäftigung wird das den Kommunen in den jeweiligen Revieren zukommende Volumen der 18 RWI 2018a. Die einzige Ausnahme hier ist das Mitteldeutsche Revier. 20 Vgl. Fußnote 17. 19 12 358 359 360 361 Einkommensteuer aus der Braunkohlewirtschaft 2016 auf 12 Mio. Euro in der Lausitz, 19 Mio. im Rheinischen Revier und 3 Mio. Euro im Mitteldeutschen Revier geschätzt. Der Anteil am gesamten Einkommensteueraufkommen in den Revieren liegt bei 0,7% (Mitteldeutsches Revier), 2,0% (Rheinisches Revier) beziehungsweise 4,6% (Lausitzer Revier). 362 363 364 365 Ebenso muss der Landesanteil am Einkommensteueraufkommen berücksichtigt werden (42,5%), da über den Landeshaushalt ebenfalls Investitions‐ und Fördermaßnahmen in der Region finanziert werden. Somit trägt beispielsweise die LEAG im Lausitzer Revier mit 96 Mio. Euro zum Steueraufkommen bei. Gleiches gilt für MIBRAG im Mitteldeutschen und RWE im Rheinischen Revier entsprechend. 366 367 368 369 Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass sich mit Blick auf das Gewerbesteueraufkommen in den verschiedenen Revieren ein unterschiedliches Bild ergibt. Eine besonders herausfordernde Situation ergibt sich hier mit Blick auf das Lausitzer Braunkohlerevier, in dem die Kommunen mit erheblichen Steuerrückforderungen des vormaligen Eigentümers Vattenfall konfrontiert sind. 370 371 372 Die teilweise komplizierte Situation der Kommunen im Bereich des Steueraufkommens bedarf nach Auffassung der Kommission einer besonderen Aufmerksamkeit mit Blick auf die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Fördermitteln etc. 373 Innovationskraft der Reviere 374 375 376 377 Die Kommission hat außerdem die Innovationskraft der Reviere betrachtet. Hierbei handelt es sich um einen wichtigen Treiber für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung einer Region. Die Innovationskraft wird üblicherweise geschätzt anhand von indirekten Größen wie z.B. der Zahl der Patentanmeldungen oder der Beschäftigten in Forschung und Entwicklung (FuE-Beschäftigte). 378 379 380 381 382 383 384 Wie bei vielen anderen Indikatoren zeigen sich auch hier deutliche Unterschiede zwischen den Revieren. So liegt das Helmstedter Revier nach den üblichen Kennziffern deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Das Rheinische Revier liegt leicht darunter. Besonders schwach ist die Innovationskraft im Lausitzer Revier und im Mitteldeutschen Revier ausgeprägt. So beträgt beispielsweise der Anteil der FuE-Beschäftigten an der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Lausitz und im Mitteldeutschen Revier nur ca. 0,33%. Der Bundesdurchschnitt liegt hier bei 1,32%. Auch die Zahl der durchschnittlich angemeldeten Patente ist in den ostdeutschen Revieren deutlich geringer als in den westdeutschen. 385 386 387 388 389 390 391 Dies liegt auch daran, dass die Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten hauptsächlich in den Konzernzentralen durchgeführt werden und diese in Ostdeutschland kaum vorhanden sind. Die nach der Wiedervereinigung privatisierten Unternehmen verzichteten vielfach aus Kostengründen auf eigene FuE-Abteilungen und entwickelten sich zu „verlängerten Werkbänken“.21 Die wenigen Konzernzentralen in Ostdeutschland gehören traditionell zur (fossilen) Energiewirtschaft, zur energieintensiven sowie zur optischen Industrie. Daher muss für die Steigerung der Innovationstätigkeit gerade in Ostdeutschland das endogene Potenzial berücksichtigt und mit neuen Fördermechanismen unterstützt werden. 392 393 394 395 396 Auch bei der Gründungstätigkeit, einem weiteren Maßstab für die Innovationskraft, zeigt sich ein deutliches Gefälle zwischen den Revieren. Im Rheinischen Revier liegt die Zahl der Gründungen pro 10.000 Erwerbsfähige nur knapp unter dem bundesweiten Durchschnitt, bei so genannten High-Tech-Gründungen im produzierenden Gewerbe oder im Dienstleistungssektor (z.B. neue Software-Entwicklungen) verschwindet der Abstand sogar ganz. Hingegen finden im Mitteldeutschen Revier und noch einmal besonders im 21 U. Blum, U. Ludwig, C. Lang, P. Marek: Wirtschaftlicher Stand und Perspektiven für Ostdeutschland: Studie im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, Halle 2011 13 397 398 399 Lausitzer Revier wesentlich weniger Gründungen statt als im Rest der Republik. So liegen vier der sieben Landkreise und kreisfreien Städte im Lausitzer Revier im unteren Viertel der Gründungstätigkeit in Deutsch22 land. Im Mitteldeutschen Revier gilt dies flächendeckend mit Ausnahme von Leipzig. 400 401 402 403 404 405 406 Aus Sicht der Kommission sind die Gründe hierfür vielschichtig. Vor allem in der Lausitz spielt die kleinbetriebliche Struktur der Wirtschaft eine Rolle.23 Auch die relativ geringe Dichte von Universitäten und anderen öffentlichen Forschungseinrichtungen in den ostdeutschen Revieren im Vergleich zu den westdeutschen mag eine Ursache sein. Dazu passt, dass es, dort wo die Bedingungen stimmen, auch innerhalb der Lausitz Orte wie Görlitz mit deutlich überdurchschnittlicher Gründungstätigkeit gibt. Konkret gilt das für die Stadt Cottbus, welche mit der BTU Cottbus-Senftenberg über eine tiefe und breit gefächerte Forschungsinfrastruktur verfügt. 407 Demographische Entwicklung der Reviere 408 409 410 411 412 413 414 415 Legt man die aktuellen Trends zu Grunde, wird die demographische Entwicklung in den beiden westdeutschen Revieren bis 2035 in etwa der von Deutschland insgesamt folgen. Umgekehrt schlägt der demographische Wandel stärker auf das Mitteldeutsche Revier und besonders das Lausitzer Revier durch. Es ist damit zu rechnen, dass in den nächsten ca. zwanzig Jahren die Zahl der Menschen, die in den beiden ostdeutschen Revieren leben, weiter schrumpfen wird. Gleichzeitig findet eine deutliche Alterung der Gesellschaft statt. Die Kommission geht davon aus, dass bis 2035 der Anteil der über 60jährigen an der Gesamtbevölkerung in der Lausitz etwa 45% betragen wird. Zum Vergleich: In Gesamtdeutschland wird der Anteil dieser Gruppe in 2035 auf ca. 36% geschätzt.24 416 417 418 419 420 421 Da insbesondere die Gruppe der 20-60jährigen besonders aktiv am Arbeitsleben teilnimmt, erschwert der demographische Wandel den Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier und besonders im Lausitzer Revier. Aus Sicht der Kommission ist daher entscheidend, vor allem junge Menschen zu halten, zurück zu gewinnen oder neu für die Region zu begeistern. Erfolgsbestimmend hierfür ist eine leistungsfähige Bildungsinfrastruktur mit guten Ausbildungschancen und -bedingungen im dualen wie im akademischen Bereich sowie attraktive Zukunftsperspektiven in den Revieren, die aufzuzeigen oder neu zu schaffen sind. 422 423 424 425 426 427 428 Kritische Auswirkungen des demographischen Wandels werden für den stark ländlich geprägten Raum wie folgt gesehen: Alterung der Gesellschaft, fehlende Versorgung in kleineren Ortsteilen, Ungleichgewicht bei der Verfügbarkeit von Mobilitäts-, Versorgungs-, Kultur- und Freizeitangeboten, Ausweisungen neuer Wohnbauflächen nicht ausreichend an Bedarf orientiert, Überkapazitäten im Bereich der Versorgungsinfrastrukturen (Wasser, Abwasser, Wärme), Mangel an Möglichkeiten für die Nachnutzung leerstehender Gebäude, Gefahr von sterbenden Dörfern, Identitätsverlust sozialer Gefüge, Reduzierung auf Wohnstandorte, starke Pendlerbeziehungen, Gefahr einer Bevölkerungs-Abwanderung, Zersiedelung.25 429 Zentralisierungsgrade der Reviere 430 431 432 433 Aus Sicht der Kommission sind die Lage und die Siedlungsstruktur einer Region wichtige Rahmenbedingungen für deren wirtschaftliche Entwicklung. In dünn besiedelten Regionen mit einer kleinteiligen Wirtschaftsstruktur stellt der Strukturwandel grundsätzlich eine größere Herausforderung dar als für urban geprägte. Die Ursachen sind vielfältig: Positive Wachstumsfaktoren wie die Anbindung an überregionale 22 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung: Regionales Gründungsgeschehen auf Basis des NUI-Indikators. www.ifmbonn.org. 23 Vergleiche beispielsweise die Anhörung der Innovationsregion Lausitz GmbH am 18.09.2018. 24 Vergleiche auch RWI 2018a. 25 .https://www.indeland.de/assets/userfiles/Downloads/1-2015-03-23_Masterplan-indeland.pdf. 14 434 435 Märkte, ein breit gefächertes Fachkräfteangebot, die Vernetzung prägender Unternehmen oder zum Beispiel eine internationale Anbindung sind in diesen Regionen weniger stark ausgeprägt. 436 437 438 439 Die Reviere haben hier sehr unterschiedliche Ausgangsbedingungen. So sind die beiden ostdeutschen Regionen flächenmäßig größer, weitestgehend ländlich geprägt und zum überwiegenden Teil peripher gelegen. Dem gegenüber sind das Rheinische Revier und das Helmstedter Revier stark eingebunden in die sie umgebenden Ballungsräume:26 • 440 441 442 443 444 445 446 447 448 449 450 451 452 453 454 455 • • • Lausitzer Revier (sechs Kreise und die Stadt Cottbus): Alle Kreise der Region einschließlich der Stadt Cottbus als Oberzentrum werden von den Gutachtern als ländlich klassifiziert. Lediglich der nördliche Teil des Kreises Dahme-Spreewald profitiert von der Nähe zu Berlin. Rheinisches Revier (fünf Kreise, Städteregion Aachen, Stadt Mönchengladbach): Die Braunkohletagebaue liegen, wie in den anderen Revieren auch, im ländlichen Raum. Die sie umgebenden Kreise werden jedoch alle als sehr zentral und städtisch eingestuft. Zu nennen sind die Städteregion Aachen und Mönchengladbach als Oberzentren innerhalb der Region, zudem besteht eine Nähe zu Düsseldorf und Köln und anderen Oberzentren des Rheinlands. Mitteldeutsches Revier (sieben Kreise, Städte Leipzig und Halle): Das Mitteldeutsche Revier zeichnet sich durch meist ländliche Kreise aus, die peripher gelegen sind. Es umfasst mit Leipzig jedoch auch eine Großstadt und mit Halle ein weiteres Oberzentrum. Helmstedter Revier (zwei Kreise, Städte Braunschweig und Wolfsburg): Das Helmstedter Revier ist die kleinste der vier Regionen. Mit Ausnahme des Kreises Helmstedt befindet es sich in einer städtisch geprägten Region, die zentral gelegen ist. Wolfsburg und Braunschweig sind Oberzentren in der Region. 456 457 458 Infrastrukturausstattung der Reviere (Straßen und Schienen, digitale Infrastruktur, energiewirtschaftliche Infrastruktur) 459 460 461 462 463 464 465 466 467 468 Ein angebotsorientierter Neu- und Ausbau der Straßen- und Schieneninfrastruktur, verbunden mit entsprechenden Mobilitätskonzepten (z. B. gut abgestimmte Taktungen, umweltfreundliche Verkehrsträger) ist vor allem in den ländlich geprägten Revierräumen eine grundlegende Rahmenbedingung für eine erfolgreiche Strukturentwicklung. Optimale Erreichbarkeiten innerhalb der Reviere (Nahverkehr), aber auch die überregionale Anbindung der Reviere an umliegende Ballungsräume (Fernverkehr) sind entscheidend für die Fachkräftegewinnung oder Anreize für Wirtschaftsansiedlungen sowie die generelle Lebensqualität der Menschen vor Ort. Durch eine bessere Anbindung kann die Attraktivität einer Region erhöht werden, durch die Verknüpfung mit regionalen Wachstumskernen können Wachstumsimpulse auf die Reviere ausstrahlen. Durch eine passgenaue Einbindung von Regionen in Verkehrsnetze können diese Regionen zudem in überregionale Wertschöpfungsketten eingebunden werden.27 469 470 471 472 473 Die Zukunft ist digital – in der Wirtschaft und Industrie, in der Mobilität, in der Verwaltung sowie auch im Bildungswesen und Privatleben. Dafür ist die digitale Infrastruktur von zentraler Bedeutung. Je höher deren Qualität bzw. Leistungsfähigkeit ist, desto größer sind die Chancen für die Reviere, wirtschaftliche Potenziale zu erschließen. Flächendeckende Breitbandabdeckung ist ein wesentlicher Standortfaktor. Auch nach Abschluss der laufenden Förderprojekte werden Gebiete verbleiben, die zwar mit mindestens 30 Mbit/s, 26 27 Für eine Übersicht siehe auch RWI 2018a. Vergleiche hierzu beispielsweise die Anhörung des Sachverständigen Prof. Gerhard Untiedt am 18.09.2018. 15 474 475 476 jedoch keiner gigabitfähigen Infrastruktur versorgt sind. Der Zugang zu hochleistungsfähiger digitaler Infrastruktur bietet Chancen und Entwicklungspotenzial. Hier wird der Ausbau der Breitbandnetze auf Glasfaserbasis und die Ertüchtigung der Mobilfunknetze entscheidend sein. 477 478 479 480 Die Reviere haben als Standorte von Tagebauen und Kraftwerken eine im besonderen Maße ausgebaute und auf den Sektor „Energie“ zugeschnittene Infrastrukturausstattung, die auch für die künftige Entwicklung moderner, intelligenter und nachhaltiger Energieerzeugungsanlagen und Energietechnologien Anknüpfungspunkte bietet.28 481 482 483 484 485 486 487 488 489 490 Insbesondere die Standorte von Kohlekraftwerken haben, unter anderem wegen der auf sie ausgerichteten Netzinfrastruktur, einen hohen energiewirtschaftlichen Wert. Gleichzeitig werden die Kraftwerke mit Personal betrieben, das hohe Kompetenzen beim Betrieb von energietechnischen Anlagen und Prozessen hat. Die im Rahmen der Reduktion der Kohleverstromung notwendige Umgestaltung des Kraftwerksparks bietet auch Chancen. Einerseits können die regionalen Potentiale und teilweise sogar wesentliche Komponenten der Bestandsanlagen weiter genutzt werden. Andererseits können Energiewende-Technologien erstmals großtechnisch eingesetzt werden. Die Regionen werden zu Vorreitern. Über die strukturpolitische Betrachtung hinaus liegt hier auch die Chance einer Signalwirkung. Andere Standorte und Regionen, die zukünftig vom Umbau der Stromerzeugung betroffen sein werden, können hiervon profitieren und bieten damit zukünftig auch Exportpotential für die deutschen Hersteller solcher Technologien. 491 Betroffene von Tagebauumsiedlungen und Tagebaurandgemeinden 492 493 494 In allen Revieren hat die Kommission Menschen aus den Tagebauregionen angehört, die ihre Betroffenheit zum Ausdruck gebracht haben. Dabei gab es sowohl Familien, die ihre Heimat auf keinen Fall verlassen wollen, als auch solche, die in neu gegründete Orte umgezogen sind. 495 496 497 498 499 500 Braunkohletagebaue sind der größte Eingriff in die Landschaft Deutschlands. Sie zwingen Menschen dazu, ihre Heimat aufzugeben und ihre Häuser zu räumen, die oft schon seit Jahrhunderten im Eigentum der Familien sind. Damit beeinträchtigen Tagebaue sehr stark die wirtschaftliche und soziale Struktur der Dörfer. Nur ein Teil der Bevölkerung geht mit an die Umsiedlungsstandorte. Die Landwirte, viele Handwerker und Läden verlassen die Dorfgemeinschaft, oft schon Jahre vor der endgültigen Umsiedlung. Ein Teil der ortsansässigen Unternehmen sieht sich durch drohende Umsiedlung in seiner Existenz bedroht. 501 502 503 Im Rheinischen Revier wurden mehr als 45.000 Menschen umgesiedelt, im Lausitzer Revier mehr als 25.000. Dies belastet insbesondere die Minderheit der Sorben und Wenden im Lausitzer Revier in ihrem Bestreben, ihre Kultur und Identität zu erhalten. 504 505 506 507 508 509 510 Tagebaurandkommunen leiden unter dem Wegfall von Wegeverbindungen und wirtschaftlichen Bezügen in die Nachbarkommunen. Sie werden über Jahrzehnte direkt beeinträchtigt, etwa durch Lärm und Staub aus dem Tagebaubetrieb, aber auch durch den Verlust der Naherholungsmöglichkeiten in der Natur und des Landschaftsbildes. Dies macht diese Kommunen wenig attraktiv als Wohnort für Neubürger oder als Ansiedlungsstandort für Unternehmen. Erst weit in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts werden die Seen aus den jetzigen Großtagebauen wie Garzweiler, Inden, Hambach, Nochten und Welzow-Süd fertiggestellt sein. 511 512 Deswegen sieht es die Kommission als besondere Aufgabe an, gerade zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Kommunen in der Tagebaurandlage beizutragen. Der Ausbau des schnellen Internet, die er28 Bislang noch unveröffentlichtes Gutachten von IFOK et al 2018: Erneuerbare Energien-Vorhaben in den Tagebauregionen – Ein Beitrag für den Strukturwandel? 16 513 514 515 leichterte Ausweisung von Wohn- und Gewerbegebieten, eine gute Verkehrsanbindung und auch die Minimierung der Auswirkungen der laufenden Tagebaubetriebe auf diese Kommunen sind aus Sicht der Kommission vordringliche Aufgaben. 516 Kulturelle Prägung der Reviere 517 518 519 520 521 Neben anderen regionalen Besonderheiten prägt die Braunkohleförderung die Regionen seit Jahrzehnten auch kulturell und identitätsstiftend. Dies schlägt sich nieder im Vereinsleben, dem lokalen Brauchtum und zahlreichen weiteren Facetten des gesellschaftlichen Lebens. Dabei leisten die Unternehmen der Braunkohlewirtschaft durch Spenden und Sponsoring einen Beitrag dazu, die Region für ihre Bewohnerinnen und Bewohner attraktiv zu machen. 522 523 3.5. Rechtliche Rahmenbedingungen Strukturpolitik 524 Finanzverfassungs- und beihilferechtliche Rahmenbedingungen 525 526 Für die Förderung strukturschwacher Regionen gelten in Deutschland besondere verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen. 527 528 529 530 531 532 Zur Unterstützung des Strukturwandels ist der Bund grundsätzlich durch die Grundgesetzartikel 91a und 104b ermächtigt. Auf Grundlage des Artikel 91a GG beteiligt sich der Bund an den Gemeinschaftsaufgaben „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) und „Verbesserung der Agrarstruktur und Küstenschutz“ (GAK). Dabei ist die GRW das zentrale Instrument der nationalen Regionalpolitik. Ziel ist es, über die Stärkung der regionalen Investitionstätigkeit dauerhaft wettbewerbsfähige Arbeitsplätze in der Region zu schaffen und zu sichern. Strukturschwache Regionen werden so gezielt aktiviert statt alimentiert. 533 534 535 536 537 538 Daneben ist der Bund durch Artikel 104b GG ermächtigt, Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden bzw. Gemeindeverbände zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums zu leisten. Die Gewährung dieser Finanzhilfen setzt jedoch unter anderem voraus, dass eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Verwendungszweck vorliegt. Finanzhilfen des Bundes für Bereiche, die in der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder liegen, sind in der Regel unzulässig. 539 Beihilferechtliche Rahmenbedingungen innerhalb der Europäischen Union 540 541 542 543 544 545 546 547 Im Rahmen der GRW werden die Arbeitsmarktregionen Deutschlands nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abgegrenzt. Ausgangspunkt der Förderung der gewerblichen Wirtschaft in strukturschwachen Regionen ist das über die EU-Regionalleitlinien beihilferechtlich definierte Regionalfördergebiet. Europaweit wird in den Mitgliedsstaaten zwischen sogenannten A-, C- und D- Fördergebieten unterschieden, in denen Interventionen zu Gunsten der Wirtschaft möglich sind. Deutschland verfügt seit 2014 nicht mehr über Höchstfördergebiete (A-Gebiete). Über den vorgegebenen C-Bevölkerungsplafond hinaus wurde in der GRW mit den D-Gebieten eine weitere Fördergebietskulisse eingeführt. Die Förderung der gewerblichen Wirtschaft in diesen Gebieten unterliegt horizontalen beihilferechtlichen Vorgaben. 548 17 549 Für Deutschland gelten derzeit folgende Höchstfördersätze: Höchstfördersatz Fördergebiet 1.1.2018 bis 31.12.2020 (kleine/ mittlere/ große Unternehmen) Prädefinierte und nicht prädefinierte CFördergebiete 30%/ 20%/ 10% Prädefinierte C-Fördergebiete mit Grenzzuschlag (Gebiete, die an A-Fördergebiet angrenzen, Förderabstand zwischen diesen Gebieten darf nicht mehr als 15% betragen) D-Fördergebiete 550 551 40%/ 30%/ 20% 20 % / 10% / bis zu 200.000 Euro Besondere Regelungen bestehen für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben bzw. für Investitionsbeihilfen für lokale Infrastrukturen. 552 553 Beihilfen für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben: Bereiche Große Unternehmen Mittlere Unternehmen Kleine Unternehmen Grundlagenforschung 100% 100% 100% Industrielle Forschung 65% 75% 80% Experimentelle Entwicklung 40% 50% 60% Durchführbarkeitsstudien 50% 60% 70% 554 555 556 557 Im Falle der Investitionsbeihilfen für lokale Infrastrukturen darf der Beihilfebetrag nicht höher sein als die Differenz zwischen den beihilfefähigen Kosten und dem Betriebsgewinn der Investition. Der Betriebsgewinn wird vorab, auf der Grundlage realistischer Projektionen oder über einen Rückforderungsmechanismus von den beihilfefähigen Kosten abgezogen. 558 559 Die wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen schränken somit die Fördermöglichkeiten in Abhängigkeit des Gebietsstatus ein. 560 561 562 563 564 565 Die ostdeutschen Braunkohleregionen (Lausitz und Mitteldeutschland) zählen in Deutschland noch immer zu den strukturschwächsten Regionen (C-Gebiete) mit den höchsten Förderintensitäten. Bei den westdeutschen Braunkohleregionen (Rheinisches Revier und Helmstedter Revier) handelt es sich überwiegend um nicht strukturschwache Regionen im Sinne der Gemeinschaftsaufgabe bzw. der EU-Regionalleitlinien.29 Lediglich der Kreis Helmstedt und die Stadt Mönchengladbach sind als strukturschwach eingeordnet (CGebiete). Somit sind die Ausgangslagen für regionalpolitische Interventionen zu Gunsten der Braunkohlere29 Als D-Gebiete sind der Kreis Heinsberg und die Städteregion Aachen ausgewiesen 18 566 567 gionen verschieden, entsprechend sind die Interventionsmöglichkeiten und Förderintensitäten unterschiedlich. 568 569 570 571 Die derzeitigen Beihilferegelungen laufen Ende 2020 aus. Die zukünftige Ausgestaltung der Beihilferegelungen ab 2021 ist noch unklar. Es ist demnach noch offen, in welchen Beihilfestatus die Reviere bzw. einzelne Branchen (stromintensive Industrien, KWK-Anlagen etc.) künftig fallen werden. Die Bundesregierung hat dies bei ihren Gesprächen mit den europäischen Institutionen zu berücksichtigen. 572 573 574 Bei der auf europäischer Ebene neu festzulegenden Fördergebietskulisse hält es die Kommission für erforderlich, dass der bevorstehende Strukturwandel schon für die kommende Förderperiode berücksichtigt wird. 19 575 576 577 578 579 580 581 582 583 584 585 586 587 588 589 590 591 592 593 594 595 596 597 598 599 600 601 602 603 604 4. Maßnahmen im Energiesektor für Klimaschutz und Sozialverträglichkeit 4.1. Vorgehen, um die Lücke zur Erreichung des 2020-Ziels so weit wie möglich zu reduzieren (Handlungsoptionen, zentrale und begleitende Maßnahmen, Instrumentenmix) 4.1.1. Begründung und Auswirkungen hinsichtlich • Beitrag zum Klimaschutz • Energiemarkt und Strompreise für Industrie, gewerbliche Wirtschaft und private Endverbraucher • Versorgungssicherheit • Wertschöpfung und Beschäftigung • Rechtliche Umsetzbarkeit • Berücksichtigung des Tagebaubetriebs und sichere Nachsorge der Tagebaue 4.2. Maßnahmen zur zuverlässigen Erreichung des 2030er-Ziels 4.2.1. Begründung und Auswirkungen hinsichtlich • Beitrag zum Klimaschutz • Energiemarkt und Strompreise für Industrie, gewerbliche Wirtschaft und private Endverbraucher • Versorgungssicherheit • Wertschöpfung und Beschäftigung • Rechtliche Umsetzbarkeit • Berücksichtigung des Tagebaubetriebes und sichere Nachsorge der Tagebaue 4.3. Abschlussdatum für die Kohleverstromung 4.3.1. Begründung und Auswirkungen hinsichtlich • Beitrag zum Klimaschutz • Energiemarkt und Strompreise für Industrie, gewerbliche Wirtschaft und private Endverbraucher • Versorgungssicherheit • Wertschöpfung und Beschäftigung • Rechtliche Umsetzbarkeit • Berücksichtigung des Tagebaubetriebes und sichere Nachsorge der Tagebaue 605 20 606 5. Perspektiven für bestehende, neue und zukunftssichere Arbeitsplätze 607 5.1. 608 609 610 611 612 Regionale Strukturentwicklung bedeutet, neue Perspektiven für die Regionen auf Basis ihrer Stärken zu entwickeln und frühzeitig mit Hilfe konkreter Maßnahmen umzusetzen. Denn das vorgezogene Ende der Nutzung der Braunkohle hat erhebliche Auswirkungen auf die Regionen. Sie stehen vor der Herausforderung, die langfristig ohnehin notwendige Strukturentwicklung früher anzugehen, als dies auf Basis der Revierpläne zu erwarten wäre. 613 614 615 Eine Grundvoraussetzung für gelingenden Strukturwandel ist ein eigenständiges, fortschreibungsfähiges und evaluierbares regionales Entwicklungskonzept, das das jeweilige Revier ganzheitlich und in seinen Wechselwirkungen mit der umgebenden Region zukunftsfest aufstellt. 616 617 618 619 620 621 Die Kommission hat sich bei Anhörungen in den Revieren ein Bild vor Ort gemacht, vor welchen Herausforderungen die Regionen bereits jetzt stehen und welche Auswirkungen der vorgezogene Ausstieg aus der Kohleverstromung in den Regionen haben kann. Darüber hinaus hat sich die Kommission darüber informiert, welche Potenziale in den Regionen bestehen, um mit diesen Herausforderungen erfolgreich umzugehen und die Chancen des Strukturwandels für sich zu nutzen. Sie ist zu ersten Einschätzungen gelangt, die insbesondere im Abschlussbericht noch weiter zu konkretisieren sind. 622 623 624 625 626 627 628 Deutschland hat mit der Bewältigung des Strukturwandels im Kohlebergbau bereits umfassend Erfahrung gesammelt. Die Erfahrungen in den ostdeutschen Revieren sind vor allem vom teilweisen Zusammenbruch der Braunkohleindustrie in den Jahren nach der Wiedervereinigung geprägt. Auch in Westdeutschland bestehen Erfahrungen mit Strukturbrüchen (siehe Ruhrgebiet). Erklärtes Ziel der Kommission ist es deshalb, aus den Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen und Strukturentwicklung frühzeitig, schrittweise und planbarer zu gestalten. Nur so können Strukturbrüche in den Regionen vermieden werden. 629 630 631 632 633 634 Obwohl die Ausgangslage in den Regionen jeweils unterschiedlich ist, starten die Regionen nicht bei null. Denn der Wandel hat bereits begonnen und die Regionen der Braunkohlereviere sind dabei, sich aktiv auf die Zeit nach der Braunkohleverstromung einzustellen. Die Regionen verfügen über vielfältige Potenziale, die es zu heben gilt. Zahlreiche Akteure haben Vorstellungen für ihre Regionen, denn sie wollen sie zukunftsfest, wirtschaftlich stark, attraktiv und lebenswert machen. Diese vorhandenen Potentiale bilden eine wichtige Basis, den anstehenden Wandel erfolgreich zu bewältigen. Auswirkungen, strukturpolitische Effekte und Zukunftsvisionen für die Reviere 635 636 5.1.1. 637 638 639 640 641 642 Im Helmstedter Revier hat die Braunkohleindustrie heute nur noch geringe Bedeutung. Im August 2016 ist der Braunkohletagebau mit der Stilllegung des Tagebaus Schöningen beendet worden. Das Kraftwerk Buschhaus wurde 2016 in die Sicherheitsbereitschaft überführt. Weitere Braunkohlekraftwerke oder -tagebaue sind nicht in Betrieb. Vor diesem Hintergrund ist von rund 200 direkt Beschäftigten auszugehen. Damit verbunden sind weitere 400 indirekt oder induzierte Beschäftigte innerhalb oder außerhalb der hier vorgenommenen Revierabgrenzung.30 643 644 645 646 Die regionalen Oberzentren und die Automobilindustrie bilden derzeit eine stabile Basis für die wirtschaftliche Entwicklung dieses kleinsten der deutschen Braunkohlereviere. Die Herausforderungen bestehen darüber hinaus darin, eigene Wachstums- und Entwicklungskerne zu schaffen und somit die Abhängigkeit von den Industriezentren beispielsweise in Braunschweig und in Wolfsburg zu verringern. 30 Helmstedter Revier Vgl. Ableitung der Beschäftigtenzahlen in Kap. 3.4. 21 647 648 649 Das Revier hat vor kurzem das Helmstedter Regionalmanagement gegründet, welches die Rolle einer zentralen Koordinierungsstelle für die Gestaltung des Strukturwandels übernehmen soll. Die finanzielle Absicherung des Regionalmanagements ist jedoch noch nur bis 2020 gegeben. 650 651 5.1.2. Lausitzer Revier 652 653 654 655 656 657 658 659 660 Der Wirtschaftsstandort Lausitz unterscheidet sich von den anderen Revieren in Nordrhein-Westfalen und Mitteldeutschland insofern, als dass hier von einer historisch gewachsenen besonderen Bedeutung der Braunkohlewirtschaft gesprochen werden kann. Exemplarisch kann hier die Wirtschaftsstruktur des Landkreises Görlitz betrachtet werden, wo im Jahr 2015 946 Mio. Euro oder 16,2% der gesamten Bruttowertschöpfung im Energiesektor erwirtschaftet wurden. Im Bereich des produzierenden Gewerbes (ohne Bauhauptgewerbe) erwirtschaftete der Energiesektor sogar die Hälfte (48,6%) der Wertschöpfung.31 Im nördlich gelegenen Landkreis Spree-Neiße sehen die Zahlen ähnlich aus. Dort macht aufgrund der Bergbau- und Energiewirtschaft das produzierende Gewerbe 68% der gesamten Bruttowertschöpfung aus.32 661 662 663 664 Insgesamt erzielte die Braunkohlewirtschaft im Lausitzer Revier in 2016 nach derzeit vorliegenden Berechnungen des RWI eine Bruttowertschöpfung von knapp über 1,2 Mrd. Euro, was einem Anteil an Wertschöpfung in der Region von 4,3% entspricht.33 Die LEAG selber bezifferte ihre jährliche Wertschöpfung im Lausitzer Revier mit rund 1,4 Mrd. Euro. 665 666 667 668 669 670 Zu den gut 8.000 direkt bei der LEAG in der Bergbau- und Energiewirtschaft Beschäftigten kommen nach nachvollziehbaren Schätzungen noch einmal rund 500 Unternehmen mit ca. 16.000 Arbeitnehmern hinzu, die als Service- und Zuliefererbetriebe unmittelbar und mittelbar von der Kohle- und Energiewirtschaft abhängen (bei unterschiedlichen Abhängigkeitsgraden und regionaler Verortung innerhalb und außerhalb des Reviers).34 Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass in den letzten Jahren weitere große industrielle Arbeitgeber in der Region vor großen Schwierigkeiten standen. 671 672 673 Die Lausitz ist heute einer der wichtigsten Industriestandorte der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg. Die Region hat den Anspruch, ein Industriestandort zu bleiben und dabei eine moderne, attraktive, zukunftsgerichtete Wirtschaftsregion aufzubauen. 674 675 676 677 Dazu müssen die erkennbaren Defizite in den Infrastrukturen behoben werden, wie beispielsweise eine lückenhafte Ausstattung mit digitaler Infrastruktur und Defizite in der Verkehrsinfrastruktur (Straße, Schiene und Wasser). Im Fall der Lausitz geht es dabei insbesondere um die dringend notwendige, verbesserte Anbindung an die umliegenden Metropolräume. 678 679 680 681 682 Für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung sind junge, tatkräftige Fachkräfte notwendig. In der Lausitz muss deshalb der demographischen Entwicklung und dem damit verbundenen rückläufigen Erwerbspersonenpotential entgegengewirkt werden, da der Wettbewerb um hochqualifizierte MINTFachkräfte zukünftig ohnehin bundesweit weiter zunehmen wird. Die gut ausgebildeten Fachkräfte aus dem Braunkohlesektor sind daher eine wertvolle Ressource für die zukünftige Strukturentwicklung. 683 684 685 686 Die Steigerung der Innovations- und somit Wettbewerbsfähigkeit in der Lausitz spielt eine zentrale Rolle im Strukturentwicklungsprozess. Anknüpfend an bestehende Kompetenzen und Forschungsprofile gibt es Potentiale für weitere technologieorientierte Ausgründungen. Dabei spielt die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Existenzgründungen eine wichtige Rolle. Das bestehende Innovationssystem 31 Statistisches Landesamt Sachsen 2017. Landesamt für Bauen und Verkehr Brandenburg. 33 RWI 2018b. 34 Vgl. Ableitung der Beschäftigtenzahlen in Kap. 3.4. 32 22 687 688 689 690 der Lausitz soll weiter ausgebaut werden, um Spillover-Effekte zu erzeugen. Weiterhin könnten außeruniversitäre Forschungseinrichtungen der Leibniz- oder der Fraunhofer-Gesellschaft gezielt in der Lausitz angesiedelt und mit den bestehenden Forschungseinrichtungen verknüpft werden, um Forschungs- und Entwicklungspotentiale zu heben. 691 692 693 694 695 696 697 Bedeutende Branchen in der Lausitz sind neben der Energiewirtschaft im industriellen Bereich die Ernährungswirtschaft, die Chemie-, Papier- und Kunststoffindustrie, die Metallerzeugung und -bearbeitung und das Herstellen von Metallerzeugnissen. Weiterhin sind der Maschinenbau inkl. Fahrzeugbau/ Fahrzeugteilen und auch das Herstellen elektrischer und optischer Erzeugnisse und Ausrüstungen zu nennen. In jüngerer Zeit ist der Tourismus hinzugekommen (Görlitz, Lausitzer Seenland). Darüber hinaus bestehen im Dienstleistungssektor gute Anknüpfungspunkte im Bereich Logistik und Mobilität. 698 699 700 701 Unter Einbindung der Oberzentren Dresden und Cottbus besteht eine ausgeprägte und in Teilen bereits heute exzellente universitäre wie außeruniversitäre Forschungslandschaft mit besonderen Entwicklungsschwerpunkten bzw. Entwicklungsvoraussetzungen in den Bereichen Energie, Mobilität, Bioökonomie/ Ressourceneffizienz, Gesundheit/ Kultur/ Tourismus und Künstliche Intelligenz. 702 703 704 705 Die Lausitz besitzt wichtige Grundlagen, um auch unter veränderten energiepolitischen Rahmenbedingungen weiterhin eine starke Energieregion zu bleiben. Die energiespezifischen Kompetenzen der Region bieten die Möglichkeit, die europaweit zu beobachtenden Veränderungen der Energiesysteme von derzeit zentralen zu zukünftig weitgehend dezentralen Strukturen zu begleiten: 706 707 708 709 710 • Die Netzknoten um Jänschwalde, Schwarze Pumpe (und Boxberg) bieten eine gute Voraussetzung für eine energetische Nachnutzung, zum Beispiel für den Bau von Gaskraftwerken. Im Lausitzer Revier gibt es bis 2030 außerdem deutliche Ausbaupotentiale für WindOnshore- und Photovoltaikanlagen sowie so genannte Hybridkraftwerke (kombinierte Windenergie- und Photovoltaikanlagen am selben Netzanschlusspunkt). 711 712 713 714 715 716 717 • Weiterhin bestehen nennenswerte Potenziale für erneuerbare Power-to-X-Vorhaben auf Basis Erneuerbarer Energien. Grund dafür sind gute regionale Abnahmepotenziale für Fernwärme und Wasserstoff – zum Beispiel durch die Nutzung von Wasserstoff zur Herstellung von Ammoniak, in Raffinerien (Schwedt) oder als Grundstoff in der chemischen Industrie (BASF Schwarzheide). Perspektivisch könnte Wasserstoff auch in das dort gut ausgebaute Erdgasnetz stärker beigemischt werden, da die Trasse der Gasleitung OPAL in der Nähe verläuft. 718 719 720 721 • Im Bereich der Energieforschung ist die BTU Cottbus-Senftenberg mit den Kompetenzen bei der Spitzentechnologieforschung, Wasserstoff-Forschungszentrum und Hybridkraftwerk, Forschungen zur Netzintegration (Netzforschungs- und Trainingszentrum, Netzstudien) und eSolCar (Potenzial von Elektrofahrzeugen zur Energiezwischenspeicherung) tätig. 722 723 724 725 • Das Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften Finsterwalde e.V. (FIB) entwirft Anpassungsstrategien für Bergbaufolgelandschaften und andere in ihrer Funktion beeinträchtigte Lebensräume bzw. Ökosysteme (optimierter Energiepflanzenanbau, Auswirkungen des Klimawandels auf Wasser, Boden und Pflanze). 726 727 728 729 • Der Industriepark Schwarze Pumpe zeigt, wie durch gute Kombination von Industrien, durch eine vorhandene Ansiedlungsstrategie und ein gutes Zusammenwirken der öffentlichen Verwaltung mit der Wirtschaftsförderung und den Unternehmen Strukturentwicklung gelingen kann. 23 730 731 732 • 733 734 735 736 737 738 739 740 741 742 743 744 745 746 747 748 • Weitere Potentiale könnten in der Übergangsphase bei der Nutzung von Synergieeffekten zwischen der Braunkohlenindustrie und der chemischen Industrie hinsichtlich der stofflichen Nutzung der Braunkohle bestehen. Darüber hinaus ist es für den Strukturwandel zwingend und gleichermaßen eine eigene wirtschaftliche Chance, die Kompetenzen von LEAG und LMBV für ein „Nachhaltiges PostMining“ Konzept regional, in der späteren Vermarktung aber auch international verfügbar zu machen. In der Lausitz gibt es zahlreiche Akteure, die ihren Beitrag zur Entwicklung der Region leisten. Für die erfolgreiche Steuerung des Strukturwandels ist eine länderübergreifende Organisation unter Beteiligung des Bundes notwendig. Mit der von der Wirtschaft der Lausitz getragenen Innovationsregion Lausitz GmbH (IRL) und der von der kommunalen Ebene getragenen Wirtschaftsregion Lausitz GmbH (WRL) verfügt die Lausitz bereits heute über regionale Strukturen für Akteure der Wirtschaft, an die im Zuge der weiteren Strukturentwicklung angeknüpft werden kann. Während die IRL seit zwei Jahren Unternehmen darin unterstützt, neue Produkte zu entwickeln und neue Märkte zu erschließen und so unabhängiger von Aufträgen der Braunkohleindustrie zu werden, hat die WRL erst im Sommer 2018 ihre Arbeitsfähigkeit hergestellt. Unterstützt durch eine gemeinsame Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums, des Freistaates Sachsen und des Landes Brandenburg in Höhe von 7,3 Mio. Euro ist die WRL dabei, für die Lausitz einen Leitbildprozess aufzusetzen. Dessen Ergebnisse müssen bei der Umsetzung der Ergebnisse der Arbeit der Kommission berücksichtigt und einbezogen werden. 749 750 5.1.3. Rheinisches Revier 751 752 753 754 755 756 757 758 Historisch begünstigt durch die Strom- und Wärmeversorgung im Rheinischen Braunkohlerevier, entwickelten sich in dieser Region eine Reihe von Industrien, für welche Strom, Gas und Wärme unabdingbare Einsatzfaktoren sind. Auch heute hat der industrielle Einsatz von Energie im Rheinischen Revier eine deutlich größere Bedeutung als im Landes- und Bundesdurchschnitt, weshalb Wohlstand und Beschäftigung in dieser und den angrenzenden Regionen in besonderem Maße von einer wettbewerbsfähigen Energieversorgung abhängen. Maßgeblich ist der überdurchschnittliche Anteil energieintensiver Industrien an der Wertschöpfung. Die in diesen Branchen erzielte Wertschöpfung beträgt 7,1 Mrd. Euro bei 32 Mrd. Euro Umsatz. 759 760 761 Für die Braunkohlewirtschaft ist von rund 9.000 direkt Beschäftigten auszugehen. Damit verbunden sind weitere 18.000 indirekt oder induzierte Beschäftigte innerhalb oder außerhalb der hier vorgenommenen Revierabgrenzung.35 762 763 764 765 766 767 768 Neben der stromintensiven Industrie mit 93.000 Beschäftigten36 sind weitere Industriezweige im Rheinischen Revier und auch in den anderen Revieren derzeit von der Braunkohlenutzung abhängig. Dies betrifft vor allem die Rohstoffversorgung bei der Gips-Produktion und die Zucker-Industrie. Ca. 55% der heutigen Gipsrohstoffe werden derzeit aus der Rauchgasentschwefelung von Kohlekraftwerken (REA-Gips) gewonnen. Der Rohstoff REA-Gips wird in Produktionsstandorten der Gipsindustrie im gesamten Bundesgebiet verarbeitet. Der fortlaufende Ausstieg aus der Kohleverstromung wird zu einem massiven Rückgang der REA-Gipsproduktion führen. 35 Vgl. Ableitung der Beschäftigtenzahlen in Kap. 3.4. frontier economics (2018): Die Bedeutung des Wertschöpfungsfaktors Energie in den Regionen Aachen, Köln und Mittlerer Niederrhein. Kurzstudie im Auftrag von IHK Aachen, IHK Köln und IHK Mittlerer Niederrhein. 36 24 769 770 771 Im Rheinischen Revier betrug die Bruttowertschöpfung im Braunkohlesektor in 2016 etwa 1,7 Mrd. Euro. Der Anteil der regionalen Wertschöpfung insgesamt lag damit bei rund 2,4%.37 RWE schätzte seinen direkten Beitrag zur Wertschöpfung im Rheinischen Revier auf rund 2,0 Mrd. Euro pro Jahr. 772 773 774 Daraus wird ersichtlich, dass auch im Rheinischen Revier die Herausforderungen erheblich sind. Zugleich gibt es aber auch gute Chancen für einen gelingenden Strukturwandel, sofern die Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden. 775 776 777 778 779 780 781 Die Region verfügt über eine Reihe von Standortvorteilen im Vergleich zu den anderen Revieren. Mit Aachen und Mönchengladbach gehören zwei Oberzentren zur Region. Zu nennen ist auch die Nähe zu den Zentren des angrenzenden Rheinlands (Bonn, Köln, Leverkusen und Düsseldorf). Die (Energie-)Infrastrukturausstattung und die Anbindung sind gut, muss aber an die neuen Herausforderungen angepasst werden. Vorteilhaft ist weiter, dass die Region über eine sehr gute Hochschul- und Forschungslandschaft verfügt. Hierzu gehören beispielsweise die RWTH Aachen, das Forschungszentrum Jülich sowie mehrere Universitäten, Fachhochschulen und Technische Hochschulen. 782 783 784 785 Das Rheinische Revier kann ferner auf seine starke Wirtschaftsstruktur aufbauen. Neben der Energiewirtschaft und den energieintensiven Industrien zählen dazu auch beispielsweise Unternehmen aus den Bereichen Ressourceneffizienz, Mobilität und Logistik. Auch in den Bereichen Digitalwirtschaft sowie der Landwirtschaft bestehen Anknüpfungspunkte. 786 787 788 789 Schließlich ist das Rheinische Revier bereits vorangeschritten beim Aufbau von Strukturen, um den Strukturwandelprozess zu begleiten bzw. zu unterstützen. Mit der Zukunftsagentur Rheinisches Revier wurde eine Institution geschaffen, die die Rolle einer zentralen Koordinations-Plattform im Revier übernimmt und mit den anderen regionalen Akteuren vernetzt ist. 790 791 792 793 794 795 Im Rheinischen Revier besteht, wie oben bereits erwähnt, die Besonderheit des Vernetzungsgrades und der Abhängigkeit der Wertschöpfungsketten untereinander. Im räumlichen Umgriff der Tagebaue besteht ein gegenseitig aufeinander aufbauendes, eng miteinander verflochtenes Netz von energieintensiven Unternehmen und kohleaffinen Produktionslinien. In diesem Sinne sind energiepolitische Beschlüsse in ihren Konsequenzen v.a. im Rheinischen Revier auch auf ihre unmittelbaren Wirkungen auf die Wertschöpfungsnetzstruktur abzuwägen. 796 797 Zur Schaffung neuer Wertschöpfungsketten und zukunftssicherer Arbeitsplätze bestehen folgende Ansatzpunkte:38 798 799 800 801 802 803 804 805 • Energie und Industrie: Das Rheinische Revier soll sich als Energierevier der Zukunft positionieren und ein Modellstandort im künftigen Energiesystem werden. Als konkrete Maßnahmen werden beispielsweise die Etablierung eines regionalen Energiemanagements und der Aufbau eines Campus für Low Carbon-Technologien für die energieintensive Industrie genannt. Weiterhin ist das Rheinische Revier Standort wichtiger Betriebssitze von RWE, von vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen der Energiewirtschaft, von Unternehmen der energieintensiven Industrie und einer ausgefeilten Universitäts-, Hochschul- und Forschungsinfrastruktur mit internationaler Exzellenz in Energie und Produktion. 806 807 808 809 • Innovation und Bildung: Das Revier soll eine wegweisende Gründungskultur entwickeln („Innovation Valley Rheinland“). Ausgründungen aus Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen führen zu neuen Ansiedlungen im Revier. Hierfür werden beispielsweise Hochschulerweiterungen (z.B. TH Köln Campus Rhein-Erft) und die Errichtung von fünf Innovation 37 38 RWI 2018b. Siehe auch Zukunftsagentur Rheinisches Revier 2018: Eckpunkte eines Wirtschafts- und Strukturprogramms. 25 810 811 Hubs und Gründerzentren im Rheinischen Revier (u.a. Brainergy Hub Jülich) in den Blick genommen. 812 813 814 815 816 817 818 819 820 821 • Raum und Infrastruktur: Hierzu zählt etwa die Nachnutzung von Kraftwerksstandorten, das Schaffen von Modellquartieren und die Schaffung eines multifunktionalen Landschaftsparks. Die zukunftsfähige Neuausrichtung des Rheinischen Reviers erfordert außerdem den Ausbau geeigneter Verkehrsinfrastrukturen, um den Raum zu erschließen und dessen Entwicklungspotenziale optimal an die großen Ballungszentren wie Köln, Düsseldorf, Mönchengladbach und Aachen anzubinden. Neue intelligente Verkehrsangebote in Kombination mit innovativen Technologien und Antriebssystemen (schnelle Radwege, Ausbau Schienenverkehr, neue Verkehrstrassen/ notwendige Lückenschlüsse, Ausbau klimaneutraler Mobilität im ländlichen Raum, Aufbau smarter Logistik-Zentren etc.) können dabei helfen, Distanzen leichter zu überwinden und urbane wie ländliche Qualitäten besser miteinander zu verknüpfen. 822 823 824 825 826 827 828 • Ressourcen und Agrobusiness: Unter dieser Überschrift wird die Entwicklung einer Modellregion für geschlossene Stoffkreisläufe/ Kreislaufwirtschaft, die Etablierung neuer Wertschöpfungen im Bereich der Bioökonomie in Kooperation mit renommierten Forschungsinstituten der Region (insbes. FZ Jülich) und Unternehmen der Region sowie die Entwicklung einer Modellregion zur Digitalisierung in der Medizin als Beitrag zur Sicherung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum und innovative Produkte für die Gesundheitswirtschaft zusammengefasst. 829 830 831 832 833 834 835 836 Zuständig für den Strukturwandel im Rheinischen Revier ist die Zukunftsagentur Rheinisches Revier. Die Zukunftsagentur muss in Zusammenarbeit mit Bund und Land sicherstellen, dass in der Region eine auf den Stärken der Region aufbauende Entwicklung mit wirkungsvollen Impulsen versehen wird. Dazu arbeitet sie mit allen Akteuren der Region zusammen, mit den Kommunen, der Wirtschaft, den Sozialpartnern und Verbänden und der Zivilgesellschaft. Es ist zu begrüßen, dass sich im Rheinischen Revier ein Arbeitskreis zivilgesellschaftlicher Organisationen und engagierter Einzelpersonen gebildet hat, der sich mit seinem Konzept „Lebensraum Rheinisches Revier – gutes Leben und gute Arbeit“ an einer Gestaltung der Region beteiligt.39 837 838 839 840 Darüber hinaus ist zu prüfen, wie Zulieferer aus Mittelstand und Handwerk in besonderem Maße bei der Entwicklung eigener Zukunftsperspektiven unterstützt werden können. Dazu gehört auch, die Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an die neuen Herausforderungen anzupassen. 841 842 5.1.4. Mitteldeutsches Revier 843 844 845 846 847 848 849 Das Mitteldeutsche Revier ist in weiten Teilen struktur- und innovationsschwach. Besonders in den sachsen-anhaltinischen Kreisen sowie um Borna und Delitzsch auf der sächsischen Seite stellt die Bewältigung des bereits 1990 begonnenen Strukturwandels eine besondere Herausforderung dar. Die Braunkohlewirtschaft hat im Mitteldeutschen Revier aber heute eine geringere Bedeutung für die regionale Wirtschaft als im Lausitzer Revier. Insgesamt sind aber noch immer rund 2.400 Arbeitsplätze in der Region unmittelbar von der Braunkohlewirtschaft abhängig. Damit verbunden sind weitere 4.800 indirekt oder induzierte Beschäftigte innerhalb oder außerhalb der hier vorgenommenen Revierabgrenzung.40 39 Koordinierungskreis Strukturwandel (2018): Lebensraum Revier – gutes Leben und gute Arbeit. Revierperspektiven: Aus dem Revier – Für das Revier. Zivilgesellschaftliches Konzept 10/2018. online: https://www.buirerfuerbuir.de/images/pdf/strukturwandelkonzept.pdf. 40 Vgl. Ableitung der Beschäftigtenzahlen in Kap. 3.4 auf Grundlage RWI (2018). 26 850 851 852 Gerade aufgrund der engen Verknüpfung mit der Grundstoffindustrie drohen erhebliche negative Effekte durch Strukturbrüche, wenn es nicht gelingt, die bestehenden Wertschöpfungsketten und Industrieverbünde zu erhalten. 853 854 855 856 Die Braunkohlewirtschaft im Mitteldeutschen Revier leistete in 2016 eine Bruttowertschöpfung in Höhe von rund 430 Mio. Euro.41 Das entspricht einem Anteil der gesamten Bruttowertschöpfung in der Region von 0,9%. Die MIBRAG gab im Rahmen der Anhörung einen jährlichen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung von 300 bis 400 Mio. Euro an. 857 858 859 860 861 862 863 864 865 866 867 868 869 Trotz des dramatischen Strukturbruchs nach 1990 existieren heute eine große Anzahl von hochwertigen und organisierten Industriearbeitsplätzen im Bergbau, der Energiewirtschaft und der chemischen Industrie sowie damit mittelbar verbundene Arbeitsplätze in der Ernährungswirtschaft rund um Zeitz. Dies ist auch auf den damit verbundenen Modernisierungsschub zurückzuführen: In den 1990er Jahren waren Kraftwerksneubauten in Lippendorf, Schkopau und Wählitz, die Tagebauertüchtigungen in Profen und Schleenhain sowie die Modernisierungsaktivitäten der Romonta kennzeichnend für die Entwicklung in den Braunkohleunternehmen. Zwischen 1991 und 2015 wurden – mit politischer Unterstützung und besonderer Förderung – die Anlagen der Braunkohle- und Chemiestandorte durch Investitionen in Milliardenhöhe modernisiert. Als Ergebnis von Privatisierung, Restrukturierung und Modernisierung entwickelten sich die chemische Industrie und Kunststoffverarbeitung zu einer innovativen Leitindustrie in Mitteldeutschland mit mehreren Tausend Beschäftigten. Die industriellen Cluster in Mitteldeutschland bündeln materielle und immaterielle Werte: Prozesse, Anlagen und Infrastruktur, Wissen, Kompetenz und Netzwerke. 870 871 872 In der Region gibt es zahlreiche Initiativen, um die vorherrschende Struktur- und Innovationsschwäche zu überwinden. Zur Vorbereitung auf den energiewendebedingten Strukturwandel hat die Region beispielsweise folgende Projekte angeschoben: 873 874 875 • Mit dem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt HYPOS wird mit der strombasierten Wasserstofftechnik die Schlüsseltechnologie entwickelt, um die Prozesse der Zirkulären Wirtschaft des Kohlenstoffs emissionsfrei zu stellen. 876 877 • Es laufen im Rahmen des BioEconomy-Clusters erfolgversprechende Entwicklungen zur verstärkten Nutzung der Biomasse als Rohstoff. 878 879 880 881 • Das Fraunhofer Reviernetzwerk wird im Mitteldeutschen Revier eine Versuchsanlage zur Zirkulären Wirtschaft des Kohlenstoffs (Projekt Carbontrans) errichten. Die Herstellung von Synthesegas aus Kunststoffabfällen, Klärschlämmen und anderen Kohlenstoffen wird für die Chemieindustrie unverzichtbare Rohstoffe weitgehend emissionsfrei liefern. 882 883 884 885 886 • Ein Konsortium der Industrie ist angetreten, die strombasierte Wasserstofftechnik mit einer Großelektrolyse und einer Großkaverne zur industriellen Reife zu entwickeln sowie - im Verbund mit dem Projekt Carbontrans - den Grundstein für eine CO2-neutrale und zirkuläre Kohlenstoffnutzung zu legen. Dabei geht es auch um effiziente Lösungen zur zeitlich flexiblen Nutzung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien (Sektorkopplung). 887 888 Ebenso wie in der Lausitz und im Rheinland wirken die vorhandenen Stromnetzinfrastrukturen als Standortvorteil für den Bau neuer Energieerzeugungsanlagen sowie Energiespeichern. 41 RWI 2018b. 27 889 890 891 Die Region kann zudem zumindest teilweise von den Wachstumskernen Leipzig und Halle und der fortgeschrittenen Spezialisierung im Dienstleistungssektor profitieren. Das touristische Potential der Region ist gut erschlossen; die Möglichkeit einer wohnortnahen Erholung steigert die Attraktivität der Region. 892 893 Mit der Metropolregion Mitteldeutschland hat das Revier auch bereits einen zentralen Akteur zur Koordinierung von Strukturwandelprozessen etabliert. Auf diesen kann in Zukunft weiter aufgebaut werden. 894 895 896 897 5.1.5. 898 899 900 901 Der klimapolitisch motivierte vorzeitige Ausstieg aus der Kohleverstromung greift tief in die Wertschöpfungsstrukturen der deutschen Wirtschaft ein. Dieser Wandel ist am stärksten regional erlebbar. Nur auf der Grundlage erfolgreicher regionaler Entwicklungskonzepte wird er ökonomisch und sozial verträglich sein. 902 903 904 905 906 907 Eine gelungene Strukturentwicklung braucht neben Chancen und Ideen auch eine kontinuierliche Gestaltung durch Akteure in den Regionen. Der Kommission ist bewusst: Nicht alle Ideen und Projekte werden langfristig ein Erfolg werden und Wertschöpfung und gute Arbeitsplätze in den Regionen sichern. Gleichzeitig ergeben sich im Zeitverlauf neue Themen, die neue Perspektiven eröffnen. Es geht also vor allem darum, die Regionen zum Beispiel durch Investitionen in Infrastruktur und Bildung und regulatorische Freiräume in die Lage zu versetzen, selbst die Strukturentwicklung zu gestalten. 908 909 Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Kommission die nachfolgenden Grundzüge einer Strukturentwicklungsstrategie. 910 Ziele 911 912 913 Strukturpolitische Ziele sind lebenswerte, attraktive Regionen mit hoher wirtschaftlicher Dynamik, hochwertigen Arbeitsplätzen und Innovationskraft, die den Menschen vor Ort klare Zukunftsperspektiven bieten. 914 915 916 917 918 919 Für die Kommission ist aber auch entscheidend, dass nicht nur die Regionen eine Perspektive bekommen, sondern dass auch der Standort Deutschland insgesamt gestärkt wird, indem Klimaschutz, gute Arbeit und Wirtschaft in Einklang gebracht werden und damit ein Beitrag zur Umsetzung des Leitbilds der Nachhaltigkeit geleistet wird. Mit Blick auf die Stärkung der Wirtschaftskraft und Lebensqualität in Deutschland ist es wesentlich und daher auch Verfassungsauftrag, dass gleichwertige Lebensverhältnisse herrschen. 920 921 922 923 Gleichwertige Lebensverhältnisse erfordern neben einer starken Wirtschaft auch leistungsfähige Infrastrukturen der Daseinsvorsorge in allen Regionen. Lokal sollen passende Lösungen ermöglicht werden, um Synergieeffekte zu nutzen und die Menschen umfassend bei der Transformation der Region einzubinden. Der Abbau alter und der Aufbau neuer Wertschöpfung müssen zeitlich verzahnt werden. 924 Zusätzlichkeit 925 926 927 928 929 930 931 Der durch zusätzliche politische Maßnahmen bewirkte Rückgang der Kohleverstromung beschleunigt den Strukturwandel in den Revieren und ggf. im Bereich der Steinkohleverstromung und stellt eine besondere Herausforderung dar. Diese muss zusätzlich und ergänzend zu der generellen Strukturförderung angegangen werden. Damit ist auch zwischen Aufgaben der Strukturentwicklung zu unterscheiden, die mit bestehenden Förderprogrammen bearbeitet werden und den neuen Anforderungen, die sich aus dem Verlust von Kohlearbeitsplätzen ergeben. Die Unterscheidung und Abgrenzung zu bestehenden Förderprogrammen ist notwendig mit Blick auf die bundesweit angestrebte Förderung der ländlichen Räume 5.2. Im gesamten Bundesgebiet Grundsätze für eine Strukturentwicklungsstrategie 28 932 933 und das grundgesetzliche Oberziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland. 934 935 936 937 938 Die Revierförderung muss sich nicht nur von den vorgenannten Zielen leiten lassen, sondern auch von dem nach wie vor nahezu flächendeckend notwendigen Aufholprozess in Ostdeutschland positiv abheben und die besondere Situation strukturschwacher Landkreise im Rheinischen Revier berücksichtigen. Durch diese deutliche Abgrenzung werden Überschneidungen und Friktionen bezüglich der Förderung anderer strukturschwacher Regionen in Deutschland vermieden. 939 940 Die Fortsetzung der Bergbausanierung der Tagebaue der ehem. DDR im Mitteldeutschen und Lausitzer Revier nach 2022 muss zudem ebenfalls zusätzlich zur Revierförderung sichergestellt werden. 941 Zeitliche Perspektive 942 943 944 945 946 947 948 949 Erfolgreiche Strukturentwicklung setzt verlässliche Rahmenbedingungen und eine langfristige Begleitung voraus. Bund, Länder, Kommunen und Unternehmen müssen es als ihre gemeinsame Aufgabe verstehen, die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen langfristig zu unterstützen. Insbesondere der Bund muss deshalb für einen substantiellen Zeitraum, der über das Abschlussdatum der Kohleverstromung hinausgeht, bereit sein, die Transformation der Reviere als verlässlicher Partner zu begleiten. Zusätzlich müssen die Rahmenbedingungen und Wachstumsimpulse durch kurzfristige Initialmaßnahmen unterstützt werden. Entsprechend sollten die begleitenden Förderprogramme auf mehrere Dekaden angelegt sein. 950 Wirksame Steuerungs- und Koordinierungsmechanismen und Institutionalisierung 951 952 953 954 955 Durch eine Institutionalisierung der als Prozess zu betrachtenden Strukturentwicklung einerseits und eine starke Einbindung von Ländern, Kommunen und lokalen Akteuren andererseits können lokales Fachwissen genutzt und vorhandene Potentiale gehoben werden. Dies betont die Verantwortung der Regionen für ihre zukunftsfähige Entwicklung. Auch in diese Strukturen muss der Bund eingebunden sein. 956 957 958 959 960 Damit die Strategie erfolgreich ist, ist es wichtig, dass die bestehenden Instrumente zur Unterstützung des Strukturwandels durch wirksame Steuerungs- und Koordinierungsmechanismen aufeinander und mit den neuen Finanzierungsinstrumenten abgestimmt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die verschiedenen Maßnahmen und Initiativen durch die unterschiedlichen Akteure und Fördertöpfe gut ineinandergreifen. 961 962 963 964 965 966 967 968 In die Begleitung des Strukturwandels sind zahlreiche Akteure und Institutionen eingebunden. Vor allem in den ostdeutschen Revieren besteht ein besonderer Koordinierungsbedarf, da sich die Reviere über zwei (Lausitzer Revier) beziehungsweise drei Bundesländer (Mitteldeutsches Revier) erstrecken. Der Prozess der Strukturentwicklung sollte daher durch eine starke Organisationsstruktur mit klarer Verantwortlichkeitsteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen institutionalisiert werden. Zu den zu koordinierenden Aufgaben zählen auch die Vernetzung der Akteure und das Monitoring des Strukturwandels. Um diese Aufgaben wirksam zu erfüllen, braucht es eine sichtbare Verankerung vor Ort. 969 Private und kommunale Investitionen als Schlüssel 970 971 972 Hierfür müssen EU, Bund, Länder und Kommunen geeignete Rahmenbedingungen für private Investitionen schaffen. Darüber hinaus übernimmt der Staat politische und finanzielle Mitverantwortung zur Verwirklichung industrieller Ankeransiedlungen. 29 973 974 975 976 977 978 979 Ziel der Kommission ist es, dass die wegfallenden tarifgebundenen Arbeitsplätze und die Ausbildungsplätze für Fachkräfte der Braunkohleindustrie und ihrer Zulieferunternehmen durch neue Investitionen der Unternehmen kompensiert werden. Hierfür sieht sie das verlässliche Engagement privater Investoren als notwendig an. Ihr ist bewusst, dass es dazu wirksamer Anreize bedarf (z.B. Investitions- und Markteinführungsanreize) und öffentliche Hand und Privatwirtschaft eine starke Partnerschaft eingehen müssen. Grundsätzlich sollten die Wachstumsprozesse dabei strukturell, technologieoffen, nachhaltig und zukunftsfähig angegangen werden. 980 981 982 983 984 985 986 Die Bundesregierung sollte die Strukturentwicklungsstrategie in eine Gesamtstrategie für eine wachsende Investitionsdynamik einbetten. Denn so wichtig Strukturpolitik für die Regionen ist, kann sie sich doch nur in einem wachstumsfreundlichen Umfeld vollumfänglich entfalten. Die Rahmenbedingungen für Investitionen in solche Industriearbeitsplätze sind daher wirtschaftsfreundlich und investitionsanreizend auszugestalten. Dies ist neben der Bereitstellung finanzieller Mittel für die Regionen eine zweite notwendige Voraussetzung für erfolgreiche Strukturentwicklung. Ansiedlungen können nur gelingen, wenn investitionspolitische Rahmenbedingungen international wettbewerbsfähig sind. 987 Sichere Rahmenbedingungen und regulatorische Erfordernisse 988 989 990 991 Der Strukturwandelprozess ist weitestgehend unabhängig von kurzfristigen Entscheidungsprozessen abzusichern. Die Empfehlungen der Kommission zielen darauf ab, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene rechtlich sichere Rahmenbedingungen für zukünftige Investitionen und alle Beteiligten zu schaffen. 992 993 994 995 Strukturpolitische Maßnahmen brauchen eine vernünftige Steuerung. Um Verlässlichkeit, Rechtssicherheit und Planbarkeit zu gewährleisten, sollte deshalb die Strategie durch Strukturwandelgesetz(e), Staatsverträge oder vergleichbare Instrumente umgesetzt werden. Mittel- und langfristig begleitende Strukturfördermaßnahmen sind zudem in einem umfassenden Begleitgesetz zu verankern. 996 997 998 999 Es müssen Prozesse beschleunigt und bestehende Instrumente auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Das Ziel muss sein, wo immer möglich, diese bestehenden Instrumente noch effektiver für die Reviere zu nutzen, beispielsweise in der Strukturpolitik oder der Infrastrukturbereitstellung sowie bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren. 1000 Finanzierung 1001 1002 Zusätzlich zu den bestehenden Instrumenten bedarf es eines neuen Finanzierungsinstruments, mit dem strategische Investitionen in den Regionen gebündelt und langfristig ausfinanziert werden können. 1003 1004 1005 1006 1007 1008 Im Bundeshaushalt sind für diese Legislaturperiode zusätzlich 1,5 Mrd. Euro als prioritäre Ausgaben für Strukturpolitik vorgesehen, dies betrachtet die Kommission allenfalls als einen ersten Schritt. Diese 1,5 Mrd. Euro sollen den Revieren unmittelbar zur Verfügung stehen und im Sinne eines Sofortprogramms genutzt werden. Daneben wird sich die Kommission dazu verständigen, welche zusätzlichen Mittel und für welchen Zeitraum erforderlich sind, um den Strukturwandelprozess auch über diese Legislaturperiode hinaus langfristig zu begleiten. 1009 1010 1011 Dabei wird ein besonderer Schlüssel zu erstellen sein, welchen Anteil der Gelder die einzelnen Braunkohleregionen jeweils erhalten. Nicht verbrauchte Mittel sollten grundsätzlich auf die Folgejahre übertragbar sein. 1012 1013 1014 Projekte, die mit Mitteln des Bundes gefördert werden, müssen im Einklang mit den international vereinbarten sustainable development goals (SDGs) stehen, um langfristig tragfähige Entwicklungen zu unterstützen. Besonders wichtig ist dabei die Förderung einer CO2-neutralen Wirtschaft. 30 1015 1016 1017 Ein noch festzulegender Anteil der Mittel sollte nicht auf den „wirtschaftlichen“ Strukturwandel beschränkt sein, sondern dafür verwendet werden um zivilgesellschaftliche Aktivitäten, Lebensqualität und weiche Standortfaktoren zu stärken und weiterzuentwickeln. 1018 1019 Mögliche Entschädigungen für Energieversorger wegen kürzerer Kraftwerkslaufzeiten sollen nicht aus den für die Reviere vorgesehenen Strukturfördergeldern finanziert werden. 1020 Passgenauigkeit/ Revierbezug 1021 1022 Die Strukturentwicklungsstrategie muss auf das jeweilige Revier zugeschnitten sein. Die Reviere haben unterschiedliche Bedürfnisse, was die Instrumente angeht. 1023 Monitoring 1024 1025 1026 1027 Die Kommission sieht es als notwendig an, den Erfolg des Strukturwandels durch eine Beschäftigungsbilanz zu messen. Ein regelmäßiges Monitoring gibt einen genauen Überblick über die Zahl der industriellen Arbeitsplätze, die durch den Strukturwandel verloren gehen, und die Zahl adäquater Arbeitsplätze, die neu geschaffen werden. Strategisches Ziel ist eine positive Beschäftigungsbilanz. 1028 1029 5.3. Maßnahmen zur Begleitung des Strukturwandels 1030 Maßnahmen für Industrie und Mittelstand 1031 1032 1033 1034 1035 1036 1037 Ein nachhaltiger Strukturwandel in den Regionen kann gelingen, wenn die vorhandene industrielle und energiewirtschaftliche Grundlage der Reviere als Entwicklungspotential für die Zukunft genutzt wird und die Innovations- und Investitionszyklen der vorhandenen industriellen Akteure berücksichtigt werden. Es gilt, an die regionalen Industriecluster und betrieblichen Kompetenzen, die Fähigkeiten der gut ausgebildeten Fachkräfte und die vorhandenen Stärken im Bereich Forschung und Entwicklung anzuknüpfen, um technologische Innovationspfade zu öffnen und die Transformation zu nachhaltigen Innovationsregionen zu ermöglichen. 1038 1039 1040 1041 Um eine langfristig tragfähige Wirtschaftsstruktur zu sichern, sind auch die Belange von Mittelstand und Handwerk zu berücksichtigen, ohne die ein für Fachkräfte attraktives und lebenswertes Umfeld nicht realisierbar ist und die für die industriellen Vorleistungen notwendig bleiben. Dies ist bei der Fortentwicklung der Förderkulisse angemessen zu berücksichtigen. 1042 1043 1044 Die Kommission sieht es als besondere Herausforderung an, dass trotz des Rückzugs der Braunkohlewirtschaft regionale und bundesweite Wertschöpfungsketten erhalten bleiben bzw. weiterentwickelt und neue angesiedelt werden. 1045 1046 1047 1048 1049 1050 1051 1052 Die Rahmenbedingungen für Investitionen in solche Arbeitsplätze sind daher wirtschaftsfreundlich und investitionsanreizend auszugestalten, damit bestehende Wertschöpfungsnetzwerke, die in den Regionen etabliert (z.B. Chemie, Papier, Aluminium, Stahl, Energiewirtschaft) und bisher eng mit der Kohleverstromung verwoben sind, auch dort verbleiben und mit eigenen Investitionen die regionale Entwicklung fördern, statt ihre Standortwahl zu überdenken. Ziel muss es darüber hinaus sein, gerade in diesen Branchen zusätzliche Investitionen zu generieren. Hierfür sind wettbewerbsfähige Strompreise und eine dauerhaft sichere Energieversorgung unverzichtbare Grundlagen unseres Industriestandortes. 1053 1054 31 1055 Raumentwicklung, Infrastrukturausbau und –ausbaubeschleunigung 1056 Raumentwicklung 1057 1058 1059 1060 1061 1062 Über Jahrzehnte verhinderten die großen Tagebaue mit ihrer Barrierewirkung eine zusammenhängende Entwicklung des Raumes und die Herausbildung von vernetzten Infrastrukturen. Der räumliche Wandel in den Revieren soll von Bund und Ländern unterstützt werden und ist so zu gestalten, dass neue Standortqualitäten für Wohnen und Arbeiten entstehen. Der Strukturwandel bietet die Chance zur Entwicklung von klimawandelresilienten (Bergbau-) Folgelandschaften mit hoher regionaler Wertschöpfung. 1063 1064 1065 1066 Eine besondere Verpflichtung für Länder und Kommunen sieht die Kommission darin, rechtzeitig ausreichende Flächen für Neuansiedlungen in den Regionen zur Verfügung zu stellen und diese Flächen, unter Nutzung von Elementen zur Beschleunigung von Planung und Genehmigung, mit allen notwendigen und modernen Infrastrukturen zu erschließen. 1067 Digitale Infrastruktur 1068 1069 1070 1071 1072 1073 1074 1075 1076 1077 1078 1079 1080 Die Kommission sieht es als eine wesentliche Voraussetzung für den Strukturwandel an, dass strukturelle Schwächen in den betroffenen Regionen insbesondere in der Infrastruktur überwunden werden. Infrastrukturpolitik ist eine wesentliche Säule der Strukturpolitik. Eine moderne und leistungsfähige Verkehrs- und digitale Infrastruktur zur Erschließung und Anbindung vorhandener sowie dringend benötigter neuer Flächen ist mittlerweile – auch angesichts der Flächenengpässe in den Ballungsräumen – ein ganz wesentlicher Standortfaktor für Investitionsentscheidungen. Für eine zukunftsfeste Perspektive der Reviere ist neben der Anbindung von Industrie- und Technologieparks, Gewerbegebieten und wissenschaftlichen Einrichtungen flächendeckend ein hochmodernes digitales Infrastrukturnetz auf Glasfaserbasis und die Ertüchtigung der Mobilfunknetze unabdingbar. Ziel kann nur eine Versorgung mit gigabitfähiger Infrastruktur sein. Wo dies durch einen marktgetriebenen Ausbau nicht erreicht wird, erscheint eine Unterstützung durch staatliche Eingriffe notwendig. Voraussetzung dafür ist in Gebieten, die mit mindestens 30 Mbit/s, jedoch keiner gigabitfähigen Infrastruktur versorgt sind, eine Anpassung der NGA-Definition durch die EU-Kommission (sogenannte Aufgreifschwelle). 1081 1082 1083 1084 1085 1086 1087 1088 1089 1090 1091 Der nächste Mobilfunkstandard 5G wird gegenüber dem jetzigen Mobilfunk völlig neue Anwendungen ermöglichen. Dafür sind Technologien, Geräte und Anwendungen zu erforschen und zu entwickeln. Diese Chancen gilt es in die Reviere zu tragen. Voraussetzungen dafür sind jedoch eine entsprechende Netzabdeckung zur Erprobung und Anreize für diesbezügliche Ansiedlungen. Insbesondere die bislang schlechter digital erschlossenen Reviere im Rheinischen Revier und der Lausitz können als zusätzliche 5G-Modellregionen erschlossen werden und so die Startbedingungen erhalten, auch außerhalb größerer Ballungsräume digitalen Fortschritt zu etablieren. Das Lausitzer Revier bietet hierbei zukunftsträchtige Ansatzpunkte als Modellregion für 5G. Die Forschung, Entwicklung und Erprobung von neuen Mobilitätsanwendungen auf dem Lausitzring bspw. durch die Dekra (autonomes Fahren) würde wesentlich unterstützt. Im Rheinischen Revier könnte ein 5G-Reallabor eingerichtet werden (Testzentrum 5GAnwendungen). Die Anwendungen sind mit Feldtests in einer Modellkommune zu verbinden. 1092 Verkehrsinfrastruktur 1093 1094 1095 1096 1097 1098 1099 Um Infrastrukturprojekte in den vier Braunkohlerevieren schneller umsetzen zu können, sollen zusätzliche Infrastrukturprojekte geplant und höher priorisiert werden. Denkbar wäre hierfür die Einführung eines „Revierbonus“ unter dem Motto „Vorfahrt für die Strukturentwicklungsgebiete“. Zudem bestehen Engpässe bei der Planung von Infrastrukturvorhaben durch die öffentliche Hand. Es sollte daher die Realisierung von Infrastrukturvorhaben in den Revieren genutzt werden, um – auch als Modell für andere Regionen – die Beschleunigung durch die Finanzierung extern vergebener Planungen zu erreichen. Hier sollen auch Infrastrukturprojekte zur Finanzierung aufgenommen werden, die sonst typischerweise in 32 1100 1101 1102 1103 Verantwortung der Länder und Kommunen finanziert werden. Auch die Umpriorisierung bereits geplanter Maßnahmen wäre ein sinnvolles Instrument. Die rechtliche Umsetzung sollte dabei das Ziel verfolgen, bei den konkreten Planungsprozessen für den Ausbau der wichtigsten Bahnverbindungen ohne Zeitverzug im Laufe des Jahres 2019 zu beginnen. 1104 1105 1106 1107 1108 1109 Weitere mögliche Maßnahmen sind der Ausbau und die Ergänzung sowie die Verbesserung der bestehenden Anbindung der Reviere an entwicklungsfördernde Zentren, zum Beispiel durch Verkürzung der Taktzeiten im Schienenpersonennahverkehr und die Ertüchtigung der bestehenden Verbindungen in die Metropolen. Die Kommission weist darauf hin, dass neben dem Ausbau von Verkehrsinfrastrukturen mit Mitteln des Bundes auch eine Verantwortung der Länder besteht, die entsprechenden Verkehrsleistungen zu bestellen. 1110 1111 Aus Sicht der Bundesländer sind die nachfolgenden Infrastrukturprojekte unabdingbar, um wirksame Strukturentwicklungsimpulse zu entfalten: 1112 1113 1114 Insbesondere für die ostdeutschen Reviere bietet eine gute infrastrukturelle Anbindung an die urbanen Räume Berlin, Dresden und Leipzig, die das Pendlerpotential – also den Zugang zu Fachkräften – berücksichtigt, erhebliche Chancen. 1115 1116 1117 1118 1119 1120 1121 1122 1123 1124 1125 1126 1127 1128 1129 In der Lausitz stellt die bestehende Verkehrsinfrastruktur eine besondere Herausforderung dar. Neben der für den grundlegenden Strukturwandel langfristig notwendigen Impulse ist es erforderlich, dass die Menschen in der Lausitz durch die Elektrifizierung der Strecke Dresden-Görlitz, und den Ausbau/die Elektrifizierung der Strecke Berlin-Cottbus-Görlitz als Schnellzug-Verbindung, den zweigleisigen Ausbau der Strecke Cottbus-Lübbenau, den Ausbau Cottbus-Leipzig sowie Cottbus-Dresden und der Elektrifizierung der Strecke Cottbus-Forst eine kurz- bis mittelfristig spürbare Verbesserung der Anbindung erfahren. Dazu gehören u.a. der Umbau des Bahnhofs Königs Wusterhausen, die sofortige Elektrifizierung des Streckenabschnitts Görlitz-Niesky sowie Görlitz-Grenze Deutschland/Polen, um direkte Verbindungen von Wroclaw über Görlitz nach Berlin und zurück zu ermöglichen und Görlitz in die Mitte eine internationalen Eisenbahnachse zu rücken, eine direkte Tagesrandverbindung von Görlitz nach Berlin und zurück sowie eine höhere Taktung auf der Strecke Dresden-Görlitz und auf den regionalen Verbindungen in der Lausitz. Um die Taktzeiten in den Revieren generell verkürzen können, bedarf es einer Aufstockung der Regionalisierungsmittel des Bundes, damit vorhandene Infrastruktur intensiver genutzt werden kann. Eine kurzfristig umsetzbare Maßnahme wäre die Organisation der „letzten Meile“, beispielsweise durch Modellprojekte zum vorreservierten Verleih von Elektrorollern und Pedelecs (E-Bikes). 1130 1131 1132 1133 1134 1135 1136 1137 1138 1139 Für die Attraktivität des Mitteldeutschen Reviers ist eine gute Anbindung an den Ballungsraum HalleLeipzig mit kurzen Taktzeiten wichtig. Dabei sind engere Taktungen (wie bspw. für die Strecke ChemnitzBorna-Leipzig), der Ausbau des S-Bahnnetzes (bspw. Etablierung einer neuen S-Bahn-Linie von Leipzig über Markranstädt nach Naumburg und alternierend nach Merseburg) sowie der Ausbau des PlusBusund Rufbussystems insbesondere in den Abendstunden und zu Schichtwechselzeiten ansässiger Unternehmen voranzubringen. Auch der City-Tunnel Leipzig sollte einen Beitrag zur Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs leisten. Grundvoraussetzung hierfür wäre die Aufrüstung der Eisenbahnsicherungstechnik im Tunnel. Zudem würde die Elektrifizierung der Bahnverbindungen Leipzig-Zeitz-Gera und Zeitz-Weißenfels-Halle die Anbindung von Klein- und Mittelzentren in Mitteldeutschland an die Oberzentren Erfurt, Halle und Leipzig verbessern. 1140 1141 1142 1143 1144 Die strukturschwachen Reviere in Mitteldeutschland und der Lausitz sollten enger verzahnt und in überregionale Logistikketten eingebaut werden. Der Bau einer neuen Ost-West-Straßenverbindung als Magistrale zwischen dem Mitteldeutschem und dem Lausitzer Revier würde die infrastrukturellen Voraussetzungen für Unternehmensansiedelungen in diesen Regionen deutlich verbessern. Außerdem ist der Ausbau der Autobahn 13 zwischen Schönefeld und Autobahndreieck Spreewald erforderlich. 33 1145 1146 1147 1148 1149 1150 1151 1152 1153 1154 1155 1156 1157 Für das Rheinische Revier implizieren die großen Herausforderungen einer räumlichen Entwicklung auch die Möglichkeit einer zukunftsfähigen, ambitionierten und dynamische Raumentwicklung. Dabei benötigen die Tagebaurandkommunen besondere Unterstützung. Es soll eine Internationale Bau- und Technologieausstellung Rheinisches Zukunftsrevier ausgerufen werden, die die Neuordnung des Raums, die Weiterentwicklung ihrer Siedlungen als ORTE DER ZUKUNFT in einem MOBILITÄTSREVIER DER ZUKUNFT mit dem Anspruch verknüpft, hier wegweisende Schritte in eine innovative und klimafreundliche Zukunft mit hoher Lebensqualität zu gehen. Eine gute infrastrukturelle Anbindung des Rheinischen Reviers zu den umliegenden Oberzentren und zur Entlastung dieser Oberzentren ist eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen dieses Konzepts. Die Ausstellung soll gemeinsam mit den Menschen der Region, mit den Kommunen und der Wirtschaft in einem beteiligungsorientierten, hochqualitativen Prozess umgesetzt werden. Der neue Campus Rhein-Erft mit dem Profil Raumentwicklung und Infrastruktursysteme, Infrastrukturmanagement, Geoinformatik (Transformationsmanagement) unterstützt diese Entwicklung. 1158 Versorgungsinfrastruktur 1159 1160 1161 1162 1163 Zum Thema Strukturwandel gehört auch der Erhalt der vorhandenen Infrastrukturen. Schon heute stellt der demografische Wandel in den Braunkohleregionen die kommunalen Energie- und Wasserversorger aufgrund der Auswirkung auf die Aufrechterhaltung ihrer Infrastruktur vor enorme Herausforderungen. Die Attraktivität der Regionen für die Anwohner muss daher auch durch eine bezahlbare, effiziente und zukunftsfähige Wärmeversorgung gewährleistet werden. 1164 1165 1166 1167 Zu der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren gehört auch, dass die Verwaltungen auch personell in die Lage versetzt werden, Anträge rasch und sorgfältig zu bearbeiten. Denkbar ist ebenfalls die Verkürzung auf eine Klageinstanz bei Planfeststellungsverfahren – analog zum Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz im Zuge der VDE-Projekte. 1168 1169 1170 1171 1172 1173 1174 1175 Die in den Revieren auf den Energiesektor ausgerichtete Netzinfrastruktur und das über viele Jahrzehnte aufgebaute Know-How in diesem Sektor sollte auch zukünftig bei der Umwandlung hin zu einer Energiewirtschaft, die auf regenerativen Ansätzen beruht, eingebracht werden können. Mit entsprechenden Reallaboren könnten neue Wertschöpfungsketten aufgezeigt und zu einer Diversifizierung der Industrielandschaft beigetragen werden (Wasserstoffproduktion, Brennstoffzelle, Batteriespeicher, Power-to-X, stoffliche Nutzung von Kohle). Dies kann auch für die Weiterentwicklung der bestehenden Standorte der chemischen Industrie genutzt werden (stoffliche und klimaneutrale Nutzung von CO2, Synthesegase auf Basis erneuerbarer Energien). 1176 1177 1178 1179 1180 1181 1182 1183 1184 1185 1186 1187 1188 1189 1190 Aus Sicht der Bundesländer sollten die vorhandenen Potentiale der Energie- und Industrieregionen genutzt werden, um die Transformation des Energiesystems und die industrielle Transformation mit der Sicherung und Weiterentwicklung von Kompetenzen im Bereich von Forschung, Entwicklung und Innovation (FuEuI) zu verbinden. Im Lausitzer Revier kann dies beispielsweise durch einen Verbund aus Projekten adressiert werden. Die Verbindung von Wasserstoff, Netzinfrastruktur und anwendungsorientierter Forschung ist hierfür ein gutes Beispiel. Konkret geht es um Projektideen in Brandenburg zur Errichtung einer Demonstrationsanlage für hydrothermale Vergasung, die Machbarkeitsprüfung eines innovativen Rotationsspeichers inkl. möglicher Pilotanlage, die Errichtung einer Pilotanlage für ein „Referenzkraftwerk-Wasserstoff“, das potentiell wichtige Systemleistungen erbringen kann. Diese Projekte sollten durch die Ansiedlung eines Fraunhofer Institutes für Energieinfrastruktur (Teil-Institut an der BTU Cottbus-Senftenberg), das sich mit Energieinfrastruktur und Netzen beschäftigt, begleitet werden. Grundlegende Fragen und Herausforderungen der Transformation des Energiesystems können so konkret angegangen werden. Um die Lausitz als Energie-, Industrie- und Innovationsregion zu stärken und weiterzuentwickeln, sollten solche Maßnahmen, die den industriellen Entwicklungspfad der Reviere aufgreifen und transformieren, seitens des Bundes unterstützt werden. 34 1191 1192 1193 1194 1195 1196 1197 1198 1199 Das Rheinische Revier weist mit seinen Kraftwerksstandorten, den von einer zuverlässigen Energieversorgung abhängigen energieintensiven Unternehmen und seinen Innovationskompetenzen eine hohe Lagekompetenz für die Investition in das durch die Energiewende neu zu konzipierende Produkt „Versorgungssicherheit“ auf. Durch die Nähe zwischen Energieangebot und energieintensiver Industrie kann das Rheinische Revier als Energierevier der Zukunft einen zentralen Beitrag zur Netzstabilität und Versorgungssicherheit für Europa leisten. Schlüsselprojekte sind das Wärmespeicher-Kraftwerk Store-toPower, die Ansiedlung eines neuen DLR-Instituts für Hochtemperaturwärmepumpen, der Aufbau eines intelligenten regionalen Energiemanagements ebenso wie eines neuen Fraunhofer Instituts für EnergieInfrastruktur (Teil-Institut NRW für Digitale Energie). 1200 Forschungseinrichtungen und Innovationsregionen 1201 1202 1203 Der Wissenschaftssektor spielt eine zentrale Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen. Er ist Grundlage für Innovationen und Aufbau von Fachkräftepotentialen. Die Innovationskraft wiederum ist ein wichtiger Gradmesser für die Fähigkeit, neue Wertschöpfungsketten zu schaffen. 1204 1205 1206 1207 1208 1209 1210 1211 1212 1213 1214 1215 Die Kommission befürwortet eine Verstärkung der Forschungsstandorte in den Revieren und den Ausbau der Kooperation zwischen angrenzenden Wissenschafts- und Forschungsinstitutionen sowie die enge Kooperation mit der Wissenschaft und Wirtschaft. Das Ziel ist ein systematischer Wissens- und Technologietransfer und daraus resultierend die Entwicklung neuer, verwendungsoffener Technologien, die aktuelle Trends aufgreifen und sich durch Anschlussfähigkeit an die bestehenden industriellen und energiewirtschaftlichen Kernkompetenzen auszeichnen. Weitere positive Impulse wären zudem aus der Kombination einer Ansiedlung von Forschungseinrichtungen, der Etablierung von Reallaboren, der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung und weiteren, zusätzlichen Fördermöglichkeiten zu erwarten, um so echte „Innovationsregionen“ zu schaffen. Die Kommission weist darauf hin, dass vor allem in den Braunkohle-Regionen die wissenschaftliche (Vor-Ort-) Begleitung und das (Vor-Ort-) Monitoring des Strukturwandels als wichtiges Thema der Wissenschaftslandschaft etabliert werden sollte. Die Möglichkeit, hieraus Clusterstrategien zu entwickeln, sollte unterstützt werden. 1216 1217 1218 1219 Aufgrund der sehr geringen FuE-Quote in den ostdeutschen Revieren und zum Aufbau von Innovationspotenzialen sollte daher die pilothafte Einführung einer steuerlichen FuE-Förderung erfolgen, die bei den Personal- und Auftragskosten für Forschung und Entwicklung ansetzt. Dafür ist auch die Förderung sozialer Innovationen zu berücksichtigen. 1220 1221 1222 Es wäre zu prüfen, ob den Revieren durch eine Erhöhung der Förderintensitäten etwa in den Bereichen der industriellen Forschung und der experimentellen Entwicklung besondere Förderbedingungen eingeräumt werden sollen. 1223 1224 1225 1226 1227 1228 1229 1230 1231 1232 1233 Die Innovationskraft des Lausitzer und des Mitteldeutschen Revier fällt gegenüber den westdeutschen Revieren deutlich ab. Vor allem in der privaten Wirtschaft ist das Potential, Innovationsprozesse zu initiieren und an Förderprogrammen zu partizipieren, begrenzt. In diesen Regionen sollten daher zusätzlich zur Förderung durch FuE-Programme auch eine gezielte Stärkung der vorhandenen öffentlichen Forschungsinfrastruktur und die Ansiedlung neuer Forschungseinrichtungen in Betracht gezogen werden. Mit der Ansiedlung bzw. dem Ausbau von öffentlichen Forschungseinrichtungen erhöht sich auch das Potential, an Förderprogrammen im FuE-Bereich zu partizipieren. Der Ausbau der Forschungsinfrastruktur an lokalen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen kann neben der Erhöhung des Innovationspotentials in den ostdeutschen Revieren auch dazu dienen, Mittelzentren wie z.B. Görlitz/Zittau oder Merseburg zu stärker, die in dünnbesiedelten Regionen eine wichtige Ankerfunktion für die wirtschaftliche und demografische Entwicklung übernehmen können. 1234 1235 Ein Ausbau der öffentlichen Forschungsinfrastruktur in den ostdeutschen Revieren soll sich an vorhandenen, perspektivischen und neuartigen (technologischen) Schwerpunkten der regionalen Wirtschaft 35 1236 1237 1238 orientieren. Dies eröffnet Potentiale für Kooperationen zwischen Wissenschaft und regionaler Wirtschaft und einen Transfer neuen technologischen Wissens, durch den die Wettbewerbsfähigkeit der in den Revieren ansässigen Unternehmen gestärkt werden kann. 1239 1240 1241 1242 1243 1244 1245 1246 1247 Ein Ausbau der Forschungskapazitäten sollte mit einer entsprechenden Erweiterung der Angebote im tertiären Bildungsbereich verbunden werden. Diese Bildungsangebote können dazu beitragen, die Attraktivität der Regionen für junge Menschen, die einen tertiären Bildungsabschluss anstreben, zu erhöhen. Sie leisten zudem einen Beitrag zur Sicherung des regionalen Fachkräftepotentials, wenn Absolventen nach Abschluss des Studiums eine Beschäftigung im regionalen Arbeitsmarkt aufnehmen. Die Bleibewahrscheinlichkeit von Hochschulabsolventen steigt, wenn sie schon während des Studiums Arbeitserfahrung in der Studienregion sammeln und Kontakte zu potentiellen Arbeitsgebern aufbauen können.42 Dies könnte durch entsprechende Maßnahmen in den Revieren, wie z.B. studienbegleitende Praktika, unterstützt werden. 1248 1249 1250 Aus Sicht der Bundesländer sollten im Rahmen einer Forschungs- und Transferoffensive "IndustrieInnovationszentren" zur Förderung von groß angelegten Kooperationsnetzwerken aus Industrieunternehmen, digitalen Start-ups, Hochschulen und Forschungseinrichtungen eingerichtet werden. 1251 1252 1253 1254 1255 1256 Bestehende Ansätze, wie das in Görlitz geplante CASUS als internationales Zentrum (als Teil des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf) für Wissenschaftler verschiedener Disziplinen, die gemeinsam digitale Methoden für die Systemforschung entwickeln, sollten weiter vorangetrieben werden. Erwartet werden eine internationale Sichtbarkeit in relevanten Zukunftsthemen, die Steigerung der Attraktivität der Region für akademische Fachkräfte und der Transfer digitaler Systemforschungsmethoden in die Industrie. 1257 1258 1259 1260 1261 1262 1263 Die Integration von erneuerbaren Energien in die Sektoren Strom, Wärme, Industrie und Verkehr ist eine der wichtigsten Aufgaben zur weiteren Umsetzung der Energiewende. Die bestehende Gasinfrastruktur und die Power-to-X-Technologie (PtX) können den entscheidenden Schlüssel für das Gelingen der Sektorenkopplung und damit das Erreichen der Klimaziele liefern. Insbesondere durch die Umwandlung von erneuerbarem Strom in Wasserstoff bzw. Methan, chemische Ersatzstoffe oder erneuerbare Kraftstoffe, kann Strom über die bestehende Gasinfrastruktur und Tankinfrastruktur langfristig gespeichert, transportiert und sektorenübergreifend nutzbar gemacht werden. 1264 1265 1266 1267 1268 1269 1270 1271 1272 1273 1274 Ein Forschungskonsortium von Professoren der TU Dresden wird beginnend ab 2019 gemeinsam mit einem Reallabor im Lausitzer Revier verschiedene Speichertechnologien und Power-to-X-Verfahren anwendungsnah erforschen und neue Erkenntnisse unmittelbar in die Lehre einfließen lassen. Aufgrund der thematischen Ausrichtung besteht hier eine hohe Schnittmenge mit dem Projekt HZwo INFRA in Görlitz. In dieser Kombination aus Forschung und praktischer Anwendung wird bei diesem Thema hohes Potenzial gesehen, das als spürbarer Beitrag zur Strukturentwicklung in der Lausitz weiter unterstützt werden sollte. An der BTU Cottbus-Senftenberg sollte zur Nutzung der Potentiale der (industriellen) Energieerzeugung durch Wasserstoff i. V. m. mit der Energieinfrastruktur und der Nutzung von Erneuerbaren Energien die Ansiedlung eines entsprechenden Fraunhofer Institutes erfolgen. In Nutzung der Expertise der BTU Cottbus sollte ein DLR-Institut „Energieeffiziente Antriebe in der Luftfahrt“ geschaffen werden. 42 Dies zeigen Analysen des Wanderungsverhalten von Hochschulabsolventen in Deutschland, siehe Homolkova, K.; Niebuhr, A.; van Rienen, V. (2016): Arbeitsmarkteintritt der Studierenden der Fachhochschule Kiel. Analyse des Erwerbseintritts, der Mobilität und der frühen Erwerbsphase der Studierenden der Fachhochschule Kiel im Zeitraum 2005 - 2014. IAB-Regional Nord 07/2016, Nürnberg. 36 1275 1276 1277 1278 1279 1280 1281 1282 1283 1284 1285 1286 1287 1288 1289 1290 Das Rheinische ENERGIEREVIER DER ZUKUNFT setzt Impulse für Forschung und Entwicklung, die die Geschäftsmodelle der Energiewirtschaft in das Energiesystem der Zukunft führen. Dazu gehören Orte der Zukunft wie die Einrichtung einer Tiefengeothermie an einem ehemaligen Kraftwerksstandort, ein CO2-freies Energieversorgungssystem am Campus Melaten oder die Weiterentwicklung der Solarcity Jülich. Dabei ist sowohl im Rheinischen Revier als auch bundesweit besonders zu berücksichtigen, wie die energieintensive Industrie trotz aufgrund der Energiewende steigender Energiepreise ihre Wettbewerbsfähigkeit behält. Die hohe Bedeutung der Energiekosten für ihre Produktion führt zu besonderer Energieeffizienz. Weitere Einsparmaßnahmen lassen sich oft nur mit Technologiesprüngen bewältigen. Im Rheinischen Revier soll die Forschung auch der bestehenden Lehrstühle und Institute mit Produktionskompetenz stärker für die Entwicklung von Transformationstechnologien und -prozessen genutzt werden: Der Institutsverbund Campus Melaten / Campus West an der RWTH Aachen soll um einen Verbundansatz „Low Carbon Technologien“ mit einem neuen Institut ergänzt werden. Im Rhein-Kreis Neuss werden mit dem Campus Changeneering für die Sektoren Metall, Chemie und Gesundheit Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft vernetzt und kooperativ Innovationen in den jeweiligen Bereichen aber auch CrossOver unter besonderer Betrachtung der Digitalisierung vorangetrieben und ein Raumund Vernetzungsangebot für Gründer und Gründerinnen, Start-ups und Freelancer angeboten. 1291 1292 1293 1294 1295 1296 1297 1298 1299 1300 1301 Die Universitäten, Hochschul- und Forschungseinrichtungen rund um das Rheinische Revier besitzen eine ausgewiesene Exzellenz. Mit dem Brainergy Park Jülich kann ein wesentlicher Beitrag zur Energieeffizienz geleistet werden. In der Konzentration hoch innovativer Unternehmen und Forschungseinrichtungen wird ein Kompetenzareal mit Pioniercharakter geschaffen, das als selbständiger Energiespeicher fungiert. Um die anstehende Transformationsaufgabe zu bewältigen, muss es darum gehen, die Potentiale aus den Hochschulen und Forschungseinrichtungen für die Entwicklung der Region noch wirkungsvoller nutzbar zu machen. Dazu sollen die Universitäten und Hochschulen Aachen, Köln und Düsseldorf sowie das Forschungszentrum Jülich gemeinsam mit vielen weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen durch die Nutzung ihrer exzellenten Forschung im Rahmen von Start-up Centern Impulse für Gründungen und Ausgründungen in die Region setzen. Projekte sind das Exzellenz Start-up Center plus, die Einrichtung eines Blockchaininstituts und der Aufbau einer New Business Factory. 1302 1303 1304 1305 1306 1307 Die Glasbranche ist in der mitteldeutschen Region ein zukunftsträchtiges Kernelement für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Um qualifizierte Aus- und Weiterbildungsangebote im Bereich Glas/Keramik/Baustoffe direkt in der Region anbieten zu können, könnte die Errichtung eines „Glascampus Torgau“ einen wichtigen Beitrag leisten als hochqualifizierendes, akademisch ausgerichtetes Weiterbildungszentrum für Fachkräfte der Glasbranche. Ziel ist die Sicherung und der Ausbau der technischen Glasindustrie im Mitteldeutschen Revier mit überregionaler wirtschaftlicher Bedeutung. 1308 1309 1310 1311 1312 1313 Als Kohlenstoffträger kann die Braunkohle als Rohstoff für die chemische und petrochemische Industrie dienen. Sie wird in Deutschland noch über viele Jahre abbaubar sein. Die Klärung der Frage, ob, in welchem Umfang und unter welchen Rahmenbedingungen dies möglich sein kann, bedarf weiterer Forschung.43 Ein geeigneter Ansatz unter Nutzung der vorhandenen Potentiale im Mitteldeutschen Revier wäre die Schaffung eines Modellprojektes des Fraunhofer Institutes zur weiteren stofflichen Nutzung der Braunkohle. 1314 1315 1316 1317 1318 Wesentlich für die nachhaltige Entwicklung und die Zukunftsfähigkeit von Regionen ist es, dass Unternehmen nicht nur auf die Anforderungen der Digitalisierung reagieren, sondern auch entsprechende Geschäftsmodelle im Rahmen der Digitalisierung entwickeln können. Alle zukunftsgetragenen Prozesse basieren auf der Erfassung und Nutzung großer Datenmengen. Eine hauptsächlich von KMUs geprägte Unternehmenslandschaft wie in der Lausitz steht dabei vor besonderen Herausforderungen. Die einzel43 Bislang unveröffentlichte Studie von Prof. Dr. Armin Grunwald, Karlsruher Institut für Technologie (KIT). 37 1319 1320 1321 1322 1323 nen Unternehmen können im Allgemeinen weder in die Hardware noch in die spezialisierten Fachkräfte, wie z.B. Datenanalysten, in ausreichendem Maße investieren. Insofern gilt es im Lausitzer Revier, mit Anbindung an die BTU Cottbus-Senftenberg Dienstleistungszentren (data warehouses, data mining, data analysis) zur Unterstützung von KMU bei der Digitalisierung anzusiedeln. Als Pilotprojekt sollte ein erstes Dienstleistungszentrum in Cottbus errichtet werden. 1324 1325 1326 1327 1328 1329 Um an die vorhandenen Potentiale im Mitteldeutschen Revier anzuknüpfen, bietet sich die Gründung einer staatlich anerkannten privaten Hochschule, um anfänglich Bachelor-Programme in Elektrotechnik, Informatik und Wirtschaftsinformatik an. Mit dieser technischen Ausrichtung könnte zudem das mit der Schließung der Telekom-Hochschule in Leipzig entstandene technische Defizit ausgeglichen werden, da die Universität Leipzig fast ausschließlich geisteswissenschaftlich geprägt ist. Das ebenfalls neue aufzubauende Deutsch-Amerikanische-Institut (DAI) soll idealerweise mit angebunden werden. 1330 Experimentierklauseln, Reallabore und regulatorische Maßnahmen 1331 1332 1333 1334 1335 1336 1337 Die betroffenen Regionen sollten zu Innovationsregionen werden, die neue Wege beschreiten. Ebenso wie bei den Förderprogrammen müssen Bund und Länder dafür Spielräume in den vorhandenen Regelungen und Rahmenbedingungen schaffen, die im Einklang mit den erreichten Standards zum Beispiel im Umwelt- oder Arbeits- und Tarifrecht stehen. Bei der Identifizierung und Umsetzung möglicher Ausnahmen müssen Bund und Länder eng zusammenarbeiten. Es sind Maßnahmen zu ergreifen, die es erlauben, in den Revieren Planungen zu beschleunigen, insbesondere im Hinblick auf kürzere Genehmigungsverfahren. 1338 1339 1340 1341 1342 1343 1344 1345 1346 1347 In Ergänzung dazu eignet sich das von der Bundesregierung auch in ihrem neuen siebten Energieforschungsprogramm angekündigte Instrument der Reallabore, mit denen Vorhaben mit Pioniercharakter für die Energiewende auf den Weg gebracht werden sollen. Es ist zu prüfen, ob einzelne Reallabore in den Revieren als künftige Innovationsregionen unter regulatorischen Sonderbedingungen eingerichtet werden können. Vor dem Hintergrund, dass Power-to-Gas zahlreichen Studien zufolge eine wichtige Rolle bei der Flexibilisierung der Stromversorgung spielen und es in Zukunft einen erheblichen Ausbaubedarf von Power-to-Gas-Anlagen geben wird, sollte ein besonderer Schwerpunkt in den Reallaboren der Strukturwandelregionen auf diese Technologie gelegt werden. Ein weiterer Schwerpunkt sollte darüber hinaus die Schaffung von Reallaboren im Bereich der „Grünen Fernwärme“ sein. Bei den Reallaboren sollten auch die Erfahrungen aus den gegenwärtigen Sinteg-Projekten aufgegriffen werden. 1348 1349 1350 Auch hier gilt, dass durch eine intelligente Kombination von regulatorischen Freiräumen und einer unterstützenden finanziellen Förderung zum Beispiel über einen Fonds die Reviere zu Vorreitern und Innovatoren für bestimmte Themen werden können. 1351 1352 1353 1354 Die Reduzierung von unnötiger, das heißt sachlich nicht gerechtfertigter Bürokratie und Verwaltungsaufwand sollte ein weiterer Baustein sein, um die Wirtschaft von unnötigem Aufwand zu entlasten. Der Schutz der Beschäftigten, der Verbraucher/innen, der Umwelt oder der Erreichung sozialer oder anderer Gemeinwohlziele darf dem dabei jedoch nicht untergeordnet werden. 1355 1356 Um die Strukturentwicklung auch europarechtlich zu flankieren, sollte durch die Bundesregierung mit der Europäischen Union das Einvernehmen erzielt werden über 1357 1358 1359 1360 1361 1362 1363 • • • deutsche Sonderfördergebiete nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstaben a und c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), eine integrierte Neuausrichtung der EU-Struktur- und Forschungsförderung in neu auszuweisenden Sonderfördergebieten (Modellregionen) jenseits der Einzellogiken der heutigen unterschiedlichen Strukturfonds und die Anpassung des EU-Beihilferechts für neu auszuweisende Sonderförderregionen (Modellregionen), 38 1364 1365 1366 • Anpassung der Förderungsregime, sodass auch in Deutschland als KMU eingestufte Unternehmen diese Förderung wahrnehmen können. Es gibt viele KMU, die Teil eines größeren Konzerns sind und daher keine Förderung in Anspruch nehmen können. 1367 Ansiedlung von Behörden und öffentlichen Einrichtungen 1368 1369 1370 1371 1372 1373 1374 1375 Die Kommission sieht die Notwendigkeit einer Selbstverpflichtung des Bundes und der Länder, in den kommenden Jahren insbesondere Neugründungen und Erweiterungen, ggf. auch Verlagerungen von Behörden oder Einrichtungen in den betroffenen Regionen vorzunehmen. Durch eine Stärkung der Präsenz der öffentlichen Hand in den Revieren, vor allem durch die Verlagerung und den Ausbau von Behördenstandorten in den Revieren, wird das Bekenntnis von Bund und Ländern zur Zukunft der Reviere greifbar. Zudem unterstützen Beschäftigungs- und Kaufkrafteffekte die regionale Entwicklung. Die Kommission hält es für sinnvoll und notwendig, für die Braunkohlereviere klare Zielgrößen für die Zahl der anzusiedelnden Arbeitsplätze in Behörden des Bundes und der Länder zu definieren. 1376 Arbeitsmarktpolitik 1377 1378 1379 1380 1381 1382 1383 1384 1385 1386 Der Einsetzungsbeschluss beauftragt die Kommission, an erster Stelle eine konkrete Perspektive für neue, zukunftssichere Arbeitsplätze in den betroffenen Regionen zu schaffen. In der Braunkohleindustrie und Energiewirtschaft handelt es sich um hochqualifizierte und daher auch entsprechend tariflich vergütete sozialversicherungspflichtige Industriearbeitsplätze. Die Perspektiven für neue, möglichst tariflich abgesicherte Arbeitsplätze müssen daher einen vergleichbaren Standard bedienen, um einen Strukturbruch zu vermeiden und die Wertschöpfung in den Regionen zu sichern. Mit dem aktiven und präventiven Einsatz der arbeitsmarktpolitischen Instrumente sollte sichergestellt werden, dass die Menschen in den Revieren in ihren Kompetenzen gestärkt werden und Neuansiedlungen und Neugründungen von Unternehmen oder Forschungseinrichtungen nicht durch Fachkräftemangel behindert werden. 1387 1388 1389 1390 1391 1392 1393 1394 1395 1396 Zentrale Anliegen der Kommission sind die Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen und die Schaffung hochwertiger und zukunftssicherer Arbeitsplätze, die gerade auch für die Arbeitnehmer und Auszubildenden in der Kohleindustrie neue Beschäftigungsperspektiven eröffnen. Den Menschen in den Revieren stehen dafür alle Maßnahmen und Dienstleistungen des SGB III zur Verfügung, um ihre individuelle Beschäftigungsfähigkeit im Wandel zu sichern und auszubauen. Dazu gehören unter anderem Beratungs- und Vermittlungsangebote, Transferleistungen, Hilfen für Existenzgründer und Berufsorientierungsmaßnahmen für Schülerinnen und Schüler. Eine enge Verzahnung auf Bundes- und Landesebene stellt dabei sicher, dass die handelnden Akteure ihre Ressourcen bündeln und gemeinsame Lösungen für die Reviere finden, vorhandene Instrumente koordiniert nutzen und bei Bedarf neue Angebote konzipieren, die sich ergänzen. 1397 1398 1399 1400 1401 1402 1403 1404 1405 1406 1407 Die Schaffung neuer, gut bezahlter (Industrie)Arbeitsplätze durch strukturpolitische Maßnahmen setzt die Verfügbarkeit adäquat qualifizierter Fachkräfte voraus. Bildungsangebote und Qualifizierungsmaßnahmen sind daher eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Strukturpolitik in den Revieren insbesondere in den Regionen, die durch den demografischen Wandel mit einem Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials konfrontiert sind. Durch geförderte Qualifizierungen und berufliche Weiterbildungen kann es zudem gelingen, die Qualifikationen der Beschäftigten in den Revieren an sich wandelnde berufliche Anforderungen anzupassen, so dass diese Arbeitskräfte weiterhin im Industriebereich und in der Energiewirtschaft tätig sein können. Die Vermittlung grundlegender Digitalisierungs- und MINT-Kompetenzen sollte dabei eine ebenso hervorgehobene Rolle einnehmen, wie die Gewinnung von Nachwuchs-Fachkräften. 39 1408 1409 1410 1411 1412 Die Qualifizierungsprofile der Beschäftigten in den Revieren sollten analysiert und bei Bedarf ausgebaut werden, um aus den wegfallenden Berufsbildern Profile für andere, neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu entwickeln. Für die jungen Menschen wiederum bedarf es der Anpassung und Stärkung des Ausbildungs- und Bildungsbereiches entsprechend neuer Anforderungen und neuer struktureller Schwerpunkte, um eine attraktive Lebensperspektive in den Regionen zu bieten 1413 1414 Die Unternehmen, insbesondere die Betreiber, sollten frühzeitig gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit Weiterbildungen und Qualifizierungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermöglichen. 1415 1416 1417 1418 1419 1420 1421 1422 Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sollten durch Analysen des bisherigen Strukturwandels in den Revieren unterstützt werden: seit mehr als 20 Jahren werden Arbeitsplätze in den Tagebauen und den dazugehörigen Kraftwerken abgebaut. Eine Analyse des Verbleibs der Beschäftigten, die in der Vergangenheit ihren Arbeitsplatz in den Revieren verloren haben, kann beispielsweise Personengruppen identifizieren, die besonders von Arbeitslosigkeit gefährdet sind und einer besonderen Förderung bedürfen. Eine solche Analyse kann zudem Erfolgsfaktoren und Wirkungszusammenhänge zwischen den Potenzialen der Beschäftigten und Qualifizierungsmaßnahmen für die Braunkohlebeschäftigten identifizieren, die für die Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik vor Ort genutzt werden können.44 1423 1424 1425 1426 1427 1428 1429 1430 1431 Bei einer sukzessiven Schließung von Tagebauen und Kraftwerken besteht die Möglichkeit des Arbeitsplatzwechsels zwischen den verschiedenen Standorten innerhalb der Braunkohleunternehmen, aber auch des Wechsels über Unternehmens- und Reviergrenzen hinweg. Potenzial für eine solche „interne Vermittlung“ besteht, wenn etwa durch Übergänge in den Ruhestand Stellen an bestimmten Standorten zu besetzen sind und entsprechend qualifizierte Arbeitskräfte an anderen Standorten durch die Schließung von Tagebauen ihren Arbeitsplatz verlieren. Mobilitätshilfen ermöglichen es den betroffenen Arbeitskräften, ihre speziellen Qualifikationen möglichst lang zu nutzen, und sie reduziert für die Braunkohleunternehmen den Aufwand, hoch spezialisierte Arbeitskräfte zu qualifizieren oder befristet zu rekrutieren. 1432 1433 1434 1435 1436 1437 1438 Die Bundesagentur für Arbeit sollte frühzeitig in die für den Strukturwandel verantwortlichen Begleitgremien eingebunden werden, um ihre Arbeitsmarktexpertise zur Zukunftsfähigkeit von Berufen sowie vorhandener und benötigter Kompetenzen und Qualifikationen der Beschäftigten einbringen zu können. Es bedarf der Transparenz über das Qualifizierungsangebot in den Revieren und über Handlungsbedarfe bei der Anpassung bestehender Qualifizierungsangebote, damit Neuansiedlungen und Neugründungen von Unternehmen oder Forschungseinrichtungen nicht durch Fachkräftemangel behindert werden. 1439 Regionale Verankerung und Beteiligung der Zivilgesellschaft 1440 1441 1442 1443 1444 1445 1446 1447 1448 1449 Strukturentwicklung kann nur gemeinsam mit den Menschen gelingen, für die die Regionen Teil ihrer Identität und ihre Heimat mit Tradition und Zukunft sind. Dafür notwendige Schritte sollten aus den Regionen heraus organisiert bzw. fortgeführt werden, um die Menschen in die Veränderungsprozesse aktiv einzubinden. Es geht dabei nicht nur um ökonomische Rahmenbedingungen, sondern auch um die Attraktivität der Regionen in ihrer landschaftlichen Vielfalt, die kulturellen Traditionen sowie die Lebensqualität und Daseinsvorsorge. Zur Aktivierung des bürgerschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Engagements in den Regionen und der Förderung von Kunst und Kultur sind zielorientierte Förderprogramme nötig. Dies schließt im Lausitzer Revier die Förderung von Kultur und Identität der Minderheit der Sorben/Wenden ein. Eine Beratung potenzieller Antragsteller zu allen Förderprogrammen ist sicherzustellen. 44 Eine erste Analyse des Verbleibs früherer Braunkohlebeschäftigter haben Franke et al. (2017) vorgelegt. 40 1450 1451 1452 Von zentraler Bedeutung wird dabei die Verzahnung der bereits vorhandenen regionalen Akteure unter einem Dach für den Strukturwandel in jeder Region sein, um z.B. zur Einwerbung von Fördermitteln oder als Ansprechpartner für den Bund und die EU einheitlich auftreten zu können. 1453 Förderprogramme 1454 1455 1456 1457 1458 1459 1460 1461 1462 1463 Die Kommission hält es für erforderlich, die Förderlandschaft für die Reviere noch effektiver zu gestalten und vor Ort mehr Kapazitäten zu schaffen, um Fördermittel zielgerichtet einsetzen zu können. Alle Bundesressorts müssen ihre Förderprogramme daraufhin überprüfen, wie Fördervoraussetzungen, konditionen und –volumen für einen prioritären Mitteleinsatz in den Regionen angepasst werden müssen und wo Flexibilisierungen möglich sind. Allerdings werden die Kommunen die finanziellen Lasten nicht oder nur minimal mittragen können. Vor diesem Hintergrund sollten für den Einsatz in den Revieren die von den örtlichen Akteuren zu erbringenden Eigenanteile im Bedarfsfall abgesenkt werden können, bzw. alternative Finanzierungsformen für die Eigenanteile etabliert werden. Die Kommission hält es für erforderlich, die Kommunen bei den erforderlichen Planungs- und Verwaltungskapazitäten in diesem Bereich durch intelligente Lösungen zu unterstützen. 1464 1465 1466 1467 1468 Besondere Beachtung müssen die beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Union erfahren, die den Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten vorgeben. Die Bundesregierung sollte sich frühzeitig für notwendige Anpassungen der einschlägigen Beihilfeleitlinien einsetzen. Zudem müssen angedachte Ausweitungen bestehender Schutzmechanismen oder neue Mechanismen mit ausreichendem Vorlauf einer beihilferechtlichen Prüfung unterzogen werden. 1469 1470 1471 Sofern künftig nicht alle Reviere durchgängig GRW-Fördergebiet sind, wäre zu prüfen, wie diese über eine neue Förderrichtlinie Infrastrukturvorhaben und weitere Projekte im Rahmen eines Sonderfördergebietes in die Finanzierung bringen können. 1472 1473 1474 1475 1476 1477 1478 Die Reviere partizipieren bisher in recht unterschiedlichem Maße an existierenden Förderprogrammen. So fließen insbesondere in das Lausitzer Revier nur in relativ geringem Umfang Mittel aus FuEFörderprogrammen.45 Daher sollte überprüft werden, inwieweit durch eine Anpassung der Förderbedingungen und eine unterstützende Infrastruktur vor Ort die Absorptionsfähigkeit der Reviere verbessert werden kann. Vor allem KMU, die die Wirtschaftsstruktur in den ostdeutschen Regionen prägen, können bei der Beantragung von Fördermitteln mit nicht unerheblichen Hemmnissen konfrontiert sein. 1479 1480 1481 1482 1483 1484 5.3.1. Maßnahmen des Bundes 5.3.2. Maßnahmen der Länder und Kommunen 5.3.3. Europäische Rahmenbedingungen 5.4. Institutionelle Verankerung 1485 1486 1487 1488 6. Monitoring und Revisionsklauseln 7. Anhang 45 Siehe schriftliche Antwort des Bundes zur Abfrage strukturpolitischer Maßnahmen, Sitzung am 23.08.2018. 41 DAS RHEINISCHE ZUKUNFTSREVIER ECKPUNKTE EINES WIRTSCHAFTS- UND STRUKTURPROGRAMMS Sachstand 26.09.2018 Inhalt 0_Vorwort S. 03 1_Herausforderungen für das Rheinische Zukunftsrevier anpacken S. 04 2_Vorbemkerungen S. 06 3_Bedeutung und Perspektive der Energiewirtschaft und Industrie S. 08 4_Kurzfristige Neudefinition von Rahmenbedingungen S. 14 5_Strukturprogramm für ein Rheinisches Zukunftsrevier S. 15 6_Das Rheinische Zukunftsrevier als Projektraum S. 16 7_Zukunftsfelder S. 18 7.1_Zukunftsfeld ENERGIE und INDUSTRIE S. 20 7.2_Zukunftsfeld RAUM und INFRASTRUKTUR S. 24 S. 28 7.3_Zukunftsfeld INNOVATION und BILDUNG 7.4_Zukunftsfeld RESSOURCEN und AGROBUSINESS S. 32 8_Akteure_Organisation_Kommunikation S. 36 9_Dynamischer Prozess S. 38 Impressum Zukunftsagentur Rheinisches Revier GmbH Karl-Heinz-Beckurts-Straße 13 52428 Jülich Telefon: 02461 690-180 www.rheinisches-revier.de Erarbeitet durch: Zukunftsagentur Rheinisches Revier GmbH www.rheinisches-revier.de Büro für Stadtplanung und strategische Projektentwicklung Dr. Wolfgang Wackerl, Elias Schley, Dominik Werner www.wackerl-stadtplanung.de Gefördert durch: In Zusammenarbeit mit: Region Köln/Bonn e.V. Region Aachen Zweckverband Standort Niederrhein GmbH Entwicklungsgesellschaft Indeland GmbH Städteregion Aachen, Rhein-Kreis Neuss, Rhein-Erft-Kreis Bildnachweis: Alle nicht gekennzeichneten Bilder von: Zukunftsagentur Rheinisches Revier GmbH, Regionalmanagements, Kreise, Städte, Gemeinden, Projektpartner des Rheinischen Reviers, RWE Power AG, IRR GmbH/Andreas Schmitter, DLR/Lannert, e.GO Mobile AG, Fotoarchiv der RWTH Aachen/ Winandy, FZ Jülich / Limbach, Hydro Aluminium Deutschland GmbH, NRW.URBAN Service GmbH, Ralf Schuhmann (www.schuhmann-foto.de) 2 Vorwort Der präventive Strukturwandel im Rheinischen Revier tritt in eine neue Phase. Die Bundesregierung hat die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ eingesetzt, um konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele sowie einen Plan zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung, einschließlich eines Abschlussdatums, zu erhalten. Zugleich soll die Kommission konkrete Perspektiven für neue, zukunftssichere Arbeitsplätze in den betroffenen Regionen entwickeln sowie einen Instrumentenmix für die notwendigen Investitionen und Förderungen. Klar ist, es kann nicht den einen Plan für alle deutschen Reviere geben. Jede Region hat ihre eigenen Besonderheiten, Herausforderungen und Talente. Die Antworten und Lösungsvorschläge, mit denen die Kommission und die Bundesregierung arbeiten, müssen zum Großteil aus den Revieren selbst kommen. Das Rheinische Revier ist hierauf vorbereitet. Zum einen verfügt das Rheinland über hochinnovative Unternehmen und exzellente Wissenschaftsstandorte, auf denen neue Wertschöpfung aufbauen kann. Zum anderen arbeiten die in der Region tätigen Akteure bereits in einem Netzwerk intensiv zusammen. Schon 2014 wurde die IRR GmbH gegründet, die wichtige Vorarbeiten geleistet hat und eine Klammer um das Akteursnetzwerk bildet. Für die neue Phase des Strukturwandels hat sich die IRR GmbH zur Zukunftsagentur Rheinisches Revier GmbH weiterentwickelt. Sie ist das gemeinsame Instrument des Landes, der Region und des tagebautreibenden Konzerns zur Steuerung des Strukturwandels im rheinischen Braunkohlerevier. Ziel und Zweck der Gesellschaft ist es, ein konkretes und unmittelbar handlungsrelevantes Umsetzungskonzept für den regionalen Transformationsprozess zu entwickeln und zu befördern. Die Gremien unserer Gesellschaft sind sich einig, dass die Gestaltung des Strukturwandels einen integrierten Entwicklungsansatz braucht, der Strategien, Projekte und Kooperationen in zentralen Zukunftsfeldern zusammenfasst. „Energie und Industrie“, „Raum und Infrastruktur“, „Innovation und Bildung“ sowie „Ressourcen und Agrobusiness“ sind Treiber der relevanten Handlungsfelder für die weitere strukturelle Entwicklung des Rheinischen Reviers. Der Klimaschutz für die nachfolgenden Generationen ist ebenso nachhaltig sicherzustellen wie der Erhalt der Versorgungssicherheit bei gleichzeitiger Bereitstellung bezahlbarer Energie für unsere Industrie. Der Erhalt von Wertschöpfungsketten, die weit über das Revier hinaus bestehen, ist sicherzustellen. Die Gestaltung eines erfolgreichen Strukturwandels kann nicht binnen weniger Monate endgültig definiert werden, sondern erfordert einen dynamischen Qualifizierungs- und Entwicklungsprozess über einen langen Zeitraum! Dabei muss nach der Maxime gehandelt werden, dass zuerst neue, hochwertige Arbeitsplätze geschaffen werden müssen. Entsprechend sind weitere Strukturhilfemittel des Bundes für alle Reviere in ausreichender Höhe und für einen ausreichend langen Zeitraum und mit individueller Passung zur Verfügung zu stellen. Der Schlüssel für die Verteilung von Fördermitteln muss die Entwicklungspotenziale und Chancen adressieren: Jeder Euro, der im Rheinischen Revier investiert wird, zahlt sich aus – und das nicht nur für das Revier! Ralph Sterck Zukunftsagentur Rheinisches Revier GmbH 3 HERAUSFORDERUNGEN FÜR DAS RHEINISCHE ZUKUNFTSREVIER ANPACKEN DAS RHEINISCHE REVIER: eIN TRANSFORMATIONSRAUM MIT ENERGIE UND INNOVATION Das Rheinische Revier steht für Energie und Innovation sowie für eine räumliche Transformationsaufgabe, für die es aufgrund ihrer gewaltigen Dimension in Europa kein zweites Beispiel gibt. Mit diesem Wirtschaftsund Strukturprogramm sollen Impulse gesetzt werden, um den Strukturwandel der Energiewirtschaft, der Industrie und räumlichen Infrastruktur für die Transformation zu einem Rheinischen Zukunftsrevier zu nutzen: mit neuen Geschäftsmodellen, guter Arbeit und einem lebenswerten Umfeld. RÄUMLICHER TRANSFORMATIONSPROZESS BEISPIELLOSER DIMENSION Das Rheinische Revier ist mit etwa 55 Milliarden Tonnen nicht nur die größte zusammenhängende Braunkohlelagerstätte, sondern auch in ihrem Charakter und in ihrer gewaltigen räumlichen Ausdehnung einzigartig für ganz Europa. Seit Jahrzehnten vollziehen sich hier im Zuge der Braunkohletätigkeit und anschließenden Rekultivierung tiefgreifende räumliche Umstrukturierungsprozesse, die zu großen Landschafts- und Raumveränderungen führen. Vor dem Hintergrund des anstehenden Strukturwandels und der gemeinsamen Aufgabe, diesen Wandel vorausschauend zu gestalten, gewinnt dieser räumliche Transformationsprozess zusätzlich an Bedeutung. Dabei führen die gewaltigen Veränderungen im Rheinischen Revier nicht nur zu großen Herausforderungen für die zukünftige Entwicklung. Sie implizieren auch die Möglichkeit einer zukunftsfähigen Neuordnung des Raumes. In den letzten Jahren hat sich das Rheinische Revier auf den Weg gemacht, im Rahmen eines intensiven Leitbildund Dialogprozesses in Kooperation mit allen gesellschaftlichen Akteuren einen gemeinsamen Zukunftsraum zu gestalten. Ziel ist eine integrierte und nachhal- 4 tige Entwicklung, die bestehende (teil-) räumliche Konzepte miteinander verknüpft, diese durch neue Strategien ergänzt und den Ansprüchen einer zukunftsfähigen Wirtschafts-, Siedlungs-, Verkehrs- und Freiraumentwicklung gleichermaßen gerecht wird. Hierfür sind gewaltige Anstrengungen und gemeinsame Investitionen in die Zukunft unerlässlich. Angesichts der gewaltigen räumlichen und zeitlichen Dimension wird eine zukunftsfähige Transformation nur gelingen, wenn die dafür notwendigen professionellen und physischen Strukturen frühzeitig aufgebaut werden. So bedarf es eines massiven Invests für den Aufbau und die Erschließung zukunftsfähiger Infrastrukturen über einen längeren Zeitraum hinweg, den das Rheinische Revier nicht aus sich selbst heraus tragen kann. Über Jahrzehnte verhinderten die großen Tagebaue mit ihrer Barrierewirkung eine zusammenhängende Entwicklung des Raumes. Die zukunftsfähige Neuausrichtung des Rheinischen Reviers erfordert einen massiven Ausbau geeigneter Verkehrsinfrastrukturen, um den Raum zu erschließen und dessen Entwicklungspotenziale optimal an die großen Ballungszentren wie Köln, Düsseldorf, Mönchengladbach und Aachen anzubinden. Neue intelligente Verkehrsangebote in Kombination mit innovativen Technologien und Antriebssystemen (schnelle Radwege, Ausbau Schienenverkehr, neue Verkehrstrassen/notwendige Lückenschlüsse, Ausbau klimaneutraler Mobilität im ländlichen Raum, Aufbau smarter Logistik-Zentren…) können dabei helfen, Distanzen leichter zu überwinden und urbane wie ländliche Qualitäten besser miteinander zu verknüpfen. Hierüber können weitergehende StadtLand-Beziehungen zwischen dem Rheinischen Revier und den Agglomerationsräumen gefördert werden (Entlastung als Wohn- und Gewerbestandort, Versorgung der Ballungsräume mit Nahrungsmittel, Energie und Ressourcen, Raum für Naherholung…). Die Erschließung neuer Flächenpotenziale und der Aufbau wirtschaftsnaher Infrastruktur anhand interkommunaler Kompetenzareale und innovativer Gewerbegebiete stellen in Verbindung mit der Profilierung standortbezogener Alleinstellungsmerkmale und F&E-Potenziale weitere wichtige Aufgaben im Zuge der räumlichen Entwicklung dar – mit hoher Strukturwirksamkeit für das Rheinische Revier und darüber hinaus. Dabei geht es auch um eine regional abgestimmte Flächenentwicklungs- und Vermarktungsstrategie – sowohl nach innen, zur Bündelung regionaler Ressourcen und als abgestimmter Beitrag zur Regionalplanung, als auch nach außen, als gemeinsame Bewerbung und Vermarktung des Rheinischen Reviers gegenüber potentiellen Investoren. Gleichzeitig besteht im Zuge der großen raumgreifenden Strukturveränderungen des Rheinischen Reviers die besondere Chance einer zukunftsfähigen Dorf-, Quartiers- und Stadtentwicklung. Eine ambitionierte Entwicklung neuer Quartiere und Dörfer der Zukunft kann dabei helfen, den spezifischen Anforderungen und Potenzialen des Reviers gerecht zu werden und gleichzeitig beispielhafte Antworten für aktuelle Fragestellungen wie Energiewende, Klima- und Ressourcenschutz auch für andere Regionen zu liefern. Nicht zuletzt offeriert das Rheinische Revier als ein Landschaftsraum im Wandel mit seinen großen Landschaftsbaustellen rund um die Tagebaue die einmalige Gelegenheit, parallel zur Tagebauentwicklung frühzeitig einzigartige Rekultivierungslandschaften hoher Qualität zu gestalten. Ausgehend von innovativen Einzelprojekten kann ein zusammenhängendes Freiraumsystem hoher regionaler Wertschöpfung (Grüne Infrastruktur, Naherholungsraum/Tourismus, Agrobusiness/Bioökonomie) etabliert werden. NEUE GESCHÄFTSFELDER FÜR EINE AKTIVE INDUSTRIE- UND INNOVATIONSREGION Das Rheinische Revier als Raum der Energie und Innovation umfasst den überwiegend ländlichen Raum des linksrheinischen Rheinlands, der durch die großen aktiven Braunkohlentagebaue Hambach, Garzweiler und Inden, die Kraftwerksstandorte sowie durch die angeschlossenen Veredelungsbetriebe und Unternehmensstandorte energieintensiver Industrie geprägt wird. Rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier in der Braunkohlewirtschaft unmittelbar tätig. 740 Mio. EUR Bruttolohnund Gehaltssumme pro Jahr und 735 Mio. EUR Auftragsvolumen pro Jahr bei den Zulieferern der Braunkohleunternehmen führen durch Multiplikatoreffekte zu weiteren 10.000 Beschäftigten, die in der Region von der Braunkohlewirtschaft profitieren. Das Rheinische Revier ist Teil der Metropolregion Rheinland, einem urbanen Wirtschaftsraum mit exzellenten Forschungs- und Hochschuleinrichtungen (u. a. RWTH Aachen, Universität zu Köln, Forschungszentrum Jülich). Die großen Städte, die das Rheinische Revier umgeben, können aufgrund ihrer Stärken in Wirtschaft und Wissenschaft den Strukturwandel mit wichtigen Impulsen versehen. Dazu sei beispielhaft auf die Street-Scooter-Erfolgsgeschichte verwiesen. Überdies verfügt die Region in Jülich (mitten im Revier) über eine herausragende Konzentration akademischer Lehr- und Forschungseinrichtungen mit Schwerpunkten in Neuen Energien und Digitalisierung. Die Industrie im Rheinland blickt hier auf eine Ansiedlungsgeschichte zurück, die in hohem Maße durch die kostengünstige und sichere Energieversorgung auf Grundlage der Braunkohle aus dem Rheinischen Revier getrieben wurde: Heute arbeiten im Rheinland, sei es in der Aluminiumindustrie im Rhein-Kreis Neuss, der Papierindustrie im Kreis Dü- ren oder der Chemieindustrie im Raum Köln, 93.000 Beschäftigte in der energieintensiven Industrie und erwirtschaften einen jährlichen Umsatz von 32 Mrd. EUR. Das Rheinische Revier leistet mit einem 2 planmäßigen CO -Minderungs- und Braunkohleausstiegspfad einen ambitionierten Beitrag zu den Klimaschutzzielen von Paris. Wenn nun in der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (WSB-Kommission) über eine noch schnellere Beendigung der Braunkohleverstromung verhandelt wird, stellt die WSB-Kommission damit gleichwohl eine wichtige Basis für den Erfolg der ganzen Metropolregion Rheinland in Frage. Die Fallhöhe ist groß. In Verantwortung für die Menschen, die hier leben und arbeiten, und in Verantwortung für die in der Region ansässigen energieintensiven Unternehmen muss eine Transformation des Rheinischen Reviers verbunden werden mit • der Weiterentwicklung wettbewerbsfähiger Standortbedingungen für die Energiewirtschaft und die energieintensive Industrie im Rheinland und • Impulsen für neue Wertschöpfung, Beschäftigung und Lebensqualität im Rheinischen Revier. Nordrhein-Westfalen beendet 2018 den Steinkohlenbergbau. Die Kohle an Rhein und Ruhr hat in Westdeutschland die Grundlage für den Wiederaufbau und die Entwicklung zu der erfolgreichen Wirtschaftsnation gelegt, die Deutschland heute international darstellt. Damit verbunden konzentrieren sich in Nordrhein-Westfalen auch die energieintensive Industrie und die Herausforderung, dass sich die Industrie vor dem Hintergrund der Energiewende neue Innovations- und Geschäftsfelder aufbaut. Das Rheinische Revier wird dazu seinen Beitrag leisten. Hier wird sich Zukunftsfähigkeit entscheiden. Dafür erwartet die Region von der Bundes- und der Landesregierung eine angemessene Unterstützung bei diesen Aufgaben. 5 VORBEMERKUNGEN GRUNDSÄTZLICHE VORBEMERKUNGEN 6 • Innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens für die Beratungen der Kommission kann kein abschließendes Strukturprogramm für das Rheinische Revier erarbeitet werden: Die Gestaltung eines erfolgreichen Strukturwandels erfordert einen dynamischen Qualifizierungs- u. Entwicklungsprozess über einen langen Zeitraum. Die vorliegenden Eckpunkte sollen konzeptionell weiter geschärft, mit strukturwirksamen Projekten hinterlegt und über einen langfristig angelegten Prozess in die Umsetzung gebracht werden. • Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit der Energie sind gleichrangige Ziele: Für die Gestaltung des Strukturwandels braucht es einen ganzheitlichen Entwicklungsansatz, der Ziele, Strategien, Projekte und Kooperationen in zentralen Zukunftsfeldern zusammenfasst. Es geht zuvorderst um die Schaffung neuer Zukunftschancen innerhalb des Reviers! • Das Rheinische Revier befindet sich bereits auf einem planmäßigen CO2 -Minderungs- und Braunkohleausstiegspfad, dessen Auswirkungen von einer aktiven Struktur- und Arbeitsmarktpolitik antizipiert werden müssen. Das Rheinische Revier ist mit ca. 10.000 direkten Arbeitsplätzen in der Braunkohlewirtschaft und 93.000 Arbeitsplätzen in der energieintensiven Industrie im Rheinland doppelt betroffen. Praktisch jede energiepolitische Maßnahme, die derzeit diskutiert wird, wird sich weit über die Energiewirtschaft selbst auswirken – auf die gesamte energieintensive Industrie. Die Herausforderungen und Folgen können aus heutiger Sicht nicht vollständig abgeschätzt werden. • Die bisher ausgestellten Genehmigungen und Planungen für die Wiedernutzbarmachung der Tagebaue gehen von den ursprünglich vereinbarten Zeitrahmen und genehmigten Abbaufeldern aus. Eine vorzeitige Beendigung des Abbaus führt zu anderen Grundvoraussetzungen für diese Planungen, so dass Anpassungen und erneute Genehmigungen erforderlich werden. Dabei müssen der Zeitbedarf für die notwendigen komplexen und gestaffelten Planverfahren sowie eine durchgängige Rechtssicherheit der vorliegenden Genehmigungen unbedingt berücksichtigt werden. Nur so können kurzfristige Auswirkungen auf den Tagebau- und Kraftwerksbetrieb verhindert und eine hochwertige Wiedernutzbarmachung genehmigungsrechtlich abgesichert werden. • Bevor Erzeugungsleistung reduziert wird, muss sichergestellt sein, dass jederzeit ausreichend Energie für den Netzbetrieb und die Versorgungssicherheit in der Region verfügbar ist. Bezahlbare Energiepreise sind die Basis für die Wettbewerbsfähigkeit vieler Betriebe der Region. • Die Herausforderungen der Industriegesellschaft will das Rheinische Revier durch Lösungen der Industriegesellschaft beantworten, und nicht um den Preis der Deindustrialisierung. Innovationen aus den Hochschulen, Piloten und Demonstratoren im laufenden Betrieb werden einen Lösungsraum aufzeigen. Letztlich wird das Gelingen von Transformationsprozessen in einer aktiven Energie- und Industrieregion über die Exportfähigkeit der deutschen Energiewende entscheiden. Das Rheinische Revier kann hier ein über NRW und Deutschland hinaus weisendes Zukunftsbeispiel schaffen. • Die erfolgreiche Bewältigung aktueller Herausforderungen wie Energiewende und Klimaschutz erfordert aktive Beiträge nicht nur der Energiewirtschaft. Der damit einhergehende Strukturwandel in den Revieren wird alle Politikbereiche und gesellschaftlichen Akteure fordern. • Die Gestaltung des Strukturwandels im Rheinischen Revier kann auf etablierten Kooperationen aller maßgeblichen Akteure fußen. Kooperationsstrukturen zur Bewältigung der Strukturwandelaufgaben sind gegeben und werden in der Zukunftsagentur Rheinisches Revier GmbH gebündelt. Es braucht erhebliche Ressourcen nicht nur für Strategien, Management und Kommunikation - sondern auch für die Umsetzung des Geplanten in Form von Projekten und notwendigen Investitionen, insbesondere in die Infrastruktur. • Innerhalb des Rheinischen Reviers vollzieht sich in den nächsten Jahrzehnten ein von seiner räumlichen und zeitlichen Dimension für ganz Europa beispielloser räumlicher Transformationsprozess, der massiver Investitionen in zukunftsfähige Infrastrukturen bedarf. • Der Schlüssel für die Fördermittel-Verteilung muss die Entwicklungspotenziale und Chancen adressieren: Jeder Euro, der im Rheinischen Zukunftsrevier investiert wird, zahlt sich aus – und das nicht nur für das Revier! „DAS rheinische revier vERFÜGT ÜBER die ENTWICKLUNGSPOTENZIALE UND INNOVATIONSKRAFT, UM BEI ENTSPRECHENDER UNTERSTÜTZUNG ZU EINER MODELLREGION FÜR DIE ZUKUNFTSFÄHIGE TRANSFORMATION EINER AKTIVEN INDUSTRIEREGION ZU WERDEN. JEDER EURO, DER IM RHEINISCHEN ZUKUNFTSREVIER INVESTIERT WIRD, ZAHLT SICH AUS UND DAS NICHT NUR FÜR DAS REVIER!“ 7 Bedeutung und Perspektive der Energiewirtschaft und Industrie im Rheinischen Revier Verhinderung eines negativen „Domino-Effektes“ und Transformation in ein Rheinisches Zukunftsrevier Energie- und Industrieland NRW / Rheinisches Braunkohlerevier / Zahlen, Daten, Fakten Wir sind Hauptbetroffene der Ergebnisse der Strukturkommission In der nordrhein-westfälischen Industrie erwirtschaften rund 1,2 Millionen Beschäftigte einen Jahresumsatz von rd. 330 Milliarden Euro. Rund 30% der Arbeitsplätze der deutschen Chemieindustrie, 40% in der Metallerzeugung- und -verarbeitung sowie 22% im Papiergewerbe finden sich in NRW. Auf NRW entfallen rund 25% des Stromverbrauchs und 27% der Stromproduktion Deutschlands. Mit der rheinischen Braunkohle wurden im Jahr 2016 ca. 12% des deutschen und 43% des NRW-Stroms erzeugt. Das Rheinische Braunkohlerevier war im Jahr 2017 mit 53,3% der Braunkohleförderung und ca. 10.000 Beschäftigten das größte Braunkohlerevier in Deutschland. Der Braunkohlestrom ist derzeit vergleichsweise günstig und deshalb ein wichtiger Wettbewerbsfaktor für die NRW-Industrie im internationalen Wettbewerb. Durch höhere Strompreise droht ein negativer „Dominoeffekt“: höhere Kosten der Industrie, mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, Abwanderung der Industrie (Carbon Leakage), Verlust von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen! Dies gilt es, nicht nur im Interesse des Rheinischen Reviers, zu verhindern! 8 Wirtschaftliche Bedeutung der Braunkohle und DER energieintensiven Industrie im Rheinischen Revier Nach Angaben von RWE bietet der Konzern in der Braunkohlensparte derzeit direkt rund 10.000 Beschäftigungen an, davon 400 Ausbildungsplätze zzgl. Beschäftigungseffekten in vor- und nachgelagerten Bereichen. RWE zahlt brutto jährlich ca. 740 Mio. Euro Lohn und Gehalt. Dazu kommt ein Auftragsvolumen von rund 735 Mio. Euro für ca. 3.200 Unternehmen in Region. In den drei IHK-Bezirken (Aachen, Köln, Mönchengladbach) arbeiten 93.340 Menschen in energieintensiv produzierenden Betrieben (mehr als 5,4% aller Beschäftigten). Von jedem dieser Arbeitsplätze hängen in NRW fast zwei weitere ab: Die Produktion der energieintensiven Unternehmen in den drei IHK-Bezirken sichert in NRW 250.600 Beschäftigungen. 32 Mrd. Euro Umsatz pro Jahr erzielen in den drei IHK-Bezirken allein die energieintensiven Branchen: Baustoffe, Chemie, Gießereien, Glas, Nahrungs- und Futtermittel, Nicht-Eisenmetalle, Papier und Stahl. Mit 7,1 Mrd. Euro sorgen energieintensive Industrien für eine überdurchschnittliche Wertschöpfung. Die NRW-Wirtschaft profitiert in besonderem Maße von energieintensiven Unternehmen: Eine regionale Wertschöpfung von einem Euro dieser Industrien löst in NRW eine Wertschöpfung von insgesamt 2,70 Euro aus. Bezahlbarer und sicher verfügbarer Strom ist der zentrale Produktionsfaktor für energieintensive Unternehmen. In den drei IHK-Bezirken (AC, K, MG) benötigen die energieintensiven Unternehmen im Jahr etwa 15.000 GWh. Dies entspricht 6,3% des industriellen Gesamtverbrauchs in Deutschland. In diesen drei Regionen entfallen etwa 60% des industriellen Stromverbrauchs auf die energieintensiven Industrien. Auch der Stromverbrauch pro in der Industrie Beschäftigten fällt in den drei Regionen mit durchschnittlich etwa 83 MWh deutlich höher aus als im NRW-Durchschnitt (54 MWh) und Deutschland (36 MWh). Dieser hohe Energieverbrauch beruht nicht auf Ineffizienz. Weil Energiekosten für energieintensive Unternehmen ein gewaltiger Kostenfaktor sind, setzen diese diverse 1 Maßnahmen der Energieeinsparung um. Quelle : frontier economics: Die Bedeutung des Wertschöpfungsfaktors 1 Köln und Mittlerer Niederrhein, Köln Juni 2018 Energie in den Regionen Aachen, 9 Das Rheinische Revier PlanmäSSiger CO2-Minderungspfad Das Rheinische Revier befindet sich bereits auf einem planmäßigen CO2-Minderungspfad, der eine verlässliche Grundlage für das Handeln der Akteure im Rheinischen Revier darstellt. Die Braunkohleplanung ist zur Mitte des Jahrhunderts hin auslaufend: • 2017 bis 2023: Sicherheitsbereitschaft und anschl. Abschaltung von fünf 300 MW Kraftwerksblöcken / Endgültige Schließung des Kraftwerks Frimmersdorf » dadurch Reduktion des CO2-Ausstoßes der rheinischen Braunkohleindustrie bis 2020 (gegenüber dem Vergleichswert 2015) um 15% • ca. 2030: Auskohlung Tagebau Inden und Ende der Braunkohleverstromung im Kraftwerk Weisweiler » dadurch Reduktion des CO2-Ausstoßes der rheinischen Braunkohleindustrie bis ca. 2030 (gegenüber dem Vergleichswert 2015) um 40 bis 50% » Wer das beschleunigen will, muss Folgen abschätzen, Risiken auffangen und Alternativen bieten! 10 Das Rheinische Revier ist das Kraftzentrum für die energieintensive Industrie im Rheinland Rheinisches Revier Braunkohlentagebaue, Kraftwerke, Verarbeitung1 10.000 direkt Beschäftigte 740 Mio. € / a Bruttolohn- und Gehaltssumme 735 Mio. € / a Auftragsvolumen in der Region Ansiedlung aufgrund: - günstiger Energiepreis - Versorgungssicherheit Rheinland Energieintensive Industrie2 93.000 direkt Beschäftigte 32 Mrd. € / a Umsatz 15.000 GWh / a Stromverbrauch Dominoeffekt verhindern! Das ist jetzt wichtig: Industriestandort sichern und weiterentwickeln Deutschland, NRW und das Rheinland/Rheinische Revier sollen Standort einer starken, innovativen und international wettbewerbsfähigen (energieintensiven) Industrie bleiben. Die Industrie braucht jetzt eine Zukunftsperspektive für Investitionen im Rheinischen Revier/Rheinland. Voraussetzung dafür ist die Versorgungssicherheit bei wettbewerbsfähigen Strompreisen. Unser Ziel: • Die Innovationskraft der Industrie, der Hochschulen und der wissenschaftlichen Einrichtungen wird Schrittmacher für ein RHEINISCHES ZUKUNFTSREVIER sein. • Im Schulterschluss von Bund, Land und Region wird das Rheinische Revier zum Pilot- und Demonstra- tionsraum neuer Technologien und Verfahren. Quelle1: DEBRIV Quelle2 IHK-Bezirke Aachen, Köln, Mittlerer Niederrhein; Quelle: frontier economics: Die Bedeutung des Wertschöpfungsfaktors Energie in den Regionen Aachen, Köln und Mittlerer Niederrhein, Köln Juni 2018 11 Das ist jetzt wichtig: Transformation der Rheinischen Braunkohleregion in ein Zukunftsrevier Wandel des Rheinischen Reviers in eine zukunftsfähige Energie- und Industrieregion „RHEINISCHES ZUKUNFTSREVIER“ Mit dem Rückgang der Braunkohlewirtschaft müssen sich die Unternehmen der Region neue Geschäftsfelder erschließen. Sie können dazu auf ihren energiewirtschaftlichen Kompetenzen aufbauen. Auch die energieintensive Industrie muss sich mit ihrer Produktion an die sich verändernden energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen. Neue Geschäftsfelder eröffnen die Nutzung der Potenziale von Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Region. Dieses Strukturförderprogramm für das Rheinische Zukunftsrevier soll Impulse setzen, damit aus Chancen Wirklichkeit wird. Das erreichen wir durch: • Transformation der Energie- und Industrieregion (Zukunftsfeld ENERGIE und INDUSTRIE) Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, Ausbau erneuerbarer Energien, nachhaltiger Kapazitäten und Speicher; Aufbau eines regionalen Energiemanagementsystems, Erhöhung der Energie- und Ressourceneffizienz der regionalen energieintensiven Industrie; das Rheinische Revier zur Flexibilisierungsregion Nr. 1 machen (Lastmanagement) • Neue Pfade (Zukunftsfeld INNOVATION und BILDUNG) Entwicklung neuer Strukturen, Technologien und Wertschöpfungspfade, Förderung von Forschung und Innovationen, neue industrielle Kerne, Piloten und Demonstratoren aufbauen; Ausbau der Gründungsinfrastruktur • Zukunftsfähiger räumlicher Umbau (Zukunftsfeld RAUM und INFRASTRUKTUR) Räumliche Transformation des Rheinischen Reviers inkl. der Infrastruktur vor dem Hintergrund der größten Konversions- und Transformationsaufgabe und -baustelle in Europa in den nächsten 50 Jahren, und Umsetzung aktueller Herausforderungen wie Klimaschutz und Klimaanpassung • Ressourcenintelligente Region (Zukunftsfeld RESSOURCEN und AGROBUSINESS) Aufbau eines regionalen Ressourcensystems, das die besonderen Spezifika des Rheinischen Re- viers und seiner Begabungen für den Aufbau neuer Wertschöpfungen nutzt. 12 Das ist jetzt wichtig: Stärken des Rheinischen Reviers nutzen für die Transformation in ein Zukunftsrevier Stärken des Rheinischen Reviers für mögliche Handlungsfelder erhalten und jetzt für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der Region nutzen: Industrie- und Wirtschaftsregion (vgl. prognos-Studie 2017) • • • • • Energiewirtschaft Energieintensive Industrie Ressourceneffizienz, Mobilität und Logistik (enorme Massenbewegungen) Digitale / IKT-Start-Ups, Gründungen Landwirtschaft/Ernährungs- und Gesundheitswirtschaft, Tourismus Forschungs- und Innovationsregion • Vielzahl renommierter wissenschaftlicher Einrichtungen (Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren: FZ Jülich, DLR Köln, DZNE Bonn / Fraunhofer-Institute ILT Aachen, IPT Aachen, FIT St. Augustin, IAIS St. Augustin...) • Vielzahl renommierter Hochschulen (RWTH Aachen, FH Aachen, Universität Köln, TH Köln, Universität Bonn, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Heinrich-Heine Universität, Universität Düsseldorf, FH Niederrhein...) Raum in Bewegung • Gestaltung einer Landschaft im Wandel • Neue Infrastrukturen • Neue Flächenpotenziale 13 Kurzfristige Neudefinition von Rahmenbedingungen Voraussetzungen für die Entwicklung eines Rheinischen Zukunftsreviers Die Transformation der Rheinischen Tagebauregion in ein Zukunftsrevier erfordert auch eine kurzfristige Neudefinition gesetzlicher und planerischer Rahmenbedingungen. Hierzu gehören eine priviligierte Unterstützung aus folgenden Plänen, Konzepten und Verfahren zum Aufbau einer neuen Zukunftsperspektive für den Raum: • Strukturfonds starten » Das bedeutet, dass die Bundesregierung ab 2019 ein ausreichendes jährliches Budget zur Verfügung stellt, um die erforderlichen Handlungsstrukturen und Projekte aufzulegen. • Bundesverkehrswegeplan (BVWP), Landesstraßen- und ÖPNV-Bedarfsplan und Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) » Das bedeutet, dass „strukturwandelbedeutsame Projekte“ höher bewertet und zeitlich vorgezogen werden sollten. Mit den beteiligten Ressorts in Bund und Land ist die Einrichtung eines Strukturentwicklungsbonus zu prüfen. • Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW-Kulisse) » Das bedeutet, dass das komplette Rheinische Revier in die Gebietskulisse aufgenommen und Zugang zur Bundesförderung durch die Gemeinschaftsaufgabe erhält. Es sind die für die Umsetzung des Strukturprogramms erforderlichen Fördergegenstände aufzunehmen. • Planungs- und Genehmigungsprozesse im Rheinischen Revier » Das bedeutet, dass zur Förderung von Investitionen mit den beteiligten Ressorts eine Beschleunigung im Ordnungsrahmen, Planungs- und Genehmigungsverfahren geprüft wird, um dem Anspruch gerecht werden zu können, Pilot- und Demonstrationsraum neuer Ideen zu werden. • Landes- und Regionalplanverfahren » Das bedeutet, dass das Rheinische Revier den Strukturwandel in regionaler Zusammenarbeit gestaltet und dabei die Planungsprozesse verschiedener Ebenen zusammenführt (Regionalplanung, Braunkohlenplanung, Planungsverbünde, kommunale Bauleitplanung). Die Regionalräte gestalten diesen Strukturwandel ohne Strukturbrüche; die Landesregierung unterstützt sie darin, den Kommunen des Reviers eine Sonderstellung bei der Ausweisung zusätzlicher Industrie- und Gewerbegebiete zu ermöglichen und diese über konkrete Zeit-Maßnahmenpläne zu aktivieren. 14 Strukturprogramm für ein Rheinisches Zukunftsrevier ProjektRAUM, ZUKUNFTSFELDER und LeuchtturmPROJEKTE Strukturprogramm für ein Rheinisches Zukunftsrevier ProjektRAUM Vernetzende Kernraum u. Wirkungsraum ZUKUNFTSFELDER und STRATEGIEN Leuchtturm PROJEKTE Gesamt ORGANISATION und KOMMUNIKATION 15 Das RHEINISCHE ZUKUNFTSREVIER als ProjektRAUM Differenzierung zwischen Kern- und Wirkungsraum Innerhalb des Rheinischen Reviers vollzieht sich in den nächsten 50 Jahren ein räumlicher Transformationsprozess, der in seiner Dimension für ganz Europa einmalig ist. Dabei wird zwischen Kern- und Wirkungsraum des Rheinischen Reviers zu differenzieren. Kernraum des Rheinischen Reviers mit den Tagebauen (Garzweiler, Hambach, Inden) und deren Umfeld, den Kraftwerksstandorten (Niederaußem, Neurath, Frimmersdorf, Weisweiler, Knapsack), den Veredelungsbetrieben und energieintensiven Industriestandorten. Wirkungsraum des Rheinischen Reviers mit renommierten wissenschaftlichen Einrichtungen und Hochschulen (RWTH Aachen, FH Aachen, FZ Jülich, Universität Köln, TH Köln, DLR Köln, Heinrich-Heine Universität, Universität Düsseldorf, FH Niederrhein, Universität Bonn, private Hochschulen), mit kompetenten und leistungsfähigen Unternehmens- und Industriestandorten (insbes. energieintensive Industrie), die eine Beziehung zum Kernraum haben Innerhalb des sich daraus ergebenden Gesamtraums und in der synergetischen Wechselwirkung zwischen Kern- und Wirkungsraum muss sich ein Wandel vollziehen hin zum RHEINISCHEN ZUKUNFTSREVIER als zukunftsfähige Industrieregion 16 Mülheim a.d.R. Mülheim a.d.R. Kreis Viersen NL NL Kreis MettKreis Mett- Kreis Viersen Mönchengladbach Mönchengladbach Kreis Heinsberg Kreis Heinsberg RheinischBergischer RheinischKreis Bergischer Kreis Kreis Düren Kreis Düren B B Kreis Euskirchen Kreis Euskirchen Rekultivierungsflächen Rekultivierungsflächen Tagebau //Betriebsflächen Tagebau Betriebsfläche Rekultivierungsflächen 0 2,5 5 0 2,5 5 10 10 15 15 20 20 Kilometer Kilometer Genehmigte Abbaugrenze Genehmigte Abbaugrenze Tagebau / Betriebsfläche Kraftwerksstandorte Genehmigte Abbaugrenze Wirkungsraum des Rheinischen Zukunftsreviers 17 ZUKUNFTSFELDER eines tragfähigen Wirtschaftskonzeptes/Strukturprogramms für Das Rheinische Zukunftsrevier RHEINISCHES ZUKUNFTSREVIER Transformation einer zukunftsfähigen Industrieregion im Energiesystem der Zukunft Klimaschutz als Treiber ZUKUNFTSFELD ENERGIE und INDUSTRIE Energiesystem der Zukunft, Regionales Energiemanagement Energieintensive Industrie, Emissionsfreie Mobilität ZUKUNFTSFELD INNOVATION und BILDUNG ZUKUNFTSFELD RAUM und INFRASTRUKTUR Infrastruktur, Innovative Flächenentwicklung Bildung Infrastrukturausbau Gründung Ressourceneffizienz, Zirkuläre Wirtschaft Nachhaltige Carbon-Wertschöpfung Agrobusiness, Regionale Gesundheitswirtschaft 18 Digitalisierung Landschaftsumbau ZUKUNFTSFELD RESSOURCEN und AGROBUSINESS Forschung INNOVATION VALLEY RHEINLAND 19 ZUKUNFTSFELD ENERGIE und Industrie Ziele, Strategien/Konzepte, Strukturwirksame HANDLUNGSANSÄTZE NACHHALTIGE SMART ENERGIEFACTORIES KREISLÄUFE SMARTHOMES 20 ENERGIEENERGIEPLUSINTENSIVE QUARTIERE INDUSTRIE REGIONALES SEKTORENENERGIEKOPPLUNG MANAGEMENT SEKTORENVIRTUELLES KOPPLUNG KRAFTWERK NACHHALTIGE MOBILITÄT Die Geschäftsfelder der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie müssen sich aufgrund der Energiewende an neue Chancen anpassen. Das Rheinische Zukunftsrevier wird sich als Energierevier der Zukunft mit internationalem Modellcharakter aufstellen. Das Rheinische Revier ist bereits heute eine ausgewiesene Energieregion und bietet Versorgungssicherheit für mehr als 6.000 energierelevante Industrie- und Gewerbebetriebe. Diesen Standortvorteil gilt es gezielt weiter auszubauen. Die Sicherung von Unternehmensstandorten, hochwertigen Arbeitsplätzen und Wertschöpfung hängt unmittelbar mit dem Potenzial der Region zusammen, Energiesicherheit ohne Komfortverlust zu jeder Zeit und wettbewerbsfähigen Preisen gewährleisten zu können. Das Rheinische Revier soll systematisch zu einem „Energierevier der Zukunft“ werden, einem auf Energieforschung basierendem Wirtschafts- und Lebensraum für innovative Entwicklungen. Neben dem weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien bieten die vorhandenen Kraftwerksstandorte mit der gut ausgebauten Leitungsinfrastruktur Anknüpfungspunkte für nachhaltige Kapazitätssicherung, zum Beispiel über neue Gaskraftwerke in Kraft-Wärme-Kopplung und ggf. CO2 -freie Wärmespeicher. Synthetisches Gas kann aus ganz unterschiedlichen nachhaltigen Prozessen gewonnen werden. Für das zukünftige, sektorübergreifende Energiesystem sind zudem neue Strukturen und Wertschöpfungspfade in den Bereichen Power -to-X, Speicher, emissionsarme Mobilität und digitale Lösungen auf- und auszubauen. Das erfordert eine große, konzentrierte und gemeinsame Anstrengung. Die vorhandenen Potenziale gilt es, über Test-, Pilot- und Demonstrationsprojekte weiterzuentwickeln und zeitnah für das Energiesystem der Zukunft nutzbar zu machen. Mit der Etablierung eines regionalen Energiemanagements – also eines aktiven Netz-, Einspeise-, Flexibilitätsund Backupmanagements – wird im Rheinischen Revier bereits ein systemischer Ansatz erprobt. Regional erzeugte regenerative Energie soll für emissionsfreie multimodale Mobilitätsformen genutzt, effizient zu Wärme oder Kälte umgewandelt und über Speicher als Leistungsreserven für die Behebung von Engpasssituationen nutzbar sein. Die Potenziale der Sektorenkopplung müssen effektiv und effizient nutzbar gemacht werden. Informationstechnisches Echtzeitmanagement von Erzeugungs-, Speicher- und Flexibilitätspotenzialen könnte die Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz der hiesigen Industrieunternehmen steigern und sie aktiv an der Stützung des regionalen Energiesystems teilnehmen lassen. An diesen Fragen wird beispielsweise im Umsetzungskonzept „Brainergy Park Jülich“ von der FH Aachen, dem Forschungszentrum Jülich, dem Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt sowie regionalen und überregionalen Energieversorgern kooperativ gearbeitet. Hierdurch würde auch ein wirksamer Beitrag zur Etablierung von Smart Factories – der Sicherung bestehender und dem Aufbau neuer industrieller Kerne - und damit für mehr Wettbewerbsfähigkeit geschaffen. Zudem geht es um die privaten Haushalte; nicht mehr nur als Konsumenten, sondern auch als Produzenten von Energie. Sie werden zunehmend zum elementaren Bestandteil eines flexiblen und gleichzeitig sicher vernetzten Energieinfrastruktursystems. Für das Gelingen der Energiewende ist es darüber hinaus unabdingbar, geeignete Mitarbeiter ausund strukturiert weiterzubilden, insbesondere im handwerklich-technischen Bereich. Das Rheinische Zukunftsrevier will sich als Flexibilitätsregion #1 in Deutschland etablieren. Dazu ist es erforderlich, dass die Erzeugungs-, Speicherund Verbrauchsflexibilitäten der hiesigen Unternehmen systematisch erschlossen werden, um durch deren Echtzeitsteuerung einen signifikanten Beitrag zur Erhaltung der Versorgungssicherheit und zur Erreichung der Klimaschutzziele zu leisten. Das muss unterstützt werden. Die vorhandenen Potenziale zur Sektorenkopplung gilt es über Piloten weiterzuentwickeln. Die energieintensive Industrie (z.B. Metallindustrie) ist ein Vorreiter für energieeffiziente Produktionsprozesse, die angesichts der absehbaren Entwicklung bei Energie- und CO2 -Preisen weiter vorangetrieben werden müssen. Projekte - etwa im Bereich der Elektrochemie, zur optimierten Abwärmenutzung in der Papierindustrie oder zur Brennstoffzellenentwicklung - zeigen das Innovationspotential der Region. Um die Zukunftsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Industrie langfristig zu sichern, ist es notwendig und vorausschauend, in zukunftsfähige Technologien und innovative Ansätze am Standort zu investieren, die die Treibhausgas-Emissionen und Kosten der Unternehmen reduzieren. Ziel ist, auf diese Weise perspektivisch weitestgehend treibhausgasneutrale und wettbewerbsfähige Produktionsprozesse zu entwickeln und zu etablieren. Diese Anstrengungen müssen systematisiert und ausgebaut werden, mit dem Ziel, die energieintensive Industrie auch langfristig im Rheinischen Revier zu halten und Carbon Leakage zum Schutz des globalen Klimas wirksam zu begegnen. 21 Ziele • Das Rheinische Revier profiliert sich als ENERGIEREVIER DER ZUKUNFT. • Die Energiewirtschaft der Region erschließt sich langfristig tragfähige, neue Geschäftsfelder im Energiesystem der Zukunft und in neuen Mobilitätssystemen. • Die energieintensive Industrie der Region bleibt wettbewerbsfähig. • Das Rheinische Revier entwickelt sich zum Modellstandort für Anwendungen im Energiesystem der Zukunft 22 Strategien und Konzepte • Konkretisierung einer Strategie ENERGIEREVIER DER ZUKUNFT • Ausbau erneuerbarer Energien und nachhaltiger Kapazitäten für Nah- und Fernwärmenetze sowie der Nutzung von Innova- tionen im Energiesystem z.B. im Rahmen eines regionalen Energiemanagements • Stärkung der Hochschul- und Wissenschaftsinfrastruktur - Reallabore, Piloten und Demonstratoren für Energieerzeugung, -speicherung u. –transport sowie Sektorenkopplung - Entwicklung und Umsetzung von effizienten und treibhausgasneutralen Produktionsverfahren - Aufbau eines Campus für Low Carbon Technologien für die energieintensive Industrie • Aufbau eines regionalen Energiekompetenzclusters für neue Technologien und Systemlösungen mit Strukturwirkung • Entwicklung energiewirtschaftlicher Nachfolgenutzungen für ehemalige Kraftwerksstandorte, darunter Energieproduktion (G+D) und Wärmespeicher-Kraftwerke • Konkretisierung einer Strategie MOBILITÄTSREVIER DER ZUKUNFT • Stärkung klimafreundlicher Mobilität: Mobilität der Zukunft als Geschäftsfeld und Mobilitätsentwicklung im ländlichen Raum; Mobilitätsinfrastruktur • Stärkung der Hochschul- und Wissenschaftsinfrastruktur • Aufbau neuer industrieller Kerne: u.a. E-Automotive-Standort und Batteriezellenproduktion (und Zulieferindustrie) Strukturwirksame HANDLUNGSANSÄTZE • Ausbau Erneuerbarer Energien (Innovationspark Erneuerbare Energien Jüchen, Floating Solar Power Station…) • Nah- und Fernwärmenetze 4.0 / Geothermie • i.E.S.i. – vom virtuellen Kraftwerk zum funktionsfähigen regionalen Energiemanagementsystem (Verknüpfung Energieerzeugung,-speicherung, -verteilung mit einer Flexibilisierung des industriellen Energieverbrauchs unter Einsatz neuer Möglichkeiten der Digitalisierung) • Entwicklung Wasserstoffmodellstandort (Power-to-Gas / Wasserstoff-Elektrolyse…) • Ausbau Energieforschung (Gleichstrom und intelligente Netzkonzepte, Digitale Energie, SolarCampus...) • Gewerbegebiete als horizontaler und vertikaler Energy-Hub (z.B. Brainergy Park Jülich) • Ansiedlung eines DLR-Instituts für Solarforschung • Aufbau eines Campus für Low Carbon Technologien • Thermischer Stromspeicher auf einem vorhandenden Kraftwerksstandort • Regionale Energiekompetenz- und -bildungszentren (EKOZET, ENERGETICON…) • Lokale Netze und E-Mobilität im Revier: Energie lokal und nachhaltig nutzen (Ausbau Schnellladeinfrastruktur und multimo- dale Konzepte) • Projekte zum Ausbau der Elektromobilitäts-Kompetenz, Batteriezellenproduktion und autonomes/vernetztes Fahren (Campus Aldenhoven, RWTH Aachen, Street Scooter, e.GO…) 23 ZUKUNFTSFELd raum UND INFRASTRUKTUR Ziele, Strategien/Konzepte, Strukturwirksame HANDLUNGSANSÄTZE QUARTIERE UND ZUKUNFTSFÄHIGE DÖRFER DER ZUKUNFT DÖRFER NEUE WOHNFORMEN INNOVATIVE UND QUALITATIV KLIMASCHUTZHOCHWERTIGE FLÄCHENQUARTIERE ENTWICKLUNG SÜMFPUNGSWASSERNUTZUNG BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT 24 Die in ihrer Dimension herausragende räumliche Transformation im Zuge des Braunkohleabbaus, der -verstromung und Folgelandschaftsgestaltung machen das Rheinische Revier in den kommenden Jahrzehnten zur größten Landschaftsbaustelle Europas. Es gilt den räumlichen Umbau so zu gestalten, dass die infrastrukturellen und räumlichen Voraussetzungen für den Wandel des Reviers in eine zukunftsfähige Wirtschafts- und Industrieregion geschaffen werden. Für die präventive Gestaltung des Strukturwandels im Rheinischen Revier ist eine kluge und vorausschauende Raumentwicklung und Flächenpolitik als regionale Perspektive unerlässlich. Die großen Landschafts- und Raumveränderungen im Zuge der Braunkohletätigkeit und Rekultivierung implizieren auch die Möglichkeit einer vorausschauenden, zukunftsfähigen Neuordnung des Raumes. Dafür muss es gelingen, regionale Dialog- und Leitbildprozesse unter aktiver Beteiligung möglichst vieler gesellschaftlicher Akteure in Gang zu bringen. Vor diesem Hintergrund beschreibt das strategische „Zukunftsfeld Raum“ die Zielsetzung einer integrierten, nachhaltigen Raumentwicklung im Rheinischen Revier, die (teil)räumliche Konzepte miteinander verknüpft und den Ansprüchen der Wirtschafts-, Siedlungs-, Infrastruktur- und Freiraumentwicklung gleichermaßen gerecht wird. Durch die Braunkohlentagebaue ergeben sich massive Herausforderungen für die Entwicklung der Infrastruktur in der Region, die Verkehrsentwicklung ebenso wie den Breitbandausbau, für Fragen der Raumentwicklung wie für die Wiedernutzbarmachung der Tagebaue. Die nordrhein-westfälischen Tagebaue sind von wesentlich größerer Dimension als die Tagebaue im Osten Deutschlands. So werden im Tagebau Hambach und Garzweiler II sehr große Restlöcher (bzw. Tagebauseen) verbleiben. Zu den Herausforderungen gehört die Verbesserung der verkehrlichen Erschließung der Region für alle Verkehrsträger ebenso wie die koordinierte Entwicklung neu entstehender Gewerbeflächenangebote. Lückenschlüsse und Ausbaumaßnahmen im Straßen- und Schienenverkehr sowie touristische Angebote (z.B. Radwegenetz) können zusätzliche Wachstumspotentiale für die Region eröffnen. Andererseits können Veränderungen bei der zeitlichen Nutzung der Tagebaue der Region zu erheblichen Verwerfungen in der Planung führen. Umplanungen werden erhebliche fachliche Fragestellungen aufwerfen, die mit dem Instrumentarium der Braunkohlenplanung und des bergrechtlichen Fachrechts nur mit einem Vorlauf von mindestens 15 Jahren umgesetzt werden können. Durch das langfristige Auslaufen des Braunkohlenbergbaus wegfallende Gewerbesteuerzahlungen müssen kompensiert werden durch Unternehmenswachstum und neue Ansiedlungen. Wachstumsimpulse können insbesondere durch Innovationen, Digitalisierung und Gründungen entstehen. Ziel ist es, parallel zum Braunkohlestrukturwandel neue Flächenangebote zu schaffen, die die auf diesem Wege entstehende Nachfrage von Unternehmen aufnehmen können und zu strukturwirksamen Kompetenzarealen und Gewerbeflächen weiter entwickelt werden sollen. Dabei werden insbesondere größere interkommunale Flächenentwicklungen in den Blick genommen, um neue Arbeitsperspektiven für die Region zu erschließen. Im Fokus stehen dabei auch Folgeentwicklungen für nicht mehr betriebsnotwendige Flächen und Brachen (z.B. ehemalige Kraftwerksstandorte) sowie drei LEP-Flächen im Rheinischen Revier. Die Aktivierung dieser Potenziale braucht konzertierte Unterstützung von Land und Bund, die in konkrete Zeit-Maß- nahmen-Pläne gebündelt wird. Ziel ist darüber hinaus eine regional abgestimmte, übergeordnete Flächenentwicklungs- und Vermarktungsstrategie (Herausarbeiten regionaler Entwicklungsschwerpunkte / Kooperationsmöglichkeiten, thematischer Alleinstellungsmerkmale, Standortprofile/F&E-Potenziale) und die entsprechende planungsrechtliche Sicherung und Neuerschließung notwendiger Entwicklungsbelange bzw. -korridore. Die im Zuge der Tagebauentwicklung raumgreifenden Strukturveränderungen führen auch zu besonderen Herausforderungen und Chancen für eine zukunftsfähige Dorf-, Quartiers- und Stadtentwicklung im Rheinischen Revier. Hinzu kommen die besonderen Zielsetzungen und Anforderungen an das Thema Bauen, die sich vor dem Hintergrund von Energiewende und Klimaschutz ergeben. Auf Ebene des Dorfes und des Stadtquartiers gestalten Bürger gemeinsam mit Politik und Verwaltung, Unternehmen und Institutionen der Region die Zukunft vor Ort. Das Rheinische Revier ist ein Landschaftsraum im Wandel. Die großen Landschaftsveränderungen der Braunkohleindustrie bieten die Chance, parallel zur Tagebauentwicklung frühzeitig einzigartige Rekultivierungslandschaften hoher Qualität zu gestalten und ausgehend von innovativen Einzelprojekten ein zusammenhängendes Freiraumsystem (multifunktionaler Landschaftspark) hoher regionaler Wertschöpfung (Grüne Infrastruktur, Naherholungsraum/Tourismus, produktive Landschaften als Ressourcen-Lieferanten) für die Region zu etablieren. Dabei besteht das besondere Potenzial, eine klimawandelresiliente Folgelandschaft mit Modellcharakter für andere Industrieregionen zu schaffen.Eng in Verbindung mit dem Thema der Landschaftsentwicklung steht der Bereich der innovativen Landwirtschaft und das strategische Ziel einer Agrobusiness-Region. 25 Ziele • Der Weg hin zum Rheinischen Zukunftsrevier folgt einer integrierten Raumentwicklung, die den Ansprüchen der Wirtschafts-, Siedlungs-, Infrastruktur- und Freiraumentwicklung gleichermaßen gerecht wird. • Das Rheinische Revier nutzt die Umstrukturierung des Raumes, um Wachstumsdruck aus den Zentren aufzunehmen und neue Raumqualitäten zu schaffen: » Herstellung neuer Verknüpfungen (analog und digital) durch den Ausbau notwendiger Verkehrsinfrastruktur (multimodales Verkehrssystem, Ausbau Schienennetz, Ergänzung Straßeninfrastruktur) » Wirtschaftliche Flächenentwicklung (großer und zusammenhängender Industrie- und Gewerbegebiete der Zukunft) mit hohem qualitativem Anspruch » Realisierung innovativer Wohnstandorte (Dörfer und Quartiere der Zukunft) » Sicherung von Lebensqualität im Rheinischen Revier: Landschaftsumbau für neue Standortqualitäten, Nutzung der touristischen Infrastruktur (Entwicklung einer multifunktionalen „Grünen Infrastruktur“ / Multikodierung von Landschaft Strategien und Konzepte • Entwicklung Räumliches Zukunftsbild » Masterpläne Tagebauumfelder (Inden, Garzweiler, Hambach) » Profilierung/Entwicklung interkommunaler Kompetenzareale /Aktivierung LEPVI-Flächen, Konzepte für Kraftwerksstandorte (Konkrete Zeit- und Maßnahmenpläne) » Regionale GE/GI-Flächenentwicklungsstrategie /diversifizierte Ansiedlungsstrategie » Masterplan Grüne Infrastruktur / Regionales Freiraumsystem (Landschaftsumbau für die Entwicklung einzigartiger Standorte/Landschaftliche nutzen, weicher Standortfaktor, Tourismus) »Masterplan „Innovative Wohnstandorte“ im Revier (Verbundstrategien/Netzwerke „Klimaschutzquartiere“ und „Dörfer der Zukunft“ im Rheinischen Revier) » Masterplan Infrastruktur (Mobilität/Verkehrsinfrastruktur) im Rheinischen Revier (analog und digital), Regionales Mobilitätskonzept 26 Strukturwirksame HANDLUNGSANSÄTZE • Entwicklung räumliches Zukunftsbild: Erarbeitung und Zusammenführung teilräumlicher Masterpläne der Tagebau- und Kraftwerksumfelder • Kompetenzareale/Nachnutzungen Kraftwerksstandorte - LEP Flächen (Neurath, Geilenkirchen, Euskirchen) - Industriedrehkreuz Weisweiler, Inden, Stolberg - Green Battery Park Euskirchen - Transformation Frimmersdorf - Interkommunales Kompetenzareal :terra nova / Klimahülle :terra nova… - Campus Aldenhoven/Baesweiler - Forschungsflugplatz Merzbrück - Brainergy Village im Brainergy Park Jülich • Neue Städte/Quartiere und Dörfer der Zukunft (10 Modellquartiere) - Dörfer, Quartiere im Zukunftsrevier als Modellorte, in denen sich Wandel vollzieht (u.a. Faktor X-Siedlungen/Quartiere) - Neue Wohnbauflächen, Stadtentwicklung MG, innovativer Umgang mit Baustoffen: u.a. Holzcampus… • Zusammenhängendes Freiraumsystem/ multifunktionaler Landschaftspark für das Rheinische Zukunftsrevier - Umsetzung der Tagebauumfeldkonzepte Garzweiler, Inden und Hambach - Sophienhöhe - Essbare Energielandschaft Erftaue - Seenlandschaft Rheinisches Revier… • Infrastruktur - Netz von Mobilstationen im Rheinischen Revier (20 Mobilstationen im RR) - Erfttal SBahn RB 38 - Elektrifizierung der Eifelstrecke Köln-Euskirchen-Trier - Schienengebundene Wasserstoff-Mobilität - Umwidmung RWE-Bahntrassen für Güter und Personenverkehr - Netz schneller Radwege - Kanal-Verbundsystem „Wasser-Dreieck“ - Restsee-Nutzung - Rheinquerung Wesseling 27 ZUKUNFTSFELD INNOVATION UND BILDUNG Ziele, Strategien/Konzepte, Strukturwirksame HANDLUNGSANSÄTZE INNOVATION RESSOURCENHUBS, OPTIMIERTE REGIONALE GEWERBEGEBIETE GRÜNDERZENTREN FORSCHUNG FORSCHUNG && WISSENSCHAFT WISSENSCHAFT (AUS-)BILDUNG AUSBILDUNG REGIONAL ABGESTIMMTE SMART FLÄCHENLOGISTICS ENTWICKLUNGEN 28 OPTIMIERUNG SCIENCE-TOSIENCE-TOBUSINESS BUINESSCENTER TRANSFER INDUSTRIE 4.0 FOLGENUTZUNG VON SMART KRAFTWERKFACTORIES STANDORTEN Das Rheinische Revier ist eingebunden in die Metropolregion Rheinland, die durch ihre Innovations- und Forschungsinfrastruktur exzellente Potentiale für neue Prozesse und Produkte, Gründungen und eine Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft aufweist. Das Rheinische Revier wird InnovationsREVIER der Zukunft. Hochschulen und Wissenschaft öffnen sich in die Region und schaffen neues Geschäft. Die Wissenschafts- und Forschungsregion muss gestärkt werden, denn Forschung und Entwicklung liefern Lösungen für viele drängende Probleme und Zukunftsfragen. Das Rheinische Zukunftsrevier kann dabei als beispielhafter Referenz- und Modellraum auch für andere Regionen dienen. Dabei kommt es darauf an, dass die Potentiale aus den Hochschulen und Forschungseinrichtungen für die Entwicklung der Region noch wirkungsvoller nutzbar gemacht werden. Es kann eine über Deutschland hinaus weisende Marke geschaffen werden. Im „Innovation Valley Rheinland“ sollen Wissenschaft und Wirtschaft noch leichter zueinander finden und anhand konkreter F&E-Projekte ihre Kooperation intensivieren. Dazu wollen die Universitäten und Hochschulen Aachen, Köln und Düsseldorf sowie das Forschungszentrum Jülich gemeinsam mit vielen weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen durch die Nutzung ihrer exzellenten Forschung im Rahmen von Start-up Centern Impulse für Gründungen und Ausgründungen in die Region setzen. Mit dem Streetscooter und dem e.GO ist dies bereits modellhaft gelungen. Wachstumspotentiale der Hochschulen können über spill-over-Effekte im Raum zwischen den Hochschulen sowie mittels der ausgezeichneten Flächenpotentiale (z.B. LEP-Fläche Euskirchen) genutzt und auf diese Weise neue Beschäftigung geschaffen und die Wertschöpfungsverluste einer Transformation der Tagebauregion kompensiert werden. Die Strategie besteht darin, wissenschafts- und forschungsbasierte Innovationskraft verstärkt in den mittel- und langfristigen Strukturwandel einzubringen, um die Region überregional, national und international als zentralen Innovationsraum zu positionieren. Dieser innovationsfokussierte Weg ist auf dem Weg in die Zukunft wesentlich auszuweiten. Dazu sind vorliegende Wissenspotentiale auszuschöpfen, die neue Entwicklungs- und Wertschöpfungspfade für das Rheinische Revier aufzeigen und ein möglichst breites Spektrum an ökonomischen Chancen eröffnen. Wissenschaftliche Forschung und deren Umsetzung in Technologien sollen die Basis für neue Geschäftsmodelle werden, und nicht nur Erträge oder Profitabilität, sondern vor allem auch Qualifizierungs- und Erwerbsmöglichkeiten in der Region initiieren. Dieser Prozess wurde bereits begonnen. Vier der sechs vom Land Nordrhein-Westfalen und einer der vom Bund geförderten Digital Hubs sind im Rheinland angesiedelt (Aachen, Düsseldorf, Bonn und Köln). Darüber hinaus haben sich mittlerweile eine wachsende Zahl privater Inkubatoren und Akzeleratoren für Start-ups und Spinoffs angesiedelt. Da die Hubs regional wirken und überregional zusammenarbeiten, sind sie Anlaufstelle für Start-ups und etablierte Unternehmen aus dem Rheinischen Revier. Zudem sind vier von aktuell zehn DWNRW-Networks im Rheinland ansässig, eines davon direkt im Rheinischen Revier („ARCANUS – Das Digital Network für Entrepreneurship im Bereich Kritischer Infrastrukturen“ mit Sitz in Elsdorf-Heppendorf). Ziel des Programms DWNRW-Networks ist es, Akteure aus Start-ups, Mittelstand und Industrie in den Regionen zusammenzubringen, um vor Ort den Austausch zu allen wichtigen Themen der Digitalisierung zu ermöglichen. Die ausgewählten Projekte sind Anlaufstelle für konkrete Beratungs- und Finanzierungsfragen. Sie arbeiten mit den Hubs der Digitalen Wirtschaft zusammen und ergänzen den regionalen Austausch. Für Hubs und Networks gilt: Es braucht Zeit, bis sich diese Ökosysteme entwickeln und in die Region hineinwirken, digitale Start-ups generieren und ihre Rolle eines Impulsgebers für die digitale Transformation der etablierten Unternehmen vollumfänglich ausfüllen. Als nächster Schritt sollen an den Universitäten und Forschungsstätten in enger Zusammenarbeit mit dem Ecosystem „Exzellenz Start-up Center“ aufgebaut werden. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Überwindung von regionalen Grenzen im Start-up-Ökosystem. Viele der Angebote im Rheinischen Revier sind an regionale Grenzen gebunden und können so nicht optimal in die Region hineinwirken. Dadurch gehen wichtige Synergien verloren. Welche Schlagkraft durch eine überregionale Zusammenarbeit entwickelt werden kann, ist beispielhaft an jüngsten Initiativen der DWNRW-Hubs sowie des Bundesverbandes Startup e.V. unter dem Dach NRWalley zu erkennen. Um zukünftig als ein zusammenwirkender und schlagkräftiger Digital- und Innovationsstandort gesehen zu werden, bedarf es einer gestärkten regionalen Zusammenarbeit im Rheinland wie im Rhein-Ruhr-Raum sowie grenzüberschreitend mit Belgien und den Niederlanden. Vor diesem Hintergrund steht der anstehende Strukturwandel im Rheinischen Revier in einem engen Zusammenhang mit einem entsprechenden Aus- und Weiterbildungsangebot in der Region. Die Innovationsfähigkeit des Rheinischen Zukunftsreviers erfordert die stetige Fortentwicklung bestehender Kompetenzen und deren Ergänzungen um neue Themenfelder wie Neue Energien, Ressourcen- und Klimaschutz, E-Mobilität und Digitalisierung/Industrie 4.0. 29 Ziele • Das Rheinische Zukunftsrevier wird durch seine wegweisende Gründungskultur zum Innovation Valley Rheinland. • Ausgründungen aus Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen führen zu neuen Ansiedlungen im Revier. • Im Sinne eines Research to Money entstehen aus der Wissenschaft verstärkt Anwendungen in der Wirtschaft. • Die Innovationskraft der Hochschulen und Forschungseinrichtungen des Rheinischen Reviers unterstützen eine zukunftsfähige Transformation der Region. • Das Rheinische Zukunftsrevier nutzt die Chancen der Digitalisierung für regionale Wertschöpfung. • Lebenslanges Lernen im Rheinischen Zukunftsrevier wird eine wichtige Basis für die weitere Entwicklung 30 Strategien und Konzepte • Konkretisierung einer Strategie Innovation Valley Rheinland • Verbesserung der Gründungsinfrastruktur und der Innovationssolutions insbesondere an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen zur Entwicklung von Spill over in die Region als neues Innovation Valley Rheinland • Entwicklung und Umsetzung einer FuE-Strategie für das Innovation Valley Rheinland: Ansiedlung / Erweiterung von Hochschulen, neuen Instituten und Förderung der Konsortialforschung im Revier • Etablierung von Science-to-Business-Centern und zukunftsfähigen Technologieparks • Stärkung der Aus- und Weiterbildung, insbesondere im Bereich der Digitalisierung (Rheinisches Zukunftsrevier 4.0) • Umfassende Erschließung der Region mit digitaler Infrastruktur • Optimierte Entwicklung und Vermarktung von Gewerbeimmobilien und -flächen Strukturwirksame HANDLUNGSANSÄTZE • F&E-Projekte in allen benannten Zukunftsfeldern: Piloten und Demonstratoren • Hochschulerweiterungen: u.a. TH Köln Campus Rhein-Erft, Campus West RWTH Aachen... • Errichtung von 5 Innovation Hubs und Gründerzentren im Rheinischen Revier: u.a. Innovationcenter Düren, Forum Heppendorf/Elsdorf, Holzcampus.Eifel, Brainergy Hub Jülich • RWE Ausbildungsstandorte als Lernfabriken für die Zukunft sichern • Ausbau der digitalen Infrastruktur und Projekte der Digitalisierung in allen Zukunftsfeldern: - Virtuelles Kraftwerk / Regionales Energiemanagementsystem - Smart Homes/Smart Villages (Digitale Dörfer) - Rural Hubs/Urban Hubs - Smart Factories (Industrie 4.0) - Intelligente Verkehrssysteme/autonomes Fahren - Smart Farming - Telemedizin im ländlichen Raum - Flächendeckenden Ausbau des 5G-Mobilfunkstandards 31 ZUKUNFTSFELD RESSOURCEn UND AGROBUSINESS Ziele, Strategien/Konzepte, Strukturwirksame HANDLUNGSANSÄTZE 32 Das Rheinische Revier wird sich zukunftsfähig aufstellen als ressourcenintelligente Region. Dabei werden vorhandene Kompetenzen aufgegriffen und gemeinsam mit raumspezifischen Potenzialen und Besonderheiten für die Profilierung neuer Themen und Geschäftsfelder genutzt (Kreislaufwirtschaft Bauen, nachhaltige Carbon-Wertschöpfung, Agrobusiness, regionale Bioökonomie-Strategie). Ein weiteres Zukunftsfeld beschreibt den Aufbau eines regionalen Ressourcensystems, das die besonderen Spezifika des Rheinischen Reviers und seiner Begabungen für den Aufbau neuer Wertschöpfungen nutzt. Das Rheinische Revier ist seit jeher ein Raum, in dem Rohstoffgewinnung und Stoffumwandlung eine große Rolle spielen. Vor dem Hintergrund neuer Herausforderungen wie Energiewende, Klimaund Ressourcenschutz bei gleichzeitiger Versorgungssicherheit werden neue Strategien für den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen erprobt. Strategisches Ziel ist es dabei, das Rheinische Revier schrittweise zu einer Modellregion möglichst geschlossener Stoffkreisläufe oder ausdifferenzierter Verwertungskaskaden fortzuentwickeln und dabei neue Wertschöpfungsketten in der Wirtschaft zu etablieren. Im Fokus stehen hier nicht nur die Energieressourcen der Region, wie Braunkohle oder Biomasse. Auch im Bausektor oder in der chemischen Industrie gibt es unterschiedliche Ressourcen und Potentiale die anderweitig und effizienter genutzt werden können. Bereits heute existieren im Rheinischen Revier viele Ansätze und Konzepte für den Aufbau eines regionalen Ressourcensystems, die in den nächsten Jahren fortentwickelt und in konkrete, strukturwirksame Projekte übersetzt werden sollen: Ein wesentlicher Bereich der Ressourceneffizienz ist mit der Bauwirtschaft (Kreislaufwirtschaft Bauen) in den Blick zu nehmen, da der Anteil der Bau(stoff)industrie an den insgesamt bewegten Stoffströmen der höchste ist. Sie wird im anstehenden Strukturwandel eine besondere Rolle einnehmen, da sie sämtliche Neuund Rückbauprozesse in der Region durchführt. Auch entsteht auf dem Weg zur Erreichung der Klimaschutzziele beim Bauen von Industrie-, Gewerbe- und Wohngebieten ein erhebliches Ressourcen-Einsparpotenzial, das im Revier durch eine erhöhte Ressourceneffizienz bei Neubau, Nachnutzung, Sanierung sowie Rückbau/Recycling und Re-Development umgesetzt werden muss. In diesem Zusammenhang wird zukünftig auch der phasenweise Rückbau von Großkraftwerken eine zunehmende Relevanz erhalten, das es sich hierbei um Rohstoffquellen und Flächen zur Nachnutzung zugleich handelt. Im Bereich der nachhaltigen Carbon-Wertschöpfung soll eine regionale Zukunftsstrategie im Umgang mit Braunkohle und CO2 entwickelt werden. Ziel ist es dabei, insbesondere vor dem aktuellen Hintergrund der vereinbarten Klimaschutzziele neue Technologien und Nutzungsmöglichkeiten das klimaschädliche Treibhausgas Kohlendioxid zu einem nutzbaren Wertstoff weiterzuentwickeln. Die Nutzung von CO2 zur Erzeugung von Algen-Biomasse am FZ Jülich, die wiederum als biogener Treibstoff genutzt werden kann, oder die Erzeugung neuer Kunststoffe aus CO2 bieten hierfür erste technologische Ansätze, die es in den nächsten Jahren weiterzuentwickeln und auf ihre wirtschaftliche Tragfähigkeit hin zu optimieren gilt. Ebenso bietet die stoffliche Nutzung der Braunkohle neue Möglichkeiten, indem durch chemische Prozesse Huminstoffe für die Bodenverbesserung und Grundstoffe für Kosmetika, Schmiermittel und Kraftstoffe herstellbar sind. Nicht zuletzt beschreibt das strategische Ziel einer „Agrobusiness-/Bioökonomie-Region Rheinisches Revier“ das große Potenzial, die im Raum vorhandenen optimalen Produktions- und Distributionsbedingungen (Flächenverfügbarkeit, hohe Bodenqualität, Nähe zu Großstädten) und Kompetenzen mit den regionalen Ressourcenpotenzialen (z.B. Abwärme, Sümpfungswasser, CO₂) zu verknüpfen und daraus neue, regionale Wertschöpfungsketten aufzubauen: Diese können die gesamte Bandbreite von der nachhaltigen Produktion von Lebensmitteln über deren Verarbeitung bis hin zum Marketing und Vertrieb in der Region abbilden. In diesen Zusammenhang ist auch die Etablierung einer regionalen Bioraffinerie zu stellen, die den Aufbau eines Science-to-Business Centers“ für die regionale Nutzung von Biomasse (z.B. Zuckerrübe, anfallendes Schnitt- und Rodungsholz, Nachwachsende Rohstoffe) und die Entwicklung neuer innovativer Produkte auf Basis nachwachsender Rohstoffe (z.B. Biokunststoffe) vorsieht. 33 Ziele • Aufbau einer Ressourcenintelligenten Region / Ressourceneffizienz » Entwicklung einer Modellregion für geschlossene Stoffkreisläufe / Kreislaufwirtschaft » Etablierung neuer regionaler Wertschöpfungsketten • Regionale Ernährung sichern: Versorgung und Gesundheit » Agrobusiness: Produktion, Verarbeitung, Verteilung von qualitätsvollen regionalen Lebensmitteln • Etablierung neuer Wertschöpfungen im Bereich der Bioökonomie in Kooperation mit renommierten Forschungsinstituten der Region (insbes. FZ Jülich) und Unternehmen der Region • Entwicklung des Rheinischen Reviers zu einer Modellregion zum Thema Digitalisierung in der Medizin » Sicherung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum, innovative Produkte für die Gesundheitswirtschaft 34 Strategien und Konzepte • Konzept und Umsetzung Regionale Kreislaufwirtschaft (Ressourceneffizientes/ kreislaufgerechtes Bauen / Rückbau) • Agrobusiness/Bioökonomie Region Rheinisches Revier (Nutzung bester Böden, vorhandener Energie- und Abwärmepotenziale für Produktion, Verarbeitung und Distribution qualitätsvoller Nahrungsmittel und Nachwachsender Roh- stoffe für Agglomerationsräume Köln, Düsseldorf, Aachen) • Start-Up-Initiative „Regionale Gesundheitswirtschaft“ (Unterstützung der Start Ups bei der Implementierung von neu entwickelten Medizin-Produkten in die Regelversorgung / Kooperation mit Politik und Kostenträgern erforderlich) Strukturwirksame HANDLUNGSANSÄTZE • Erprobung neuer Anbauformen / Wertschöpfungsbereiche gemeinsam mit der Landwirtschaft: - Agricola Agrobusiness-Parks / innovative Gewächshausparks der Zukunft im Umfeld großer Kraftwerksstandorte (z.B. Gewächshauspark Neurath…) - autobahnbegleitende „food strips“/produktive Landwirtschafts-/GE-Parks auf besten Böden - Arznei- und Gewürzpflanzen auf Rekultivierungsflächen - Zentrum für Permakultur-Landwirtschaft Schloss Türnich • Stoffliche Nutzung der Braunkohle und braunkohlestämmigem CO2-Nutzung (z.B. Kunststoffe aus CO2) gemeinsam mit der Wissenschaft: 2 - Frauenhofer Institut, Initiative „Kohenstoffketten IK “ - Ruhr-Universität Bochum, Stiftungsprofessur „Carbon Sources and Conversion (CSC)“ • Anlage Baustoff-Recycling/-rückbau • Regionales Kompetenzzentrum für nachhaltigen Umgang mit Ressourcen • Kompetenzzentrum Nachhaltige Bioraffinerie (inkl. Forschung) • Neue Produkte und Dienstleistung im Bereich der Gesundheitswirtschaft durch Digitalisierung in der Medizin • Huminstoff-Forschung und die Entwicklung von handelsfähigen Düngemitteln 35 Akteure_Organisation_Kommunikation Das Rheinische Zukunftsrevier Akteure / Bestehende Kooperationen • Zukunftsagentur Rheinisches Revier GmbH • Regionalmanagements (Region Köln/Bonn e. V., ZV Region Aachen, Standort Niederrhein) • Teilräumliche Kooperationen / Verbünde (Indeland GmbH, ZV Garzweiler, Hambach, :terra nova, Rheinisches Sixpack) • Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen (RWTH und FH Aachen, TH Köln, FZ Jülich, DLR…) • Unternehmen und Wirtschaft (RWE Power AG, energieintensive Industrie, KMU, IHK, HWK, Betriebsräte und Gewerkschaften) • Regionale Landwirtschaft (LWK NRW, RLV), Gewässerverbände (Erft, Eifel-Rur, Niers) • Land NRW und Regionalplanungsbehörden Köln und Düsseldorf » ausgeprägte und leistungsfähige Kooperationsstrukturen zur Bewältigung des dynamischen Strukturwandels vorhanden 36 Organisation Management • Zukunftsagentur GmbH (Rolle des Agenten) als leistungsfähige, zentrale Koordinations-Plattform einer neuen gemeinsamen Haltung/ Ausrichtung des Zukunftsreviers » Organisation und qualifizierende Begleitung des Zusammenwirkens/ Zusammenarbeitens der bestehenden Akteursstruktur (dezentrale Projektumsetzung) • Management des Bundesmodellvorhabens „Unternehmen Revier“ und Organisation / Aufbau vergleichbare, geordneter Projektauswahlverfahren für künftige Förderkulisse des Bundes im Strukturwandel • Etablierung eines unabhängigen Fachbeirates bzw. einer Jury • Etablierung von Kümmerern/Netzwerkmanagern für Aufbau/Begleitung thematischer Netzwerke: stetige Initiierung und Qualifizierung struktur- wirksamer Prozesse und Projekte Kommunikation Präsentation • Stärkung und Erweiterung der bereits jährlich stattfindenden Revierkonferenzen als prozessbegleitendes, öffentlichkeitswirksames Kommunikations- und Präsentationsformat • Zukunftsformate/Perspektiven » Auch für Management, Kommunikation/Präsentation sind finanzielle Mittel erforderlich! 37 DYNAMISCHER PROZESS Strukturprogramm „RHEINISCHES ZUKUNFTSREVIER“ ERSTELLUNG UND intervallisierte Fortschreibung EINES STRUKTURPROGRAMMs für das rheinische zukunftsrevier Die gemeinsame Erstellung eines konkreten Strukturprogramms für das Rheinische Zukunftsrevier und dessen intervallisierte Fortschreibung erfolgt in mehreren Schritten. Innerhalb eines dynamischen Prozesses im Zeitraum von 2018 bis 2032/34 werden sowohl ein übergeordnetes Zukunftsbild als auch ein entsprechendes Programm mit konkreten Projekten erarbeitet und umgesetzt. Das Zukunftsbild für das Rheinische Revier beschreibt einen übergeordneten Rahmen, der einer zukunftsfähigen Entwicklung räumlich, thematisch und strategisch-organisatorisch Orientierung gibt. Das daraus entwickelte Programm definiert konkrete Projekte und setzt diese gemeinsam mit den unterschiedlichen Akteuren vor Ort um. 38 39 REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 2 Leitlinien für einen nachhaltig erfolgreichen Strukturwandel in der Region Aachen Version 1.0 Vision 2045 und Konzept zur strukturellen Weiterentwicklung der Region Aachen Oktober 2018 REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 3 REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 4 Vorwort Die Region steht vor großen Herausforderungen! Durch den anstehenden Braunkohleausstieg erfolgt ein Strukturwandel, der aktiv zu gestalten ist. Diese Gestaltungsaufgabe ist mit großen Herausforderungen verbunden; schwierig zu vereinbarende Ziele wie Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit sind möglichst erfolgreich zu bewältigen. Die Erreichung der Klimaschutzziele, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Sicherstellung einer zukunftsfähigen Energieversorgung für Industrie und Bevölkerung sowie der verstärkte Ausbau der Infrastruktur sind unsere zentralen Handlungsfelder. Parallel ist der durch die Digitalisierung bewirkte stete Wandel der Wirtschaft zum größtmöglichen Vorteil der Region Aachen zu nutzen. Diesen Aufgaben stellen wir uns! Als ersten Schritt haben wir die vorliegenden Leitlinien für einen nachhaltig erfolgreichen Strukturwandel erarbeitet. Sie sind Ergebnis eines engen Dialogs mit kompetenten Akteuren der Region aus Verwaltung, Politik sowie Vertretern der Sozialpartner. Die vorliegende erste Leitlinien-Version enthält Beschreibungen unserer wichtigsten Zukunftsfelder und Vorschläge für die ersten richtungsweisenden Projekte. Für unser Papier haben wir bewusst den Untertitel „Version 1.0“ gewählt, denn wir wollen verdeutlichen, dass es sich um einen ersten Konzeptentwurf handelt. Diesen Entwurf werden wir kontinuierlich weiterentwickeln und aktualisieren. In einem umfassenden Beteiligungsprozess werden wir dieses Zukunftskonzept mit vielen regionalen Akteuren schärfen und durch weitere Ideen ergänzen. Einerseits ist es der Einstieg in den Strukturwandel der Region Aachen, andererseits ist es ein Portfolio, um die Region Aachen strategisch für die Zukunft zu positionieren. Lassen Sie uns gemeinsam alle Chancen nutzen, die uns die Zukunft für diese wunderbare Region bietet: Wir haben die besten Voraussetzungen, den Strukturwandel nachhaltig erfolgreich zu meistern! Prof. Dr. Christiane Vaeßen Geschäftsführerin Region Aachen Zweckverband REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 5 An uns kommt keiner vorbei! Die Region Aachen ist Europas zentraler Innovationsraum! REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 6 Inhalt Präambel S. 9 Strukturwandel und Klimaschutz S. 11 Region Aachen S. 15 Regionale Kooperationen S. 19 Region Aachen Zweckverband als Entwicklungsgesellschaft S. 19 Forderungen und Ziele S. 22 Zukunftsfeld 1: Energie / energieintensive Industrie S. 26 Zukunftsfeld 2: Forschung, Innovation, Digitalisierung, Bildung, Gründung S. 39 Zukunftsfeld 3: Infrastruktur, Raum, Fläche, Mobilität S. 49 Auf einen Blick S. 61 Zukunftsvision für die Region Aachen S. 63 Quellenverzeichnis S. 64 Impressum S. 65 REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 7 REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 8 Präambel Wandel als Chance: Zukunft ist unser Revier Leitlinien für einen nachhaltig erfolgreichen Strukturwandel in der Region Aachen Wir gestalten Veränderungen und entwickeln Innovationen – so werden wir den anstehenden Strukturwandel erfolgreich bewältigen. Dabei werden wir unsere Versorgung mit bezahlbarer Energie sichern, das Klima schützen und qualitativ hochwertige Arbeitsplätze schaffen. Alle unsere Kräfte werden wir bündeln, um dieses Ziel in der Gemeinschaft aller regionalen Akteure zu erreichen. Die Region Aachen gehört zum Rheinischen Revier und umfasst Stadt und Städteregion Aachen sowie die Kreise Düren, Euskirchen und Heinsberg. Seit langem werden Deutschland und Europa aus der hiesigen Region mit elektrischer Energie beliefert: Das Rheinische Revier liefert 11,5 % des deutschen und sogar 43 % des in NRW benötigten Stroms. Daher muss vor allem hier im Rheinischen Revier der Strukturwandel, der durch das geplante Ende des Braunkohle verursacht wird, zum Erfolg geführt und aktiv unterstützt werden. Als Stromproduzent und als industrieller Abnehmer großer Energiekapazitäten ist die Region von der Energiewende besonders betroffen. Die Bewältigung dieses langwierigen Prozesses erfordert nicht allein intensive, partnerschaftliche Zusammenarbeit, sondern auch den aktiven Beitrag aller gesellschaftlichen Akteure. Weiterhin erforderlich sind die Einrichtung eines Strukturfonds und die Durchsetzung eines Planungssonderstatus für unsere Region, um strukturverändernde Maßnahmen schneller und unmittelbarer umzusetzen. Die Tagebaue im Rheinischen Revier stellen einerseits einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar, andererseits zahlen dafür die Menschen im engeren Umfeld der Tagebaue einen hohen Preis: ganze Dörfer wurden umgesiedelt mit dem Verlust von Heimat und der unwiederbringlichen Zerstörung der über einen langen Zeitraum gewachsenen sozialen und naturräumlichen Strukturen. Aus diesem Grund sind für die Menschen in den Tagebauumfeldgemeinden entlang der Tagebaue Inden, Garzweiler und Hambach aufgrund der besonders starken Betroffenheit regionalökonomisch starke Strukturen aufzubauen, die eine neue Landschaftsraumgestaltung sowie innovative Wirtschafts- und Infrastrukturentwicklung ermöglichen. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 9 Eine Gesamtstrategie für einen erfolgreichen Strukturwandel beinhaltet allerdings mehr als die Realisierung von einzelnen Projekten wie beispielsweise der Ansiedlung einzelner neuer Unternehmen. Der Ausbau der Bereiche Forschung und Innovation ist mit dem Ziel zu intensivieren, neue Wertschöpfungsketten zu entwickeln und zu implementieren. Darüber hinaus sind Rahmenbedingungen zu schaffen, die sicherstellen, dass die bestehenden industriellen und energieintensiven Produktionen an hiesigen Standorten erhalten bleiben. Zu diesen Bedingungen zählt die Versorgungssicherheit auf der Basis sowohl eines stabilen Stromnetzes als auch günstiger Strompreise. Nur so kann industrielle Produktion weiterhin ihre wichtige Rolle bei der Wertschöpfung in der Region spielen und garantieren, dass der Wohlstand und die infrastrukturellen Lebensgrundlagen, wie z. B. Arbeitsplätze und die Nahversorgung der Einwohner, auf dem Weg in Richtung Energiewende erhalten und ausgebaut werden. Aufgrund der hier beheimateten zahlreichen wissenschaftlichen Institutionen und innovativen Unternehmen ist die Region national und international für zukunftsweisende Ideen und hochkarätige technologische Konzepte bekannt. Deshalb setzt die Region in Zukunft auf Ideen statt auf Bodenschätze. Wandel ist aus der Perspektive der Vordenker in der Region positiv besetzt und ist aufgrund des damit verbundenen Wachstumspotenzials mit großen Erwartungen verknüpft. Die Region hat im Laufe der Jahrzehnte grundlegenden Wandel erfahren und sie musste bereits den Ausstieg aus der Steinkohleförderung meistern und daraus weitreichende Konsequenzen ziehen. Auf der Basis dieser Erfahrungen ist absehbar, dass der anstehende neuerliche Wandel – das Ende der Ära ‚fossile Energie‘ – für die folgenden Generationen große Herausforderungen mit sich bringen wird. Unter anderem werden der dabei erforderliche technische Fortschritt die Anforderungen an den Arbeitsmarkt grundlegend verändern. Vor dem Hintergrund des notwendigen nachhaltigen Wachstums wird die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften kontinuierlich steigen. Zu deren Befriedigung sind die Voraussetzungen zu schaffen. Die Basis dafür besteht: Bereits heute haben junge Menschen in unserer Region hervorragende Ausbildungsmöglichkeiten, die in Zukunft auch für auswärtige Arbeitskräfte beruflich und privat noch attraktiver zu gestalten sind. Hierbei ist schon heute hilfreich, dass die Region sowohl grenzüberschreitend als auch mehrsprachig arbeitet und gut mit den umliegenden Partnern vernetzt ist. Der notwendige Ausbau der Infrastruktur der Region kann durch die Einrichtung eines Strukturfonds zielgerichtet gefördert werden. Hierdurch steigen die Chancen, dass die vorhandenen Forschungs- und Innovationspotenziale der Region tatsächlich genutzt werden. Darüber hinaus sollte es auch darum gehen, maßgebliche Zukunftstechnologien REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 10 für die Region und für das Land, für den Bund und auch für die europäischen Nachbarländer zu entwickeln und nutzbar zu machen. Die Mittel eines Strukturfonds des Bundes sind in unsere Innovationsregion gut investiert: Als Motor zukunftsträchtiger Technologien haben wir die beste Voraussetzung, den Dreikampf in den Disziplinen Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Schaffung neuer Arbeitsplätze zu gewinnen. Wir können zur Schlüsselregion für die Zukunft Deutschlands werden. Strukturwandel und Klimaschutz Klimaschutzziele: Eine gewaltige Herausforderung! Im Zusammenhang mit den international diskutierten Klimaschutzzielen schauen Menschen zunehmend auf Nordrhein-Westfalen und insbesondere auf das Rheinische Revier: Es ist eines der wichtigsten Energiezentren Europas und daher auch die Schlüsselregion für die Erreichung der Klimaschutzziele in Deutschland und in Europa. Region Aachen als wichtiger deutscher Energiestandort Ein großer Teil der Energieproduktionskapazitäten liegt im Kerngebiet des Rheinischen Braunkohlereviers. Die heute in Deutschland benötigte elektrische Energie stammt zu 11,5 % aus Kraftwerken des Rheinischen Reviers. Damit werden 43 Prozent des Strombedarfs des industriell geprägten Landes Nordrhein-Westfalen abgedeckt. 50 Prozent der durch Stromerzeugung verursachten Klimagase stammen in Deutschland aus Braunkohlekraftwerken. Mehr als 10 Prozent des heute in der Bundesrepublik auftretenden Klimagases Kohlendioxid stammt allein aus den rheinischen Braunkohlekraftwerken. Somit wird das Ende der Braunkohleverstromung im Rheinischen Revier einen großen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten. Gleichrangigkeit der Ziele Die inhaltlichen Fragen des Klimaschutzes lassen sich aber nicht allein mit einem Braunkohleausstieg beantworten. Es geht einerseits um die REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 11 11,5 % von Deutschlands Energie kommt aus dem Rheinischen Revier. Verwirklichung der Klimaschutzziele, andererseits ist gleichzeitig eine sichere Energieversorgung der energieintensiven Unternehmen der Region zu garantieren. Wird dieser Aspekt nicht berücksichtigt, sind rund 100.000 Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt vom Rheinischen Revier abhängen, gefährdet. Grundsätzlich sind der Klimaschutz, die Schaffung neuer Zukunftschancen für die betroffenen Kommunen, die Versorgungssicherheit der Bevölkerung und der Industrie sowie die Bezahlbarkeit der Energie im Rheinischen Revier gleichrangige Ziele. Nach dem Ende der Braunkohleförderung und -verstromung ist sicherzustellen, dass die Region mit genügend Energie versorgt wird. Nur so kann erreicht werden, dass die enge Verflechtung mit anderen Branchen, Industrien und Zulieferern auch zukünftig funktioniert. Entwicklungspotenziale der Region Selbst angesichts der Erfahrungen und der Potenziale der Wissenschafts- und Forschungslandschaft in der Region Aachen ist dies eine anspruchsvolle Aufgabe. Ihre Bewältigung erfordert deshalb eine frühzeitige Initiierung von zukunftsträchtigen Projekten sowie eine abgestimmte Wirtschafts- und Investitionspolitik im Zusammenspiel mit Bund, Land, der Zukunftsagentur Rheinisches Revier und den Akteuren in der Region Aachen. Die Forschungs- und Innovationspotenziale der Region bieten beste Grundlagen, um umweltschonende Technologien für die Zukunft bereitzustellen: für die Region, für das Land, für den Bund und durch die enge wirtschaftliche Verzahnung insbesondere auch für die Nachbarländer der Region. Deutsches Zentrum Luft- und Raumfahtz (DLR) Standort Jülich: Zusammen mit Gästen von der COP23-Klimakonferenz besuchte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks 2017 die größte künstliche Sonne der Welt. Ihre Funktionsweise erklärte Professor Dr. Hoffschmidt, Direktor des Instituts für Solarforschung. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 12 Klimaschutz, Arbeitsplätze und bezahlbare Energie sind gleichrangig. Die Region Aachen – am westlichen Rand Nordrhein-Westfalens, eingebettet zwischen den Niederlanden, Belgien und Rheinland-Pfalz. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 13 Forschungsrevier Region Aachen In der Region Aachen arbeiten in den Bereichen Forschung & Entwicklung viermal mehr Beschäftigte als im Bundesdurchschnitt. Dieser Qualifikationsvorsprung sollte weiter ausgebaut werden, denn Forschung & Entwicklung liefern Lösungen für viele drängende Probleme und Zukunftsfragen, beispielsweise in den Feldern Energieerzeugung und Mobilität. Auf diese Weise kann die Region Aachen als Modellregion dienen. e.GO: Das erste Serienmodell der e.GO Mobile AG wird ab Frühjahr 2019 ausgeliefert. Das Start-up-Unternehmen ist eine Ausgründung der RWTH Aachen. Auf der Basis renommierter Wissenschaften, der hervorragenden Hochschulen, unter anderem mit der RWTH Aachen und der Fachhochschule Aachen, den regionalen Forschungseinrichtungen, wie dem Forschungszentrum Jülich und den vielen weiteren (u. a. Ericsson Eurolab, Ford, Amazon, Fraunhofer-, Helmholtz- und Leibniz-Institute) kann es gelingen, die Entwicklung notwendiger Technologien zu forcieren. Auf diese Weise kann die Region positive Zukunftsperspektiven für die Zeit nach der Braunkohle entwickeln. Exemplarisch für so einen gelungenen Wandel steht das einst als „Kernforschungsanlage Jülich des Landes NordrheinWestfalen“ gestartete heutige Forschungszentrum Jülich. Noch vor dem Atomausstieg konnte sich der Standort Jülich zu einem hochmodernen Forschungszentrum von Weltgeltung weiterentwickeln und dabei eine vorgezogene Energiewende in Deutschland modellhaft realisieren. In der Vergangenheit wurden bereits mit der frühzeitigen Schaffung diverser Technologie-, Gründer- und Servicezentren in der Region Aachen sowie mit der Etablierung der Gründerregion bei der IHK REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 14 Aachen Impulse gesetzt, die heute helfen, den Wissenschaftstransfer zwischen Hochschulen und Märkten zu beschleunigen. Ein weiteres Beispiel für die zukunftsorientierte Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ist das RWTH Campus Projekt. Der Campus Melaten stellt dessen erste Ausbaustufe dar: Auf einer Fläche von 473.000 qm entstehen elf Forschungscluster. Inzwischen wurden u. a. die Cluster „Nachhaltige Energie“ und „Photonik“ realisiert. Mit dem neuen Campus West wird der zweistufige Ausbau des Campus fortgesetzt. Auf einem ca. 325.000 qm großen Gebiet rund um den Aachener Westbahnhof entstehen fünf weitere Forschungscluster, die thematisch und räumlich eng mit den bereits existierenden Instituten verbunden werden. Zukunftsorientierte Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft:: RWTH Campus Projekt: Exemplarisch für den Transfer von Wissen aus angewandter Forschung in marktfähige Technologie stehen Erfolgsgeschichten wie die der StreetScooter GmbH, die auf eine Forschungsinitiative an der RWTH Aachen zurückgeht und heute als Tochtergesellschaft der Deutschen Post AG operiert. Anfang des Jahres 2019 wird ein weiteres Spin-off der RWTH den Elektrokleinwagen e.GO produzieren, der erfolgreich als das „E-Auto aus dem Engineering Valley“ vermarktet wird. Im Jahr 2018 wurden e.GOProduktionswerke mit zahlreichen neuen Arbeitsplätzen für die Region in Düren und in Aachen eröffnet. Dies ist ein Paradebeispiel für das Innovationspotenzial der Region und für nachhaltigen Strukturwandel im Bereich Mobilität sowie für Technologietransfer und Schaffung neuer Arbeitsplätze. Region Aachen Die Region Aachen umfasst 46 Städte und Gemeinden mit insgesamt 1,3 Millionen Einwohnern und ist der größte Teil der trinationalen Euregio Maas-Rhein. Die Region Aachen ist geprägt durch ihre Randlage innerhalb Deutschlands und ihre zentrale Position im Rheinischen Revier sowie durch die direkte Nachbarschaft zu den Niederlanden und zu Belgien. Die Region hat einerseits kurze Wege nach Paris, Brüssel, Rotterdam und London und andererseits nach Düsseldorf, Köln und ins Ruhrgebiet. Diese besondere Lage macht sie zu einem internationalen Wirtschaftsraum in Westeuropa sowie zum bedeutenden Transitkorridor für Warenströme, die von den belgischen und niederländischen Seehäfen nach Deutschland und ins weitere europäische Ausland verlaufen. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 15 46 Städte und Gemeinden mit insgesamt 1,3 Mio. Einwohnern Region Aachen: mit insgesamt 1,3 Millionen Einwohnern ein wichtiger Teil der Euregio Maas-Rhein REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 16 Als Teil des größten deutschen Zentrums der Braunkohleverstromung, dem Rheinischen Revier, ist die Region Aachen massiv vom Strukturwandel durch das geplante Ende des Braunkohletagebaus betroffen. Sie ist daher auf ein regionales Entwicklungskonzept angewiesen, um den anstehenden Strukturwandel auf der Basis eines aktiven Transformationsprozesses erfolgreich steuern zu können. Aktiver Transformationsprozess zur Realisierung des anstehenden Strukturwandels Wirtschaftsstruktur der Region Aachen: Zukunftsmärkte dominieren Die Region Aachen ist vor allem durch mittelständische Unternehmen und eine einzigartige Forschungs- und Technologielandschaft gekennzeichnet. Hier wird auf höchstem Niveau Forschung, angewandte Wissenschaft und Technologieentwicklung betrieben. So entstehen marktfähige Innovationen, Technikanwendungen, Produkte und Business-Modelle für Unternehmen, die damit Wachstum und Arbeitsplätze für die Region generieren. Es gibt die folgenden zukunftsträchtigen Wirtschaftszweige, in denen die Wirtschaft der Region Aachen besondere Stärken entwickelt hat:  Informations- und Kommunikationswirtschaft,  Bildung und Forschung,  Produktionstechnik und Werkstoffe,  Mobilität und Logistik,  Energie-, Wasser- und Abfallwirtschaft sowie  Gesundheitswirtschaft und Life Science. In diesen Wirtschaftszweigen arbeiten 35 % der Unternehmen der Region. Sie bieten mehr als 50 % der Arbeitsplätze und erreichen 2/3 des in der Region erwirtschafteten Umsatzes. (Wirtschaftsstudie Region Aachen, Prognos 2017) REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 17 Stärken der Wirtschaft in der Region Aachen Die Region Aachen umfasst 46 Städte und Gemeinden. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 18 Regionale Kooperationen Die Umwandlung in ein Zukunftsrevier kann die Region Aachen angesichts der anstehenden Energiewende – trotz bester Voraussetzungen – nicht alleine schaffen: Zum einen erfordert die optimale Nutzung der Standortkompetenzen sowie der Entwicklungs-, Innovations- und Forschungspotenziale finanzielle Unterstützung von außen. Zum anderen wird der erforderliche Strukturwandel nur gelingen, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen und relevanten Akteure engagiert mitarbeiten – innerhalb der Region Aachen, aber auch auf Landes- und Bundesebene und mit den Nachbarländern. Strukturwandel gelingt, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen und relevanten Akteure engagiert mitarbeiten. Die Region Aachen kann an etablierte Kooperationen maßgeblicher Akteure anknüpfen. Sie arbeitet bereits partnerschaftlich mit der Zukunftsagentur Rheinisches Revier, mit den Partnerregionen an der Rheinschiene und dem Regierungspräsidium in Köln zusammen. Ebenso gibt es enge Verbindungen zu den Ministerien des Landes und zu Institutionen in den westlichen Nachbarstaaten. Region Aachen Zweckverband als Entwicklungsgesellschaft Der Region Aachen Zweckverband ist die regionale Entwicklungsgesellschaft der Kreise Düren, Euskirchen und Heinsberg, der Stadt Aachen und der Städteregion Aachen. Sie organisiert die Zusammenarbeit der Partner und sorgt für notwendige Impulse bei der Strukturentwicklung für Wirtschaft und Fachkräfte, Bildung und Kultur, Gesundheit und Infrastruktur. Der Zweckverband setzt gemeinsam mit Partnerinstitutionen aus Belgien und den Niederlanden in der Euregio Maas-Rhein gemeinsam Projekte und Kooperationen um. Verantwortung im „defossilen Zeitalter“: Chancen nutzen, Schaden abwenden! Angesichts der anstehenden Strukturveränderungen übernimmt der Region Aachen Zweckverband verantwortungsvolle, steuernde und vermittelnde Funktionen. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 19 Region Aachen sorgt für notwendige Impulse bei der Strukturentwicklung. Klimawandelforschung: Wie sich Hitzewellen von über 30 Grad Celsius auf Umwelt und Klima auswirken, untersuchten Jülicher Klima- und Bodenforscher im Sommer 2018 auf einem Versuchsfeld in der Nähe von Jülich. Gemeinsam mit den im Verband zusammengeschlossenen Gebietskörperschaften, allen regionalen Akteuren und der Zukunftsagentur Rheinisches Revier werden die zur Verfügung stehenden Mechanismen eingesetzt, damit die Region den Wandel erfolgreich gestaltet. Die Entwicklungsgesellschaft will in dieser herausfordernden Situation die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Zukunftschancen frühzeitig ermittelt und genutzt werden. Die Verbandsarbeit ist nicht auf die eigenen regionalen Bedürfnisse fokussiert. Die Region Aachen versteht sich nicht nur als Teil NordrheinWestfalens oder des für den gesamtdeutschen Energieverbrauch bedeutsamen Energiestandorts Rheinisches Revier. Sie ist auch Teil der Euregio Maas-Rhein und damit eng vernetzt mit dem internationalen Wirtschafts- und Lebensraum der niederländischen und belgischen Nachbarn. Die Region soll deshalb auch grenzübergreifend Plattformen für den Gedankenaustausch unterschiedlicher Institutionen, Gruppen sowie für die hier lebenden Menschen bieten. Der Zweckverband und seine Vertreter stehen im intensiven Dialog mit Betrieben, Bildungsträgern, Kammern, Wirtschaftsförderungen, Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und weiteren regionalen Partnern. So wird beispielsweise im Bereich von Arbeit und Beschäftigung Landesarbeitspolitik umgesetzt; Förderangebote des Landes werden mit dem Bedarf der Menschen innerhalb der Region verbunden. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 20 Region Aachen: als Teil der Euregio Maas-Rhein – eng vernetzt mit dem Wirtschaftsund Lebensraum der niederländischen und belgischen Nachbarn Zukünftig steht die tiefgreifende Transformation durch den Übergang in das „defossile Zeitalter“ an. Diesen weitreichenden Wandel wird der Zweckverband mit Hilfe der von ihm über Jahre entwickelten Netzwerke und bewährten Beziehungen begleiten. Dabei sollen die Menschen in unserer Region frühzeitig die Chance bekommen, an der Gestaltung einer lebenswerten Zukunft mitzuwirken. Über Jahre entwickelte Netzwerke und bewährte Beziehungen Aber der Zweckverband hat sich noch mehr vorgenommen: Das Energie-Know-how, das in der Region über viele Jahrzehnte und Generationen aufgebaut wurde, soll nicht nur erhalten, sondern weiterentwickelt werden. Auch nach dem endgültigen Ende des Braunkohleabbaus soll die Region Aachen eine national und international bedeutende „Schlüsselregion“ bleiben, hervorragend positioniert, insbesondere im Bereich innovativer Forschung rund um die Felder Energieerzeugung und Energienutzung. Für die Gestaltung des anstehenden Strukturwandels verfolgt der Region Aachen Zweckverband einen ganzheitlichen und übergreifenden Entwicklungsansatz, der Strategien, Projekte und Kooperationen in zentralen Zukunftsfeldern zusammenfasst. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 21 Nationale und internationale „Schlüssel-Region“ – hervorragend positioniert im Bereich innovativer Forschung FORDERUNGEN UND ZIELE Die Region Aachen besitzt die Voraussetzungen, den Strukturwandel erfolgreich zu gestalten und diesen gemeinsam mit der Wirtschaft nachhaltig positiv zu entwickeln. Ziele für die Region Aachen 2045 Die Region Aachen ist ein zentraler Innovationsraum im Umfeld des Rheinlands. Die Region Aachen wird das Rheinische Revier dabei unterstützen, sich zu wandeln: von einem Standort der Energieerzeugung und des Energieexports zu einem u. a. auf Energieforschung basierenden internationalen Standort für die Entwicklung, Erprobung und den Export von Know-how, wie z. B. digitaler Geschäftsmodelle. Hierzu tragen speziell definierte Phase I-Projekte maßgeblich bei. Es ist erklärter Wille der politisch verantwortlich handelnden Institutionen und Personen, Strukturbrüche zu vermeiden. Die Region Aachen ist institutionell gut aufgestellt und von einer lebendigen Sozialpartnerschaft getragen, sodass sie den Prozess des Wandels in seiner gesamten sozialökonomischen Dimension erfassen, aktiv steuern und erfolgreich mit allen regionalen Partnern unter dem Dach der Zukunftsagentur Rheinisches Revier umsetzen kann. Die nachfolgend aufgelisteten Forderungen bilden den Grundstock der Handlungsoptionen für die Entwicklung der Region Aachen. Hierfür bittet sie mit all ihren Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und den Sozialpartnern um Unterstützung. Neben den in diesem Papier vorgestellten zukunftsträchtigen Phase I-Projekten ist es uns ein zentrales Anliegen, zusammen mit der Zukunftsagentur Rheinisches Revier im Rahmen weiterer Strukturprojekte die Tagebauumlandgemeinden zu unterstützen. Denn diese sind vom Braunkohleabbau besonders stark betroffen und durch zukünftige ökonomische Benachteiligung bedroht. Der durch das Ende der Braunkohle bewirkte wirtschaftsstrukturelle Bruch macht in den heutigen Tagebaugebieten früh einsetzende Maßnahmen erforderlich, die auf der Basis von Impulsen für die Regionalwirtschaft sowie für den regionalen Arbeitsmarkt nachhaltig Zukunftsperspektiven schaffen. Daran arbeiten auch die teilräumlichen Kooperationen / Verbünde (Entwicklungsgesellschaft indeland GmbH, Zweckverband Tagebaufolge(n)landschaft Garzweiler, Hambach, :terra nova, Rheinisches Sixpack), die es gilt besonders REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 22 zu unterstützen. Darüber hinaus kann die zukunftsorientierte Wirtschaftsentwicklung von Innovationen aus den Wissenschaftseinrichtungen der Region Aachen profitieren: Gezielter Technologietransfer bietet umfassend Chancen, neue Perspektiven für die Bevölkerung im Tagebauumfeld für die Zeit nach der Braunkohle zu schaffen. Forderungskatalog für die Strukturentwicklung der Region Aachen bis 2045: 1. Strukturfonds zur Begleitung des Strukturwandels Durch das Ende der Braunkohleförderung und der Stromerzeugung auf Basis der Braunkohle werden umfangreiche strukturell bedeutsame Investitionen z. B. in den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und in die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region Aachen zu tätigen sein. Nach bisherigen Planungen werden bis Anfang der 2030er Jahre der Tagebau Inden und bis etwa zur Mitte des Jahrhunderts die Tagebaue Hambach und Garzweiler geschlossen. Unter dem Dach der Zukunftsagentur Rheinisches Revier und unter Mitwirkung der betroffenen kommunalen Partner sowie Unterstützung der RWE Power AG müssen weitere verstärkte Anstrengungen unternommen werden, damit das in der Region vorhandene Potenzial in den Feldern Technologie, Wissenschaft, Industriestruktur sowie von gut ausgebildeten Arbeitskräften genutzt wird, um die dringend erforderliche nachhaltige Wirtschaftsstruktur zu erhalten und weiter aufzubauen. Ein Strukturbruch ist zu vermeiden. Stattdessen benötigen wir einen erfolgreichen Strukturwandel, der eine zielgerichtete Siedlungsflächen(für Gewerbe und Wohnen) und Naturraumgestaltung der Tagebauflächen einschließt. Hierzu benötigt das Rheinische Revier mit der Region Aachen als Kerngebiet über einen langen Zeitraum ein Finanzierungsinstrument, mit dessen Hilfe flexibel Wirtschaftsförderungsmaßnahmen getragen sowie Eigenanteile für die Beteiligung an Programmen oder Anschubfinanzierungen bereitgestellt werden. Aus diesem Grund sollte der Bund den Grundstock eines Strukturfonds einrichten, der anschließend durch weitere Akteure aus der Region ergänzt wird. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob ein solcher Fonds unter dem Dach der Zukunftsagentur Rheinisches Revier, z. B. in Form einer Regionalstiftung, geführt werden kann, um eine möglichst langfristige Wirksamkeit sicherzustellen. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 23 2. Planungssonderstatus Wir brauchen im Umfeld des Rheinischen Reviers einen „(Planungs-) Sonderstatus“ – analog zum Steinkohleausstieg. Hierzu fordert die Region Aachen einerseits die Vereinfachung von Planungsvorgaben, insbesondere mit Bezug auf Flächenverfügbarkeit und -entwicklung. Andererseits benötigt die Region zur Umsetzung der im vorliegenden Papier dargestellten Maßnahmen und Projekte einen erleichterten Zugang zu den Fördermöglichkeiten von Land, Bund und EU. Nur so kann gewährleistet werden, dass alle Finanzierungschancen, öffentlichen Mittel und Zuschüsse prioritär und abgestimmt in die Bewältigung des Strukturwandels in die Region fließen. 3. Regionales Beteiligungskonzept Zur Erreichung der Ziele und Umsetzung der umfangreichen Maßnahmen brauchen wir ein regionales „Beteiligungskonzept“ - nicht nur um unsere Expertise in der Region dauerhaft in laufende Prozesse und Entscheidungsvorbereitungen einbringen zu können, sondern auch um die vom Strukturwandel besonders betroffenen Menschen, Kommunen und Branchen zu informieren und zu beteiligen. 4. Zuschlag zur gewerblichen Flächenentwicklung im Rahmen des Regionalplans Die Tagebaue der RWE Power AG sind strukturpolitisch als ein Gewerbebetrieb mit knapp 10.000 Beschäftigten zu betrachten, dessen Gewerbefläche im Laufe der vergangenen Jahrzehnte innerhalb der Region „gewandert“ ist. Als Basis der Substitution der damit erforderlichen Arbeitsplätze für das gesamte Rheinische Revier sind rund 500 ha Gewerbe- und Industriefläche erforderlich - eine erweiterte Flächennutzung, die über den prognostizierten Gewerbegebietsbedarf hinausgeht (Quelle: Regionomica-Gutachten 2013). Angelehnt an die Bevölkerungszahlen innerhalb des Rheinischen Reviers bedeutet dies für die Region Aachen einen im Regionalplan festzulegenden Zuschlag von 285 ha. Für die Vermarktung der beiden LEP VI-Flächen in der Region (Geilenkirchen-Lindern und „Green Battery Park“ Euskirchen) werden Finanzmittel gefordert. Sie sind aufgrund ihrer Flächengröße nur bundesweit und international erfolgversprechend zu vermarkten und übersteigen die vorhandenen Akquisitionskapazitäten der Region. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 24 5. Verkehrsinfrastruktur Laut aktueller Verkehrsprognose wird der Güterverkehr in Deutschland deutlich zunehmen. Bis 2030 wird eine Steigerung der Güterverkehrsleistung auf der Schiene um rund 40 Prozent erwartet. Damit die Region die wachsenden Ost-West-Verkehre bewältigen kann, ist sie auf zusätzliche Verkehrsinfrastrukturkapazitäten auf Schiene und Straße angewiesen. Wie in den von der Region Aachen definierten Phase I-Projekten im Themenfeld Verkehrsinfrastruktur dargestellt, sind hier vielfältige Anstrengungen erforderlich, bei denen die Region Aachen Unterstützung bei der Umsetzung der Einzelmaßnahmen ebenso erwartet wie die Rechtssicherheit von Planungen durch zeitnahe Planfeststellungsbeschlüsse und eine schnelle Umsetzung der einzelnen Maßnahmen. Durch die landschaftliche Neustrukturierung bzw. die vielen zu erschließenden Flächen und Verkehrsverbindungen bieten sich einmalige Chancen, innovative Mobilitätsformen direkt bei der Planung mitzudenken. Diese Chancen sollten genutzt werden. Hierzu gehört die Nutzung der Potenziale von wasserstoffbetriebenen Bussen, Elektrobussen, autonomem Fahren etc. 6. Breitbandausbau Eine zentrale Rolle bei der Bewältigung des Strukturwandels in der Region Aachen spielt die Nutzung des vorhandenen Technologiepotenzials. Als Basis dafür, dass zusätzliche Wertschöpfung durch neue Geschäftsmodelle erreicht wird. Hierzu bedarf es des Ausbaus der Glasfasernetze, damit Anschlussgeschwindigkeiten von 100 Mbit/s und mehr realisiert werden können. Dazu zählt auch die beschleunigte Einführung der 5G-Technologie im Mobilfunk und der sogenannte „Next Generation Access“. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 25 Zusammenfassung Die Region Aachen soll systematisch von einem energieerzeugenden Standort in einen auf Energieforschung basierenden Wirtschafts- und Lebensraum für innovative Entwicklungen umgebaut werden. Die zunehmende Dezentralität und Diskontinuität der Energieversorgung im Zuge der Energiewende erfordert dabei die Umsetzung technologischer Innovationen u. a. im Bereich der Speichertechnik. Darüber hinaus wird die Umwälzung des gesamten Energiesystems voraussichtlich umfassend durch die Digitalisierung von Prozessen zu begleiten sein. Vor diesem Hintergrund ist die Vernetzung von Wissenschaft, Industrie, Energie-, Land- und Bauwirtschaft erforderlich, die durch unterschiedlichste Maßnahmen sicherzustellen ist. Der Ausbau erneuerbarer Energien und die Umsetzung von Innovationen der Energieforschung in Wertschöpfung soll zukünftig in der Region Aachen unterstützt werden durch:  den Innovationstransfer zwischen den Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit der regionalen Wirtschaft  die intensive Diskussion der gesellschaftlichen Auswirkung der Energiewende. Hierzu gehört u. a. die gesamtregionale Beantwortung der Frage, wie die Energiewende erfolgreich gesteuert werden kann.  den Ausbau der regionalen Kapazitäten bei den erneuerbaren Energien sowie die Erschließung von Effizienzpotenzialen REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 26 Erneuerbare Energie für unsere Kraftfahrzeuge: An der RWTH Aachen werden Ökokraftstoffe aus Biomasse maßgeschneidert. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 27 Ausgangssituation: Braunkohleausstieg Die kurzfristig verbindlich werdenden Klimaschutzziele haben für unsere Zukunft weitreichende Konsequenzen: Die Region Aachen gehört heute als Teil des Rheinischen Braunkohlereviers zu einer bundesweit bedeutenden Energieregion. Mit dem Auslaufen der Braunkohleförderung stellt sich die Frage, ob und wie diese Position im Umfeld der dezentralen, defossilen Energieproduktion der Zukunft gewahrt werden kann. Vom Ende der Ära der fossilen Energieträger sind viele Arbeitsplätze betroffen. Laut Berechnungen des RWI Instituts für Wirtschaftsforschung lebten 3.600 der ca. 9.000 direkt im Rheinischen Braunkohlerevier beschäftigten Personen zum Ende des Jahres 2016 in der Region Aachen. Für eine adäquate regionale und gesamtwirtschaftliche Bewertung der Beschäftigung im Braunkohlesektor empfehlen die RWIWirtschaftsforscher in diesem Zusammenhang, indirekte und induzierte Beschäftigungseffekte zu betrachten. Werden diese berücksichtigt, kann hochgerechnet werden, dass ca. 5.800 Arbeitsplätze vom Ende der Braunkohleförderung in der Region Aachen direkt betroffen sind. (Quelle: RWI 2018) Energieintensive Industrien in der Region Aachen Die Notwendigkeit, Unternehmen und Privathaushalte weiterhin sicher mit bezahlbarer Energie zu versorgen, ist ein vordringlicher Aspekt des Umbaus des Energiesystems. Dies ist die Grundlage für den Fortbestand und die Entwicklung der regionalen Wirtschaft. Begünstigt durch die Strom- und Wärmeversorgung im Rheinischen Braunkohlerevier siedelten sich in der Region eine Vielzahl von Industriebetrieben an. Es entwickelten sich komplexe Industriezweige und Branchen mit weitverzweigten, oft gekoppelten wirtschaftlichen Strukturen. Zu den Branchen mit überdurchschnittlich hoher Energieabhängigkeit gehören u.a. die Papier-, Chemie-, Glas-, Stahl-, Nichteisen-Metallindustrie sowie Gießereien. Für die Region Aachen besonders relevant ist, dass auch die Nahrungs- und Futtermittelindustrie mit stromintensiven Herstellungsverfahren arbeitet, die beispielsweise bei der Zuckerherstellung und beim Betrieb von Öl- und Schälmühlen eingesetzt werden. Laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsunternehmens frontier economics betrug der Umsatz der energieintensiven Industrien in Nordrhein-Westfalen 115,7 Mrd. Euro. Die Region Aachen ist hieran mit REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 28 einem Umsatz von 6,7 Mrd. Euro (entspricht ca. 5,8 %) beteiligt, der sich folgendermaßen auf die verschiedenen Industriebereiche verteilt: Umsätze energieintensiver Industrien in der Region Aachen in Euro (eigene Darstellung auf der Basis der Daten von frontier economics 2018) Die auf der Basis dieser Umsätze erzielte Wertschöpfung erreichte in Nordrhein-Westfalen 25,4 Mrd. Euro und liegt in der Region Aachen bei 1,6 Mrd. Euro (entspricht 6,2 %). In der Region Aachen beispielsweise wird der größte Anteil dieser Wertschöpfung in der Nahrungs- und Futtermittelherstellung, d. h. durch den regionalen Schwerpunkt in der Produktion von Fruchtzubereitungen, Marmeladen sowie Süß-, Back- und Teigwaren erzielt (39 %). Weiterhin wichtige Branchen sind die Chemische Industrie mit 24 %, die Papierindustrie mit 13 % und die Glasindustrie mit 12 % der Wertschöpfung (Quelle: frontier economics 06.2018). Angesichts der umfassenden Systemveränderung, die voraussichtlich von der zukünftigen Energiewende ausgeht, müssen direkte Auswirkungen auf Unternehmen, aber auch weitreichende indirekte Effekte auf die ganze Region beachtet werden. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 29 Der anstehende Wandel bietet allerdings umfassende Entwicklungsmöglichkeiten. In ihrer Zukunftsstudie aus dem Jahr 2016 hat die IHK NRW gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) aufgezeigt, dass in der Energiewende industriepolitische Chancen für den Standort Deutschland liegen. In dem Maße, in dem es gelingt, frühzeitig die Energiewende zu erreichen, können ausgehend von den energieintensiven Unternehmen in der Region wertvolle Impulse weit in alle Bereiche der Wirtschaft getragen werden – mit positiven Effekten für Produktion, Wertschöpfung und Beschäftigung (Quelle: frontier economics 06.2018). Kompetenzen zur Gestaltung der Energiewende in der Region Aachen Allgemein wird anerkannt, dass die Region heute bereits über hervorragende Kompetenzen im Bereich Forschung und Technologieentwicklung für die Energieversorgung der Zukunft verfügt. Zahlreiche Institute etablierten sich auf den Feldern universitärer und außeruniversitärer Forschung, die über Arbeitsschwerpunkte im Bereich Energie verfügen. Auch grenzüberschreitende Kooperationen mit den belgischen und niederländischen Nachbarn dienen diesem Thema. Der Campus Melaten stellt die erste Ausbaustufe des RWTH Aachen Campus dar. Etappenweise entstehen auf einer Fläche von 473.000 qm elf Forschungscluster. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 30 Im Bereich der Forschung an Hochschulen hat hierbei eine räumliche Konzentration im Raum Aachen/Jülich mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) und der Fachhochschule Aachen (FH) stattgefunden: An der RWTH Aachen arbeiten zahlreiche Institute im Energiebereich – u. a. das Institut für Stromrichtertechnik und elektrische Anlagen. Eine große Bedeutung haben darüber hinaus die Institute für Verbrennungskraftmaschinen, für Hochspannungstechnik sowie für elektrische Anlagen und Energiewirtschaft. 189 Mitarbeiter arbeiten im Forschungscampus FEN (Flexible Elektrische Netze), das 15 Institute der RWTH Aachen aus unterschiedlichen Bereichen vereint. An der FH Aachen ist das Thema Energie einer der drei fachlichen Lehrund Forschungsschwerpunkte. Am Solarinstitut Jülich der FH am Standort Jülich arbeiten beispielsweise rund 60 Mitarbeiter. Außeruniversitäre Energieforschungseinrichtungen Im Forschungszentrum Jülich (FZ Jülich) bildet der Bereich Energie und Klima einen der drei Schlüsselbereiche. Von den beinahe 6.000 am Forschungszentrum beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern arbeiten beinahe 1.000 interdisziplinär im Bereich der Energie- und Klimaforschung an den wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen für den Umbau unseres Energiesystems (Stand: Ende 2017). Über das Netzwerk JARA-ENERGY (Jülich-Aachen Research Alliance) ist das Forschungszentrum eng mit der RWTH Aachen verbunden. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist mit einem Standort des Instituts für Solarforschung ebenfalls in Jülich vertreten. Es handelt sich hierbei um die deutschlandweit größte Forschungseinrichtung zur Entwicklung konzentrierender Solarsysteme. Das Institut ist Betreiber des Solarturms Jülich, dessen Weiterentwicklung zu einer wissenschaftlichen Großforschungsanlage vom Land NRW gefördert wird. Ein Kooperationsvorhaben zwischen E.ON SE und der RWTH Aachen – das E.ON Energy Research Center für Energieforschung – beschäftigt vor Ort 375 Mitarbeiter (Stand 2017). Hier wird an interdisziplinären Arbeitsfeldern aus Elektrotechnik, Maschinenbau, Wirtschaftswissenschaften und Bauwesen geforscht. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 31 In 10 Jahren zu industriellen Großlösungen Schwerpunkt der Energieforschung in der Region Aachen sind die zukunftsrelevanten Themen  Ausbau der erneuerbaren Energien  Technologien zur Speicherung von Energie  Ausweitung des Einsatzes erneuerbarer Energie in den Sektoren Verkehr und Wärme  Bau neuer Energieversorgungsnetze und flexibler Kraftwerke  Nutzung effizienter Energieanwendungen Die Forscher und Technologieentwickler in der Region verfolgen eine ganzheitliche Perspektive bei der Analyse der Fragen rund um den Klimawandel und die Defossilisierung. Dabei sollen bereits existierende bewährte mit neu zu entwickelnden technischen Lösungen in ein Gesamtsystem integriert werden. Beispielhaft ist in diesem Zusammenhang das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Kopernikus-Projekt „Power-toX“ zu nennen, an dem maßgeblich das Forschungszentrum Jülich und die RWTH Aachen mit ihren Energieexperten arbeiten. Geplant ist, innerhalb von zehn Jahren Technologien zu entwickeln, die unter anderem im Industriemaßstab genutzt werden können. Es geht dabei darum, wie durch chemische Umwandlungsprozesse erneuerbare Energie in industriell vielfältig nutzbare Energieträger und in Rohstoffe für die chemische Industrie umgewandelt werden können. Im Rahmen dieses Großprojekts wird von Jülich/Aachen aus die Arbeit an 17 Forschungseinrichtungen, 26 Industrieunternehmen sowie drei zivilgesellschaftlichen Organisationen gesteuert. Erste richtungsweisende regionale Projekte Es ist das Ziel, die Region Aachen systematisch von einem energieerzeugenden Standort zu einem auf Energieforschung basierenden Wirtschafts- und Lebensraum für innovative Entwicklungen umzubauen. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 32 Im Bereich der Forschung wurden hierzu zielführende Schritte erfolgreich umgesetzt. Die Folge ist, dass auf Energiefragen spezialisierte Forschungseinrichtungen im Raum Jülich/Aachen europaweite und weltweite Sichtbarkeit erlangten. Ob das definierte Ziel erreicht wird, muss sich dennoch erst erweisen. Denn in den nächsten Jahren hat es für die Region ausschlaggebende Bedeutung, ob der bereits bestehende Forschungsvorsprung über Testund Pilotbetriebe zu regionalen Geschäftsmodellen führt, die anschließend breite wirtschaftliche Wirkung entfalten. Erste Beispiele, die in diese Richtung weisen, gibt es bereits. Nach einem Jahr Bauzeit startete im Jahr 2016 in Aachen der modulare Batteriegroßspeicher M5BAT, für dessen Aufbau und Betrieb das Institute for Power Generation and Storage Systems (PGS) der RWTH Aachen verantwortlich ist. M5BAT bietet dank eines innovativen Konzepts der Kombination unterschiedlicher Speichertechnologien eine Kapazität von 5 MW Energie, die ferngelenkt in das Stromnetz eingespeist werden kann. Solche Speicherlösungen werden zukünftig Grundbausteine der Stromversorgung, denn sie gleichen die für den Einsatz von erneuerbaren Energien typischen Stromerzeugungs-schwankungen aus. Das M5BAT-Projekt wurde im Rahmen der „Förderinitiative Energiespeicher“ durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Ein weiteres Beispiel ist der Solarpark, der von der Projektgesellschaft Rurenergie GmbH in unmittelbarer Nähe zum Braunkohletagebau Inden auf einer ehemaligen Mülldeponie betrieben wird. Mit mehr als 16.000 Photovoltaik-Modulen wird eine Gesamtleistung von 3,8 MW erreicht und damit die Stromversorgung von 1.000 Haushalten mit lokal erzeugter, regenerativer Energie sichergestellt. Wichtige regionale Phase I-Projekte Kurzfristig ist die Realisierung von weiteren, systematisch aneinander anknüpfenden Phase I-Projekten im Zukunftsfeld Energie notwendig, die insbesondere in ihren ersten Umsetzungsphasen auf öffentliche Investitionen angewiesen sind. Denn die Region Aachen verfügt zwar über eine exzellente technologieorientierte Hochschullandschaft mit renommierten Instituten und Forschungseinrichtungen, doch die lange Geschichte der konventionellen Energieproduktion hat zu regionalen Strukturen geführt, die zur Förderung von Innovationen zunächst umzubauen sind. Besonders augenfällig sind die in der Region präsenten, durch die REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 33 zentralisierte Stromerzeugungstechnik notwendigen großen Kraftwerke und die damit verbundene energietechnische Infrastruktur. Es stellt sich die Frage nach der Zukunft der im Augenblick noch im Betrieb befindlichen Braunkohlekraftwerke und der damit verbundenen Stromnetze. Solarturm: Auf einer Fläche von ca. acht ha stehen in Jülich 2153 bewegliche Spiegel (Heliostate) und lenken die Sonnenstrahlen auf die Spitze des 60 m hohen Turms. Als Kraftwerk benutzt erzeugt die Anlage Wasserdampf, der per Turbine und Generator Strom erzeugt. Der in Jülich angesiedelte Standort des Deutschen Zentrums für Luftund Raumfahrt (DLR) hat als Antwort hierauf einen Vorschlag für ein aussichtsreiches Phase I-Projekt gemacht, das zu einer Pilotanlage mit globalem Pioniercharakter werden kann. DLR-Energieexperten zeigen einen technologischen Weg auf, der es ermöglicht, heutige Kohlekraftwerke als thermische Energiespeicher weiterzuverwenden: REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 34 Third Life – Umwandlung zum Speicherkraftwerk Zielsetzung: Machbarkeitsdemonstration der Umwandlung eines Kohlekraftwerks in ein Speicherkraftwerk – Entwicklung einer Schlüsseltechnologie zur Dekarbonisierung des Energiesystems: „Wärmespeicher-Kraftwerk StoreToPower“ Kurzbeschreibung: Die wesentlichen Komponenten eines Kohlekraftwerks – Dampferzeuger, Dampfturbine und Generator – werden mit einem Wärmespeichersystem (Carnot-Batterien) verbunden, das mit erneuerbarer Energie gespeist wird. Realisierung eines stromnachfrageorientierten StromWärme-Strom-Umwandlungsprozesses, der CO2 nahezu vollständig vermeidet und dabei ermöglicht, viele der heutigen Kraftwerksarbeitsplätze zu erhalten Projektträger: Wissenschaftliche Projektleitung Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrttechnik (Standort Jülich) in Verbindung mit der RWTH Aachen und dem Solar-Institut Jülich der FH Aachen Kosten: noch zu ermitteln Status: Projektskizze Strukturwirksamkeit: Transferprojekt/Umnutzung von Kraftwerksstandorten, hohes Potenzial, Arbeitsplätze zu erhalten und höherwertige Arbeitsplätze zu schaffen, hoher Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele, hohes Potenzial zur CO2-Einsparung, Sicherung der regionalen Energieversorgung Bei der anstehenden Umwandlung des Energiesystems besteht zum einen das Risiko, dass die konventionelle Energietechnik zur entwicklungshemmenden Altlast wird. Zum anderen ergeben sich Risiken durch die ländliche Prägung der Kreise innerhalb der Region. Soziale und ökonomische Strukturen sind vor diesem Hintergrund für die Bewältigung zukünftiger Anforderungen dringend fortzuentwickeln. Indikator dafür ist, dass in der Region Aachen im Augenblick die FuEInitiativen der Wirtschaft im ländlichen Raum unterdurchschnittlich ausgeprägt sind. Kompetenzen, Wissen und Ressourcen aus Wissenschaft und Bildung werden noch zu wenig für die regionale Entwicklung genutzt. Bislang gibt es keine systematische Anbindung der regionalen Wirtschaft an die Hochschulen und ihre Institute. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 35 Vor diesem Hintergrund könnte der „Brainergy Park Jülich“ die Bedeutung eines wegweisenden Phase I-Projektes bekommen. Hiermit könnten Erfahrungen gesammelt werden und regionale enge Vernetzungen zwischen Wirtschaftsakteuren auf der einen Seite und der Technologieentwicklung und Forschung auf der anderen Seite aufgebaut werden: Brainergy Park Jülich Zielsetzung: Gewerbepark, Pilotquartier und Living Lab „Neue Energien“ Kurzbeschreibung: Interkommunales Gewerbegebiet (52 ha) mit einer rund 7 ha großen Sonderfläche für die Themen „Neue Energien“ und „Digitalisierung“ unter Einbeziehung der regionalen Forschungs- und Wissenskompetenzen mit zugehörigem 7.000 qm großen Zentralgebäude „Brainergy-Hub“ als Steuerungs- und Innovationszentrum Projektträger: Entwicklungsgesellschaft Campus Merscher Höhe (Gesellschafter: Jülich, Niederzier, Titz) mit den Partnern: Fachhochschule Aachen Campus Jülich, Forschungszentrum Jülich, Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrttechnik (Standort Jülich), Entwicklungsgesellschaft indeland GmbH, Stadtwerke Jülich, innogy GmbH, weitere Wirtschaftspartner in Vorbereitung Kosten: Schätzung gemäß Masterplan: ca. 58 Mio. Euro Status: umsetzungsreif (ab Ende 2019) Strukturwirksamkeit: GI-Flächenentwicklung Unternehmensansiedlungen schaffen Arbeitsplätze; Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft in der Region REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 36 Elektromobilität der Zukunft braucht vor allem gespeicherte Energie. Vor diesem Hintergrund wird in der Region Aachen das Phase I-Projekt „Green Battery Park Euskirchen“ entwickelt. Euskirchen hat die besten Voraussetzungen Produkte für die eMobilität der Zukunft bereitzuhalten im Umkreis von 500 km befinden sich mehr als 30 Automobilwerke: Green Battery Park Euskirchen Zielsetzung: Erschließung des Green Battery Park auf der 140 ha großen Industriefläche PrimeSite Rhine Region Kurzbeschreibung: Neben der Ansiedlung eines Batteriezellenproduzenten sollen vor- und nachgelagerte Prozesse wie Konfektionierung, Montagen, neue Einsatzmöglichkeiten bis hin zum kompletten Life-Cycle ihren Platz am Standort finden. Projektträger: NRW.invest, AöR PrimeSite Rhine Region Kosten: noch zu ermitteln Status: Skizze Strukturwirksamkeit: GI-Flächenentwicklung mit Cluster/Fokussierung für/auf Batteriezellenproduktion, Ergänzung Wertschöpfungskette E-Mobilität; hohe Potenziale für die Schaffung von Arbeitsplätzen und Ansiedlung von Unternehmen REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 37 Phase I-Projekte der Region Aachen im Zukunftsfeld Energie und energieintensive Industrie REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 38 Zusammenfassung Der Weg in eine erfolgreiche Zukunft erfordert einen gezielten und gelungenen Strukturwandel. Für die Region Aachen - Kerngebiet des Rheinischen Reviers - hatte die konventionelle Energieerzeugung lange Zeit ein beherrschendes ökonomisches Gewicht. Im Rahmen des anstehenden Energiewandels sind alternative Wertschöpfungsketten zu entwickeln und zu implementieren. Große Chancen zur Bewältigung dieser Aufgabe liegen in der Kompetenz der zahlreichen wissenschaftlichen Institutionen der Region, Konzepte für zukunftsträchtige und richtungsweisende Technologien zu entwickeln. Die historische ökonomische Fokussierung auf die Werthaltigkeit von Bodenschätzen wie Stein- und Braunkohle ist durch eine erfolgsträchtige neue Wertorientierung abzulösen: Die Zukunft liegt in der Forcierung der Potenziale von Wissenschaft, Forschung, Innovation und der hieran anknüpfenden unternehmerischen Initiativen im regionalen Wirtschaftsraum. Die Strategie besteht darin, wissenschafts- und forschungsbasierte Innovationskraft verstärkt in den mittel- und langfristigen Strukturwandel einzubringen, um die Region überregional, national und international als zentralen Innovationsraum zu positionieren. Forschungsprojekte wie das Kopernikus Power-to-X-Projekt zeigen, dass sich die hiesigen wissenschaftlichen Institutionen im Bereich Energieforschung als Hauptakteure der Entwicklung der zukünftig erforderlichen Technologien zur Energieerzeugung und -versorgung profilieren konnten. Auf dem Weg in die Zukunft ist dieser innovationsfokussierte Weg wesentlich auszuweiten. Dazu sind vorliegende Wissenspotenziale auszuschöpfen, die ein möglichst breites Spektrum an ökonomischen Chancen eröffnen. Wissenschaftliche Forschung und deren Umsetzung in Technologien sollen die Basis für neue Geschäftsmodelle werden und nicht nur Erträge oder Profitabilität, sondern vor allem auch Qualifizierungs- und Erwerbsmöglichkeiten in der Region initiieren. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 39 Supercomputer JURECA: Das Jülich Supercomputing Centre (JSC) stellt Wissenschaftlern am Forschungszentrum Jülich, an Universitäten und Forschungseinrichtungen in Deutschland und in Europa sowie der Industrie Rechenkapazität der höchsten Leistungsklasse zur Verfügung. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 40 Digitalisierung als Innovationstreiber Eine zunehmend wichtige Rolle als Innovationstreiber wird das in der Region von universitären sowie außeruniversitären Forschungseinheiten abgedeckte Kompetenzfeld Digitalisierung spielen. Mittlerweile gilt die digitale Veränderung von industriellen Prozessen als „Vierte industrielle Revolution“, die weit über die Integration von Computertechnologie in Produktionsabläufe hinausgeht. Die Speicherung und Verarbeitung digitaler Informationen erreichen laufend neue Anwendungsmöglichkeiten in einer Vielzahl von Arbeits- und Lebensfeldern. Nicht nur die produzierende Wirtschaft, sondern auch die Telekommunikation, die Logistik, die Gesundheitswirtschaft sowie der Energiesektor werden durch digitale Technologien dynamisiert, die unter anderem in der Region Aachen entwickelt werden. Experten schätzen, dass Technologien der Informations- und Telekommunikationsbranche in den nächsten 15 Jahren massiv für Wachstums- und Entwicklungsimpulse der gesamten Wirtschaft sorgen werden. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung ist die Nutzung von „CrossInnovations-Potenzialen“ ein wichtiges Kompetenzfeld für die Region. Cross-Innovationen beruhen auf der Zusammenführung von Anwendungsfeldern, die bislang keine oder nur sehr wenige Berührungspunkte hatten. Der dabei praktizierte Transfer von bereits verfügbarem Know-how und von Forschungsergebnissen bislang entfernt operierender Wirtschaftszweige ermöglicht Zeit- und Kostenvorteile durch Einsparung eigener Forschung. Dies macht die durch Digitalisierungsstrategien ermöglichten Cross-Innovationen ökonomisch besonders attraktiv. Darüber hinaus ist die Digitalisierung auch wichtiger Treiber bei der Wandlung der Industrie- zur Wissensgesellschaft. Schon heute können wir große Datenmengen beinahe überall und ständig abrufen und nutzen. Durch den Einsatz von Digitaltechnologien in nahezu allen Lebensbereichen werden umfassende „digitale“ Fähigkeiten – Medienund Technikkompetenzen – erforderlich. Aus- und Weiterbildungsträger in der Region haben dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 41 Die Wissenschafts- und Technologieakteure der Region Die Region Aachen ist hier gut aufgestellt: Auf der Grundlage der umfangreichen Wissenschafts- und Technologiestruktur können die notwendigen Entwicklungen forciert werden. Indikator dafür ist, dass in der Region Aachen im Wirtschaftsbereich Bildung und Forschung 3.080 Unternehmen im Jahr 2014 einen Umsatz von 1,54 Mrd. Euro erzielen konnten. (Wirtschaftsstudie Region Aachen 2017). Bildung, Forschung und Innovation sind offenbar bereits fruchtbarer Nährboden für Unternehmensgründungen: Unternehmensgründungen aus dem Bereich Technologische Dienstleistungen, worunter auch Beratungsleistungen fallen, erreichten im Bereich technologieorientierter Gründungen in der Region Aachen in den Jahren 2010 bis 2014 einen Anteil von 27,9 %. (Wirtschaftsstudie Region Aachen 2017). Die Region Aachen verfügt neben den staatlichen Hochschulen über Standorte der FOM Hochschule für Ökonomie & Management gGmbH, der Katholischen Hochschule NRW und der Europäischen Fachhochschule. Ergänzt wird das Aus- und Weiterbildungsangebot durch die private Fachhochschule ABS Aachen Business School GmbH und zahlreiche weitere gemeinnützige Einrichtungen. Wie bereits erwähnt verfügt die Region Aachen neben dem Forschungszentrum Jülich über das Ericsson Eurolab, das Ford Forschungszentrum Aachen, das Amazon Forschungszentrum sowie über die unterschiedlich spezialisierten Institute der großen Forschungsgesellschaften Fraunhofer, Helmholtz und Leibniz. Qualifikationsoffensive erforderlich Auf dem Weg der Umsetzung der Zukunftsstrategie der Region werden sich absehbar eine steigende Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften sowie möglicherweise Qualifikationsengpässe ergeben. Bildung und Forschung haben schon in der Vergangenheit für bedeutende Beschäftigungsimpulse gesorgt. Bezeichnend ist, dass mit insgesamt mehr als 700 Auszubildenden die Exzellenzuniversität RWTH Aachen der größte Berufsausbilder in der Region Aachen ist. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 42 In der Region Aachen haben bisher knapp 32.500 Beschäftigte im Bereich Forschung und Bildung einen Arbeitsplatz gefunden; das sind 8,2 % der regionalen Gesamtbeschäftigung (Wirtschaftsstudie Region Aachen 2017). Das deutet an, wie zentral der Faktor „hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ im Feld wissensintensiver Tätigkeiten ist. In der Region Aachen arbeiten mehr als zweieinhalbmal so viele Hochschulbeschäftigte wie im bundesweiten Durchschnitt (Wirtschaftsstudie Region Aachen 2017). Bereits heute ist es ein wichtiges Ziel der Region, durch wirkungsvolle Maßnahmen in den Bereichen Arbeitspolitik und Ausbildung dafür zu sorgen, dass ein eventueller „Brain Drain“ für die Region vermieden wird und stattdessen neue gut ausgebildete Arbeitskräfte gewonnen werden können. Ein besonderes Augenmerk ist auf die Qualität der zukünftig entstehenden Arbeitsplätze zu richten. In diesem Zusammenhang ist die Qualifizierung und Ausbildung ein wesentlicher Aufgabenbereich. Denn durch die absehbar zunehmende Spezialisierung von innovativen Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, steigen die Anforderungen an die Kompetenz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Deshalb ist zukünftig als Basis vor allem die Berufsausbildung im dualen System durch eine „Regionale Offensive Duale Ausbildung“ zu steigern. Fach- und Führungskräfte sind durch Rückgriff auf die Wissensressourcen der hiesigen Hochschullandschaft umfassend weiterzubilden. Ausbau bestehender Stärken Die konsequente Nutzung der Innovationskraft in der Region erfordert, dass zukünftig bestehende Stärken ausgebaut werden. Dabei geht es insbesondere darum, die Leistungsfähigkeit der wissenschaftlichen Institutionen und ihre Kompetenz zu nutzen, im engen Dialog mit der Industrie Technologien weiter zu entwickeln und praktisch umsetzbar zu machen. Die Sichtbarkeit der Region Aachen als hervorragender Forschungsund Wissenschaftsstandort konnte in den vergangenen Jahren wesentlich gesteigert werden. Mit dem RWTH Aachen Campus Projekt gelang es, einen engen Verbund aus Wissenschaft und Wirtschaft zu realisieren und die Entwicklung hin zu einer weltweit führenden technischen Universität weiter auszubauen. Zukünftig sollen immer mehr interdisziplinäre Teams aus Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam an Zukunftsfragen mit visionären Lösungsansätzen arbeiten. Dies wird auf zwei Arealen von insgesamt 800.000 qm erfolgen. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 43 Es ist zu erreichen, dass das Campus Projekt der RWTH Aachen wesentlich stärker als bisher Akzente in der Wirtschaft der Region Aachen setzt. Speziell entwickelte Förderprogramme sollen bewirken, dass zum einen der Transfer von Innovationen in die Unternehmen der Region verstärkt wird und zum anderen, die Region für Start-ups und Spin-offs als Standort noch attraktiver gemacht wird. Es sind in diesem Zusammenhang Ressourcen bereitzustellen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Technologien und Innovationen, die im Wissenschaftsumfeld entwickelt wurden, zügig in marktfähige Geschäftsmodelle umgesetzt werden, sodass die Wirtschaftsregion hiervon profitieren kann. Dazu sind Bedingungen für erfolgreiche Unternehmensgründungen insbesondere im Themenfeld Digitalisierung weiter auszubauen und Gründerinnen und Gründer noch gezielter zu unterstützen. Hierfür bietet die New Business Factory des digitalHUB Aachen eine hervorragende Basis. Campus West an der RWTH Aachen Zielsetzung: Aufbau eines neuen Forschungsquartiers der RWTH Aachen in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Mit dem RWTH Aachen Campus verfolgen Stadt Aachen und Hochschule gemeinsam das Ziel, die RWTH zu einer der weltweit führenden technischen Universitäten zu entwickeln und Aachen als internationalen Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort zu stärken und auszubauen. Kurzbeschreibung: Mit dem Campus West wird der zweistufige Ausbau des RWTH Aachen Campus fortgesetzt. Auf einem ca. 325.000 qm großen Gebiet am Aachener Westbahnhof entstehen fünf Forschungscluster. Diese sind thematisch und räumlich eng mit den bereits existierenden Instituten in Campus Mitte verbunden. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 44 digitalHUB: New Business Factory Weiterentwicklung digitaler Geschäftsmodelle Zielsetzung: Die nachhaltige Stärkung der Zukunftsfähigkeit der Region Aachen durch Förderung der Digitalisierung der Wirtschaft und der öffentlichen Hand Kurzbeschreibung: Der digitalHUB Aachen e.V. bringt Start-ups und ITMittelstand (digitale „Enabler“) mit klassischem Mittelstand und Industrie als Anwender (digitale „User“) in der DIGITAL CHURCH zusammen, um gemeinsam neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln und zu realisieren. Unterstützt wird dies durch Region und Wissenschaft („Supporter“). So wird euregional eine „Aachen Area“ als digitales Innovationsland geschaffen. Das Digitalisierungszentrum des digitalHUB Aachen ist Teil der Initiative „Digitale Wirtschaft NRW (DWNRW)“ und eines von sechs geförderten Zentren für die digitale Wirtschaft in NRW. Der „Coworking Space“ des digitalHUB in sakraler Atmosphäre mit offenen Arbeitsplätzen, moderner Ausstattung und fürs kreative Arbeiten ausgerüsteten Besprechungsräumen, bietet ideale Bedingungen für das gemeinsame Arbeiten an der digitalen Zukunft. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 45 Wichtige regionale Phase I-Projekte Der Ideen-, Wissens- und Innovationstransfer zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft ist ständig zu modernisieren und langfristig auszubauen. Eine wichtige Rolle spielt dabei neben der Fortentwicklung des Campus-Konzeptes und der Idee der New Business Factory die Einbindung der und die Übertragung in die Region. Aus der RWTH Aachen heraus hält die Nachfrage von Gründern sowohl nach einer räumlichen Infrastruktur als auch nach dem entsprechenden Unterstützungsumfeld weiter an. Dabei stellt der Standort Aachen – als einer der wenigen in Deutschland – ein Angebot bereit, das sowohl für Gründer, die technische Produkte entwickeln, als auch für solche, die an digitalen Geschäftsmodellen arbeiten, geeignet ist. Um dieses Angebot zu optimieren, soll im Umfeld und in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen und anderen Wissenschaftseinrichtungen aus der Region Europas modernstes Start-up-Zentrum entstehen: Start-up-Zentrum im Umfeld der RWTH Aachen Zielsetzung: Aufbau von Europas modernstem Start-upZentrum Kurzbeschreibung: Das Zentrum ist so konzipiert, dass es die Nachfrage von Gründern im Bereich technologieorientierter Start-ups und Spin-offs nach räumlicher Infrastruktur als auch nach einem Unterstützungsumfeld befriedigt. Projektträger: Land NRW, RWTH Aachen Kosten: noch zu ermitteln Status: Idee Strukturwirksamkeit: Transferprojekt, um Wissen und Arbeitskräfte in der Region Aachen zu halten. Hohes Potenzial, um Arbeitsplätze zu schaffen. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 46 Der Wissenstransfer zwischen Forschung und anwendungsorientierter Wissenschaft auf der einen Seite und zukunftsorientierter Industrie auf der anderen ist insbesondere im Bereich umweltgerechter Mobilität von großer Bedeutung. Das Phase I-Projekt „Forschungsflugplatz Merzbrück“ macht diesen Zusammenhang besonders anschaulich: Zukünftige eMobilität hat nicht nur mit der Elektrifizierung von Automobilen zu tun – auch die Luftfahrt ist ein wichtiges Zukunftsfeld. Das manifestiert sich in der Entwicklung eines Flugzeugs der ganz neuen Art, des „Silent Air Taxi“. Das Flugzeug der Zukunft ist eine Entwicklung der Air s.Pace GmbH, eines Zusammenschlusses verschiedener Disziplinen zahlreicher Institute der RWTH Aachen und der FH Aachen: Forschungsflugplatz Merzbrück Zielsetzung: Ausbau des Flugplatzes Merzbrück zu einem Forschungsflugplatz: Im Mittelpunkt stehen dabei das geräuscharme Fliegen und das Fliegen mit Elektromotor. Kurzbeschreibung: Um diesen Flugplatz zu realisieren muss die Landebahn ertüchtigt und um 10 Grad von der Bebauung weg verschwenkt werden. Damit wird der Landeplatz zukunftsfähig und EU-konform dauerhaft gesichert. Außerdem wird durch die Verschwenkung der Landebahn das Geräuschniveau für die Anwohner reduziert. Projektträger: RWTH Aachen, FH Aachen, Land NRW Kosten: 7 - 8 Mio. Euro Status: Projektskizze Strukturwirksamkeit: Infrastrukturausbau als Entwicklungsmotor für die Region; Schaffung von zahlreichen Arbeitsplätzen durch die Umsetzung von hohem Innovationspotenzial; Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 47 Phase I-Projekte der Region Aachen im Zukunftsfeld Forschung, Innovation, Bildung, Gründung REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 48 Zusammenfassung Das Ende der Braunkohlegewinnung und -verstromung wird zu tiefgreifenden Veränderungen im Raum der Region Aachen führen. Damit verbundene Herausforderungen sind die anstehende großräumige Rekultivierung der Tagebaue Inden und Garzweiler und die Aufgabe, diese Flächen den Menschen zur Nutzung zu übergeben. Angesichts dieser Herausforderungen geraten die bestehenden Verkehrsinfrastrukturen in den Blick, welche die Grundlage nahezu aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche darstellen. Sich verändernde Mobilitätsbedürfnisse im Individualverkehr, neue Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur und technologische Trends geben die Richtung vor, in die diese Infrastruktur regional weiterzuentwickeln ist. Ein wichtiges regionales Phase I-Projekt ist dabei die Entwicklung des Industriedrehkreuzes Weisweiler - Inden - Stolberg zu einem überregionalen, zeitgemäßen und bedarfsgerechten Logistikstandort. Es ist unbedingt erforderlich, den die Region aus Richtung der belgischen und niederländischen Nordseehäfen passierenden Güterverkehr für Wertschöpfung innerhalb der Region zu nutzen. Deshalb sind strukturwirksame Projekte wie z. B. der Lückenschluss A1 und der Ausbau der Eisenbahnverbindung Aachen-Köln prioritär umzusetzen. Parallel ist die verkehrstechnische Erschließung zu entwickelnder Flächen (Green Battery Park, Gewerbefläche Geilenkirchen-Lindern) zügig voranzutreiben. Unabhängig von dieser Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur wird sich die Region Aachen weiter auf die Unterstützung von FuE-Strukturen im Bereich Mobilität konzentrieren, die zur Gründung erfolgreicher Unternehmen und Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze führen. Hierzu sind die bereits erfolgreichen innovativen Ansätze aus den hiesigen Hochschulen und Forschungseinrichtungen weiter zu fördern. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 49 Erste Erfolge konnten durch die Ausgründungen aus der RWTH Aachen, wie die StreetScooter GmbH und das elektrisch angetriebene Stadtauto „e.GO“, erreicht werden. Streetscooter der Deutschen Post AG: Vollelektrische Kleintransporter, entwickelt an der RWTH Aachen, produziert in der Region Aachen. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 50 Ausbau Infrastruktur Verkehrsinfrastrukturen sind die Grundlage nahezu aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche und stehen im Rahmen des anstehenden Strukturwandels im Fokus der Region Aachen. Eine funktionierende Straßenverkehrsinfrastruktur hat für die Mobilität der Menschen und den Transport von Gütern überragende Bedeutung. Allerdings sind viele Straßen in Nordrhein-Westfalen nicht nur zur Spitzenzeit überlastet. Zwar sind innerhalb eines grenzenlosen Europas auf vielen Ebenen Barrieren bereits abgebaut worden, doch im Grenzverkehr sind Hindernisse immer noch deutlich präsent. Für die vergleichsweise dicht besiedelte Region zwischen Köln und Aachen, die nicht zuletzt aufgrund ihrer Grenzlage „Transitfunktion“ besitzt, ist deren Abbau von besonders hoher Relevanz. So ist beispielsweise der lediglich 25 km kurze Lückenschluss der Autobahn 1 zwischen Blankenheim und Kehlberg für die Region ein entscheidender Baustein, um eine durchgängige, verlässliche und verträgliche Transitstrecke für den Verkehr auf der A1 von der Ostsee bis zur französischen Grenze bei Saarbrücken zu schaffen. Über weiterführende europäische Fernverkehrsnetze führt die Trasse von Skandinavien nach Südfrankreich bzw. Spanien und gehört somit zu den wichtigsten Transitrouten Deutschlands. Aus diesem Grund trägt dieser Lückenschluss zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur wesentlich bei. Auch im Bereich Schienenverkehr gibt es einen großen Ausbaubedarf der Infrastruktur: So steht die Eisenbahninfrastruktur im Korridor Rheydt – Aachen – Köln vor erheblichen Herausforderungen. In der nächsten Dekade ist ein deutliches Wachstum im Schienengüterverkehr über die Grenzen zwischen Deutschland, Belgien und den Niederlanden zu erwarten. Darüber hinaus ist mit wesentlich gesteigertem Aufkommen im internationalen Schienenpersonenverkehr über die Grenze zu rechnen. Vor diesem Hintergrund ist der Schienenkorridor zwischen Aachen und Köln auf den Strecken Herzogenrath - Aachen - Köln dringend auszubauen, um den prognostizierten Zuwächsen im Personen- und Güterverkehr gerecht zu werden. Deshalb hat die Region Aachen das Projekt „ABS Köln - Aachen (3. Gleis)“ definiert:. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 51 Lückenschluss A 1 Zielsetzung: Das Netz der Bundesautobahn soll im Kreis Euskirchen zwischen Adenau, Lommersdorf und Blankenheim geschlossen werden. Kurzbeschreibung: Ein Lückenschluss der Bundesautobahn A1 als einer der wichtigsten Nord-Süd-Achsen des westdeutschen Straßennetzes würde erheblich zur Standortsicherung und -aufwertung des Kreises Euskirchen beitragen. Ausbau ABS Köln - Aachen (3. Gleis) Zielsetzung: Kapazitätserhöhung, störungsfreier Betrieb Kurzbeschreibung: Ein Maßnahmenbündel ersetzt das seit langem geforderte durchgängige 3. Gleis. Es sieht stattdessen punktuelle Einzelmaßnahmen vor, die in ihrer Summe eine deutliche Entlastungsfunktion entfalten. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 52 Weiterentwicklung von Raum und Fläche Die vielfältigen Aufgabenstellungen rund um die zukünftige Entwicklung von Infrastruktur, Raum und Fläche sind eng mit den übrigen von der Region Aachen definierten Zukunftsfeldern verknüpft. Nur durch die erfolgreiche, integrierte regionale Entwicklung folgender Komponenten wird der Strukturwandel langfristig ein Erfolg:  Forschung und Entwicklung  wirtschaftliche Transformation auf der Basis von Digitalisierung  Schaffung von Arbeitsplätzen und zukunftsgerechte Qualifikation von Arbeitskräften in großer Bandbreite  Bereitstellung geeigneter Siedlungsflächen  Gewährleistung einer hohen Standortqualität durch eine gute Daseinsvorsorge vor allem auch im ländlichen Raum  und ein ansprechendes touristisches Angebot Im Bereich Raum und Fläche haben es die Wirtschaftsförderungen in der Region Aachen in den nächsten Jahren mit drängenden Herausforderungen im Bereich der Entwicklung insbesondere von Logistikstandorten zu tun. Nur mit der Ausarbeitung einer spezifischen Profilbildung und deren erfolgreicher Umsetzung können die regionalen Standorte gegenüber den großen HUBs bestehen. Thematisch sollten diese Profile zukunftsorientiert in Richtung eLogistik, GreenLogistik, emissionsarmer CityLogistik etc. entwickelt werden. Die von der Region in diesem Zusammenhang ausgewählten Phase IProjekte leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. So bietet die mögliche Entwicklung des „Industriedrehkreuzes Weisweiler - Inden Stolberg“ nach der Schließung des Kraftwerkstandortes die Chance, ein überregional erfolgreicher, zeitgemäßer und bedarfsgerechter Logistikstandort zu werden. Zusammen mit dem voranzutreibenden flächendeckenden Ausbau einer Ladeinfrastruktur – nicht nur für Lkw – kann dies der Region Aachen eine Vorreiterposition mit einer modernen, spezifischen Logistikkompetenz verschaffen und zu einer Steigerung der Wertschöpfung in einem wachsenden Markt führen. Hierbei stehen die potentiellen REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 53 Gewerbe- und Industrieflächen im Umfeld des Kraftwerks im Fokus einer vorzunehmenden qualifizierten Entwicklung. Dabei sind die Möglichkeiten von Synergien durch die Entwicklung von Flächenpotenzialen im Umfeld des Stolberger Hauptbahnhofs besonders zu berücksichtigen. Industriedrehkreuz Weisweiler - Inden - Stolberg Zielsetzung: Kompensation des Wegfalls von Arbeitsplätzen im Zuge des Strukturwandels Kurzbeschreibung: Reaktivierung von Flächen des Kraftwerkstandortes als Gewerbe- und Industriestandorte – Satellitenkonzept mit geplanter interkommunaler Gewerbefläche des Campus Aldenhoven und der Merscher Höhe (Brainergy) in Jülich Projektträger: Kosten: RWE (im Besitz des größten Teils der Fläche) 40 Mio. Euro Status: Projektskizze Strukturwirksamkeit: Konversationsfläche durch Wegfall des Kraftwerksstandortes. Kompensation für wegfallende Arbeitsplätze am Standort Das Potenzial der Region wird auch durch das Phase I-Projekt „LEP VIFläche Geilenkirchen-Lindern“ eindrucksvoll belegt: Das Areal war vom Land im Rahmen der Flächenbevorratung für ein potentielles weiteres Kraftwerk im Rheinischen Braunkohlerevier erworben worden. Künftig könnte es aufgrund seiner spezifischen Standortvorteile und vor allem auch der räumlichen Nähe zu den technologisch-innovativen Forschungsschwerpunkten innerhalb der Region Aachen ein bevorzugter Standort für großangelegte industrielle Produktionen und damit für neue Wertschöpfung und neue Arbeitsplätze werden. Vorteile der sogenannten LEP VI-Fläche sind u. a. ihre räumliche Lage, die sich derzeit in der Entwicklung befindende optimierte Verkehrsanbindung, ihre Größe (rd. 240 ha) sowie ihre Verfügbarkeit: REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 54 LEP VI-Fläche Geilenkirchen-Lindern Zielsetzung: Kurzbeschreibung: Zukunftsorientierte Entwicklung des Industriegebiets Geilenkirchen-Lindern (LEP VI-Fläche)   GI-Flächenentwicklung (rund 153 ha) mit Entwicklungspotenzialen für arbeitsplatzintensive Großansiedlungen direktes Verbundprojekt: L364n, Ortsumgehung Hückelhoven und Hilfarth zur Erschließung des Industriegebietes GeilenkirchenLindern Projektträger: NRW.Urban, Stadt Geilenkirchen, Stadt Hückelhoven, Stadt Heinsberg, Kreis Heinsberg, WFG für den Kreis Heinsberg Kosten: derzeit noch nicht zu beziffern Status: Projekt ist in der Startphase. Verkehrsinfrastrukturelle Entwicklungen laufen. Planungsphase hat begonnen. Gutachten werden 2019 vorliegen. Strukturwirksamkeit: Flächenentwicklung - Infrastrukturausbau: ortsdurchfahrtsfreie Anbindung des Industriegebietes (LEP VI-Fläche GeilenkirchenLindern) an die A46 und Fahrzeitreduzierung; Vermeidung des innerörtlichen Durchgangsverkehrs u. Beibehaltung der Wohnqualität Eine besondere Herausforderung besteht für die Raum- und Flächenentwicklung im Rahmen der drei Tagebauumfeldinitiativen Inden, Garzweiler und Hambach. Aufgrund der starken Betroffenheit der Menschen in den Tagebauumfeldgemeinden sind hier umfangreiche strukturwirksam, langfristig anzulegenden Landschaftsraumgestaltungen erforderlich und für eine innovative Entwicklung der Wirtschaft und Infrastruktur zu sorgen. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 55 Raumentwicklungsperspektive für die Tagebauumlandgemeinden Zielsetzung: Vertiefende räumliche Planungen für die Tagebauumfelder Garzweiler, Hambach und Inden zur Vorbereitung von Investitionen in Infrastruktur, Freiraum und Flächenerschließung Kurzbeschreibung: Masterpläne sollen für die Tagebauumfelder Garzweiler, Hambach und Inden entwickelt werden. Dabei fließen wirtschaftliche, sozialökonomische, touristische und landwirtschaftliche Raumentwicklungsperspektiven in die Planung mit ein. Aufgrund der zeitlichen Perspektive muss den Raum stufenweise denken. Zwischennutzungen müssen in der gesamten Umfeldgestaltung einbezogen werden. Projektträger: Zweckverband Tagebaufolge(n)landschaft Garzweiler, Entwicklungsgesellschaft indeland GmbH, „Team Hambach“, RWE Power AG, betroffene Gemeinden, Städte und Kreise Kosten: derzeit noch nicht zu beziffern Status: Projektskizzen teilweise erstellt. Strukturwirksamkeit: Eine langfristig gedachte Raumentwicklung in den Tagebauumlandgemeinden schafft Raumstrukturen, die Effekte auf die Wirtschaft, die Landwirtschaft, die Touristik und auch für die Menschen vor Ort erzeugt. Speziell die Wiederherstellung und Schaffung neuer Raumqualitäten für Wohn- sowie Arbeitsstandorte sind hervorzuheben. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 56 Vor dem Hintergrund aktueller Raumentwicklungen und der Verbesserung der regionalen Verkehrsinfrastruktur ist ein Mobilitätsnetz erstrebenswert, welches verbund- und grenzüberschreitend funktioniert und die Vielzahl bisher nebeneinander existierender Einzelsysteme mit vorausschauendem Weitblick vernetzt. Ziel für die nahe Zukunft ist die Realisierung eines vernetzten, koordinierten, urbanen sowie interregionalen Verkehrssystems. Es ist für die Region wichtig, einen intensiven Kontakt über die Landesgrenze in Richtung Niederlande und Belgien zu halten. Denn der Weg in Richtung eines gemeinsamen Europas bietet besonders den Grenzregionen seit Anfang der 1990er Jahre exklusive Chancen. Bis dato waren Handel, kommunale Zusammenarbeit und das Pendeln zwischen Orten durch Staatsgrenzen stark eingeschränkt; diese behinderten die regionale Entwicklung erheblich. Heute können Institutionen, Verbände und Vereine, private Initiativen, aber auch Einzelpersonen grenzüberschreitende Kooperationen eingehen und so das weitere „Zusammenwachsen“ und die grenzüberschreitende Wirtschaftsentwicklung fördern. Richtungsweisende Mobilitätsinnovationen aus der Region Die Elektromobilität, die mehr und mehr an Bedeutung gewinnt, ist in der Region Aachen ein erfolgreiches und umfangreiches Forschungsfeld. Mit dem Elektromobilitätslabor (eLab) als einem der fünf Center im Cluster Smart Logistik bietet die RWTH Aachen eine offene Infrastruktur zur Erforschung der Elektromobilität. Unternehmen können von der Technologieentwicklung über das Testing bis hin zur PrototypenFertigung vom eLab profitieren. Projekte wie beispielsweise eProduction, eine Produktionsforschung zu Hochvoltspeichersystemen für die Elektromobilität, belegen die Attraktivität dieses eMobilitäts-Angebots der Hochschule. Im Ford Forschungszentrum Aachen stehen die Themen alternative Antriebssysteme, Umweltschutz und Sicherheit im Vordergrund der Forschung. Die StreetScooter GmbH ist ein aufsehenerregendes Unternehmen, das aus der Forschungslandschaft innerhalb der Region Aachen hervorgegangen ist. Das dort entwickelte Elektrofahrzeug ist so konzipiert worden, dass es sich als Elektrotransporter für die Waren- und Paketzustellung besonders gut eignet. Mit der Übernahme des REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 57 Unternehmens durch die Deutsche Post AG wurde die serienmäßige Produktion des Elektrotransporters gewährleistet. Neben dem StreetScooter wurde auf dem RWTH Aachen Campus ein weiteres Elektrofahrzeug konzipiert, das große Marktchancen besitzt: Das hier entwickelte, elektronisch angetriebene Stadtauto „e.GO Life“ wird ab Mitte 2018 in einer eigenen Fabrikation auf einem ehemaligen PhilipsGelände in Aachen sowie in Düren gebaut. Weitere Neugründungsbeispiele im Mobilitätsumfeld sind die ENGIRO GmbH mit ihrem Spezialgebiet, Elektromotoren mit hoher Leistungsdichte auf engem Raum herzustellen, und die smartlab Innovationsgesellschaft mbH. Im Fokus dieses Unternehmens steht die Vernetzung von Ladeinfrastrukturen für ein flächendeckendes Netz von Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Die Stärken der Region Aachen auf dem Gebiet der intelligenten Mobilität sollen zukünftig noch weiter optimiert und dazu Synergien gezielt unterstützt werden. Aus Sicht der Region Aachen geht es im Bereich der Zukunftsmobilität darum, unterschiedlichste Einzelinitiativen zu einem gesamtregionalen langfristigen Mobilitätskonzept zu bündeln. Dabei ist die Frage zu beantworten, wie sich die einzelnen Maßnahmen zu einem multimodalen gesamtregionalen Ansatz verknüpfen lassen, um die Region überregional überzeugend als Modellregion der Mobilität der Zukunft zu etablieren. Ein wichtiger Bereich, bei dem Aachener Innovationen eine Vorreiterrolle übernehmen können, sind die Themen Connected Car und autonomes Fahren. Um hier Akzente zu setzen hat die Region Aachen das Phase I-Projekt „Campus Aldenhoven“ definiert, bei dem das Aldenhoven Testing Center (ATC) eine wichtige Rolle spielt. Mit diesem Testing Center der RWTH Aachen steht eine leistungsfähige Testanlage für die Fahrzeugtechnik der Zukunft zur Verfügung. Das hier installierte automotiveGATE ist in der Lage, Galileo Satellitensignale zu simulieren. Damit wird bereits vor der Inbetriebnahme aller Satelliten die Entwicklung und Erprobung von entsprechenden Systemen ermöglicht:. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 58 Campus Aldenhoven Zielsetzung: Die Flächen des ehemaligen Kraftwerksstandortes Siersdorf sind in einen interkommunalen Gewerbeund Industriebereich (GIB) umzuwandeln, um weiterhin Flächen für autoaffine Unternehmen am Standort zu sichern. Kurzbeschreibung: Auf dem 86 ha großen Campus Aldenhoven ist neben weiteren Unternehmen das Aldenhoven Testing Center angesiedelt, das durch das 5G Mobility Lab und die Teststecke für autonome und vernetzte Mobilität ein innovatives Automotivcluster bildet. Das Standortangebot ist eine Kooperation von Baesweiler, Aldenhoven sowie der RWTH Aachen. Projektträger: EBV, Aldenhoven Testing Center der RWTH Aachen University GmbH, Entwicklungsgesellschaft indeland GmbH, Stadt Linnich, Stadt Baesweiler, Gemeinde Aldenhoven Kosten: 15 Mio. Euro Status: Projektskizze mit Vorbereitung der Umsetzung Strukturwirksamkeit: Konversionsfläche für den Aufbau einer interkommunalen GI-Fläche; Unternehmensansiedlungen und Schaffung von Arbeitsplätzen in den Themenfeldern 5G-Technology und autonomes Fahren REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 59 Phase I-Projekte der Region Aachen im Zukunftsfeld Infrastruktur, Raum, Fläche, Mobilität REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 60 Auf einen Blick  Die Region Aachen liegt im Zentrum des Rheinischen Reviers, einem der wichtigsten Energiezentren Europas und Sitz vieler energieintensiver Unternehmen, die auf bezahlbare und sichere Energieversorgung angewiesen sind. Daher ist die Region durch das geplante Ende der Braunkohleverstromung massiv vom damit einhergehenden Strukturwandel betroffen.  Aufgrund der einmaligen Innovations- und Forschungspotenziale der Region, der Hochschul- und Wissenschaftslandschaft, haben wir allerdings beste Voraussetzungen, diese Energiewende und die damit einhergehenden Umbrüche erfolgreich zu meistern und zukunftsträchtige technologische Konzepte dafür zu entwickeln.  Die Herausforderung des Strukturwandels wird die Region Aachen nur bewältigen können, wenn sie durch einen angemessenen und zeitig schnell einzusetzenden Strukturfonds, einen Planungssonderstatus und ein regionales Beteiligungskonzept sowie andere strukturwirksame Instrumente und Maßnahmen unterstützt wird.  Mit dem vorliegenden Konzept zur strukturellen Weiterentwicklung der Region, mit drei definierten Zukunftsfeldern mit ersten großen und wirksamen Phase I-Projekten, denen noch viele andere folgen müssen, legt die Region Aachen einen ersten Entwurf für einen nachhaltig erfolgreichen Wandel vor. Dieser muss stetig weiterentwickelt, der Realität angepasst und fortgeschrieben werden. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 61  Klimaschutz, die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze und die Versorgungssicherheit mit bezahlbarer Energie sind für uns gleichrangige Ziele und Maximen unseres Handelns. Mit diesen Leitlinien kann die Region Aachen ihrer Verantwortung gerecht werden, Lebensstandards und eine lebenswerte Umgebung für die Menschen zu erhalten.  Der Region Aachen Zweckverband, alle Gebietskörperschaften und betroffene gesellschaftlichen Gruppen sowie relevante Akteure innerhalb und außerhalb der Region, auch auf Landes- und Bundesebene, müssen sich der Verantwortung für den zukünftigen Strukturwandel stellen und gemeinsam engagiert daran mitarbeiten, um die Auswirkungen auf die Menschen in der Region positiv zu gestalten.  Die vom Braunkohleabbau besonders stark betroffenen Tagebauumlandgemeinden sind durch zukunftsträchtige Projekte gezielt zu unterstützen.  Die zukunftsorientierte Wirtschaftsentwicklung kann von Innovationen aus den Wissenschaftseinrichtungen der Region Aachen profitieren: Gezielter Technologietransfer bietet umfassende Chancen, neue Perspektiven für die Bevölkerung im Tagebauumfeld für die Zeit nach der Braunkohle zu schaffen.  Als „Entwicklungslabor“ zukunftsträchtiger Technologien wollen wir als Region Aachen zur Schlüssel- und Modellregion für die Zukunft Deutschlands und Europas werden: aus dem Rheinischen Revier zum Zukunftsrevier. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 62 ZUKUNFTSVISION FÜR DIE REGION AACHEN Wir gestalten Veränderungen und entwickeln Innovationen – so werden wir den anstehenden Strukturwandel erfolgreich bewältigen. Dabei werden wir unsere Versorgung mit bezahlbarer Energie sichern, das Klima schützen und qualitativ hochwertige Arbeitsplätze schaffen. Alle unsere Kräfte werden wir bündeln, um dieses Ziel in der Gemeinschaft aller regionalen Akteure zu erreichen. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 63 Quellenverzeichnis - Frontier economics; ETR Economic Trends Research: Die Bedeutung des Wertschöpfungsfaktors Energie in den Regionen Aachen, Köln und mittlerer Niederrhein. Kurzstudie im Autrag von IHK Aachen, IHK Köln und IHK Mittlerer Niederrhein; Köln und Hamburg 2018. - IHK Aachen: „Mut zur Veränderung – Standort stärken“ – Legislatur-Programm der IHK Aachen 2018 bis 2022; Aachen 2018. - IHK Aachen; Nahverkehr Rheinland (NVR); Hafen Antwerpen: Infrastrukturausbaubedarf Herzogenrath – Aachen – Köln – Abschlusspräsentation; Aachen 2017. - Krückel, Bernd (MdL); Wilfried Oellers (MdB); Thomas Schnelle (MdL): „Gemeinsame Erklärung zum Strukturwandel im Kreis Heinsberg“; Positionspapier vom 07.09.2018. - Prognos AG/Entwicklungsgesellschaft indeland GmbH: Fachbeitrag Indeland zur Neuaufstellung des Regionalplans Köln, Version 1.0; Düsseldorf und Düren 2018. - Prognos AG/Region Aachen – Zweckverband: Wirtschaftsstudie Region Aachen 2017; Düsseldorf und Aachen 2017. - Prognos AG/Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Zukünftige Handlungsfelder zur Förderung von Maßnahmen zur Strukturanpassung in Braunkohleregionen – Endbericht; Berlin 2018. - Rachel, Thomas (MdB/Staatssekretär): „12 Punkte zum Strukturwandel im Kreis Düren“; Positionspapier vom 03.09.2018. - Regionomica: Bericht: Potentialanalyse zur intelligenten Spezialisierung der Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR); Berlin 2013. - Region Aachen Zweckverband: Geschäftsbericht 2017; Aachen 2018. - Region Aachen Zweckverband: Regionalentwicklung als Kernaufgabe des Region Aachen Zweckverbands – Konzept zur Weiterentwicklung der Region – Stand August 2017; Aachen 2018. - RWI – Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung: Erarbeitung aktueller vergleichender Strukturdaten für die deutschen Braunkohleregionen. Projektbericht für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – Endbericht; Essen 2018. - Verdi und IG BCE: „Revier-Appell“; Positionspapier vom 20.06.2018. REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 64 Impressum Herausgeber: Region Aachen Zweckverband Dennewartstraße 25 – 27 52068 Aachen Telefon +49 (0)241 963-1940 E-Mail: info@regionaachen.de v.i.S.d.P.: Prof. Dr. Christiane Vaeßen Redaktion, Graphiken & Formgebung: KAM3 GmbH Ansprechpartner: Dr. Heinz W. Droste Dr. Jeannette Hark Vojislav Miljanovic Abbildungen: Graphiken/Illustrationen: Dr. Heinz W. Droste, KAM3 Fotos - Copyrights: - „Indemann bei Nacht“: Maurer United Architects, Maastricht - „Größte künstliche Sonne“: DLR - e.GO – Serien-Elektro-Kleinwagen: e.GO Mobile AG - „Klimawandel“: Forschungszentrum Jülich / Limbach - „Ökokraftstoff“: Fotoarchiv der RWTH / Winandy - Melaten und Campus-Boulevard: Fotoarchiv der RWTH / Winandy - Solarturm Jülich: DLR / Lannert - Supercomputer JURECA: Forschungszentrum Jülich / Limbach - DIGITAL CHURCH: digitalHUB Aachen - Streetscooter: Deutsche Post AG Stand: Oktober 2018 REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 65 REGION AACHEN - Vision 2045 / SEITE 66