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Daten

Kommune
Leipzig
Dateiname
1326327.pdf
Größe
831 kB
Erstellt
06.10.17, 14:14
Aktualisiert
05.12.18, 17:20

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Sitzung am 18.10.2017 Stadt Leipzig Ratsversammlung VI. Wahlperiode Anträge zur Aufnahme in die Tagesordnung und Verweisung in die Gremien Antrags-Nr./Betreff Einreicher Verweisung VI-A-04843 Beitritt des Stadtrates zur Klage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen den Oberbürgermeister der Stadt Leipzig Fraktion Freibeuter Verwaltungsausschuss, FA Allgemeine Verwaltung VI-A-04847 Entlastung der Innenstadt vom KFZVerkehr Fraktion Freibeuter FA Stadtentwicklung und Bau, FA Umwelt und Ordnung, FA Wirtschaft und Arbeit, FA Finanzen, SBB Mitte VI-A-04883 Louise-Otto-Peters-Preis künstlerisch gestalten SPD-Fraktion, Fraktion DIE FA Allgemeine VerwalLINKE, Fraktion Bündnis 90/Die tung, GleichstellungsbeiGrünen rat VI-A-04880 Bibliotheksausweise für Jugendliche mit Vormund Fraktion Bündnis 90/Die Grünen FA Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule, Jugendhilfeausschuss, Migrantenbeirat VI-A-04857 Übertragung von Mitteln zur Förderung von Trägern der freien Jugendhilfe von 2017 in 2018 Stadträte J. Nagel, K. Schenk, M. Schmidt Jugendhilfeausschuss VI-A-04930 Familientickets klar definieren SPD-Fraktion FA Kultur, BA Kulturstätten, Verwaltungsausschuss, Kinder- und Familienbeirat VI-A-04931 Zukunftsstudie "Kita 2020" Fraktion Bündnis 90/Die Grünen FA Finanzen, FA Stadtentwicklung und Bau, FA Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule, Jugendhilfeausschuss, FA Umwelt und Ordnung VI-A-04932 Radwegemarkierung am Hauptbahnhof umsetzen Fraktion DIE LINKE FA Stadtentwicklung und Bau, SBB Mitte VI-A-04933 Kein Platz für rassistische und nationalistische Hetze auf der Leipziger Buchmesse Fraktion DIE LINKE FA Kultur VI-A-04935 Evaluierung der Kita-Baukosten Fraktion Bündnis 90/Die Grünen FA Finanzen, FA Stadtentwicklung und Bau, Jugendhilfeausschuss VI-A-04941 Fraktion Bündnis 90/Die Grü(Wieder-)Einrichtung von Infrastruktur: nen Wasseranschluss und Toilettenanlage am Richard-Wagner-Hain beidseitig FA Umwelt und Ordnung, SBB Altwest, SBB Mitte VI-A-04884 SPD-Fraktion Öffentlich geförderte Beschäftigung dem Leipziger Arbeitsmarkt anpassen FA Wirtschaft und Arbeit, FA Allgemeine Verwaltung RATSVERSAMMLUNG VOM 18. OKTOBER 2017 1 Eröffnung und Begrüßung Oberbürgermeister Jung: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Ratsversammlung und begrüße die Stadträtinnen und Stadträte, alle Gäste sowie die Vertreter der Medien ganz herzlich. Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich einige Informationen für Sie: Erstens gratuliere ich ganz herzlich Herrn Pellmann und Herrn Lehmann zu ihrer Wahl in den Deutschen Bundestag. Sie sind unsere Vertreter in Berlin. Wir brauchen starke Stimmen in Berlin. (Beifall) Zweitens gratuliere ich Herrn Dr. Bednarsky zum Erreichen des akademischen Grades des Doktors der Philosophie mit Magna cum Laude. Chapeau! (Beifall) Drittens hat Herr Rosenthal heute Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch! (Beifall) Meine Damen und Herren, nach diesen positiven Mitteilungen muss ich Ihnen auch eine traurige Nachricht überbringen. Herr Freydank ist im Alter von 78 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben. Wir kannten uns gut. Auch viele von Ihnen kannten ihn sehr gut. Er war 15 Jahre lang Ortsvorsteher von Rückmarsdorf - immer engagiert, mit vollem Einsatz für Rückmarsdorf. Ich denke, es ist in Ihrer aller Namen, wenn ich seiner Frau und seiner Familie unser aufrichtiges Beileid ausspreche. Nun zu den Formalien: Die Niederschrift der heutigen Sitzung bitte ich die Stadträte Keller und Gabelmann zu unterschreiben. - Einwände sehe ich nicht. Dann verfahren wir so. Die Tagesordnung wurde im Amtsblatt Nr. 18 bekannt gemacht. Entschuldigt fehlt heute Herr Dankwardt. Ich verweise auf § 20 der Sächsischen Gemeindeordnung des Freistaates im Falle von möglichen Befangenheiten. Bitte teilen Sie mir mit, wenn Sie die Sitzung früher verlassen müssen. Ich erinnere auch an den Livestream. Sollten Sie Einwände gegen die Übertragung Ihrer Redebeiträge haben, teilen Sie das bitte vorher mit. 2 Feststellung der Beschlussfähigkeit Um 14.00 Uhr waren 60 Stadträtinnen und Stadträte anwesend. Das entspricht 84 Prozent. Damit sind wir beschlussfähig. 3 Feststellung der Tagesordnung Es gibt eine Nachtragstagesordnung vom 10.10.2017. Danach wird der Antrag „Transparentes Verwaltungshandeln“ unter Tagesordnungspunkt 14.29 eingeordnet. Ich möchte noch eine Änderung in der Reihenfolge der Tagesordnung vornehmen. Es macht Sinn, TOP 14.20, Antrag der Fraktion DIE LINKE „Multifunktionales vitales Zentrumsquartier ‚Matthäikirchhof‘ mit breiter Bürgerbeteiligung entwickeln“, gemeinsam mit der Vorlage zu 18.11 zu behandeln. Die CDU hatte beantragt, Tagesordnungspunkt 18.12 von der Tagesordnung abzusetzen. - Wie ich höre, wird dieser Antrag aber zurückgezogen. Des Weiteren liegt von den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und SPD ein Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunkts 14.25 vor. - Dabei bleibt es, wie Sie signalisieren. Ich bitte um Absetzung und Vertagung folgender Tagesordnungspunkte: 14.3, 14.10, 14.13, 14.16, 14.24 - all dies in Absprache mit den Antragstellern. Für die Vorlage 18.15 besteht noch Beratungsbedarf. Auch die Vorlagen 18.23 und 18.25 sollen noch einmal vertagt werden. TOP 20.2 soll ebenfalls von der Tagesordnung abgesetzt werden, weil es noch einiger Informationen bedarf. Wir müssen heute auf jeden Fall die Vorlagen 18.28 und 18.30 beraten und beschließen. Diese beiden Tagesordnungspunkte sollten möglichst bis 21 Uhr aufgerufen werden. Unter Umständen werde ich diese beiden Punkte vorziehen. Vermutlich wird es eine Nachfolgesitzung geben müssen, weil die heute sehr umfangreiche Tagesordnung in der festgelegten Sitzungszeit kaum in Gänze abgearbeitet werden kann. Alle Einwohneranfragen werden schriftlich beantwortet. Die Petitionen werden gegen 17 Uhr aufgerufen. So weit meine Hinweise zur Tagesordnung. Haben Sie noch Hinweise? - Herr Hobusch. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Hinblick auf den in die Tagesordnung neu aufgenommenen TOP 14.29 bitten wir um Absetzung von TOP 13.1. Wir hatten den Antrag „Beitritt des Stadtrates zur Klage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen den Oberbürgermeister der Stadt Leipzig“ eingereicht und um Verweisung in die Ausschüsse gebeten, da uns auch auf Nachfrage nicht klar beantwortet werden konnte, ob es nach dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren noch ein Verfahren in der Hauptsache geben wird. Zum TOP 14.2, Anhörungsverfahren, hat uns der Verwaltungsstandpunkt erst sehr spät erreicht. Leider ist unser Antrag völlig falsch verstanden worden, was mir unerklärlich ist. Wir würden daher noch einmal eine Neufassung des Antrags einreichen und das später diskutieren wollen. Sie erinnern sich sicherlich, Herr Oberbürgermeister, dass Sie in der letzten Ratsversammlung die Petition zur Karl-Tauchnitz-Straße abgesetzt hatten. Auf der ursprünglichen Tagesordnung für die heutige Ratsversammlung war diese Petition noch enthalten, in der Nachtragstagesordnung dann nicht mehr. Meine Frage an Sie: Nach welchem Verfahren richtet sich die Absetzung, und nach welchen Fristen richtet sich der Petitionsausschuss bzw. die Verwaltung? Offenbar gibt es einen Widerspruch zwischen Gemeindeordnung und Geschäftsordnung des Petitionsausschusses. In der Gemeindeordnung ist für die Bearbeitung eine Frist von sechs Wochen vorgesehen. In der Geschäftsordnung des Petitionsausschusses ist gar keine Frist festgehalten. Erstmals eingereicht wurde die Petition am 18. Januar. Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch, noch einmal der Reihe nach, um sicherzugehen, dass ich Sie richtig verstanden habe: Sie bitten um Absetzung von TOP 14.2. - Gut; gestrichen. Zu den von Ihnen geltend gemachten Gründen bezüglich Tagesordnungspunkt 13.1 kann ich Ihnen ganz klar sagen: Es gibt kein Hauptsacheverfahren, derzeit nicht. - Gut; abgesetzt. Zu den Petitionen kann ich Ihnen jetzt nur Folgendes sagen: Gemäß der Sächsischen Gemeindeordnung erteilen wir den Bescheid innerhalb von sechs Wochen. Ist das nicht möglich, ist ein Zwischenbescheid zu erstellen. Das ist meines Wissens gemacht worden. - Herr Schmidt, der Vorsitzende des Petitionsausschusses nickt. - Mehr kann ich Ihnen zum Stand nicht sagen. Ich nehme an, dass die Petition noch nicht abschließend beratend wurde. Können Sie das aufklären, Herr Schmidt? Seite |2 Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Wir haben das in der letzten Ausschusssitzung tatsächlich nur kurz angesprochen. Der Absetzungsantrag war in der letzten Ratsversammlung mit der Bitte an die Verwaltung verbunden worden, den Verwaltungsstandpunkt noch einmal zu überarbeiten. Dem Petitionsausschuss ist bislang kein neuer Stand des Verfahrens bekannt. Das ist auch schon in der Geschäftsführerberatung thematisiert worden. Da es keinen neuen Stand gibt und auch keine Information darüber, inwieweit eine Überarbeitung des Verwaltungsstandpunkts vorgenommen worden ist, hat der Ausschuss entschieden, eine Rückmeldung der Verwaltung abzuwarten und die Behandlung der Petition bis dahin zu vertagen. Oberbürgermeister Jung: Gut. - Gibt es weitere Hinweise zur Tagesordnung? - Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich die ordnungsgemäße Ladung sowie die Tagesordnung einschließlich vorgenannter Änderungen fest. TOP 4 entfällt. 5 Niederschrift 5.1 Niederschrift der Sitzung vom 07.09.2017 - Teil II: Verlaufsprotokoll (SI/2017/6893) Gibt es Anmerkungen zum Verlaufsprotokoll vom 07.09.2017? - Dann ist das so festgestellt. 5.2 Niederschrift der Sitzung vom 20.09.2017 - Teil I: Beschlussprotokoll (SI/2017/6896) Gibt es dazu Hinweise? - Dann ist auch dieses Protokoll festgestellt. Die Tagesordnungspunkte 6 und 7 entfallen. Wir fahren fort mit Tagesordnungspunkt 11: 11 Besetzung von Gremien 11.1 Information zur Besetzung der beschließenden und beratenden Ausschüsse und des Ältestenrates durch die Fraktionen (18. Änderung) (0768/14Ifo-18-NF-02) Einreicher: Oberbürgermeister Ich bitte Sie, die Information zur Kenntnis zu nehmen. 11.2 Kinder- und Familienbeirat - Bestellung eines Stellvertreters (7. Änderung) (VIDS-01128-DS-07) Einreicher: Oberbürgermeister Wenn es keine Wortwünsche gibt, bitte ich um Ihr Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 11.3 Stadtbezirksbeirat Mitte - Bestellung eines Mitgliedes (7. Änderung) (VI-DS01141-DS-06) Einreicher: Oberbürgermeister Wortmeldungen sehe ich nicht. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. 11.4 Stadtbezirksbeirat Ost - Bestellung eines Mitgliedes (6. Änderung) (VI-DS01143-DS-06) Einreicher: Oberbürgermeister Seite |3 21.01.2015 gemäß VI-DS-00904) (VI-DS00904-Ifo-01) Einreicher: Oberbürgermeister Ich bitte um Kenntnisnahme. 12.4 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der LESG Gesellschaft der Stadt Leipzig zur Erschließung, Entwicklung und Sanierung von Baugebieten mbH (1. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VI-DS-00897) (VI-DS00897-DS-01) Einreicher: Oberbürgermeister Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Ich bitte um Kenntnisnahme. Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. 12.5 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Saatzucht Plaußig Grundstücksgesellschaft mbH (1. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VI-DS00911) (VI-DS-00911-Ifo-01) 11.5 Stadtbezirksbeirat Süd - Abbestellung eines Mitgliedes (1. Änderung) (VI-DS01145-DS-01) Einreicher: Oberbürgermeister Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. 11.6 Stadtbezirksbeirat Nordwest - Bestellung eines Mitgliedes (4. Änderung) (VIDS-01150-DS-04) Einreicher: Oberbürgermeister Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Das ist einstimmig. 12 Wahl und Entsendung der Vertreter der Stadt Leipzig in Aufsichtsräte, Zweckverbände und Gremien, in denen die Stadt Mitglied ist 12.1 Vertreter und Stellvertreter der Stadt Leipzig in der Verbandsversammlung Sparkassenzweckverband für die Stadtund Kreissparkasse Leipzig (3. Änderung) (VI-DS-00873-DS-03-NF-01) Einreicher: Oberbürgermeister Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Einreicher: Oberbürgermeister Ich bitte um Kenntnisnahme. 12.6 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der LGH Leipziger Gewerbehof GmbH & Co. KG (1. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VI-DS00902) (VI-DS-00902-Ifo-01) Einreicher: Oberbürgermeister Ich bitte um Kenntnisnahme. 12.7 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der LGH Service GmbH (1. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VI-DS-00901) (VI-DS-00901-Ifo-01) Einreicher: Oberbürgermeister Ich bitte um Kenntnisnahme. 12.8 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (1. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VI-DS-00905) (VI-DS-00905-Ifo-01) Einreicher: Oberbürgermeister Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. Ich bitte um Kenntnisnahme. 12.2 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Beratungsgesellschaft für Beteiligungsverwaltung Leipzig mbH (3. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VI-DS-00893) (VI-DS-00891-DS04) 12.9 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Mitteldeutscher Verkehrsverbund GmbH (MDV) (2. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VI-DS00907) (VI-DS-00907-Ifo-02) Einreicher: Oberbürgermeister Ich bitte um Kenntnisnahme. 12.3 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) GmbH (1. Änderung der Besetzung vom Einreicher: Oberbürgermeister Ich bitte um Kenntnisnahme. 12.10 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Lecos GmbH (3. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VI-DS-00896) (VI-DS-00896-Ifo03) Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Einreicher: Oberbürgermeister Ich bitte um Kenntnisnahme. 12.11 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Leipziger Entwicklungsund Vermarktungsgesellschaft mbH & Co. Grundstücks-KG (LEVG mbH & Co. KG) (5. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VI-DS-00900) (VI-DS00900-Ifo-06) Einreicher: Oberbürgermeister Ich bitte um Kenntnisnahme. - Eine Anmerkung von Frau Riekewald. Bitte schön. Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Nur zur Information: Sowohl bei dieser Vorlage als auch bei der zu TOP 12.12 hat sich bei uns noch eine Änderung ergeben. Nicht dass Sie sich wundern, dass die Besetzung, die wir jetzt beschließen, schon in der nächsten Sitzung wieder geändert werden soll. Die Besetzung wird sich umkehren. Frau Carola Lange ist unsere Vertreterin bei der LEVG mbH und Herr Siegfried Schlegel unser Vertreter bei der LEVG GmbH & Co. KG. Das hat sich leider erst nach Fertigstellung der Vorlagen so ergeben. Oberbürgermeister Jung: Können wir das nicht gleich richtig machen? Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Wir hatten es vorgeschlagen. Aber uns wurde gesagt, das ginge nicht. Oberbürgermeister Jung: Es ist wichtig, die Besetzung juristisch sauber vorzunehmen; dann also in der nächsten Ratsversammlung. 12.12 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Leipziger Entwicklungsund Vermarktungsgesellschaft mbH (LEVG mbH) (5. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VI-DS00898) (VI-DS-00898-Ifo-06) Einreicher: Oberbürgermeister Ich bitte um Kenntnisnahme. 12.13 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Invest Region Leipzig GmbH (1. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VI-DS-00893) (VI-DS-00893-Ifo-01) Einreicher: Oberbürgermeister Ich bitte um Kenntnisnahme. Damit sind die jeweiligen Besetzungslisten so zur Kenntnis genommen, wie in unserer Wahlund Entsendeordnung festgelegt. 13 Seite |4 Anträge zur Aufnahme in die Tagesordnung und Verweisung in die Gremien gem. § 5 Abs. 3-5 der Geschäftsordnung Die vorgesehenen Verweisungen der Anträge in die Gremien sind aufgelistet. Bitte geben Sie mir ein Signal, wenn Sie weitere Verweisungen wünschen. 13.2 Entlastung der Innenstadt vom KfzVerkehr (VI-A-04847) Einreicher: Fraktion Freibeuter Herr Morlok, ich glaube, der Finanzausschuss muss da nicht beteiligt werden; er hat auch so genug zu tun. - Ich sehe Einverständnis. Gestrichen wird: Fachausschuss Finanzen. So verwiesen. 13.3 Louise-Otto-Peters-Preis gestalten (VI-A-04883) künstlerisch Einreicher: SPD-Fraktion Einreicher: Fraktion DIE LINKE Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen So verwiesen. 13.4 Bibliotheksausweise für mit Vormund (VI-A-04880) Jugendliche Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen So verwiesen. 13.5 Übertragung von Mitteln zur Förderung von Trägern der freien Jugendhilfe von 2017 in 2018 (VI-A-04857) Einreicher: Stadträtin J. Nagel Einreicher: Stadträtin K. Schenk Einreicher: Stadtrat M. Schmidt So verwiesen. 13.6 Familientickets klar definieren (VI-A04930) Einreicher: SPD-Fraktion So verwiesen. 13.7 Zukunftsstudie „Kita 2020“ (VI-A-04931) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen So verwiesen. 13.8 Radwegemarkierung am Hauptbahnhof umsetzen (VI-A-04932) Einreicher: Fraktion DIE LINKE So verwiesen. 13.9 Kein Platz für rassistische und nationalistische Hetze auf der Leipziger Buchmesse (VI-A-04933) Einreicher: Fraktion DIE LINKE So verwiesen. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 13.10 Evaluierung der Kitabaukosten (VI-A04935) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen So verwiesen. 13.11 (Wieder-)Einrichtung von Infrastruktur: Wasseranschluss und Toilettenanlage am Richard-Wagner-Hain beidseitig (VI-A-04941) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen So verwiesen. 13.12 Öffentlich geförderte Beschäftigung dem Leipziger Arbeitsmarkt anpassen (VI-A-04884) Einreicher: SPD-Fraktion So verwiesen. 14 Anträge zur Beschlussfassung 14.1 Grundsätze der Vergabe von Kreativleistungen (A-00301/14-NF-02) Einreicher: Fraktion Freibeuter 14.1.1 dazu VSP zu Ursprungsantrag (VI-A00301-NF-01-VSP-01) Einreicher: Dezernat Allgemeine Verwaltung Wer wünscht das Wort? - Herr Hobusch. Stadtrat Hobusch (Die Freibeuter): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen sowie Gäste auf der Tribüne! Wir rühmen uns in Leipzig gern unserer Kreativwirtschaft. Unabhängig von der Definition jedes Einzelnen, was zum Cluster Kreativwirtschaft gehört: Die Kreativwirtschaft ist in dieser Stadt eine erhebliche Branche. Sie ist ein Zugpferd und macht den Reiz der Stadt Leipzig aus. Aber die Kreativwirtschaft erbringt häufig Leistungen zu Dumpingpreisen. Da wird mancher von Ihnen jetzt sagen: Was? Am Vormittag Fotoleistungen für 200 Euro, am Nachmittag Erstellen eines Flyers, etwa für die Verwaltung, für 300 Euro: Das ist doch nicht wenig. - Ja, das klingt zunächst einmal viel. Aber man muss das auf die Arbeitsstunden umrechnen und bedenken, dass Kreative Selbstständige sind. Sie müssen von diesen Beträgen Steuern und Versicherungen zahlen, da ist Technik erforderlich, da wird Büromiete gezahlt, da wird ein Telefon gebraucht, da wird Eigenwerbung gemacht. Es sind auch die Administrativkosten - wenn sie eine Rechnung schreiben müssen oder ihre Umsatzsteuererklärung oder andere Meldungen selber erstellen - mit entsprechenden Stundensätzen zu kalkulieren. Seite |5 In der Kreativwirtschaft gibt es sehr häufig Vorleistungen, die nicht unbedingt messbar sind, für die es keinen Preis gibt. Sie werden als „Pitch“ bezeichnet. Ganz häufig treten mehrere Büros gegeneinander an, stellen ihre Ideen und Vorschläge vor. Damit Sie nachvollziehen können, was ich meine, will ich ein Beispiel anführen. Stellen Sie sich vor, Sie bestellen sich für drei Räume in ihrer Wohnung jeweils einen Maler und lassen die Räume malern. Wenn die Malerleistungen erbracht sind, überlegen Sie sich, welcher dieser drei Maler in Ihrer Wohnung noch die Fußbodenleisten anbringen kann. Nur derjenige, der die Fußbodenleisten anbringt, bekommt am Ende die Malerleistung auch bezahlt. - So ungefähr müssen Sie sich ein Pitch-Verfahren für Kreativleistungen vorstellen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir denken, so kann es nicht gehen. Wir brauchen faire Regeln, wie wir selbst und die von uns beaufsichtigten Unternehmen in dieser Stadt Kreativleistungen einkaufen. Wir wollen sie transparent machen, damit diejenigen, die sich an Verfahren beteiligen und sich um einen Auftrag der öffentlichen Hand bewerben, wissen, woran sie sind und womit sie rechnen können. Wir bekennen uns zum kreativen Leipzig und zum kreativen Sachsen. Das Cluster Kreativwirtschaft gehört zu den fünf Clustern, die wir in dieser Stadt lokalisiert und erkannt haben. Zugleich gibt es ein Wettrüsten um die Höhe von Mindestlöhnen. Manche Bundesministerin der politischen Mitbewerber in diesem Raum kam in der Vergangenheit auf die Idee, bei Selbstständigen Mindesthonorare einzuführen. Zugleich gibt es Gängelungen von Arbeitgebern. Denken Sie nur an die Dokumentationspflichten im Zusammenhang mit dem Mindestlohngesetz! Wir sind der Auffassung: Bei den Kreativleistungen in dieser unserer Stadt sollten wir dort, wo wir es in der Hand haben, wo wir Leistungen vergeben, erst einmal vor der eigenen Haustür kehren. Dort sollte Fairness einziehen. Insofern sind wir dankbar, dass die Verwaltung zu unserem Antrag einen Alternativvorschlag gemacht hat. Wir haben den Verwaltungsstandpunkt in die Neufassung unseres Antrags übernommen und bitten Sie, diesen auch abzustimmen. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann bitte ich Sie, das elektronische Abstimmgerät zur Hand zu nehmen und Ihre Stimme für den Antrag in der Neufassung, in die der Verwaltungsstandpunkt übernommen worden ist, abzugeben. - Ich schließe die Abstimmung. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Abstimmung: 31 Ja-Stimmen, 25 NeinStimmen, 2 Enthaltungen. So beschlossen. 14.4 Einführung einer Dreck-weg-App in der Stadt Leipzig (VI-A-03296) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 14.4.1 dazu ÄA (VI-A-03296-ÄA-02) Seite |6 Kurzum: Ich hoffe, dass es nicht mehr allzu lange dauert, bis die Leipziger Dreck-weg-App zum Download bereit steht, und dass diese dann zumindest ein Stück weit dazu beiträgt, für ein saubereres Lebensumfeld zu sensibilisieren. Stimmen Sie bitte dem Verwaltungsstandpunkt zu! Vielen Dank. Einreicher: Jugendbeirat/Jugendparlament 14.4.2 dazu VSP (VI-A-03296-VSP-01) Einreicher: Sport Dezernat Umwelt, Ordnung, Herr Schmidt. Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Liebe Gäste! „Willkommen im 21. Jahrhundert!“ könnte man beim Lesen des Verwaltungsstandpunktes denken; denn dieser ist tatsächlich ein echter Fortschritt in dem Bemühen um eine digitale Endgeräteapplikation zur Meldung von verschmutzten und vermüllten Ecken in der Stadt, kurzum: zur Einführung einer Dreck-weg-App. Bereits 2014 hat der Ortschaftsrat Seehausen eine solche gefordert. Die Prüfung der Verwaltung ergab jedoch nichts als Ablehnung bzw. zeigte die Scheu vor den möglichen Folgen, die die Smartphone-affinen und akribisch auf Sauberkeit im öffentlichen Raum achtenden Leipziger Bürgerinnen und Bürger mit sich bringen nach dem Motto: Wenn wir ständig Meldungen bekommen, müssen wir denen ja auch nachgehen. Brauchen wir dafür mehr Mitarbeiter, mehr und größere Müllautos oder gar Disponenten zur Regulierung der unkontrollierten Meldungen von Dreckecken und damit verbundener Noteinsätze der Stadtreinigung? Alles Quatsch. Es geht bei der Dreck-weg-App einfach nur um einen digitalen Kanal neben dem Ordnungstelefon und um eine zeitgemäße und bürgernahe Verwaltung. Wer kennt denn die Nummer des Ordnungstelefons? - Ganz genau: 8888. Ich würde wetten, das wissen selbst hier in diesem Raum kaum mehr als 10 Prozent. Der uns nun seitens der Verwaltung vorgelegte Alternativvorschlag entspricht schon sehr dem, was wir uns vorstellen. Insofern werden wir diesen heute auch zur Abstimmung stellen. Er greift die vom Sächsischen Innenministerium entwickelte Software bzw. Smartphone-App auf, die bis Ende nächsten Jahres für Leipzig optimiert werden und dann Verwendung finden soll. Gleichfalls greift der Verwaltungsstandpunkt auch den Ergänzungsantrag des Jugendparlaments auf, den sogenannten Mängelmelder als Alternative zu prüfen. Oberbürgermeister Jung: Es gibt noch eine Wortmeldung von einer mir bisher unbekannten Vertreterin des Jugendbeirats. Bitte stellen Sie sich uns noch einmal namentlich vor! Mathez (Jugendbeirat): Mein Name ist Myriel Mathez. Ich bin stellvertretende Vorsitzende des Jugendbeirats. - Von meiner Seite nur ganz kurz: Da der Verwaltungsstandpunkt unseren Änderungsantrag aufgreift, ziehen wir den Änderungsantrag zurück. Wir würden uns über diese App freuen. Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank. - Dann steht der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts zur Abstimmung. Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? Abstimmung: Vier Gegenstimmen, keine Enthaltungen. Mit großer Mehrheit so beschlossen. 14.5 Einwegbechern Einhalt gebieten Leipzig auf den Mehrweg bringen (VIA-03519) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 14.5.1 dazu VSP (VI-A-03519-VSP-02) Einreicher: Sport Dezernat Umwelt, Ordnung, 14.5.2 dazu ÄA (VI-A-03519-ÄA-03) Einreicher: Fraktion DIE LINKE Herr Volger. Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte Stadträte! Sehr geehrte Gäste! Sie alle kennen die Problematik, die wir mit unserem Antrag thematisiert haben, auch wenn sie vielen vielleicht nicht bewusst war oder ist: die Flut der Einwegbecher, die jeden Tag mit heißem Kaffee befüllt über die Ladentische wandern, damit dem Coffee-to-go-Lifestyle, also auch unterwegs seinen Kaffee zu genießen, gefrönt werden kann. Was das letztlich für Müllmengen sind und was dies auch hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs für unsere Umwelt bedeutet, ist vielen Bürgern schlichtweg nicht klar. Dass unser Antrag sinnvoll ist, darüber brauchen wir, glaube ich, nicht mehr zu streiten. Abgese- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 hen vom Umweltaspekt und der Ressourcenschonung würden wir eine Menge Müll sparen. Das Problem mit den überfüllten Abfallbehältern in der Innenstadt kennt jeder hier im Rat, ebenso, dass sich die Stadt beharrlich weigert, neue Abfallbehälter aufzustellen. Denken Sie also an diesen Antrag, wenn Sie das nächste Mal von Ihren Wählern mit der Müllproblematik konfrontiert werden! Einige Städte setzen mittlerweile Anreize, die nicht nur das beschriebene Problem angehen, sondern gleichzeitig auch als Imagekampagne für Gastronomen und Bäckereien dienen und durch eine künstlerisch gestaltete Skyline auf den Mehrwegbechern auch für das Stadtmarketing von Nutzen sind. Freiburg im Breisgau beispielsweise macht das mit dem FreiburgCup, den Sie heute auf Ihren Tischen vorgefunden haben und der, wie ich sehe, schon teilweise in Benutzung ist. 400 andere Kommunen nutzen das Mehrwegbecher-Pfandsystem RECUP. Und Leipzig? Es ist einfach nur erschütternd. Fast zwei Jahre arbeiten wir jetzt an diesem Antrag, um ein solches System auch in Leipzig zu etablieren, und dann kommt ein Verwaltungsstandpunkt dabei heraus, der zunächst einmal nichts ändert oder bewirkt. Die Stadt will es einfach nicht selbst machen oder selbst Geld in die Hand nehmen, um dem Problem der Einwegbecher Herr zu werden. Sicher, wir haben im letzten Jahr sehr oft mit der Stadtverwaltung zusammengesessen und überlegt, wie man ein System maßschneidern kann und wie es funktionieren soll. Wir haben auch mit der Handwerkskammer überlegt, welche Klippen man umschiffen sollte, damit ein solches System funktioniert. Wir haben sogar proaktiv Anfragen von Cafés erhalten, die ungeduldig auf den Start einer solchen Kampagne warten. Letztlich war es aber der Wille der Stadt, keinen Cent eigenes Geld darin zu investieren, sondern auf ein Bundesförderprogramm aufzuspringen. Das wäre aber nur mit einer innovativen, neuen Idee gelungen. Dummerweise gibt es aber schon funktionierende Mehrwegbecherprogramme in anderen deutschen Städten. Eine Förderung war somit leider nicht möglich. Daher nun dieser Verwaltungsstandpunkt - wir übernehmen ihn zähneknirschend, mit geballter Faust in der Tasche -, der zum Ziel hat, externe Initiativen zu unterstützen, wenn sie einen entsprechenden Antrag stellen. Das ist besser als gar nichts. Da unser Ursprungsantrag keine Mehrheit finden würde, wollen wir zumindest dieses Fünkchen Hoffnung, dass eventuell doch noch etwas passiert, aufrechterhalten. Dennoch: Ein proaktives Handeln der Verwaltung ist doch nicht zu viel verlangt, Herr Rosenthal. Seite |7 Abschließend bleibt nur noch der Hinweis an die Verwaltung, dass wir genau aufpassen werden, dass es zur Finanzierung eines Projekts von Dritten kommen wird und es nicht bei einer wohlwollenden Prüfung mit darauffolgender Ablehnung durch die Stadt bleibt, wie der Verwaltungsstandpunkt auch interpretiert werden könnte. Wir bitten um Zustimmung zum Verwaltungsstandpunkt. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Es gibt noch einen Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, oder hat sich dieser jetzt erledigt? Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Unser Änderungsantrag gibt ja den Verwaltungsstandpunkt wieder. Damit hat er sich erledigt. Oberbürgermeister Jung: Fast, bis auf wenige Unterschiede; aber okay. - Dann bitte ich um Ihr Handzeichen. Wer ist für den Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Sechs Gegenstimmen, zwei Enthaltungen. Mit großer Mehrheit so beschlossen. 14.6 „Kultursensible Pflege“ und Angebote der Seniorenhilfe ausbauen (A 0104/17) (VI-HP-03693) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 14.6.1 dazu VSP (VI-HP-03693-VSP-01) Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule Frau Dr. Märtens. (Übergabe der Sitzungsleitung an Bürgermeister Bonew) Stadträtin Dr. Märtens (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Selten hat mich ein Verwaltungsstandpunkt so amüsiert. Wir hatten Äpfel bestellt, und die Verwaltung bietet uns freudestrahlend Birnen an. Statt für die Erarbeitung einer Konzeption zur Stärkung der kultursensiblen Pflege werden in den Doppelhaushalt 2017/18 nun Mittel in Höhe von immerhin 50.000 Euro eingestellt, um eine Konzeption für die kultursensible offene Seniorenarbeit zu erarbeiten. Das klingt sehr ähnlich - beides hat mit Alten zu tun -, ist aber doch grundverschieden. Und doch - die Vorvoten veranlassen uns dazu nehmen wir in diesem Fall die Birnen statt der Äpfel. Eine Konzeption für die kultursensible offene Seniorenarbeit braucht die Stadt ebenso dringend. Gerade jetzt, wo wir die Fortschrei- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 bung des Altenhilfeplans beschließen wollen, der zukünftig „Fachkonzept Seniorenarbeit“ heißen soll, ist das auch sehr passend. Wir sind daher mit der Verwaltung übereingekommen, dass die Konzeption der kultursensiblen Seniorenarbeit in dieses neue Fachkonzept integriert werden soll. Das ist gleichsam Integrationsarbeit in der Potenz. Was kann es für uns Schöneres geben! Wir sind ebenso mit der Verwaltung übereingekommen - dazu bitte ich noch um eine Protokollnotiz, auch wenn Bürgermeister Fabian gerade nicht im Saal ist -, dass die entsprechenden Mittel nicht an eine externe Denkerin bzw. Denker vergeben werden, sondern dass die Mittel für die Arbeit am nunmehr erweiterten Fachkonzept in der Stadtverwaltung oder sehr nah an dieser Arbeitsgruppe eingesetzt werden. In diesem Sinne bitte ich Sie, meine Damen und Herren, unserem Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts zuzustimmen. Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Gibt es weitere Wortwünsche? - Frau Dr. Märtens, noch eine Frage: Was genau soll die Verwaltung jetzt zu Protokoll geben? Stadträtin Dr. Märtens (Bündnis 90/Die Grünen): Dass die Mittel nicht an Externe vergeben werden, sondern innerhalb der Stadtverwaltung verwendet werden, um die Fachgruppe, die dieses neue Seniorenfachkonzept erarbeitet, zu unterstützen. Wir wollen nicht, dass ein Externer ein Papier für 50.000 Euro erarbeitet, sondern dass damit die Arbeit der Fachgruppe, die das neue Seniorenfachkonzept erstellt, entsprechend untersetzt wird. Bürgermeister Bonew: In Ermangelung der Anwesenheit des Kollegen Fabian würde ich zu Protokoll geben, dass die Verwaltung bemüht ist, dies so umzusetzen. Sollte das Dezernat V an den Punkt kommen, dass es doch externe Hilfe braucht, würden wir den entsprechenden Fachausschuss informieren. - Können Sie damit leben? Stadträtin Dr. Märtens (Bündnis 90/Die Grünen): Ja, damit können wir leben. Bürgermeister Bonew: Gut, vielen Dank. - Gibt es weitere Wortwünsche? - Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts. Wer ist gegen den Antrag? - Stimmenthaltungen? Einreicher: Seniorenbeirat 14.7.1 dazu VSP (A-03945-NF-01-VSP-01) Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule Gibt es Wortwünsche? - Frau Professor Lieber vom Seniorenbeirat. Prof. Dr. Lieber (Seniorenbeirat): Sehr geehrte Beigeordnete! Meine Damen und Herren! Das Anliegen bzw. Sinn und Zweck unseres Antrags ergeben sich aus der begründeten Erkenntnis, dass wir neben dem Altenhilfeplan aus dem Jahr 2012 und den darin enthaltenen Seniorenpolitischen Leitlinien aktuelle Handlungsorientierungen, Inhalte und Schwerpunktsetzungen brauchen, ein Instrument zur Steuerung und Orientierung für Antragsteller, das den veränderten Bedarfen der letzten zehn Jahre gerecht wird. Andere Bedarfslagen erfordern auch andere Angebote. Ich muss das in diesem Kreis nicht näher ausführen, sondern beschränke mich auf Stichworte wie „Hochaltrige“, „mehr Alleinlebende“ und „weniger Mobile. Wir fangen hier nicht bei null an, sondern können auf Erfahrungen aufbauen und aus den Ergebnissen der Evaluierung lernen, die im vergangenen und in diesem Jahr erfolgt ist. Die Seniorinnen und Senioren dieser Stadt haben uns genau gesagt, was sie gerne hätten, was sie brauchen, was sie wünschen. Diese Dinge sind in die Planung aufzunehmen, ebenso die gewonnenen Erfahrungen, die sich in den 45 Empfehlungen im Siebten Altenbericht wiederfinden. Wir sind sicher recht gut, haben aber noch nicht alles erreicht; Stichwort “Daseinsvorsorge“. All diese Dinge sind bei der Erarbeitung des konkreten Fachplans zur Seniorenarbeit zu bedenken und aufzunehmen. Im Vorfeld haben wir mit der Verwaltung eine breite Diskussion über die im Verwaltungsstandpunkt enthaltenen Vorschläge geführt. Wir sind hier im Einvernehmen und stimmen dem Verwaltungsstandpunkt zu. Wir bitten Sie, im Sinne des Alternativvorschlages zu votieren. - Schönen Dank. Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Gibt es weitere Wortwünsche? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir über diesen Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts ab. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Abstimmung: Das ist einstimmig. 14.8 Abstimmung: Es gibt Einstimmigkeit. 14.7 Fortschreibung des Altenhilfeplans (VIA-03945-NF-01) Seite |8 Lärmschutz für die Güntzstraße (A 0084/17) (VI-HP-03701-NF-04) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 14.8.1 dazu VSP (A-03701-NF-03-VSP-01) Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Einreicher: Dezernat Allgemeine Verwaltung Seite |9 Neufassung unseres Antrags unterstützen. - Vielen Dank. Frau Dr. Lakowa. Stadträtin Dr. Lakowa (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Die fehlende Lärmschutzwand in der Güntzstraße entwickelt sich immer mehr zu einer Posse, einer Posse, die sowohl von der Deutschen Bahn und dem EisenbahnBundesamt als auch von der Stadt Leipzig seit mehr als fünf Jahren ohne Rücksicht auf betroffene Bürger betrieben wird. Der Sachverhalt ist hinlänglich bekannt. Die Deutsche Bahn erneuert das Schienennetz, so auch am Bahnhof Stötteritz. Sie erhöht die Gleisanlagen und baut auch neue Lärmschutzwände. Doch auf einem kleinen Stück wird keine Wand aufgestellt. Warum? Das ist bis heute unklar. Vermutlich wurde einfach das linke statt das rechte Bein gegipst. Statt das Misch- und Wohngebiet Güntzstraße und den Hinterlieger Stötteritz vor Lärm zu schützen, wurde das Gewerbegebiet auf der anderen Schienenseite, das keinen einzigen Anwohner hat, mit einer Lärmschutzwand ausgestattet. Paradox! Inzwischen hat sich das Mischgebiet an der Güntzstraße zu einem überwiegenden Wohngebiet entwickelt. Das heißt: Es sind noch mehr Menschen vor allem in den Nachtstunden von Lärm betroffen. Die Stadt konnte in Gesprächen mit der Deutschen Bahn und auch mit dem EisenbahnBundesamt keine Abstellung dieses gesundheitsgefährdenden Mankos durchsetzen. Stattdessen rät man den betroffenen Bürgern, selbst rechtliche Schritte einzuleiten. Ich denke, Ihnen allen ist klar, dass es für einen einzelnen Bürger finanziell überhaupt nicht lösbar ist, gegen die Deutsche Bahn oder das Eisenbahn-Bundesamt zu klagen oder anderweitige Rechtsmittel einzulegen. Unmöglich! Aus unserer Sicht ist es die Aufgabe der Stadt Leipzig, ihre Bürger vor vermeidbaren Gesundheitsrisiken zu schützen. Dass nächtlicher Lärm gesundheitsgefährdend ist, ist unzweifelhaft. Zudem führt der Bahnlärm dazu, dass auch die Stadtteilentwicklung in diesem Gebiet gefährdet ist, weil immer mehr Menschen, die dort zur Miete wohnen, wegziehen. Mit der vorliegenden Neufassung unseres Antrags fordern wir die Stadt Leipzig auf, alle rechtlichen Maßnahmen zu prüfen und gegebenenfalls zu ergreifen, damit die Anwohner der Güntzstraße und Schönbachstraße sich von der Stadt vertreten und unterstützt fühlen, dass dieses Manko abgestellt wird. Ich bitte eindringlich darum, hier ein Zeichen zu setzen, indem Sie die Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Als Nächstes Herr Morlok. Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Lakowa, inhaltlich beschreiben Sie ein wirklich dringliches Problem. Sie können mir glauben: Ich habe meine Erfahrungen mit der Bahn gemacht und weiß, wie schwierig es ist, mit der Bahn zu Ergebnissen zu kommen. Ich stimme Ihnen auch zu, dass das inzwischen eine Never-endingStory ist und wir hier dringend etwas unternehmen müssen. Die Situation ist für die Anwohner vor Ort dringend verbesserungsbedürftig. Dennoch habe ich ein Problem mit Ihrem Antrag und muss die Ratsversammlung bitten, ihn abzulehnen, und zwar aus formalen Gründen. Wir befinden uns hier im Bereich des Planfeststellungsverfahrens. Es wird begehrt, den Planfeststellungsbeschluss anzufechten wegen eines wesentlichen Mangels. Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass ein solch wesentlicher Mangel im Planfeststellungsbeschluss vorliegt; Sie haben das gerade beschrieben. Nur, wenn Sie einen Planfeststellungsbeschluss wegen eines erheblichen Mangels angreifen wollen, ist der Beklagte die Planfeststellungsbehörde und nicht der Antragsteller im Planfeststellungsverfahren. Das heißt: Wenn wir diesen Planfeststellungsbeschluss wegen eines erheblichen Mangels anfechten wollten, müssten wir nicht die DB AG verklagen, sondern das Eisenbahn-Bundesamt, weil das Eisenbahn-Bundesamt die Planfeststellungsbehörde ist. - Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist: Die Stadt Leipzig ist im Planfeststellungsverfahren Beteiligte, nicht aber Betroffene gewesen. Ich habe erhebliche Zweifel, ob die Stadt Leipzig als Beteiligte in einem Planfeststellungsverfahren überhaupt die Möglichkeit hat, entsprechende Rechtsmittel wegen erheblicher Mängel einzulegen. Aber da bin ich mir nicht ganz sicher. Sicher ist: Beklagte müsste das Eisenbahn-Bundesamt sein und nicht die DB AG. Ich würde daher anregen, den Antrag heute noch einmal zurückzuziehen, um das klären zu können. Für den Fall, dass das dennoch so abgestimmt wird, kann ich nur empfehlen, mit Nein zu stimmen, und zwar aus formalen Gründen. - Vielen Dank. Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Gibt es weitere Wortwünsche? - Herr Zenker. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Stadtrat Zenker (SPD): Ich kann das Anliegen des Antrags vollkommen nachvollziehen. Ich bitte zum einen die Stadtverwaltung darum, zur rechtlichen Frage hier noch einmal Stellung zu beziehen und auszuführen, was aus ihrer Sicht noch möglich wäre. Zum anderen bitte ich die Grünen, den Prüfvorgang, den Herr Morlok eben vorgeschlagen hat, abzuwarten. Den Frust über den fehlenden Abschnitt des Lärmschutzes kann ich voll und ganz nachvollziehen. Aber aus dem Verwaltungsstandpunkt lese ich heraus, dass das von unserer Seite ausgehend rechtlich aussichtslos wäre. Daher sollte man eher überlegen, welche zusätzlichen Maßnahmen die Stadt außerhalb einer Klage ergreifen kann. Kann die Stadtverwaltung dazu Auskunft geben? Bürgermeister Bonew: Herr Kollege Hörning, könnten Sie dazu kurz ausführen? Bürgermeister Hörning: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! In der Tat erscheinen aus unserer Sicht die Rechtsmittel in diesem Fall erschöpft. Wir werden in der nächsten Sitzung des Stadtbezirksbeirats noch einmal Stellung dazu nehmen. Die Verwaltungsspitze in Person von Herrn Jung hat einen Brief an die Leitung der Deutschen Bahn gesandt, in dem noch einmal auf diesen Sachverhalt hingewiesen wurde. Es wurde noch einmal darum gebeten, dass der Lärmschutz vom Betreiber der Bahnanlage entsprechend gesichert wird. Wir sehen uns jedoch aufgrund der Rechtslage, die wir Ihnen auch im Verwaltungsstandpunkt dargelegt haben, zu keinen weiteren Schritten veranlasst. Das ist eine missliche Situation. Ich möchte aber auch noch einmal darauf hinweisen, dass unsererseits nach dem Planfeststellungsbeschluss keine Hinweise an Bewohner ergangen sind, dass man sich doch jetzt bitte anders ausstatten sollte. Das ist teilweise widersprüchlich dargestellt worden. Von daher kann ich hier jetzt nur das wiederholen, was auch im Verwaltungsstandpunkt dargelegt ist. Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Herr von der Heide. Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Man muss festhalten, dass das, was Herr Morlok dazu ausgeführt hat, deutlich interessanter war als das, was die Verwaltung dazu schreibt. Ich glaube, wir sind uns alle einig: Es ist ein Schildbürgerstreich, dass die Lärmschutzwand auf der falschen Seite steht. Unser Anliegen ist nicht, dass exakt der von uns vorgeschlagene Weg genommen wird. Aber es ist ein- S e i t e | 10 fach nicht vorstellbar, dass, wenn sowohl dieser Stadtrat als auch die Stadtverwaltung der Meinung ist, dass das so nicht richtig sein kann, gar nichts mehr möglich sein soll; denn sie verfügt ja auch über Kanäle zu Ministerien usw. In Absprache mit Frau Dr. Lakowa können wir den Antrag gern noch einmal vertagen, wenn Sie das jetzt zulassen - bei der Abstimmung über die Tagesordnung war das ja so noch nicht klar -, damit wir das im Ausschuss und dann auch hier öffentlich noch einmal diskutieren können. Bürgermeister Bonew: Ich höre heraus: Das ist ein Antrag auf Vertagung. - Herr Morlok dazu. Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Vorsitzender, dann wäre es aber sinnvoll, dass die Verwaltung noch einmal prüft, wer tatsächlich Beklagter und wer Kläger sein müsste in einem Verfahren gegen die Planfeststellungsbehörde wegen eines wesentlichen Mangels. Wenn die Stadt nicht Kläger sein kann, kann unter Umständen jemand anderer Kläger sein. Auch das würde ja schon weiterhelfen, auch den Betroffenen, um im Verfahren weiterzukommen. Diese Klärung sollte durch die Verwaltung bis zur nächsten Sitzung vorgenommen werden. Bürgermeister Bonew: Ich höre noch erheblichen Beratungsbedarf heraus. - Gibt es Gegenstimmen gegen den jetzt vorgetragenen Vertagungsantrag? Abstimmung: Keine Gegenstimmen. Dann ist TOP 14.8 noch einmal vertagt. (Übergabe der Sitzungsleitung an Oberbürgermeister Jung) Oberbürgermeister Jung: Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt. 14.9 Schaffung eines P+R-Platzes am S-Bahn-Haltepunkt Lützschena (OR 0009/17) (VI-HP-03712) Einreicher: Stahmeln Ortschaftsrat Lützschena- 14.9.1 dazu VSP (VI-HP-03712-VSP-01) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Frau Ziegler kann heute leider nicht anwesend sein, hat aber mitgeteilt, dass der Ortschaftsrat den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung stellt. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 14.11 Bau eines Radweges von Hohenheida zum BMW Ring (OR 0028/17) (VI-HP03719) Einreicher: Ortschaftsrat Seehausen 14.11.1 dazu VSP (VI-HP-03719-VSP-01) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Klare Vorvoten. - Wer wünscht das Wort? - Niemand. Auch hier steht der Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung. Ich bitte um Ihr Handzeichen. Wer stimmt dem zu? - Gegenstimmen? Enthaltungen? Abstimmung: Eine Gegenstimme. Ansonsten so beschlossen. 14.12 Erschließung Grundstück als Voraussetzung für eine Verpachtung an den SV Mölkau 04 e. V. (VI-A-04057) Einreicher: SPD-Fraktion 14.12.1 dazu VSP (VI-A-04057-VSP-01) Einreicher: Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport Herr Zenker. Stadtrat Zenker (SPD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Bürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Werte Gäste! Ich will es relativ kurz machen, obwohl das Thema eine sehr lange Vorgeschichte hat. Die Stadt hatte dieses Grundstück einmal gekauft mit dem Ziel, dass der Verein dort einen Sportplatz, sei es als Kunstrasenplatz oder als Naturfeld, errichten kann. Das Ganze wird langsam zu einer Never-ending-Story. Jedes Jahr erreichen uns im Sportausschuss Anträge, dass die Förderung dafür nun endlich beginnen soll. Das Volumen für den Bau eines Kunstrasenplatzes mit Erschließung ist jedoch relativ groß, was aus diesem Etat nicht zu stemmen ist. Hintergrund unseres Antrags ist: Auch uns ist bewusst, dass das Feld suboptimal ist, weil es ein wenig abseits vom bestehenden Gelände liegt und relativ klein ist. Aber bis jetzt ist kein Alternativstandort gefunden worden. Das hat zur Folge, dass sich der Sportverein nicht weiter entwickeln kann. Deshalb sollte jetzt endlich mit der Erschließung dieses Grundstücks begonnen werden. Das ist aus unserer Sicht die Vorleistung, die eine Stadtverwaltung erbringen sollte. Danach müssen über das Antragsverfahren Sportförderung die weiteren Schritte erfolgen, sprich: Verlegung des Kunstrasens, gegebenenfalls Bau eines Sanitärtraktes. Wir würden Folgendes zu Protokoll geben: Wir schlagen vor, die im Antrag genannte Frist noch einmal zu verlängern; denn bis März 2018 wird das von der Stadtverwaltung nicht realisierbar S e i t e | 11 sein. Unter der Voraussetzung, dass der Stadtverwaltung es doch noch gelingt, eine Alternativfläche für den SV Mölkau zu finden, was wir nicht glauben angesichts der langen Vorgeschichte, werden wir den Antrag mit einem etwaigen neuen Grundstück aufrufen, also einen Neustart auf einer neuen Fläche machen. Wir wollen, dass es endlich losgeht, damit der Verein Entwicklungsmöglichkeiten hat. Das heißt: Man muss entweder jetzt schnell ein Ersatzgrundstück finden oder aber endlich mit der Planung anfangen, um das jetzige Grundstück zu erschließen. Wir wollen unseren Antrag heute so abstimmen lassen. Wie gesagt: Wenn die Stadtverwaltung doch noch einen Alternativvorschlag präsentiert, kann man noch einmal darüber reden, diesen Antrag im Stadtrat hinfällig zu stellen. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Ich habe das nicht ganz verstanden, Herr Zenker. Sie wollen, dass dieser Antrag heute abgestimmt wird. Stadtrat Zenker (SPD): Ja, wir wollen diesen Antrag heute abstimmen lassen. Er hat eine ewig lange Vorgeschichte. Vor mindestens drei Jahren hat die Stadtverwaltung das Grundstück gekauft, damit dort ein Sportplatz errichtet werden kann. Seitdem ist dort nichts passiert. Wir sind jahrelang vertröstet worden, dass die Stadtverwaltung noch nach einem Alternativgrundstück sucht. Aber bisher hat sie keines gefunden. Deswegen sind wir jetzt an dem Punkt, zu sagen: Es muss jetzt endlich weitergehen. Wir müssen dem Verein eine Entwicklungsperspektive geben, und wenn auch nur mit diesem relativ kleinen Feld. Das heißt für uns: Die medientechnische Erschließung erfolgt wie auch bei anderen Sportgeländen durch die Stadt, und dann muss sich der Verein für die Errichtung des Kunstrasenfeldes und gegebenenfalls den späteren Bau eines Sanitärtraktes dem ganz normalen Antragsverfahren im Sportausschuss stellen. Anders als im Verwaltungsstandpunkt beschrieben, dass das eine Folgewirkung hätte, ist aus unserer Sicht zunächst einmal die Stadtverwaltung für die medientechnische Erschließung zuständig. Alle weiteren Bauabschnitte müssen durch den Sportausschuss gehen. Das ist kein Vorgriff auf eine Entscheidung, sondern man muss prüfen, wie das im Etat darstellbar ist. Oberbürgermeister Jung: Herr Rosenthal. Bürgermeister Rosenthal: Herr Oberbürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn ich weiß, insbesondere nach der Diskussion im Fachausschuss Sport, dass ich Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 bei Ihnen nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen werde, ein paar Sätze meinerseits dazu. Ja, wir wissen, dass Ihnen der SV Mölkau sehr wichtig ist und dass es diverse Beschlusslagen auch hier im Stadtrat dazu gab, insbesondere was den Ankauf des Grundstücks betrifft. Wir haben aber auch immer darauf hingewiesen das ist auch in der Begründung des Verwaltungsstandpunkts so festgehalten -, dass dieses Projekt innerhalb des Sportprogramms 2024 für uns nicht die höchste Priorität hat. Im Rahmen der Prioritätenabwägung der Stadt Leipzig hat es auch im Hinblick auf die Mittel, die das Amt für Sport insgesamt für die Sportförderung zur Verfügung hat, nicht die höchste Priorität. Das muss ich Ihnen hier noch einmal deutlich sagen. Nichtdestotrotz wird das Projekt von uns weiter verfolgt. Wir haben im Verwaltungsstandpunkt darauf hingewiesen, dass es aus unserer Sicht auch möglich wäre, dass der Verein sowohl den Anschluss als auch in Folge die Realisierung über die Sportförderung wie jeder andere Verein investiv auf den Weg bringen könnte. Wir haben auch darauf hingewiesen, dass, wenn wir als Sportamt dieses Grundstück jetzt tatsächlich erschließen müssten, dies zulasten der Investitionsmittel des Amtes für andere Projekte ginge. Darauf finden Sie in Ihrem Antrag keine Antwort. Ich habe bereits mehrfach auf die Schwierigkeiten dieses Grundstücks und dessen deshalb nur eingeschränkt mögliche Nutzung hingewiesen. Daher wäre meine Bitte, uns noch Zeit zu geben, um einen Alternativstandort zu finden, der uneingeschränkt nutzbar ist und auf dem wir dann richtig durchstarten können. Ich verstehe zwar, dass Sie uns an dieser Stelle binden möchten, glaube aber, dass die Vorwegnahme dieses Standortes auch gegenüber dem Verein nicht ehrlich wäre. Insofern würde ich Sie herzlich bitten, das heute so nicht zur Abstimmung zu stellen. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker noch einmal. Stadtrat Zenker (SPD): Herr Rosenthal, ich habe eine Nachfrage. Wie viel Zeit gedenken Sie denn noch für die Suche nach einem Alternativstandort zu brauchen? Ich wäre gern bereit, den Antrag noch einmal zurückzustellen, wobei der Stadtrat, da wir uns ja schon in der Debatte befinden, dem auch zustimmen müsste. Was ich nicht will, ist noch einmal drei Jahre zu warten. Wenn Sie uns jetzt zusagen und dies auch zu Protokoll geben würden, bis Jahresende einen Alternativstandort zu finden, und, falls das nicht gelingen sollte, dass wir diesen Antrag spätestens im Januar, besser noch im Dezember er- S e i t e | 12 neut in den Stadtrat einbringen und dann zur Abstimmung stellen können, wäre ich bereit, diesen Weg mitzugehen. Noch einmal drei Jahre abwarten, das wollen wir nicht. Bisher sind wir immer wieder vertröstet worden. Wir hatten den Eindruck, dass dort gar nichts mehr passieren wird. Bürgermeister Rosenthal: Ich hatte Ihnen ja schon im Fachausschuss Sport angedeutet, dass wir einen Alternativstandort intensiv geprüft haben, der aber, was die Gesamtnutzung betrifft, leider durchgefallen ist. Diesen Standort hätte ich sogar aus dem Dezernat selbst zur Verfügung stellen können. Ich denke aber, wir können hier zu Protokoll geben, dass wir Ihnen bis zum Jahresende einen Vorschlag machen. Sollte wir Ihnen keinen Vorschlag präsentieren können, fahren wir an dieser Stelle fort. Oberbürgermeister Jung: Frau Lange. Stadträtin Lange (DIE LINKE): Im INSEK ist dieser Sportplatz schon als Sportstätte gekennzeichnet, zumindest in dem Papier, das gerade in allen Ausschüssen und Ortschaftsräten beraten wird. In dem Zusammenhang stellt sich die Frage. Warum ist das dort schon so festgehalten, wenn das noch gar nicht feststeht und sie jetzt noch einmal einen Alternativstandort suchen wollen? Der Standort Albrechtshainer Straße ist bereits als Sportstätte gekennzeichnet. Bürgermeister Rosenthal: Da gebe ich Ihnen völlig recht, Frau Lange. Das ist auch eine Sportstätte. Ich hatte im Fachausschuss Sport formuliert: Die uneingeschränkte Nutzung ist leider an der Stelle nicht gegeben. - Das heißt: Es wird immer nur eingeschränkt möglich sein, die gekennzeichnete Sportfläche tatsächlich zu nutzen. Auch in meiner Funktion als Umweltdezernent - ich bin ja Sport- und Umweltdezernent muss ich sagen: Die Emissionen an diesem Standort lassen eine uneingeschränkte Nutzung nicht zu, leider. - Das zu sagen, gehört zur Ehrlichkeit dazu. Ich darf Sie daran erinnern, dass ich immer wieder darauf hingewiesen habe, dass diese Fläche nur eingeschränkt nutzbar sein wird. Das hat aber niemanden davon abgehalten, die Entwicklung so auf den Weg zu bringen. Insofern würde ich Sie noch einmal motivieren wollen, dass wir uns auf eine Alternativfläche verständigen, die eine uneingeschränkte sportliche Nutzung zulässt, um die Entwicklung des SV Mölkau zu gewährleisten. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Oberbürgermeister Jung: Vor der Abstimmung über eine Vertagung noch Herr Schlegel. Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Herr Sportbürgermeister, ich habe noch eine Frage. Dort soll ein Kunstrasenplatz errichtet werden. Sie sagen, es gäbe dort nur eine eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit. Bedeutet das, dass der Verein diese Fläche für den Spielbetrieb mitnutzen kann, oder ist das nur ein Dämmelplatz, wo man ein bisschen Sport treiben kann? Wenn dort Spezialrasen verlegt wird, müssen normierte Flächen eingehalten werden. Ist das nicht möglich, kann doch dort gar kein Spielbetrieb stattfinden. Bürgermeister Rosenthal: Den Rasen kriege ich auf die Fläche, aber nicht für den Spielbetrieb. Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Okay. Also ist in der Tat zu überlegen: Machen wir hier nur eine kleine Dämmelwiese, ähnlich der im ClaraZetkin-Park, oder finden wir gegebenenfalls einen neuen Standort, wo das besser zu realisieren ist? Oberbürgermeister Jung: Ich denke, der Vorschlag ist gut. Wir geben zu Protokoll: Herr Rosenthal macht bis Dezember 2017 einen Vorschlag im Sportausschuss, und wir rufen das Thema hier noch einmal auf oder auch nicht, je nach Ergebnis dieses Prozesses. Herr Zenker. Stadtrat Zenker (SPD): Ich möchte darum bitten, dass bis dahin dazu ein neuer Verwaltungsstandpunkt erarbeitet wird. Es geht letztendlich um den SV Mölkau. Oberbürgermeister Jung: Okay. So machen wir das. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das heute noch einmal vertagt. 14.14 Konsequentes Eintreten für den Klimaschutz - Auch bei der Fernwärme! (VI-A-04105-NF-02) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Einreicher: Fraktion DIE LINKE 14.14.1 dazu VSP (VI-A-04105-VSP-01) Einreicher: Oberbürgermeister Wer bringt den Antrag ein? - Herr Volger. Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte S e i t e | 13 Stadträte! Sehr geehrte Gäste! Leipzig soll mittel- bis langfristig aus der Braunkohle zur Wärmegewinnung aussteigen und dafür eine ExitStrategie entwickeln. Dass sich zu diesem logischerweise schrittweise und nicht plötzlich erfolgenden Ausstieg vonseiten der Stadt bekannt wird, ist erfreulich. Das war vor kurzem noch nicht denkbar. Warum dies notwendig ist, liegt auf der Hand. Braunkohle ist nun einmal ein Klimakiller und Umweltverschmutzer. - Detaillierte Ausführungen dazu finden Sie in der Begründung unseres gemeinsamen Antrags. Dass dabei Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeitsaspekte nicht unbeachtet bleiben dürfen, liegt ebenso auf der Hand und war auch im Ursprungsantrag so benannt. Seien wir ehrlich: Die Prüfung für einen Ausstieg bis 2023 wird sich einzig auf die technische Machbarkeit fokussieren. Dass dies wirtschaftlich für Leipzig ohne Fördermittel kaum möglich sein wird, ist uns auch klar. Dennoch sollte man entsprechende Szenarien durchspielen. Immerhin endet 2023 der Vertrag der Stadtwerke mit dem Kraftwerk Lippendorf. Daher ist der Zeitpunkt durchaus legitim. In Anbetracht der schwierigen Regierungsbildung auf Bundesebene und keinerlei Klarheit über den weiteren energiepolitischen Kurs der neuen Bundesregierung ist es allerdings besser, bis Ende 2018 zu warten, um eine Exit-Strategie zu entwerfen. Warum die Ergebnisse nur im Ausschuss vorgestellt werden sollen, nicht aber der breiten Öffentlichkeit, erschließt sich mir nicht. Dies ist eine Frage, die wir aber nicht hier und nicht heute diskutieren müssen, sondern die wir erst dann, wenn die Ergebnisse vorliegen, noch einmal aufs Tableau bringen werden. Zum Abschluss noch ein kleiner Seitenhieb an unsere Autolobby hier im Rat. Ohne die Hintergrundbelastung des Kraftwerks Lippendorf, die bis zu 30 Prozent der Leipziger Belastung mit Feinstaub und Schwefeldioxid ausmacht, stünden mögliche Fahrverbote oder die Einrichtung einer Umweltzone gar nicht zur Debatte. Ich erwarte daher von genau dieser Seite eine Zustimmung mit Applaus und wehenden Fahnen zum Verwaltungsstandpunkt. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok. Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Volger, Ihr Appell am Ende wäre genau dann richtig, wenn es sich beim Kraftwerk Lippendorf um eine Anlage zur Fernwärmeerzeugung mit beigebautem Stromgenerator handeln würde, weil dann das Abschalten der Anlage genau die von Ihnen gewünschten Effekte hätte. Allerdings trifft das auf das Kraftwerk Lippendorf nicht zu. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Das Kraftwerk Lippendorf ist eine Anlage zur Stromerzeugung mit beigebauter Ergänzungsanlage zur Fernwärmeerzeugung. Das heißt: Das Kraftwerk ist auf die Stromerzeugung optimiert. Solange Strom erzeugt wird, fällt Abwärme an. Ein Teil dieser Abwärme wird zur Fernwärmeerzeugung verwendet. Richtig ist, dass die Stadt Leipzig sich Gedanken machen muss, wie sie ihre Fernwärmeerzeugung perspektivisch gestaltet, weil wir das Kraftwerk Lippendorf irgendwann tatsächlich nicht mehr haben werden. Bis dahin benötigt die Stadt Leipzig Alternativen. Das können dezentrale Energieerzeugungsanlagen, zum Beispiel Blockheizkraftwerke, sein. Nach meiner Kenntnis werden diese Blockheizkraftwerke aber nicht ausschließlich mit regenerativen Energien betrieben, sondern auch mit Gas; das ist zumindest momentan der Stand. Eine Abkopplung der Stadt Leipzig von der Fernwärmeversorgung des Kraftwerks Lippendorf und stattdessen Erzeugung mit BHKWs mit Gas würde nach jetzigem Stand der Technik zu mehr CO2-Ausstoß führen und nicht zu weniger; denn das Kraftwerk Lippendorf wird unverändert so weiterbetrieben, solange Strom erzeugt wird. Das heißt: Stromerzeugung im Kraftwerk Lippendorf und Emittierung von CO2 sowie Erzeugung von Fernwärme in Leipzig und Emittieren von zusätzlichem CO2. Das Einzige, was passieren wird, ist: Im Kraftwerk Lippendorf würde ein erhöhter Kühlbedarf bestehen, weil die entstehende Wärme dann nicht mehr für die Fernwärmeerzeugung genutzt werden kann. Das heißt: Was Sie mit Ihrem Antrag erreichen, ist insgesamt mehr CO2-Ausstoß und noch mehr Wolken über Leipzig. Wer das will, sollte dem zustimmen. Wer das nicht will, sollte den Antrag ablehnen. Oberbürgermeister Jung: Herr Bär. Stadtrat Bär (SPD): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Der Kompromiss, den wir jetzt zur Abstimmung stellen, ist auch deshalb interessant, weil sich darin jeder wiederfinden kann: Das ist ein Prüfauftrag. Es werden zwei verschiedene Zeitpunkte genannt. Es sollen verschiedene Ziele und Aspekte in diesem Prüfauftrag formuliert werden. Herr Volger, ich bin froh, dass Sie in Ihrer Rede zum Ausdruck gebracht haben, dass auch Sie durchaus skeptisch sind, ob es realistisch ist, bereits 2023 eine bis dahin fertige Exit-Strategie umsetzen zu können. Anderenfalls hätte ich jetzt darauf hingewiesen. S e i t e | 14 Nun zur Wertung der einzelnen Aspekte, die in der Neufassung Ihres Antrags genannt werden. Sie haben den Verwaltungsstandpunkt aufgegriffen und die Neufassung um die Themen Umweltund Klimaschutz ergänzt. Um es ganz deutlich zu sagen: Aus meiner Sicht muss die Daseinsvorsorge an erster Stelle stehen. Das ist das, was wir als Stadt Leipzig zu händeln haben. Das hat auch der Verwaltungsstandpunkt deutlich gemacht. Das sollten wir als Stadträte unterstützen. Zum Thema Wirtschaftlichkeit, das Sie hier nur kurz angesprochen hatten: Wir alle wissen, dass sich die LVV in einem strategischen Neuausrichtungsprozess befindet. Wir alle haben auch wahrgenommen, was das kostet, gerade auch angesichts der avisierten Ziele, die wir unterstützen. Wir wissen, dass das Ziel „Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs“ mit dem Thema „Umweltschutz innerhalb der Stadt“ verknüpft ist und dafür finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, um die ökologischen Möglichkeiten des öffentlichen Personennahverkehrs auszuschöpfen. Insofern sind die wirtschaftlichen Aspekte und der Neuausrichtungsprozess innerhalb des LVV-Konzerns auch auf den Umwelt- und Klimaschutz ausgerichtet. Ein letzter Hinweis, warum ich die Punkte Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit nach vorn rücken möchte: Ihnen ist vielleicht bekannt, dass innerhalb der EU der Europäische Emissionshandel greift. Das heißt: Wenn wir als lokaler Akteur dafür sorgen, das vom Kraftwerk Lippendorf weniger CO2 emittiert wird, führt das nicht etwa dazu, dass deswegen in Europa insgesamt weniger CO2 emittiert wird; denn der EUEmissionshandel basiert darauf, dass Emissionszertifikate innerhalb Europas weitergegeben werden können. Sie haben in Ihrem Antrag auch das Kyoto-Protokoll erwähnt. Das KyotoProtokoll hat den Industriestaaten, den sogenannten Annex-I-Staaten, die Möglichkeit eröffnet, bilateral mit CO2-Zertikaten zu handeln. Also: Aus unserer Sicht können wir, die wir nicht zu den Autolobbyisten hier im Stadtrat gehören, diesem Antrag, so wie er jetzt formuliert ist, durchaus zustimmen, wenn auch nicht mit wehenden Fahnen und mit Applaus. Sie hatten selber gesagt: Uns allen ist klar, dass es ziemlich unrealistisch ist, ein Ergebnis zu erwarten, das besagt: 2023 ist realistisch. Das grundsätzliche Ziel ist, zu einem schrittweisen Ausstieg zu kommen, auch weil Braunkohle aus unserer Sicht nicht einfach verfeuert gehört, sondern auch noch andere Perspektiven haben kann. Denken Sie nur an die chemische Industrie! Das ist ein realistisches Ziel, was man verfolgen kann; Sie hatten es ja selber angesprochen. Insofern: Wir stimmen dem zu, wenn auch nicht mit wehenden Fahnen. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Oberbürgermeister Jung: Herr Engelmann. Stadtrat Engelmann (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Lieber Herr Morlok, das, was Sie gesagt haben, ist wirtschaftlich und physikalisch Unsinn. Wenn man das, was Sie hier von sich gegeben haben, zu Ende denkt, heißt das: Wir müssten die Energie kostenfrei bekommen. - Es handelt sich vielmehr um einen Optimierungsprozess. Das heißt: Wenn von der Anlage am Ende des Prozesses Wärme ausgeschleust wird, dann wird die Anlage optimal genutzt. Ja, man spart dadurch insgesamt etwas Energie, aber nicht die eines ganzen Kraftwerks. Das ist doch völliger Unsinn. - Das ist Punkt eins. Punkt zwei. Wir müssen uns schon mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass die Dekarbonisierung eine der wesentlichsten Aufgaben dieser Welt ist. Hier geht es um Leipzig; das ist wahr. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn diese Aufgabe nicht angegangen wird, wird es nie zu einem Ende kommen bzw. wird sich der Klimawandel weiter verstärken. Das ist einfach so. Darüber müssen Sie nicht lachen. Das ist eine wissenschaftlich bewiesene Tatsache. Ich darf namens der Fraktionen DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen noch einmal sagen, dass wir den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung stellen und diesem selbstverständlich zustimmen werden. - Recht schönen Dank. S e i t e | 15 schaftlich tatsächlich möglich ist. Deshalb war dieser letzte Satz im Verwaltungsstandpunkt nicht enthalten. Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Verwaltungsstandpunkt. Ich bitte um Ihr Handzeichen. Wer stimmt den Beschlussvorschlägen zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Eine ganze Reihe von Gegenstimmen. Mit Mehrheit so beschlossen. 14.15 Verbesserung von Wegen im Ortsteil Mölkau (VI-A-04139) Einreicher: Ortschaftsrat Mölkau 14.15.1 dazu VSP (VI-A-04139-VSP-01) Einreicher: Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport Zur Abstimmung steht der Verwaltungsstandpunkt. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. 14.17 Flächenaktivierung für soziale Bauvorhaben (VI-A-04165) Einreicher: CDU-Fraktion 14.17.1 dazu ÄA (VI-A-04165-ÄA-02) Einreicher: Jugendbeirat/Jugendparlament 14.17.2 dazu ÄA (VI-A-04165-ÄA-03) Einreicher: Jugendbeirat/Jugendparlament 14.17.3 dazu VSP (VI-A-04165-VSP-01) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Herr Albrecht. Gestatten Sie mir noch einige Sätze dazu. Ich denke, es ist unstrittig - Herr Morlok, ich glaube, dass Sie das letztlich auch so sehen -, dass wir perspektivisch schrittweise aus der Braunkohlegewinnung aussteigen müssen. Die Stadtwerke arbeiten wirklich fieberhaft an Konzepten, um irgendwann grüne Fernwärme zu realisieren. Insofern gibt es überhaupt keinen Dissens, auch nicht zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wir wollen den schrittweisen Ausstieg aus der Braunkohle als Fernwärmelieferant. Das muss wirtschaftlich vertretbar sein und vernünftig abbildbar sein. Ob im Ergebnis der Koalitionsverhandlungen in Berlin in dieses Thema Geschwindigkeit kommt oder nicht, das wird man sehen. Ich bin gespannt. Stadtrat Albrecht (CDU): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich gern noch einmal unseren Beschlussvorschlag erläutern, weil er in der Diskussion doch zu Verwirrung geführt hat. Wir wollen Grünflächen für Sozialbauten umwidmen, und zwar die Grünflächen, die zum Beispiel im Krieg beschädigt worden sind und die wir zu Zeiten der schrumpfenden Stadt nicht verwildern lassen wollten, sondern zu Grünflächen umgewidmet haben. Meist waren es einstmals bebaute Flächen. Wir wollen, dass genau diese Flächen jetzt daraufhin geprüft werden, ob darauf Kitas, Schulen, Sporthallen und Ähnliches gebaut werden können. Herr Volger, zu Ihren Bedenken in Zusammenhang mit der Präsentation der Ergebnisse. Natürlich müssen wir auch in der Öffentlichkeit, mit den Bürgerinnen und Bürgern darüber diskutieren. Nur, ich möchte das nicht vorwegnehmen, bevor die Ergebnisse hier auf dem Tisch liegen. Gegebenenfalls müssen wir diese auch noch einmal hinterfragen und diskutieren, was wirt- Es gibt in dieser Stadt verschiedene Flächen, wo wir das schon so gemacht haben, zum Beispiel in der Gohliser Straße. Das war eine einstmals bebaute Fläche, die jahrelang als Hundeauslaufwiese genutzt wurde. Es ist zwar dort kein architektonisches Highlight entstanden, aber wir konnten Kitaplätze schaffen. Es gibt noch andere Flächen, die genutzt werden könnten, beispiels- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 weise die Adlershelmstraße in Crottendorf, die auch in unserem Antrag genannt wird. Wir hatten auch beantragt, uns bis zum vierten Quartal 2017 ein Prüfbericht vorzulegen. In dem jetzt vorliegenden Verwaltungsstandpunkt heißt es: Im zweiten Quartal 2019 soll das erste Ergebnis der Prüfung vorliegen. Das bedeutet, dass, wenn wir die Zeit für Planung, Baugenehmigung und Bau einer Kita mit berücksichtigen, auf dieser Fläche vor 2022 keine Kita stehen wird. Sehr geehrte Damen und Herren, das kann ich nicht nachvollziehen. Ich glaube, niemand von Ihnen, die Sie ja auch gefragt werden: „Wo sind die Kitaplätze, die wir brauchen?“, wird das den Bürgern vermitteln können. Der Verwaltungsstandpunkt ist ein Armutszeugnis. Armut meint in dem Fall Menschen, die ihre Kreativität nicht nutzen können. Professor Fabian, wir wünschen Ihnen mehr Kreativität an dieser Stelle. Wenn Sie uns jetzt sagen, dass der Verwaltung ein Schreibfehler unterlaufen ist und Sie das zweite Quartal 2018 meinten, dann könnten wir dem zustimmen. Anderenfalls stellen wir unseren Antrag zur Abstimmung. Oberbürgermeister Jung: Herr Elschner. Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Titel des Antrags der CDU-Fraktion suggeriert ja „Handeln durch Flächenaktivierung“. Der Beschlussvorschlag bringt zum Ausdruck, die Verwaltung müsse aufgefordert werden, jetzt endlich in die Gänge zu kommen, das zu prüfen. Auf der Tagesordnung heute steht auch die Vorlage „Leipzig-Kitas“, in der uns Vorschläge unterbreitet werden. Das heißt: Ständiges Verwaltungshandeln ist das entsprechende Prüfen. Wir Grüne sind mit der Abwägung nicht ganz zufrieden. Wir würden uns wünschen, dass das transparenter dargelegt wird. Aber es ist doch mitnichten so, dass in dieser Richtung nichts geschieht. Vor diesem Hintergrund werden wir dem Antrag der CDU-Fraktion nicht zustimmen. Wir erkennen hier keinen Mehrwert. Ebenso wie Sie, Herr Albrecht, sehen auch wir den Verwaltungsstandpunkt kritisch. Wir wünschen uns jetzt schon transparentere Prüfkriterien und nicht erst ab 2019, wie uns von der Verwaltung zugesichert. - Danke schön. Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok. Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was ich sagen will, geht ein bisschen in die Richtung von Herrn Elschner. - Auf der einen Seite haben wir heute die Vorlage „Leipzig-Kitas“ im S e i t e | 16 Stadtrat zur Beschlussfassung. Auf der anderen Seite befassen wir uns im Rahmen des INSEK mit den Herausforderungen einer wachsenden Stadt, Flächenmanagement zu betreiben, weil verschiedene Bereiche um die knappen noch vorhandenen Flächen in unserer Stadt konkurrieren. Um das aufzulösen, soll ein strategischer Prozess gestartet werden, in dem auch die Fragen, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, mit Ihrem Antrag beantwortet haben wollen, beantwortet werden. Ich kann nicht erkennen, dass es Sinn machen würde, noch vor dem Beginn dieses strategischen Prozesses, den wir mit der Beschlussfassung des INSEK starten wollen, einen Prozess nur für diese eine Problematik auszulösen, der zudem schon bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein soll. Ich denke, es wäre sinnvoller, das zusammenzuführen und zu sagen: Das, was Sie hier beantragen, soll im Rahmen des INSEK-Prozesses umgesetzt werden. Allerdings müssten wir fairerweise dann noch einmal über das Datum reden. Bis zum vierten Quartal 2017 ist das nicht mehr leistbar. Wir sollten uns auf einen Zeitpunkt Ende 2018 verständigen. Wenn es im dann geänderten Beschlusstext hieße, dass die Stadtverwaltung das im Rahmen des INSEK prüft und bis Ende 2018 das Ergebnis vorlegt, dann wäre das aus meiner Sicht eine runde Sache. Es wäre gut, wenn Sie von der CDU bei diesem Vorschlag mitgehen könnten. Für den Fall, dass Sie das nicht tun, würden wir einen Änderungsantrag einreichen, dass im ersten Satz des Beschlussvorschlags die Worte „im Rahmen der Umsetzung des INSEK“ eingefügt werden und im zweiten Satz das Jahr 2017 durch „2018“ ersetzt wird. Oberbürgermeister Jung: Frau Mathez. Mathez (Jugendbeirat): Noch einmal guten Tag, meine Damen und Herren! Das Jugendparlament hat sich mit dem Antrag beschäftigt und ist zu folgendem Schluss gekommen: Wir finden es prinzipiell gut, dass Flächen für soziale Bauvorhaben genutzt werden sollen, gerade weil in Leipzig ein großer Mangel an Schul- und Kitaplätzen besteht. Wir waren uns allerdings nicht ganz sicher, wie wir mit diesem Antrag umgehen sollen, weil uns das Wort „Grünflächen“ etwas irritiert hat. Im Antrag wurde das Beispiel AlexisSchumann-Platz genannt. Uns ist wichtig, zu betonen, dass Plätze wie dieser nicht nur einen ökologischen Wert haben, sondern auch als Erholungsräume dienen, wo Jugendliche sich aufhalten, was im Fall des Alexis-Schumann-Platzes wichtig ist. Da wir uns nicht ganz einig waren, wie wir mit dem Antrag umgehen sollen, haben wir faktisch Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 zwei Änderungsanträge eingebracht. Der Änderungsantrag 02 schlägt vor, die Worte „Grünund“ zu streichen. Der Änderungsantrag 03 legt den Fokus darauf, dass die Flächen auch Erholungswert haben und dies in der Auswahl der Flächen mit zu berücksichtigen ist. - Danke schön. Oberbürgermeister Jung: Ich bitte Herrn Rosenthal, uns noch weitere Hinweise zu geben. Bürgermeister Rosenthal: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Herr Albrecht, ich kann nachvollziehen, dass der Verwaltungsstandpunkt so wirkt, als ob wir an dieser Stelle erstmals von Ihnen darauf hingewiesen wurden, uns mit dem Thema intensiv zu beschäftigen. Ich will hier sehr deutlich unterstreichen: Das ist natürlich nicht so. Sie wissen, welche Strukturen es für die Themen Kita und soziale Infrastruktur gibt. Sie wissen, wie intensiv die Verwaltung in der Flächensuche unterwegs ist. Jede Fläche, die zukünftig für soziale Infrastruktur ausgewiesen werden soll, durchläuft ein intensives Prüfraster. Natürlich ist das Amt für Stadtgrün und Gewässer als fachliegenschaftsverwaltendes Amt für alle Grünflächen in dieser Stadt involviert. Es entscheidet, ob die Fläche freigegeben wird oder nicht und teilt dies dem Dezernat V entsprechend mit. Es wäre daher vermessen, zu sagen: Das gab es bisher nicht. Man hätte im Verwaltungsstandpunkt auch ankreuzen können: Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln. Das, was wir Ihnen mit diesem Verwaltungsstandpunkt mit auf den Weg geben wollen, ist der Hinweis, dass wir aus dem INSEK-Prozess heraus - das hatte ich hier auch schon einmal zu Protokoll gegeben - es geschafft haben, dass der Bund unsere Masterplanung Grün fördert und dass das Amt für Stadtgrün und Gewässer bis Ende 2019 eine wirklich neue Qualität der Einordnung aller Grün- und Brachflächen in dieser Stadt vornehmen wird, sodass wir daraus abgeleitet nicht mehr eine Politik auf Zuruf machen werden, sondern tatsächlich anhand harter Kriterien, auch den INSEK-Prozess abprüfend, entscheiden können, ob die Fläche für sonstige und insbesondere soziale Infrastruktur abgebbar ist oder nicht. Die bisherige Fachamtsperspektive wollen wir verobjektivieren. Das schaffen wir tatsächlich erst zu dem angegebenen Zeitpunkt zweites Quartal 2019. Die Masterplanung Grün für die Gesamtstadt braucht einen gewissen Vorlauf, weil dafür auch externer Sachverstand eingekauft werden muss. Das ist der Hintergrund. Insofern, glaube ich, haben wir da keinen Dissens. Nehmen Sie bitte mit, dass wir das sehr intensiv S e i t e | 17 bearbeiten und es dafür ein Prüfraster gibt und dass wir Ihnen eine neue Qualität der Grünflächeneinordnung und -abgabe für andere Nutzungen vorlegen wollen. - Ich hoffe, ich konnte damit die Diskussion etwas einfangen. Oberbürgermeister Jung: Danke, Herr Rosenthal. - Herr Albrecht noch einmal. Stadtrat Albrecht (CDU): Ich glaube, wir alle sind uns einig, dass die Stadt mehr Kitaplätze braucht und dass auch die 13 neuen städtischen Kitas, die heute mit der Vorlage „Leipzig-Kitas“ beschlossen werden sollen, nicht ausreichen werden. Das ist vollkommen klar. Wir sind uns auch bewusst, dass Sie sich um Flächen bemühen; das wird auch in den Ausschussdiskussionen immer wieder deutlich. Ich glaube, jetzt liegt ein Kompromiss auf dem Tisch, der sowohl die von Ihnen genannten Fördermöglichkeiten aufnimmt, Herr Rosenthal, als auch das, was Herr Morlok gesagt hat. Wenn wir das in das INSEK mit aufnehmen und dabei auch die Menschen, die Kitaplätze suchen, mit einbinden, dann ist das, glaube ich, ein sinnvoller Kompromiss. Dem würden wir zustimmen. Oberbürgermeister Jung: Herr Albrecht, Sie haben versucht, das jetzt harmonisch, sozusagen mit Vanillesoße versüßt, zu formulieren. Aber es bleibt der Unterschied in der Auffassung. Herr Rosenthal ist der festen Überzeugung, dass bis zum zweiten Quartal 2018 kein Prüfergebnis vorliegen kann. Um es noch einmal zu pointieren: Selbstverständlich prüfen wir jede Fläche in dieser Stadt darauf, ob sie kurzfristig bebaut werden kann. Selbstverständlich! Danach ist abzuwägen zwischen ökologischen, sozialstrukturellen und letztlich auch infrastrukturellen Gegebenheiten. Ganz klar! Aber das Gesamtkonzept im Sinne des INSEK-Prozesses werden wir mit Sicherheit nicht im zweiten Quartal 2018 auf dem Tisch haben. Ich schlage vor, jetzt zur Abstimmung zu kommen. Über die beiden Änderungsanträge des Jugendparlaments lasse ich zuerst abstimmen. Der Änderungsantrag 02 sieht vor, die Worte „Grün- und“ zu streichen. Wer dem zustimmt, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen? Abstimmung: Einige Pro-Stimmen, einige Enthaltungen. Mit großer Mehrheit abgelehnt. Der Änderungsantrag 03 sieht vor, die Worte „und Erholungswert sowie“ zu ergänzen. Wer dem zustimmt, bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Abstimmung: Gleiches Stimmergebnis wie zuvor. Nun zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Freibeuter, wie von Herrn Morlok eben vorgetragen. Ich wiederhole ihn noch einmal. Der erste Satz soll wie folgt ergänzt werden: Die Stadtverwaltung prüft „im Rahmen der Umsetzung des INSEK“ … - Im zweiten Satz wird 2017 durch „2018“ ersetzt. Bitte schalten Sie Ihr Abstimmgerät ein und geben Sie jetzt Ihr Votum ab. - Ich schließe die Abstimmung. Abstimmung: 34 - 28. So beschlossen. 14.18 Lastenfahrräder fördern (VI-A-04406) Einreicher: SPD-Fraktion S e i t e | 18 jetzt per Lastenfahrrad ausgeliefert. Damit wird der motorisierte Verkehr in den Stadtquartieren reduziert. Auch der Pizzaservice, der die Pizza früher per Moped ausgeliefert hat, bedient sich heute Lastenfahrrädern. Es geht hier um einen Prüfauftrag, ob und wenn, ja, wie das gefördert werden kann. Von anderen Städten wird zum Beispiel die kostenlose Ausleihe von Lastenfahrrädern unterstützt. Geprüft werden soll auch eine finanzielle Förderung von Familien und Tageseltern, aber auch von Kleinhandwerkern und Dienstleistungsunternehmen beim Kauf eines Lastenfahrrads. All diese Punkte wollen wir gern prüfen lassen. Wir sind froh über den Verwaltungsstandpunkt. Da er weitergehender ist als unser Antrag, wollen wir unseren Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts abstimmen. - Vielen Dank. 14.18.1 dazu VSP (VI-A-04406-VSP-01) Einreicher: Dezernat Wirtschaft und Arbeit Wird das Wort gewünscht? - Herr Zenker. Stadtrat Zenker (SPD): Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich sollte Frau Schenk zu diesem Antrag vortragen. Allerdings wird sie wegen eines Weichenschadens aufgehalten. Sie hat mir aber mitgeteilt, dass sie kürzlich ihr Auto abgeschafft hat und ganz überrascht ist, wie gut das mit einem Lastenfahrrad funktioniert, auch wenn sie natürlich nicht ihr Lastenfahrrad gefördert haben will. Ich würde jetzt sagen: Ich habe gar kein Auto. Trotzdem kann ich verstehen, dass viele Leute auf das Auto angewiesen sind, bin also kein Autohasser. Es wird ja häufig hier im Stadtrat unterschieden: Das sind die Fahrradhasser, und das sind die Autohasser. Die SPD ist da unentschieden. Ich sehe es einfach so: Wir leben in einer Stadt, in der man auf die verschiedensten Verkehrsmittel angewiesen ist. Dazu gehört das Fahrrad, dazu gehört das Auto, dazu gehört auch der Fußverkehr. Manche nutzen auch Inlineskates oder Skateboards. All das gehört in einer Großstadt dazu. Zum Radverkehr gehören zunehmend auch Lastenfahrräder. Die Stadtverwaltung hat in ihrem Verwaltungsstandpunkt, der weitergehender ist als unser Antrag, angemerkt, dass das Thema in das Konzept „Leipzig - Stadt für intelligente Mobilität“ aufgenommen wird. Man kann auch darüber diskutieren, ob das auch für die Elektromobilität eine Rolle spielt. Wir haben den Antrag gestellt, weil wir wissen, dass es in anderen Städten schon eine Entwicklung in diese Richtung gibt. In Hamburg zum Beispiel werden in bestimmten Stadtquartieren Auslieferungsboxen für Paketdienste aufgestellt. Anfangs noch belächelt, werden die Pakete dort Oberbürgermeister Jung: Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. - Dann stimmen wir den Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunktes ab. Ich bitte um Ihr Handzeichen, wenn Sie dem zustimmen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Zwei Enthaltungen, einige Gegenstimmen. Mit Mehrheit so beschlossen. 14.19 Prüfauftrag zur Einführung eines Kulturtickets (VI-A-04476) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 14.19.1 dazu VSP (VI-A-04476-VSP-01) Einreicher: Dezernat Kultur Frau Dr. Märtens. Stadträtin Dr. Märtens (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Beigeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Auch bei diesem Antrag wollen wir um Abstimmung in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts bitten, auch wenn die darin vorgeschlagene Prüfung der Einführung eines Kulturtickets ein deutlich kleineres Feld ins Auge fasst, als wir uns das eigentlich gewünscht hatten. Ein Kulturticket für die Leipziger Museen ist aber ein guter Anfang. Wenn es erst einmal institutionalisiert ist, kann es quasi beliebig weiter wachsen. Und wenn sich unser kleines Kulturticket bewährt, dann wird es von allein wachsen. Was verbirgt sich hinter der Idee eines Kulturtickets für Studierende? Kulturtickets verbreiten sich seit mehr als fünf Jahren an vielen Universitäten und Hochschulen Deutschlands. Studierende erwerben mit ihrem Semesterticket auch ein Kulturticket und erhalten zu Kultureinrichtungen der Stadt und/oder der Region kostenlos oder reduziert Eintritt. Welche kostenlosen An- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 gebote und Vergünstigungen es im jeweiligen Semester gibt, ist auf einer Website des Kulturtickets jeweils schnell einsehbar. Sie können während des Semesters auch noch erweitert werden. Preise und Angebote bestehender Tickets variieren erheblich. In Kassel zum Beispiel liegt der Beitrag aktuell bei 3,42 Euro; 17 Kulturinstitutionen beteiligen sich daran. Die TU Chemnitz hat bereits ein Kulturticket, und die Universität Halle hat es für das Sommersemester 2018 angekündigt. In Leipzig lebten im letzten Semester circa 38.000 Studierende. Wie viele Studierende es derzeit sind, rüttelt sich gerade noch; das Wintersemester hat ja gerade erst begonnen. Wenn jede und jeder nur 2 Euro pro Semester für ein Kulturticket bezahlt, lässt sich damit schon eine ganze Menge kostenlose Kultur organisieren. Was haben die Studierenden davon? Kostenlosen oder sehr günstigen Zutritt zu Kultur und einen ganz eigenen studentischen Veranstaltungskalender für die Leipziger Kultur. Was haben die Kulturbetriebe und die Kulturveranstalter davon? Mehr Besucherinnen und Besucher, ein größeres Publikum, das ihren Kulturund Bildungsauftrag ernst nimmt, und ein sehr günstiges Marketinginstrument auf einer speziellen Angebotsplattform für Inhaberinnen und Inhaber eines Kulturtickets. Viele der Studierenden werden sich in Leipzig niederlassen und werden, wenn sie die Kulturbetriebe und die Kultureinrichtungen einmal kennengelernt haben, ihnen hoffentlich auch die Treue halten. Was hat die Stadt Leipzig davon? Kurzfristig natürlich gebildetere und zufriedenere Studierende, erfülltere Kulturbetriebe und einen regen Absatz von abendlichen Restkarten, langfristig ein noch besseres Image als attraktive Universitätsstadt. Meine Damen und Herren, auf dem Höhepunkt der Beliebtheit sollte man stets daran denken, dass dem Berg immer auch ein Tal folgt. Die vielgepriesene Leipziger Freiheit der billigen Mieten und unbegrenzten Kreativräume ist schon lange nicht mehr so groß. Lassen Sie uns nicht erst warten, bis die Studierendenzahlen wieder sinken! Lassen Sie uns jetzt beginnen, an der Attraktivität Leipzigs von morgen zu arbeiten, zum Beispiel mit einem Kulturticket! Bitte stimmen Sie dem Verwaltungsstandpunkt zu! - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr Weickert. Stadtrat Weickert (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Verehrte Gäste! Ich muss zugeben, dass ich sowohl mit dem Antrag als auch mit dem Verwaltungsstandpunkt S e i t e | 19 erhebliche Probleme habe. Es gibt fast keine Bevölkerungsgruppe, die bereits jetzt so viele Vorzüge genießt wie Studenten: ein kostengünstiges Semesterticket, vergünstigter Eintritt in zahlreiche Einrichtungen der Kulturlandschaft und zum Teil auch eine Befreiung von der GEZ und der Krankenversicherung. All das sind Vorzüge, die andere Bevölkerungsgruppen, insbesondere Auszubildende, nicht genießen. (Zuruf von Stadträtin Hollick [DIE LINKE]) Diese Gedanken habe ich auch im Ausschuss und gegenüber Ihnen persönlich, Frau Dr. Jennicke, deutlich gemacht. Frau Hollick, ich höre alles, auch Ihre Zwischenrufe. Ich bin selbst noch Student. Daher weiß ich, welche Vorzüge Studenten genießen können, sehe mich aber in einer uneingeschränkten Solidarität - ein Begriff, der für Sie wichtig sein sollte - mit denjenigen, die eben keine akademische, sondern eine berufliche Bildung wählen. Wir sind der Überzeugung, dass wir mit einem solchen Antrag und mit einem solchen Verwaltungsstandpunkt ein ganz falsches Signal an all diejenigen senden, die nicht Akademiker werden wollen. Wir diskriminieren die berufliche Bildung gegenüber einem Hochschulstudium. Ich finde es auch nicht in Ordnung, dass Sie, Frau Dr. Märtens, hier suggerieren, dass Kultur nur etwas für Akademiker ist. (Widerspruch von Stadträtin Dr. Märtens [Bündnis 90/Die Grünen]) - Aber so ist es bei mir angekommen. (Zuruf von Stadträtin Dr. Märtens [Bündnis 90/Die Grünen]) - Ich habe Sie ausreden lassen. Sie sollten auch mich jetzt ausreden lassen. (Zuruf von Stadträtin Dr. Märtens [Bündnis 90/Die Grünen]) - Sie können sich ja danach gern noch einmal zu Wort melden. (Zuruf von Stadtrat Elschner [Bündnis 90/Die Grünen]) - Ach wissen Sie, Herr Elschner, die Populismuskeule ist schon derart abgestumpft, dass sie gar keine Stacheln mehr hat. Das bringt überhaupt nichts. Ich will es einmal so formulieren: Es ist schon bezeichnend, dass Sie sich auch nicht so gerne an die demokratischen Regel halten, einander ausreden zu lassen. (Zurufe - Glocke) Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Meine Damen und Herren, nun aber zurück zum Antrag. Wenn man sich die derzeitige Preisstruktur in unseren Kultureinrichtungen anschaut, kann man feststellen, dass es bereits jetzt für Studenten erheblich günstiger ist als für andere Bevölkerungsgruppen. Ein anderes Argument ist aus unserer Sicht, dass wir auch unsere Kultureinrichtungen nicht unter Wert verkaufen sollten. Natürlich ist es erstrebenswert, den Publikumskreis unserer Kultureinrichtungen zu erweitern. Dagegen hat ja keiner etwas. Aber wir brauchen andere Strategien als exklusive Vergünstigungen. Meines Wissens haben wir vor nicht allzu langer Zeit den sogenannten „Pay-what-you-want“-Day für die Leipziger Museen diskutiert. Das heißt: Es besteht schon jetzt die Möglichkeit, vergünstigt bzw. theoretisch sogar umsonst Museen zu besuchen. Insofern kann ich auch den Verwaltungsstandpunkt nicht ganz nachvollziehen. Was wir brauchen, um Kultureinrichtungen möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen, ist eine neue Strategie des Ticketings, der Eintrittspreise; keine Frage. Wir brauchen Einrichtungen, die gut miteinander vernetzt sind. Alle Einrichtungen müssen, wie wir immer gern sagen, in eine große Geschichte eingebunden sein. Ein Schwerpunkt könnte sein, Leipzigs Geschichte als Musikstadt und als sächsische Metropole mit deutscher und europäischer Geschichte darzustellen. Was wir nicht brauchen, ist die einseitige Bevorzugung eines Bevölkerungsteils, der ohnehin schon zu denjenigen gehört, die man immer als bevorteilt oder als vermeintliche Elite bezeichnet gegenüber anderen Ausbildungsberufen. - Danke schön. Oberbürgermeister Jung: Herr Kujat. Stadtrat Kujat (DIE LINKE): Dazu folgende Anmerkungen, Herr Weickert. - Erstens. Bitte werfen Sie nicht alle Studierenden in eine Kiste! Es gibt Studierende, die ordentlich BAföG erhalten. Andere haben ein wohlhabendes Elternhaus, die auch gerne geben. Viele füttern sich aber auch über Jahre hinweg selber mit 450-Euro-Jobs durch. Das wissen Sie, glaube ich, selbst gut genug. Daher: Bitte spielen Sie hier nicht Auszubildende gegen Studierende aus! Zweitens. Das ist ein Prüfauftrag, also total unproblematisch. Oberbürgermeister Jung: Bitte schön, Herr Geisler. Stadtrat Geisler (SPD): Ich gehöre wahrscheinlich zu einer Minderheit hier im Raum; denn ich bin einer der wenigen, der nicht studiert hat. - Es S e i t e | 20 gibt eine massive Benachteiligung der Azubis, sei es bei Tickets und Eintrittspreisen oder anderen Dingen des alltäglichen Lebens. So viel Ehrlichkeit muss dazugehören. Ich glaube, ein Teil des Problems, dass wir kaum noch Lehrstellen in der dualen Ausbildung mit Azubis besetzen können, liegt auch darin begründet, dass wir den Studenten den Hintern pudern. So gesehen stimme ich Herrn Weickert voll zu, wobei die Einführung eines Kulturtickets nicht für diese Debatte taugt. Oberbürgermeister Jung: Frau Gehrt. Stadträtin Gehrt (DIE LINKE): Wenn ich mich recht erinnere, stand bei der Diskussion im Betriebsausschuss Kulturstätten die Bitte im Raum, in die Prüfung auch Berufsschüler und -schülerinnen miteinzubeziehen. Meines Erachtens hat die Verwaltung dem zugestimmt. Vielleicht kann vonseiten der Verwaltung dazu Auskunft gegeben oder dazu eine Protokollnotiz gemacht werden. Oberbürgermeister Jung: Frau Dr. Jennicke, können Sie dazu Auskunft geben? Bürgermeisterin Dr. Jennicke: Das hatte ich so nicht aufgenommen. Wenn wir das mitprüfen sollen, können wir das gern machen. Ich glaube, das ist unschädlich. Derzeit gilt der kostenlose Eintritt bis zum 19. Lebensjahr. Viele Auszubildende sind unter 19, erhalten also ohnehin bei den Museen kostenlosen Eintritt. Insofern ist ein Teil der Auszubildenden von der geltenden Entgeltordnung schon erfasst. Im Unterschied zu den Studierenden gibt es da aber nicht das Solidarprinzip, wie wir es bei der Semesterbeitragsfinanzierung haben, wo sich das natürlich sehr viel einfacher praktisch umsetzen lässt. Die Verstimmung über die Ungleichbehandlung von Auszubildenden und Studierenden kann ich nachvollziehen. Insofern nehme ich den Prüfauftrag gerne an und gebe hier zu Protokoll, dass wir das auch für die Auszubildenden mitprüfen. Oberbürgermeister Jung: Gut. - Dann kommen wir zur Abstimmung. Ich bitte um Ihr Handzeichen, wenn Sie dem Prüfauftrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts zustimmen können. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Keine Enthaltungen, vier Gegenstimmen. Mit großer Mehrheit so beschlossen. 14.21 Änderung des B-Plans 170 (VI-A04481) Einreicher: Stadträtin C. Lange, Stadtrat J. Lehmann Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 14.21.1 dazu VSP (VI-A-04481-VSP-01) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau 14.21.1 dazu ÄA (VI-A-04481-ÄA-02) Einreicher: SPD-Fraktion Frau Lange. Stadträtin Lange (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Auch heute wollen Jens Lehmann und ich den Stadtrat von der Auffassung überzeugen, für eine seit Jahren bebaute Fläche von 0,3 Prozent des bestehenden BPlans 170 die Nutzungsart zu ändern. Wir wollen, dass das Leitbild der Leipzig-Charta der nachhaltigen europäische Stadt angewandt wird - eine funktionsgemischte, lebendige Stadt mit kurzen Wegen, in der Wohnen, Arbeiten, Erholung, Gastronomie sowie Gewerbebetriebe nebeneinander ihren Platz haben. Entgegen dem Verwaltungsstandpunkt gab es umfangreiche Änderungen der Baunutzungsverordnung und des Baugesetzbuchs. Umgesetzt wurde die EURichtlinie 2014/52. Diese Änderung lehnt sich bewusst an die Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt an. Wie Sie wissen, hat die Verwaltung schon 1994 auf der Grundlage des 1991 in Kraft getretenen V+E-Plans Nr. 2 im Sondergebiet nicht nur das reguläre Beherbungsgewerbe in Hotelform, sondern auch die unstrittig auf deutlich längeren Aufenthalt und damit wohnungsorientierte Angebotsform des Boardinghouse ausdrücklich zugelassen. Jetzt ist diese als „Dauerwohnen“ auch gesetzlich verankert. Bei der Erteilung der Baugenehmigung 1994 waren Urteile zur Boardinghouse-Nutzung kaum verfügbar. Auch eine Definition des heute allgemein bekannten Begriffs „Betreutes Wohnen“ existierte damals noch nicht. Eine geringfügige Änderung des B-Plans ist ohne weiteres städtebaulich vertretbar, da der Flächennutzungsplan ein Wohngebiet direkt anliegend ausgewiesen hat. Die Pläne hatten wir als Anlage beigefügt. Ein von der Stadtverwaltung herbeigeredetes höheres Konfliktpotenzial können wir nicht erkennen. Ebenso stellt das direkte Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe - die neue gesetzliche Bezeichnung lautet „urbane Gebiete - für uns kein Hindernis dar. Im Gegenteil: Seit Jahren ist nachgewiesen, dass den Bewohnern der „Amalie“, die unsere Stadt nach dem Krieg wieder aufgebaut haben, dort ein neues und schönes Zuhause gegeben werden konnte und kann. Wir hatten die Verwaltung auch gebeten, sich mit der Liste der Einrichtungen des betreuten Wohnens in Leipzig zu beschäftigen. Aus dieser geht nämlich hervor, dass viele Einrichtungen keine S e i t e | 21 ausdrückliche Genehmigung für betreutes Wohnen haben. Aber nur die hochbetagten Bewohner der „Amalie“ erhielten Räumungsklagen. Warum? Die Stadt hat sich unter § 3 der Vereinbarung mit der „Amalie“ leider nur verpflichtet, die Nutzungsuntersagungsverfügung vom 12. März 2014 nicht zu vollstrecken, bis das Verwaltungsgericht in der ersten Instanz entschieden hat. Zur Nichtbearbeitung der Duldungsverfügung an die Bewohner hat sie sich nicht verpflichtet. Es ist ein Affront, dass die Stadt die 111 Verfahren an die Landesdirektion abgibt, die diese Räumung durchführen kann. Die „Amalie“ ist nicht die alte Teppichfabrik in Berlin. Dort wurden Räumungstitel mit 200 Polizeikräften, darunter Einsatzkräfte des SEK, vom Berliner Senat sofort vollzogen. Angeblich lebten dort linksradikale Hausbesetzer. Nur, es war keiner mehr da. - Von den Bewohnern der “Amalie“ sind 20 Prozent auf einen Rollstuhl und 60 Prozent auf einen Rollator angewiesen. Sie können nicht weg. Mit Hausbesetzungen wurde übrigens in den letzten Jahren häufig auf Wohnungsnot hingewiesen. In Leipzig wächst der Bedarf nach betreutem Wohnen immer mehr. Mein Arbeitgeber hat vor kurzem 75 altersgerechte Seniorenwohnungen fertiggestellt. Allein wir hatten stehenden Fußes 240 Bewerber. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, ziehen Sie den Versagungsbescheid vom 16.03.2016 zurück! Befürworten Sie die beantragte Baugenehmigung! Stoppen Sie die Räumungsklagen! Die hochbetagten Bürger der „Amalie“ haben es nicht verdient, Spielball der Verwaltung zu sein. Mit unserem Antrag möchten wir die Ursache beheben und Rechtssicherheit auf Grundlage der neuen Gesetzgebung herstellen. Den Änderungsantrag der SPD übernehmen wir. Wir bitten um Zustimmung zum Antrag. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Herr Keller. Stadtrat Keller (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Geehrte Beigeordnete und Stadträte! Liebe Gäste im Saal und am Livestream! In der letzten Ratssitzung am 20.09. dieses Jahres haben wir der Entwicklung eines Wohnungsbaugebietes durch B-Plan-Änderung am Standort Paunsdorf-Kiebitzmark zugestimmt. Die Baufelder 3 und 4 grenzen unmittelbar an das Objekt „Amalie“, das im B-Plan derzeit nur als Boardinghouse ausgewiesen ist und ständiges Wohnen von betagten und kranken Mitbürgern nicht erlaubt. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Was steht eigentlich der hier beantragten B-PlanÄnderung im Weg? Gab es bisher irgendwelche Beschwerden von Bewohnern dieses Hauses über die Nutzer der Gewerbeflächen von nebenan? Gab es bisher irgendwelche Beschwerden von Gewerbetreibenden, die das Boardinghouse und die derzeit nicht plangemäße Nutzung betreffen? Gab es schriftliche Bemängelungen der Angelegenheit durch Unternehmen, die sich vor Ort ansiedeln wollten und meinten, dass die Bewohner dort stören würden? - Nein, es gab bisher keine einzige Konfliktsituation. Nur die Stadtverwaltung, die ihren eigenen Fehler der jahrelangen Duldung und/oder den fehlerhaften Bebauungsplan Nr. 170 nicht korrigieren will, hält stur an ihren mangelhaften Papieren fest. Wir sollten uns Gedanken machen, für wen wir Politik machen: für die Menschen oder für totes Papier. Interessant wird sein, wie sich die sogenannten sozialen Parteien dazu verhalten. Im Mai stimmten sie noch mehrheitlich gegen den Antrag, was schwer nachzuvollziehen ist. In der letzten Ratsversammlung nahmen sie den Antrag von der Tagesordnung, weil Wahlkampf war. Die AfD-Stadtratsfraktion wird den hilfebedürftigen Menschen Vorrang geben und appelliert an die anderen Stadträte, hier mit Herz zu entscheiden und das nicht nur deshalb, um einen Ansehensverlust wegen sozialer Kälte von der Stadt abzuweisen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Oberbürgermeister Jung: Herr Engelmann. Stadtrat Engelmann (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Ich habe eine Frage an die Verwaltung: Wenn wir der Änderung des Bebauungsplans zustimmen - das liegt mir schon am Herzen; das können Sie mir glauben -, sind wir dann enthaftet von etwaigen Schadensersatzforderungen oder nicht? Wenn wir davon enthaftet sind, habe ich damit kein Problem. Müssen wir jedoch zahlen, habe ich ein Riesenproblem damit. Oberbürgermeister Jung: Frau Dubrau wird das am Ende der Debatte beantworten. - Jetzt Frau Glöckner, bitte. Stadträtin Glöckner (SPD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Auch wenn die Antragsteller unseren Änderungsantrag jetzt übernommen haben, möchte ich noch ein paar Bemerkungen zum Antrag machen. Um es noch einmal zu verdeutlichen: Wir wollen mit unserem Änderungsantrag Schaden von der Stadt infolge einer Änderung des BPlans abwenden. Die von uns beantragte Ergän- S e i t e | 22 zung muss allerdings gerichtsfest in einem städtebaulichen Vertrag abgesichert werden. Der Rechtsanwalt des Eigentümers hat signalisiert, dass er diese Änderung bzw. Festlegung akzeptieren und unterschreiben würde. Damit wäre die Argumentation der Verwaltung, dass der Stadt mit der B-Plan-Änderung Schadenersatzforderungen entstehen, abgewendet. Deshalb: noch einmal gerichtsfest, dass Schaden von der Stadt definitiv abgewendet wird. Dann können wir dem Antrag so zustimmen. Oberbürgermeister Jung: Herr Lehmann. Stadtrat Lehmann (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal: Wir sind Herr des Verfahrens, und wir beschließen diesen Bebauungsplan. Ansonsten hat Carola Lange alles für uns Antragsteller Wichtige gesagt. Da wir uns bei diesem Antrag bereits im dritten Versuch befinden, ist dem nichts mehr hinzuzufügen. Es ist alles gesagt. Der Stadtrat hat sich mit dem Antrag befasst. Wir haben die Abstimmung über diesen Antrag letztes Mal vertagt. Jetzt sollten wir endlich zur Abstimmung kommen. Kurz: Die Bedenken der Verwaltung, dass es ein erhöhtes Konfliktpotenzial gibt, teile ich nicht. Dieses Heim und das Gewerbegebiet existieren seit 20 Jahren nebeneinander, ohne dass es jemals irgendeine Beschwerde vonseiten eines der Beteiligten gab. Auch eine Schadensersatzklage ist ausgeschlossen, wenn das schriftlich fixiert ist. Ich bin der SPD dankbar für ihren Antrag, den wir gern übernommen haben. Es hat ja immer im Raum geschwebt, dass die Stadt Leipzig dann mit enormen Schadensersatzforderungen rechnen muss und deshalb die alten Leute dort nicht weiter wohnen dürfen. Ich mache auch Politik für die Menschen. Natürlich! Dafür bin ich gewählt. Gerade im Wahlkampf hat man den Frust der Menschen gespürt, dass zwar viel geredet, aber immer nur mehr Bürokratie aufgebaut wird. Ich bitte Sie daher erneut, sich einen Ruck zu geben und diesem Antrag zuzustimmen, damit 140 alte Menschen dort wohnen bleiben können, was auch im Sinne vieler Leipziger Bürger ist. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok. Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben nach wie vor grundsätzliche Bedenken, die ich schon des Öfteren hier vorgetragen habe. Es kann nicht sein, dass man Dinge im Nachhinein legalisiert. Es kann nicht sein, dass irgendein Nutzer, der gesetzliche Regelungen Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 überschritten hat, nur lange genug bohren muss, damit der Stadtrat das, was er widerrechtlich getan hat, durch Satzungsänderungen legalisiert. So können wir nicht in einem demokratischen Gemeinwesen zusammenleben. - Das ist die grundsätzliche Ausführung. Zu dem vorliegenden Antrag. Der Oberbürgermeister soll damit beauftragt werden, einen Teil des Bebauungsplans zu ändern. Meines Wissens liegt es nicht im Zuständigkeitsbereich des Oberbürgermeisters, Bebauungspläne zu ändern. Vielmehr liegt das in der Zuständigkeit des Stadtrats. Wir beschließen das per Satzung. Es liegt nicht in der Kompetenz des Oberbürgermeisters, etwas zu ändern, sondern er kann, wenn wir eine entsprechende Vorlage beschließen würden, allenfalls ein Verfahren einleiten mit dem Ziel, dass der Bebauungsplan per Satzung geändert wird. Das wäre auf jeden Fall klarzustellen. Ansonsten wäre dieser Antrag formal gar nicht zustimmungsfähig. Das heißt: Der Oberbürgermeister müsste dem Beschluss widersprechen, weil er den Bebauungsplan gar nicht ändern darf. Zum Änderungsantrag der SPD. Ich kann mir vorstellen, dass man mit Grundstückseigentümern, die man kennt, und mit Nutzern, die man kennt, Vereinbarungen abschließt, zum Beispiel den Verzicht auf Schadensersatz. Was ich nicht ganz nachvollziehen kann, ist, wie man zukünftige Nutzer, die man jetzt noch gar nicht kennt, dazu bewegen möchte, dass sie auf Schadensersatz verzichten. Ich kann mir momentan schlechterdings vorstellen, wie das machbar sein soll. Insofern klingt der Antrag der SPD zwar gut und ernst gemeint; aber er bringt nichts. Niemand, auch nicht der Oberbürgermeister, kann garantieren, dass es nicht irgendwann vielleicht doch einen Nutzer gibt, der Schadensersatz geltend macht, eben weil er heute noch unbekannt ist und mit ihm kein Schadensersatzverzicht vereinbart wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, so geht es nicht. Ich habe auf die formalen Probleme des Antrags und auf die grundsätzlichen Probleme des Änderungsantrags hingewiesen und bitte Sie ganz herzlich, das heute in der Form nicht zu beschließen bzw. das abzulehnen. Oberbürgermeister Jung: Jetzt Frau Dubrau. Bürgermeisterin Dubrau: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Stadträte, Gäste und Kollegen! Ich kann mich den Worten von Herrn Morlok an dieser Stelle nur anschließen. Sie haben eine Satzung für ein Gebiet beschlossen und damit für uns und für die Öffentlichkeit Recht geschaffen. Wir haben nach diesem Gesetz gearbeitet. Wir haben mehrfach über dieses S e i t e | 23 Thema diskutiert. Mehrfach hat der Stadtrat die gleiche Aussage getroffen. Das Gebiet hat sich nicht abweichend von den planerischen Zielstellungen, die Sie beschlossen haben, entwickelt, wenn auch nicht überall vollständig. Es gibt dort noch freie Flächen; aber es ist bereits gebaut worden, und es gibt weitere Anfragen. Es gibt also aus städtebaulichen Gründen keinen Anlass, eine Planänderung durchzuführen. Nur das wäre ein Grund, das zu machen. Hier in diesem Fall stellt der Gesetzgeber an den Stadtrat die Frage, ob er einen Verstoß gegen das von ihm gesetzte und abgewogene Planungs- und Baurecht nachträglich legalisieren möchte. Bedenken Sie, was das für eine Außenwirkung hätte! Ich hatte an dieser Stelle schon mehrfach dargestellt: Die städtebauliche Situation ist aufgrund des höheren Konfliktpotenzials, was sich in Zukunft noch weiter entwickeln wird, nicht dafür geeignet, dort Wohnen unterzubringen. Es ist ein Gewerbegebiet. In einem Gewerbegebiet ist ausnahmsweise ein Boardinghouse zulässig. Boardinghouse heißt nicht regelrechtes Wohnen auf Dauer, sondern dass man dort für einen kurzen Zeitraum wohnen kann. Wollen Sie älteren Menschen zumuten, dort nur für einen kurzen Zeitraum wohnen zu können? Es ist für die meisten der letzte Wohnort, den sie haben werden, mit all dem, was im Alter noch kommen kann. Das Alter kann sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, nicht nur über ein halbes Jahr oder über ein Vierteljahr, wie es beim Wohnen in einem Boardinghouse üblich ist. Der Eigentümer gibt derzeit den Bewohnern immer nur Viertel- oder Halbjahresverträge für das Wohnen im Boardinghouse, sodass sie überhaupt keine Chance haben, irgendwo anders hinzuziehen. Insofern wird auch der Vertrag, den wir miteinander geschlossen haben, nachdem der Stadtrat mehrfach über dieses Thema diskutiert hatte, an dieser Stelle gebrochen. Ich halte all das für ausgesprochen zweifelhaft. Sie müssen auch bedenken, dass das Gericht unseren Standpunkt in der ersten Instanz schon bestätigt hat. Sie müssen bedenken, dass auch die Landesregierung diesen Standpunkt bestätigt und ein Widerspruchsverfahren genauso abgelehnt hat wie wir. Sie wissen, dass das Verfahren derzeit bei Gericht liegt und das Gericht darüber entscheiden wird, an welcher Stelle wer recht hat. Wir haben uns ganz bewusst, auch in Abstimmung mit Ihnen, an der Stelle zurückgezogen und gesagt: Jetzt soll ein Gericht entscheiden, welcher der Partner recht hat. Ich denke, man sollte jetzt nicht in die Rechtsprechung eines Gerichtes eingreifen und wieder etwas anderes beschließen, nachdem man sich viele Jahre Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 lang in Bezug auf die Satzung immer wieder in der gleichen Richtung entschieden hat. Insofern appelliere ich an Sie, diesem Antrag nicht zuzustimmen, einfach auch um Ihre Glaubwürdigkeit vor der Öffentlichkeit zu dokumentieren. Für die Menschen dort ist gesorgt. Es gibt weder die Möglichkeit einer Räumung noch sonst irgendwas. Wer sollte das denn tun? Wir haben unsere Anträge sozusagen ad acta gelegt. Wir werden sehen, wie das Gericht irgendwann entscheidet. Das wird sicherlich noch eine Weile dauern. Wir sind mit dem Investor intensiv im Gespräch, um auszuloten, inwiefern die Möglichkeit besteht, an einer anderen Stelle in dieser Stadt ein neues Gebäude zu errichten. Das wird sicherlich zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung bereits fertig sein. Je nach Ergebnis müssen wir dann handeln. Wenn das Gericht entscheidet, dass das Wohnen dort unzulässig ist, wird es einen geordneten Umzug geben. Wenn das Gericht entscheidet, dass das Wohnen mitten im Gewerbegebiet an dieser Stelle zulässig ist, können diejenigen, die dann noch dort wohnen, weiter dort wohnen bleiben. Ich kann nur sagen: Der neue Standort ist sehr viel schöner und viel besser geeignet, im Grünen eingebettet, tatsächlich ein Lebensort für die letzten Jahre. - Danke schön. S e i t e | 24 dass diese Korrektur Ergebnis eines umfänglichen, langen Abwägungsverfahrens ist, um keinen Präzedenzfall zu schaffen. Ob es den Weg einer sachlichen Abwägung gibt, die eben keinen Präzedenzfall schafft, damit hat sich die Verwaltung in diesem Fall aber gar nicht befasst. Das ist insofern auch abgeschmackt. Natürlich haben wir hier schon Vorlagen beschlossen, um Dinge zu heilen. Beispielsweise hatten in den neuen Ortsteilen Leute ehemalige Wochenendhäuser zu Siedlungshäusern umgebaut, auch das ein Verstoß gegen geltendes Recht, das nachträglich geheilt wurde. Warum soll es nicht auch hier möglich sein, die Dinge durch eine Änderung des B-Plans nachträglich zu heilen? Wie gesagt: Wir sind Herr des Verfahrens. Hier steht die Beauftragung an die Verwaltung zur Abstimmung, das so sachgerecht und fachgerecht zu vollziehen, dass kein Präzedenzfall geschaffen wird. Insofern sehe ich nicht, dass es nicht sauber wäre, das Verfahren so anzuschieben. Und, Herr Morlok: Natürlich ist es möglich, dingliche Sachen im Grundbuch zu sichern. (Zuruf von Stadtrat Morlok [Freibeuter]) - Aber natürlich, mit den Eigentümern. (Zuruf von Stadtrat Morlok [Freibeuter]) Oberbürgermeister Jung: Frau Dr. Heymann. Stadträtin Dr. Heymann (CDU): Ich hoffe, die Betroffenen sehen es mir nach, dass ich mit den letzten Worten von Frau Dubrau beginne. Als sie sagte, das sei ein schöner Standort, eingebettet im Grünen, dachte ich: Es ist ein Friedhof. Die Damen und Herren Bewohner haben sich bewusst und gemeinsam mit ihren Familien für genau diesen Ort entschieden, weil es ein lebendiger Ort ist, ein Ort, wo Rehabilitationsmöglichkeiten, beispielsweise die Sachsen-Therme, in der Nähe sind - ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass das sehr wichtig ist -, ein Ort, wo man mal eben auf einen Kaffee ins Paunsdorf Center gehen kann, sprich: ein Ort, der für viele, wenn nicht für alle dort Wohnende attraktiv ist. So weit zum Emotionalen. In einem Punkt hat Herr Morlok recht: Wir sind Herr des Verfahrens. Diesbezüglich sollte man den vorliegenden Antrag mündlich korrigieren, damit er sachlich-fachlich richtig ist. Natürlich kann man - ich erinnere an die Diskussion um den Kulkwitzer See -, wenn es neue Erkenntnisse gibt, einen Bebauungsplan korrigieren; das ist möglich. Das ist unsere Aufgabe als Stadträte. Aufgabe der Verwaltung wiederum ist es, eine vom Stadtrat beschlossene Korrektur sachlich so sauber umzusetzen, dass klar zu erkennen ist, - Herr Morlok, dann helfen Sie doch bitte dabei mit, statt hier nur zu kritisieren und der Verwaltung zuzureden. Entschuldigung, das ist nicht Aufgabe des Stadtrates. Aufgabe des Stadtrates ist es, Sachwalter der Bürgerschaft zu sein. In diesem Sinne bitte ich um Unterstützung des Antrags. Oberbürgermeister Jung: Frau Wohlfarth. Stadträtin Wohlfarth (SPD): Ob es Aufgabe des Stadtrates ist, Sachwalter der Bürgerschaft zu sein oder nicht, kann man tatsächlich sehr kontrovers diskutieren. In allererster Linie sind wir als ehrenamtliche Stadträte dazu verpflichtet, Schaden von der Stadt abzuwenden. Wie Sie diesen Schaden definieren, ob das die Gelder sind, die durch eine eventuelle Klage auf uns zukommen, oder ob das der Ärger ist, den die Bürger aufgrund der Gesetze haben, das ist eine andere Frage. Aber wir sind dazu verpflichtet, Schaden von der Stadt abzuwenden. Ich möchte Ihnen allen noch einmal anraten, das bei Ihrer Entscheidung zu bedenken. Dass das eine schwierige Frage ist, weil wir uns zwischen einem Verwaltungsakt, einer rechtlichen Grundlage, an die wir uns auch zu halten haben - wir können ja Gesetze nicht einfach so interpretieren, wie wir wollen -, und dem bewe- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 gen, was für die Bürger vielleicht gerechtfertigt wäre, ist unbestritten. Aber bitte bedenken Sie, wir sind nicht die Lobbygruppen einzelner Bürgerschaftsteile dieser Stadt. Wir sind Vertreter aller Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt und haben dafür zu sorgen, dass die Stadtverwaltung funktionsfähig bleibt in dem, was sie tut. Das können wir nach unseren Maßgaben gestalten, aber wir können uns nicht einfach über Gesetze hinwegsetzen. Oberbürgermeister Jung: Frau Dubrau noch einmal. Bürgermeisterin Dubrau: Ich will hier noch zwei Punkte hinzufügen, auch weil das eben so klang, als würden die derzeitigen Gespräche mitten auf einem Friedhof stattfinden. Diese Fläche ist vor 50 Jahren entwidmet worden. Schauen Sie sich einmal an, wo überall in der Stadt früher einmal Friedhöfe gewesen sind und sich jetzt normale Wohngebiete befinden. Und: Der Standort befindet sich in einer Ortslage. - Das zum einen. Der zweite Punkt. Ich hatte ja bereits am Anfang gesagt, dass ich Herrn Morlok in seinen Aussagen voll recht gebe. Wir können nicht mit dem jetzigen Eigentümer des Grundstücks eine Vereinbarung schließen und sind damit von allen Forderungen anderer frei. Wir tragen das Risiko an dieser Stelle, erstens im Falle des Verkaufs und zweitens bei allen Forderungen anderer. Das heißt: Wenn jemand klagt und Recht bekommt, sind wir diejenigen, die zahlen müssen. Oberbürgermeister Jung: Frau Gabelmann. Stadträtin Gabelmann (Freibeuter): Ich möchte nur einen Aspekt deutlich machen, der bisher ein bisschen zu kurz kam. Was wir nach außen signalisieren, ist, dass man sich in dieser Stadt nur lange genug nicht rechtskonform verhalten muss, damit wir im Nachhinein, wenn viele Leute sehr emotional die Sachlage aufgreifen, dieses nicht rechtskonforme Verhalten legalisieren. Die Frage ist: Wird das Schule machen, und wie erklären wir anderen, dass wir für sie keine Ausnahme machen können, wenn wir jetzt diese Ausnahme machen? Das sollte sich jeder einmal überlegen. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Frau Lange. Stadträtin Lange (DIE LINKE): Ich würde den Hinweis aufnehmen und den Passus wie folgt ändern wollen: S e i t e | 25 Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Noch einmal der Hinweis: Seit Mai 2017 gibt es neue Gesetze zur Bauordnung und zum Baugesetzbuch, und die sollten sich einige hier einmal durchlesen. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Herr Haas, bitte. Stadtrat Haas (CDU): Vielen Dank, Herr Oberbürgermeister. - Ich habe allen Rednern sehr intensiv zugehört und sowohl die fachlichen als auch die emotionalen Argumentationen aufgenommen. Ich stelle mir gerade die Frage: Ist die Entscheidung eines Stadtrates rechtskonform? Natürlich ist sie das; denn der Stadtrat ist das oberste Gremium. Er entscheidet, a) ob er einen B-Plan will und b) ob er ihn verändern will. All das haben wir hier schon dutzendfach getan. Wir gehen sogar noch weiter. Wir verändern im Nachgang B-Pläne für Gebiete, wo die Häuser vor vielen Jahren oder auch erst vor ein paar Jahren errichtet worden sind. Schauen Sie, was gerade in der Käthe-Kollwitz-Straße passiert! Schaden von der Stadt abwenden: Ich, Frau Wohlfarth, bin nur meinem Gewissen verantwortlich und nicht der Kasse des Kämmerers. (Unruhe) - Ja, nur meinem Gewissen. Der CDUSchatzmeister würde das gewiss anders formulieren, aber nicht der CDU-Stadtrat. Dass wir, der Stadtrat, Unrecht zu Recht machen, dass der Stadtrat jede Entscheidung treffen kann, Herr Oberbürgermeister, Frau Dubrau, das hat er auch gezeigt, als es darum ging, das Vorhaben Otto-Schill-Straße im Nachgang zu heilen. (Beifall) Dieses Gremium entscheidet, was es möchte und was es für richtig hält. Ich glaube nicht, dass Schadensersatzansprüche auf uns zukommen werden. Das ist zwar nur ein Glaube, aber man kann das ja vertraglich ausschließen. Sie sagten: Dieses Gewerbegebiet hat sich fantastisch entwickelt. - Ja, natürlich, weil wir die Rahmenbedingungen vorgegeben haben. Meine Damen und Herren, liebe Stadträte der Stadt Leipzig, bitte stimmen Sie diesem Antrag zu. Das ist zum Wohle von Menschen und nicht zum Schaden der Stadt. - Vielen Dank. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 S e i t e | 26 Oberbürgermeister Jung: Herr Haas, bei allem Pathos, der Stadtrat darf entscheiden - im Rahmen der Gesetze. und stimmen Sie ab über den Antrag inklusive des Änderungsvorschlags. - Ich schließe die Abstimmung. (Beifall) Abstimmung: 37 Ja-Stimmen, 26 NeinStimmen, 4 Enthaltungen. So beschlossen. Herr Grosser. Stadtrat Grosser (DIE LINKE): Eigentlich wollte ich heute nichts sagen, weil ich schon das letzte Mal darüber geredet habe, wie beleidigt und wie prinzipienreiterisch eine Stadtverwaltung sein kann. Ich sage es einmal so: Wenn der Wille da wäre, eine Lösung zu finden, hätte sie schon längst gefunden werden können. Das ist meine persönliche Auffassung. Das Ganze wird auf dem Rücken älterer Leute ausgetragen. Ich bin selbst ein älterer Mann und weiß, wie Leute dieses Alters denken. Auch Sie alle werden einmal alt, wenn Sie Glück haben. Irgendwann werden Sie vielleicht darüber nachdenken, dass Sie hier eine Entscheidung getroffen haben, die die Wähler von Ihnen weggetrieben hat; ich will gar nicht sagen, wohin. - Ende. Oberbürgermeister Jung: Herr Geisler. Stadtrat Geisler (SPD): Herr Oberbürgermeister! Eine Frage treibt mich jetzt seit zehn Minuten um. Es erschließt sich mir nicht, wie wir mit einem Bebauungsplan die Rechte der älteren Menschen dort schützen wollen. Wir schützen mit der Änderung des Bebauungsplans das Recht des Besitzers des Grundstücks, etwas zu bauen, zu vermieten, zu veräußern oder was auch immer. Über den Weg, den Frau Lange und Herr Lehmann vorschlagen, schützen wir das Wohnrecht für die älteren Menschen überhaupt nicht. Vielmehr schützen wir einen Privatinvestor und seine privaten Investitionen, der, nachdem er die alten Menschen lange Zeit als Geisel genommen hat, um in der Öffentlichkeit Trara zu machen, im Zweifel das Haus leer räumt, es gewinnbringend veräußert und dann von der Bildfläche verschwindet. Das ist doch die Wahrheit bei der Geschichte. Das Wohnrecht der älteren Menschen dort schützen wir nicht mit der Änderung des Bebauungsplans. Deshalb würde ich das ablehnen. Oberbürgermeister Jung: Ich füge hinzu: Wir und Sie alle miteinander schützen momentan die älteren Menschen, indem wir eine Duldung bis zur gerichtlichen Klärung ausgesprochen und niemanden gezwungen haben, dort auszuziehen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Der Änderungsantrag ist zum Bestandteil des Antrags geworden. Bitte schalten Sie Ihr Abstimmgerät ein 14.22 Namensgebung einer Schule der Stadt Leipzig nach Katharina von Bora (VIA-04667) Einreicher: AfD-Fraktion 14.22.1 dazu VSP (VI-A-04667-VSP-02) Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule Bitte schön, Herr Kriegel. Sie haben das Wort. Stadtrat Kriegel (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Liebe Gäste und Pressevertreter! Wie Ihnen allen bekannt ist, hat meine Fraktion im Frühjahr dieses Jahres den vorliegenden Antrag in ähnlicher Form schon einmal zur Abstimmung vorgelegt. Da das damalige Abstimmungsergebnis denkbar knapp ausfiel und wir uns noch immer im weltweit beachteten Jahr des 500. Reformationsjubiläums befinden, haben wir uns entschlossen, dem Stadtrat unseren Antrag erneut zur Abstimmung vorzulegen. (Unruhe) Oberbürgermeister Jung: Ich bitte um Ruhe. Stadtrat Kriegel (AfD): Wie bereits zu unserem vorhergehenden Antrag hatte die Verwaltung in ihrem ursprünglichen Verwaltungsstandpunkt einen Alternativvorschlag unterbreitet mit dem Inhalt, dass im Rahmen des vom Stadtrat beschlossenen Verfahrens zur Schulnamensgebung das Amt für Jugend, Familie und Bildung den Namen „Katharina-von-Bora-Schule“ aktiv bewirbt und Schulen bei der pädagogischen Auseinandersetzung mit der Person Katharina von Bora unterstützt. Zur Verdeutlichung: Hierbei wurde ausdrücklich von einer Vorgehensweise im Rahmen des vom Stadtrat beschlossenen Verfahrens ausgegangen, was bedeutet, dass die aktive Bewerbung lediglich eine Anregung vonseiten des Amtes wäre und somit keinesfalls in das übliche Verfahren eingreifen würde, sodass die autonome - ich betone: autonome - endgültige Entscheidung für eine Namensgebung weiterhin den Schulen und ihren Schulkonferenzen obliegen würde. Nachdem meine Fraktion im betreffenden Fachausschuss den Verwaltungsstandpunkt mit dem vorgenannten Alternativvorschlag übernommen Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 hatte und dieser dort positiv votiert wurde, war für uns klar, dass wir diesen auch in der heutigen Ratsversammlung zur Abstimmung stellen werden. Mit großer Verwunderung mussten wir jedoch feststellen, dass zwei Wochen, nachdem im Fachausschuss der von uns übernommene Verwaltungsstandpunkt von allen anwesenden Fraktionsvertretern positiv votiert wurde, von der Verwaltung ein neuer Verwaltungsstandpunkt vorgelegt wurde, der eine 180-Grad-Wende zum ursprünglichen Verwaltungsstandpunkt beinhaltet und nun „Ablehnung“ empfiehlt. Ich und meine Fraktion sind der Meinung, dass eine derartige Vorgehensweise eine eklatante Missachtung eines bereits votierten und damit abgeschlossenen Ausschussverfahrens darstellt. Ich stelle diesbezüglich die Frage: Warum stimmen wir in den Ausschüssen Verwaltungsstandpunkte ab, wenn diese nachträglich ohnehin wieder geändert und revidiert werden? Wenn das im sprichwörtlichen Sinne Schule macht, können wir uns demnächst die aus meiner Sicht wertvolle Urteilsfindung in den Fachausschüssen sparen. Ich hätte mir dazu auch ein klares Statement vom Vorsitzenden des Fachausschusses Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule gewünscht. Noch einmal zur Klarstellung: Da nur der ursprüngliche Verwaltungsstandpunkt mit seinem Alternativvorschlag im Ausschuss vorvotiert wurde, hat auch nur dieser rechtlich Bestand. Der nachgereichte Verwaltungsstandpunkt ist somit aus unserer Sicht rechtlich nicht abstimmungsfähig. Es kann auch niemand hier im Rat sich diesen heute zu eigen machen bzw. übernehmen. Meine Damen und Herren, wir würden unseren Antrag nicht erneut stellen, wenn wir nicht davon überzeugt wären, dass aus Anlass des diesjährigen Reformationsjubiläums, welches weltweit genau heute in 13 Tagen begangen wird, die Frau des wohl berühmtesten deutschen Reformators eine Würdigung in der Schulnamenslandschaft der Stadt verdient hätte. Nicht zuletzt aus diesem Grund bitte ich Sie sehr darum, unabhängig von allen ideologischen und parteipolitischen Unterschieden, unserem Antrag zuzustimmen. Mit Spannung erwartet meine Fraktion das Abstimmungsverhalten der Fraktion der Christlich-Demokratischen Union dazu. - Danke. S e i t e | 27 nen Richtlinie zur Namensgebung von Schulen. Als Stadtelternratsvorsitzender war ich an der Erarbeitung dieser Richtlinie maßgeblich beteiligt. Dabei sind wir davon ausgegangen, dass es zur Identifikation der Schule mit dem Namen beiträgt, wenn der Schulname aus der Schule heraus entsteht und die Schule, ihr jeweiliges Programm, das Schulgebäude oder den Standort innerhalb der Stadt widerspiegelt. Nur so kann ein Schulname mit Leben erfüllt und in der Schule gelebt werden. Was Sie gerade machen, ist, den Namen Katharina von Bora zu beschädigen. Sie beharren auf einem Verfahren, das im Musterkonzept so nicht vorgesehen ist. Mag sein, dass die Verwaltung einen Fehler gemacht und den ursprünglichen Verwaltungsstandpunkt etwas zu euphorisch formuliert hat. Das hätten wir hier im Rat vielleicht noch abgemildert. Aber nur so, wie es in der Neufassung des Verwaltungsstandpunkts formuliert ist, kann verfahren werden. Genau so kann der Name an einer Schule wirklich mit Leben erfüllt werden. Den Namen zu bewerben und den Schulen aufzugeben, sich mit dem Namen zu beschäftigen, quasi den Schulen den Namen aufzuzwingen, wird nicht fruchten, weil die Schulen dann den Namen nicht sinnvoll leben können. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Frau Dr. Märtens. Stadträtin Dr. Märtens (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrte Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Beigeordnete! Liebe Gäste! Es wäre schön, wenn eine Schule den Namen „Katharina von Bora“ tragen würde. Darin stimmen wir sogar überein. Aber der Weg dorthin - das muss hier festgehalten werden - bleibt ein ausschließlich zivilgesellschaftlicher. Die Menschen, die über lange Jahre mit der Schule in Verbindung stehen, suchen deren Namen aus. Wir als Stadt setzen den Rahmen und nicht die Inhalte. Es ist eine Errungenschaft der Friedlichen Revolution, das Handlungsfeld „Schulnamensgebung“ parteipolitischer Einflussnahme zu entziehen. Ob Katharina von Bora, Karl Marx, Helmut Kohl, Willy Brandt, Petra Kelly: Wann immer uns ein Schulname mit einem überzeugenden pädagogischen Konzept vorgeschlagen wird, werden wir darüber sorgsam befinden, aber erst dann. Oberbürgermeister Jung: Herr Geisler. Oberbürgermeister Jung: Frau Witte. Stadtrat Geisler (SPD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Ich sage hier frank und frei: Herr Kriegel, vielleicht sollten Sie erst einmal den Schaum abwischen und ruhig und sachlich an die Sache herangehen. Ihr Antrag widerspricht, so wie er formuliert ist, der von uns beschlosse- Stadträtin Witte (Freibeuter): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Liebe Gäste! Ich weiß, dass ich mit meiner Rede vermintes Terrain betrete, aber darin habe ich ja inzwischen Routine. - Wir ha- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 ben vor ein paar Wochen ein Bundestagswahlergebnis gehabt, das uns allen, denke ich, tief in die Knochen gefahren ist. Die AfD wurde stärkste Partei in Sachsen. Ich möchte im Moment nicht in der Haut der CDU in Sachsen stecken. Laut der Webseite der Leipziger Volkszeitung hat Ministerpräsident Tillich seinen Rücktritt angekündigt. (Zuruf: Zur Sache!) - Ich bin ja dabei. - Angesichts dieses Wahlergebnisses stellt sich schon die Frage, ob der Umgang mit der AfD, so wie er bisher hier in diesem Haus gepflegt worden ist, nämlich Ausgrenzung, zielführend ist. Ich habe die große Befürchtung, dass wir über die Ausgrenzung der AfD-Fraktion - wir grenzen ja nicht nur die Fraktion aus, sondern auch deren Wähler - dazu beitragen, sie in ihrem Alleinstellungsmerkmal, nämlich in ihrer Opferrolle, zu stärken und ihr damit weiterhin Wähler zutreiben. Wenn wir das weiterhin so machen, wird sie nach meiner Überzeugung nach der nächsten Kommunalwahl als stärkste Fraktion rechts neben mir sitzen. (Zuruf: Was hat das mit dieser Sache zu tun!) Ich wäre sehr dafür, die Auseinandersetzung mit der AfD politisch zu führen, und zwar hier im politischen Raum, auch wenn das manchem nicht gefallen mag. Propst Giele hat im Domradio zwei Sätze zum Umgang mit der AfD gesagt, die ich für bemerkenswert halte: Wir müssen „mit den Menschen ins Gespräch kommen und hinhören. Hinhören heißt nicht, die Position zu teilen.“ Ich war letzte Woche - auch das wird für viele nicht leicht zu ertragen sein - bei einer Veranstaltung, auf deren Podium ein Mitarbeiter des Landeskriminalamtes Platz genommen hatte. Er hat einen bemerkenswerten Satz gesagt, nämlich: Demokratie heißt, jede politische Meinung und sei sie noch so obskur, von ganz links bis ganz rechts, zu tolerieren. - Das ist schwierig. Auch ich habe manchmal Schwierigkeiten, Äußerungen von Bernd Höcke zu tolerieren. Oberbürgermeister Jung: Frau Witte, jetzt bitte zur Sache! Stadträtin Witte (Freibeuter): Gut. - Die Sache, um die es hier jetzt geht, hat schon ein gewisses Geschmäckle. Nach dem Abstimmungsergebnis im Sozialausschuss bestand die Gefahr, dass die AfD hier im Rat mit einem Antrag durchkommt. Vermutlich war das der eigentliche Grund, den Verwaltungsstandpunkt noch einmal zu ändern. Das mag formal vielleicht richtig gewesen sein, S e i t e | 28 politisch halte ich das für höchst bedenklich. Damit drängen wir die AfD in eine Opferrolle. Demokratie heißt, alle Meinungen auszuhalten und mit allen Menschen zu reden. Nur wenn man mit den Menschen redet, ihnen zuhört und ihre Sorgen ernst nimmt, kann man vielleicht den einen oder anderen wieder zurückholen. In diesem Sinne - das ist die Aussage, die ich treffen will sollten wir das Verfahren ändern und die AfD hier in diesem Raum politisch stellen. Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass wir den ursprünglichen Verwaltungsstandpunkt, der im Sozialausschuss abgestimmt wurde, als Änderungsantrag übernehmen und diesen zur Abstimmung stellen. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Frau Wohlfahrt. Stadträtin Wohlfahrt (SPD): Eine kurze Bemerkung an Frau Witte. Viele Fraktionen haben es bei vielen ihrer Anträge erlebt, dass Verwaltungsstandpunkte nach einer ersten Lesung und einer Abstimmung noch einmal geändert wurden. Das kennen wir alle. Das haben wir alle mehrfach erlebt. Deswegen hat das nichts damit zu tun, dass die AfD ausgegrenzt werden soll. Wir befassen uns inhaltlich mit ihr. Aber wenn sie permanent dagegen ist, kann man das auch nicht ändern. - Das vorab. Nun zum Inhaltlichen. Ich möchte gern wissen, was die große Leistung von Katharina von Bora war, mit der sich Schüler identifizieren könnten, und was es sinnvoll macht, eine Schule nach ihr zu benennen. Darauf hätte ich gerne eine Antwort. Oberbürgermeister Jung: Herr Keller. Stadtrat Keller (AfD): Es geht hier darum, dass die Stadt verpflichtet ist, die Schulen bei der Findung eines Namens zu unterstützen. Das heißt: Die Stadt kann durchaus eine Schule, die ihr geeignet erscheint, darauf hinweisen, dass ein Name, der für die Namensgebung infrage kommt, Katharina von Bora ist. Wir haben uns auf der Internetseite der Stadt die vielen Frauennamen angesehen, die für die Namensgebung von Schulen infrage kommen. Dort findet sich der Name Katharina von Bora nicht. Auf der Internetseite fehlen offensichtlich einige Namen. Das Mindeste, was die Stadt tun kann, ist, diesen Namen mit auf die Internetseite zu setzen. Welche Leistungen Katharina von Bora erbracht hat und welche Gründe dafür sprechen, dass wir diese Namensgebung empfehlen, hatte Herr Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Kriegel in der ersten Vorstellung unseres Antrags dargelegt. Wenn Sie möchten, kann er das jetzt gerne noch einmal wiederholen. Oberbürgermeister Jung: Frau Krefft. Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Frau Witte, ich bin doch schwer verwundert, was Sie hier für Töne anschlagen. Möglicherweise sprechen Sie lediglich für sich. Wenn Sie sagen, dass Sie sich mit den Positionen der AfD-Fraktion in Zukunft auseinandersetzen möchten, ist das sicher gut und richtig. Wir tun das bereits seit Beginn der Wahlperiode. Das lässt sich gerade auch bei diesem Antrag sehr gut nachvollziehen. Frau Dr. Märtens hat sowohl vor einem halben Jahr ausführlich inhaltlich zu diesem Antrag gesprochen als auch heute wieder, so wie wir es bei anderen Anträgen auch tun. Das hat nichts mit Ausgrenzung zu tun, sondern ist Auseinandersetzung mit den Positionen einer Fraktion dieses Stadtrates. Ihre Rede, Frau Witte, entbehrt jeglicher Grundlage. S e i t e | 29 Lehrerkonferenz über den Schulnamen beraten. Ansonsten gibt es ein innerschulisches Beschlussrecht durch die Schulkonferenz. Das Verfahren ist, wie gesagt, in der Richtlinie niedergelegt. An der Erarbeitung dieser Richtlinie waren viele beteiligt, auch der Elternrat der Stadt. Ich finde, dieses Verfahren hat sich bewährt. Das sollten wir nicht durchbrechen und insofern den Antrag der AfD heute ablehnen. Oberbürgermeister Jung: Herr Kriegel. Stadtrat Kriegel (AfD): Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Ich will nur kurz auf die einzelnen Vorwürfe erwidern. Frau Krefft, Ihr Demokratieverständnis haben wir in den letzten zweieinhalb Jahren kennenlernen dürfen. Es entspricht nicht dem unsrigen und, wie ich glaube, auch nicht dem der Mehrheit der Menschen in diesem Land. Das haben die letzten Wochen gezeigt; so will ich es einmal sagen. (Übergabe der Sitzungsleitung an Bürgermeister Bonew) Oberbürgermeister Jung: Frau Niermann. Stadträtin Niermann (CDU): Eine kurze Stellungnahme vom Platz aus. - Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da Herr Keller interessiert an unserer Auffassung dazu ist und aufgrund des Redebeitrags von Frau Witte noch einmal die klare Aussage: Wir haben weder etwas gegen Anträge der AfD, nur weil sie von der AfD kommen - Herr Keller, das dürften Sie mittlerweile wissen -, noch haben wir etwas gegen eine Katharina-von-BoraSchule. Wir sind nur der Auffassung, dass sich hier ein anderes Verfahren etabliert hat. Ich verweise auf den Beitrag von Herrn Geisler, der das zutreffend dargestellt hat. Wir werden gegen den Antrag der AfD stimmen, weil wir meinen, dass wir den Schulen hier nicht vorgreifen sollten, und weil wir das Verfahren, so wie es bisher stattgefunden hat, gut finden. Oberbürgermeister Jung: Frau Ehms. Stadträtin Ehms (Die LINKE): Verehrter Herr Oberbürgermeister! Verehrte Anwesende! Nach wie vor erklärt sich mir inhaltlich nicht, warum die AfD dafür ist, eine Schule nach Katharina von Bora zu benennen; denn die Einstellung der AfD zu Frauenrechten und zur Familienpolitik spiegelt ein sehr konservatives Weltbild wider. Aber das ist ein anderes Thema. Ich möchte hier noch einmal darauf verweisen: Es sind Regelungen zur Schulnamensfindung getroffen worden. Laut Schulgesetz kann die Frau Wohlfarth, Sie hatten gesagt, dass so etwas schon mehrfach nach der ersten Lesung passiert sei. Ich darf hier nicht aus den Ausschüssen berichten, will aber so viel sagen: Das war die zweite Lesung. Wenn nach der zweiten Lesung votiert wird und 14 Tage später alles wieder ganz anders ist, muss ich mich schon fragen, was hier gilt und was nicht. Ich freue mich, dass die Freibeuter den ursprünglichen Verwaltungsstandpunkt als Änderungsantrag votieren lassen wollen. Dem werden wir uns in der Abstimmung natürlich anschließen. Herr Geisler, noch einmal: Hierbei wurde ausdrücklich von einer Vorgehensweise im Rahmen des vom Stadtrat beschlossenen Verfahrens ausgegangen. Das heißt: Die Autonomie ist nach wie vor bei den Schulkonferenzen. Es geht hier lediglich um eine Empfehlung. Warum ausgerechnet wir den Namen Katharina von Bora vorschlagen, kann ich der Kollegin von der LINKEN gern noch einmal erklären. Es geht hier nicht um irgendein Jubiläum, wie den soundsovielten Geburtstag von Karl Marx oder Helmut Kohl. Nein, hier geht es um das 500jährige Jubiläum der Reformation, ein einmaliges Ereignis weltweit, und um eine mutige Frau, die dabei eine nicht gerade unerhebliche Rolle gespielt hat. Ansonsten würde ich Ihnen empfehlen, noch einmal nachzulesen, was Katharina von Bora alles mit der AfD gemeinsam hat. - Danke. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Bürgermeister Bonew: Wenn ich die Schrift meines Dienstherrn richtig interpretiere, ist Herr Hobusch der nächste Redner. Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte und Besucher auf der Tribüne! Ich will mich gar nicht inhaltlich zu dem Antrag äußern, sondern Sie alle nur bitten: Lassen Sie uns vermeiden, der Demokratie, der demokratischen Kultur und dem politischen Anstand einen Bärendienst zu erweisen! Herr Kriegel, Sie haben sich zu früh gefreut. Gemeinsamkeiten suchen Sie vergebens; das darf ich Ihnen von hier oben mitteilen. Liebe Kolleginnen und Kollegen aller Couleur, zum Anstand gehört auch, ohne Schaum vor dem Mund hier oben am Pult zu stehen. Ich gebe zu, das fällt mir manchmal auch schwer. Zum Anstand gehört auch, zuzuhören und einander ausreden zu lassen, ganz egal, welche Position hier am Pult vertreten wird. Wir tun uns keinen Gefallen damit, dass, nachdem am 6. September ein Verwaltungsstandpunkt als abgestimmt in der Verwaltung in der Oberbürgermeisterrunde freigegeben wurde, dieser im Ausschuss positiv votiert wurde und dieses Votum dann eins zu eins in die Neufassung eines Antrags übernommen wurde, jetzt ein neuer Verwaltungsstandpunkt vorgelegt wird, nur weil der Falsche den Antrag hier in diesem Haus gestellt hat und man vermeiden will, was hier nicht passieren soll. Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen hat sich Naomi Witte hier am Rednerpult erklärt. Das, was sie erklärt hat, dahinter steht auch die Fraktion. Ich erkläre noch einmal für unsere Fraktion, dass wir den Verwaltungsstandpunkt vom 06.09.2017 als Änderungsantrag in das Verfahren hier einbringen und abstimmen lassen möchten. - Vielen Dank. Bürgermeister Bonew: Frau Köhler-Siegel. Stadträtin Köhler-Siegel (SPD): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht die Aufgabe der Stadtverwaltung, Schulnamen zu bewerben. Von daher ist der Verwaltungsstandpunkt, so wie er jetzt gefasst ist, richtig. Es ist immer besser, wenn die Verwaltung einen fehlerhaften Standpunkt korrigiert, bevor er hier im Rat beschlossen wird. Es bleibt dabei: Die Stadtverwaltung hat Schulnamen nicht zu bewerben. Es gibt eine Liste mit verschiedenen Vorschlägen, genauso wie es eine Liste mit Vorschlägen für die Vergabe von S e i t e | 30 Straßennamen gibt. Auf dieser Liste steht auch der Name Katharina von Bora. Damit ist die Aufgabe der Stadtverwaltung erledigt. Die Stadt kann nicht aktiv Werbung betreiben. Das würde, glaube ich, in der nächsten Zeit Stilblüten treiben und dazu führen, dass die Stadtverwaltung einige Aufgaben nicht mehr erledigen kann, weil sie nur noch mit dem Bewerben von Namen beschäftigt ist. Die Stadtverwaltung hat ein Portfolio. Daraus können die Schulen auswählen, müssen das aber nicht tun. Danach geht es genau nach der Richtlinie, die wir alle kennen. Von daher kann ich nur dazu auffordern, den Verwaltungsstandpunkt, den die Stadtverwaltung jetzt in korrigierter Form vorgelegt hat, zu akzeptieren. Bürgermeister Bonew: Ich hatte zwar gehofft, dass Sie so lange reden, bis der Herr Oberbürgermeister wieder im Saal ist, aber gut. (Heiterkeit) Jetzt zum Abstimmungsverfahren. Wir haben einen Antrag der AfD-Fraktion. Wir haben einen Verwaltungsstandpunkt, der empfiehlt: Ablehnung. Wir haben jetzt neu einen Änderungsantrag der Fraktion Freibeuter zum Antrag der AfDFraktion in der Fassung des ursprünglichen Verwaltungsstandpunkts. (Zuruf: Das geht nicht!) - Doch. Dieser Änderungsantrag liegt schriftlich vor. Er ist inzwischen im ALLRIS veröffentlicht. (Zuruf: Das Verfahren geht so nicht!) - Der Antrag liegt vor. Ob Sie sich das wünschen, ist etwas anderes. Gibt es weitere Wortmeldungen, oder können wir jetzt zur Abstimmung kommen? - Herr Geisler. Stadtrat Geisler (SPD): Sie müssen noch hinzufügen, dass der Änderungsantrag der FreibeuterFraktion der Schulnamensrichtlinie, die der Stadtrat beschlossen hat, voll und ganz widerspricht. Bürgermeister Bonew: Das ist ein Beschluss des Stadtrates, den der Stadtrat aber jederzeit überschreiten kann, letztmalig geschehen bei der Namensgebung zum Gymnasium an der Gorkistraße, jetzt: Goethe-Gymnasium, die auch nicht dieser Richtlinie entsprach. Können wir jetzt abstimmen? - Zuerst steht der Änderungsantrag der Fraktion Freibeuter zur Abstimmung. Bitte schalten Sie Ihr Abstimmgerät Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 ein und geben Sie Ihre Stimme ab! - Ich schließe die Abstimmung. Abstimmung: 8 - 55 - 1. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion Freibeuter abgelehnt. Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der AfD. Ich eröffne die Abstimmung. - Ich schließe die Abstimmung. Abstimmung: 4 Ja-Stimmen, 56 Nein-Stimmen, 4 Enthaltungen. Somit abgelehnt. 14.23 Programm zur vorausschauenden und planmäßigen Straßeninstandsetzung (VI-A-04674-NF-03) Einreicher: CDU-Fraktion 14.23.1 dazu VSP (VI-A-04674-VSP-01) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau 14.23.2 dazu ÄA (VI-A-04674-ÄA-02) Einreicher: SPD-Fraktion 14.23.3 dazu ÄA (VI-A-04674-NF-03-ÄA-01) Einreicher: SPD-Fraktion Frau Dr. Heymann. Stadträtin Dr. Heymann (CDU): Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Werte Gäste und Zuschauer am Livestream! In einem Beitrag der LVZ vom 30.07.2016 betonte der Amtsleiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes die Notwendigkeit einer vorausschauenden und planmäßigen Straßeninstandsetzung mit folgenden Worten: Aber Straßen brauchen alle 12 bis 15 Jahre eine Deckensanierung. Sonst müssen sie einige Jahre später grundhaft instandgesetzt werden, und das wird teuer. Darum fordern wir, das mittelfristige Straßenund Brückenbauprogramm durch ein Programm der vorausschauenden und planmäßigen Straßeninstandsetzung zu ergänzen. Vorrangiges Programmziel soll sein, einen Turnus von 12 bis 15 Jahren für die Deckensanierung aller Straßen mit entsprechendem Handlungsbedarf aufgrund von Verkehrsbelastungen zu erreichen. Diese Forderung begründet sich fast von allein aus der Beantwortung unserer Anfrage zu diesem Thema, die wir vor einiger Zeit gestellt hatten. Die wesentlichen Eckpunkte der Antwort waren unter anderem: Die planmäßige Straßeninstandsetzung ist in der Regel Teil des Ergebnishaushaltes und damit nicht Teil des investiven Mittelfristigen Straßen- und Brückenbauprogramms. S e i t e | 31 - Also: Wir müssen das extra betrachten. Der jährliche Finanzierungsbedarf für eine sachgerechte Straßenunterhaltung einschließlich Deckensanierungen beträgt gemäß geltenden Richtwerten für das Leipziger Straßennetz 13-14 Mio. €. Erschwerend kommt für die Stadt Leipzig der bis 1990 aufgelaufene Investitionsstau hinzu. Was geschieht aber nun an planvoller Abarbeitung? Es wird eine Reihe von Einzelmaßnahmen abgearbeitet. Das tiefste Loch oder der am stärksten für die Straße in seinem Wahlkreis streitende Stadtrat entscheidet. Grund sind die immer wieder begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen. Ja, es gibt mehr Einflussfaktoren als nur das Alter einer Straße. Dennoch: Auch diese sind teilweise methodisch erfassbar, wie Straßenbelegung, zusätzliche Aufgrabung für Leitungen und dergleichen. Auch die laufenden Beobachtungen sind in einem stetig fortzuschreibenden Programm einpflegbar. Nur so können beschränkte Ressourcen mit größter Wirkung für die Verkehrssicherungspflicht eingesetzt werden. Nur so kann die Forderung nach einer Erhöhung der Ressourcen auch fachlich untermauert werden. Mehr noch: Der Gesetzgeber fordert regelrecht dieses planvolle Vorgehen bei Straßeninstandhaltungsmaßnahmen. So geht der Gesetzgeber sehr wohl davon aus, dass erhebliche finanzielle Mittel für Instandhaltungs- und Ersetzungsmaßnahmen den Investitionen gleichzusetzen sind, also planbar sein sollen. Auch verlangt der Gesetzgeber selbst die Planung und Nachweisführung von Instandhaltungsmaßnahmen. Diese sind eine Voraussetzung dafür, dass wir Straßenausbaubeiträge verlangen dürfen, wenn wir wieder einmal grundhaft sanieren. Wir haben unseren Antrag dahin gehend konkretisiert, dass das Programm erstmals ausdrücklich für die Straßen vorzulegen ist, die nach 1990 grundhaft saniert und ausgebaut wurden. Vielen Dank auch an die SPD für ihren Änderungsantrag, der einen direkten Bezug zum Haushalt herstellt. Diesen Antrag übernehmen wir gern und sehen ihn als eine Qualifizierung unseres Antrags. Insofern bitte ich Sie herzlich, unseren Antrag in der Neufassung, in die wir den Änderungsantrag der SPD aufgenommen haben, heute so zu beschließen, und danke Ihnen für die teilweise erwiesene Aufmerksamkeit. (Übergabe der Sitzungsleitung an Oberbürgermeister Jung) Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 S e i t e | 32 Oberbürgermeister Jung: Herr von der Heide hat das Wort. und dem Stadtrat mit der Einbringung des Haushaltes (beginnend mit dem Doppelhaushalt 2019/2020) übergeben. Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Ich hatte gehofft, dass die SPD selbst etwas dazu sagt. Das Vorgehen, das Frau Dr. Heymann hier vorschlägt, hatten wir schon einmal. Sie übernehmen einen Änderungsantrag, der Ihren Beschluss ändert. Der Änderungsantrag der SPD geht auf den Verwaltungsstandpunkt ein und besagt, dass diese langfristige Planung zwar wünschenswert wäre, aber nicht möglich ist, weil man eben immer wieder ad hoc entscheiden muss, und dass deswegen - - Frau Dubrau, damit können wir leben, oder? Frau Dubrau ist gnadenlos und sagt: Das ist sehr viel unnütze Arbeit. - Frau Dubrau, bitte antworten Sie selbst. (Widerspruch) Wir sind doch jetzt beim Thema „vorausschauende Straßensanierung“. - Dann bitte ich um eine kurze Erklärung. Oberbürgermeister Jung: Frau Dr. Heymann, bitte erklären Sie es noch einmal. Sie übernehmen den Änderungsantrag der SPD-Fraktion in die Neufassung Ihres Antrags. Stadträtin Dr. Heymann (CDU): Genauso ist es. Der Beschlussvorschlag wurde in der Neufassung wie folgt ergänzt: … und dem Stadtrat mit der Einbringung des Haushaltes (beginnend mit dem Doppelhaushalt 2019/2020) übergeben. Vielleicht sollte ich hier noch erwähnen, dass es einen weiteren Änderungsantrag der SPD gibt, und zwar zur Neufassung unseres Antrags. Oberbürgermeister Jung: Aha! Damit die Verwirrung komplett wird, versuche ich, das noch einmal zusammenzufassen. Es gibt einen Änderungsantrag der SPD-Fraktion zur Neufassung Ihres Antrags - den sehe ich auch gerade zum ersten Mal -, und diesen übernehmen Sie. Stadträtin Dr. Heymann (CDU): So ist es. Oberbürgermeister Jung: Ich lese die Neufassung des Antrags der CDU noch einmal vor, damit alle wissen, was wir beschließen: Das Programm wird erstmals für die seit 1990 grundhaft sanierten bzw. neu gebauten Straßen erstellt - so weit, so gut - Bürgermeisterin Dubrau: Das Problem ist Folgendes: Ich muss mehrere Mitarbeiter von den normalen Planungsarbeiten abziehen, damit sie ein Programm erstellen, das wir am Ende gar nicht realisieren können, weil dafür unsere Mittel für die bauliche Unterhaltung vervielfacht werden müssten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Stadtrat das beschließt. Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok. (Zuruf von Bürgermeisterin Dubrau: Vielleicht kennt er noch Förderprogramme!) Stadtrat Morlok (Freibeuter): Nein, Frau Dubrau, mir fallen spontan keine Förderprogramme ein, die dafür passen würden. Aber Ihr Wortbeitrag hat mich inspiriert, mich spontan zu Wort zu melden. Wenn man das zu Ende denkt, was Sie gerade gesagt haben, heißt das: Wir haben kein Geld, und deswegen lassen wir unsere Straßen verrotten, bis sie so kaputt sind, dass sie grundhaft saniert werden müssen. (Widerspruch von Bürgermeisterin Dubrau) - Sie haben doch im Nachsatz gesagt, Sie müssten ein Programm erarbeiten, das Sie mangels Geld aber nicht umsetzen werden können. Ich bin der Auffassung: Wenn die Finanzmittel so sind, wie sie momentan sind, und wir aufgrund der jetzigen Mittelausstattung das nicht hinbekommen, müssen wir uns, wie in der Neufassung des Antrags einschließlich des übernommenen Änderungsantrags der SPD formuliert, dieser Frage im Rahmen der Mittelzuweisungen unseres Haushalts stellen. Wir haben es mit viel Einsatz in den letzten Jahren und Jahrzehnten geschafft, Straßen grundhaft zu sanieren. Es kann doch nicht sein, dass wir das aufgeben, nur weil wir das Geld dafür nicht haben und sie erst dann, wenn sie wieder richtig kaputt sind, wieder grundhaft sanieren. Das nenne ich „Geldverschwendung durch die Stadt Leipzig“, und die müssen wir mit allen Mitteln zu vermeiden versuchen. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Deswegen kann ich nur an Sie appellieren, der Neufassung des Antrags einschließlich des Änderungsantrags der SPD zuzustimmen. Oberbürgermeister Jung: Frau Dubrau, das können wir so nicht stehen lassen. So war das nicht gemeint. Bitte stellen Sie das noch einmal richtig. Bürgermeisterin Dubrau: Sie haben mich total missverstanden, Herr Morlok. - Sie alle kennen doch unsere finanzielle Ausstattung. Wir haben auf der einen Seite langfristige Planungen mit grundhaftem Ausbau, den wir einfach machen müssen, weil an manchen Straßen seit 50, 60, 80, 100 Jahren nichts gemacht worden ist. Auf der anderen Seite haben wir sehr viele Straßen mit kleineren Schäden. Sicher, es wäre toll, wenn wir alle zehn bis zwölf Jahre eine neue Decke machen könnten. Damit sind aber Riesenkosten verbunden. Was wir bräuchten, um die bauliche Unterhaltung in eine Größenordnung zu bringen, dass es tatsächlich so flutscht, wie wir uns das wünschen, kann ich Ihnen auch sagen. Das haben wir längst recherchiert. Eine komplette Planung für alle Straßen zu machen, dann aber das Geld dafür nicht zu haben und deshalb in zwei Jahren wieder neu zu planen, weil sich bis dahin der Zustand verändert hat, das ist ein Riesenaufwand. Aufzulisten, welche Straßen seit 1990 saniert worden sind, das ist kein Problem. Eine solche Liste kann ich Ihnen ohne Schwierigkeiten liefern. S e i t e | 33 Ärgerlich ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass Sie im Nachhinein behaupten werden, Sie hätten es geschafft, dass jetzt planmäßig vorgegangen wird, obwohl Sie hier nur einen reinen Pyrrhussieg errungen haben. Ich glaube, das wissen Sie auch selbst sehr genau. Das Einzige, was Sie hinterher sagen können, ist: Wir haben das gewusst, und die Verwaltung hat nicht richtig geplant. Sonst betonen Sie immer, wirklich etwas für die Menschen tun zu wollen. Hier aber soll nur eine Planung gemacht werden, die nichts bringt und am eigentlichen Problem, nämlich der Finanzmittelausstattung, nichts ändern wird. Ich erkenne an, dass Sie wirklich in jeder Haushaltsberatung den Antrag stellen, die Mittel dafür zu erhöhen. Von daher haben Sie das ja auf dem Schirm. Sie wissen doch eigentlich auch, wo das verhandelt werden muss: in den Haushaltsberatungen. Oberbürgermeister Jung: Herr Wehmann. Stadtrat Wehmann (DIE LINKE): Der Antrag ist ja jetzt erweitert worden. In der Neufassung heißt es: Das Programm wird erstmals für die seit 1990 grundhaft sanierten bzw. neu gebauten Straßen erstellt … Meine Frage ist: Frau Dubrau, können Sie eine Zahl nennen, was uns das jährlich kosten wird? Das ist schon entscheidend dafür, wie man mit dem Antrag jetzt umgeht. Oberbürgermeister Jung: Frau Dubrau noch einmal. Oberbürgermeister Jung: Herr von der Heide. Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Oberbürgermeister! Herr Morlok, Sie tun hier so, als würde das Problem mit der Deckensanierung, das wir haben, erst jetzt mit dem Antrag der CDU erkannt werden. Das ist natürlich absurd. Das wissen wir. Bei jedem Haushalt, den wir beschließen, wissen wir, dass nicht genügend Geld für die Straßensanierung zur Verfügung steht. Die CDU stellt jedes Mal zu Recht den Antrag, die Mittel dafür zu erhöhen. Das geht meist auch durch. Dennoch haben wir immer noch nicht genug Mittel, um den Finanzrahmen zu erfüllen, den wir jetzt verplanen sollen. Selbst die Programme, die wir beschließen - auf eines wurde ja hier verwiesen: das mittelfristige Investitionsprogramm für Straßen- und Brückenbau -, bekommen wir nicht finanziert. Und selbst wenn wir sie finanziert bekommen, so wie wir es jetzt im Doppelhaushalt Eigenmittel gemacht haben, dann stimmt die Fördermittelsituation nicht. Bürgermeisterin Dubrau: Tut mir leid! Diese Zahl kann ich jetzt nicht aus dem Handgelenk schütteln. Da würde ich schon gern Rücksprache mit meinen Mitarbeitern nehmen und sie Ihnen dann mitteilen. Oberbürgermeister Jung: Ich denke, wir können jetzt abstimmen. Zur Abstimmung steht die Neufassung 03, in die der Änderungsantrag 01 zur Neufassung übernommen wurde. Bitte schalten Sie Ihr Abstimmgerät ein und geben Sie Ihr Votum ab! - Ich schließe die Abstimmung. Abstimmung: 35 Ja-Stimmen, 24 NeinStimmen, 2 Enthaltungen. So beschlossen. 14.26 Leipzig bekennt sich zum „Kapital“ (VI-A-04697) Einreicher: Fraktion DIE LINKE 14.26.1 dazu VSP (VI-A-04697-VSP-01) Einreicher: Dezernat Kultur Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 14.26.2 dazu ÄA (-04697-VSP-01-ÄA-01) Einreicher: CDU-Fraktion Herr Götze. Stadtrat Götze (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir begehren mit unserem Antrag nichts weniger als das, was wir mit vielen historischen Jahrestagen und Geburtstagen tun, nämlich uns anlässlich thematischer Wegmarken Geschichte gewordene Vergangenheit ins Bewusstsein zu rufen. Dabei kommt es nicht allzu sehr darauf an, ob wir glühende Fans einer Person oder ihres Werkes sind oder nicht. Gleichwohl trägt die politische Diversität in diesem Hause sicher dazu bei, unterschiedliche Ansätze für Erinnerungskultur zu entwickeln, und das ist auch gut so. Sonst wäre sie einseitig, und das wollen wir nach eigenen Aussagen alle nicht. Ich möchte zu Beginn darauf hinweisen, dass weder die Umbenennung eines zentralen Platzes noch des Innenstadtrings oder irgendeiner Straße begehrt wird. Es geht auch nicht - wer den Antrag richtig gelesen hat, konnte das feststellen - um eine unkritische Ehrung der Person Marx. Schon insofern ist der Änderungsantrag der CDU überzogen. Da wir, wie angekündigt, den Verwaltungsstandpunkt übernehmen, geht es um eine sehr bescheidene Erinnerung an ein besonders bedeutendes Werk. Wir nehmen die Kritik an unserem ursprünglichen Antrag zwar auf - sie war zum Teil berechtigt -, aber dieser Antrag ist gegenstandslos, weil wir den Verwaltungsstandpunkt übernehmen. Anlass ist der 200. Geburtstag von Marx, mit dem sich andere Städte ungleich intensiver auseinandersetzen. Mit der Fassung des Verwaltungsstandpunkts kommen nicht einmal Kosten auf die Stadt zu. Lassen wir also die Kirche im Dorf bzw. die Fahne in der Vitrine und vermengen wir nicht Äpfel und Birnen und kochen daraus Pflaumenmus, wie es der CDUÄnderungsantrag tut! Sie werden, sofern Sie dem Anliegen mit der nötigen Offenheit gegenüberstehen, gewiss nicht gleich zu Marxistinnen und Marxisten, wenn Sie an Karl Marx und sein Werk denken. Das muss auch jede Schülerin und jeder Schüler tun, wenn gemäß Lehrplan für den Geschichtsunterricht die Lösung der sozialen Frage im 19. Jahrhundert behandelt wird, selbst in Sachsen. Leipzig sollte sich mit allen bedeutenden und vielfältigen Teilen seiner Stadtgeschichte präsentieren. Sie alle hier bleiben, was Sie politisch sind, auch wenn Sie Marx in Leipzig in der Erin- S e i t e | 34 nerungskultur unserer Stadt verankern - ohne Überbetonung, aber auch ohne Unterbetonung und ohne Vermengung der Jahrhunderte. Daher muss das heute niemand zum Anlass nehmen, ein Nachbeben des Kalten Krieges zu veranstalten oder zu befürchten, dass die DDR aus der Gruft steigt. Es ist doch stark die historische Linie zu bezweifeln, die der CDU-Änderungsantrag aufmacht. Diesen 90er-Jahre-Stil sollten wir überwunden haben. Lange Zeit ließ man das Thema „Marx und Leipzig“ einfach weg. War dieses Unterbetonen nach der Wende zwar kein richtiger, jedoch ein verständlicher Reflex, so sollten wir heute die Kraft haben, uns auch dieses Teils der Stadtgeschichte zuzuwenden. Nicht zuletzt haben wir mit dem Titel „Leipzig bekennt sich zum ‚Kapital‘“ versucht, den wirtschaftsfreundlichsten Fraktionen dieses Hauses eine Brücke zu freudiger Zustimmung zu bauen. Die unzweifelhafte Bedeutung des Kapitals ist in der Begründung des Antrags und des Verwaltungsstandpunktes hinreichend beschrieben. Die Analyse der ökonomischen Strukturen, die sich mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert machtvoll Bahn brachen, und ihre Entstehung ist der wichtigste Teil des Marx‘schen Werks und eine der komplexesten, wenn nicht gar die einflussreichste Analyse dieses Gegenstandes überhaupt. Wie das so ist mit Modellen: Egal ob man den Begriff der Ware oder die Mehrwerttheorie teilt oder nicht und egal ob man da mitgeht, Geschichte als Geschichte der Klassengesellschaften zu sehen, man kommt daran politisch und historisch nicht vorbei, und zwar weltweit. Das ist wohl so. Noch ein paar Worte zum abzulehnenden Änderungsantrag der CDU. Ihr Antrag und die Begründung suggerieren eine direkte Linie von Marx zur 66 Jahre später gegründeten DDR. Auch wenn die Sowjetunion und die DDR noch und nöcher Marx vor sich her trugen, so muss man sich schon einmal fragen, ob in diesen Ländern tatsächlich die Arbeiterklasse herrschte. Das allein reicht schon, um zu sagen: Die Zurechnung kann man so nicht aufmachen. Die DDR-Ideologie hatte wohl auch eher mit Lenin zu tun. Nach der Logik Ihres Antrags hatten die Träger des Kreuzes bei Kreuzzügen, Dreißigjährigem Krieg und Ketzerverbrennung eine Negativwirkung auf das Christentum. Das geht so nicht. Sie zitieren die heute sicher kritisierbaren Äußerungen zum revolutionären Terrorismus von Marx, verkennen aber, dass Marx diesen meint als Verkürzung der mörderischen Todeswehen der alten Gesellschaft. 1848 war das die Adelsgesellschaft. Es war genau diese, gegen die sich Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 viele Revolutionäre von 1848/49 wendeten, auch mit Waffengewalt. Denken wir zum Beispiel an den Leipziger Robert Blum. Das ging also nicht gegen eine freiheitliche Demokratie im heutigen Sinne. Außerdem betrachtete Marx die bürgerliche Gesellschaft stets als die dem Feudalismus folgende, also 1848 nachfolgende Gesellschaftsordnung. Letztlich hauen Sie auch noch die Begrifflichkeiten für das 19. und das 20. Jahrhundert vollends durcheinander, wenn Sie bei einer Schrift dieser Zeit den Begriff des Totalitarismus einführen. Grund genug, diesen Änderungsantrag abzulehnen und dem Verwaltungsstandpunkt zuzustimmen, worum ich Sie herzlich bitte. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr Weickert. Stadtrat Weickert (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Von Zeit zu Zeit haben wir uns hier schon mit historischen Persönlichkeiten und ihrer Würdigung befasst. Dabei haben wir häufig kontroverse Debatten geführt. Herr Götze, Sie kommen an Ihrer eigenen Argumentation nicht vorbei. Sie werfen uns vor, wir würden die historischen Linien von Marx zu den Millionen Toten des Stalinismus ziehen. Ich erinnere daran, dass Sie als Linksfraktion in der vorletzten Ratsversammlung die historischen Linien von Luther zum Nationalsozialismus gezogen haben. Wer diese innere Wendigkeit hat, sollte vorsichtig sein, zu behaupten, dass man Marx nicht dafür verantwortlich machen könne, dass im Stalinismus Millionen Tote zu beklagen waren. Wir haben gerade erst in der letzten Woche erlebt, dass es auch mit Ihrer Wendigkeit in der Haltung nicht weit her ist; denn Sie haben den Kollegen Weber nicht zum Mandatsverzicht aufgefordert, als er von der SPD- in Ihre Fraktion gewechselt ist. Aber gut, das ist typisch links: Man hat nie Fehler gemacht, grundsätzlich war immer alles richtig, eine merkwürdige Haltung. Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass Marx ein bedeutender Philosoph gewesen ist. Aber man darf eines auch nicht vergessen - ich sage das jetzt etwas unakademischer als Sie -: Die besten Theorien, so gut sie klingen mögen, taugen nichts, wenn sie sich in der Praxis nicht behaupten können. Und das ist, glaube ich, für die marxistischen Theorien mittlerweile bewiesen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Götze, war das in der DDR und in der Sowjetunion allerdings gar kein richtiger Sozialismus. Was bin ich froh, dass uns der richtige Sozialismus erspart geblieben ist! S e i t e | 35 (Zuruf von Stadträtin Riekewald [DIE LINKE]) - Ach, Frau Riekewald! Wissen Sie, das mit der Zukunft ist in der Politik immer so eine Sache. Zukunft ist gut für alle. Das wusste schon Dr. Udo Brömme seinerzeit. Nichtsdestotrotz hat die letzte Bundestagswahl auch bewiesen, dass DIE LINKE keine Zukunft hat, aus meiner, aus unserer Sicht. (Lachen und Zurufe - Glocke) Oberbürgermeister Jung: Ich hatte geahnt, dass das heiter werden kann. - Bitte, Herr Weickert. Stadtrat Weickert (CDU): Ich wollte gerade sagen: Bisher gab es heute eher zurückhaltende Debatten. Da wäre es doch schade, wenn der Elfmeter, der mir hier vorgelegt wird, ungenutzt bliebe. (Unruhe) Unabhängig von den Weisheiten des Fußballs, will ich noch auf eines hinweisen, wo ich, ehrlich gesagt, Ihre Doppelbödigkeit nicht ganz nachvollziehen kann. Wir haben eben die Namensgebung einer Schule nach Katharina von Bora diskutiert. Wir haben unseren Standpunkt klargemacht, dass wir das aus formalen Gründen ablehnen. Ich frage mich schon, warum Sie, die ja unserer Argumentation gefolgt sind, in Ihrem Ursprungsantrag fordern, eine Schule nach Karl Marx zu benennen. Ehrlich gesagt: So geht es auch nicht. Das ist Verschaukeln der Wähler und auch Verschaukeln von uns Stadtratskollegen. Aber gut, auf einer Schaukel wird es einem manchmal schlecht, vielleicht auch Ihnen. Ich sage nur eines: Gewiss war Karl Marx ein bedeutender Philosoph. Das will auch keiner in Abrede stellen. Zum Abschluss noch einige ernste Worte. Was wir nicht in Ordnung finden, ist, dass sich sowohl der Verwaltungsstandpunkt von Ihnen, Frau Dr. Jennicke, als auch der Antrag so völlig unkritisch mit Marx auseinandersetzen. Das ist aus unserer Sicht ein Schlag ins Gesicht all derer, die hier in Leipzig auf die Straße gegangen sind, um den Marxismus zu überwinden. Ich bin mir nicht sicher, ob es uns als Stadtrat in Leipzig gut zu Gesicht steht, in diesen Tagen, erst recht heute, am Todestag von Hanns Martin Schleyer, der von der RAF ermordet wurde, solch einen Beschluss zu fassen. (Lachen und Zurufe) Dass einige von Ihnen darüber lachen können, zeigt, dass sie immer noch nicht in der freiheitli- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 S e i t e | 36 chen Gesellschaft der Bundesrepublik angekommen sind. man die Sachen gelesen hat. Ganze Generationen haben das durchlaufen. (Zurufe) Sie wissen auch, dass ich mich in der ersten Lesung vor allem an der Form des Ursprungsantrags gestört und Ihnen entsprechende Hinweise gegeben habe. Ich freue mich, dass Sie jetzt den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung stellen. Ein Blick in den Antrag zeigt das Dilemma, das weiterhin besteht. Es bestehen weiterhin Sehnsüchte, Lösungen zu finden. Oberbürgermeister Jung: Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, sich zu mäßigen und die Debatte sachlich-argumentativ und ruhig zu führen. Frau Körner. Stadträtin Körner (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Reden von Herrn Weickert haben ja immer einen gewissen Unterhaltungswert. Ich denke allerdings, auch bei CDU und DDR und bei CDU und Wende gibt es einiges, was mit Marx zu tun hat. Trotzdem werde ich persönlich - dazu gab es keinen Beschluss meiner Fraktion - empfehlen, Ihrem Antrag zuzustimmen, weil ich das ähnlich sehe, wenn auch nicht in dieser Art vortragen würde. Ich als Christin frage mich manchmal auch: Wie gehen wir miteinander um? Wir haben heute schon zwei Reden gehört, in denen anderen, die demokratisch gewählt worden sind, abgesprochen wurde, dass sie existieren als politische Kraft. Das ist auch nicht meine Art der Argumentation. Ich gehe jetzt nicht auf das Thema ein: Wollen wir philosophisch darüber streiten, ob man Karl Marx und seine Werke würdigen sollte, ja oder nein? Herr Götze, ich achte Sie sehr als freundlichen Menschen, der seine Reden hier ruhig vorträgt und thematisch sehr bewandert ist. Ich glaube, ich wäre auch nicht standfest in Zitaten oder in der Historie. Ich bin Chemikerin und keine Historikerin. Aber - unter Umständen verbindet uns das - ich habe alle drei Bände des Kapitals gelesen. Als Nicht-FDJlerin, als Oppositionelle in den letzten Jahren der DDR hatte ich den Ehrgeiz, das zu lesen. Ich habe als Nicht-FDJlerin beim „Abzeichen für gutes Wissen“ mitgemacht, weil ich zeigen wollte, dass ich nicht blöder bin als manch andere. Es war ja auch ein Kampf, zum Beispiel gegen Schulen, die über ihren Namen versuchten, die Kinder ideologisch zu beeinflussen. Ich habe Das Kapital sogar gerne gelesen, weil ich wissen wollte: Ist da etwas dran? Wir dürfen auch nicht vergessen, dass alle, die zu DDR-Zeiten studieren durften, mindestens ein, in der Regel drei Jahre die drei Bände des Kapitals im Unterrichtsfach „Politische Ökonomie“ behandelt haben; die etwas ältere Generation wird sich erinnern. Für die jüngeren Schüler gab es das „Abzeichen für gutes Wissen“, was nichts anderes hieß, als dass geprüft wurde, ob Wer nutzt alles Das Kapital und die Werke, die seinerzeit von Karl Marx geschrieben wurden? Es wird sich damit eben nicht immer wissenschaftlich oder philosophisch auseinandergesetzt, was ich befürworten würde, sondern es wird als Grundlage genutzt, und das nicht nur zu Zeiten des Sozialismus. Auch in anderen Ländern wird darauf Bezug genommen bis hin zur neuen Linken und neuen Philosophien, die darauf aufbauen. Kurz und gut: Es geht kein Weg daran vorbei, sich damit zu beschäftigen und kritisch, auch historisch, zu prüfen, was geht und was nicht. In Ihrem Antrag heißt es, Leipzig soll einen Beitrag zum bevorstehenden Jubiläum des 200. Geburtstags von Karl Marx leisten. Sicherlich, das Wort „Jubiläum“ nutzt man auch für Geburtstage. Aber in diesem Fall hätte ich mir eher die Formulierung „Gedenken“ oder „Auseinandersetzung“ gewünscht. Am Schluss des Antrags heißt es: „zu würdigen“. Auch das Wort „Würdigung“ halte ich auf das Werk bezogen nicht für den richtigen Ausdruck. Ich finde den Vorschlag der Verwaltung richtig, Gedenktafeln anzubringen, durchaus mit privaten Mitteln, natürlich in Rücksprache mit der Verwaltung. Ich finde es richtig, Das Kapital, dessen Historie und die Auseinandersetzung damit in den Themenkatalog des Konzeptes der Erinnerungskultur der Stadt Leipzig aufzunehmen. Wichtiger finde ich, sich noch stärker damit auseinanderzusetzen. Fragen Sie sich einmal selbst: Haben Sie nach der Friedlichen Revolution noch einmal in diese Werke geguckt? Viele von uns hatten einfach keine Lust mehr, weil wir das erlebt haben, was wir erlebt haben. Auch deswegen empfehle ich, dem CDU-Änderungsantrag zuzustimmen, obwohl sich dies auch im Verwaltungsstandpunkt subsumiert wiederfindet: eine kritische Auseinandersetzung mit dem Werk, die den Zusammenhang aufzeigt zu dem, wofür es die Grundlage schuf, nämlich Ideologien, die weltweit bis heute zu vielen Opfern geführt haben, zum Teil heute noch zu Opfern führen. Damit können sich natürlich auch Schulen befassen. Ob Sie es schaffen, dass der Name Karl Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Marx von einer Schulkonferenz befürwortet wird, bezweifle ich. Vielleicht sollten wir uns an unsere eigene Biografie erinnern und uns fragen: Was hat Karl Marx mit Leipzig und mit unserer Vergangenheit in dieser Stadt zu tun? Dann kann man überlegen, ob es an der einen oder anderen Stelle eine Benennung geben sollte. Vielen Dank für den Verwaltungsstandpunkt, Frau Dr. Jennicke. Ich empfehle, den CDUÄnderungsantrag zur Klarstellung zu ergänzen. Ansonsten freue ich mich, dass Sie von der LINKEN so einsichtig waren, nicht auf Ihrem ursprünglichen Antrag zu beharren, sondern nun den Verwaltungsantrag zur Abstimmung zu stellen. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr Keller. Stadtrat Keller (AfD): Den Antrag der Fraktion DIE LINKE, der uns letztlich den Marxismus mit seinen politisch und wirtschaftlich katastrophalen Folgen für große Teile der Menschheit erneut wärmstens nahe bringen will, lehnen wir inhaltlich natürlich entschieden ab, schon aus unserem Verständnis der Friedlichen Revolution von 1989/90 heraus. Marx hat aus seiner Sicht in dem Werk Das Kapital die Funktionsweise der damaligen kapitalistischen Gesellschaft wissenschaftlich dargestellt, die Erkenntnisse anderer Ökonomen freilich darin vollauf verwertet, sich sozusagen als deren Ersterfinder öffentlich in Szene gesetzt. Das 19. Jahrhundert ist mit der heutigen Zeit nicht zu vergleichen, auch in sozialer Hinsicht, was zu bedenken ist. Die politische Botschaft von Karl Marx lautet bekanntlich, dass als Schlussfolgerung aus seinen Ausführungen der zeitgenössische Kapitalismus umstürzlerisch abzuschaffen ist, um in eine angeblich lichte Zukunft für die Arbeiterklasse und alle sogenannten Ausgebeuteten einzutreten. Sein kritischer Revoluzzersprech im Kapital liest sich so: Enteignung der Enteigner, übrigens als lateinische Floskel verbrämt. Wie das Schicksal derart dicker Messiaswälzer so ist: Sie zierten zwar manche Bücherschränke; gelesen oder gar verstanden haben dieses Werk die Allerwenigsten, der einfache Arbeiter und angebliche Nutznießer sowieso nicht, übrigens bis zum heutigen Tag nicht, und wohl auch die Wenigsten, die hier im Ratssaal sitzen. Ich lasse mich gern korrigieren; wie wir gerade hörten, hat Frau Körner es gelesen. Marx‘ Aufruf im Kapital zur revolutionären Abschaffung des Kapitalismus und sein Sozialismus-Experiment, welches Marx listigerweise nicht beschrieben hat, konnte nirgendwo in der S e i t e | 37 Welt die sogenannten Werktätigen in eine neuartige Befreiung führen. Im Gegenteil: Diktatur, Unterdrückung und menschliche Opfer in Millionenhöhe waren und sind noch immer der völlig inakzeptable Preis des Ganzen. Für wesentlich halten wir daher vor allem die Folgen solchen Denkens und trennen diese von Marx als Person und Stichwortgeber eben nicht. Persönliche Einblicke in die menschlichen Entgleisungen von Karl Marx werden in seinem Schriftwechsel mit Friedrich Engels deutlich. Hier wurde sich über die künftige Leserschaft des Kapitals erheitert, wurden antisemitische, antifamiliäre, rassistische und andere arrogante Äußerungen zum Besten gegeben, die auf beider Charaktere deutliche Rückschlüsse zulassen. Ich werde zur Information der Stadträte jeder Fraktion eine CD ins Fach legen lassen; sie ist heute in der Poststelle eingegangen. Diese Briefe werden gelesen von Harry Rowohlt und Gregor Gysi, die Ihnen in der LINKEN-Fraktion nicht fremd sein sollten. Diese meine Ausführungen sollen zur Begründung der Ablehnung des Antrags der Fraktion DIE LINKE ausreichen, denke ich. Da für dieses Machwerk die 1983 angebrachte Tafel an der Ringbebauung noch existiert, braucht es keine weitere Tafel. Der Verwaltungsstandpunkt ist deshalb ebenso abzulehnen. Abschließend zu Ihrer Aussage, Karl Marx sei ein bedeutender Philosoph gewesen: Karl Marx hat über weite Teile seines Lebens nicht einmal seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten können von dem, was er selbst erarbeitet hat. Oberbürgermeister Jung: Herr Kujat. Stadtrat Kujat (DIE LI(NKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste und Interessierte! Ich will ganz kurz noch ein paar Dinge herausstellen. Herr Keller, na klar, es gibt einiges, was Karl Marx privat gesagt hat; dies floss aber so nie in sein Werk ein. Wenn man Marx richtig liest, weiß man das. Dann weiß man auch, dass er argumentiert hat bis hin zur Auflösung der Klassengesellschaft. Wie man das findet, ist eine andere Sache. Wie die Zukunft genau aussehen wird, hat er nicht gesagt. Es ist also die spannende Frage: Was hat er offen gelassen? Herr Weickert, der Sie die Debatte aufgemacht haben: Na klar, es gab Ungerechtigkeiten in der DDR in Sachen Redefreiheit, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, auch Überwachung, was die Bundes-CDU nachahmenswürdig findet. Aber man muss sich fragen: Was hat das mit Marx zu Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 tun? Da ist der Unterschied zu Luther. Marx hat nie geschrieben, man solle die individuellen Freiheiten einschränken. (Zuruf: Was?) Sie können mich gern belehren. Wo steht das denn in Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, in den Thesen über Feuerbach oder in Der Fetischcharakter der Ware und, und, und? Das steht dort nicht. Aber ich kann seine Werke auch anders verwenden, nämlich indem ich anhand der Entfremdung der Arbeit aufzeige, wo der Fehler der DDR lag: in der Produktionsweise. Der Kritik des Gothaer Programms kann ich meine eigenen sozialpolitischen Forderungen entgegensetzen, und Marx würde sagen: Ach, das bringt doch alles nichts. Das ist gar nicht revolutionär. Warum sage ich Ihnen das? Marx hat viel geschrieben, er hat viele kluge Schriften verfasst. Ob Sie ihn nun mögen oder nicht, ob Sie ihn gelesen haben oder vielleicht nicht, eines müssen selbst die Konservativen zugeben: Zur Kritik der politischen Ökonomie ist ein analytisches Werk, das in seiner Form und in seiner ökonomischen und philosophischen Bedeutung bisher unerreicht ist. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Herr Götze noch einmal. Stadtrat Götze (DIE LINKE): Herr Weickert, der 200. Geburtstag von Karl Marx ist 2018. Das Jahr 2018 können wir selbst für die CDU nicht verschieben; so viel zum Zeitpunkt. Noch einmal zu unserem Antrag. Ich hatte schon ausgeführt, dass wir die Kritik angenommen haben. Es ist richtig, wir hatten in Klammern gesetzt, dass zum Beispiel eine Schulbenennung infrage käme. Zentral war das aber im Antrag nie. Noch eines zur Theorie von Marx. Wenn die Lösungswege von Karl Marx für die neue Gesellschaftsform revolutionär - andere sagen: radikal waren, so waren sie das auch deshalb, weil seine Zeit von Zuständen für die Arbeiterschaft geprägt waren, die uns heute schaudern lassen. Sie waren menschenfeindlich, ja verbrecherisch während der Zeit der frühen Industrialisierung. Ganz verschiedene Akteure, auch die Kirchen und andere, haben versucht, Lösungsansätze für dieses ungeheure Elend der Arbeits- und Lebenswelten zu finden, und haben sie zum Teil auch gefunden. Die soziale Frage der Industrialisierungsepoche stellte sich eben mit ungeheurer Dringlichkeit. Die Interessengegensätze lagen damals so klar S e i t e | 38 auf der Hand und waren so unauflöslich, dass für Marx scheinbar nur eine revolutionäre Lösung infrage kam, obwohl er natürlich gesagt, dass er die nicht herbeiredet, sondern dass sie aus sich selbst herauskommen muss, was ein großer Unterschied ist. Vor diesem Hintergrund muss man den Teil seiner Theorien auch betrachten. Vergessen wir auch nicht, dass die Interessenausgleiche in Richtung soziale Gerechtigkeit das Produkt späterer Zeiten sind und damals nicht existiert haben. Mancher Marx’sche Zungenschlag und manche seiner Ansichten sind sehr derb und aus unserer heutigen Sicht sehr heftig. Wir wollen ihm auch keinen Heiligenschrein errichten. Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Deuten wir nicht in Marx hinein, was alles weit nach seinem Ableben in seinem Namen verbrochen wurde. Es gäbe viele Beispiele gerade im Bereich von Weltanschauung und Religion, wo die Berufung auf irgendetwas und auf irgendjemanden zu zweifelhaften und blutigen Entwicklungen geführt hat. Doch dies sind im Konkreten immer die Taten und Untaten der Nachgeborenen und nicht zuzurechnen den Lehren der vor sich her getragenen Denker. Haben wir die Reife, das eine vom anderen zu unterscheiden! - Danke. Oberbürgermeister Jung: Frau Wohlfarth. Stadträtin Wohlfarth (SPD): Eine kurze Erwiderung auf den Beitrag von Herrn Kujat. Das, was in der DDR als staatlich institutionalisierte Repression passiert ist, als Ungerechtigkeiten zu bezeichnen, ist eine Verharmlosung sondergleichen. (Beifall) Heutige sicherheitspolitische Debatten mit dem Ministerium für Staatssicherheit und der Unterdrückung und Ausspähung der Bevölkerung der DDR zu vergleichen, ist eine noch viel größere Frechheit. (Beifall) Die DDR war kein Staat, in dem der Bürger das Recht hatte, sich gegen den Staat zu wehren. Gucken Sie sich an, wie Prozesse geführt wurden: keine Anklageschriften, Verteidiger erst nach dem Ermittlungsverfahren! Gucken Sie sich an, wie Richter beeinflusst wurden! Gucken Sie sich das alles an. Es gibt eine ganze Menge Untersuchungshaftgefängnisse, es gibt das Menschenrechtszentrum in Cottbus. Befassen Sie sich mit der Geschichte Ihrer eigenen Partei! Oberbürgermeister Jung: Herr Weickert. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Stadtrat Weickert (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Frau Wohlfarth, ich danke Ihnen für dieses klare Statement. Herr Kujat, ich muss Ihnen eines sagen: Sie und ich, wir haben ein Riesenglück in unserem Leben gehabt; denn wir sind nach 1989 geboren. Da können wir uns nicht hinstellen und sagen: In der DDR war das alles gar nicht so schlecht. - Ehrlich gesagt, das ist der blanke Hohn gegenüber all jenen, die gelitten haben. (Zurufe von der Tribüne) Ich denke, wir können jetzt zur Abstimmung kommen. Zuerst wird der Änderungsantrag der CDU abgestimmt. Bitte schalten Sie Ihr Abstimmgerät ein und geben Sie Ihr Votum für den Änderungsantrag der CDU-Fraktion ab. - Ich schließe die Abstimmung. Abstimmung: 39 - 17 - 10. So beschlossen. Jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts. Bitte votieren Sie jetzt! - Ich schließe die Abstimmung. Abstimmung: 38 - 25 - 3. So beschlossen. Meine Damen und Herren, angesichts der fortgeschrittenen Zeit schlage ich Ihnen vor, an dieser Stelle die Behandlung der Anträge zu unterbrechen und mit den Petitionen fortzufahren. Daran anschließend werden wir eine Pause einlegen. - Ich sehe Einverständnis. 9 Petitionen 9.1 Petition zur Bereitstellung finanzieller Mittel für die dringend notwendige Sanierung des Schönauer Parks (VI-P04106-DS-02) Einreicher: Petitionsausschuss 9.1.1 dazu VSP (VI-P-04106-VSP-01) Einreicher: Sport Dezernat Umwelt, Ordnung, Sachverhalt und Beschlussvorschlag liegen vor. Gibt es Wortwünsche? - Das ist nicht der Fall. Wer folgt dem Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses nicht? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. 9.2 Oberschulen stärken: Fortsetzung ESF-Projekt „Kompetenzentwicklung“ mit Unterstützung durch 2. Schulsozialarbeiter (VI-P-04518-DS-01) Einreicher: Petitionsausschuss 9.2.1 dazu VSP (VI-P-04518-VSP-01) Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule Sachverhalt und Beschlussvorschlag liegen vor. Wird das Wort gewünscht? - Gibt es Gegenstimmen zum Beschlussvorschlag? - Enthaltungen? Abstimmung: Acht Gegenstimmen, keine Enthaltungen. Mit großer Mehrheit so beschlossen. 9.3 Oberbürgermeister Jung: Ich bitte die Zuschauer auf der Tribüne, sich der Meinungsäußerung zu enthalten. S e i t e | 39 Einstellung der Fördergelder für den Roten Stern Leipzig (VI-P-04519-DS-02) Einreicher: Petitionsausschuss 9.3.1 dazu VSP (VI-P-04519-VSP-01) Einreicher: Sport Dezernat Umwelt, Ordnung, 9.3.2 dazu ÄA (VI-P-04519-DS-02-ÄA-01) Einreicher: AfD-Fraktion Herr Keller. Stadtrat Keller (AfD): Die Petition „Einstellung der Fördergelder für den Roten Stern Leipzig“, ein Verein, von dem laut Petenten immer wieder Gewalt gegen Andersdenkende ausgeht, beinhaltet, die Gewaltfreiheit des Sports zu erhalten und durch gezielte Förderung oder Nichtförderung Sportvereine zu Diskriminierungs- und Gewaltfreiheit zu bewegen. Gewalt gegen Altersdenkende und Stigmatisierung andersdenkender Menschen als vermeintlich Rechtsradikale ist eindeutig Diskriminierung und steht dem Artikel des Grundgesetzes zur freien Meinungsäußerung entgegen, ebenso dem Antidiskriminierungsgebot in Nummer 5 Absatz 10 der Sportförderrichtlinie, der mit dem Teilsatz endet: „… oder anderweitig diskriminierendes Gedankengut pflegen oder verbreiten.“ Wir schlagen vor, dem Verein eine Chance zu geben, sich mit seinen Fans auseinanderzusetzen und solche diskriminierenden und/oder gewaltbereiten Aktionen selbst zu unterbinden, unter Androhung des Verlustes der Förderfähigkeit. Deshalb unser Änderungsantrag zum Verwaltungsvorschlag. Wir bitten diesen zu übernehmen. Falls nicht, werden wir uns aus oben genannten Gründen für die Petition und gegen den Verwaltungsstandpunkt aussprechen. Oberbürgermeister Jung: Ich weise darauf hin, Herr Keller, dass ich dem widersprechen müsste, weil der zweite Teil des Beschlussvorschlags Ihres Antrags rechtswidrig wäre. Wir müssen die Fördergelder zurückfordern, wenn gegen das Grundgesetz verstoßen wird. Aber wir können die Förderfähigkeit nicht aberkennen, wenn unser Vorschlag zur Auseinandersetzung nicht angenommen wird. Verstehen Sie? Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 (Unruhe) Ehe bei den Besuchern oder den Medien etwas Falsches ankommt, will ich noch einmal klar sagen: Die Versagung und Rückforderung von Fördermitteln ist immer dann von uns durchzuführen, wenn gegen das Grundgesetz oder die Fachförderrichtlinie oder andere rechtliche Gegebenheiten verstoßen wird. Wir können aber nicht Fachfördermittel zurückfordern, wenn - ich zitiere - „der Vorschlag abgelehnt wird, dass der Rote Stern sich mit seinen Fans auseinandersetzt“. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann stimmen wir jetzt über den Änderungsantrag der AfD-Fraktion ab. Wer stimmt dem zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Zwei Enthaltungen, einige ProStimmen. Mit Mehrheit abgelehnt. Nun zur Abstimmung über die Empfehlung des Petitionsausschusses. Wer stimmt gegen diesen Beschlussvorschlag? - Wer enthält sich der Stimme? Abstimmung: Mit einer Gegenstimme ist das so beschlossen. 9.4 Geplante Sanierung des Sportplatzes am Kletterfelsen in Leipzig-Grünau (VIP-04521-DS-02) Einreicher: Petitionsausschuss Dezernat Umwelt, Ordnung, Sachverhalt und Beschlussvorschlag liegen vor. Wird das Wort gewünscht? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Eine Gegenstimme. Mit großer Mehrheit so beschlossen. 9.5 Wird das Wort gewünscht? - Wer folgt nicht dem Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses? Wer enthält sich? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. 9.7 Nutzbarkeit von öffentlichen Tischtennisanlagen verbessern (VI-P-04691-DS02) Einreicher: Petitionsausschuss 9.7.1 dazu VSP (VI-P-04691-DS-VSP-01) Einreicher: Sport Dezernat Umwelt, Ordnung, Wortwünsche? - Gibt es zum Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. Meine Damen und Herren, wir legen jetzt eine Pause ein. Die Sitzung wird um Punkt 18 Uhr fortgesetzt. (Unterbrechung) Oberbürgermeister Jung: Meine Damen und Herren, die Ratsversammlung wird fortgesetzt. Wir kehren jetzt zurück zu den Anträgen unter Tagesordnungspunkt 14. 14.27 Kommunale Präventionsräte Stadtbezirksebene (VI-A-04704) 9.4.1 dazu VSP (VI-P-04521-VSP-01) Einreicher: Sport S e i t e | 40 Verbesserung der Straßenentwässerung in der Stahmelner Straße (VI-P04699-DS-02) Einreicher: Petitionsausschuss 9.5.1 dazu VSP (VI-P-04699-VSP-01) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau auf Einreicher: SPD-Fraktion 14.27.1 dazu VSP (VI-A-04704-VSP-01) Einreicher: Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport Klares Vorvotum. - Wünschen Sie das Wort? Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann kommen wir sofort zur Abstimmung über den Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Wenige Gegenstimmen, Enthaltung. Mehrheitlich so beschlossen. eine 14.28 Verbesserung des ÖPNV in der Leipziger Innenstadt (VI-A-04708-NF02) Einreicher: Fraktion Freibeuter Wird das Wort gewünscht? - Wer folgt nicht dem Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses? Enthaltungen? 14.28.1 dazu VSP (VI-A-04708-VSP-01) Abstimmung: Eine Gegenstimme, keine Enthaltungen. Mit großer Mehrheit so beschlossen. Wird das Wort gewünscht? - Herr Morlok. 9.6 Petition zur Aufhebung der Sperrstunde in Leipzig (VI-P-04813-DS-01) Einreicher: Petitionsausschuss Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kurz zum Sachverhalt: Wir wissen, dass wir ange- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 sichts der Herausforderungen einer wachsenden Stadt in einigen Bereichen relativ schnell an Kapazitätsgrenzen stoßen werden. Eine dieser Kapazitätsgrenzen betrifft den Bereich des ÖPNV. Wenn man mit den Verantwortlichen aus den Verkehrsbetrieben spricht - ich weiß, dass viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Hause das auch schon getan haben -, kommt man zu dem Ergebnis, dass die LVB bei der erwarteten Fahrgastzahlensteigerung sehr wahrscheinlich Mitte der 2020er-Jahre an zwei neuralgischen Punkten an ihre Grenzen stoßen wird. Ein Punkt ist die Haltestellensituation vor dem Hauptbahnhof, die auch jetzt schon unbefriedigend ist; ich glaube, da sind wir uns alle einig. Aber wenn wir dort noch mehr Verkehr abwickeln wollen, reden wir relativ schnell über zusätzliche Gleise. Und wenn wir über zusätzliche Gleise reden, müssen wir uns Gedanken machen, wo der Platz für diese Gleise herkommen soll. Der andere Punkt ist die Situation im Waldstraßenviertel, in der Jahnallee. Hier fährt die Straßenbahn nicht nur den Pkws, sondern auch den Lkws hinterher, was zu Verzögerungen führt. In einer wachsenden Stadt wird dort aber eine höhere Frequenz des Straßenbahnbahnverkehrs erforderlich sein. Aufgrund der baulichen Situation, wie sie dort momentan besteht, wird das nicht machbar sein. Wir müssen uns daher die Frage stellen: Wie schaffen wir Alternativen für den Individualverkehr, bzw. wie schaffen wir schnelle ÖPNVVerbindungen? Ich denke, wir sind uns einig, dass wir in der Innenstadt im Wesentlichen auf ÖPNV setzen müssen, das heißt, das zusätzliche Verkehrsaufkommen mit öffentlichem Personennahverkehr und nicht mit Individualverkehr abwickeln müssen. Wir sollten vermeiden, Anreize zu schaffen, dass mehr Individualverkehr in die Innenstadt hineinströmt. Wenn wir das erreichen wollen, müssen wir aber Alternativangebote unterbreiten. Genau das wollen wir mit unserem Antrag tun. Eine Alternative wäre, durch den Ausbau der Nordtangente zu versuchen, den Individualverkehr vom Innenstadtring wegzuleiten, um dadurch zum einen Raum für zusätzliche Gleise vor dem Hauptbahnhof zu schaffen, um dem Aufwuchs der Fahrgastzahlen der LVB Rechnung tragen zu können, und zum anderen die Ost-WestVerbindungen im ÖPNV zu stärken. Wir wissen um die erheblichen Probleme der Ost-WestVerbindung. Wenn wir eine höhere Durchlässigkeit im Waldstraßenviertel erreichen, besteht die Möglichkeit, dass mehr Leute vom Individualverkehr auf den ÖPNV umsteigen, weil dann ein attraktives Angebot vorliegt. S e i t e | 41 Deswegen haben wir in unserem Antrag zwei Punkte formuliert, nämlich: Nordtangente prüfen und Straßenbahntunnel im Waldstraßenviertel prüfen. Wir haben bewusst gesagt: Straßenbahntunnel, nicht aber: Autotunnel, weil wir eben keinen Anreiz schaffen wollen, dass der Individualverkehr schneller und einfacher in die Innenstadt kommt. Das wollen wir genau nicht. Wir wollen den ÖPNV in der Innenstadt stärken. Wir wissen natürlich auch, dass, wenn wir mehr ÖPNV, mehr Straßenbahnen auf der Ost-WestAchse, auf der Jahnallee durch das Waldstraßenviertel haben werden, die Anwohner vom Straßenbahnlärm stärker beeinträchtigt werden. Deswegen schien es uns sinnvoll, darüber nachzudenken, ob nicht eine unterirdische Straßenbahnführung die Möglichkeit bieten würde, das Waldstraßenviertel als solches aufzuwerten. Die Verwaltung hat sich nicht grundsätzlich gegen diese beiden Ideen positioniert; wir wissen ja, dass auch in der Verwaltung entsprechende Überlegungen angestellt werden. Im Gegenteil, sie hat darauf hingewiesen, dass momentan umfangreiche Planungsprozesse in diesem Zusammenhang laufen, und hat den Wunsch geäußert, diese Prüfung nicht losgelöst von diesen Prozessen durchzuführen, sondern sie in diese Prozesse zu integrieren. Das haben wir ausdrücklich aufgenommen in die Neufassung unseres Antrags, in der wir formuliert haben, dass die Prüfungen, die wir begehren, im Rahmen der laufenden Untersuchungen und Konzepte durchgeführt werden sollen. Wir wollen, dass uns zum Thema „Verkehr in der erweiterten Innenstadt“ bis Ende 2019 entsprechende Prüfergebnisse vorgelegt werden. Um zu Ergebnissen zu kommen, müssen erst einmal Informationen, Daten und Fakten über Verkehrsströme, die sich möglicherweise noch ändern können, sowie erste Kostenschätzungen vorliegen. Deswegen kann das Prüfergebnis nicht erst 2019 vorliegen, sondern es muss rechtzeitig vorliegen, damit es in diesen Prozess mit einfließen kann. Daher haben wir als Termin das zweite Quartal 2018 vorgeschlagen. Ich sage aber ausdrücklich, Herr Oberbürgermeister: Wenn Sie sagen, das ist uns ein Viertel- oder ein halbes Jahr zu früh, kann man an diesem Termin gern noch etwas ändern. Nur, damit bis Ende 2019 zu warten, macht keinen Sinn, weil zu diesem Zeitpunkt das Ergebnis insgesamt vorliegen soll. Ich bitte Sie in diesem Sinne, der Neufassung unseres Antrags zuzustimmen. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok, das ist wirklich sehr knapp. Ich weiß nicht, ob Frau Dubrau das schaffen kann, es sei denn, Sie wür- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 den sich mit einem Zwischenergebnis zufrieden geben. Ich muss Ihnen, glaube ich, nicht erklären, dass eine Untertunnelung einer sehr komplizierten Untersuchung bedarf. Frau Riekewald hat das Wort. Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste im Saal und am Livestream! In den letzten Monaten ist es Usus geworden, dass jede Fraktion in diesem Stadtrat ihre Ideen und Vorschläge zur zukünftigen Verkehrsplanung in Leipzig mit Anträgen und vor allem mit Pressemitteilungen untersetzt. Nun also die Freibeuter. Liest man den Titel des Antrages „Verbesserung des ÖPNV in der Leipziger Innenstadt“, könnte man meinen: Oh, auch die FDP ist inzwischen aufgewacht und hat erkannt, dass es ohne starken öffentlichen Personennahverkehr in der Stadt Leipzig in Zukunft nicht gehen wird, weil sonst ein Verkehrschaos mit überfüllten Straßen nicht verhindert werden kann. Liest man jedoch den Antragstext, erkennt man, warum Ihr Auto immer noch FDP wählen würde. Es geht mal wieder um eine Beschleunigung des individuellen motorisierten Verkehrs und die Frage, ob davon dann eventuell auch ein bisschen die Straßenbahn profitieren würde. Zu Ihrer Argumentation gerade eben in Bezug auf die Jahnallee. Ich wohne direkt an dieser Straße. Ganz ehrlich, mich stört die Straßenbahn viel weniger als der Krach und die dicke Luft, die die Autos im Stau verursachen. Um wirklich, wie im Titel impliziert, eine Verbesserung des ÖPNV zu erreichen, müsste man die Prüfung komplett andersherum durchführen. Mir würden da zum Beispiel folgende Themen einfallen: Welche baulichen Maßnahmen sind notwendig, um eine Beschleunigung des ÖPNV zu erreichen? Oder: Welche finanziellen Mittel sind nötig, damit die LVB ihr Angebot verbessern kann? Oder: Welche anderen Maßnahmen sind vonnöten, um die Fahrt mit der Straßenbahn und dem Bus für alle Leipzigerinnen und Leipziger noch attraktiver zu gestalten? - Wie im Verwaltungsstandpunkt sehr ausführlich ausgeführt, sind dies genau die Dinge, die im Moment in der Verwaltung durchaus ausführlich schon betrachtet werden, zum Beispiel in den Mobilitätsszenarien, mit denen wir uns in den nächsten Wochen beschäftigen dürfen und müssen. Wir alle wissen, dass in der Verwaltung überall die Ressourcen ziemlich knapp sind, gerade auch was Personal betrifft. Wir halten es daher nicht für erforderlich, weitere Untersuchungen, wie von den Freibeutern gefordert, in Auftrag zu geben, wenn die Verwaltung diese Untersuchun- S e i t e | 42 gen ohnehin durchführt. Auch mit der Neufassung des Antrags wäre ein hoher personeller Aufwand notwendig, um bis zum zweiten Quartal 2018 solch eine Untersuchung abschließen zu können. Auch die Kosten für solche Projekte, wie im Antrag gefordert, schüttelt man nicht einfach so aus dem Ärmel. Wir übernehmen daher die Verwaltungsstandpunkt und bringen diesen als Änderungsantrag zur Abstimmung. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr von der Heide. Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Geprüft wird im Moment gerade im Bereich Hauptbahnhof, Innenstadt usw. schon sehr viel. Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, dort noch mehr zu prüfen. Man muss es umfassend betrachten. Problematisch ist aus meiner Sicht eher, dass Anträge über Anträge eingebracht werden, wir aber nicht wirklich vorankommen. Die Mobilitätsszenarien liegen immer noch nicht vor. Sie hatten beim Antrag zum Tarifmoratorium eingeworfen, Herr Oberbürgermeister Jung: Sie wissen doch als Stadtrat usw. - Nein, wissen wir nicht. Wir wissen es Stand heute immer noch nicht. Jetzt wird vonseiten der Verwaltung gesagt: Wir werden es nicht schaffen, das bis zum zweiten Quartal 2018 zu untersuchen und Ihnen ein Ergebnis vorzulegen. Dabei beziehen Sie sich auf die laufenden Untersuchungen aufgrund eines CDU-Antrags, der den Änderungsantrag der Grünen und den Verwaltungsstandpunkt übernommen hatte. Ich meine mich zu erinnern, dass dort kürzere Deadlines genannt wurden. Wenn es nicht realistisch ist, das Prüfergebnis bis zum zweiten Quartal 2018 vorzulegen, müssen wir zumindest einen Zwischenstand zu erfahren bekommen, in dem deutlich gemacht wird: Mit welchen Maßnahmen wird das erhöhte Verkehrsaufkommen untersetzt? Es geht nicht, zu sagen: Das und das schaffen wir nicht. - Das Verfahren muss beschleunigt werden. Die Mobilitätsszenarien sind seit mehr als einem Jahr überfällig aus Gründen, die sich dem Stadtrat eben nicht erschließen. Oberbürgermeister Jung: Ich glaube, Herr von der Heide, das ist ein Missverständnis. - Frau Dubrau, darf ich Sie bitten, das aufzuklären. Bürgermeisterin Dubrau: Die Mobilitätsszenarien werden nächsten Montag freigeschaltet. Wir werden sie nächsten Dienstag das erste Mal im Ausschuss vorstellen und besprechen. Sie gehen dann natürlich auch an alle anderen Aus- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 schüsse. Dem folgt der Nahverkehrsplan, wie schon mehrfach gesagt. Wir haben im Verwaltungsstandpunkt zu diesem Antrag das Projekt erläutert und ausgeführt, dass derzeit Untersuchungen für den gesamten Bereich der Innenstadt erfolgen und Konzepte erarbeitet werden, in die auch Gutachten von Fachleuten einfließen werden. Klar ist, dass darin alle Gremien und natürlich auch die Stadträte einbezogen werden und Ihnen der jeweilige Zwischenstand präsentiert wird. Das ist ein EU-Projekt, das auf fünf Jahre angelegt ist. Das heißt: Das Verkehrskonzept für die Innenstadt soll bis Dezember 2019 vom Grundsatz her vorliegen. Dann folgt die zweite Phase, in der schon erste Schritte der Umsetzung des Konzeptes gemacht werden sollen. Angesichts der Terminierung für die Fertigstellung des Konzeptes Ende Dezember 2019 gehe ich davon aus, dass es bis dahin mehrere Zwischeninformationen geben wird; das heißt: in 2018 und Anfang 2019. Ich halte es für sehr schwierig, parallel dazu noch eine zweite Untersuchung zu machen. Ich glaube, sie würde auch nichts bringen. Oberbürgermeister Jung: Können Sie Herrn Morlok ein Angebot machen, Frau Dubrau? Es geht ja eigentlich nur um den Termin. Das wird definitiv untersucht. Herr Morlok. Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister! Frau Dubrau, ich sehe es genauso wie Sie. Der Szenarienprozess soll bis Ende 2019 laufen. Ende 2019 soll im Ergebnis ein erster Entwurf des „Verkehrskonzepts erweiterte Innenstadt“ vorgelegt werden. Nur, wenn man bis Ende 2019 einen Entwurf des Konzepts vorlegen will, müssen die für den Entwurf erforderlichen Prüfergebnisse doch bereits vorliegen. Dazu gehört auch die Klärung folgender Fragen: Bewirkt der Ausbau der Nordtangente, dass der motorisierte Individualverkehr tatsächlich aus der Innenstadt herausgeleitet wird, sodass mehr Fläche für den ÖPNV in der Innenstadt zur Verfügung steht? - Das wissen wir ja noch gar nicht. Es muss erst untersucht werden, ob genau diese Verkehrsentwicklung eintreten wird. Das sollte man natürlich nicht erst Ende 2019 wissen, sondern schon im Laufe des Prozesses. Würde eine deutlich höhere Frequenz des Straßenbahnverkehrs im Waldstraßenviertel einen Anreiz setzen, dass mehr Menschen auf den ÖPNV umsteigen, und welchen Effekt hätte das? Welche Dinge könnte man anderswo einsparen? S e i t e | 43 Was wird das ungefähr kosten? - Auch das muss in den laufenden Prozess mit einfließen und kann nicht erst am Ende des Prozesses vorgelegt werden. Genau darum geht es uns. Wir haben nicht gesagt: Wir wollen den Tunnel oder wir wollen die Nordtangente. Vielmehr wollen wir Informationen haben. Die Mobilitätsszenarien sollten schon lange vorliegen. Sie sollten Grundlage für das INSEK sein. Wissen Sie, ich schätze ja unsere Leipziger Volkszeitung. Ich schätze auch die Kollegen Journalisten dort. Aber es kann doch nicht sein, dass wir als Stadtrat darauf angewiesen sind, welche Drähte Andreas Tappert in die Stadtverwaltung hat, um zu erfahren, welche Denkprozesse dort ablaufen. Das ist doch das Grundproblem, das wir hier haben. Wenn wir bessere Informationen auf dem Tisch hätten, würde sich tatsächlich der eine oder andere Antrag erübrigen. Aber wir wissen einfach nichts. Deswegen tun wir uns auch so schwer mit dem Verwaltungsstandpunkt, weil er eben keinen Termin enthält. Wenn Sie sagen würden: Der 30.06.2018 passt nicht, lassen Sie uns den 31.12.2018 wählen, dann würden wir das akzeptieren. Aber wir müssen zu einem anderen Miteinander als bisher kommen. Oberbürgermeister Jung: Frau Dubrau. Bürgermeisterin Dubrau: Noch einmal: Ich hatte gesagt, dass wir diesen Szenarienprozess mit Ihnen gemeinsam machen wollen. Während dieses Prozess wird es Sitzungen geben, wo auch Sie vertreten sind, in denen Bericht erstattet wird. Ich würde Ihnen jetzt folgenden Vorschlag machen: Wir haben mit Beschluss der Ratsversammlung vom 21.06.2017 die Teilnahme an dem Projekt beschlossen. Es findet diese Woche Freitag beispielsweise der erste Termin mit Fachleuten statt. Wir werden Ihnen im nächsten Fachausschuss noch einmal eine Zeitschiene vorstellen und mitteilen, zu welchem Zeitpunkt die einzelnen Punkte untersucht werden. Da können wir auch noch einmal über den konkreten Termin für Ihre Vorschläge sprechen. Das ist ein Konglomerat von einzelnen Themen, die alle voneinander abhängig sind. Ich würde Ihnen jetzt ungern einen konkreten Zeitpunkt zusagen wollen. Wenn wir den nicht einhalten können, handeln wir uns nur wieder Ärger ein. Verstehen Sie das? - Deshalb mache ich Ihnen den Vorschlag, das im nächsten Stadtentwicklungsausschuss zu besprechen. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 S e i t e | 44 Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok noch einmal. sieren als die der repräsentativen Demokratie. Gleichwohl ist es aber auch die mühseligste und anstrengendste. Stadtrat Morlok (Freibeuter): Dann mache ich Ihnen folgenden Vorschlag: Wir lassen den Termin 30.06.2018 so stehen. Sollte sich im Laufe des Prozesses, zu dem Sie uns zwischenzeitlich Bericht erstatten, ergeben, dass der Termin 30.06.2018 nicht zu halten ist, können wir das noch einmal neu aufrufen. Ja, es ist mühselig und es ist anstrengend, Mehrheiten zu finden, zu informieren, alle mitzunehmen, Diskussionen auch hier auszuhalten und stundenlang Anträge zu beraten. Das alles ist anstrengend, aber nötig. Wie Sie selber feststellen, ist das die beste Form, um das Zusammenleben zu organisieren. Bitte verstehen Sie, Herr Oberbürgermeister, Frau Dubrau, wir Stadträte fischen leider ein bisschen im Trüben, weil uns die Informationen fehlen. Deswegen ist uns der Termin relativ wichtig. Wir als Bündnis 90/Die Grünen haben wie jede andere Fraktion und wie die fraktionslosen Stadträte in diesem Stadtrat formal das Recht, Anträge zu stellen, und Sie, Herr Oberbürgermeister, haben nicht die Prüfungskompetenz. Ganz im Gegenteil: Wir als Stadtrat, als Gremium, haben die Befassungskompetenz in der gesamten Breite der möglichen Themen der örtlichen Gemeinschaft. Das ist ein ganz wichtiger Beschluss des Verwaltungsgerichts. Bürgermeisterin Dubrau: Aber Sie müssen nicht im Trüben fischen, weil wir mit Ihnen gemeinsam diesen Prozess durchführen. Sie sind jederzeit in diesen Prozess mit eingebunden. Oberbürgermeister Jung: Wir nehmen das so zu Protokoll. - Der Antrag steht in der Neufassung vom 9. Oktober 2017 zur Abstimmung. Der Verwaltungsstandpunkt ist als Änderungsantrag der LINKEN zuerst abzustimmen. Wer dem Änderungsantrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts zustimmen kann, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen? Abstimmung: Vier Gegenstimmen, keine Enthaltungen. Mit großer Mehrheit so beschlossen. 14.29 Transparentes (VI-A-03937) Verwaltungshandeln Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Bitte, Frau Krefft. Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Stadträtinnen und Stadträte! Liebe Gäste und Vertreter der Medien! Über 20 Anträge haben wir heute schon behandelt, Anträge, die alle Themen der örtlichen Gemeinschaft betrafen, die alle von Interesse sind sowohl für uns Stadträte als auch für die Bürger, die wir vertreten. Dank des Beschlusses des Verwaltungsgerichts, mit dem wir sehr zufrieden sind, darf nun auch ein Antrag, den wir gestellt haben, hier behandelt haben. Herr Oberbürgermeister, ich möchte sehr gern ein Zitat von Ihnen aus dem letzten Amtsblatt aufgreifen, in dem Sie schreiben: Ich kenne keine bessere Form, das Zusammenleben der Menschen zu organi- Ich hoffe und setze darauf, Herr Oberbürgermeister, dass wir in Zukunft ein besseres Einvernehmen haben, dass Sie die Gremien, beispielsweise den Ältestenrat, nutzen, um dort anzusprechen, wo Sie Befürchtungen haben oder was Ihnen gerade nicht passend erscheint, und dass umgekehrt auch wir, wenn wir mehr wissen wollen, tiefer gehende Informationen erhalten und darüber wirklich offen gesprochen werden kann. Ich möchte jetzt konkret auf den Antrag eingehen, den wir hier heute auf die Tagesordnung gehoben haben. Wir fühlen uns nicht mehr ausreichend mitgenommen in den Vorlagen, die die Dienstberatung des Oberbürgermeisters verlassen. Früher konnten wir viel stärker die Abwägung innerhalb der Verwaltung nachvollziehen. Das können wir heute nicht mehr. Man hat den Eindruck: Das ist gelöscht. Es ist aber zu unserer Meinungsbildung erforderlich, dass wir Hinweise auf diese Meinungsbildung bekommen. Das heißt nicht, dass wir in Bergen von Papier ersticken wollen; denn auch Berge von Papier würden uns nicht in die Kompetenz versetzen, Entscheidungen tatsächlich sachgerecht zu treffen. Wir als ehrenamtliche Stadträte hätten gar nicht die Zeit, das alles zu lesen, könnten also die Spreu nicht vom Weizen teilen. Wir brauchen alles Relevante für unsere Meinungsbildung. Wir fordern Sie mit unserem Antrag auf, das wiedereinzuführen. Das war lange geübte Praxis. Man konnte in den Jahren und Jahrzehnten zuvor gut erkennen, wie die Entscheidung in der Dienstberatung zustande gekommen ist. Wir möchten zurück zu diesem Zustand. Warum ist das so wichtig? Wir können ja nicht alles wissen. Solche Hinweise - zum Bei- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 spiel werden bei der Kita-Vorlage Grünflächen beansprucht - sind wichtig, um im Ausschuss gezielt nachfragen zu können. Ebenso wichtig ist, dass wir auf unsere Fragen eine wahre Antwort bekommen. Wir haben in den letzten Jahren auch erlebt, dass die Verwaltung nicht berechtigt war oder nicht ausgeführt hat zu Fragen, die wir gestellt haben. Es ist ein anderer Themenpunkt, dass es der Verwaltung untersagt ist, sich zu äußern, oder dass sie sich nur äußern soll, wie in der Dienstberatung festgelegt. Das ist eine hochproblematische Sache. Auch das gilt es zu überdenken, Herr Oberbürgermeister. Nun zum zweiten Punkt unseres Antrags. Wir wollen, dass alle Vorlagen im ALLRIS veröffentlicht werden und dass sie öffentlich gestellt werden. Früher gab es Deckblattfarben: Die Vorlagen mit grünem Deckblatt können wir im ALLRIS einsehen, die mit blass rosafarbenem und mit weißem Deckblatt jedoch nicht. Häufig stellen wir in den Ausschüssen fest, dass eine wirklich relevante Vorlage, die auch für die Öffentlichkeit interessant ist und im Nachgang dann auch veröffentlicht wird, als „nichtöffentlich“ markiert ist. Das ist nicht einzusehen. Das ist schade, weil auch wir Stadträte darauf angewiesen sind, mit der Bürgerschaft ins Gespräch zu treten und uns vor Diskussionen im Ausschuss weitergehend fachkundig zu machen. Herr Oberbürgermeister, wir bitten Sie, dahin zurückzukommen, wie es geübte Praxis war und wie es auch im demokratischen Einvernehmen in diesem Stadtrat war. In diesem Sinne bitte ich die Stadträtinnen und Stadträte, unserem Antrag zuzustimmen. Sollte es dafür heute doch keine Mehrheit geben, sind Sie, Herr Oberbürgermeister, aber dennoch in der Lage, die Dinge trotzdem umzusetzen; denn das hat Appellcharakter, das ist eine Aufforderung, eine Bitte, und der können Sie nachkommen. Der Stadtrat kann das aber gern auch unterstützen. Darum bitte ich hier. Oberbürgermeister Jung: Es gibt zahlreiche Wortmeldungen. - Zunächst Herr Dyck. Stadtrat Dyck (SPD): Herr Oberbürgermeister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Krefft, ich bin unsicher, wie ich das, was Sie jetzt gesagt haben, auflösen soll, weil das in sich doch nicht schlüssig war. Ich bin bisher immer davon ausgegangen: Wenn Sie oder wir alle in unseren Anträgen schreiben: „Der Oberbürgermeister wird aufgefordert …“, ist das als Imperativ formuliert. Jetzt höre ich von Ihnen, dass diese Formulierung etwas niedrigschwelliger anzusetzen ist und eher appellatorischen Charakter S e i t e | 45 hat. Imperativ heißt: Er muss es tun. Sie sagten jetzt: Wir erwarten, dass er das tut. - Das ist schon ein Unterschied, wenn auch nur in einer Nuance. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Sie in dem Moment, wenn der Oberbürgermeister an einer Stelle zu dem Entschluss kommt, dem nicht zu folgen, gleich die Gelbe Karte zücken werden. Ich empfehle Ablehnung, nicht weil ich der Meinung bin, dass wir weniger Transparenz brauchen, sondern weil es, wie auch in Ihren Ausführungen zum Ausdruck kam, wiederum in der Entscheidung des Oberbürgermeister ist, die tiefergehenden Unterlagen vorzulegen, die Sie zu sehen wünschen. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, wenn er noch tiefergehende Unterlagen vorlegt, als es heute schon der Fall ist und wie es auch früher einmal war. Ich glaube nicht, dass wir jemals einen Status erreicht hatten, wo wir, wie Sie glauben uns nahebringen zu müssen, Einsicht in die Unterlagen der Dienstberatung und der Fachämter gehabt haben. Ich sehe hierin eine große Gefahr. Deswegen empfehle ich Ablehnung. Schauen wir dazu in Ihren Antrag, Sachverhalt, vierter Absatz! Dort geht es auf die Ämterebene. Das ist die Diskussion aus den Beratungen zum Doppelhaushalt vor anderthalb Jahren. Ich glaube, wenn wir auf die Mitarbeiterebene, also unterhalb der Amtsleiterebene und auch unterhalb der Dezernentenebene, gehen - das wäre die letzte Konsequenz daraus -, würden wir die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter massiv behindern, weil dann nämlich jeder Mitarbeiter davon ausgehen muss, dass jedes Papier, das er verfasst, sei es eine Aktennotiz oder ein Entscheidungsvorschlag, öffentlich gemacht und mit seinem Namen in Verbindung gebracht wird. (Widerspruch von Stadträtin Krefft [Bündnis 90/Die Grünen]) - Das ist meine Interpretation. Das bedeutet letztendlich: Der Aufwand steigt, die Effizienz sinkt. Wir befördern eine Absicherungsmentalität in der Verwaltung und nicht den Mut zur Entscheidung. Ich habe sowieso schon seit geraumer Zeit den Eindruck und das Gefühl, dass einige, zunehmend immer mehr Stadträtinnen und Stadträte für sich eine Fachkompetenz in vielen Einzeldetails in Anspruch nehmen, die eigentlich in den ausgebildeten Verwaltungsebenen verortet sein sollte. Aus dieser Summe der Wahrnehmungen halte ich es nicht für opportun, diesem Antrag zu folgen, weil wir uns selbst noch mehr Arbeit aufbürden, die, obwohl wir sie gerne machen, überhaupt nicht in unseren Meinungs- und Zuständigkeitsbereich fällt. - Vielen Dank. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Oberbürgermeister Jung: Frau Niermann. Stadträtin Niermann (CDU): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Frau Krefft, ich gratuliere Ihnen zu diesem Erfolg. Ich finde es gut, dass wir heute über diesen Antrag sprechen. Sie haben vollkommen recht: Das fällt in die Entscheidungskompetenz des Stadtrats. Wenn hier ein Antrag gestellt wird, wie Sie das gemacht haben, dann sollen wir darüber sprechen und letztendlich auch entscheiden dürfen. - So viel dazu. Etwas anderes ist, wie dieser Antrag zu behandeln ist. Ich habe Bauchschmerzen mit diesem Antrag. Meine Bedenken gehen in dieselbe Richtung wie die von Herr Dyck. Wir sind sehr für Transparenz. Ich glaube, ich kann im Namen meiner Fraktionskollegen sagen: Wir können durchaus verstehen, dass man in letzter Zeit den Eindruck gewinnen konnte, dass Anträge nicht transparent genug verhandelt wurden. - Das sei einmal vorab gestellt. Trotzdem möchte ich ebenso wie Herr Dyck empfehlen, diesem Antrag nicht zuzustimmen. Ich befürchte - da spreche ich für meine Fraktion -, wir erreichen mit dem Beschluss dieses Antrags genau das Gegenteil dessen, was wir hier erreichen wollen. Warum ist das so? Schon heute ist es so - Frau Krefft, das haben Sie selbst gesagt -, dass uns Stadträten im Prinzip alle Informationen zugänglich gemacht werden müssen. Im Prinzip müssen Vorlagen, bevor wir sie entscheiden, alle Informationen, alle Argumente, alles Für und Wider und auch den Verwaltungsgang enthalten. Leider ist das bei vielen Vorlagen nicht der Fall. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, es ist unsere Aufgabe als Stadträte, diese Informationen einzufordern. Leider stellen wir fest, dass der Mut, eine Vorlage einfach mal platzen zu lassen, auch in Ihrer Fraktion - je nachdem, aus welchem Dezernat diese Vorlage kommt nicht immer gegeben ist. Es gab einige Vorlagen, die auch von Ihrer Fraktion durchgewunken wurden, zu denen man durchaus mehr Informationen von der Verwaltung hätte einfordern können. Zusammengefasst: Ich glaube, es ist an uns, uns die Vorlagen daraufhin noch genauer anzuschauen. Zum zweiten Punkt Ihres Beschlussvorschlags, in dem Sie fordern, dass auf Ämter- und Dienstberatungsebene alles öffentlich gemacht wird. (Widerspruch von Stadträtin Krefft [Bündnis 90/Die Grünen]) - Das steht so in Ihrem Antrag. Ich habe den Antrag offenbar auch so verstanden, wie Herr Dyck ihn ausgelegt hat. - Ich halte das für sehr gefährlich, aus zweierlei Gründen: Im Zweifel fördern S e i t e | 46 wir damit zum einen die Angst in der Verwaltung vor Entscheidungen. Zum anderen werden wir, befürchte ich, damit erreichen, dass bestimmte Sachen überhaupt nicht mehr öffentlich werden. Das wird eher dazu führen, dass noch mehr gemauert wird. Ich denke, wir sollten es tatsächlich so machen, dass wir uns die Vorlagen genau anschauen und auch darauf achten, dass wir alle Informationen haben. Wenn wir den Eindruck haben, dass das nicht so ist, können wir eine Vorlage immer noch zurückgehen lassen. Wir haben auch noch die Mittel, die die Gemeindeordnung vorsieht. Wir können Anfragen stellen, und wir können auch Akteneinsicht nehmen. Sie alle wissen, wie kompliziert das ist. Trotzdem gibt es die Möglichkeit der Akteneinsicht. Dann bekommen wir wirklich alles zu sehen, was wir sehen wollen. Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir alle sind ehrenamtliche Stadträte. Sie haben gerade selbst beklagt, wie viel Papier wir jetzt schon haben. Frau Krefft, mit diesem Antrag unterstützen wir, dass wir mit noch mehr Papier erschlagen werden. Ich glaube, das kann keiner von uns wirklich bewältigen. Das führt auch nicht zu mehr Transparenz. Meine Befürchtung ist: Wir werden dann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Deswegen werden auch wir als CDU-Fraktion diesen Antrag ablehnen. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Frau Dr. Lauter. Stadträtin Dr. Lauter (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die Geschichte dieses Antrags ist schon gesprochen worden. Der Hergang hat ein deutliches Licht auf die unterschiedlichen Interessen von Verwaltung und Stadtrat geworfen und auf die verschiedenen Möglichkeiten, diese Interessen durchzusetzen. Wer hat hier welche Kompetenzen? Welche Themen darf der Rat behandeln? Was kann Verwaltung verhindern? Letztlich entscheidet ein Verwaltungsgericht für die Rechte des Stadtrates bzw. einer Fraktion und gegen die Versuche, ein Thema zu verhindern. Dabei hat sich die Verwaltung nicht mit Ruhm bekleckert. Wie ist die Interessenlage beim Antrag selbst? Der Stadtrat hat naturgemäß ein Interesse an umfassenden Informationen, die seiner Meinungsbildung und Entscheidungsfindung dienen, aber nicht nur das; er hat auch das Recht und die Pflicht, sich zu informieren, um möglichst kenntnisreich und ausgewogen zu entscheiden. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Warum auch immer, Verwaltung ist nach meinen persönlichen Erfahrungen eher weniger geneigt, alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die der Stadtrat zu einer Abwägung benötigt, Ich erinnere hier nur an eine Vergleichsrechnung Eigenbau versus Fremdleistung im Kitabau oder an die Darstellung der finanziellen Auswirkungen 25-jähriger Mietverträge. All das sind relevante und wesentliche Informationen für unsere Entscheidungsfindung. Auch andere Informationen musste sich der Stadtrat oft mühsam erkämpfen. Frau Niermann hat ja gerade auf die Akteneinsicht verwiesen. Daher unterstützen wir die Aufforderung an Sie, Herr Oberbürgermeister, relevante Dokumente vollständig offenzulegen. Der Beschlusspunkt 2 beinhaltet unter anderem die Aufforderung nach Offenlegung der Dienstberatungsvorlagen. Wenn Sie dazu eine andere Auffassung haben, kann ich persönlich das sehr gut verstehen. Doch eine Aufforderung ist keine Beauftragung. Mit einer Aufforderung kann man so oder so umgehen. Man kann zum Beispiel einen Verwaltungsstandpunkt formulieren, selbstverständlich nicht mit dem Votum „Ablehnung, weil schon Verwaltungshandeln“; das will ich Ihnen aber nicht unterstellen. Aber: Zustimmung mit Änderung, das Aufzeigen von Alternativen, selbst eine Ablehnung mit schlüssigen Argumenten, all das wäre möglich gewesen, wenn man denn eine Lösung sucht. Aber das haben Sie nicht getan. Auch deshalb werden wir dem Antrag zustimmen. Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch. Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Liebe Stadtratskollegen! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Frau Dr. Lauter, das ist eben nicht nur eine Entscheidung eines Streits zwischen einer einzelnen Fraktion und dem Oberbürgermeister, sondern es ist eine Entscheidung in einem Streit, der uns alle als Gremium Stadtrat und damit Organ dieser Stadt angeht. Deswegen hatten wir den Antrag gestellt, in einem Hauptsacheverfahren als Stadtrat diesem Streit beizutreten. Im Moment sieht es zwar nicht danach aus, dass es dazu kommt; aber wenn es doch noch dazu kommt, kann ich nur dafür werben, als Stadtrat zusammenzustehen und gemeinsam für unsere Rechte zu kämpfen. Frau Niermann, lassen Sie mich die ketzerische Frage stellen: Sehen wir nicht jetzt schon manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht? Liegt das immer nur am Papier? Liegt das bei manchen nicht auch an der Breite der Themen, mit denen wir uns zu beschäftigen haben? Liegt das nicht auch daran, dass sich manche von uns nur auf ein Thema fokussieren, was allerdings in kleineren Fraktionen schwieriger zu händeln ist S e i t e | 47 als in größeren Fraktionen? Liegt das nicht vielleicht auch an den Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben, nämlich nur das Deckblatt zu lesen, eine Vorlage nur anzulesen und dann zu resignieren? Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte schon wissen, insbesondere dort, wo ich mich als Stadtrat als längerer Arm der Verwaltung sehe - das sind nach der Gemeindeordnung die Angelegenheiten, die eben nicht nur Angelegenheit der Gemeinde sind und die wir als freiwillige Angelegenheiten entscheiden -: Wo spiele ich als ehrenamtlicher Stadtrat - wir sind 70 an der Zahl - gegen 5.000 Verwaltungsmitarbeiter Simultanschach? In dem Wissen möchte ich schon Verwaltungsentscheidungen, die mir als Empfehlung in einer Vorlage zur Abstimmung vorgelegt werden, nachvollziehen können. Ich möchte nicht nur die scheinbar abgestimmte Meinung der Verwaltung als Meinung des Oberbürgermeisters nachvollziehen können, sondern ich möchte gerade bei den großen Themen dieser Stadt - Verkehr, Schulen, Kitas, Infrastruktur nachvollziehen können: Welche Argumente gibt es beim Wirtschaftsdezernat? Welche Argumente hat der Finanzbürgermeister? Welche Argumente hat das Baudezernat? Welche Argumente gibt es aus Sicht des Dezernats von Herrn Rosenthal? All das möchte ich schon wissen, abwägen und meiner eigenen Entscheidung zugrunde legen wollen. Wie weit das geht, inwieweit wir das fordern und auch verlangen können, ohne nur einen Appell an den Oberbürgermeister zu richten, kann ich hier nicht entscheiden. Ob das letztlich in Form der Dienstberatungsprotokolle oder einer Gegenüberstellung der Meinungen der einzelnen Dezernate oder einer anderen Aufbereitung der Vorlagen gelingt, das kann ich nicht entscheiden und das will ich nicht entscheiden. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist richtig und wichtig, weil sie besagt: Sie, Herr Oberbürgermeister, dürfen uns die Schere im Kopf vorab nicht aufzwingen. Sie haben einen Antrag, der gestellt ist, nicht inhaltlich vorab zu bewerten, sondern ein Antrag, der mit den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu tun hat, muss unabhängig von seinen Folgen hier im Stadtrat eingebracht und abgestimmt werden. Wie man mit dem Ergebnis eines solchen Antrags umgeht, das ist eine ganz andere Frage. Was die Rechte des Stadtrats und was die Pflichten des Oberbürgermeisters sind, wo sie enden und wer sie gegeneinander abgrenzt, das ist ursächlich Aufgabe des Stadtrats, Herr Oberbürgermeister. Das hat das Verwaltungsgericht ganz klar herausgestellt. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Insofern vielen Dank für das Engagement der Grünen, die den Weg zum Verwaltungsgericht gegangen sind. Es hätte in der jüngsten Vergangenheit viele Anlässe gegeben, das zu tun. Sie haben einen Anlass genommen und das Thema Transparenz und Umgang von Wissen der Verwaltung gewählt, um eine Entscheidung herbeizuführen. Insofern vielen Dank. Die Zustimmung der Freibeuter zu Ihrem Antrag ist Ihnen an der Stelle gewiss. Oberbürgermeister Jung: Frau Heller. Stadträtin Heller (CDU): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es kurz: Sosehr wir das Ansinnen unterstützen und auch den Wunsch von Herrn Hobusch nachvollziehen können, sehen wir verschiedene Probleme, zum Beispiel dass die Sächsische Gemeindeordnung dafür geändert werden müsste, weil es laut dieser nur eine Verwaltungsmeinung gibt. - Das dazu. Ich möchte noch auf Folgendes hinweisen. Transparenz heißt: durchsichtig sein, etwas durchblicken können. Dieser Antrag öffnet unserer Meinung nach leider der Verwaltung Tür und Tor, uns mit jeder kleinen Notiz zu bombardieren, sodass wir am Ende tatsächlich nicht mehr durchblicken werden. Es ist wirklich schade, dass es zu diesem Antrag keinen VSP mit einem Alternativvorschlag gab. Wir hätten uns das sehr gewünscht. Wir wissen, dass wir als CDU-Fraktion in einer guten Ausgangsposition sind, gerade was die Akteneinsicht angeht. Wir haben dieses Instrument in den letzten drei Jahren sehr häufig genutzt und sehr oft Anträge gestellt. Wir wissen, dass es für kleinere Fraktionen schwieriger ist, damit durchzukommen. Deswegen will ich Ihnen das Angebot machen: Wann immer die Grünen oder die Freibeuter oder sonst wer Akteneinsicht in die Vorgänge der Verwaltung nehmen wollen, bitte wenden Sie sich an uns. Ich bin sicher, wir können im Zweifelsfall die Mehrheit für den Antrag organisieren, sodass jeder dort Einsicht nehmen kann, wo er das will, und so sein Recht als Stadtrat wahrnehmen kann. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr von der Heide. Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Ich würde gern einen Aspekt von Herrn Hobusch weiterführen. Er sagte: Ich will wissen: Welche Argumente hat der Finanzbürgermeister? Welche Argumente hat das Wirtschaftsdezernat? - Bisher ging es nur darum: Welche Informationen bekommen wir als Stadtrat? Ja, wir als Stadtrat können das auch in den Ausschüssen S e i t e | 48 erfragen und bekommen im Zweifel sogar eine Antwort. Aber es geht doch auch darum, dass diese Informationen in den öffentlich zugänglichen Vorlagen enthalten sind, sodass auch die Bürger abschätzen können, welche Argumente dafür oder dagegen sprechen. Ich will Ihnen das am Beispiel der Sammelvorlage „Leipzig-Kitas“ deutlich machen. In der Vorlage ist zu lesen: Das sind alles Superstandorte, alles ist prima, Blockrandbebauung usw. Im Ausschuss wurde über die verschiedenen Standorte diskutiert und von der Verwaltung dargelegt, welche Abwägungen zu der Entscheidung geführt haben. Diese waren auch durchaus nachvollziehbar, aber sie sind dieser Vorlage nicht zu entnehmen. Damit heißt das für die Allgemeinheit: Wir als Stadtrat beschließen heute völlig unkritisch eine Supervorlage. - Und das stimmt so nicht. Würden diese Informationen aus der für die Öffentlichkeit zugänglichen Vorlage transparent hervorgehen, würde das letztlich auch zur Akzeptanz unseres Beschlusses beitragen. Oberbürgermeister Jung: Frau Krefft noch einmal. Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass im Beschlusstext unseres Antrags auf die Relevanz einer Anlage abgehoben wird. Es geht nicht darum, dass wir künftig mit Informationen so zugedeckt werden, dass wir sie gar nicht mehr durchschauen können, sondern es geht darum, dass uns relevante Informationen zugänglich gemacht werden. Das heißt nicht, dass alle diese Informationen in der Vorlage stehen müssen. Das kann auch heißen, dass es im eRis als Anlage oder anderswo kenntlich gemacht wird, wie sowohl von Herrn Hobusch als auch Herrn von der Heide formuliert wurde, sodass wir dem gezielt nachgehen können. Liebe CDU, es geht mir nicht darum, Streit zu suchen oder einen Aktenuntersuchungsausschuss einzuberufen. Ich möchte die Arbeitsfähigkeit dieses Gremiums und die Zusammenarbeit angesichts der Aufgaben der wachsenden Stadt meistern können. Ich möchte das gemeinsam mit der Verwaltung tun, so wie es auch die Gemeindeordnung vorsieht, und ich möchte das in dem Einvernehmen tun, dass wir hier die großen Linien diskutieren können. Wir streiten inhaltlich in der Sache, aber die Arbeitsgrundlage sollte fair und transparent sein. Darum geht es uns mit diesem Antrag. Oberbürgermeister Jung: Frau Gabelmann. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 S e i t e | 49 Stadträtin Gabelmann (Freibeuter): Ich möchte noch auf drei Aspekte eingehen. Erstens. Sie können im Ausschuss alles erfragen, aber bei manchen Vorlagen ist das wie Stochern im Nebel, weil man gar nicht weiß, wonach man eigentlich fragen soll. Man hat zwar das Gefühl, da ist noch etwas; aber man weiß nicht genau, welches Dokument man noch anfordern soll, weil man nicht weiß, welche Dokumente noch relevant sind. im Gegenteil: Auch wir wollen, dass wir hier arbeiten können, dass wir Argumente austauschen können und dass wir aufgrund einer sachlichen Diskussion und mit den richtigen Informationen versorgt eine gute Entscheidung finden können. Zweitens. Es ist lieb, dass Frau Heller uns angeboten hat, dass wir, wann immer wir Akteneinsicht haben wollen, die Unterstützung der CDUFraktion haben. Aber ich persönlich gehe davon aus, so etwas sollte unaufgefordert erfolgen, sodass wir nicht jedes Mal, im Zweifel bei jeder Vorlage, erneut Akteneinsicht beantragen müssen. Ich nehme an, dass die Verwaltung diesen Arbeitsaufwand auch gar nicht möchte. Zusätzlich ist es durch Terminsetzungen usw. auch eine Erschwernis für uns, entsprechende Termine für eine Akteneinsicht zu bekommen. Bürgermeister Hörning: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum transparenten Verwaltungshandeln: Der Oberbürgermeister wird mit Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aufgefordert, alle Informationen und Beschlussvorlagen inklusive aller relevanten Anlagen, die zur Meinungsbildung erforderlich sind, vollständig offenzulegen und alle Beschlussinformationen sowie Dienstberatungsvorlagen frühzeitig im elektronischen Ratsinformationssystem vollständig zu veröffentlichen. Drittens. Ich kann nicht verstehen, dass einige Fraktionen diesen Antrag ablehnen möchten. Sie müssen nicht selbst davon Gebrauch machen, wenn Sie das nicht möchten. Aber anderen zu verwehren, Akteneinsicht nehmen zu können, das verstehe ich nicht. Damit würden Sie den Ratskollegen in den Rücken fallen. Vielleicht können Sie das noch einmal überdenken. Der Antrag wurde zunächst als unzulässig von der Verwaltung zurückgewiesen und nicht auf die Tagesordnung der Ratsversammlung genommen, da diese Aufforderung in die Kompetenz des Oberbürgermeisters eingreift und ein Beschluss als bindender Auftrag an den Oberbürgermeister gesehen wurde. Oberbürgermeister Jung: Frau Niermann. Stadträtin Niermann (CDU): Herr Oberbürgermeister! Frau Gabelmann, Sie verstehen nicht, warum wir uns gegen diesen Antrag aussprechen. - Das betrifft uns natürlich alle. Wenn dieser Antrag Erfolg hat, dann wird sich der Herr Oberbürgermeister mit Sicherheit nach diesem Antrag richten und uns alle mit allen möglicherweise relevanten Informationen versorgen; da bin ich mir ganz sicher. Herr Hobusch, in Sachen Relevanz will ich mich einmal an Sie als Jurist wenden. Sie wissen, wie schwierig es ist, zu entscheiden, welche Dinge relevant sind und welche nicht. Das hängt sehr davon ab, wen es betrifft. Das hängt auch sehr von der Sache ab. Insofern denke ich: Wir sind hier 70 Stadträte, und es wird 70 verschiedene Relevanzen geben. Wenn wir dann noch die einzelnen Verwaltungsbereiche hinzuzählen, haben wir sehr viele relevante Informationen zu erwarten. Ich darf ganz ketzerisch einmal die Frage stellen: Können wir alle sicher sagen, was von alldem wirklich relevant und was irrelevant ist? Nun zu Ihnen, Frau Krefft. Auch uns geht es um die Arbeitsfähigkeit dieses Gremiums. Wir wollen keinen Streit, in dem Fall ganz sicher nicht. Ganz Oberbürgermeister Jung: Bevor ich selbst einige Sätze dazu sage, gebe ich Herrn Hörning das Wort zur rechtlichen Einordnung. In dem von der Fraktion eingeleiteten gerichtlichen Verfahren hatte die Antragstellerin, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, erklärt, es handle sich bei dem Antrag um einen reinen Appell. Das Gericht hat einen Antrag als Appell unabhängig von der Frage, ob die Angelegenheit als solche dem Oberbürgermeister oder dem Stadtrat zuzuweisen ist, ausdrücklich mit Beschluss vom 05.10.2017 zugelassen. Grundsätzlich sei ein Appell des Stadtrats immer möglich. Aufgrund dieser Klarstellung bedurfte es auch keiner weiteren rechtlichen Klärung im Gerichtsverfahren. Die Verwaltung nimmt den Appell zur Kenntnis. Bereits heute legt die Verwaltung dem Stadtrat alle zur Entscheidungsfindung notwendigen Unterlagen vor. Dabei ist der Ansprechpartner für den Stadtrat der Oberbürgermeister als Organ. Die Transparenz des Verwaltungshandelns und von Entscheidungen des Stadtrats ist für die kommunale Selbstverwaltung wesentlich, um sowohl den Stadträten als auch den Bürgerinnen und Bürgern das Handeln der Verwaltung nahezubringen. Wesentlich dafür ist die Veröffentlichung aller Vorlagen des Stadtrats, soweit dies gesetzlich nicht untersagt ist. Soweit dies gesetzlich zulässig ist, werden die Vorlagen für den Stadtrat veröffentlicht. Soweit auch bei nichtöffentlichen Vor- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 lagen Nachfragen bestehen oder Informationen unvollständig sein sollten oder Abwägungsgründe nicht nachvollziehbar sind, wird bereits jetzt und wird auch zukünftig jede Nachfrage von Stadträten beantwortet und werden notwendige Unterlagen beigereicht. Nur unter dieser Bedingung ist eine Entscheidungsfindung durch den Stadtrat möglich. Dies wird auch schon heute so praktiziert. Daher wird die Transparenz von Verwaltungshandeln auch weiterhin ein wesentliches Ziel und Aufgabe der Verwaltung sein. Der Appell zu Transparenz, der Appell zu Vorlagenqualität wird insofern sehr deutlich zur Kenntnis genommen. Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Ich möchte noch einige Sätze ergänzen, um der Legendenbildung vorzubeugen. - Appelle konnten immer und können jederzeit in diesem Stadtrat aufgerufen werden. Allerdings hatte mich der Ältestenrat vor geraumer Zeit aus gegebenem Anlass gebeten, vor Beschluss hier im Stadtrat zu prüfen, ob ein Antrag gegebenenfalls rechtswidrig sein könnte. Das hat übrigens auch Niederschlag in unserer Geschäftsordnung gefunden. Ich zitiere: Verhandlungsgegenstände, die nicht in die Zuständigkeit der Ratsversammlung fallen, sind nicht in die Tagesordnung aufzunehmen. - Das war ein Beschluss des Stadtrats. - Ich zitiere weiter aus der Verfahrensregelung: Nach Eingang der Anträge erfolgt eine Prüfung auf Zulässigkeit durch das BfR bis spätestens zum 15. Tag vor der ersten Lesung des Antrags in der Ratsversammlung. - Sie hatten sich das ausdrücklich gewünscht. Weiter heißt es dort: Werden formelle bzw. materiellrechtliche Gründe festgestellt, die eine Behandlung der Anträge in der Ratsversammlung nicht zulassen, wird gemäß § 4 der Geschäftsordnung verfahren. - Das heißt: abgesetzt. - Das wollte ich Ihnen nur noch einmal in Erinnerung rufen. Hätte ich geahnt, dass Sie einen Appell meinen, Frau Krefft, hätte ich überhaupt nicht geprüft. - Das ist das eine. Das Zweite. Noch nie war die Verwaltung in ihrem Handeln transparenter als heute: mit Vorlagen im Verfahren, die im World Wide Web einsehbar sind, mit Gegenständen, die zur Beschlussfassung gehören, die Ihnen selbstverständlich geliefert werden. Was stimmt, ist, dass S e i t e | 50 die Qualität der Vorlagen nicht immer den Ansprüchen genügt, die wir haben. Da bin ich bei Ihnen. Da können wir besser werden. Da können wir besser abwägen. Da können wir bessere Argumente finden. Da können wir bessere Unterlagen zusammenstellen. Da können wir besser gliedern. Da kann es sprachlich besser werden; darunter leide ich manchmal. Das alles ist richtig. Aber das ist eine Frage der Qualität unserer Vorlagen und Informationen. Der Wunsch und die Absicht der Verwaltung, Ihnen die Informationen zu geben, die Sie brauchen, um abwägen zu können, sind da. Richtig ist aber auch: Ich habe den Ehrgeiz, Ihnen mit einer Verwaltungsmeinung gegenüberzutreten. Es gehört zu einer guten Verwaltung, dass man loyal, sei es als Beamter oder als Angestellter, im Rahmen seiner Tätigkeit die Meinung seines Dienstherrn nach außen vertritt. Wir kommen in der Regel nicht mit unterschiedlichen Meinungen bei Ihnen an - deshalb gibt es das Organ des Oberbürgermeisters -, sondern Sie bekommen eine Meinung, wenn auch nicht immer. Ich bedaure, dass Sie in Ausschüssen teilweise verschiedene Meinungen hören. Ich bedaure, dass Sie unterschiedliche, sich widersprechende Meinungen hören und nicht wissen, wem Sie glauben sollen. Ihr Anspruch müsste eigentlich sein: Die Verwaltung tritt uns gegenüber mit einer klaren Meinung. Daran können wir uns reiben, daran können wir uns abarbeiten. Dafür brauchen wir zwar noch ergänzende Materialien, aber wir sehen eine Haltung. - Sie brauchen keinen Oberbürgermeister, um irgendein Wischiwaschi zu bekommen. Sie brauchen Linie, Sie brauchen Haltung, und Sie brauchen einen Vorschlag. Unabhängig davon: Ja, wir können besser werden. Das stimmt. Ich glaube, dass die Kollegen, die mit mir die Dienstberatung vorbereiten und die Unterlagen sichten, diesen Ehrgeiz auch entwickeln. Wir leiden selbst darunter, dass wir nicht immer die beste Qualität erhalten, weil unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Grenze der Belastung sind und nur im Rahmen ihrer Möglichkeiten agieren können. Aber das sind verschiedene Ebenen. Ich kann nur davor warnen, zu glauben, durch eine Vielzahl von Informationen würde Ihr Kenntnisstand besser. Es ist umgekehrt: Ihr Kenntnisstand wird besser, je klarer wir den Beschlussvorschlag vorbereiten und in einer eigenen Abwägung der Verwaltung eine Haltung formulieren. Davon bin ich überzeugt. Übrigens gehört es zur politischen Arbeit dazu, sich daran zu reiben. Dazu gibt es sofort weitere Wortmeldungen, wie ich sehe. - Frau Krefft, bitte schön. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Oberbürgermeister, ich bin schockiert. Die Welt ist doch nicht so einfach, dass man nur eine Haltung vertreten kann. Es gibt doch völlig unterschiedliche Interessenlagen, allein schon hier auf dieser Bank. Eine Haltung, das ist das Ergebnis einer Abwägung, die Sie zu einer Entscheidung bringen. Das ist auch völlig in Ordnung; denn Sie sollen mit einer Position nach außen und auch uns gegenübertreten. Aber das gibt Ihnen doch nicht das Recht, die Positionen, die Ihnen aus einer anderen Sichtweise vorgetragen werden, einfach zu negieren und überhaupt nicht kenntlich zu machen. Natürlich gibt es zum Beispiel in Sachen Grünflächen oder in Sachen Kultur auch noch andere Meinungen. Es kann doch kenntlich gemacht werden, dass Sie in der Abwägung zu einem anderen Ergebnis gekommen sind. Das wäre auch völlig in Ordnung. Aber es könnte doch sein, dass wir als Stadträte vielleicht die eine oder andere Position stärken wollen, indem wir sagen: Nein, wir sehen das anders. Wir kommen zu einem anderen Abwägungsergebnis. Herr Oberbürgermeister, ich bin wirklich schockiert, dass Sie alles wegwischen wollen und sagen: Nur das, was ich sage, gilt, weil ich an mich den Anspruch habe, dass ich diese Haltung habe und diese Haltung vertreten muss. - Die Welt ist nicht so einfach. Die Welt ist, dass man diskutiert, dass man debattiert und dass man noch einmal prüft, ob Argumente, die Sie in Ihrer Abwägung niedriger eingestuft haben, vielleicht doch höher bewertet werden müssen. Oberbürgermeister Jung: Wenn man jemand missverstehen will, dann ist das Ergebnis. - Frau Krefft, das habe ich überhaupt nicht gesagt. Überhaupt nicht! Ich lehne es ab, dass Ihnen unterschiedliche Meinungen unkommentiert und ohne Beschlussfassung serviert werden. Das wäre wirklich der Tod im Topf, um es einmal salopp zu formulieren, auch in Ausschüssen. Herr Morlok. Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme dem Antrag der Grünen heute zu, und zwar deswegen, weil das Verwaltungsgericht dankenswerterweise klargestellt hat, wie er zu interpretieren ist, nämlich: Das ist ein Appell. Der Oberbürgermeister ist an den Beschluss dieser Aufforderung nicht gebunden. Er kann ihn zur Kenntnis nehmen und mit ihm tun, was er möchte. Ich übertreibe es einmal: Es kann auch sein, dass er gar nichts ändert. Es kann sogar passieren, dass wir, weil auch Appelle immer auf die Tagesordnung gesetzt S e i t e | 51 werden müssen, zukünftig Appelle zu allem Möglichen in dieser Welt auf der Stadtratstagesordnung haben werden. Appelle sind ja nie schädlich. Der Stadtrat kann Appelle zu allem Möglichen verabschieden. Ob das so sinnvoll ist, darüber können wir uns neu unterhalten, wenn uns zukünftige Tagesordnungen vorliegen. Ich glaube, wir haben ein grundsätzliches Dilemma. Ich habe mich deswegen zu Wort gemeldet, weil ich die Unterschiede zwischen einem Kommunalparlament, dem Stadtrat, und einem Landesparlament, dem Landtag, kenne. Im Kommunalparlament gibt es den Oberbürgermeister als Chef der Verwaltung und die Dezernenten, die ihre Dezernate aber nicht in Eigenverantwortung führen; denn der Oberbürgermeister ist ihnen gegenüber weisungsberechtigt. Sie sind also Angestellte mit einer klaren Weisungslinie. Das heißt formal: Wir haben einen Oberbürgermeister, der uns gegenübersteht. Dennoch ist natürlich klar: Es gibt unterschiedliche Interessenlagen. Das ist ja auch deutlich geworden. Das ist auch abgewogen worden. Im Landtag ist es anders: Die Minister führen ihr Ressort eigenverantwortlich und sind an Weisungen, außer im Rahmen der Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten, nicht gebunden. Sie könnten auch, wenn sie wollten, im Landesparlament abweichende Aussagen zu bestimmten Dingen, wie zum Beispiel Finanzen, Kultur, Schule, vertreten. - Das ist der eine Unterschied. Der andere Unterschied ist die Personalausstattung. Während wir im Landtag Fraktionen mit riesigen Personalkörpern und wissenschaftliche Mitarbeiter haben, die tatsächlich in der Lage sind, einer Landesverwaltung auch entsprechend gegenüberzutreten - dort wird übrigens deutlich weniger Papier gewälzt als hier im Stadtrat -, sind wir hier im Stadtrat ganz anders mit Personal ausgestattet und fühlen uns manchmal hilflos, den Dingen Herr zu werden, weil wir überhaupt nicht die Kapazitäten haben, nachzuforschen und zu recherchieren, wo es unter Umständen Ungereimtheiten gibt oder wo man etwas nachfordern müsste oder ob noch ein Dokument fehlt oder welche Frage noch geklärt werden müsste. Die Kraft haben wir in unseren Fraktionen überhaupt nicht. Das ist das Dilemma, in dem wir sind. Ich weiß nicht, ob wir dieses Dilemma durch den Beschluss dieses Antrags auflösen können. Wir müssten uns tatsächlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, Gedanken machen, ob wir die Gemeindeordnung des Freistaats Sachsen ändern und das Verhältnis zwischen Stadtrat und Oberbürgermeister und das Verhältnis zwischen Oberbürgermeister und Dezernenten neu defi- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 nieren müssen. Wenn wir dies nicht tun, werden wir das Dilemma, unter dem wir alle leiden, nicht auflösen können. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr Volger. Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Jung, ich habe Ihnen vorhin zugehört und kann Ihre Position durchaus nachvollziehen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob Sie wissen, wie das bei Nachfragen in Ausschüssen teilweise gehandhabt wird. Ich weiß, wir sollen nicht aus Ausschüssen berichten, an dem Punkt will ich es aber trotzdem tun. Wenn ich zu bestimmten Vorlagen, die mir die Verwaltung vorlegt, Nachfragen stelle wie zum Beispiel „Wie hat denn die Untere Wasserbehörde oder die Untere Naturschutzbehörde oder der Datenschutzbeauftragte dazu Stellung genommen?“ und um deren Stellungnahmen bitte, erhalte ich die Antwort: Die kriegen Sie nicht. Wir vertreten eine Verwaltungsmeinung. Sie erhalten nur die Informationen, die wir Ihnen hier vorgelegt haben. - An dem Punkt fehlt mir als Stadtrat - Sie hatten gesagt, wir müssen transparent miteinander zusammenarbeiten - ein Teil der Information. An den komme ich nicht heran, weil die Aussage so getroffen wird. Ob wir das mit diesem Antrag hier lösen können oder nicht, ist eine ganz andere Frage. Unser Antrag hat Appellcharakter, dass Sie darüber nachdenken, was es bedeutet, wenn Sie sagen: Wir als Verwaltung reden mit einer Stimme. - Sie sagen: Die relevanten Dinge sollen in den Ausschüssen besprochen werden. - Ja, aber wenn uns auch auf Nachfrage Informationen mit dieser Begründung vorenthalten werden - das geht ja nicht nur mir so, sondern auch Stadträten anderer Fraktionen -, werden wir ungehalten, was Sie hoffentlich nachvollziehen können. Darüber sollten wir einmal sprechen, wenn auch vielleicht nicht hier und heute. Die Frage ist: Wie können wir da übereinkommen, dass das nicht mehr passiert. Wenn ich die Unterlagen nicht bekomme, denke ich sofort: Wieso bekomme ich die Unterlagen nicht? Stinkt da irgend-etwas? Wird mir da irgendetwas vorenthalten? Warum hat die Verwaltung so entschieden? - Möglicherweise steckt gar nichts dahinter. Aber ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht, und das ist das Problem. Wenn Sie sich dem annehmen - das ist ja ein Appell - und darüber nachdenken, wie wir eine Lösung finden, um besser miteinander zusammenzuarbeiten, wäre das von Vorteil für uns alle. Oberbürgermeister Jung: Herr Volger, mit diesem Beitrag kann ich umgehen. Der Beitrag stellt S e i t e | 52 nämlich die Frage nach der Kultur unserer Zusammenarbeit. Dass da Verbesserungsbedarf besteht, dass wir da noch Luft nach oben haben, das steht unzweifelhaft fest. Die Wahrheit ist: Mittlerweile gibt es zwischen uns eine Kultur des Misstrauens. Der Stadtrat denkt, ihm werde etwas vorenthalten. Man glaubt nicht ganz, was die Verwaltung formuliert. - Das ist hier heute nicht der Ort, um das zu besprechen, aber wir müssen uns dringend damit beschäftigen. Da haben Sie mich ganz an Ihrer Seite. Die Frage ist nur, mit welchen Instrumenten wir agieren. Die Sächsische Gemeindeordnung ist nicht ohne Grund so formuliert, dass die Beigeordneten in Vertretung handeln, dass wir mit einer Verwaltungsmeinung agieren und dass alle relevanten Unterlagen von uns so aufzubereiten sind, dass Sie objektiv, aus Ihrer spezifischen politischen Sicht der Dinge Entscheidungen treffen können. Ich glaube, es ist dringend geboten, dass wir uns noch einmal zusammensetzen, um diese Kultur der Zusammenarbeit zu diskutieren, damit ein solcher Prozess gar nicht notwendig ist, damit ein solches Missverständnis erst gar nicht entsteht. Frau Krefft, das müssen Sie mir bitte abnehmen: Selbstverständlich habe ich und haben wir alle geglaubt: „Auffordern“ heißt: Der Auftrag ist umzusetzen. - Wir sind gar nicht auf die Idee gekommen, dass Sie einen Appell meinen könnten. Auch Kommunikation ist eine Frage der Kultur unserer Zusammenarbeit. - Sie sehen, es gibt eine Menge zu besprechen. Herr Maciejewski. Stadtrat Maciejewski (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Es freut mich, dass nach dieser langen und anstrengenden Debatte sich abzeichnet, dass wir jetzt zum eigentlichen Punkt kommen. Ich glaube, dass der eigentliche Punkt vom Titel dieses Antrags gar nicht richtig wiedergegeben wird. Es geht nicht um Transparenz. Es geht den Stadträten darum, vollständig informiert zu sein, und das hat in vielen Fällen gar nichts mit Transparenz zu tun. Ich glaube auch, dass der Weg, der im Antrag aufgezeigt wird, zu mehr Informationen führen wird, nicht aber zu mehr Transparenz. Was wir brauchen - das haben Sie richtig erkannt -, ist eine bessere Qualität der Vorlagen. Ich möchte nicht, dass es nach dieser Debatte und der Abstimmung über den Antrag heißt Frau Gabelmann hatte es schon angedeutet -: Diejenigen, die dagegen sind, sind gegen Transparenz. - Dagegen würde ich mich dringend verwahren. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich immer derjenige bin, der nörgelt und nachhakt, wenn die Begründung für die Nichtöffentlichkeit Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 fehlt und etwas aus meiner Sicht öffentlich behandelt werden müsste. Herr Volger, Sie hatten eben angesprochen, dass uns von der Verwaltung bestimmte Informationen vorenthalten werden. - Das ist der klassische Fall für Akteneinsichtnahme. Da bekommen Sie genau das zu sehen. Ich denke, es wäre eine pädagogische Maßnahme, wenn sich der Rat entschließt, zu sagen: Das machen wir mal in drei, vier, fünf Fällen. - Dann wird sich die Verwaltung sicher überlegen, wie sie sich beim nächsten Mal verhält. Mit einer pauschalen Beschlussfassung werden wir, glaube ich, nichts erreichen, außer dass wir am Ende nicht zwei volle Leitz-Ordner für eine Ratsversammlung haben, sondern fünfzehn. Das kann ein ehrenamtlicher Stadtrat nicht mehr leisten, und das möchte ich auch nicht leisten. Mein Petitum wäre: mehr Qualität der Vorlagen. Der Titel dieses Antrags müsste aus meiner Sicht lauten: Wir, die Grünen, wollen mehr Informationen. - Ob das zu mehr Transparenz führt, bezweifle ich. Oberbürgermeister Jung: Das Thema ist auch mit der Abstimmung nicht beendet. Ich verspreche Ihnen, dass wir uns auch im Ältestenrat noch einmal darüber verständigen werden, wie wir zu einer anderen, einer besseren Kultur der Zusammenarbeit zurückfinden können. Können wir jetzt zur Abstimmung kommen? - Bitte schalten Sie Ihr Abstimmgerät ein und geben Sie Ihre Stimme zum Beschlussvorschlag des Antrags 3937 ab! - Ich schließe die Abstimmung. Abstimmung: 31 - 31 - 4. Damit ist der Antrag abgelehnt. Herr Schlegel, möchten Sie zu Ihrem Abstimmungsverhalten eine Erklärung abgeben? Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Nein, Herr Oberbürgermeister, das hätte ich angekündigt. Ich stelle einen Antrag zur Geschäftsordnung, heute auf die Fragestunde zu verzichten und stattdessen endlich zur Abstimmung der wichtigen Vorlagen zu kommen. Ich begründe den Antrag wie folgt: Zum einen besteht bei einigen Vorlagen die Gefahr der Verfristung, wenn sie heute nicht behandelt und abgestimmt werden. Es wäre in dem Zusammenhang wichtig, noch einmal herauszustellen, welche Vorlagen heute unbedingt abgestimmt werden müssen. Zum anderen dürfte es zu einigen Vorlagen auch noch eine längere Diskussion geben. Oberbürgermeister Jung: Darüber muss der Stadtrat entscheiden. Herr Schlegel, ich bin ganz S e i t e | 53 Ihrer Meinung. Wir können die Fragestunde auch später nachholen oder sie heute verkürzen. Wir haben heute noch über wichtige Themen zu entscheiden. Es gibt die Möglichkeit der Gegenrede. - Dann steht der Antrag zur Geschäftsordnung, heute auf die mündliche Beantwortung der Anfragen zu verzichten, zur Abstimmung. Ich würde Ihnen anbieten, dass alle Anfragen, die heute mündlich beantwortet werden sollten, schriftlich beantwortet werden. Frau Heller, bitte. Stadträtin Heller (CDU): Im Sinne des eben behandelten Antrags würde ich gern beantragen, dass die schriftlichen Antworten ab jetzt prinzipiell auch im ALLRIS zugänglich sind und nicht nur an die Fraktionsgeschäftsstellen verteilt werden. Das wäre auch im Sinne von Transparenz. Oberbürgermeister Jung: Frau Heller, die schriftlichen Antworten sind immer im ALLRIS einsehbar. - Definitiv versprochen: Die schriftlichen Antworten auf die heute auf der Tagesordnung stehenden Anfragen werden, wie alle schriftlichen Antworten, auch im ALLRIS eingestellt. Ich bitte Sie um Ihr Handzeichen. Wer stimmt dem Antrag zu, heute auf die Fragestunde zu verzichten? - Gegenprobe! - Enthaltungen? Abstimmung: Zwei Enthaltungen, vier Gegenstimmen. Mit großer Mehrheit so beschlossen. 16 Bericht des Oberbürgermeisters Den kann ich Ihnen nicht ersparen. Ich muss zu Protokoll geben, was in London passiert ist, und bitte Herrn Fabian, währenddessen die Sitzungsleitung zu übernehmen. (Übergabe der Sitzungsleitung an Bürgermeister Prof. Dr. Fabian) Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn vieles schon in der Öffentlichkeit diskutiert wurde: Es ist wichtig für die Information des Rates und die Protokollführung, gegebenenfalls auch für Fragen des weiteren Fortgangs, dass ich Sie ausführlich informiere zum Urteil im Rechtsstreit UBS gegen KWL, DEPFA und Landesbank Baden-Württemberg vor dem Court of Appeal in London am 16.10.2017. Sie haben es sicherlich aufmerksam verfolgt. Die Kommunalen Wasserwerke haben gegen UBS auch vor dem Court of Appeal in London gewonnen. Der Londoner Court of Appeal hat die Beru- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 fung der UBS gegen das Urteil des High Court of Justice vom 4. November 2014 zurückgewiesen. Daher bleibt es bei dem Ergebnis in erster Instanz: Die KWL müssen aus den CDOTransaktionen keine Zahlungen leisten. Schon im Rahmen des seitens der UBS vor dem High Court angestrengten erstinstanzlichen Verfahrens im Rechtsstreit hatten sich zwischenzeitlich auch die DEPFA und die Landesbank Baden-Württemberg, LBBw, von der UBS ausdrücklich distanziert. Das heißt: Die beiden involvierten deutschen Banken haben auf unserer Seite im Berufungsverfahren gestanden. Der Court of Appeal hat nun nach gut sieben Jahren, verbunden mit umfänglichsten und intensiven Sachverhaltungsaufklärungen, Anhörungen und Bewertungen, dieses wegweisende Urteil verkündet. Im Ergebnis wurde nunmehr auch durch ein zweites unabhängiges Gericht festgestellt, dass der UBS keinerlei Zahlungsansprüche gegen die KWL zustehen. Damit die KWL die Forderungen der UBS in Höhe von insgesamt ungefähr 500 Millionen Euro erneut erfolgreich abgewendet. Ich darf noch einmal erinnern, worum es in dem Rechtsstreit eigentlich ging. Es ging um insgesamt vier sehr komplexe, derivative Finanztransaktionen, sogenannte Collateralized Debt Obligations, kurz: CDOs. Diese CDOs wurden der KWL in den Jahren 2006 und 2007 von der UBS verkauft. Die UBS selbst schloss mit der KWL einen dieser CDOs unmittelbar ab. Für die drei weiteren CDOs fand die UBS mit der DEPFA und der LBBw sogenannte Intermediärbanken. Unter sämtlichen CDOs sollte die KWL Kreditsicherheit für Portfolien von Unternehmenskrediten übernehmen. Die CDOs waren so strukturiert, dass bereits wenige Ausfälle in diesen Portfolien genügten, um ganz erhebliche Zahlungsverbindlichkeiten der KWL gegenüber der UBS bzw. den Intermediärbanken entstehen zu lassen. - Ich habe gerne immer den Vergleich bemüht, damit man sich vorstellen kann, worum es eigentlich geht: Man versichert einen Wolkenkratzer im Erdbebengebiet und gibt als Sicherheit seine eigenen Wasserwerke. So risikoreich waren diese Geschäfte. Im Zuge der weltweiten Finanzkrise kam es ab dem Jahr 2008 in der Tat zu Ausfällen in den Portfolien. In der Folge wurde die KWL von UBS und zunächst auch von DEPFA und LBBw aus den CDOs auf Zahlung von damals rund 350 Millionen Euro in Anspruch genommen. Dagegen hat sich die KWL auch gerichtlich in London gewehrt. Der High Court of Justice hat sich umfassend mit den Fakten und deren Hintergründen auseinandergesetzt und nach 42 S e i t e | 54 Verhandlungstagen am 04.11.2014 festgestellt, dass UBS, DEPFA und LBBw keinerlei Zahlungsansprüche gegen die KWL zustehen. Das war ein Richter, nämlich Richter Males. Er kam zu dem Schluss - ich zitiere -, „dass der vorliegende Fall geradezu ein ‚Paradebeispiel‘ dafür sei, wie ehrliches und faires Investmentbanking nicht betrieben werden sollte.“ Weiter stellte er fest, dass der zwischen KWL und UBS abgeschlossene CDO aufgrund einer Reihe schwerwiegender Pflichtverletzungen von UBS-Mitarbeitern rückabzuwickeln sei. Zu diesen zählte Richter Males unter anderem auch das unangemessen enge Verhältnis zwischen der UBS und Value Partners. - Für die neuen Stadträte: Value Partners ist die Schweizer Beratungsfirma, die KWL engagiert hatte, um sie beim Abschluss der CDOs unabhängig zu beraten. Es waren vor allen Dingen zwei Männer namens Senf und Blatz, die dort aktiv waren. Im Urteil wird auch die UBS Global Asset Management, kurz: UBS GAM, heftig kritisiert. Die UBS GAM war damit betraut, die CDOKreditportfolien der KWL zu verwalten. UBS GAM setzte nach den Feststellungen des High Court of Justice einseitig auf hochriskante Kredite aus der Finanzbranche und überwachte deren Entwicklung eben nicht ordentlich. Das Gericht kam damals zu dem Ergebnis, dass die Verwaltung der Portfolien durch UBS GAM nicht dem erwarteten Standard entsprach und dass die Verluste in sämtlichen Kreditportfolien allein durch die Pflichtverletzungen der UBS GAM verursacht worden sind. - Ich darf es einmal einfach sagen: Nur durch das Management der UBS GAM kommt es zu den Verlusten. Gegen dieses Urteil ging die UBS dann in Berufung. Die wesentlichen Eckpunkte der Gerichtsentscheidung nun: Erstens. Die UBS hat keine Zahlungsansprüche gegen die KWL aus dem Balaba CDO, so die Abkürzung des großen CDOs. UBS wusste, dass Value Partners bei ihrer Beratung der KWL einen Interessenkonflikt hatte; das ist das entscheidende Wort. Ferner war der UBS bekannt, dass Value Partners gegen die ihnen der KWL gegenüber obliegenden Treuepflichten verstießen. Durch ihre Mitwirkung an den Treuepflichtverstößen der Value Partners wurde UBS auch mit der Bestechung des Geschäftsführers Heininger infiziert. Da UBS wusste, dass Value Partners die KWL bei Abschluss des Balaba CDO nicht unabhängig berieten, kann sie auch aus diesem Grund ihre Zahlungsansprüche gegenüber der KWL nicht durchsetzen. Die Berufung wurde zurückgewiesen. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Zweitens. UBS hat keine Schadensersatzansprüche gegen die KWL aufgrund der Täuschungen durch Heininger. Drittens. LBBw darf gegen KWL nicht mehr aus dem dort ansässigen CDO vorgehen. Nach den von UBS nicht mit der Berufung angegriffenen Feststellungen hat die UBS die LBBw in Zusammenhang mit dem Abschluss dieser Transaktion arglistig getäuscht. Ein englisches Gericht bestätigt, dass die UBS die LBBw getäuscht hat. Aus diesem Grund war die LBBw nach Auffassung des Erstgerichts dazu berechtigt, von ihrem Vertrag mit UBS, den sogenannten Back-Swaps, zurückzutreten. Viertens. DEPFA darf keine Zahlungsansprüche gegen die KWL aus den MBIA- und den MerrillLynch-CDOs geltend machen. Da auch DEPFA nach den Feststellungen des Gerichts bei Abschluss dieser Transaktion getäuscht wurde, war auch sie zum Rücktritt berechtigt. Auch diese Berufung der UBS wurde zurückgewiesen. Fünftens. KWL hat Schadensersatzansprüche gegen UBS GAM wegen der Portfoliomanagements. Selbst wenn UBS dazu berechtigt wäre, KWL auf Zahlung in Anspruch zu nehmen, hätte KWL auch nach den Feststellungen des Court of Appeal Schadensersatzansprüche wegen miserablem Portfoliomanagements. Sechstens. Der Cross-Appeal der KWL wurde zurückgewiesen. Die KWL ihrerseits hatte Berufung eingelegt. Diese Ansprüche wurden ebenfalls abgewiesen. Wie geht es weiter? Die KWL wird sich in den nächsten Wochen eingehend mit den konkreten Folgen auseinandersetzen. Dies gilt einerseits für die Verfahren vor den Gerichten in Sachsen wie auch hinsichtlich etwaiger bilanzieller und liquiditätsseitiger Folgen für KWL, LVV und Stadt, auch für die Jahresabschlüsse. Damit werden sich die jeweils zuständigen Gremien in 2018 noch gesondert beschäftigen. Aber eines ist schon klar: Wir haben keinesfalls mehr Geld in der Tasche, wie wir uns das wünschen würden. Ich würde gerne heute vor Ihnen stehen und sagen: Wir haben 500 Millionen Euro gewonnen. - Nein, wir haben abgewehrt, dass wir 500 Millionen Euro zahlen müssen. Das ist ein großer Unterschied, wie Sie alle wissen. Die geplante Realisierung und Finanzierung unserer Infrastrukturvorhaben von erheblicher strategischer Bedeutung oder des ÖPNV sind auf der Grundlage dieses Urteils jedenfalls nicht mehr so gefährdet, wie sie anderenfalls gewesen wäre. Eine Einschränkung unserer finanziellen Handlungs- und Investitionsfähigkeit infolge sonst zudem drohender zusätzlicher Verschuldung wurde abgewendet. Die Bonität Leipzigs ist S e i t e | 55 gestärkt. - Ich denke, Herr Bonew, das freut Sie auch. - Die Kapitalausstattungsvereinbarung zwischen der Stadt und der LVV bleibt zumindest bis zur abschließenden Klärung aller Verfahren bestehen. - Sie erinnern sich: Wir sind als Stadt, wenn Sie so wollen, Bürge geworden für die Situation. Noch am späten Nachmittag des 16.10. hat der Court of Appeal eine gerichtliche Verfügung erlassen, aus der sich der vollstreckbare Inhalt des Urteils ergibt. Dies betrifft in erster Linie die Kostenerstattungsansprüche von KWL, LBBw und DEPFA gegenüber der UBS für die Berufungsinstanz. - Das war übrigens nach der Pressekonferenz; wir konnten es dort noch nicht mitteilen. Demnach ist die UBS verpflichtet, 80 Prozent der Kosten der KWL in der Berufungsinstanz zurückzuerstatten. - Das ist eine gute Botschaft. Herr Dr. Meyer, das ist schon etwas. Ein Antrag auf Zulassung einer weiteren Berufung durch UBS ist für mich im Lichte dieser Sachlage völlig unverständlich. Die UBS hat angekündigt, gegen dieses Urteil Berufung einlegen zu wollen. Eine solche weitere Berufung bedarf wie in erster Instanz einer Zulassung durch die Gerichte. Anders als in Deutschland beantragt man eine Berufung, diese kann abgewiesen werden. Damit die UBS nun noch die Möglichkeit, einen entsprechenden Antrag direkt beim Supreme Court zu stellen. Die KWL ihrerseits beantragt, den Zulassungsantrag zurückzuweisen. Die Anwälte der KWL haben mir versichert: Die Hürden für eine solche Zulassung sind sehr, sehr hoch in England. Um diese zu überwinden, müsste UBS insbesondere darlegen, dass es sich bei den von ihr angegriffenen Feststellungen um grundsätzliche, öffentlich bedeutende Entwicklungen handelt. Bei der Entscheidung wird dann berücksichtigt werden müssen, dass sich das erstinstanzliche Gericht und das Berufungsgericht mit der Sachlage auseinandergesetzt haben. Weiter wäre im Rahmen der Zulassung zu berücksichtigen, dass Zahlungsansprüche der UBS gegen KWL ausscheiden, weil KWL auch im Ergebnis des aktuellen Urteils Schadensersatzansprüche gegen die UBS GAM hätte. Im Compliance-Papier der UBS „Was gilt im Geschäft? Unser Verhaltens- und Ethikkodex“, das man auch im Internet einsehen kann, heißt es: Wir halten uns nicht einfach nur an Gesetze, Vorschriften und Regelungen, sondern wir tun, was richtig ist. Wir fragen uns nicht nur, ob unser Handeln legal ist, sondern ob es unseren drei Verhaltensweisen entspricht: Integrität, Zusammenarbeit und Hinterfragen. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Wir stellen sicher, dass wir unseren Kunden adäquate Produkte und Dienstleistungen anbieten und dass diese nicht deren Interessen zuwiderlaufen. Unsere Beratung oder unser Umgang mit Kunden darf nie von den Interessen von UBS oder unseren eigenen beeinflusst werden. Das steht da alles drin. - Ich glaube, vor diesem Hintergrund sind nicht nur wir, sondern sicherlich auch andere Marktteilnehmer sehr gespannt, ob eine Berufung tatsächlich eingereicht oder zugelassen wird. Sollte es so kommen, sind wir sehr zuversichtlich, dem widerstehen zu können. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte mehrfach betont, dass ich mir ein anderes Urteil nicht hätte vorstellen können. Es wäre den Leipzigerinnen und Leipzigern auch schwer zu vermitteln gewesen. Es wäre nicht erklärbar gewesen, warum die Bürgerinnen und Bürger in letzter Konsequenz für den kriminellen Eifer einiger weniger hätten zahlen müssen. So hat ein weiteres Londoner Gericht ein Urteil in der Sache gesprochen, das nachvollziehbar ist und das sich, denke ich, auch mit dem Gerechtigkeitsempfinden deckt, auch wenn das keine juristische Kategorie ist. Am Ende dieser Erklärung in der Sache möchte ich mich persönlich bedanken. Ich möchte mich bei Ihnen von ganzem Herzen bedanken. So wie der Stadtrat in dieser Frage miteinander gestanden hat, wie wir uns vom Verwaltungsausschuss bis zum Stadtrat hier in öffentlicher Sitzung mit der Sache beschäftigt haben, das ist beispielhaft gewesen und, wie ich denke, im guten und vollem Interesse der Stadt. Ich möchte mich auch bei den Akteuren bedanken, die seit gut sieben Jahren und zeitweise unter enormer persönlicher Belastung dazu beigetragen haben, dass wir uns heute über diesen Erfolg freuen können. Ich danke zur Person Herrn Theis - er ist leider krank; gute Besserung! -, Herrn Dr. Meyer sowie dem ganzen Team der KWL. Ich danke dem Anwaltsteam der KWL, namentlich Frau Volohonsky - schade, dass sie heute nicht hier sein kann - und Frau Holden von Noerr, Tim Lord und seinem Team sowie den Kollegen von Addleshaw in London. Ich danke stellvertretend für die LVV Herrn Dr. Menke und Herrn Müller und deren Team. Ich danke aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Verwaltung: Herrn Bonew, Herrn Dirk Müller - Gruß nach Ingolstadt; er hat alles verfolgt und sich sofort per SMS gemel- S e i t e | 56 det -, Herrn Kube vom Rechtsamt, Herrn Tirpitz aus der Kämmerei. Ich danke Herrn Auerhammer und seinem Team und all jenen, die uns geholfen haben, nicht zuletzt Herrn von Berg, der einen ganz wesentlichen Beitrag geleistet hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie können versichert sein, dass wir auch weiterhin gemeinsam mit der gebotenen Sorgfalt die Folgen des Urteils weiter begleiten und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt hoffentlich dann auch ganz abwenden können. Ich denke, das ist ein guter Tag für Leipzig. (Beifall) Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Es besteht jetzt die Möglichkeit zu Stellungnahmen und Nachfragen zur Sache. - Herr Deissler. Stadtrat Deissler (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Oberbürgermeister, zwei Fragen: Erste Frage: Hat das Gericht angedeutet, falls die UBS in Berufung gehen sollte, wovon man nicht ausgehen muss - die Hürden hatten Sie ja erläutert -, wie lange das Gericht sich für die Entscheidung Zeit lassen wird, diese zuzulassen oder abzulehnen? Zweite Frage: Ist es richtig, dass, wenn das Gericht eine Berufung ablehnen würde, das Verfahren endgültig beendet ist? Oberbürgermeister Jung: UBS hat jetzt 28 Tage Zeit, in Berufung zu gehen. Ich habe den Anwälten genau dieselbe Frage gestellt: Wie lange hat das Gericht jetzt Zeit? - Das ist nicht definiert. Erfahrungsgemäß sind Berufungen bei zweimaliger Ablehnung äußerst selten. Aber wir müssen davon ausgehen, dass wenn doch innerhalb von sechs Monaten wiederum Entscheidungen fallen. Wenn die Berufung vom Supreme Court nicht zugelassen wird, ist das Verfahren nach heutigem Stand - so meinen wir - beendet, es sei denn, UBS findet noch eine Möglichkeit, den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Aber das sehen wir zurzeit nicht. Das Urteil ist übrigens im Netz abrufbar. Es ist 100 Seiten stark. Frau Niermann, was sagen Sie als Richterin: 11.30 Uhr Verkündung des Urteils, 11.30 Uhr im Netz. - Eine starke Leistung, oder? Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 (Übergabe der Sitzungsleitung an Oberbürgermeister Jung) 17 Spenden, Schenkungen und ähnliche Zuwendungen 17.1 Entscheidung über die Annahme von Spenden, Schenkungen der Stadt Leipzig und ähnliche Zuwendungen gem. § 73 (5) SächsGemO bis August 2017 (VI-DS-04808) Einreicher: Dezernat Finanzen Gibt es dazu Nachfragen? - Das ist nicht der Fall. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. 18 Vorlagen I 18.1 „Leipzig-Kitas“ - Baubeschluss zur Eigenrealisierung von Kindertagesstätten und Bestätigung außerplanmäßiger Auszahlungen für 2017 und 2018 nach § 79 (1) SächsGemO sowie außerplanmäßiger Verpflichtungsermächtigungen nach § 81 (5) SächsGemO (VI-DS04806-NF-06) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Einreicher: Dezernat Finanzen 18.1.1 dazu ÄA (VI-DS-04806-ÄA-02) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 18.1.2 dazu ÄA (VI-DS-04806-ÄA-02-ÄA-01) Einreicher: Stadtrat C. Zenker 18.1.3 dazu ÄA (VI-DS-04806-ÄA-03) Einreicher: SPD-Fraktion 18.1.4 dazu ÄA (VI-DS-04806-ÄA-04) Einreicher: CDU-Fraktion 18.1.5 dazu ÄA (VI-DS-04806-ÄA-05) Einreicher: Ortschaftsrat Seehausen Eine wichtige Vorlage, die Kollege Fabian einbringen wird. - Bitte. Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Ich freue mich sehr, dass ich die Gelegenheit habe, diese Vorlage hier heute einzubringen. Um es gleich vorwegzunehmen: Diese Vorlage ist ein Gemeinschaftswerk dieser Verwaltung. Im Anschluss an meine einführenden Worte wird Kollege Bonew noch zu den finanziellen Rahmenbedingungen ausführen. Wir alle wissen: Der Bedarf an zusätzlichen Betreuungsplätzen in Kindertagesstätten in Leipzig ist sehr groß. Er wird auch weiterhin wachsen. Darüber freuen wir uns. Das stellt uns aber auch S e i t e | 57 vor immense Herausforderungen und verlangt von uns, jetzt kurzfristig zu handeln. Mit dieser Vorlage wollen wir die Voraussetzungen für die Realisierung von 13 weiteren Kindertagesstätten auf 12 kommunalen Grundstücken schaffen. Ich sage „weiteren“, weil wir Jahr für Jahr zusätzliche Kindertagesstätten planen, die in der Regel von privaten Investoren gebaut werden. Nur: Das, was wir jetzt in der Planung haben - für das nächste Jahr über 1.500 Plätze und für das Jahr 2019 ebenfalls 1.500 zusätzliche Plätze -, wird nicht reichen, es reicht schon jetzt nicht. Deswegen müssen wir kurzfristig zusätzlich handeln. Von den 13 Einrichtungen, die wir Ihnen mit dieser Vorlage vorschlagen, sollen vier in kommunaler Trägerschaft und neun in freier Trägerschaft betrieben werden. Ich habe es immer so mitgenommen, dass es ausdrücklicher Wunsch des Stadtrates ist, dass der Anteil der Kindertagesstätten, die in kommunaler Trägerschaft betrieben werden, auch bei einem Aufwachsen des Kindertagesstättennetzwerks weiterhin konstant gehalten wird. Es handelt sich hier um das bisher größte kommunale Kitabauvorhaben in Leipzig seit 1990. Hierfür sollen 45 Millionen Euro bereitgestellt werden. Mit der Umsetzung dieser 13 Projekte werden 1.760 neue Plätze geschaffen, und das bis 2019. Damit wird es uns gelingen, dann jedem Kind einen Betreuungsplatz anbieten zu können. Allerdings - das muss ich jetzt schon ankündigen - werden ab 2021 weitere Projekte notwendig sein, um den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz gewährleisten zu können, da wir davon ausgehen müssen und dürfen, dass die demografische Entwicklung weiterhin anhalten wird. Wir werden mit den geplanten Maßnahmen und den mit dieser Vorlage vorgeschlagenen Maßnahmen im Laufe der nächsten zwei Jahre zwar eine Entspannung erreichen und tatsächlich ausreichend Plätze zur Verfügung stellen können, müssen aber schon ab 2021 wieder neu planen und das Netz noch weiter ausbauen. Angesichts dieser enormen Herausforderung, in relativ kurzer Zeit neue Plätze in dieser Größenordnung zu schaffen - die Situation ist schon jetzt sehr akut -, hat sich die Verwaltung für eine Eigenrealisierung der 13 Leipzig-Kitas auf Grundlage von Generalübernehmervergaben entschieden. Dabei werden alle Planungs- und Ingenieurleistungen sowie alle Ausführungsleistungen gebündelt vergeben. Diese Zeitersparnis kommt den Familien in Leipzig zugute. Zugleich nutzt die Stadt Leipzig die Gelegenheit, auf den verfügbaren kommunalen Grundstücken selbst als Bauherrin zu investieren und damit auch Vermö- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 gen zu schaffen. Allerdings werden wir auch zukünftig darauf angewiesen sein, dass private Investoren in Leipzig Kitas bauen. Zunächst einmal aber wollen wir mit diesen 13 Kitas beim Ausbau des kommunalen Kindertagesstättennetzwerks einen großen Schritt vorankommen. Herr Bonew wird jetzt die finanziellen Rahmenbedingungen erläutern. Oberbürgermeister Jung: Das ist haushaltstechnisch schon eine Herausforderung. - Bitte, Herr Bonew. Bürgermeister Bonew: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren Stadträte! Im Sommer wohnte ich der Eröffnung des Gymnasiums Schönefeld bei. Bei einem Rundgang sprach mich eine Kollegin aus der Verwaltung an. Sie sagte: Herr Bonew, wir haben gehört, Sie haben Ihre Schatulle für die Kitas geöffnet. Machen Sie doch Ihre Schatulle auch für die Schulen auf! - Eine Woche später sprach mich eine Stadträtin an, sie hätte gehört, es gäbe Geld für Kindertagesstätten in Leipzig. Der Haushalt sei doch jetzt kein Problem mehr. Sie hätte da noch folgende Wunschliste. Warum, werden Sie sich fragen, erzählt Herr Bonew Anekdoten aus dem Sommer? Es gibt diese Schatulle nicht. Wenn wir heute 45 Millionen Euro zusätzlich, außerplanmäßig und neben dem Haushalt, den Sie beschlossen haben, zur Verfügung stellen, dann tun wir das in Anbetracht der fehlenden Kitaplätze, der drohenden Prozesse und der Notwendigkeit, den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für jedes Kind in der Stadt Leipzig zu gewährleisten. Die Stadt Leipzig geht mit 45 Millionen Euro ins Risiko. Dieses Geld liegt nirgendwo frei zur Verfügung. Was tun wir? Wir haben uns angeschaut, wie sich der Abfluss unserer Haushaltsausgabereste und unserer Investitionen in diesem Jahr gestaltet. Leider ist es uns auch in diesem Jahr nicht gelungen, den Abfluss zu beschleunigen. Wir schieben jetzt förmlich zwischen die später abfließenden Investitionen und den von Ihnen beschlossenen Haushalt die Ausgaben für diese 13 Leipzig-Kitas. Das ist das Risiko. Es besteht aber auch die Chance, im ablaufenden Jahr 2017 durch Einsparungen und Mehrerträge einen Teil der 5 Millionen Euro, die wir in diesem Jahr zusätzlich zur Verfügung stellen, auszugleichen. In jedem zweiten Jahr eines Finanzausgleichsgesetzes wird innerhalb der einzelnen Säulen noch einmal geschaut. Nach der sogenannten Schlüsselmassenverordnung kann zwischen den Säulen dann noch einmal umgeschichtet werden. Wir sehen aktuell die Chance, S e i t e | 58 im Jahr 2018 Sondererträge und außerplanmäßige Einzahlungen in einem zweistelligen Millionenbetrag zu erhalten. Zur Wahrheit gehört: Zum jetzigen Zeitpunkt verwenden wir Zahlen aus einem Prognosemodell des Finanzausgleichsgesetzes. Wir haben keinen Bescheid des Sächsischen Staatsministeriums für Finanzen. Wir sehen die Chance und haben die Hoffnung. Aber zum heutigen Zeitpunkt möchte ich, dass dieser Stadtrat beschließt in dem Bewusstsein, dass wir eine 45 Millionen Euro Risikoposition eingehen. Dennoch denke ich, das ist vertretbar. Zum Haushaltstechnischen und zum Haushaltsrechtlichen erreichte uns gestern ein Schreiben der Landesdirektion - diesem Schreiben ist ein Abstimmungsprozess in den letzten Wochen vorausgegangen -, in dem die Landesdirektion ihre Sichtweise dargelegt hat, nämlich dass für beide Jahre, 2017 und 2018, eine Nachtragshaushaltssatzung durch Überschreiten der von Leipzig in der Hauptsatzung definierten Geringfügigkeitsgrenze geboten sei. Wir haben die Hauptsatzung bisher so interpretiert, dass die Geringfügigkeitsgrenze von 2 Prozent auf jede einzelne Investition zutrifft. Jede einzelne Investition für sich liegt unterhalb der Maßgeblichkeitsgrenze unserer Hauptsatzung und unterhalb von 2 Prozent, was etwa 4,65 Millionen Euro entspricht. Im Ergebnis der Gespräche mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass die Landesdirektion sich unserem Standpunkt nicht anschließt und auf ihre Auslegung der Hauptsatzung und der Gemeindeordnung besteht. Wir haben dann in einem Verhandlungsverfahren einen Kompromiss mit der Landesdirektion erzielt. Unser Ziel war es, diese Beschlussfassung heute herbeizuführen. Die Landesdirektion bestätigt uns, dass wir für das Jahr 2017 keinen Nachtragshaushalt aufstellen müssen, einerseits aufgrund der Geringfügigkeit des Überschreitens dieser Maßgeblichkeitsgrenze, andererseits mit Blick auf den Zeitfortschritt in diesem Jahr. Wenn wir heute anfangen würden, eine Nachtragshaushaltssatzung aufzustellen, wäre es fraglich, ob die Nachtragshaushaltssatzung noch in diesem Jahr in Kraft treten könnte. - Für das Haushaltsjahr 2018 sind wir gehalten, zeitnah einen Nachtragshaushalt aufzustellen, der die außerplanmäßigen Auszahlungen für die LeipzigKitas und wesentliche, bereits bekannte Mehraufwendungen und Mehrauszahlungen berücksichtigt. Wir haben uns als Dezernat Finanzen in dieser Woche auf den Weg gemacht, den Zeitplan und die Methodik für ein diszipliniertes, schlankes und verwaltungsökonomisches Verfahren vorzulegen. Wir denken, nach heutigem Stand der Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Zeitplanung können wir mit dem Stadtrat zusammen spätestens im Februar beschließen. Das gibt uns die Möglichkeit, diese Vorlage heute auf der Tagesordnung zu belassen und ihnen zur Beschlussfassung vorzulegen und dennoch die von der Landesdirektion auferlegte Auflage einer Nachtragshaushaltssatzung für 2018 darzustellen. Sie finden das Schreiben der Landesdirektion seit heute Nachmittag im ALLRIS. Wir haben es der Neufassung dieser Vorlage als Anlage beigefügt, um größtmögliche Transparenz walten zu lassen. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Danke schön, Herr Bonew. - Es gibt zahlreiche Wortmeldungen. Ich denke, wir sollten nach der Größe der Fraktionen vorgehen. Herr Albrecht beginnt. Stadtrat Albrecht (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Leipzig braucht Kitaplätze. An dieser Stelle mein herzlicher Dank an die Verwaltung, insbesondere an Professor Fabian und seine Kollegen. Diese Vorlage ist eine gute Vorlage. Ich möchte lediglich zu einem Einzelfall sprechen, nämlich zum Standort in Dölitz, Eigenheimstraße. Der Standort ist nicht gut gewählt. Die Verkehrssituation ist schwierig; es gibt dort enge Straßen. Vor allen Dingen ist das Grundstück wahrscheinlich mit Auflagen gestiftet worden. Die Verwaltung trägt vor: Das Liegenschaftsamt hat dazu nichts gefunden. - Diese Begründung kennen wir bei den herrenlosen Häusern. Das könnte kompliziert und schwierig werden. Ich möchte das Papier des Stifters sehen, um Entscheidungen an dieser Stelle treffen zu können. Deswegen stellen wir hier den Antrag, das noch einmal zu prüfen und den Standort Eigenheimstraße gegebenenfalls durch einen anderen zu ersetzen, zumal wir bei diesem Standort zusätzliche Kosten für die Löschwasseraufbereitung in Höhe von 150.000 Euro und für das Ausgleichsbiotop in Höhe von 50.000 Euro, also 200.000 Euro Mehrkosten, tragen müssten. Die Alternative wäre die Friederikenstraße 60. Ein freier Träger, die SBH, möchte dort eine Kita mit mehr als 120 Plätzen bauen. Es gibt dort Parkmöglichkeiten und eine bessere Verkehrsanbindung. Bitte stimmen Sie dieser Prüfung zu! Dann können wir die übrigen Standorte beschließen und schnell zu neuen Kitas kommen. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Herr Wehmann. S e i t e | 59 Stadtrat Wehmann (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Es geschehen noch Zeichen und kleine Wunder. Die Stadt Leipzig schafft zur schnelleren Deckung der Bedarfslücke in den Jahren 2018 und 2019 zusätzliche 13 Kitas mit 1.760 Plätzen. Uns ist aber mindestens genauso wichtig - nimmt man die bisher wenigen kommunalen Eigeninvestitionen zum Maßstab -, dass die Stadt Leipzig selbst als Investor in Größenordnung auftritt. Wer hätte das gedacht? Ein kleiner Rückblick: Am 7. Juli 2017 war in der LVZ unter der Überschrift „Kleiner Lichtblick“ Folgendes zu lesen: Die Stadt Leipzig stellt zwölf Grundstücke für den Bau für Kitas in 2018 für private Investoren bereit und schafft circa 1.760 Plätze. - Wie wir heute wissen: Nichts Neues! Wir haben uns bei Erscheinen des Beitrages gewundert, wo plötzlich zwölf kommunale Grundstücke auftauchen, für die sich private Investoren bewerben können, und warum der Stadtratsbeschluss aus 2015 auf Antrag der Fraktion DIE LINKE, der einen Vorrang der Stadt bei baulichen Investitionen im Kitabereich vor privaten Investoren vorsieht, wieder nicht umgesetzt werden soll. Die andauernde Begründung der Verwaltung, nicht selbst als Stadt investieren zu können, taugte nicht mehr. Und: Die unter anderem vom Landesrechnungshof und von der Landesdirektion Sachsen monierten teilweise unwirtschaftlichen 25-jährigen, festen, vom Mieter nicht ordentlich kündbaren, dafür mit Inflationsausgleich versehenen Mietverträge schienen die Verwaltung immer noch nicht zum Umdenken zu bewegen. - Wie wir heute wissen: Einige Kitas werden am Markt aktuell in Größenordnung gehandelt. Daraufhin entschloss sich unsere Fraktion, einen anderen Weg zu gehen und mit der Verwaltung ins Gespräch zu kommen. Ein Schreiben von Herrn Pellmann und mir an den Oberbürgermeister mit dem schon Gesagten wurde daraufhin verfasst und versandt. Sie, Herr Oberbürgermeister, waren im Urlaub. Herr Fabian und Herr Bonew - Letzterer ebenso wie ich zu dieser Zeit im Erziehungsurlaub - nahmen sich die Zeit für einige Gespräche. Das Ergebnis, das natürlich nicht nur auf uns zurückzuführen ist, kann sich sehen lassen: weitere 13 Kitas auf den nun bekannten zwölf Grundstücken mit circa 1.760 Plätzen, aber die Stadt baut, nicht Dritte. - Ein erstaunliches, begrüßenswertes 180-Grad-Umdenken der Verwaltung, zugegeben auch für uns in der Summe der hier jetzt vorliegenden Kitaprojekte ein überraschendes Ergebnis. Und noch etwas hat mich ganz per- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 sönlich gefreut. Demokratiekonferenzen sind wichtig und nötig; aber genauso wichtig ist, dass wir auf legislativem Weg größere Entscheidungen herbeiführen können. Meine Damen und Herren, dass der finanzielle Kraftakt von gut angelegten städtischen circa 45 Kita-Investitionsmillionen nicht ganz ohne Blessuren bleibt, zeigt schon das Thema Nachtragshaushalt 2018. Hierzu hätten wir uns - wir haben gerade darüber diskutiert - ein Mehr an Transparenz gewünscht. Zum Nachtragshaushalt ist in der Vorlage nicht andeutungsweise etwas zu finden. Gut ist, dass die Kitavorlage dahin gehend mit der Landesdirektion besprochen und die Worte fixiert sind, sodass diese nicht mehr von ihr gekippt werden kann. Wünschenswert wäre gewesen, die Einreicher hätten den mit Sicherheit vorhandenen wirtschaftlichen Sinn der Baumaßnahmen in Eigenregie dargelegt, das heißt den Vergleich zwischen der 25-jährigen, unkündbaren Anmietung und dem kommunalen Investitionsengagement in der Vorlage dargestellt. Diese Vergleichsrechnung fordern wir nicht nur an dieser Stelle, sondern seit vier Jahren hier im Stadtrat. Meine Damen und Herren, wir kennen die Dimension der investiven Haushaltsreste - Herr Bonew hat es gerade noch einmal formuliert -, das heißt: die nicht umgesetzten Investitionen aus den Vorjahren von weit mehr als 220 Millionen Euro. Wir haben schon im Ausschuss - das darf man an dieser Stelle sagen - unsere Befürchtungen formuliert. Wir bitten an dieser Stelle nochmals, zu Protokoll zu geben, dass dadurch keine vom Stadtrat bisher beschlossene Investition aus den Haushaltsplänen gestrichen werden muss. Meine Damen und Herren, wir wünschen uns, dass wir mit dem Bau von 13 zusätzlichen Kitas in Eigenrealisierung erstens die avisierte Bauzeit von 30 Wochen tatsächlich einhalten, zweitens dass der Kostenrahmen von 45 Millionen Euro nicht überschritten, sondern vielleicht sogar unterschritten wird und drittens dass der Bedarf an Kitaplätzen damit wenigstens bis ins Jahr 2019 gedeckt werden kann. - Frau Nagel wird noch ein paar Sätze dazu sagen. - Damit würde die Stadt nachweisen, dass kommunale Investitionen mit einer Steuerung über die LESG planungssicher hinsichtlich Kosten und Bauzeit sind. Der LESG und Herrn Claus darf man an der Stelle alles Gute wünschen. Wir fordern eindringlich, den Beschluss des Stadtrates vom 20.05.2015 „Vorfahrt bei KitaInvestitionen durch die Kommune“ künftig stringent umzusetzen. Das hilft mittel- und langfristig - Herr Bonew hatte „kurzfristig“ gesagt - allen S e i t e | 60 Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt, vor allen Dingen unseren Kleinsten. Oberbürgermeister Jung: Herr Schmidt. Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die Vorlage ist ein Paradebeispiel für eine intransparente Verwaltung. Sie zeigt exemplarisch den Mangel an Informationen, auf deren Grundlage uns ehrenamtlichen Stadträten weitreichende Entscheidungen über die Liegenschaften unserer Stadt abverlangt werden. Sie ist auch ein Paradebeispiel dafür, wie die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Politik und wie die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Bürgerschaft eben nicht funktioniert. Herr Oberbürgermeister, wir haben in den vergangenen Wochen oft genug aus Ihrem Arbeitsprogramm 2020 zitiert. Ich möchte das an der Stelle nicht noch einmal tun. Sie wissen, wovon ich rede. Wir haben vorhin lang und breit darüber gesprochen. Die Fülle an Beispielen zeigt Ihnen sicherlich auch, dass wir dringend ins Gespräch kommen müssen. Sie haben vorhin angedeutet, dass es darum gehen muss, wie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit wiederhergestellt werden kann und wie auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Stadtverwaltung gestärkt werden kann. - Fünf Zeilen pro Kitastandort sind eben nicht ausreichend, um Politik und Bürgerschaft zu überzeugen, dass Liegenschaften geeignet sind, um sie zur Bebauung freizugeben und damit der öffentlichen Nutzung als Grünflächen zu entziehen. Klar, die Not ist enorm groß, wenn wir die nicht gedeckten Bedarfe im Bereich der Betreuung der unter Dreijährigen betrachten. Wir brauchen nicht nur ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren beim Bau von Kitas sowie bessere und schnellere Abstimmungen zwischen den beteiligten Ämtern, sondern ohne Zweifel auch ein solches Sofortprogramm zum Bau von mehr als zehn Kitas, wie es uns heute vorliegt. Aber wir dürfen jetzt auch nicht so tun, als sei der Bau von Kitas plötzlich das einzige Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger. Neben Kitas brauchen wir auch Platz zum Wohnen, und wir brauchen Freiflächen und öffentliches Grün für Freizeit und Erholung, für gemeinsames soziales Treiben. Wenn kommunale Grundstücke einem bestimmten Zweck zugeführt werden sollen, müssen wir genau diese Abwägung durchführen und dabei auch betrachten, ob nicht mehrere Zwecke gleichermaßen erfüllt werden können, beispielsweise Wohnen und Kita zusammengeführt werden können, gegebenenfalls durch die LWB, die Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 S e i t e | 61 ja nun auch Erfahrungen im Bau von Kitas gesammelt hat. - Dazu kein Wort in der Vorlage. wird, ohne dass jemand ihre Fragen beantwortet und um ihr Verständnis ersucht. Es muss eine Abwägung geben, welcher Wert einer gewachsenen Grünfläche einer Bebauung gegenübersteht. Nur wenn dieser Wert bekannt ist, kann tatsächlich eine Abwägung stattfinden. Dann muss natürlich auch der Nachweis erbracht sein, dass die Änderung des Nutzungszwecks einer kommunalen Liegenschaft sinnvoll erreichbar ist. - Ziemlich viele Anforderungen, in fünf Zeilen pro Standort keinesfalls darstellbar. Es kann durchaus sein, dass man in der Abwägung zu dem Schluss kommen wird, dass an der Bebauung dieser Fläche kein Weg vorbei führen wird. Aber dies sollte man gründlich geprüft haben und die Menschen vor Ort mitnehmen. Erklären Sie es ihnen! Werben Sie um ihr Verständnis angesichts der Kitaplatznot, in der wir uns befinden! Sagen Sie ihnen, welche anderen Flächen in der Nähe tatsächlich geprüft und aus welchen Gründen sie verworfen wurden! Erklären Sie den Menschen, warum der Standort durchaus für eine Kita geeignet ist und wie die verkehrliche Anbindung gewährleistet werden soll! - Nichts zu all diesen noch offenen Fragen findet sich in der Vorlage. Wenn dann noch Bürgerinnen und Bürger kommen und Fragen haben, wird es ganz schwierig, wie zum Beispiel in Dösen. Mittlerweile haben sich allein dort 250 Menschen gemeldet, die arge Bedenken haben, dass die Verwaltung den ausgesuchten Standort ideal für die Bebauung mit einer Kita hält. Sie sind nicht nur der Auffassung, dass in der Abwägung der Wert genau dieser Fläche als zu erhaltende und mit zahlreichen alten Bäumen bewachsene zentrale Grünfläche höher zu bewerten ist; sie sind auch der Meinung, dass die Fläche als Kitastandort ungeeignet ist, insbesondere aufgrund der verkehrlichen Anbindung. Wie geht man mit solchen gegensätzlichen Auffassungen um? Aussitzen und warten, bis der Stadtrat entschieden hat? Diese Standorte nur mit den Stadträten in den Ausschüssen besprechen? Ich sage Ihnen: Das wird nicht helfen. Wir brauchen Gespräche vor Ort mit den Betroffenen. Es gibt durchaus Menschen in dieser Initiativgruppe, die mittels einer Klage versuchen werden, die Bebauung zu verzögern oder zu verhindern. Dann haben wir gar nichts gekonnt. Klagen ist immer der letzte Weg. Ob sich das am Ende verhindern lässt, weiß ich nicht. Aber man sollte zumindest alles daransetzen, dies zu verhindern, statt den Klagewillen durch Mauern zu schüren. Man muss miteinander ins Gespräch kommen. Das ist bis heute nicht passiert, obwohl Sie, Herr Oberbürgermeister, und Sie, Herr Professor Fabian, seit über zwei Wochen mit Briefen von Anwohnern zugeschüttet werden. Glauben Sie bitte nicht, dass es sich bei den Anwohnern um Menschen handelt, die keinen Kinderlärm ertragen und deshalb eine Kita mit Spielplatz in direkter Nähe zum Alterswohnsitz verhindern wollen. Ich füge hinzu: Sie wissen, ich habe mich noch nie auf die Seite derer geschlagen, die in ihrer direkten Nachbarschaft eine Kita oder einen Spielplatz verhindern wollen, weil damit Lärm verbunden sein könnte. Ich war schon oft genug mit solchen Sachverhalten konfrontiert. In diesem Fall jedoch sind das aus meiner Sicht Menschen, über deren Köpfe hinweg die Bebauung der zentralen öffentlichen Grünfläche entschieden Der Stadtbezirksbeirat Süd wurde nur mit einer Tischvorlage befasst, zwei Ausschüsse in nur einer Lesung, der Umweltausschuss sogar erst, nachdem eine Befassung explizit eingefordert wurde. - So geht es nicht, Herr Oberbürgermeister. Ich komme zum Ende. - Meine Fraktion begrüßt selbstverständlich ein Sofortprogramm zum Kitabau, kritisiert aber ausdrücklich die Art und Weise, wie dieses hier zum Beschluss vorgelegt wird. Wir halten unseren Änderungsantrag aufrecht, eine der 13 Kitas, nämlich den Standort Eigenheimstraße in Dölitz, einer genaueren Prüfung von Alternativstandorten zu unterziehen und vor einer Entscheidung mit den Menschen vor Ort abzustimmen. Erst dann sieht sich meine Fraktion imstande dazu, eine Entscheidung zu treffen. Ich bin froh, dass die SPD-Fraktion sich entscheiden konnte, auf den letzten Drücker ebenfalls einen Änderungsantrag diesbezüglich einzubringen. Wir werden auch diesen unterstützen. Sollten die Änderungsanträge keine Mehrheit finden, dann bitte ich um getrennte Abstimmung der im Anhang der Vorlage genannten Liegenschaften. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker. Stadtrat Zenker (SPD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Ich sehe es anders als Sie, Herr Schmidt: Diese Vorlage ist ein großer Wurf. Ich begrüße sie ausdrücklich und versuche nicht nur, das Haar in der Suppe zu finden. Und weil ich sehr froh über diese Vorlage bin, möchte ich am zu Beginn meiner Rede den beteiligten Dezernaten meinen Dank aussprechen: allen voran natürlich Herrn Fabian, aber auch Ihnen, Frau Dubrau, und Ihnen, Herr Rosenthal, Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 und auch Ihnen, Herr Albrecht, der Sie ja selten von uns gelobt werden. Man sieht, im Liegenschaftsamt kehrt offensichtlich ein neuer Besen. Eine solche Vorlage war vor einiger Zeit noch nicht denkbar; jetzt wurden Grundstücke noch einmal zielgenau durchforstet. Unser Dank gilt natürlich auch Ihnen, Herr Bonew; Sie haben gerade ausgeführt, vor welchen Herausforderungen Sie stehen. Nicht zuletzt danken wir auch der Runde der Dienstberatung, die die Vorlage gemeinschaftlich in den Stadtrat eingebracht hat. Wir hatten schon im Zuge der Haushaltsverhandlungen gefordert: Wir brauchen endlich einen großen Wurf, der schlagartig eine Entlastung im Kitabereich bringt, auch wenn diese nur von kurzer Dauer sein wird. Wir hatten auch gefordert, dass die LESG stärker eingebunden wird. Deshalb sind wir froh, dass die LESG diese Verantwortung jetzt übernimmt und für uns als Stadt die Projekte steuern wird. Sollte die Vorlage heute beschlossen werden man kann aus den bisherigen Reden heraushören, dass sie zumindest zu sehr großen Teilen beschlossen werden wird -, kommen in den nächsten anderthalb Jahren zu den ohnehin geplanten 1.500 Kitaplätzen über 1.500 zusätzliche Plätze hinzu. Das ist wirklich ein Riesenerfolg, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass aktuell mindestens 1.000 Betreuungsplätze fehlen. Wir reden hier immer über Zahlen; das ist auch notwendig. Aber hinter diesen Zahlen stecken Eltern und ihre Kinder, Eltern, für die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf der Kippe steht, und Kinder, für die der Besuch einer Kita immens wichtig ist, um dort bis zum Schulstart die Fähigkeiten zu erwerben, die viele ihrer Alterskameraden von zu Hause mitbekommen, sie aber nicht. Auch diese Aufgabe leisten Kitas. Die eingeplanten 45 Millionen Euro sind in der Tat sehr viel Geld. Wir halten sie aber für sehr gut investiert. Ich muss hier Herrn Wehmann recht geben: Wenn wir eigene Grundstücke haben, sollten wir sie auch selbst bebauen. Es macht keinen Sinn, diese Grundstücke durch einen Investor bebauen und ihn dann 20 Jahre daran verdienen zu lassen, sodass wir als Stadt in der Zeit außen vor bleiben. Es wird auf lange Sicht gesehen deutlich günstiger, wenn wir auf unseren städtischen Grundstücken selbst bauen. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht, Herr Wehmann, und bin froh, dass Sie in der Sache hartnäckig geblieben sind. Seit der ersten Verkündung in der LVZ vom 07.07.2017, wo im Übrigen alle Grundstücke benannt wurden und dann auch auf der Seite der Stadt nachlesbar waren, hat ein Umdenken eingesetzt. Dennoch: Wir werden auch in Zukunft private Partner brauchen; sie werden auch wich- S e i t e | 62 tig sein. Herr Fabian hat es angedeutet. Wir planen eben nicht nur diese 13 Kitas. Wenn wir von den Bevölkerungsprognosen ausgehen, werden wir bis 2030 über 60 weitere Kitas brauchen, über die gesamte Stadt verteilt. Wir sind daher nicht am Ende der Diskussion, sondern mittendrin, und werden diese Diskussion weiter führen müssen. Natürlich findet man bei einer solch großen Vorlage immer auch Punkte, die einem missfallen. Es gibt Standorte, wo sich Bürger von einer Kita, sei es wegen der verkehrlichen Situation oder des Wegfalls einer Grünfläche, gestört fühlen. Ich habe mir den hier in Rede stehenden Standort angeschaut und muss sagen: Nach meiner persönlichen Auffassung sind die verkehrlichen Aspekte lösbar. Meine beiden Kinder gehen selbst in eine Kita, die in einer Straße liegt, wo zwei Autos nicht aneinander vorbeifahren können. Aber das regelt sich mit gesundem Menschenverstand immer ganz gut; man fährt in eine Lücke rein, wenn einem ein Auto entgegenkommt, um es passieren zu lassen. Also, das halte ich für lösbar. Nichtsdestotrotz hat es vonseiten der Stadtverwaltung keinen Austausch mit den Anwohnern vor Ort gegeben. Ich hatte gehofft, dass das bis heute noch möglich sein wird. Glücklicherweise gibt es solche Bedenken immer nur in ganz wenigen Fällen. Ich erinnere daran, wir haben in den letzten zehn Jahren in Leipzig 114 Kitas gebaut oder Baumaßnahmen realisiert. Es gab nur einmal eine Beschwerde, nämlich in Knauthain. Damals ging es auch um eine Wiese, die als Volksfestfläche genutzt wurde. Die Kita wurde dann doch realisiert. - Wie gesagt, der Kontakt hat bis heute nicht stattgefunden. Ich würde es begrüßen, wenn das noch nachgeholt wird. In dem von mir eingebrachten Änderungsantrag zum Grünen-Antrag habe ich vorgeschlagen, die Entscheidung über den betreffenden Kitastandort um einen Monat zurückzustellen. Damit können wir die anderen zwölf Standorte heute auf den Weg bringen. Ich glaube, ein Monat reicht aus, um eine Bürgerveranstaltung durchzuführen. Die Zeit reicht aus, um mit den Bürgern vor Ort in Kontakt zu treten und die entsprechenden Fragen zu klären, gegebenenfalls auch noch einmal andere kommunale Grundstücke zu prüfen. Eines dürfen wir bei dieser Diskussion nicht vergessen: Wir reden im sozialen Bereich nicht nur über Kitas. Wir reden auch über Schulen - Förderschulen, Grundschulen, Oberschulen, Gymnasien -, über Anbauten von Schulen und Sporthallen. Wir reden auch über die Frage der Unterbringung von Obdachlosen. Wir reden auch über Wohngruppen für Jugendliche, Stichwort „HzE“, ein großes Thema bei Ihnen, Herr Albrecht. All das werden wir brauchen. Wir haben eben nicht Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 nur die zusätzlichen 60 Kitamaßnahmen zu realisieren, sondern auch 70 Maßnahmen im Bereich Schule. Wir werden weitere Maßnahmen in den Bereichen Wohnungshilfe, HzE usw. ergreifen müssen. Das dürfen wir bei der ganzen Diskussion nicht vergessen. Was ich damit sagen will: Wenn Alternativgrundstücke geprüft werden, dann auch darauf, ob sie gegebenenfalls für eine alternative Verwendung benötigt werden. Abschließend noch einmal zur Vorlage. Wir freuen uns, diesen Meilenstein heute auf den Weg zu bringen. Selbst wenn heute ein Standort ausgeklammert und in der nächsten Sitzung noch einmal aufgerufen wird, werden 1.640 zusätzliche Betreuungsplätze entstehen, auf die die Leipziger Eltern ganz dringend warten. Unseren Änderungsantrag 03, Schulhoföffnung, würden wir bis zur Entscheidung über den Standort Eigenheimstraße zurückstellen. Wir werden der Vorlage mit den genannten Änderungen zustimmen. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr Kriegel. Stadtrat Kriegel (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Liebe Gäste und Pressevertreter! Leipzig wächst. Der damit verbundene Bedarf an Kinderkrippenund Kindergartenplätzen steigt. Der Baubeschluss von insgesamt 13 Kindertagesstätten auf zwölf kommunalen Flächen ist ein positiver Schritt zur weiteren flächendeckenden Verbesserung der Betreuungsquote in unserer Stadt. Daher begrüßt auch meine Fraktion die vorliegende Beschlussvorlage der Stadtverwaltung. Gestatten Sie mir dennoch Anmerkungen zu zwei in der Vorlage enthaltenen Standorten. Zum einen betrifft das den Standort Kleiststraße 58. Meine Fraktion stellte vor vier Monaten eine Anfrage in der Ratsversammlung bezüglich einer möglichen Nutzung dieser ehemaligen Kindertagesstätte. Die Beantwortung vom zuständigen Fachdezernenten lautete damals, der Standort Kleiststraße sei für eine erneute Nutzung gänzlich ungeeignet. Wörtlich sagte er: Es ist keine ausreichend große Fläche vorhanden und eine Erweiterung nicht möglich, da sich das Grundstück in unmittelbarer Nähe eines Landschaftsschutzgebietes und in Nähe des Baches Nördliche Rietzschke ... befindet. Auf eine nochmalige Nachfrage meinerseits blieb die Verwaltung bei ihrer ablehnenden Beurteilung. Dass nun, vier Monate später, offensichtlich eine Neubewertung des Standortes aufgrund der damaligen Anfrage unserer AfD-Fraktion zur Kleiststraße 58 vonseiten der Verwaltung vorge- S e i t e | 63 nommen wurde, ist zwar verwunderlich, aber dennoch zu begrüßen. Erheblichen Klärungsbedarf sehen wir allerdings beim Standort Eigenheimstraße. Meine Fraktion hat sich bei einem Vororttermin am vergangenen Samstag die Argumente und Bedenken der Anwohner zum geplanten Kitastandort angehört. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Bürgerschaft in dieses wichtige Vorhaben im Vorfeld nicht miteinbezogen wurde. Es handelt sich bei dieser Fläche zweifelsfrei um ein Kleinod in einem dicht besiedelten Wohngebiet. Der Altbaumbestand auf der betreffenden Fläche kann - anders als in der Vorlage bewertet - nicht vollumfänglich erhalten bleiben. Auch die Verkehrsanbindung ist alles andere als ideal. Eine akute Belastung und Einschränkung des ohnehin schon jetzt problematischen fließenden und ruhenden Verkehrs werden bei diesem Vorhaben mit Sicherheit die Folge sein. Meine Fraktion bittet daher um eine Prüfung, ob im unmittelbaren Umfeld, wie auch von der Bürgerschaft vorgeschlagen, ein geeigneterer Standort zu finden ist. Aus den genannten Gründen wird die AfDFraktion die Änderungsanträge der GrünenFraktion und der CDU-Fraktion unterstützen. Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Frau Nagel. Stadträtin Nagel (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In meiner Fraktion teilen wir uns die Perspektiven ein wenig. Herr Wehmann ist auf andere Aspekte eingegangen, als ich es jetzt tun werde. Ich will zu Beginn noch einmal betonen: Endlich kommen wir als Stadt in die Offensive. Herr Fabian hat gesagt: Es ist das größte Bauvorhaben, das die Stadt in Eigenverantwortung seit 1990 realisiert. - Das freut uns gerade auch deshalb, weil wir im ersten Halbjahr 2017 Szenen erleben mussten, wie schon 2013 kurz vor dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz: Eltern standen Schlange an neu errichteten Kindertagesstätten, Mütter und Väter versammelten sich auf der Straße, um ihren Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz einzufordern. Halten wir uns die Zahlen vor Augen! Nachdem die Zahl der Geburten bis Mitte der 1990er-Jahre rapide abnahm, erleben wir seit Jahren einen stetigen Anstieg. Die Anzahl der jährlichen Geburten hat sich innerhalb von 15 Jahren fast verdoppelt. Es werden Jahr für Jahr mehr Kinder in Leipzig geboren. Im Jugendhilfeausschuss wurde uns mitgeteilt: Im dritten Quartal 2017 haben Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 S e i t e | 64 wir einen Aufwuchs von 199 Geburten im Vergleich zum zweiten Quartal und über 100 mehr als im selben Quartal des Vorjahrs. Das bedeutet unterm Strich: Wir müssen eine Kita mehr bauen. Anwohnerinnen und Anwohner gestellt und auf Antworten gedrängt. Auch ich selbst war am Samstag vor Ort und habe mich bei einer Einwohnerversammlung, nachdem mir sehr kritisch begegnet wurde, der Diskussion gestellt. Trotz realistischerer Bevölkerungsprognose und geänderter Bedarfserfassung, die übrigens auf einen Antrag der LINKEN in 2013 zurückgeht, planen wir Jahr für Jahr zu wenige Plätze, vor allem in Krippe und Kindergarten. In einer Vorlage aus dem Frühjahr hieß es: Es fehlen 2.100 Plätze. Eine uns aktuell zugereichte Information spricht von aktuell 870 fehlenden Plätzen für unter dreijährige Kinder. Nach gründlichen Abwägungen und in dem Wissen, dass es auch Eltern in diesem Wohnumfeld gibt, die den Kitabau begrüßen, sind wir als Fraktion zu dem Schluss gekommen, dass die Stadtverwaltung die Fragen von Teilen der Anwohnerschaft verantwortungsvoll beantworten muss und das nicht, wie geplant, mal eben „husch-husch“ per Brief erledigen sollte. Darum werden wir sowohl dem Änderungsantrag der Grünen als auch dem von Herrn Zenker heute zustimmen. Auch wir wollen möglichst wenig Zeitverzug. Wir wissen auch: Es sind vor allem besser gestellte Eltern, die die Ressourcen haben, einen Kitaplatz tatsächlich einzuklagen. Derzeit sind es 926 Klagevorgänge. Diese Situation ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar; denn die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz darf nicht von der sozialen Stellung und dem Geldbeutel der Eltern abhängen. Unterm Strich sind wir froh, dass die Stadt diese Vorlage, mit der in kurzer Zeit circa 1.760 Plätze geschaffen werden sollen, jetzt ins Verfahren gebracht hat. Seit mehreren Monaten reden wir über dieses Vorhaben. Nur stückchenweise sind wir über die in Rede stehenden Standorte informiert worden. Nun wird uns ein weiteres Mal eine Vorlage vorgelegt, die im Gros der Ausschüsse in erster und zweiter Lesung mit einem Mal beschlossen wurde. Ich will nicht verhehlen, dass wir dieses Verfahren schwierig finden; denn dies führt nicht zuletzt auch zu Debatten, wie wir sie jetzt um den Standort in der Eigenheimstraße in Dölitz führen müssen. Wir wissen: Wir stehen vor immensen Aufgaben. Die mit dieser Vorlage zu beschließenden Maßnahmen verschaffen uns Luft, bringen die Stadt aber bei weitem noch nicht in die Vorhand. Wir dürfen in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, dass sich zahlreiche Kitamaßnahmen, die derzeit in Planung und im Bau sind, weiterhin verzögern, teilweise über Monate, wenn nicht gar Jahre. Auch hier dürfen wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Die große Aufgabe im Rücken, 9.000 Kitaplätze in zwölf Jahren zu schaffen - die Zahl ist in der Vorlage nachzulesen -, steht aktuell in Konfrontation mit den akuten und nachdrücklichen Bedenken einer Gruppe von Bewohnerinnen und Bewohnern eines Stadtteils in Dölitz-Dösen. Wir Stadträte müssen natürlich auch die Perspektive derjenigen ernst nehmen, die mit dieser Kita dauerhaft zu tun haben werden. Das tun wir auch, allerdings ohne den Einwänden zuzustimmen, wie ich explizit zum Ausdruck bringen will. Wir haben in den Ausschüssen die Fragen der Ich will noch kurz das Thema „alternative Grundstücke“ anreißen. Wir haben zur wegfallenden, gestifteten Freifläche und auch zur verkehrlichen Anbindung des Standortes Aussagen bekommen. Die Perspektive, dass diese Kita nur für mit Auto anfahrende Eltern erreichbar ist, befriedigt uns nicht. Es gibt auch Eltern, die den ÖPNV nutzen. Die Anbindung an den ÖPNV ist dort wirklich schlecht. Hier müssen wir dafür sorgen, dass die Taktung des Busses, der in das Wohngebiet fährt, zu bestimmten Zeiten erhöht wird, je nachdem, ob Bedarf dafür besteht. Wir müssen auch klar sagen: Es gibt im wohnortnahen Bereich keine akuten Bedarfe für Kitaplätze. Ich selber habe ortsteilübergreifende Solidarität eingefordert und bin dafür von Anwohnerinnen und Anwohnern der Initiative sehr stark gescholten worden. Aber in Wirklichkeit ist es bereits jetzt so: Wir müssen stadtbezirksorientiert planen und prüfen, wo noch Platz ist - und das auch im Hinblick auf Fragen wie: Was passiert mit Freiflächen? Welche Zukunft haben Freiflächen in unserer Stadt? Oberbürgermeister Jung: Achten Sie bitte auf die Zeit, Frau Nagel! Stadträtin Nagel (DIE LINKE): Vor solchen Fragen werden wir in Zukunft öfter stehen und sachlich abwägen müssen. Ich komme zum Schluss. - Summa summarum: Wir brauchen einerseits ganz dringend Kitaplätze. Andererseits müssen wir aber auch - das ist eher eine demokratiepolitische Frage - Beteiligungsmöglichkeiten schaffen. Darum: Zustimmung zur Vorlage und Zustimmung zu den Anträgen von Herrn Zenker und den Grünen. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Frau Witte. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Stadträtin Witte (Freibeuter): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Liebe Gäste auf der Tribüne! Wenn man als Vertreterin einer kleinen, aber feinen Fraktion hier am Ende der Redekette steht, ist im Prinzip alles schon gesagt. Das kann ein Nachteil, aber auch ein Vorteil sein, weil man dann nicht noch einmal alles wiederkäuen muss. Deshalb möchte ich mich jetzt auf ein paar Punkte beschränken, die unserer Fraktion doch noch erwähnenswert sind, und es ganz kurz und knackig machen. Wir freuen uns natürlich auch, dass die Verwaltung jetzt endlich in die Puschen kommt, das Angebot an Kitaplätzen mit dem Bedarf an Kitaplätzen in Deckung zu bringen. Das ist schön. Ein kleiner Wermutstropfen ist, dass es jetzt so aussieht, als wäre sie erst in die Puschen gekommen, nachdem hohe Schadensersatzforderungen durch von Eltern angestrengte Gerichtsprozesse ins Haus standen. Wir wären froh, wenn nicht alle diese Grundstücke von der Stadt bebaut würden, sondern wenn ein paar auch von privaten Investoren bebaut werden könnten. Dass der Investor damit auch Geld verdient, ist nichts Ehrenrühriges. Deshalb muss der Bau in der Finanzierung im Endeffekt nicht teurer werden. Aber ich habe leider in den letzten Tagen lernen müssen, dass es nicht nur reicht, selber bauen zu können, sondern dass, wenn man einen Investor beauftragt, zu bauen, die Verwaltung auch in Augenhöhe mit dem Investor verhandeln können muss, weil sonst die Gefahr besteht, dass man bei den Mietkosten übers Ohr gehauen wird. Den Änderungsanträgen, die den Standort Eigenheimstraße betreffen, werden wir zustimmen. Bei einer Vorlage, die 13 Kitastandorte beinhaltet, ist es nicht tragisch, die Entscheidung über einen einzelnen Standort auf die nächste Ratsversammlung zu verschieben. Das ist kein Beinbruch. Es lässt sich auch relativ einfach klären, ob ein Stiftungszweck den Bau behindert oder nicht. Die Verwaltung muss nur einen Auszug aus dem Grundbuch anfordern. Darin ist festgelegt, ob eine Dienstbarkeit von der Stiftung eingetragen ist oder nicht. Wenn das schwarz auf weiß vorliegt, ist das geklärt. Das kann man in den Ausschüssen vorlegen und dann in der nächsten Ratsversammlung abstimmen. Abschließend möchte ich sagen: Es ist sowohl für die Stadt als auch für die von ihr beauftragte LESG eine große Herausforderung, dieses Bauvorhaben zu stemmen. Wir werden dieses Vorhaben natürlich kritisch, aber auch unterstützend begleiten. - Danke schön. S e i t e | 65 Oberbürgermeister Jung: Jetzt Herr Böhler zum Änderungsantrag des Ortschaftsrats Seehausen. Ortsvorsteher Böhler: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Werte Gäste! Ich möchte mich zunächst bei der Verwaltung für diese Vorlage bedanken. Bei den Stadträten will ich mich für meine Bombardements entschuldigen, denke aber, es war wichtig, einige Informationen weiterzugeben. Wir haben sehr kurzfristig einen Änderungsantrag eingereicht, auch wenn uns die drei Punkte, die ich hier noch einmal vortragen will, teilweise schon in den Ausschusssitzungen zugesagt worden. Wir beantragen: 1. Zur Sicherung des räumlichen Bedarfes der Grundschule Seehausen erfolgt die Mittagsversorgung und Hortbetreuung der Kinder der 1. und 2. Klassenstufe in der neuen KitaHort-Kombination. Grund ist: Es war schon festgeschrieben, dass es dort 45 Hortplätze geben soll. Wir haben zwei erste Klassen und eine zweite Klasse. Das heißt: Es werden mehr als 45 Hortplätze benötigt. Deshalb haben wir das in unseren Antrag so aufgenommen. - Es wurde uns auch bestätigt, dass man dort sehr variabel sei. 2. Weiterhin sind ausreichend Parkplätze auf dem Grundstück auszuweisen. Es gibt jetzt schon Streitereien in Zusammenhang mit Parkplätzen im Straßenbereich. Deshalb haben wir die Formulierung „auf dem Grundstück“ gewählt. - Auch dazu wurde uns gesagt: Jawohl, entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen werden sie dort ausgewiesen. Der dritte Beschlusspunkt geht auf den Antrag VI-A-04832 zurück, für den jetzt die erste Lesung erfolgt ist, in dem es um die Prüfung weiterer Grundstücke geht. Unserer Meinung wäre es optimal, den Hort komplett auszulagern. Die Grundschule als solche muss entlastet werden, damit man dort wieder ordentlich arbeiten kann. Derzeit wird der Computerraum zum Beispiel als Klassenraum genutzt. Die Möglichkeiten sind ausgeschöpft, um eine weitere zweite Klasse aufzumachen. Zurzeit sind die dritte und die vierte Klasse mit 27 bzw. 28 Kindern belegt. Für die Realisierung hatten wir mehrere Grundstücke vorgeschlagen. Deshalb lautet der dritte Beschlussvorschlag: 3. Um auf eine perspektivisch positive Entwicklung vorbereitet zu sein, wird durch die Stadtverwaltung die Nut- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 zung als Freifläche oder Bauland (notfalls Erwerb) der Grundstücke (263/34 und 14/1-14/7), die derzeit noch nicht bebaut sind, geprüft. Wir haben die Information, dass der Eigentümer bereit wäre, zu verkaufen. Ich weiß, dass diesbezüglich schon Vorgespräche geführt worden sind. Ich bitte Sie, diesem Antrag heute zuzustimmen. Der Antrag 04832 hätte sich mit Ihrer Zustimmung zu diesem Änderungsantrag erledigt. Im Jugendhilfeausschuss wurde signalisiert, dass man zu dieser Prüfung bereit wäre. - Danke schön. Oberbürgermeister Jung: Herr Fabian. Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Herr Böhlau, wir können Ihren Antrag übernehmen, wenn Sie damit einverstanden sind, zu Protokoll zu nehmen, dass die Gesamtzahl von 165 Plätzen nicht überschritten wird und dass dort für zwei Klassen, also für eine erste und für eine zweite Klasse, Kapazitäten im Hort geschaffen werden. Die Beschlusspunkte 2 und 3 können wir so übernehmen. Ortsvorsteher Böhlau: Wie gesagt, wir haben zurzeit zwei erste Klassen und eine zweite Klasse. Ich denke, wir werden wieder das Problem bekommen, dass es in der Grundschule keinen Spielraum mehr gibt. Daran wäre uns aber schon sehr gelegen. Deswegen hatten wir beantragt: für die erste und die zweite Klassenstufe. Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Nach den mir vorliegenden Planungen sind zwei erste Klassen dort die Ausnahme. In den nächsten Jahren wird es aller Voraussicht nur eine erste Klasse geben. Wenn wir diese Kapazitäten schaffen, haben wir nur 50 Prozent Doppelbelegung an der Grundschule. S e i t e | 66 Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bürgerbeteiligung unbedingt, und die muss sogar zweimal stattfinden: Zum einen müssen die Standorte den Bürgern jetzt kommuniziert werden. Da können mögliche Probleme auch noch einmal angesprochen werden. Zum Zweiten muss in dem Moment - das ist völlig normal -, wenn der Generalübernehmer, der auch die Projektierung macht, das fertige Projekt vorstellt, ohnehin eine Nachbarschaftsbeteiligung durchgeführt werden. Das ist vom Gesetzgeber so vorgeschrieben. Es würde sich eine öffentliche Einwohnerversammlung anbieten, wenn Klarheit zu dem jeweiligen Objekt besteht. Trotzdem muss ich anmerken: Den Letzten beißen die Hunde. Das wird wie bei Flüchtlingen, DaZ-Klassen usw. die LESG sein. Da können wir nicht leichtfertig sagen: Darüber reden wir irgendwann noch einmal. - Wir müssen jetzt starten. Wenn wir jetzt in die Ausschreibungsverfahren, zumindest für einen Teil dieser Objekte, gehen, besteht vielleicht die Chance, vernünftige Konditionen für diese GÜ-Leistungen zu bekommen, weil viele Unternehmen jetzt bestrebt sind, ihre Auftragsbücher für das kommende Jahr zu füllen. Der Standort Eigenheimstraße ist mir schon seit den 1960er-Jahren gut bekannt. Ich kann mich entsinnen, dass auf dieser Fläche einmal eine Baracke stand und dort auch einmal eine Verkaufseinrichtung vorgesehen war. Für mich ergibt sich zum Beispiel die Frage: Haben nicht auf einem Teil dieser Fläche, die ehemals gestiftet worden ist, in den zurückliegenden Jahrzehnten auch Eigenheime gestanden? Zur Problematik Verkehrsanbindung. Ist nicht vielleicht ein verkehrsberuhigter Bereich auch ein positives Signal in Bezug auf Lärmbelastung und Erschütterungen, das für eine Kita dort spricht? Das wäre auch günstiger für die Kindergartengruppen, wenn sie spazieren gehen. Ortsvorsteher Böhlau: Das dürfte machbar sein, wenn es denn so kommt. Deswegen beantragen wir: erste und zweite Klassenstufe. Dann ist das klar. Zum Standort Friederikenstraße ist klar zu sagen: Auch dort gibt es sicher an die 100 Anwohner. Zum einen liegt er in Nachbarschaft zum Neubaugebiet Dölitz von 1974, das eigentlich zu Lößnig gehört. Zum anderen gibt es in direkter Nachbarschaft, in der Bornaischen Straße, weitere Kitas. Die Abwägung sollte also sehr vernünftig durchgeführt werden. Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Ja, aber nur für zwei Klassen. - Also: keine Überschreitung der Platzkapazität von insgesamt 165 Plätzen und Schaffung von Hortkapazitäten für zwei Klassen. Sind Sie damit einverstanden? - Ja. Okay. Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker noch einmal. Oberbürgermeister Jung: Herr Schlegel. Stadtrat Zenker (SPD): Ich habe noch eine Frage zum Antrag der CDU, den ich nicht ganz verstehe. Bedeutet Ihr Beschlussvorschlag, dass der Standort Eigenheimstraße ersatzlos gestri- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 chen werden soll, oder bedeutet er, dass die Entscheidung über diesen Standort nur zurückgestellt wird? In Bezug auf die Prüfung der Grundstücke sollten natürlich auch die finanziellen Auswirkungen betrachtet werden, also: Wie viel kostet es, wenn die Stadt auf einem eigenen Grundstück baut, und wie viel, wenn ein privater Investor das realisiert? Welche Alternativverwendungen sind für diese Grundstücke gegebenenfalls auch noch vorstellbar? Ich hatte einige vorhin angedeutet. Daher würde ich darum bitten, klarzustellen, was mit dem Wort „Prüfung“ tatsächlich gemeint ist und wie Ihr Antrag zum Standort Eigenheimstraße zu verstehen ist. Oberbürgermeister Jung: Herr Albrecht dazu. Stadtrat Albrecht (CDU): Es geht uns genauso wie Ihnen um die Verschiebung der Entscheidung, um eine Prüfung der Kosten und um einen Abwägungsprozess. Ob dabei herauskommt: Man baut die Kita Eigenheimstraße nicht, sondern baut sie in der Friederikenstraße oder anderswo, das wird man nach dieser Prüfung sehen. Oberbürgermeister Jung: Das ist der weitergehende Antrag. Ich halte mich allerdings an das, was im Beschlusstext formuliert ist. Darin heißt es: Der Standort Eigenheimstraße wird nicht beschlossen. Dafür werden drei andere Standorte untersucht. - Die Änderungsanträge von den Grünen und von Herrn Zenker fordern eine Zurückstellung der Entscheidung über diesen Standort. Herr Wehmann. Stadtrat Wehmann (DIE LINKE): Meine Bitte war, eine Protokollnotiz hinsichtlich der Nichtstreichung von beschlossenen Investitionen aus dem vergangenen Haushalt in das Protokoll mit aufzunehmen. Oberbürgermeister Jung: So machen wir das. Herr Zenker noch einmal. Stadtrat Zenker (SPD): Bei der Abstimmungsfolge muss ich den CDU-Antrag ablehnen, weil eine Zustimmung bedeuten würde, dass die anderen Anträge nicht mehr abgestimmt werden, oder? Oberbürgermeister Jung: Ja, so ist das. - Herr Morlok. S e i t e | 67 Stadtrat Morlok (Freibeuter): Ich muss noch einmal nachfragen, Herr Oberbürgermeister; denn ich habe das Gefühl, dass Herr Albrecht etwas anderes gesagt hat, als Sie danach wiedergegeben haben. Herr Albrecht hat seinen Antrag so interpretiert, dass die drei Standorte ergänzend, also neben dem Standort Eigenheimstraße, geprüft werden sollen. Oberbürgermeister Jung: Entschuldigung, aber das steht so nicht im Antrag. Im Beschlussvorschlag der CDU heißt es: Nicht beschlossen wird der Standort Nr. 11 Eigenheimstraße. Die Stadtverwaltung prüft kurzfristig folgende Alternativstandorte Friederikenstraße 60 (Freier Träger), Newtonstraße/Winklerstraße, Leinestraße/Bei der Krähenhütte und legt dem Stadtrat im November einen entsprechenden Beschlussvorschlag vor. Ich weiß nicht, wie Sie das interpretieren. Stadtrat Albrecht (CDU): Ich hatte gesagt: Es ist zurückgestellt, und gut. Das ist das, was wir meinen. Oberbürgermeister Jung: Also: Herr Albrecht gibt zu Protokoll: Nicht gemeint ist das Streichen des Standorts Eigenheimstraße. Auch dieser Standort wird weiter untersucht. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Bitte schalten Sie Ihr Abstimmgerät ein und geben Sie Ihr Votum zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion zu ab. - Ich schließe die Abstimmung. Abstimmung: 37 Ja-Stimmen, 29 NeinStimmen, keine Enthaltungen. Dann ist so beschlossen. Damit entfällt die Abstimmung über die Anträge von Herrn Zenker sowie von Bündnis 90/Die Grünen. - Herr Zenker. Stadtrat Zenker (SPD): Aus meiner Sicht ist der CDU-Antrag eine Ergänzung des GrünenAntrags, weil er konkret drei Standorte benennt, die im Zusammenhang mit der Prüfung bis zur nächsten Ratsversammlung - dafür hatten die Grünen ja auch Zustimmung signalisiert - ebenfalls geprüft werden sollen. Die Grünen hatten beantragt, dass der Punkt, nachdem die Petition durchgeführt ist, hier wieder aufgerufen wird. Ich habe den CDU-Antrag zunächst genauso verstanden wie Sie. Inzwischen verstehe ich ihn so, dass die im Antrag genannten drei Standorte Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 S e i t e | 68 ebenfalls bis zur nächsten Ratsversammlung geprüft werden sollen. Die Grünen hatten beantragt, erst die Petition durchzuführen und dann abzustimmen. Wir haben versucht, das Verfahren zu verkürzen, indem wir beantragt haben, dass bis dahin eine Einwohnerversammlung durchgeführt wird. Daher ist mein Antrag als Ergänzung des Grünen-Antrags zu verstehen. Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister, im Antrag der CDU ist der Monat November genannt. Ich habe das so interpretiert, dass damit nicht der Kalendermonat gemeint ist, sondern die November-Ratsversammlung, und gehe davon aus, dass Sie zur Ratsversammlung einen entsprechenden Vorschlag zur endgültigen Beschlussfassung vorlegen werden. Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker, es bleibt dabei: Der weitergehende Antrag wurde positiv votiert. Das heißt: Die Verwaltung hat jetzt vier Standorte zu prüfen. Sie können nicht erwarten, dass wir bis zur nächsten Ratsversammlung im November vier Einwohnerversammlungen durchführen. Wir werden Ihnen im November einen Vorschlag machen, und dann gibt es eine Einwohnerversammlung. Oberbürgermeister Jung: So habe ich das eben gemeint. Das ist sehr ambitioniert. (Widerspruch von Stadträtin Krefft [Bündnis 90/Die Grünen]) - Wie denn sonst? Frau Krefft, das muss doch alles gemacht werden. Wir haben heute den 18. Oktober. Herr Zenker. Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Vorlage. Wer ihr zustimmt, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. In der Ratsversammlung im November wird dann über einen weiteren Kitastandort entschieden. 18.2 Ergänzungswahl Ortschaftsrat marsdorf (VI-DS-04728-NF-01) Rück- Einreicher: Dezernat Allgemeine Verwaltung Wird das Wort gewünscht? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. Stadtrat Zenker (SPD): Es geht doch nur um eine Einwohnerversammlung, nämlich zum Standort Eigenheimstraße, auf der dann auch erklärt wird, was bei der Prüfung der drei alternativen Standorte herausgekommen ist, wie die verkehrliche Anbindung erfolgen soll etc. Oberbürgermeister Jung: Sie können es deuten, wie Sie wollen. Abgestimmt worden ist jetzt, drei Standorte neu zu prüfen plus den Standort Eigenheimstraße. Es gibt einen Änderungsvorschlag zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dieser ist aber nicht beschlossen worden, Herr Zenker, weil der CDU-Antrag der weitergehende war und positiv votiert wurde. Sie müssen mir bitte jetzt vertrauen, dass wir im Rahmen unserer Möglichkeiten versuchen werden, mit den Anwohnern vor Ort noch bestehende Fragen zu klären, um Ihnen im November einen abgestimmten Vorschlag machen zu können. Anders wird es nicht gehen. Wir sind immer noch in der Abstimmung. Wie gesagt: Damit entfällt die Abstimmung über die Änderungsanträge von Bündnis 90/Die Grünen und von Herrn Zenker. Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion wurde zurückgestellt. Der Änderungsantrag des Ortschaftsrats Seehausen wurde mit einer Protokollnotiz übernommen. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Vorlage. Herr Morlok, wir sind mitten in der Abstimmung. 18.3 Umgestaltung Zentralstadion - Zustimmung zur Übertragung der Geschäftsanteile an der Zentralstadion Leipzig GmbH Besitzgesellschaft und zum Abschluss der Rahmenurkunde zur UR-Nr. 479/17 des Notars Dr. Jenckel, Berlin, inklusive der 3. Änderungsvereinbarung (VI-DS-04737-NF-01) Einreicher: Sport Dezernat Umwelt, Ordnung, Eine weitere sehr wichtige Vorlage. Beachten Sie bitte die Austauschseiten vom 11.10.2017. Es gibt klare Vorvoten. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit würde ich gern auf die Einbringung verzichten. Ich glaube, die Sachlage ist klar: Wir müssen entscheiden, ob wir uns weiter an der Entwicklung des Zentralstadions beteiligen und mit dem neuen Investor eine Vereinbarung zur Umgestaltung des Stadions schließen. Gibt es Wortwünsche? - Frau Hollick, bitte. Stadträtin Hollick (DIE LINKE): Ich denke, so viel Zeit muss sein, dass wir von dieser Stelle aus unsere Glückwünsche an RB für die beiden Spiele von Sonnabend und gestern schicken. Wir verstehen, dass der Verein jetzt gern sein „Wohnzimmer“, das Zentralstadion, wiederhaben möchte. Die meisten von uns - das hat auch die Beratung in den Ausschüssen gezeigt - sind da- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 mit einverstanden. Wir freuen uns, dass für den Fußball in Leipzig nach der Ära von 1956 bis 1990 und der Ära von 1990 bis 2009 jetzt wieder eine neue Ära beginnt. Das wird eine wichtige Ära sein. Ich will nicht verschweigen, dass in den letzten zehn Jahren am Stadion der Zahn der Zeit genagt hat; wir konnten uns im Ausschuss davon überzeugen. Neben der Erweiterung sind tatsächlich auch Ersatzinvestitionen notwendig. Natürlich wird es kein Stadion der 100.000 mehr sein, an das sich viele von uns noch gut erinnern, aber ein Stadion der 50.000 oder 57.000, und das ist gut. Ich denke, die Leipziger sind im Wesentlichen dafür. Der Vertrag zeigt, dass die Sondernutzungsrechte, die wir schon 2000 vereinbart haben, weiter bestehen bleiben. Der Vertrag zeigt, dass die Vorbehaltsrechte für den Wochenmarkt und die Festwiese abgesichert sind. Natürlich hätten wir uns auch Lösungen für noch offene Fragen gewünscht, wie zum Beispiel ein Parkhaus usw. Sollte ein Vertreter des RB heute hier sein, will ich zwei Wünsche an ihn richten: erstens Unterstützung bei der Gestaltung der Sportroute und zweitens ein Sportmuseum im Umfeld der RedBull-Arena. Wenn uns da einer helfen kann, dann RB. Abschließend will ich noch einmal auf die Internetseite von RB hinweisen. Schauen Sie sich einmal an, was RB alles an sozialem Engagement für unsere Stadt macht. Das ist nicht wenig. Auch der Beitrag von RB für andere Vereine ist nicht unerheblich. Ich bin durchaus der Meinung, dass RB das stärker propagieren sollte; denn er ist ein Teil unserer Stadtgesellschaft und zukünftig auch ein Teil unserer Stadtgeschichte. Ich hoffe, dass der Beschluss einstimmig oder zumindest fast einstimmig gefasst wird. Oberbürgermeister Jung: Vor der Abstimmung möchte ich noch einen Satz verlesen. Die Landesdirektion hat uns mitgeteilt: Die nunmehr im Zusammenhang mit der Veräußerung von Geschäftsanteilen der Zentralstadion Leipzig GmbH Besitzgesellschaft an die Red Bull GmbH und den RasenBallsport Leipzig e. V. vorgesehenen Änderungen an den Wiederkaufs- bzw. Wiederverkaufsrechten lösen keine neuen kommunalrechtlichen Genehmigungspflichten aus. Das heißt: Wir können heute abschließend, natürlich unter Vorbehalt des Bundes, beschließen. S e i t e | 69 Ich darf Sie um Ihr Handzeichen bitten. Wer stimmt der Vorlage zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Eine Gegenstimme, eine Enthaltung. Fast einstimmig so beschlossen. Ich werde das so weitergeben. Danke für dieses klare Signal. 18.4 Vergabe von Steuerberatungsleistungen: Begleitung und Unterstützung im Rahmen der Erstellung der Steuererklärungen 2016 (VI-DS-04592-NF-02) Einreicher: Dezernat Finanzen Wird das Wort gewünscht? - Dann bitte ich um Ihr Handzeichen. Wer stimmt gegen die Vergabe? - Enthaltungen? Abstimmung: Eine Enthaltung. Ansonsten einstimmig so beschlossen. 18.5 Erweiterungsbeschluss zum Bau- und Finanzierungsbeschluss Feuerwehrzentrum Leipzig, Gerhard-Ellrodt-Str. 29 d, 04249 Leipzig, Neubau 2. BA Verwaltungsgebäude, 3. BA Werkstattgebäude, Außenanlagen, Kompensationsmaßnahmen (VI-DS-03326) Einreicher: Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Klare Vorvoten. - Wird das Wort gewünscht? Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. Meine Damen und Herren, mit Blick auf die Uhr schlage ich Ihnen vor, die Erörterung von TOP 18.6 um einen Monat zu verschieben, weil wir unbedingt heute noch sehr wichtige Vorlagen beschließen müssen. Dafür brauche ich aber Ihr Einverständnis. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Abstimmung: Mit einer Gegenstimme ist das so beschlossen. 18.7 1. Änderung zum Bau- und Finanzierungsbeschluss für den Ersatzneubau der Plagwitzer Brücke und Bestätigung einer überplanmäßigen Auszahlung nach § 79 SächsGemO für 2017 und 2018 (VI-DS-03517-DS-02) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Klare Vorvoten. - Wird das Wort gewünscht? Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 18.8 Fachförderrichtlinie des Verkehrs- und Tiefbauamtes zur Förderung der Verkehrssicherheit (VI-DS-03849) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Wird das Wort gewünscht? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. 18.9 2. Änderung zum Bau- und Finanzierungsbeschluss RBIII-1663/04 für das städtische Bauvorhaben „Öffnung des Elstermühlgrabens, Bauabschnitt 3, Teilbauabschnitt 3.1 und Errichtung der Funkenburgbrücke“ i. V. m. der Bestätigung überplanmäßiger Auszahlungen nach § 79 Abs. 1 SächsGemO (VI-DS03866) Einreicher: Sport Dezernat Umwelt, Ordnung, Gibt es dazu Wortmeldungen? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. 18.10 Regelungen zur Einrichtung von flexiblem Carsharing in Leipzig (VI-DS04166) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau 18.10.1 dazu ÄA (VI-DS-04166-ÄA-01) Einreicher: CDU-Fraktion 18.10.2 dazu ÄA (VI-DS-04166-ÄA-02) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Gibt es Wortwünsche? - Bitte, Herr Dossin. Stadtrat Dossin (CDU): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Mobilitätsszenarien in Leipzig in der Zukunft sind glasklar. Derzeit wissen wir: Es wird mehr Autos, egal welcher Nutzungsart, geben, schon allein wegen des rasanten Wachstums unserer Stadt. Was tun wir derzeit mit diesem Wissen? Wir reduzieren Fahrspuren. Wir reduzieren die Anzahl der Parkplätze, vor allen Dingen im Innenstadtbereich. Wir unterstützen die Verdrängung der Verkehrsflächen von Auto, Lkw und ÖPNV, indem wir die Spuren einer gemeinsamen Nutzung zuführen. Kurzum: Wir tun alles, damit das Verkehrschaos in Leipzig eher früher als später eintritt. Das Carsharing weiter auszubauen, wird das Problem nicht lösen können. Es müssen andere, bessere Lösungen gefunden werden, die allen Menschen in Leipzig nutzen, egal ob sie im Innenstadtbereich oder am Stadtrand wohnen. Wir kritisieren, dass die Verwaltung nur auf Drängen die möglichen Mindereinnahmen, die S e i t e | 70 aufgrund dieser Vorlage entstehen können, preisgegeben hat. Wir reden immerhin über Mindereinnahmen von 2 bis 5 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn diese Vorlage auch die finanziellen Auswirkungen ehrlich - ich könnte auch sagen: transparent - benannt hätte. Auch erschließt sich uns nicht, warum Elektrofahrzeuge in Leipzig gänzlich kostenfrei parken dürfen. Wir haben gerade für diese Autos Mobilitätsstationen geschaffen, wo sie derzeit kostenlos parken können. Die Nutzungsquote dieser Mobilitätsstationen lässt leider noch deutlich zu wünschen übrig. Wer wie ich öfter daran vorbeifährt, wird dort meist eine verwaiste Fläche vorfinden. Auch sehen wir derzeit als fraglich an, ob ein E-Auto langfristig auf einem normalen Parkplatz abgestellt wird, wenn dieser Platz keine Ladestation hat. Dass man E-Autos trotzdem fördern sollte, erkennen Sie an unserem Vorschlag, für E-Autos den Parkbeitrag nicht gänzlich zu erlassen, sondern ihn um 50 Prozent gegenüber dem normalen Beitrag zu reduzieren. Wir halten im Sinne der Gleichberechtigung aller Autonutzer und aller Carsharing-Nutzer eine komplett kostenfreie Nutzung aller Parkmöglichkeiten für E-Autos in unserer Stadt für nicht gut. Wir bitten Sie daher, unseren Änderungsantrag mit zu unterstützen. Oberbürgermeister Jung: Herr von der Heide. Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Bei einer Vorlage zur Förderung und Weiterentwicklung des Carsharing-Angebots in Leipzig würde man erwarten, dass die Grünen begeistert sind. Doch Begeisterung will sich bei mir nicht so recht einstellen. Das fängt schon damit an, dass uns eine Vorlage für stationsungebundenes Carsharing - in der Vorlage „flexibles Carsharing“ genannt - vorliegt. Wie mit den Neuerungen des CarsharingGesetzes in Bezug auf stationsgebundenes Carsharing - also das, was wir in Leipzig bisher kennen - umgegangen wird, dazu gibt es leider keine Vorlage. Man darf gespannt sein, wann diese vorgelegt wird. Eine gemeinsame Vorlage für beide Varianten des Carsharing wäre aus unserer Sicht besser gewesen, auch um die neuen Möglichkeiten auf Grundlage des CarsharingGesetzes umfassend zu nutzen. Begeisterung will sich vor allem aber aufgrund der Regelungstiefe der Vorlage nicht so richtig einstellen: Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Verbot von Dieselfahrzeugen in den CarsharingFlotten im Rahmen des Pilotprojektes. - Nun gut, sicherlich sehr aktuell. Aber vor zwei Jahren hätte man vermutlich noch die Benziner verboten, weil damals Umweltschutz noch stärker mit Klimaschutz gleichgesetzt wurde. Jetzt steht die Feinstaubthematik mehr im Fokus. So schnell ändern sich die Bedingungen. - Ich komme später noch darauf zurück. Ambitionierte Quoten für Elektrofahrzeuge in den Flotten im Rahmen des Pilotprojektes. - Sicherlich zeitgemäß. Wenn wir mal bei allen Flotten und Projekten so genau hinschauen würden, zum Beispiel bei der eigenen Fahrzeugflotte der Stadtverwaltung! Beschränkung auf 750 Fahrzeuge im Rahmen des Pilotprojekts für die nächsten fünf Jahre. Dagegen richtet sich unser Änderungsantrag. Bei mir stellt sich das Gefühl ein, dass die Verwaltung mindestens Respekt, wenn nicht gar Angst vor zu viel Carsharing in Leipzig hat. 750 Fahrzeuge, das klingt ziemlich viel, fünf Jahre sind aber auch verdammt lang. Im Juli hieß es in einem Artikel der LVZ, dass sich die Nutzungszahlen für Carsharing in Leipzig zwischen 2013 und 2017, also in weniger als fünf Jahren, verdoppelt haben. Wer von Ihnen kannte vor einem Jahr die Firma Uber? Seit kurzem fährt in Leipzig CleverShuttle als Tochterunternehmen der LVZ. Man beachte: CleverShuttle, eine Mobilitätsfirma als Tochterfirma der Leipziger Volkszeitung. Letzte Woche hat die Deutsche Bahn Pläne für autonome Busse, Taxis usw. präsentiert. In Berlin gibt es mittlerweile acht verschiedene Carsharing-Anbieter und -konzepte. Sicherlich, Berlin ist siebenmal so groß wie Leipzig. Worauf ich hinaus will: Die Bedingungen im Bereich Mobilität wandeln sich rasant. Ziel der Stadtverwaltung sollte nicht sein, diese Entwicklung zu kontrollieren, sondern sie zu koordinieren und zu moderieren. Dann würde es mit der Förderung von Carsharing in Leipzig und Mobilitätsangeboten im Allgemeinen vielleicht auch schneller und vor allem einfacher vorangehen. Ein Beispiel: Die Mobilitätsstationen in der Könneritzstraße wurden kürzlich eingeweiht, fast ein Jahr nach Abschluss der Baumaßnahme Könneritzstraße, in dessen Rahmen sie eigentlich hätte schon realisiert werden können, und circa ein halbes Jahr, nachdem uns hier in der Ratsversammlung auf unseren Antrag hin eine zeitnahe Realisierung in Aussicht gestellt wurde. Das heißt: Fast ein Jahr lang haben sich VTA, Stadtplanungsamt, LVB und vielleicht auch noch andere Akteure - ich stecke ja nicht drin in dem Prozess - gegenseitig die Bälle zugespielt. In dem Tempo kann und darf es nicht weitergehen. S e i t e | 71 Es würde aus unserer Sicht helfen, wenn man die Regelungen beim Carsharing nicht so fürchterlich kompliziert machen würde. Wir stimmen der Vorlage nichtsdestotrotz zu. Aber vielleicht können Sie meine Worte berücksichtigen bei der Erstellung der Vorlage zum stationsgebundenen Carsharing. Um die Regelungen ein wenig abzumildern, bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Wie viele Carsharing-Fahrzeuge in Leipzig genutzt werden und damit Sinn machen, wird am Ende der Markt entscheiden. Wir müssen uns nicht von Anfang an Grenzen setzen, die am Ende gegebenenfalls die Entwicklung eher erschweren. Dem Änderungsantrag der CDU werden wir nicht zustimmen. Die Rechnung, die Sie aufmachen, dass es aufgrund der Vorlage zu 2 bis 5 Millionen Euro Mindereinnahmen kommen wird, kann ich nicht nachvollziehen. Der Ansatz „1.200 Euro pro Parkplatz“, mit dem Sie operieren, würde nur dann funktionieren, wenn permanent ausschließlich Carsharing-Fahrzeuge diese Parkplätze nutzen würden. Aber dem ist nicht so. CarsharingFahrzeuge können diese Parkplätze nutzen, aber ein „normales“ Auto eben auch, mit dem Unterschied, dass dafür Parkgebühren gezahlt werden müssen. Von daher können die Verluste gar nicht errechnet werden. Ihre Rechnung „1.200 Euro minus 600 Euro“ macht überhaupt keinen Sinn. Oberbürgermeister Jung: Frau Riekewald. Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste am Livestream und hier auf der Tribüne! Ich selbst lebe jetzt seit fast einem Jahr autofrei, und ich gebe ehrlich zu, ohne die Möglichkeit des Carsharing hätten mein Mann und ich uns sicher nicht zu diesem Schritt entschieden; denn die Schwiegereltern auf dem Dorf erreicht man mit zwei kleinen Kindern eben doch am besten mit dem Auto. Daher begrüße ich und auch meine Fraktion diese Vorlage, und wir werden dieser auch zustimmen. Wir können uns gut vorstellen, dass ein flexibles Carsharing noch mehr Menschen dazu bewegen kann, auf ein eigenes Auto zu verzichten. Wir möchten allerdings auf ein paar Schwachpunkte in der Vorlage hinweisen, wo wir uns einfach mehr Mut gewünscht hätten; denn immerhin geht es hier um die Förderung von motorisierter Individualmobilität. Wenn wir sie schon fördern, dann doch bitte wenigstens zukunftsträchtig und innovativ. Wir halten daher die in der Vorlage vorgeschlagene E-Auto-Quote für zu niedrig. Gerade das Carsharing sollte hier eigentlich mit Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 noch besserem Beispiel vorangehen. Aber es handelt sich ja um Mindestanforderungen. Daher hoffen wir auf eine Übererfüllung der Quoten. Wir nehmen außerdem wahr, dass die Einrichtung eines flexiblen Carsharing administrativ sehr schwierig ist. Das kann zur Folge haben, dass sich vermehrt Anbieter um diese Form des Carsharing bemühen, bei denen Carsharing eine Ergänzung zum Produktportfolio, zum Beispiel BMW mit BMW Drive Now oder Mercedes mit Car2Go, darstellt. Für andere Anbieter könnte das flexible Carsharing schlichtweg betriebswirtschaftlich unattraktiv sein. Hier kann eine Marktverzerrung auftreten, die bewirkt, dass große Autohersteller ihre Carsharing-Sparte als Werbeplattform betreiben. Dies sollte jedoch nach unserer Meinung nicht Ziel von Carsharing sein. Carsharing muss dazu beitragen, das sich immer mehr Leute vorstellen können, auf das eigene Auto zu verzichten; denn im Durchschnitt steht ein Autos 23 Stunden am Tag, verbraucht dabei jedoch extrem viel Platz, welchen wir in einer engen Stadt wie Leipzig gut für andere Dinge gebrauchen könnten. Die Änderungsanträge von CDU und Grünen werden wir ablehnen; denn wir halten eine Obergrenze von 750 Autos für sehr sinnvoll. Die Streichung dieser Begrenzung könnte de facto dazu führen, dass unendlich viele Autos auf den Markt gepumpt werden. Etwas überspitzt gesagt, könnte dann BMW 600.000 Autos in die Stadt stellen. Das halten wir nicht für sinnvoll. Der Vorlage in der Ursprungsfassung werden wir, wie gesagt, zustimmen, jedoch mit dem Hinweis, dass auch Carsharing individuelle Mobilität ist und in unseren Augen nur eine Ergänzung zum Umweltverbund sein darf, zum Beispiel für den Möbeltransport oder eben den Besuch bei der Oma auf dem Lande. - Vielen Dank. S e i t e | 72 sere Straßen noch weiter verstopfen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie beklagen doch sonst immer, dass durch mehr Automobile die fließenden und ruhenden Verkehre weiter belastet werden. Nach dieser Vorlage sollen in den nächsten fünf Jahren 750 Kfz zusätzlich auf Leipzigs Straßen unterwegs sein. Das muss man sich einmal überlegen. Das bedeutet auch: Diese 750 Kfz können überall geparkt werden. In den Leipziger Stadtteilen gibt es jetzt schon Parkplatznot. Wenn man als Stadtrat mitunter nach 20 Uhr von der Ausschusssitzung kommt, hat man Probleme, noch einen Parkplatz zu finden. Ich denke, Sie wissen, wovon ich rede. Man muss mitunter drei, vier oder fünf Straßen abfahren, ehe man einen Parkplatz findet, manchmal sogar in einem anderen Stadtteil parken. Also: Auch in dieser Hinsicht wird es zu einer zusätzlichen Belastung kommen. Das sollte man nicht einfach so vom Tisch wischen. Wir sind der Meinung: 750 Fahrzeuge sind zu viel. Des Weiteren haben wir auch Bedenken hinsichtlich der Ergebnisse der genannten Studie. Laut dieser Studie kann ein Carsharing-Auto innerhalb von fünf Jahren 15 Automobile einsparen. Das bezweifeln wir. Zum einen haben wir die Studie bis heute nicht. - Vielleicht wird sie unserer Fraktion ja noch ins Postfach gelegt. Wir hatten das schon im Fachausschuss zweimal angemahnt; aber das nur nebenbei. Ich weiß nicht, wem sie vorliegt, uns jedenfalls nicht. - Zum anderen wird ein Kfz-Besitzer, solange er noch Raten für sein Auto abzuzahlen hat, sein Auto nicht einfach stehen lassen und sich stattdessen ein Carsharing-Auto nehmen. Carsharing werden vor allem Leute nutzen, die sich kein eigenes Auto leisten können - das ist auch von Vorteil -, junge Leute, Studenten, Auszubildende oder auch Frau Riekebusch (Heiterkeit) Oberbürgermeister Jung: Herr Kriegel. Stadtrat Kriegel (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Meine Fraktion wird der Beschlussvorlage nicht zustimmen, nicht etwa, weil wir gegen Carsharing sind, sondern weil wir der Meinung sind: Das muss mehr Maß und Ziel haben. Die Vorlage sieht ein Pilotprojekt vor, das auf fünf Jahre angelegt sein soll. Aus unserer Sicht ist eine Gesamtzahl von 750 Fahrzeugen zusätzlich im öffentlichen Raum überdimensioniert. Die Grünen werden sagen: Es gibt keine Obergrenze. - Wir würden die Obergrenze gern heruntersetzen - das ist ja allgemein bekannt -, in diesem Fall ganz besonders. 750 Fahrzeuge werden un- - Frau Riekewald, die sich freut, ein CarsharingAuto zu nutzen. Aus unserer Sicht sind die in der Vorlage genannten Zahlen zu hoch gegriffen: zum einen die Einsparung von 15 Autos durch ein CarsharingAuto, zum anderen die Gesamtzahl von 750 zusätzlichen Kfz, die zu einer weiteren Belastung des ruhenden und fließenden Verkehrs in Leipzig führen werden. Deswegen lehnen diese Vorlage ab. - Danke schön. Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch. Stadtrat Hobusch (Freibeuter): „Frau Riekebusch“: War das Freud’scher Versprecher, Herr Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 S e i t e | 73 Kriegel, weil Sie Herrn Hobusch im Nacken wussten, der nach Ihnen redet? stimmt, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? (Heiterkeit) Abstimmung: Keine Enthaltungen, einige ProStimmen. Mit großer Mehrheit abgelehnt. Meines Wissens sind in der Stadt Leipzig 350.000 Pkw zugelassen. Ich lasse mich gern korrigieren bei solch großen Zahlen. Die Verwaltung hat in ihrer Vorlage 750 Fahrzeuge als Obergrenze vorgeschlagen. Im Internet - Herr Kriegel, das ist dieses schwarze Loch, das bunte Bilder erzeugt, wenn man hineinschaut -, finden Sie jede Studie zu Carsharing und auch Aussagen dazu, wie viele Carsharing-Fahrzeuge normale Pkw ersetzen können, nämlich bis zu 20 pro Carsharing-Fahrzeug. Wenn 750 Fahrzeuge zusätzlich in der Stadt unterwegs sind, wird man das überhaupt nicht merken. Wenn Sie davon 14.250, höchstens 15.000 Autos abziehen - also 750 mal 20 -, wird auch wieder ein bisschen mehr Platz sein. (Heiterkeit) Ich will die Polemik beiseitelassen und mich jetzt an den Grünen reiben. Es freut mich, dass die Grünen jetzt auch Carsharing von bekannten Floating-Anbietern in dieser Stadt begrüßen. Der Ausspruch: Es macht keinen Sinn, wenn Mercedes seine Smarts in der Stadt abwirft, stammt von Ihrem ehemaligen Fraktionsmitglied, Herrn Quester. Ich freue mich, dass Sie jetzt ein Stück weiter sind. Sie haben recht, liebe Freunde von den Grünen: 750 Fahrzeuge für einen Modellversuch innerhalb der nächsten fünf Jahre: Es gibt keinen Grund, eine solche Grenze einzuziehen. Überlassen wir das den Anbietern! Überlassen wir das den Anbietern von stationsungebundenem Carsharing und auch den Anbietern, die nach wie vor das Modell der 90er-Jahre als marktfähig ansehen! Überlassen wir es ihnen, sich durchzusetzen und das eine oder andere Modell zu beweisen! Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden der Vorlage und dem Änderungsantrag der Grünen zustimmen. Den Antrag der Union lehnen wir ab. Wir halten es durchaus für legitim, das Erreichen bestimmter politischer Ziele auch mit finanziellen Vergünstigungen zu stimulieren. Insofern sehen wir für lediglich eine Reduzierung der Parkgebühren keine Notwendigkeit. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Wenn es keine weiteren Wortmeldungen gibt, kommen wir zur Abstimmung. Abstimmung über den Änderungsantrag 01 der CDU-Fraktion. Wer diesem Änderungsantrag zu- Abstimmung über den Änderungsantrag 02 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der vorsieht, den Passus „750 Fahrzeuge“ zu streichen. Wer diesem Beschlussvorschlag zustimmt, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Eine Enthaltung, einige ProStimmen. Mit Mehrheit abgelehnt. Abstimmung über die Vorlage. Wer der Vorlage zustimmt, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Eine Enthaltung, einige Gegenstimmen. Mehrheitlich so beschlossen. 18.11 Entwicklungsoption Areal Matthäikirchhof - Etablierung eines „Forums für Freiheit und Bürgerrechte“ (VI-DS04384-NF-06) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau 18.11.1 dazu ÄA (VI-DS-04384-ÄA-02) Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 18.11.2 dazu ÄA (VI-DS-04384-ÄA-03) Einreicher: CDU-Fraktion 18.11.3 dazu ÄA (VI-DS-04384-NF-06-ÄA-01) Einreicher: SPD-Fraktion 18.11.4 dazu ÄA (VI-DS-04384-NF-06-ÄA-02) Einreicher: Fraktion Freibeuter 18.11.5 dazu ÄA (VI-DS-04384-NF-06-ÄA-03) Einreicher: AfD-Fraktion 18.11.6 dazu ÄA (VI-DS-04384-NF-06-ÄA-04) Einreicher: Stadträtin U. E. Gabelmann Eine vorab heiß diskutierte Vorlage, die wir, wie anfangs vereinbart, gemeinsam mit Tagesordnungspunkt 14.20 behandeln: 14.20 Multifunktionales vitales Zentrumsquartier „Matthäikirchhof“ mit breiter Bürgerbeteiligung entwickeln (VI-A04478) Einreicher: Fraktion DIE LINKE 14.20.1 dazu VSP (VI-A-04478-VSP-01) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Ich bitte Kollegin Dubrau, den neuesten Stand kurz zusammenzufassen. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Bürgermeisterin Dubrau: Meine Damen und Herren! Mit der Neufassung übernimmt die Verwaltung wesentliche Teile der Änderungsanträge der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen und des Verfahrensantrags der LINKEN. Wir haben versucht, das so zusammenfassen, dass es am Ende ein Vorhaben aus einem Guss wird. Für die weitere Arbeit sind zwei Projektstudien vorgesehen, die die inhaltliche Profilierung der Forumsidee und zugleich die städtebauliche Zielbestimmung für das Gesamtareal zur Aufgabe haben. Selbstverständlich werden regelmäßig Querbezüge zwischen beiden Arbeitsstrukturen hergestellt. Meilensteine der städtebaulichen Zielfindung und Planungen werden sowohl ein Werkstattverfahren als auch die Leitlinien und darauf aufbauend die Masterplanung sowie der internationale städtebauliche Wettbewerb sein. Eine umfassende Akteurs- und Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt prozesshaft während des gesamten Verfahrens. Vorbild ist hier das Verfahren zum Eutritzscher Freiladebahnhof, das sicher vielen von Ihnen noch im Gedächtnis ist. - Danke schön. Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank. - Herr Dyck. Stadtrat Dyck (SPD): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Schade, dass wir erst jetzt am späten Abend über diese wichtige Vorlage sprechen. Unabhängig davon ist es bedauerlich, dass zwei so wichtige Themen für unsere Stadtgesellschaft in einer Vorlage zusammengefasst wurden. Es ist bezeichnend, dass das zuständige Dezernat offensichtlich erst nach Einreichung von zwei Änderungsanträgen die Sensibilität des Stadtraums Matthäikirchhof erkannt hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD-Fraktion begrüßt die optionale Entwicklungsperspektive für ein Forum für Freiheit und Bürgerrechte im Umfeld der Runden Ecke auf dem Areal des ehemaligen Matthäikirchhofs. Der Ort ruft geradezu danach. Nach Totalzerstörung im Dezember 1943 infolge des durch die NaziDiktatur zur verantwortenden Zweiten Weltkriegs mauerte die nachfolgende sozialistische Diktatur den Matthäikirchhof mit einer Brachialarchitektur ein und errichtete auf den Grundmauern der mittelalterlichen Burg, bildlich gesprochen, eine Trutzburg für die vermeintlich systemgarantierende Staatssicherheit. Bekanntlich fiel diese Burg im Dezember 1989. S e i t e | 74 Bis heute wirkt allerdings diese Brachialarchitektur weiter. Seien wir ehrlich: Bis auf gelegentliche Ausnahmen ist dieser städtische Raum bis heute nahezu aus dem Gedächtnis der Leipziger verschwunden. Man läuft vorbei und sieht ihn nicht, ich jedenfalls nicht, obwohl ich jahrzehntelang die Große Fleischergasse entlanggelaufen bin. Ja, da stand der Querriegel der Volkspolizei, aber der Blick bis zum Ring war versperrt. Gerade deshalb müssen wir uns aus meiner Sicht bei der Gestaltung dieses städtischen Raums vordringlicher mit unserer jüngeren Geschichte auseinandersetzen als in unbedingter Reflexion auf die Zeit vor der Zerstörung. Meine Damen und Herren, an welcher Stelle dieser Stadt kann die dringendst erforderliche Auseinandersetzung mit den Themen Freiheit, Demokratie, Bürgerrechte, Bürgerbeteiligung denn sonst gelingen, wenn nicht im Dunstkreis der Stasi-Akten - in einer Zeit wie heute, wo in Europa, in Deutschland und auch in Leipzig autoritäre Gedanken, die den Freiheitsbegriff, so differenziert dieser auch zu behandeln ist, konterkarieren? Der Ort Matthäikirchhof wurde durch Diktaturen zerstört. Er kann deshalb der Bildungs- und Diskussionsort werden, der unseren, den Leipziger Beitrag liefert, dass Demokratie und Freiheit nicht eines Tages wieder infrage gestellt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit dieses Vorhaben gelingt und nicht schon wieder am Anfang der Überlegungen zerredet wird, braucht es Akzeptanz in der Stadtgesellschaft. Diese kann nur durch Offenheit für das Materielle, also die bauliche Struktur, und für das Immaterielle, also die konzeptionelle Untersetzung des Projektes, welches in einen größeren städtischen Raum mit anderen Nutzungen eingebettet ist, erlangt werden. Daher unser Änderungsantrag, die Ecke nicht nur über den Matthäikirchhof, sondern auch zur Großen Fleischergasse bis zur nördlichen Bebauung zu begreifen. Den Aufschlag hierfür kann eine vorgeschaltete oder parallel laufende städtebauliche Werkstatt der Ideenfindung machen, zu der alle interessierten Bürger und Gruppierungen dieser Stadt eingeladen werden. Ich wünsche dieser bestechenden Idee, hier noch umschrieben mit „Option“, gutes Gelingen. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Frau Gabelmann. Stadträtin Gabelmann (Freibeuter): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich weiß, das ist wieder einer meiner SpezialÄnderungsanträge, die gerade in der CDUFraktion sehr geschätzt werden, weswegen man mich hier auch schon unter Artenschutz stellen wollte. Aber auch dieser Antrag - ich bin sicher, Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 das haben Sie alle festgestellt - hat einen ernsthaften politischen Hintergrund. Wir reden hier über ein Areal mit massiver Überwachungsvergangenheit. Gleichzeitig bauen wir an einer anderen Stelle in Leipzig das Überwachungszentrum für einige Bundesländer, darunter auch Berlin und Brandenburg, und überwachen hier wieder Menschen. Was ist dabei vergleichbar? Damit das jetzt nicht gleich wieder Empörung auslöst: Ich habe gestern mit der Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen telefoniert, damit ich hier absolut nichts Falsches sage. Ich bin zwar ein Kind der 1980er-Jahre, aber zu spät geboren, dass ich das bewusst mitbekommen habe. Deswegen hole ich mir bei solchen Sachen immer fachliche Unterstützung. Wir reden hier über eine unmerkliche Überwachung. Früher wurden Telefone verwanzt. Heute wird der Staatstrojaner auf unseren PC geschleust. Auch das MfS hat auf rechtlichen Grundlagen operiert. Es gab ein Brief- und Fernmeldegeheimnis, was allerdings keine Bedeutung hatte; denn es gab effektiv keine Möglichkeiten, seine Rechte durchzusetzen. Die Methoden, mit denen Überwachung passiert, gleichen sich. Nur: Durch den technischen Fortschritt gibt es heute andere Möglichkeiten. Deswegen scheint Überwachung nicht mehr so unmittelbar, wie sie damals war. Immer wieder werden Gesetze, die unserer Überwachung dienen sollen, von den Verfassungsgerichten und dem Europäischen Gerichtshof kassiert. Dass es die Vorratsdatenspeicherung in ihrer aktuellen Form, die Bestandsdatenauskunft und die Speicherung von IPAdressen nicht mehr gibt, haben Sie übrigens meinem Parteikollegen Patrick Breyer zu verdanken. Es gilt, die Würde der DDR-Bürgerrechtsbewegung zu wahren, sie zu schützen und das Gedenken an 1989 hochzuhalten, was wir hier tun. Wir haben damals gesehen, wohin Überwachung führt. Sie ist schleichend. Sie ist wie Radioaktivität. Man merkt sie nicht, und selbst wenn man sie merkt, ist es zu spät. (Unruhe) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen darüber sprechen. Mir als Piratin liegt nichts ferner, als Überwachung, egal wie sie passiert und egal von wem sie ausgeht, in irgendeiner Art und Weise zu marginalisieren. Ich beabsichtige mit meinem Antrag, diese Debatte zu öffnen, sodass dieser Punkt nicht einfach ungesagt an uns vorbeizieht, dass wir einerseits 1989 hochhalten und wir uns andererseits eventuell wieder schleichend in einen Überwachungsstaat begeben. Ich S e i t e | 75 finde es wichtig, dass wir diese Debatte auch führen. Nichtsdestotrotz ziehe ich meinen Änderungsantrag zurück. Oberbürgermeister Jung: Herr Elschner. Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung! Sehr geehrte Beigeordnete, Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Sehr geehrte Gäste und Zuseher am Livestream! Nach diesem Redebeitrag muss ich erst einmal tief Luft holen. - Jetzt geht es wieder. Nach dem Bekanntwerden der Möglichkeit, auf dem Areal des Matthäikirchhofs mit einem Archivneubau für Stasi-Unterlagen ein Forum für Freiheit und Bürgerrechte zu etablieren, wurde und wird diese Idee rege, durchaus aber auch kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert. Die bündnisgrüne Stadtratsfraktion begrüßt diese Idee. Auch meine Fraktion sieht in dem Areal eine geeignete und plausible Möglichkeit, mit einem Archivneubau einen national und international herausragenden Ort der Geschichtsvermittlung und politischen Bildung zu etablieren. Damit hat Leipzig als Stadt der Friedlichen Revolution auch die Möglichkeit, sich weiter vertiefend und dauerhaft im Bewusstsein der Menschen einzuprägen. Naheliegend dabei ist, dieses Forum im südlichen Teil des Gesamtareals, angrenzend an die Runde Ecke, einzuordnen. Wir als Stadt sollten deshalb nicht zaghaft sein, sondern die historische Chance - so möchte ich es einmal bezeichnen -, die sich nun ergeben könnte, beherzt ergreifen. Es ist richtig, dass sowohl aufgrund der Dimension des Vorhabens mit seiner nicht zu unterschätzenden Außenwirkung als auch aufgrund der herausragenden Bedeutung des historisch vielschichtigen Standortes für unsere Stadt ein international offener Architekturwettbewerb durchgeführt werden soll. In letzter Konsequenz wird dann auch eine Entscheidung über den Erhalt, Teilerhalt oder Nichterhalt des sogenannten Stasi-Neubaus erfolgen müssen. Diese Frage ist ergebnisoffen zu klären. Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen, als Fraktion haben wir Grüne in einem sehr frühen Stadium der Beratungen in den Gremien unseren Änderungsantrag in das Verfahren eingebracht; denn bei dem Areal Matthäikirchhof handelt es sich um die letzte wertvolle städtische Fläche und den letzten bedeutsamen Stadtbaustein innerhalb des Promenadenrings, den es nun zu entwickeln gilt. Die städtebauliche Entwicklung dieser Fläche hat deshalb für uns Grü- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 ne umso mehr mit der gebotenen Sorgfalt und Sensibilität zu erfolgen. Die Planung des Archivneubaus kann deshalb eben nicht alleine und für sich betrachtet werden, wie die Verwaltung ursprünglich der Auffassung war. Deshalb haben wir Grüne vorgeschlagen, parallel zur inhaltlichen Weiterentwicklung der Konzeptidee zum Forum für Freiheit und Bürgerrechte auch die städtebauliche Entwicklung des gesamten Areals unter Berücksichtigung zukünftiger multifunktionaler Nutzungsoptionen - hier haben wir auch die Intentionen des Antrags der LINKEN aufgenommen - mitzudenken, zu diskutieren, zu überlegen, zu untersuchen und in Abwägung zu bringen. Wir freuen uns, dass die Verwaltung die aus meiner Sicht zwingende Notwendigkeit nun ebenfalls erkannt hat und dass weitere Kernforderungen unseres Änderungsantrages in die Neufassung der Verwaltungsvorlage Eingang gefunden haben, nämlich: Durchführung eines mehrstufigen Beteiligungsverfahrens, Durchführung eines städtebaulichen Werkstattverfahrens sowie Erarbeitung eines Masterplans für das gesamte Areal. In diesem Zusammenhang freue ich mich auch über die Unterstützung der CDUFraktion, die in ihren Änderungsantrag unsere Intentionen mit aufgenommen und unseren Antrag zielführend weiterqualifiziert hat. Erlauben Sie mir noch ganz kurz einige Bemerkungen zu den Änderungsanträgen, die erst kurz vor Schluss eingereicht wurden: Zum Änderungsantrag der SPD-Fraktion: Sie meinen, das Areal sei nicht eindeutig beschrieben. Aus meiner Sicht gibt es da kein Problem. Wir können damit leben. Warum das Verfahren zum Freiladebahnhof hier kein Vorbild sein kann, erschließt sich mir nicht. Dieses wurde vom Projektentwickler gemeinsam mit der Stadt Leipzig durchgeführt. Aus meiner Sicht hat sich dieses Beteiligungsverfahren durch ein wirklich gutes und durchdachtes Beteiligungskonzept ausgezeichnet. Wir Grüne hätten gerne mehr davon. Zum Änderungsantrag der Freibeuter-Fraktion. Wir lehnen diesen Antrag ab. Ich hatte eben begründet, dass wir genau diesen Standort an der Runden Ecke für plausibel erachten. Wenn wir dann noch den Umstand berücksichtigen, dass auch die Wegeverbindung von der Klingerbrücke in die Innenstadt zu beachten ist, grenzt sich die Standortsuche auf dem Areal noch weiter ein. S e i t e | 76 Ich komme zum Schluss. Wir Grüne werden dem zu fällenden Grundsatzbeschluss heute zustimmen. - Vielen Dank fürs Zuhören. Oberbürgermeister Jung: Frau Dr. Heymann. Stadträtin Dr. Heymann (CDU): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste am Livestream und sehr geehrte Gäste auf der Tribüne, die Sie sicherlich aus gutem Grund ausharren! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Wir sind sehr froh, dass es eine Trennung der Vorlagen gegeben hat, weil sonst zwei Sachverhalte in einer Vorlage verhandelt worden wären. Allerdings: Wir waren schon ein bisschen Sorge, als zehn Tage später in der LVZ zu lesen war: Es wäre doch ganz schick, wenn auf dem Matthaikirchhof auch das Freiheits- und Einheitsdenkmal stehen könnte. - So sieht Entkopplung nicht aus, Herr Oberbürgermeister. Wir warnen davor, den gleichen Fehler zu machen wie beim Vorhaben Leuschner-Platz; damit werden wir uns ja noch befassen müssen. Hier ist eine saubere Trennung zwischen den Sachverhalten angeraten. Wenn es eines Tages eine Entkopplung gibt, dann gibt es sie. Aber sie soll Ergebnis eines offenen Verfahrens sein. - Das Thema „offenes Verfahren“ wird noch ein paar Mal in meiner Rede vorkommen. (Unruhe) Kommen wir zurück zum Matthäikirchhof selbst und zum Forum. Hierzu lag uns bisher ein Beschluss vor, der eine Vermischung von verschiedenen Planungsprozessen darstellte, und dies nicht einmal vollständig. Seien wir ehrlich: Eigentlich hätte hier nur stehen müssen: Grundsatzbeschluss zur Etablierung eines Forums für Freiheit und Bürgerrechte auf dem Matthäikirchhof in Zusammenhang mit der Zentralisierung der sächsischen Archive der StasiUnterlagenbehörde. Weitere Schritte werden beschlossen, sobald es zu einer Übereinkunft zwischen Bund und Stadt Leipzig kommt. - Das hätte mutmaßlich gereicht. Doch dann hat man ein Geschwurbel aus Projekt- und Planungsphasen schon mal beschließen lassen wollen. (Unruhe) Zum Änderungsantrag der AfD-Fraktion: Das, was Sie formulieren, entspricht gar nicht unseren Vorstellungen. Aber so ist nun mal die Welt. - Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, es wäre schön, wenn hier eine gewisse Ruhe eintreten würde. Ich kann mich teilweise selber nicht verstehen. Ich weiß nicht, ob das an mir oder an meiner Rede liegt. Ich würde gern fortfahren. Zum Änderungsantrag von Frau Gabelmann kann ich nur sagen: Ich musste erst einmal tief Luft holen. Sowohl die Bürgerschaft als auch einige Fraktionen des Stadtrates konnten das so nicht stehen lassen. Es ist erfreulich, dass sich die Verwal- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 tung nun eines Besseren besonnen und die Änderungsanträge von CDU und Bündnis 90/Die Grünen in die Neufassung der Vorlage als neue Beschlusspunkte übernommen hat. Was beschließen wir nun dank dieser Einlassungen? Wir beschließen die Trennung von zwei Planungssträngen. Einerseits ist nach der Übereinkunft zwischen Bund und Stadt eine Projektstruktur aufzubauen, in der Inhalt und Raumbedarf des Forums zu klären ist. Dabei ist ausdrücklich die Nähe zur Runden Ecke zu suchen, um die Erinnerungskultur auf unterschiedliche Weise zu stärken. Das Positionspapier der Akteursgruppe wird sicher Gegenstand des weiteren Verfahrens und gehört auch zur Anlage des Beschlusses. Es kann aber nicht ausdrücklich Grundlage unserer heutigen Beschlussfassung sein - da bitte ich um Verständnis -, weil darin einiges zugrunde gelegt wurde, was erst im offenen Verfahren geklärt werden muss. Wir müssen unbedingt einen Schritt zurückgehen, wenn das Verfahren dieses Mal von der Bürgerschaft anerkannt werden soll. Parallel dazu - das muss nicht einmal abhängig sein von der Übereinkunft mit dem Bund - muss ein Planungsverfahren für den Matthäikirchhof da gebe ich der SPD-Fraktion recht; man muss noch genauer formulieren, dass damit mehr gemeint ist als der klassische Kirchhof - angeschoben werden, ein Verfahren, das wir von jedem Großinvestor verlangen, nämlich anschaulich aufzuzeigen, was an diesem Ort möglich ist, welche Wegeverbindungen es gibt und welche Inhalte man dort etablieren kann. Letztlich wissen wir alle, dass dieser Ort mehr ist als nur - in Anführungszeichen - ein Ort der Erinnerungskultur für 1989. Spätestens seit der Jahrtausendfeier wissen wir: Das ist mit die Keimzelle von Leipzig. Auch das sollte erkennbar sein. Es war schon ein bisschen traurig, dass wir Stadträte die Bauverwaltung und den Oberbürgermeister belehren mussten, wie die Schritte eines solchen Verfahrens aussehen müssen. Aber, wie gesagt, sie werden ja jetzt zum Beschluss gebracht. Erst wenn es Klarheit zum Forum und Klarheit zum städtebaulichen Potenzial des Ortes gibt, kann man beginnen, beides zusammenzudenken und zu planen. Sehr geehrte interessierte Bürgerschaft, damit nehmen wir nichts vorweg. Wir haben viele Mails, Briefe und Anrufe bekommen nach dem Motto: Ihr habt doch etwas vorweggenommen; denn ihr wollt in der einen Ecke das Forum haben. - Nein, wir nehmen nichts vorweg, wenn wir hier die Frage offenhalten: Wie gehen wir mit dem Haus der 1.000 Ohren um? Sollte es zur Verwirklichung des Forums kommen, dem wir als CDU im Grundsatz zustimmen, braucht es zuvor auch ein nachhaltiges Beteiligungskonzept. Sehr S e i t e | 77 verehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Frau Dubrau, gerade zu einem solchen Thema an einem solchen Ort können wir es uns nicht leisten, die Bürgerschaft zu verprellen und Verfahrensfehler vorzuprogrammieren. Ich hoffe, das hat sich nun mit dem neuen Deckblatt erledigt und es ist Sauberkeit in das Verfahren eingezogen. Ich hoffe auch, dass sich dafür heute eine Mehrheit findet. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit, wenn auch nur am Ende. Oberbürgermeister Jung: Herr Keller. Stadtrat Keller (AfD): Sehr geehrte Anwesende! Leipzig besitzt ein Kleinod, und zwar das innerstädtische Gelände des Matthäikirchhofs. Hierzu sind nahezu alle Unterlagen früherer Bebauungen und städtebaulicher Entwicklungen noch erhalten. Derzeit eine Brache stellte es einst das nordwestliche Eingangstor zur Stadt dar, mit einer Treppe, der Klingertreppe, die den Aufstieg der und zur Stadt in würdiger Weise schlicht honorierte. Diese Treppe wurde saniert, führt jedoch ins Nichts. Wir sollten die Tradition Leipzigs als Stadt der Jugend, als Stadt der Denkmale und Baustile, als lebendige Stadt, als Erlebnisstadt, aber auch als Stadt des täglichen Lebens und der kulturellen Identität weiterentwickeln und an diesem Ort spürbar werden lassen. Beseitigen wir die kommunistischen Schandmale widernatürlicher, protziger Bauklötzer, die sich nicht an Baufluchten und althergebrachten Gegebenheiten orientieren wollten! Entdecken wir die verloren gegangene Schönheit wieder, ohne sie zu kopieren! Setzen wir den i-Punkt auf dieses Stadtviertel, indem wir die Ideen von Pfarrerin Britta Taddicken ernst nehmen und weitere Bürgerideen sammeln, strukturieren und einbinden! Erst wenn wir die alten Grundstrukturen, den würdigen Stadteingang, die alten Baufluchten, die möglichst vielfältigen Nutzungsperspektiven und den dafür vorgesehenen Platzbedarf ermittelt haben, können wir uns Gedanken machen, ob ein Stasi-Hauptarchiv sich dort einfügen könnte und wie das gelingen kann. Deshalb ist es sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen, ob das Stasi-Archiv genau dort, auf dem Matthäikirchhof, Platz finden muss oder ob es dafür vielleicht bessere Plätze in Leipzig gibt. Unser Änderungsantrag zielt darauf ab, keine Zeit zu verlieren und beide Themen in eigenen Vorlagen getrennt voneinander, aber zeitlich parallel zu besprechen. Eine Festlegung auf Ort, Nutzungsart und Städtebauliches hintenan, wie in dieser Vorlage beschrieben, wird den Leipziger Bürgern schwerlich zu vermitteln sein. Stimmen Sie deshalb unserem Änderungsantrag zu! Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Abschließend noch ein Satz an Frau Gabelmann. Denken Sie, wenn Sie an Überwachung denken, immer auch an die Konsequenzen! Zu DDR-Zeiten führte die Überwachung von Menschen zu ganz anderen Konsequenzen. Das hatte politische Gründe. Man durfte damals nicht sagen, was man dachte. Heutzutage dient Überwachung dazu, Kriminalität usw. vorzubeugen, nicht aber die Meinung zu beschränken. Das ist ein ganz großer Unterschied. Das sollte Sie immer bedenken, auch in Ihrem Alter. Oberbürgermeister Jung: Herr Schlegel hat das Wort. Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Verehrte Gäste! Es besteht heute die Chance, durch Übernahme des CDU-Änderungsantrages und Annahme unseres Antrags zur sechsten Neufassung der Vorlage, in die nunmehr auch die inhaltliche Strategie unseres Antrags „Multifunktionales vitales Zentrumsquartier ‚Matthäikirchhof‘ mit breiter Bürgerbeteiligung“ eingeflossen ist, eine geordnete Entwicklung des letzten freien Stadtquartiers innerhalb des Zentrumsringes zu starten. Dass sich die Verwaltung sehr schwer damit getan hat, belegt, dass nunmehr die sechste Fassung der Vorlage vorliegt, die aber aus unserer Sicht jetzt mehrheitsfähig ist. Die Fraktion DIE LINKE hatte durch Anträge in den Jahren 2014 und 2015 - es gab auch einen Antrag von den Grünen - die Entwicklung des Areals mit Errichtung einer weiterführenden Schule bzw. einer Kindertagesstätte angestoßen. Der Beschlussvorschlag unseres Antrags vom 26. Juni dieses Jahres besagt: Unter breiter Einbeziehung der Bürgerschaft wird ein Nutzungs- und städtebauliches Konzept für ein multifunktionales vitales Zentrumsquartier „Matthäikirchhof“ mit Gemeinbedarfseinrichtungen entwickelt, - dazu gehören natürlich auch die Erinnerungsstätten an die Friedliche Revolution in der Runden Ecke und unmittelbar angrenzend das in den kommenden Jahren schrittweise umgesetzt wird. Dabei sollen Erfahrungen des beim Eutritzscher Freiladebahnhof in Zentrum-Nord praktizierten kooperativen Bauleitverfahrens einfließen und weiterentwickelt werden. Auch diesen Ansatz hat die Verwaltung übernommen. Dies war auch von der Öffentlichkeit und von den Fraktionen der CDU und Bündnis 90/Die Grünen so gefordert worden. S e i t e | 78 Im Leipziger Stadtzentrum gibt es kein Stadtquartier, das nicht vielfältige Funktionen und Nutzungen aufweist und damit Leipzigs Attraktivität mitbestimmt. Das widerspiegelt sich bei zahlreichen Gebäuden auch in der Vertikalität, was nicht nur von der Bürgerschaft, sondern auch von Politik und Verwaltung so gewollt ist. Dies muss deshalb ebenso Maßstab für das künftige Quartier „Matthäikirchhof“ sein. Bereits vor der öffentlichen Debatte haben wir in unserem Antrag darauf hingewiesen, dass dieses Areal einst die Wiege unserer heutigen Großstadt war. Deshalb sollte es der Stadt lieb und teuer sowie für seine Bürgerinnen und Bürger und für Gäste der Stadt erlebbar sein. Da Herr Dyck fragte, über welches Umdenken wir heute reden: Das ist eindeutig beschrieben. Es sei hier daran erinnert, dass die Stadt in den 1990er-Jahren neben einem Schulgebäude in der Lumumbastraße - es wurde später verkauft; dort sind Eigentumswohnungen entstanden auch das Areal des Matthäikirchhofs gegen das riesige Areal der ehemaligen DHfK, der heutigen Sportwissenschaftlichen und Erziehungswissenschaftlichen Fakultät, mit dem Freistaat getauscht hat. So ist die Stadt damals zu dem Grundstück gekommen. Auf dem letzten größeren Bauareal innerhalb des Zentrumsringes soll ein multifunktionales, vitales Zentrumsquartier entstehen. Durch die Wohnfunktion entstanden einst Städte aus Siedlungen, weshalb auch an dieser Stelle der Wohnflächenanteil mindestens 30 Prozent betragen soll, einschließlich einem Drittel förderfähige und geförderte Sozialwohnungen. Ein städtebaulicher Wettbewerb, der das gesamte Areal einschließt, ist nicht zuletzt aufgrund der vielfältigen Erwartungen an Nutzung und Gestaltung unverzichtbar. Schon vorher muss die breite Bürgerschaft einbezogen werden und der Diskussionsprozess in der unteilbaren Verantwortung von Stadtverwaltung und Stadtrat liegen. Aus den Erfahrungen des Wilhelm-LeuschnerPlatzes lernend, sollten keinesfalls Vorentscheidungen für Teilflächen getroffen werden. Es dürfen keine Nutzungen in Gutsherrenmanier von außerhalb vorbestimmt bzw. vorgegeben sein. Das schließt eine kurzfristige Sanierung und inhaltliche Nutzungsneugestaltung in den Historismusbauten am Dittrichring schon zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus. Als städtebauliche Herausforderung sollte auch die Gestaltung des Übergangs zum RichardWagner-Hain als Teil des Ringgrüns gesehen werden. Im Rahmen des Wettbewerbsverfahrens zum Richard-Wagner-Denkmal hatte die Denk- Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 malsjury ausdrücklich empfohlen, einen platzwandartigen Hintergrund zu schaffen. Das wird mit einer solchen Neugestaltung des Quartiers mit umgesetzt. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Sie entscheiden. Herr Morlok. Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil es sein könnte, dass durch die Wortbeitrag der Kollegin Gabelmann der Eindruck entstanden ist, dass wir als Fraktion Freibeuter das, was in verbrecherischer Art und Weise durch die Stasi zu Zeiten der DDR vollbracht wurde, in irgendeiner Weise mit dem gleichsetzen, was im Gemeinsamen Kompetenzund Dienstleistungszentrum vorgesehen ist. Diesem Eindruck möchte ich namens meiner Fraktion nachdrücklich entgegentreten. Egal wie man persönlich zu nachrichtendienstlicher Tätigkeit steht oder was man vom Verfassungsschutz hält, lassen sich Dinge, die in dem Unrechtsregime der DDR passiert sind, nicht gleichsetzen mit Handlungen, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland demokratisch legitimiert sind. Gerade das Thema Vorratsdatenspeicherung - um nur ein Beispiel zu nennen zeigt den Unterschied. Gegen Gesetze des Bundes kann man Rechtsmittel vor dem Bundesverfassungsgericht einlegen. Es gibt also ein Gericht, das, wenn der Gesetzgeber einmal über die Stränge schlägt, eingreifen kann. Auch das unterscheidet, meine sehr geehrten Damen und Herren, einen Rechtsstaat sehr deutlich von einem Unrechtsstaat. Diese Feststellung war mir namens der Fraktion wichtig. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch. - Eigen Augenblick, bitte. Herr Morlok hat dem noch etwas hinzuzufügen. Stadtrat Morlok (Freibeuter): Die Kollegin Gabelmann legt Wert darauf, dass ich das Statement, das ich gerade abgegeben habe, nicht im Namen der Fraktion abgegeben habe. Deshalb korrigiere ich mich: Das war ein Statement im Namen des Kollegen Hobusch, der Kollegin Witte und mir. (Zurufe - Glocke) Oberbürgermeister Hobusch das Wort. Jung: Jetzt hat Herr Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn es Ihnen schwerfällt, jetzt noch aufmerksam zuzuhören, will ich S e i t e | 79 gerne noch etwas zur Vorlage und zum Verfahren sagen, auch wenn vieles schon gesagt worden ist. Die Diskussion und teilweise auch die Empörung in der Stadtgesellschaft über das gescheiterte Verfahren für das Freiheits- und Einheitsdenkmal war kaum verebbt, da konnte man in der LVZ in Zusammenhang mit der Bebauung des Matthäikirchhofs lesen: Herr Oberbürgermeister schlägt den Matthäikirchhof als neuen Standort für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal vor. - Ich habe mich gefragt, Herr Oberbürgermeister: Haben Sie das vorangegangene, gescheiterte Verfahren nicht verstanden? Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn jetzt die Themen voneinander getrennt worden sind und wir im Anschluss an diese Vorlage eine weitere Vorlage beschließen werden, weil der Standort jetzt aus dieser Vorlage herausgenommen worden ist, ist das Verfahren um die Gestaltung des Matthäikirchhofs durch diese Äußerung, die eine gewisse Vorfestlegung darstellt und so auch in den Köpfen der Menschen ist, schon wieder beschädigt. Auch das neue Verfahren zum Einheits- und Freiheitsdenkmal hat durch diese Äußerung meiner Auffassung nach bedauerlicherweise schon wieder einen ordentlichen Kratzer bekommen. Es geht um Akzeptanz von Verfahren und um die Gestaltung eines der letzten großen Plätze in dieser Stadt, der - Herr Dyck hat es ausgeführt wie kein anderer Platz dieser Stadt nicht nur mit der jüngeren, sondern vermutlich auch mit der älteren Geschichte Leipzigs in Zusammenhang steht. Man kann sich natürlich fragen: Soll die Keimzelle der Stadt Leipzig in einer DisneylandStruktur wiederauferstehen, oder haben wir den Mut, etwas Neues, nämlich ein neues innerstädtisches Quartier, zu schaffen, und wollen wir darüber diskutieren? Ja, wir wollen darüber diskutieren. Wir sind dafür und begrüßen es auch, dass der künftige Standort der Stasi-Unterlagenbehörde auf diesem Areal angedacht ist. Aber für Diskussion und Akzeptanz des Verfahrens sollten wir uns nach unserer Auffassung auf den Standort, so wie er jetzt in der Vorlage beschrieben ist, noch nicht festlegen, sondern dies erst im Ergebnis des Verfahrens und im Ergebnis der Bürgerbeteiligung tun. Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns und der Bürgerschaft Leipzigs die Chance, auch darüber zu entscheiden! Lassen Sie das nicht vorab festlegen! Noch einen Satz zum Änderungsantrag der SPD, der sehr spät eingebracht worden ist. Nichts spricht gegen die Methodik des Verfahrens am Freiladebahnhof, Tim Elschner. Das Verfahren am Freiladebahnhof hat einen ganz anderen Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 strategischen Ansatz aus Sicht der Stadt Leipzig. Dort geht es darum, öffentliche Interessen im Hinblick auf die Bebauung auf einem fremden Grundstück zu sichern. Hier aber haben wir ein Grundstück, das im Wesentlichen Eigentum der Stadt Leipzig bzw. der öffentlichen Hand ist. Deswegen ist ein unmittelbarer Vergleich mit dem Verfahren am Freiladebahnhof nicht zielführend, auch wenn die Methode stimmt. Daher bin ich dankbar für den Änderungsantrag der SPDFraktion, der vorschlägt, hierfür eine andere Formulierung zu finden und nicht namentlich Bezug auf den Freiladebahnhof zu nehmen. - Vielen Dank. Oberbürgermeister Jung: Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Abstimmung. S e i t e | 80 Das freut mich sehr. Ich werde es Roland Jahn so übermitteln. Herzlichen Dank für diesen Beschluss und für diesen Auftrag! Meine Damen und Herren, wir werden die Stadtratssitzung sicherlich an einem anderen Tag fortsetzen müssen. Den Termin gebe ich später noch bekannt. Aber heute würde ich gern noch die Beschlussfassungen zu TOP 18.12, Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal, und, wie zu Beginn der Sitzung angekündigt, zu den Vorlagen 18.28 und 18.30 herbeiführen wollen. 18.12 Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal - Erarbeitung eines Verfahrensvorschlags/Vereinbarung mit der Stiftung Friedliche Revolution (VI-DS04759) Einreicher: Dezernat Kultur Zunächst steht der Antrag der Fraktion DIE LINKE zu TOP 14.20 in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts zur Abstimmung. Ich darf Sie um Ihr Handzeichen bitten, wenn Sie dem Antrag folgen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Abstimmung: Zwei Enthaltungen, zwei Gegenstimmen. Ansonsten mehrheitlich so entschieden. Nun kommen wir zu den Abstimmungen in Zusammenhang mit der Vorlage. Den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und den Änderungsantrag der CDU-Fraktion haben wir übernommen. Wir übernehmen, weil unschädlich, auch den Änderungsantrag der SPDFraktion. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Freibeuter. Wer dem zustimmt, bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? Abstimmung: Keine Enthaltungen, einige ProStimmen. Mehrheitlich abgelehnt. Nun zur Abstimmung über den Änderungsantrag der AfD-Fraktion. Wer dem zustimmt, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Keine Enthaltungen, vier ProStimmen. Mit großer Mehrheit abgelehnt. Der Änderungsantrag von Frau Stadträtin Gabelmann wurde zurückgezogen. Wir kommen damit zur Abstimmung über die Beschlussvorlage in der Neufassung 06. Ich bitte Sie um Ihr Handzeichen, wenn Sie der Vorlage zustimmen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Fünf Enthaltungen. Ansonsten einstimmig so beschlossen. 18.12.1 dazu ÄA (VI-DS-04759-ÄA-01) Einreicher: AfD-Fraktion Ich versuche, eine große Diskussion zu vermeiden. Wir hatten Ihnen vorgeschlagen, die weitere Entwicklung und Umsetzung des Freiheits- und Einheitsdenkmals, also ob und, wenn ja, wo ein solches Denkmal errichtet werden kann, in zivilgesellschaftliche Hände zu legen, und zwar in die Hände der Stiftung Friedliche Revolution. Ich begrüße die Akteure ganz herzlich in unserer Mitte. In der Diskussion wurde jedoch deutlich, dass es einigen Akteuren im Stadtrat wichtig ist, diese Beteiligung noch auszuweiten. Wir haben deswegen ein Gremium zur Begleitung dieses Prozesses geschaffen. In diesem Begleitgremium sind nicht nur die Vertreter der Fraktionen, sondern auch Akteure der Stiftung Friedliche Revolution und des Bürgerkomitees. Die Liste ist heute an Sie ausgeteilt worden. Ich würde sie als Anlage zur Vorlage nehmen, damit Sie die Sicherheit haben, dass diese Akteure im Begleitgremium weiter einbezogen sind, auch wenn die Stiftung Friedliche Revolution diesen Prozess federführend begleitet. Ich wäre sehr froh, meine Damen und Herren, wenn es uns gelänge, diesen Prozess weiter anzustoßen. Ich darf noch hinzufügen: Aktuell wird in Berlin der neue Koalitionsvertrag ausgehandelt. (Zuruf: Was?) - Sie haben recht: Noch wird sondiert. - Umso wichtiger ist, dass heute von diesem Stadtrat das Signal ausgeht, dass wir an der Denkmalidee festhalten, damit das in die Koalitionsverhandlungen, die sich gegebenenfalls an die Sondierungen anschließen werden, mit eingebracht werden kann. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Gibt es dazu Wortmeldungen? - Dann kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag der AfD. Wer stimmt diesem Antrag zu? Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Eine ganze Reihe von Enthaltungen, vier Pro-Stimmen. Mit Mehrheit abgelehnt. Nun zum Beschluss über die Vorlage. - Ich stelle fest und gebe zu Protokoll: Frau Körner erklärt Befangenheit und nimmt nicht an der Abstimmung teil. - Wer stimmt der vorliegenden Beschlussvorlage einschließlich der eben genannten Änderungen zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Eine Reihe von Enthaltungen, drei Gegenstimmen. Mit großer Mehrheit so beschlossen. Herzlichen Dank und schönen Gruß an die Akteure! Frau Oltmanns, Frau Schild und Herr Kölsch sind heute hier. 18.28 Satzung über die Durchführung regelmäßiger Kommunalstatistiken zur Erhebung von Mietwerten in der Stadt Leipzig (Mietwerterhebungssatzung) (VI-DS-04605) Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule 18.28.1 dazu ÄA (VI-DS-04605-ÄA-01) Einreicher: Fraktion DIE LINKE Klares Vorvotum. - Wird das Wort gewünscht? Herr Schlegel. Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister, es wäre sinnvoll, wenn sich Professor Fabian ganz kurz zu unserem Änderungsantrag erklärt. Die Satzung soll, wenn sie denn so abgestimmt wird, rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Möglicherweise kann das, was wir anregen, bei der Überarbeitung der Satzung zum Tragen kommen. Oberbürgermeister Jung: Herr Fabian. Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Herr Schlegel, mein Vorschlag wäre, Ihren Antrag heute nicht zu votieren. Wir hatten ja formuliert „zum Beispiel“. Das ist keine Vorfestlegung, sondern ein wichtiger Hinweis, dass diese Kriterien mit berücksichtigt werden können. Insofern wäre es mir am liebsten, wenn Sie den Antrag gar nicht erst zur Abstimmung stellen würden. Falls doch, würde ich Ablehnung empfehlen. S e i t e | 81 Oberbürgermeister Jung: Gut. - Dann stelle ich den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zur Abstimmung. Ich darf um Ihr Handzeichen bitten, wenn Sie dem Änderungsantrag zustimmen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Keine Enthaltungen, einige ProStimmen. Mit Mehrheit abgelehnt. Nun zur Abstimmung über die Satzung. Bitte schalten Sie Ihr Abstimmgerät ein und geben Sie jetzt Ihre Stimme ab zur Satzung über die Durchführung regelmäßiger Kommunalstatistiken. - Ich schließe die Abstimmung. Abstimmung: 59 - 0 - 1. So beschlossen. 18.30 Vergabe rechtlicher sowie technischwirtschaftlicher Beratungsleistungen für Investorenvorhaben im Schulhausbau; überplanmäßige Aufwendungen nach § 70 (1) SächsGemO (VI-DS04647-NF-01) Einreicher: Dezernat Finanzen Ein wichtiges Thema für Investorenvorhaben im Schulhausbau. - Wird das Wort gewünscht? Frau Dr. Lauter. Stadträtin Dr. Lauter (DIE LINKE): Kurz vom Platz aus: Unsere Fraktion kann dieser Vorlage nicht zustimmen. Das liegt zum einen an unserer Haltung zu Investorenmodellen. Herr Wehmann hat das vorhin in Sachen Kita noch einmal deutlich gemacht. Wir wollen nicht, dass neben Kitas künftig auch Schulen auf dem Grundstücksmarkt gehandelt werden. Zum anderen ging die Verwaltung noch im Januar davon aus, externe Beratungsleistungen minimieren zu können. Nun aber sind die betroffenen Ämter überfordert, sodass sie externen Sachverstand benötigen. Es fragt sich natürlich, ob durch die Beauftragung externer Dritter wirklich Zeit, Kraft, Verwaltungsaufwand und Geld eingespart wird. Die überplanmäßige Ausgabe von 100.000 Euro für technisch-wirtschaftliche Beratung allein für Grundschulen, die wir heute bewilligen sollen, ist nur ein Anfang. Die Folgekosten stehen offensichtlich noch in den Sternen. Worin die Leistungen der technisch-wirtschaftlichen Beratung bestehen, ist der Vorlage im Übrigen nicht zu entnehmen. Die Auswahl der zur Angebotsabgabe aufgeforderten Unternehmen war sehr überschaubar und für uns nicht recht nachvollziehbar. Alles in allem zu viele Fragen und Zweifel, um das Anliegen mittragen zu können. - Danke. Oberbürgermeister Jung: Ich werbe dennoch intensiv für diese Vorlage. - Wir kommen jetzt zur Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Abstimmung. Bitte geben Sie über das Abstimmgerät Ihre Stimme zur Neufassung dieser Vorlage ab. - Ich schließe die Abstimmung. Abstimmung: 33 - 25. So beschlossen. Frau Dubrau hat mir gerade zugerufen, dass es noch zwei Terminsachen gibt, die wir unbedingt heute noch auf die Reise schicken müssen, auch wenn sie sich unspektakulär anhören. Es geht um die Tagesordnungspunkte 18.32 und 18.33. Es gibt keine Änderungsanträge und klare Vorvoten Wären Sie damit einverstanden, diese Punkte jetzt noch abzustimmen? (Unruhe) Ansonsten hätte ich jetzt gesagt: Wir machen Schluss. Wenn Sie allerdings damit einverstanden wären, dass - (Widerspruch von Stadtrat Pellmann [DIE LINKE]) - Sie haben recht, Herr Pellmann. Es ist sachlich nicht korrekt. Die Kollegin hat mir eben erst zugerufen, dass beide Vorlagen an einen Termin gebunden sind. Hätte ich das gewusst, hätte ich es Ihnen früher mitgeteilt. Ich frage noch einmal in die Runde: Können wir die Tagesordnungspunkte 18.32 und 18.33 jetzt noch aufrufen? - Ich sehe Einverständnis. 18.32 Stellungnahme der Stadt Leipzig zum Bebauungsplan „Forschungs- und Konsultationszentrum für ambulante Protonentherapie“ der Stadt Markranstädt (VI-DS-04679) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Wer stimmt für diesen Beschluss? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Das ist einstimmig. 18.33 Bebauungsplan Nr. 442 „RosaLuxemburg-Straße/Brandenburger Straße“ - Nutzungsarten; Stadtbezirk Mitte, Ortsteil Zentrum-Ost; Aufstellungsbeschluss (VI-DS-04734) Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Dazu noch eine Wortmeldung von Herrn Schlegel. Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Zur Klarstellung möchte ich darum bitten, dass eine Protokollnotiz gefertigt wird, dass über die Größe der Läden im Erdgeschoss dieses Vorhabens Einvernehmen mit dem Investor hergestellt wird. S e i t e | 82 Oberbürgermeister Jung: So machen wir das. Ich bitte Sie um Ihr Handzeichen. Wer stimmt dem Aufstellungsbeschluss zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen. Wir sind damit am Schluss der heutigen Sitzung. Die Nachfolgesitzung findet am Freitag, den 3. November 2017, 16 Uhr respektive 15 Uhr, statt. Die genaue Uhrzeit stimmen wir mit Ihnen rechtzeitig ab. Verlaufsprotokoll vom 18.10.2017 Oberbürgermeister: ___________________________________ Schriftführer: Stadtrat Keller: ___________________________________ Stadträtin Gabelmann: ___________________________________ Protokollant: ___________________________________ S e i t e | 83