Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
105 kB
Datum
06.11.2018
Erstellt
22.11.18, 13:00
Aktualisiert
22.11.18, 13:00
Stichworte
Inhalt der Datei
BESCHLUSS
über das Ergebnis der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit am
06.11.2018 im Sitzungssaal 1 des Kreishauses in Euskirchen, Jülicher Ring 32
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Anerkannte und tatsächliche Kosten der Unterkunft
hier: Anfrage der Fraktion DIE LINKE
F 43/2018
1. Ergänzun
g
Allgemeine Vorbemerkung:
Für die Durchführung des AsylbLG sind die Städte und
Gemeinden zuständig, sodass der Kreisverwaltung hierzu keine
entsprechenden Daten zur Verfügung stehen.
Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den der
Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang, sind sie
insoweit gem. § 35 SGB XII als Bedarf anzuerkennen.
Dies gilt so lange, als es diesen Personen nicht möglich oder
nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch
Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Erst wenn feststeht, dass die tatsächlichen Kosten der Unterkunft
unangemessen hoch sind und es den betroffenen
Hilfeempfängern möglich und zumutbar ist, die Kosten auf ein
individuell angemessenes Maß zu senken, sie dem aber trotz
angemessener Fristsetzung nicht nachkommen, werden die
Kosten der Unterkunft nur noch in angemessener Höhe als
Bedarf anerkannt.
Dabei steht regelmäßig der Einzelfallgrundsatz im Vordergrund,
denn die Gründe für die Unangemessenheit der tatsächlichen
Kosten der Unterkunft können vielfältig sein, die individuelle
Angemessenheitsgrenze kann variieren (z.B. erhöhter
Raumbedarf aufgrund eines Rollators oder regelmäßigen
Besuchen der Kinder bei getrennt lebenden Partnern).
Frage 1:
Bei wie vielen Bedarfsgemeinschaften wurden im Kreis
Euskirchen in den Jahren 2016 und 2017 die tatsächlichen
Kosten der Unterkunft bei Berechtigten nach SGB XII und
AsylbLG nicht in voller Höhe anerkannt?
a) Wieviel Prozent aller Bedarfsgemeinschaften in SGB XII und
AsylbLG im Kreisgebiet waren dies in den beiden Jahren jeweils?
b) Wie hoch war jeweils die Gesamtsumme der anerkannten und
tatsächlichen Kosten der Unterkunft bezogen auf diese
Berechtigten 2016 und 2017?
Antwort auf Frage 1:
Wegen einer programmtechnischen Umstellung der Software auf
Open/Prosoz im Sommer 2016 stehen die abgefragten Daten erst
ab dem zweiten Halbjahr 2016 zur Verfügung.
Für den Bereich des SGB XII kann die Anfrage somit wie folgt
beantwortet werden:
2016
2017
205
242
10,8 %
11,3 %
Gesamtsumme der
anerkannten KdU
342.157,09 €
807.191,45 €
Gesamtsumme der
tatsächlichen KdU
418.809,16 €
983.621,62 €
Anzahl der
Bedarfsgemeinschaften im
Kreis Euskirchen nach dem
SGB XII bei denen die KdU
nicht in voller Höhe
anerkannt wurden
Prozentualer Anteil dieser
Bedarfsgemeinschaften an
den gesamten
Bedarfsgemeinschaften
Tabelle 1 – Bedarfsgemeinschaften im Kreis Euskirchen (SGB XII)
Frage 2:
Inwieweit prüft der Kreis, ob in den Kommunen auch ein
ausreichendes Mietangebot entsprechend der festgesetzten
Richtwerte zur angemessenen Miethöhe vorliegt?
Welche Erkenntnisse über das vorliegende Mietangebot in den
einzelnen Kommunen brachte dabei die letzte Überprüfung?
Antwort auf Frage 2:
Die letzte systematische Überprüfung über das vorliegende
Mietangebot in den einzelnen Kommunen hat ergeben, dass die
Richtwerte entsprechend eines Mittelwerts bestehend aus
Mietspiegel, Wohnungsanzeigen, Höhe der Miete lt. IT.NRW
sowie die Höchstbeträge für Miete und Belastungen nach § 12
Wohngeldgesetz im Sommer 2017 angehoben wurden.
Dass in den Kommunen ein ausreichendes Mietangebot
entsprechend der festgesetzten Richtwerte zur angemessenen
Miethöhe vorliegt, wird durch eine kontinuierliche Beobachtung
und Dokumentation der im „Wochenspiegel“ und im „Blickpunkt“
veröffentlichten Wohnungsanzeigen fortlaufend überprüft.
Sofern es in Einzelfällen aufgrund eines Gerichtsverfahrens
maßgeblich sein sollte, ob entsprechender Wohnraum vorhanden
gewesen ist, kann so nachvollziehbar belegt werden, dass und zu
welchen Konditionen entsprechender Wohnraum zum jeweiligen
Zeitpunkt vorhanden gewesen ist. Darüber hinaus werden ggf.
weitere Anzeigemöglichkeiten wie z.B. Immobilienscout
ergänzend hinzugezogen.
Es ist allerdings anzumerken, dass ein Wohnungswechsel nicht
die einzige Möglichkeit darstellt, die unangemessen hohen
Kosten der Unterkunft auf das angemessene Maß zu reduzieren.
Denkbar sind z.B. im Einzelfall auch eine Untervermietung oder
Nachverhandlungen mit dem Vermieter.
Frage 3:
Welche Erklärung sieht die Kreisverwaltung dafür, dass sich der
Anteil der Bedarfsgemeinschaften, bei denen Kosten der
Unterkunft nicht anerkannt wurden, im Kreisgebiet im Bereich des
SGB II in den letzten Jahren auf 28,3 % aller
Bedarfsgemeinschaften gesteigert hat und damit deutlich über
Landes- und Bundesschnitt liegt?
Antwort Frage 3:
Da dem Jobcenter EU-aktiv immer nur die Daten der
vergangenen drei Monate zur Verfügung stehen, beziehen sich
die folgenden Zahlen auf den Zeitraum August bis Oktober 2018.
Über diesen Zeitraum beläuft sich der Anteil der
Bedarfsgemeinschaften (BG), in denen Kosten der Unterkunft
nicht in voller Höhe anerkannt werden im Durchschnitt auf 22,5 %
und ist damit im Vergleich zu 2016/2017 deutlich gesunken.
Wie eingangs erläutert, können die Gründe für eine Abweichung
zwischen tatsächlicher und angemessener Kosten der Unterkunft
im Einzelfall vielfältig sein, sodass es nicht nur einen Grund,
sondern eine Vielzahl von Gründen geben kann.
Mögliche Erklärungsansätze können z.B. folgende sein:
1. Es ist bereits denkbar, dass in den mietvertraglich
vereinbarten tatsächlichen Kosten der Unterkunft
Bestandteile enthalten sind, die leistungsrechtlich vom
Regelsatz umfasst sind. Insbesondere können hier
beispielsweise die Stromkosten ins Gewicht fallen.
Insbesondere bei einem Wechsel von anerkannten
Flüchtlingen in den Rechtskreis SGB II sind diese häufig
noch in kommunalen Einrichtungen untergebracht.
Die hierfür von den Kommunen satzungsgemäß geltend
gemachten Unterkunftskosten enthalten oftmals auch
Kosten für den Haushaltsstrom oder für die Reinigung der
Gemeinschaftsräume. Dies sind jedoch Kosten, die mit
dem Regelbedarf abgegolten sind und damit keine
„echten“ Unterkunftskosten darstellen.
Sie sind daher von den tatsächlich anfallenden
Unterkunftskosten in Abzug zu bringen, sodass sich eine
entsprechende Abweichung bei den anerkannten Kosten
ergibt.
Die kommunalen Satzungen wurden in den Jahren
2016/2017 unter Einbeziehung der o. g. Kosten in die
Unterkunftskosten erstellt bzw. angepasst, sodass ein –
nicht näher zu beziffernder- Anteil der Fälle mit
abweichenden anerkannten Unterkunftskosten in diesem
Zeitraum hierauf zurückzuführen sein dürfte. Hierbei ist zu
berücksichtigen, dass der Kreis Euskirchen im Rahmen
der Flüchtlingswelle überproportional viele Flüchtlinge
aufgenommen hat.
2. Ein Anteil von rund 27% der Fälle mit abweichenden
Unterkunftskosten entfällt auf sogenannte „ErgänzerFälle“ mit eigenem Einkommen aus einer Beschäftigung.
In diesen Fällen wird häufig eine nicht den
Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung
bewohnt. Um einen Umzug zu vermeiden kann die
Differenz zwischen den anerkannten und den tatsächlich
zu zahlenden Unterkunftskosten hier in der Regel aus den
bei der Bereinigung des Einkommens berücksichtigten
Freibeträgen für Erwerbstätigkeit getragen werden.
3. Einen weiteren - jedoch ebenfalls nicht konkret zu
beziffernden - Anteil dürften solche Leistungsfälle
ausmachen, in denen die Leistungsbezieher ohne
Zusicherung des Jobcenters EU-aktiv in eine
unangemessen teure Wohnung umgezogen sind.
In diesen Fällen dürfen von vorneherein nur die
angemessenen Unterkunftskosten im Rahmen der
Berechnung der Leistungen nach dem SGB II
berücksichtigt werden.
Auch hierdurch ergeben sich entsprechende Differenzen.