Daten
Kommune
Leipzig
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1388398.pdf
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902 kB
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16.04.18, 13:04
Aktualisiert
31.07.18, 11:39
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Dokument D:\DOC\01\38\83\97-Anlagen\01\Liste Verweisung
Anträge 2018-04-18 RV.pdf nicht gefunden
RATSVERSAMMLUNG VOM 18. APRIL 2018
1
Eröffnung und Begrüßung
Oberbürgermeister Jung: Meine sehr verehrten
Damen und Herren, herzlich willkommen zu unserer Ratsversammlung! Ich begrüße alle Stadträtinnen und Stadträte, die Vertreter der Medien sowie
die Gäste auf der Tribüne, darunter Schülerinnen
und Schüler der Volkshochschule mit ihrem Seminarleiter Herrn Böhm.
Die Niederschrift der heutigen Sitzung wird von
den Stadträten Herrn Habicht und Herrn Pellmann
unterschrieben. - Einwände sehe ich nicht. Bitte
setzen Sie sich wie üblich mit dem Büro für Ratsangelegenheiten in Verbindung.
Die Tagesordnung wurde im Amtsblatt Nr. 7 am
07.04.2018 bekannt gemacht.
Entschuldigt haben sich Frau Lange, Frau Sejdi,
Frau Dr. Künstler, Herr Danckwardt. Kollege Rosenthal wird erst gegen 15 Uhr hier eintreffen.
Ich verweise auf § 20 der Sächsischen Gemeindeordnung im Falle von möglichen Befangenheiten.
Wenn Sie die Sitzung vorzeitig verlassen müssen,
bitte ich Sie, mir das mitzuteilen. Auch heute wird
die Sitzung im Livestream übertragen.
2
Feststellung der Beschlussfähigkeit
Um 14.05 Uhr waren 50 Stadträtinnen und Stadträte anwesend. Das entspricht 70 Prozent. Damit
sind wir beschlussfähig.
3
begründen die Dringlichkeit dieser Anfrage damit,
dass das Urteil erst nach Ablauf der Einreichungsfrist für reguläre Anfragen ergangen ist. Von daher
muss hier jetzt formal die Dringlichkeit unserer
Anfrage festgestellt werden. Ich bitte darum, dass
das passiert.
Oberbürgermeister Jung: Herr Bonew, möchten
Sie kurz dazu Stellung nehmen? - Bitte.
Bürgermeister Bonew: Sehr geehrte Damen
und Herren! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Mit Blick darauf, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber bis zum
31.12.2019 Zeit gegeben hat, ein Gesetz vorzulegen, sehe ich namens der Verwaltung die Dringlichkeit als nicht gegeben. Wir können uns in aller
Ruhe mit den Auswirkungen des Gesetzes in der
nächsten Sitzung im Rahmen einer regulären Anfrage beschäftigen, im weiteren Verlauf die Gesetzgebung beobachten und entsprechend darauf
reagieren.
Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Herr Oberbürgermeister! Ich weiß
nicht, ob ein Bürgermeister formal eine Gegenrede zu einem Geschäftsordnungsantrag hier im
Stadtrat halten kann.
Feststellung der Tagesordnung
Von der heutigen Tagesordnung abgesetzt wird
TOP 8.2; er wird vom Einreicher noch einmal als
Petition eingereicht. TOP 10.3 ist erledigt, kann
also gestrichen werden. TOP 14.3 wird noch einmal vertagt, ebenso TOP 14.9. TOP 15.23 ist erledigt, kann gestrichen werden. Die Tagesordnungspunkte 18.7, 18.14 und 18.18 werden noch
einmal vertagt.
Von der Fraktion DIE LINKE gibt es eine Dringliche Anfrage zum Thema Grundsteuer. Über die
Behandlung in der heutigen Sitzung ist abzustimmen. - Möchten Sie die Dringlichkeit begründen? Bitte, Herr Pellmann.
Stadtrat Pellmann (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Geschäftsordnung lässt ja für die Begründung der Dringlichkeit zwei Möglichkeiten zu. Wir
Oberbürgermeister Jung: Ja, eine Gegenrede
ist gestattet.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Ja, das ist bekannt.
Aber kann ein Bürgermeister, der ja nicht Mitglied
des Stadtrats ist, die Gegenrede zu einem Antrag
halten? Der Oberbürgermeister kann dies; das
bezweifle ich nicht. Aber ein Bürgermeister kann
das nicht tun. Deswegen ist das keine Gegenrede
gewesen.
Ich möchte gegen die Dringlichkeit sprechen. Herr
Pellmann, Sie haben vollkommen recht: Das Urteil ist erst nach Ablauf der Einreichungsfrist für
reguläre Anfragen ergangen. Aber Dringlichkeit
setzt ja zwei Dinge voraus, nämlich erstens dass
man das in der Frist nicht einreichen konnte und
zweitens dass, wenn das erst in der nächsten Sitzung behandelt würde, ein Problem, ein Schaden
für die Stadt oder dergleichen entstehen würde.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Der zweite Teil, der für die Begründung der Dringlichkeit wesentlich ist, ist aus unserer Sicht hier
nicht gegeben, zumal verschiedene Informationen, um die Sie in Ihrer Anfrage bitten, allgemein
zugänglichen Quellen zu entnehmen sind, wie
zum Beispiel das Grundsteueraufkommen der
Stadt Leipzig. Dazu bedarf es keiner Dringlichen
Anfrage. Wenden Sie sich mal an den Kollegen
Wehmann, mit dem Sie gerade reden! Er wird
Ihnen wahrscheinlich sofort sagen können, wie
hoch der Betrag ist. - Ich bitte Sie daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Dringlichkeit abzulehnen.
Oberbürgermeister Jung: Nach unserer Geschäftsordnung muss darüber abgestimmt werden. Wer stimmt dem Antrag auf Behandlung der
Dringlichen Anfrage zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Mit einer Reihe von Pro-Stimmen
und ohne Enthaltungen ist der Antrag abgelehnt.
Des Weiteren hat die CDU-Fraktion beantragt, Tagesordnungspunkt 14.18 nichtöffentlich zu beraten. Auch darüber muss abgestimmt werden, es
sei denn, Ihr Antrag wird nicht beraten. Dann kann
auch öffentlich darüber abgestimmt werden.
Möchten Sie das begründen? - Herr Maciejewski.
Stadtrat Maciejewski (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Bei Tagesordnungspunkt 14.18 „Eine Eishalle für Leipzig“ geht
es auch um mittel- und langfristige strategische
Überlegungen. Wir haben dazu einen nichtöffentlichen Änderungs- bzw. Ergänzungsantrag eingebracht. Wir halten es für außerordentlich schwierig, das kurzfristige Problem „Herstellung einer
Eisfläche“ und das langfristige Thema „Schaffung
einer Eishalle“ öffentlich zu diskutieren; denn da
werden wir auch über Grundstücke reden müssen. Da wir es für schwierig halten, das voneinander zu trennen, plädieren wir dafür, den gesamten
Tagesordnungspunkt nichtöffentlich zu behandeln, was nicht heißt, dass einzelne Beschlusspunkte im Nachhinein dennoch veröffentlicht werden können.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es weitere Wortmeldungen? - Ich habe das meinerseits geprüft.
Auf jeden Fall ist Ihr Änderungsantrag nichtöffentlich zu behandeln. Es gibt zwei Möglichkeiten:
Entweder wird der gesamte Tagesordnungspunkt
nichtöffentlich behandelt oder aber dieser Änderungsantrag wird gesondert nichtöffentlich behandelt. In diesem Fall würde ich die Sitzung unterbrechen, Nichtöffentlichkeit herstellen und den
Änderungsantrag gesondert aufrufen.
Vor der Abstimmung, Herr Engelmann.
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Stadtrat Engelmann (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Das Thema, das unter Tagesordnungspunkt 14.18 behandelt werden soll, ist von
hohem öffentlichem Interesse. Der Teil, der öffentlich zu behandeln ist, muss auch öffentlich behandelt werden. Wenn es um Personen und Grundstücke geht, muss das in nichtöffentlicher Sitzung
behandelt werden. Aber den Tagesordnungspunkt insgesamt in die nichtöffentliche Sitzung zu
schieben, das geht gar nicht.
Oberbürgermeister Jung: Der Antrag auf nichtöffentliche Behandlung des gesamten Tagesordnungspunktes ist gestellt. Bitte schalten Sie Ihr
Abstimmgerät ein und geben Sie Ihr Votum ab. Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 30 Ja-Stimmen, 32 Nein-Stimmen,
keine Enthaltungen. Damit ist das abgelehnt. Für
die Behandlung des Änderungsantrags wird aber
Nichtöffentlichkeit hergestellt.
Die Einwohneranfragen unter den Tagesordnungspunkten 8.3, 8.4 und 8.6 werden schriftlich
beantwortet, die anderen werden gegen 17 Uhr
aufgerufen. Anschließend folgen die Petitionen
und die Wichtigen Angelegenheiten der Stadtbezirksbeiräte.
TOP 14.4 werde ich erst aufrufen, wenn Kollege
Rosenthal anwesend ist, also nach 15 Uhr.
Sollte die Tagesordnung gegen 21 Uhr nicht vollständig abgearbeitet sein, werden wir die Sitzung
am 25.04.2018 fortsetzen. Auf jeden Fall werde
ich heute noch TOP 25.2 aufrufen. Das muss
heute noch entschieden werden, weil hier ein Termin gesetzt ist, der nicht verschiebbar ist.
Meine Damen und Herren, wie beschlossen und
bereits in den letzten Ratsversammlungen praktiziert, darf zu jedem Tagesordnungspunkt jeweils
ein Redner einer Fraktion fünf Minuten sprechen.
Jeder weitere Redner respektive jede weitere
Rednerin aus derselben Fraktion erhält zwei Minuten Redezeit.
So weit meine Hinweise zur Tagesordnung. Gibt
es aus Ihrer Mitte noch Hinweise? - Das ist nicht
der Fall. Dann stelle ich die ordnungsgemäße Ladung sowie die Tagesordnung einschließlich vorgenannter Änderungen fest.
4
Bekanntgabe von Beschlüssen aus nichtöffentlicher Sitzung
4.1 Personalangelegenheit nach § 8 Abs. 3
der Hauptsatzung
Ich habe Folgendes bekannt zu geben: In nichtöffentlicher Sitzung am 21. März 2018 wurde ein
Beschluss zu einer Personalangelegenheit nach
§ 8 Absatz 3 der Hauptsatzung gefasst. Es geht
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
um den Projektleiter für strategische und konzeptionelle Infrastrukturplanung im Amt für Jugend,
Familie und Bildung. Das wurde positiv entschieden.
5
Niederschrift
5.1 Niederschrift der Sitzung vom 28.02.2018
- Teil II: Verlaufsprotokoll (SI/2018/8017)
Gibt es zum Verlaufsprotokoll von Ihrer Seite noch
Anmerkungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist es
so bestätigt.
5.2 Niederschrift der Sitzung vom 21.03.2018
- Teil I: Beschlussprotokoll (SI/2018/8018)
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delt sich um ein Versehen. Das kann bei der Vielzahl der Anfragen, die wir erhalten, schon mal
passieren. Wir hatten die letzte Frage übersehen.
Geprüft wird dauerhaft, jede Organisationsstruktur. Derzeit sehen wir keinen Anlass, dieses Amt
neu zu strukturieren. Vor dem Hintergrund einer
umfangreichen Organisationsuntersuchung der
BBVL haben wir, wie Sie wissen, dieses Amt sowohl hinsichtlich der Prozessstrukturen als auch
der Organisation neu aufgestellt.
Oberbürgermeister Jung: Herr Albrecht noch
einmal.
Gibt es dazu Anmerkungen? - Herr Albrecht.
Stadtrat Albrecht (CDU): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren! Wir hatten in der letzten Sitzung eine
schriftliche Anfrage zur Struktur des Amtes für Jugend, Familie und Bildung gestellt, wobei die
Frage Nummer 3 direkt an Sie, Herr Oberbürgermeister, gerichtet war. Ich habe im Fachausschuss nachgefragt, ob die Beantwortung nachgereicht wurde. Das ist bisher nicht erfolgt. Deswegen möchte ich Sie bitten, diese Frage hier in
dieser Sitzung zu beantworten und uns mitzuteilen, an welcher Stelle Sie das heute tun wollen.
Stadtrat Albrecht (CDU): Es ist für uns nachvollziehbar, dass Sie urlaubsbedingt nicht an der Sitzung teilnehmen konnten; das werden wir Ihnen
auch nicht nachttragen. Wir möchten Sie dennoch
bitten, die Antwort schriftlich nachzureichen, auch
wenn sie jetzt mündlich vorgetragen wurde.
Oberbürgermeister Jung: Die Antwort ist im Verlaufsprotokoll der heutigen Sitzung festgehalten.
Gibt es weitere Hinweise zum Beschlussprotokoll
vom 21.03.2018? - Das ist nicht der Fall. Dann ist
auch das festgestellt.
Die Tagesordnungspunkte 6 und 7 entfallen.
Oberbürgermeister Jung: Lieber Herr Albrecht,
ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Ich habe einen Vertreter, nämlich den Beigeordneten für Jugend, Familie, Gesundheit und Schule. Er beantwortet in Vertretung des Oberbürgermeisters alle
Fragen, die in dieses Ressort fallen. Selbst wenn
die Fragen an mich persönlich gerichtet sind,
kann ich ihn damit beauftragen.
11
Änderung der Besetzung von Gremien
11.1 Migrantenbeirat (9. Änderung) (VI-DS01122-DS-09)
Einreicher: Oberbürgermeister
Wird das Wort gewünscht? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
Stadtrat Albrecht (CDU): Die Frage im Rahmen
dieser Anfrage ist ja direkt an Sie formuliert. Wir
erwarten eine Antwort von Ihnen, ob Sie das
Thema prüfen wollen oder nicht. Die Frage war an
Sie gestellt. Von daher ist es schon sinnvoll, wenn
die Verwaltung uns heute eine Antwort darauf
gibt.
Oberbürgermeister Jung: Herr Fabian, können
Sie eine kurze Antwort darauf geben?
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen
und Herren Stadträte! Sehr geehrter Herr Albrecht, ich war leider im letzten Fachausschuss
nicht anwesend, weil ich Urlaub hatte. - Es han-
11.2 Stadtbezirksbeirat Süd (3. Änderung) (VIDS-01145-DS-03-NF-01)
Einreicher: Oberbürgermeister
Wortwünsche sehe ich nicht. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
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Wahl und Entsendung der Vertreter der
Stadt Leipzig in Aufsichtsräte, Zweckverbände und Gremien, in denen die Stadt
Mitglied ist
12.1 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Zoo Leipzig GmbH (3. Änderung
der Besetzung vom 21.01.2015 gemäß VIDS-00913) (VI-DS-00913-Ifo-03)
Einreicher: Oberbürgermeister
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Wird das Wort gewünscht? - Dann bitte ich Sie um
Kenntnisnahme dieser Information.
12.2 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Stadtwerke Leipzig GmbH (3. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015
gemäß VI-DS-00912) (VI-DS-00912-Ifo-04)
Einreicher: Oberbürgermeister
Auch hier wird um Kenntnisnahme dieser Information gebeten.
12.3 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB)
GmbH (2. Änderung der Besetzung vom
21.01.2015 gemäß VI-DS-00904) (VI-DS00904-Ifo-02)
Einreicher: Oberbürgermeister
Ich bitte um Kenntnisnahme.
13
Anträge zur Aufnahme in die Tagesordnung und Verweisung in die Gremien
gem. § 5 Abs. 3-5 der Geschäftsordnung
Meine Damen und Herren, die Verweisungsliste
liegt Ihnen vor. Bitte geben Sie mir ein Signal, falls
Sie weitere Verweisungswünsche haben.
Für die Gäste: Es folgen nun Anträge, die aus
dem Stadtrat in die Verwaltung gegeben werden,
die jeweils eine Stellungnahme dazu erarbeitet. In
der Zwischenzeit werden die Anträge schon vorberaten in den Ausschüssen, in die sie jetzt verwiesen werden. Anschließend werden sie in der
Ratsversammlung vom Stadtrat entschieden.
13.1 Zukünftige Struktur der Aufgabenerledigung in LVV (VI-A-05647)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
So verwiesen.
13.2 Gestaltungsauftrag Pflege - Grundsatzprogramm und Bedarfsplanung für die
Pflege in Leipzig (VI-A-05648)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
So verwiesen.
13.3 Wiederherstellung der Rosenrabatte im
Mariannenpark (VI-A-05650)
Einreicher: Stadträte A. Maciejewski, I. Glöckner, F. Dossin
So verwiesen.
13.4 Änderung Bebauungsplan 354 Gewerbepark Stahmeln (VI-A-05670)
Einreicher: Ortschaftsrat Lützschena-Stahmeln
Herr Schlegel.
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Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da es hier offensichtlich um Wirtschaftsansiedlung geht, müsste sich auch der Fachausschuss Wirtschaft und Arbeit damit beschäftigen.
Oberbürgermeister Jung: Danke schön. - Wir
ergänzen: Ausschuss Wirtschaft und Arbeit.
13.5 Strategie gegen linksextremistisch motivierte Gewalt (VI-A-05689)
Einreicher: AfD-Fraktion
So verwiesen.
13.6 Antrag auf Änderung des Beschlusses
der 34. Ratsversammlung Nr. RBIV0846/07 vom 18.04.2007 - DS-Nr. IV/2395
(VI-A-05704)
Einreicher: Mitglieder des FA Sport
So verwiesen.
13.7 Gedenkfeier für unbekannt oder ohne
Angehörige Verstorbene (VI-A-05709)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
So verwiesen.
13.8 Planung Fahrradstraße (VI-A-05711)
Einreicher: AfD-Fraktion
Ergänzt wird: Stadtbezirksbeirat Mitte. - Herr Elschner.
Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen): In
der Verweisungsliste wird der Fachausschuss Allgemeine Verwaltung aufgeführt. Ich wüsste nicht,
was wir da zu beraten haben. Eigentlich müsste
sich der Fachausschuss Stadtentwicklung und
Bau damit befassen.
Oberbürgermeister Jung: Der Fachausschuss
Allgemeine Verwaltung ist gestrichen. Der Antrag
soll in die Fachausschüsse Umwelt und Ordnung
und Stadtentwicklung und Bau verwiesen werden.
Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen):
Wenn es auch um Gohlis-Süd geht, wäre auch der
entsprechende Stadtbezirksbeirat zu beteiligen.
Oberbürgermeister Jung: Das wird geändert in
„der zuständige Stadtbezirksbeirat“. - So verwiesen.
13.9 Heiraten im Stadion (VI-A-05720)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
Herr Schmidt.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Jung! Ich möchte mich dafür aussprechen, den Fachausschuss Sport nicht zu beteiligen. Nur weil das im Stadion stattfinden soll,
ist das für mich noch kein sportpolitisches Thema.
Oberbürgermeister Jung: Das liegt in Ihrem Ermessen. - Dann so verwiesen. - Tja, Frau Gabelmann, Fußball ist oft unromantisch.
14.1
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Angebote der freien Träger im Bereich
des Sozialamtes zukunftsfest gestalten
(VI-A-04671-NF-02)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
14.1.1 dazu VSP (VI-A-04671-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Wer bringt den Antrag ein? - Bitte schön, Frau
Witte.
13.10 Städtische Mediathek (VI-A-05734)
Einreicher: Jugendbeirat/Jugendparlament
So verwiesen.
13.11 Mehr Papierkörbe (VI-A-05735)
Einreicher: Jugendbeirat/Jugendparlament
So verwiesen.
13.12 Bewusstsein schaffen, lieber zu früh als
zu spät (VI-A-05731)
Einreicher: Jugendbeirat/Jugendparlament
So verwiesen.
13.13 Kitaplatztauschanzeigen
www.meinkitaplatz-leipzig.de
05727)
auf
(VI-A-
Einreicher: Fraktion Freibeuter
So verwiesen.
13.14 Mehr Verbrauchersicherheit: Stromleitungen auch in den Ortsteilen unterirdisch verlegen (VI-A-05751)
Einreicher: SPD-Fraktion
So verwiesen.
13.15 Medienentwicklungsplan an Schulen
umsetzen (VI-A-05746)
Einreicher: SPD-Fraktion
Ebenfalls so verwiesen.
13.16 Sonderprogramm
Kunstrasenplätze
und Änderung Sportförderrichtlinie (VIA-05755)
Einreicher: SPD-Fraktion
So verwiesen.
13.17 Kostenfreie Kinder- und Schulspeisung
(VI-A-05747)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
So verwiesen.
14
Anträge zur Beschlussfassung
Liebe Gäste, wir kommen nun zu Anträgen, die
hier vor einigen Monaten aufgerufen und verwiesen wurden. Nachdem sie in den Ausschüssen
vorberaten wurden, steht heute die Entscheidung
an.
Stadträtin Witte (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Liebe Gäste auf der Tribüne! Vereine und Verbände erbringen als sogenannte freie
Träger im Auftrag der Stadt Leipzig - in diesem
Fall im Auftrag des Sozialamtes und des Gesundheitsamtes - soziale Dienstleistungen für die Bürger. Dafür erhalten sie von der Stadt Leipzig Geld.
Bei den Dienstleistungen kann es sich um Pflichtaufgaben handeln, die die Stadt per Gesetz erbringen muss. Es kann sich aber auch um freiwillige Aufgaben handeln, zu denen die Stadt Leipzig
per Gesetz nicht verpflichtet, aber der Meinung
ist, dass diese Dienstleistungen für die Bürger und
Bürgerinnen dieser Stadt wichtig sind.
Es kostet viel Geld, diese Dienstleistungen zu erbringen. Die Preise steigen. Auch die Löhne steigen; ab und zu werden ja auch Tariflöhne oder
Löhne allgemein erhöht. Nicht immer können
diese Preis- und Lohnsteigerungen für die freien
Träger finanziell so abgefedert werden, dass sie
die Dienstleistungen weiterhin erbringen können.
Wir haben zwar in den letzten Sitzungen in diesem Bereich ein bisschen nachgebessert und
Gelder bewilligt, damit sie erst einmal über die
Runden kommen, flapsig gesagt. In diesem Zusammenhang gab es eine eingehende und lebhafte Diskussion; die Mitglieder des Sozialausschusses und diejenigen, die in der Förderrunde
sitzen, werden sich erinnern.
Nach unserer Ansicht ist es höchste Zeit, den gesamten Komplex einmal auf den Prüfstand zu
stellen. Die Stadt hat sich weiterentwickelt. Es gibt
soziale Dienstleistungen, die vielleicht nicht mehr
so dringend erforderlich sind wie vor 20 Jahren.
Die Zeiten haben sich geändert. Heute sind andere Dienstleistungen dringender erforderlich,
weil die Stadt wächst, weil wir Zuzug von Migranten haben usw. Wir halten es für zwingend notwendig, genau zu prüfen, welche der sozialen Angebote, die die freien Träger unterbreiten, dringend erforderlich sind und auf welche künftig verzichtet werden kann, um dann ein Bündel zu
schnüren, damit die Bürger, die in Not sind und
darauf angewiesen sind, dass ihnen geholfen
wird, die richtigen Ansprechpartner finden und
entsprechende Hilfe bekommen.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Um das Geld, das wir haben, zielgerichteter einzusetzen, schlagen wir vor, dass ein externer
Dienstleister zusammen mit dem Sozialamt und
zusammen mit den sozialen Trägern prüft: Was
wird wirklich dringend gebraucht? Was finanzieren wir weiterhin, und was hat sich im Laufe der
Zeit überlebt?
Im Zuge der Debatte haben wir mit Schrecken
feststellen müssen, dass manche freien Träger
noch nicht einmal die Hälfte des Tariflohns des öffentlichen Diensts bezahlen, was bei uns die
Frage aufwirft: Wenn ein Träger in diesem Bereich
seine Leute so schlecht bezahlt, welche Qualität
hat dann die von ihm erbrachte Dienstleistung?
Es kann doch nicht sein, dass jemand, der bei einem freien Träger als Berater für Sozialhilfeempfänger angestellt ist, weniger Geld hat als ein Sozialhilfeempfänger. Deshalb müssen wir immer
auch die Qualität der Dienstleistungen hinterfragen.
Aus diesem Grund haben wir eine Neufassung
unseres Antrags eingebracht. Wir schlagen vor,
dass eine Bewertungsmatrix - ähnlich der im Jugendhilfebereich - erarbeitet wird, anhand der das
Sozialamt oder das Gesundheitsamt feststellen
kann, in welcher Qualität die Dienstleistungen erbracht werden, um eventuell nachsteuern zu können.
Nach meiner Meinung nimmt der Verwaltungsstandpunkt unsere Intention nicht richtig auf. Deshalb werden wir unseren Ursprungsantrag in der
Neufassung 02 zur Abstimmung stellen. Wir müssen an diesem Problem dranbleiben. Wir müssen
auch in Zukunft bedürftigen Bürgern moderne soziale Dienstleistungen anbieten können. Das
sollte nicht am Geld scheitern. Deshalb bitte ich
um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Frau Krefft und Herr
Albrecht haben sich zu Wort gemeldet. Zunächst
Frau Krefft.
Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte
Herren und Damen Stadträte, Gäste und Vertreter*innen der Medien! Die Problemlage, die Frau
Witte hier beschrieben hat, beschäftigt uns im
Ausschuss schon seit geraumer Zeit immer wieder, nicht zuletzt auch aufgrund von Anträgen. Unsere Fraktion nähert sich diesem Problem allerdings aus einer anderen Richtung.
Sie nähern sich dem Problem, indem Sie sagen:
Lasst uns mal gucken, welche Angebote gemacht
werden! Darüber legen wir dann eine Bewertungsmatrix, anhand der wir prüfen, ob wir diese
Angebote immer noch brauchen oder ob sie an
der einen oder anderen Stelle verstärkt werden
Seite |6
müssen, und leiten davon den Finanzbedarf ab
und die Frage, wie wir das finanzieren können.
Das ist eine Herangehensweise. Das kann man
so machen. Das will ich auch anerkennen.
Wir haben eine andere Idee, die ich hier noch einmal vorstellen will, auch wenn einige sie schon
kennen werden. Wir wollen eine Sozialplanung.
Das heißt: Wir wollen die Frage „Was braucht die
Stadt?“ in den Blick nehmen und betrachten: Was
brauchen wir vor dem Hintergrund der Entwicklung der Stadt? Welche Angebote gibt es schon?
Welche Ideen haben die Anbieter der sozialen Arbeit? Wo müssen wir nachjustieren? Wir favorisieren den Blick aus städtischer Sicht im Sinne einer
städtischen Sozialplanung. Dazu haben wir einen
Antrag eingereicht. Der Verwaltungsstandpunkt
dazu liegt inzwischen vor. Wir werden in einer der
nächsten Ratsversammlungen darüber entscheiden können.
Ein anderer Punkt ist mir auch wichtig, nämlich die
Tariflohn- und Personalentwicklung. Das ist das
große Thema. Im Kinder- und Jugendbereich
wurde durch Klage der freien Träger eine Überarbeitung der integrierten Jugendhilfeplanung und
Angebotssteuerung erreicht. Wir finanzieren inzwischen die Mehrbedarfe bei den Betriebs- und
Personalkosten. Darüber besteht Einigkeit, sowohl von politischer Seite als auch vonseiten der
Verwaltung. Das, was im Jugendhilfebereich erreicht wurde, müssen wir auch - das ist unser politisches Anliegen - im Bereich der sozialen Arbeit
erreichen.
Da unser Antrag weitergehender ist, möchten wir
die Beratungen darüber abwarten und können
dem hier vorliegenden Antrag zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmen, weil er nicht so weit greift,
wie wir uns das vorstellen. - Danke schön.
Oberbürgermeister Jung: Herr Albrecht.
Stadtrat Albrecht (CDU): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren! Liebe Gäste! Vieles von dem, was schon
gesagt worden ist, kann ich so unterschrieben.
Wir haben seit mehreren Jahren keine Anpassungen vorgenommen. Es ist äußerst schwierig, dass
Gelder, die wir hier im Stadtrat beschließen, dorthin fließen, wo unter Tarif bezahlt wird. Das verhindert die Weiterentwicklung in diesem Bereich.
Wir brauchen aber eine Weiterentwicklung. Das
Verrückte an der Stelle ist, dass jetzt dieser Antrag auf dem Tisch liegt, obwohl die Verwaltung
schon an einer Neuausrichtung des Konzepts arbeitet. Dieses liegt uns mit dem Verwaltungsstandpunkt vor.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Ich will Ihnen ehrlich sagen: Natürlich gefällt mir
der Vorschlag, eine Bewertungsmatrix zu erarbeiten. Ich glaube, es ist sinnvoll, darüber nachzudenken. Ich glaube aber nicht, dass wir dafür Externe brauchen; denn wir haben bereits eine Vorlage. Von daher machen wir uns den Verwaltungsstandpunkt zu eigen und plädieren dafür, dass die
Verwaltung von sich aus das Thema Bewertungsmatrix in diesen Verwaltungsstandpunkt mit aufnimmt. Ansonsten müssen wir da dranbleiben. Danke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Frau Krefft, wir
freuen uns natürlich, dass Sie das Anliegen im
Grundsatz teilen. Ich kann aber nicht nachvollziehen, aus welchem Grund Ihr Antrag, der ja später
eingereicht wurde, weitgehender sein soll. Letztendlich wollen auch wir die Situation in diesem
Bereich unter den Bedingungen einer wachsenden Stadt untersuchen. Genau die Frage „Was
braucht die Stadt?“ ist ja Gegenstand unseres Antrags. Ich komme zu dem Ergebnis, dass der einzige Unterschied zwischen unserem Antrag und
Ihrem Antrag wahrscheinlich der ist, dass Ihr Antrag von den Grünen ist und unserer von den Freibeutern und Ihnen das deswegen nicht passt.
Oberbürgermeister Jung: Frau Krefft.
Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Herr
Morlok, vielen Dank, dass Sie mir noch einmal
Gelegenheit geben, auf einen Punkt einzugehen,
der in meiner ersten Rede zu kurz gekommen ist.
Mein Hauptproblem mit Ihrem Antrag ist, dass Sie
nur die freien Träger betrachten. Bei den sozialen
Angeboten ist aber auch die Stadt mit im Boot;
auch die Stadt macht Angebote. Unser Antrag ist
deshalb weitergehend, weil wir alle Angebote betrachten wollen, auch die, die die Stadt macht.
Ich sagte ja, Ihr Antrag ist nicht falsch. Dem Verwaltungsstandpunkt können wir auch zustimmen.
Aber Ihr Antrag sieht eine Einschränkung vor,
nämlich nur die Angebote der freien Träger zu
prüfen. Das ist vor dem Hintergrund, wie Frau
Witte es begründet hat, auch richtig; denn dort
gibt es sowohl das Problem der mangelnden Tariflohnentwicklung als auch die Problematik, dass
Angebote nicht vorgehalten werden können, weil
sie nicht ausfinanziert sind.
Herr Morlok, Sie wissen, dass wir gewohnt sind,
parteiübergreifend zu arbeiten, und dass es uns
eine große Freude ist, im Sinne der Menschen,
die hier in Leipzig leben, dafür zu sorgen, dass sie
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im Bedarfsfall gute Angebote erhalten, die ihnen
wirklich helfen. Ich finde es gut, dass das Thema
auf der Tagesordnung ist und wir auch hier im
Stadtrat darüber reden können. Ich will nur daran
erinnern, dass wir jahrelang darüber nicht reden
konnten, weil die Haushaltslage der Stadt Leipzig
das schlicht nicht hergegeben hat. Es ist auch gut,
dass wir uns jetzt darüber streiten können.
Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Herr Albrecht hat den Verwaltungsstandpunkt als Änderungsantrag zur Abstimmung gestellt. Wer dem Änderungsantrag im
Sinne des Verwaltungsstandpunkts zustimmt,
bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen?
Abstimmung: Vier Gegenstimmen, keine Enthaltungen. Mit großer Mehrheit so beschlossen.
14.2
(Schul-)Sozialarbeit - Schulen
2. Bildungsweges (VI-A-05037)
des
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
14.2.1 dazu VSP (VI-A-05037-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Frau Hollick.
Stadträtin Hollick (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte
Stadträtinnen und Stadträte! Liebe Gäste auf der
Tribüne und am Livestream! Im September 2017
hatten wir unsere siebte Bildungspolitische
Stunde zum Thema „Migration, Bildung, Integration“. Schwerpunkt waren die Jugendlichen im Alter von 16 bis 27. Wir haben über einige offene
Fragen gesprochen. Leider konnten wir seitdem
nichts in dieser Richtung verändern.
Wir wissen, dass seit 2017 auf Weisung des Freistaats Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund ab 18 Jahre das Berufsschulzentrum
zum Erreichen eines Schulabschlusses nicht
mehr besuchen dürfen. Das heißt: Ihnen bleiben
nur die Schulen des zweiten Bildungsweges: die
Abendoberschule, das Abendgymnasium und das
Kolleg. Das ist eine schwierige Situation, an der
sich bis zum heutigen Tag leider nichts geändert
hat.
In den Schulen des zweiten Bildungsweges lernen jetzt circa hälftig deutsche Jugendliche und
Jugendliche mit Migrationshintergrund, in der
Mehrheit geflüchtete Jugendliche. Die Lehrerinnen und Lehrer arbeiten mit sehr viel sozialem
und pädagogischem Engagement, um die Jugendlichen zum Erfolg zu führen. Aber die Prozesse der Integration in den Schulprozess verlaufen nicht ohne Widersprüche und ohne Probleme
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
ab. Dafür brauchen die Lehrerinnen und Lehrer
und auch die Schulleitungen unbedingt Unterstützung durch fachkundige Sozialarbeit.
Die Bedeutung der Schulsozialarbeit hat auch der
Freistaat erkannt und Richtlinien zur Steuerung
dazu erlassen. Finanziell übernimmt der Freistaat
auch die Personalkosten für Schulsozialarbeiter*innen an den Berufsschulzentren mit Berufsvorbereitungsjahr und jetzt auch an den Oberschulen, nicht aber an der Abendoberschule. Unverständlich!
Natürlich möchte ich, dass der Freistaat dafür aufkommt. Auch wenn er das schon mehrfach abgelehnt hat, müssen wir weitere Versuche dahin gehend unternehmen. Ich bitte Sie, unserem Antrag
trotzdem zuzustimmen und damit sicherzustellen,
dass ab dem Schuljahr 2018/2019 auch an Schulen des zweiten Bildungsweges, konkret: an der
Abendoberschule, ein Schulsozialarbeiter seine
Tätigkeit aufnehmen kann.
Den Verwaltungsstandpunkt können wir wegen
der Einschränkung „im Rahmen der Fördermöglichkeiten“ nicht übernehmen. Wir wissen ja, dass
der Freistaat das nicht will. Das Datum haben wir
geändert; das war nachvollziehbar. Das soll ab
dem Schuljahr 2018/2019 gelten. Ich bitte Sie, unseren Antrag zu unterstützen.
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matisch sehen wie Frau Hollick. Es hat nach einiger Zeit geklappt, dass der Freistaat Sachsen die
Kosten für Schulsozialarbeiter an den Oberschulen übernimmt. Ich glaube, man muss noch ein
paar Bretter bohren, und dann wird man auch das
noch erreichen. Dennoch halte ich es für wichtig,
an der Abendoberschule eine Schulsozialarbeiterstelle zu schaffen.
Oberbürgermeister Jung: Lassen Sie mich noch
etwas dazu sagen, um die Emotionen ein wenig
zu beruhigen. Wir halten eine Schulsozialarbeiterstelle an der Abendoberschule - insbesondere
dort - für zwingend und gut und notwendig. Wir
werden - so interpretieren wir den Beschluss - im
Rahmen unserer Möglichkeiten der Gesamtbudgetierung für diesen Bereich diese Stelle auch
einrichten. Das heißt also nicht, dass wir diese
Stelle nur dann einrichten, wenn sie vom Freistaat
gefördert wird.
Damit kommen wir zur Abstimmung. Ich bitte um
Ihr Handzeichen, wenn Sie dem Änderungsantrag
in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts zustimmen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Einige Enthaltungen, einige ProStimmen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Oberbürgermeister Jung: Herr Albrecht.
Wir stimmen nun über den Antrag der LINKEN ab.
Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich um Ihr Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Stadtrat Albrecht (CDU): Auch hier möchten wir
uns gern den Verwaltungsstandpunkt zu eigen
machen.
Abstimmung: Eine Enthaltung, eine Reihe von
Gegenstimmen. Dennoch mehrheitlich so entschieden.
Oberbürgermeister Jung: Frau Hollick dazu.
TOP 14.3 ist vertagt. TOP 14.4 rufe ich erst auf,
wenn Kollege Rosenthal da ist.
14.5
Radnetzplanung (VI-A-05155)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Stadträtin Hollick (DIE LINKE): Herr Albrecht,
Sie machen sich einen Verwaltungsstandpunkt zu
eigen, obwohl Sie wissen, dass der Freistaat das
ablehnt. Ich war bei Frau Köpping. Frau Falken
hat im Bildungsausschuss gefragt. Wir wissen,
dass es dafür keine Fördermöglichkeiten gibt. Keiner von uns hier wird sich dagegen wenden, dass,
wenn es die Fördermöglichkeiten gibt, wir diese
auch nutzen. Aber wir wollen, dass es dort einen
Schulsozialarbeiter gibt; denn die Situation dort ist
nicht ganz einfach, um nicht zu sagen: Es brennt.
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker.
Stadtrat Zenker (SPD): Wir werden dem Antrag
zustimmen, auch wenn wir das nicht ganz so dra-
14.5.1 dazu VSP (VI-A-05155-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
14.5.2 dazu ÄA (VI-A-05155-ÄA-03)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
Herr Weber.
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren Stadträte! Liebe Gäste auf der Tribüne!
Radnetzplanung - auch das ein wichtiges Thema.
Der Radverkehrsentwicklungsplan wurde 2012
hier im Haus beschlossen. Ein wesentlicher Bestandteil war die Radnetzplanung, die wir der Verwaltung quasi als Hausaufgabe aufgegeben hatten. Die Verwaltungsvorlage sollte uns schon
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
2015 erreichen. Jetzt haben wir 2018, und bisher
liegt sie immer noch nicht vor. Ich sehe da einen
gewissen Verzug. Für die Leute, die das nicht wissen: Radnetzplanung hat gemäß der Richtlinien
für integrierte Netzgestaltung, kurz: RIN, das Ziel,
dass die Kommunen und Gebietskörperschaften
an bestimmten Strecken ordentliche Radverkehrsnetze planen und die beschränkten Mittel,
ähnlich wie für die Kfz-Netzplanung, bewusst und
gezielt einsetzen, sie also nicht, wie momentan
geschehen, per Gießkannenprinzip ausreichen,
beispielsweise einen Radweg dann mitplanen,
wenn eine Hauptstraße saniert wird. Ziel ist, den
Radverkehr strukturiert zu stärken.
Wir sehen, wie gesagt, da Verzug. Ich habe zweimal im Jahr beim VTA angefragt und wiederholt
auch im Ausschuss nachgefragt. Immer wieder
wurde ich mit den Worten vertröstet: Ja, bis Ende
des Jahres kriegen wir das hin. - Dennoch zog
sich das weiter hin. Deshalb muss heute vom
Stadtrat noch einmal ein Beschluss gefasst werden, mit dem man der Verwaltung die Gelbe Karte
zeigt und zum Ausdruck bringt: Liebe Leute, das
ist ein Beschluss des Stadtrats. Bitte setzt den
endlich um! - So weit dazu.
Zu unserem Antrag liegt ein Verwaltungsstandpunkt vor. Diesen haben wir in die Neufassung unseres Antrags übernommen. Allerdings haben wir
im letzten Satz des ersten Absatzes ein Datum
eingefügt. Arbeit ist ja Leistung pro Zeit. Sprich:
Wir müssen jetzt ein Datum benennen, damit die
Verwaltung entsprechend handelt. Hintergrund ist
auch, dass wir in diesem Jahr die Haushaltsverhandlungen führen werden. Bis dahin brauchen
wir alle zumindest einen Vorschlag, den wir in den
Stadtbezirksbeiräten, im Stadtrat und auch in den
Ortschaften zur Diskussion stellen können, um
dann darauf aufbauend unsere Haushaltsanträge
zu formulieren. - Vielen Dank.
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bar, dass die Ausgestaltung des Radentwicklungsplans davon abhängen wird, für welches
Szenario wir uns hier im Stadtrat entscheiden, ob
für ein Fahrradstadt-Szenario oder für ein Fortführungsszenario.
Deswegen meine Anregung oder meine Bitte, zu
sagen: Ja, das müssen wir machen. Aber wenn
wir uns in dem Szenario-Prozess verständigen
wollen, wäre es vielleicht sinnvoller, Frau Riekewald, das Thema erst danach oder zumindest
zeitgleich aufzurufen, statt schon zuerst eine Radverkehrsplanung vorzulegen und vier Monate
später über die Verkehrsszenarien zu entscheiden. Vielleicht könnten Sie meine Anregung übernehmen, der Verwaltung die Frist „Anfang 2019“ das kann Ende Februar oder Ende März 2019
sein - zu setzen, um eine ganzheitliche Lösung für
die Themen zu erreichen. Dann könnte man erst
die grundsätzliche Diskussion führen und diese
dann auf den Radentwicklungsplan runterbrechen. Das wäre mein Vorschlag.
Oberbürgermeister Jung: Herr von der Heide.
Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister!
Sehr geehrter Herr Morlok, ich hoffe, dass die Kollegen von den LINKEN dem nicht folgen werden.
Man sollte nicht alles in einen Topf werfen. Der
Radverkehrsentwicklungsplan ist der Radverkehrsentwicklungsplan, und die Radnetzplanung
ist die Radnetzplanung.
Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok.
Es ist ja nicht so, dass in der Verwaltung nichts
vorliegen würde. Es kommt nur nicht in den Stadtrat. Was auch immer in der Verwaltung schlummert, es sollte endlich ans Tageslicht kommen
und der Öffentlichkeit und dem Stadtrat zur Kenntnis gegeben werden. Dann kann man das immer
noch weiterentwickeln - auf Grundlage welches
Szenarios auch immer.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Herr Weber, das Anliegen teilen wir sehr wohl. Wir teilen auch Ihre Feststellung, dass wir bei dem Thema in Verzug sind.
Aber dieser Verzug betrifft nicht nur das Thema
Radnetzplanung, sondern auch die Themen Nahverkehrsplan und Verkehrsszenarien. Wir hinken
eigentlich überall der Entwicklung hinterher. Das
ist auch der Grund, warum ich mich hier zu Wort
gemeldet habe. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob
das von Ihnen gesetzte Datum - ein Datum zu setzen, ist wichtig; da haben Sie recht - das richtige
ist; denn wir befassen uns ja gerade mit den Verkehrsszenarien. Eines dieser Szenarien heißt
„Radverkehrsszenario“. Es ist durchaus vorstell-
Ich glaube, nichts zu haben, dann ein Szenario zu
entscheiden und wieder von vorn anzufangen,
wäre auf jeden Fall schlechter als das, was es
schon gibt und das es jetzt endlich vorzulegen gilt,
damit wir arbeiten können. Das hilft uns auf jeden
Fall weiter. Dann hat man wenigstens etwas, das
man weiterentwickeln kann; denn es ist ja da. Der
Radverkehrsentwicklungsplan umfasst viele verschiedene Maßnahmen. Die Radnetzplanung soll
einen Vorschlag machen zu der Frage: Wo soll
Radverkehr geführt werden, und wo können wir
die wenigen Mittel, die wir in 2019 und 2020 dafür
zur Verfügung haben, sinnvoll einsetzen? Das
würde uns für 2019 und 2020 viel helfen und
würde uns, glaube ich, nichts verbauen für die Zukunft und irgendwelche Szenarien.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Oberbürgermeister Jung: Frau Riekewald.
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Ich kann eigentlich nur das wiederholen, was Herr von der
Heide gesagt hat. Das ist auch Grund, warum wir
das Datum 31.08.2018 gesetzt haben. Wir benötigen diese Planung für den Haushalt. Sonst
müssten die Fraktionen wieder sozusagen nach
Gutdünken Haushaltsanträge stellen, wo ein Radweg geschaffen werden soll. Damit wir genau
nicht in diese Situation kommen, sollte die Radnetzplanung bis zum 31.08. vorliegen. Das ist ein
Beschluss, der schon seit langem vorliegt, aber
bis heute nicht umgesetzt ist. Wir können die Radnetzplanung nicht bis zum 31.12. aufschieben;
denn das würde dazu führen, dass sie für die
nächsten beiden Haushaltsjahre nicht mehr greifen könnte. Ich gehe mit Herrn von der Heide d’accord, das uns das nichts verbaut in Bezug auf die
Mobilitätsszenarien-Diskussion.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Oberbürgermeister! Frau Riekewald, Herr von der Heide, ständiges Wiederholen macht es ja nicht besser. Ich
habe im Moment ein Déjà-vu. Wir hatten eine ähnliche Debatte beim STEP Verkehr 2014. Erinnern
Sie sich bitte! Wir hatten zuvor einen Radverkehrsentwicklungsplan mit einem geänderten Modal Split beschlossen, der später in den STEP
Verkehr übernommen und diesem angepasst
worden ist. - Doch, Herr von der Heide, genau so
ist es gewesen. - Erinnern Sie sich bitte an die Debatten zum STEP Verkehr 2014 und die beinahe
nicht mehr vorhandene Zustimmungsfähigkeit
eben wegen dieser Vorgehensweise, erst einen
Modal Split im Radverkehrsentwicklungsplan gesondert zu beschließen und dann mit Fug und
Recht zu sagen: Wir haben das beschlossen. Wir
sind daran gebunden. Wir müssen das in den
STEP Verkehr übernehmen. - Das sollte uns nicht
noch einmal passieren. Deshalb: Lassen Sie uns
so verfahren, alles zusammen zu beschließen
und nicht das eine vorher und das andere später. Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Haas.
Stadtrat Haas (CDU): Herr Oberbürgermeister,
ich mache es kurz vom Platz aus. - Mir sind jetzt
ein paar Fragen durch den Kopf gegangen. Herr
von der Heide spricht von Sachen, die in der Verwaltung schlummern. Wir streiten jetzt über ein
Datum: 31.08. versus 31.12. Wir streiten immer
wieder über die Flickschusterei, die wir machen.
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Vielleicht kann Frau Dubrau Licht ins Dunkel bringen und etwas dazu sagen. Gibt es bereits Erarbeitungen, und, wenn ja, wie weit und wie verwertbar sind sie? Das erschließt sich mir jetzt nicht aus
den bisherigen Aussagen.
Oberbürgermeister Jung: Darum wollte ich sie
auch gerade bitten.
Bürgermeisterin Dubrau: Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren
Stadträte! Werte Gäste auf der Tribüne! Gerade
weil wir ein solches Flickwerk vermeiden wollen,
wäre es uns lieber, die Radnetzplanung erst Ende
des Jahres vorzulegen. Sie wissen, dass der Radverkehrsbeauftragte unsere Stadt verlassen hat.
Er hat zwar sehr viel vorgearbeitet, aber das komplexe Kompendium ist einfach noch nicht vorhanden. Wir sind im Moment guter Hoffnung, dass wir
es bis Ende des zweiten Quartals schaffen werden, diese Stelle neu zu besetzen. Das heißt aber
auch: Dann ist es Ende Juni. Es folgen die Sommerpause und die Sommerferien, wo der neue
Radverkehrsbeauftragte zwar hoffentlich schon
da ist, aber etliche Ansprechpartner eben nicht.
Wenn die Radnetzplanung schon zwei Monate
später vorgelegt werden soll, wäre das wieder nur
Flickwerk. Wenn Sie uns ein bisschen mehr Zeit,
sprich: bis Ende des Jahres, einräumen könnten,
wäre das sehr schön. Dann könnten wir tatsächlich ein komplexeres Werk vorstellen.
Unabhängig davon werden wir natürlich auch im
Ausschuss über dieses Thema sprechen, dort
auch das vorstellen, was bereits vorliegt, und zu
Einzelthemen eine Diskussion führen, um die
Möglichkeit zu eröffnen, im Rahmen der Haushaltsdebatte die Radnetzplanung schon diskutieren zu können. - Danke schön.
Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister! Ich möchte jetzt formal den Antrag stellen, das Datum 31.08. durch „31.12.“ zu ersetzen.
Oberbürgermeister Jung: Das war ein Änderungsantrag. - Frau Riekewald, seien Sie nicht so
beckmesserisch. - Nicht geifern! - Ein Datum wird
Herr Morlok schnell eingetragen haben.
Ich stelle nunmehr den Änderungsantrag 05155ÄA-03 zur Abstimmung in der von Herrn Morlok
beantragten Fassung: Im letzten Satz unter Beschlusspunkt 1 wird das Datum 31.08. durch das
Datum „31.12.“ ersetzt. Wer dem zustimmt, bitte
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Einige Gegenstimmen, einige Enthaltungen. Mit Mehrheit so beschlossen. Das Datum ist damit geändert.
Jetzt zur Abstimmung über den Antrag der
LINKEN. Ich bitte um Ihr Handzeichen, wenn Sie
dem Antrag zustimmen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Einige Enthaltungen, vier Gegenstimmen. Mit Mehrheit so beschlossen.
14.6
Maßnahmen zum Bienenschutz in der
Stadt Leipzig (VI-A-05301-NF-03)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
14.6.1 dazu VSP (VI-A-05301-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Umwelt, Ordnung,
Sport
14.6.2 dazu ÄA (VI-A-05301-ÄA-02)
Einreicher: CDU-Fraktion
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flächen. Diese sollte man, wenn man einen Maßnahmenkatalog erstellt, gleich mit anpassen. Man
muss die Arbeit ja nicht zweimal machen. Dass
dies sinnvoll ist, wurde uns auch von der Verwaltung bestätigt. Herr Rosenthal ist zwar noch nicht
da, aber wir haben das sowohl im Ausschuss als
auch in direkten Gesprächen schon erörtert.
Daher bitten wir um Zustimmung zur Neufassung
unseres Antrags, die sowohl den Verwaltungsstandpunkt nebst Überarbeitung der Pflegegrundsätze als auch den Änderungsantrag der CDU
enthält. Die Bienen und Insekten werden es Ihnen
danken. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Danke schön. - Gibt
es weitere Wortmeldungen? - Dann stelle ich den
Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts und inklusive des Änderungsantrags der
CDU-Fraktion zur Abstimmung. - Herr Volger, ich
höre Widerspruch. Sagen Sie noch einmal genau,
was Sie zur Abstimmung stellen, damit es im Verlaufsprotokoll korrekt festgehalten wird.
Herr Volger.
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte
Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte Stadträte! Sehr geehrte Gäste! Ja, unser
Antrag beschäftigt sich mit dem Bienenschutz.
Aber alle Maßnahmen, die gemäß dem noch zu
erstellenden Katalog getroffen werden, helfen Insekten auch im Allgemeinen.
Das Insektensterben wurde ja in letzter Zeit medial weit ausgerollt, allerdings meist nur im Zusammenhang mit Pestiziden und Neonicotinoiden. Bei den Pestiziden sind wir in Leipzig schon
auf dem richtigen Weg, auch wenn die Gleisbetten der LVB mir noch Sorgen bereiten. Aber Insekten- respektive Bienenschutz ist nicht nur die
Verbannung von Pestiziden. Da geht es um viel
mehr: Lebensraumeinschränkung, Nahrungsdargebot oder wie und wie oft eine Mahd auf Grünflächen stattfindet, um nur ein paar Bespiele zu nennen. Dies alles wollen wir zusammen mit der Stadt
Leipzig und den Umweltverbänden angehen und
einen Maßnahmenkatalog erstellen. Die Verwaltung sieht dankenswerter Weise den Handlungsbedarf ebenso.
An der Stelle will ich gleich sagen, dass wir den
Änderungsantrag der CDU übernehmen würden,
der vorsieht, auch die Kleingartenverbände und
den Kreisbauernverband bei der Katalogerstellung mitzubeteiligen. Das ist sinnvoll und richtig.
Wir haben den Verwaltungsstandpunkt übernommen, diesen aber um einen kleinen Punkt ergänzt.
Es geht dabei um die Pflegegrundsätze der Grün-
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Wir
stellen die Neufassung unseres Antrags zur Abstimmung, die dem Verwaltungsstandpunkt entspricht, aber mit dem Einschub, dass bei Erstellung des Maßnahmenkatalogs die Pflegegrundsätze gleich mit überarbeitet werden. Es ist sinnvoll, das in einem Aufwasch zu erledigen. Der Änderungsantrag der CDU geht ebenfalls in der
Neufassung unseres Antrags auf.
Oberbürgermeister Jung: Dann bitte ich um Ihr
Handzeichen. Wer stimmt diesem Antrag zu? Gegenprobe! - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
14.7
„Kaufhallengipfel“ - Wohnungsbau
über
Lebensmittelmärkten!
(VI-A05349)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
14.7.1 dazu VSP (VI-A-05349-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Herr Elschner.
Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung! Sehr
geehrte Beigeordnete! Sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen Stadträte! Sehr geehrte Gäste auf
der Tribüne und Zuseher am Livestream! Im Januar hat meine Fraktion beantragt, noch in diesem Jahr einen „Kaufhallengipfel“ in Form einer
öffentlichen Expertenanhörung zum Thema
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
„Wohnungsbau
über
Lebensmittelmärkten“
durchzuführen. Das Ziel unseres Antrags: Es sollen Möglichkeiten aufgezeigt und diskutiert werden, wie beim Neu- und Umbau von eingeschossigen Lebensmittelmärkten insbesondere innerstädtisches Flächenpotenzial auch für den dringend benötigten Wohnungsbau besser genutzt
werden kann. Hemmnisse, gleich welcher Art, sollen identifiziert und Vorschläge zum Abbau dieser
sollen erörtert werden.
Den Konsum Leipzig freut das, ließ er auf Facebook die Öffentlichkeit wissen. Verständlich; denn
er ist Vorreiter dieser positiven Entwicklung in
Leipzig, wenn wir uns zum Beispiel den geplanten
Neubau an der Märchenwiese und den geplanten
Neubau im Musikviertel vergegenwärtigen, von
denen kürzlich im Amtsblatt berichtet wurde.
Aber auch die Reaktionen anderer Lebensmittelmärkte sowie Projektentwickler auf unseren Antrag zeigen mir, dass auch sie durchaus ein Interesse haben, einen ähnlichen Weg einzuschlagen; denn nicht zuletzt aufgrund steigender
Grundstückspreise auch in Leipzig sind eingeschossige Planungen rein für einen Supermarkt
oder Discounter wirtschaftlich immer weniger realisierbar.
Weil die Verwaltung in diesem Zusammenhang
von Herausforderungen in der Umsetzungspraxis
aufgrund von spezifischen Rahmenbedingungen
in Leipzig spricht - zum Beispiel die Größe eines
Supermarkts -, macht es Sinn, sich darüber auszutauschen, um die besten Lösungen für die
wachsende Stadt und den Lebensmittelmarktbetreiber zu finden.
Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen, wir
Grüne lassen heute den Verwaltungsstandpunkt
zu unserem Antrag abstimmen. Die Verwaltung
schlägt vor, die mit unserem Antrag aufgeworfene
Fragestellung der Mehrfachnutzung in einem
Workshop oder einer Stadtwerkstatt noch grundsätzlicher zu diskutieren, um so weitere Nutzungskombinationen, wie zum Beispiel Wohnen
und Kindertagesstätten, aufzugreifen. Dies ist angesichts der dramatischen Kitaplatzmisere in unserer Stadt auch mehr als angebracht.
Vielleicht gelingt es, dass von dieser Veranstaltung auch für dieses so wichtige Handlungsfeld
der Verwaltung ein weitertragender Impuls ausgeht, auf den sich weiter aufbauen lässt; denn die
privaten Bauherren, die mit ihren Grundstücken ja
auch die Voraussetzungen für Kindertagesstätten
mitbringen müssen, scheinen bei der Stadt nicht
gerade Schlange zu stehen. Weil sie so dringend
gebraucht werden, muss um sie geworben und
muss mit ihnen frühzeitig über diese Optionen und
die Möglichkeiten ihrer Realisierung gesprochen
werden.
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Aber es gibt auch noch ganz andere Ideen, die
diskutiert und besprochen werden könnten, wie
zum Beispiel den Stelzenaufbau einer Turn- und
Sporthalle auf dem Dach eines Supermarktes oder ein Sport- und Spielfeld auf dem Dach eines
Baumarktes, wenn der Bedarf dafür in einem
Quartier angezeigt ist - Beispiele, die in anderen
Städten schon Realität sind.
Sehr geehrte Stadträte und Stadträtinnen, wir
Grüne bitten Sie deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag im Sinne des Verwaltungsstandpunktes. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schlegel hat das
Wort.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir unterstützen sowohl den Antrag als auch
den Verwaltungsstandpunkt, wie er jetzt zur Abstimmung gestellt wird. Ich weiß, wovon ich rede.
In Marienbrunn gab es eine komplizierte Gemengelage, weil dieser Neubau in ein mehrgeschossiges Wohngebäude an der Zwickauer Straße integriert werden soll und auch die Eigenheime am
Rübezahlweg, die unmittelbar an das Grundstück
angrenzen, berücksichtigt werden müssen. Ziel
dieser Debatte darf allerdings nicht sein, das Einzelhandelskonzept der Stadt Leipzig infrage zu
stellen. Das ist mir wichtig.
Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung. Ich bitte um Ihr Handzeichen, wenn Sie
dem Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts zustimmen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Vier Gegenstimmen, keine Enthaltungen. Mit großer Mehrheit so beschlossen.
14.8
Schulbibliotheken und Leseräume (VIA-05379)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
14.8.1 dazu VSP (VI-A-05379-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
14.8.2 dazu ÄA (VI-A-05379-ÄA-02)
Einreicher: SPD-Fraktion
Frau Hollick.
Stadträtin Hollick (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte
Stadträtinnen und Stadträte! Liebe Gäste auf der
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Tribüne und am Livestream! 72 Schulbibliotheken
und Leseräume sind Bildungs- und Lernorte, die
sich an Leipziger Schulen etabliert haben. In
Schulbibliotheken und Leseräumen werden die
Lern- und Medienkompetenzen gefördert. Überall
wird heutzutage von Digitalisierung gesprochen.
Wenn wir es ernst meinen, sind das nicht nur Whiteboards und Tablets; dazu gehören auch die
Schulbibliotheken, die hierzu einen wichtigen Auftrag erfüllen. Stichworte wie Leseförderung hin
zur Lesekompetenz, selbstständiges Lernen, Medien- und Informationskompetenz unterstreichen
das. Unser Antrag soll deshalb die Schulbibliotheken und Leseräume sichern und vielleicht - ich
gebe zu: das ist das Prinzip Hoffnung - sogar weiterentwickeln.
Leider hat der Freistaat auch hierfür die Verantwortung nicht übernommen. Leider bleibt diese
Aufgabe wiederum bei der Stadt hängen, auch
kostenseitig. Wir haben uns als Stadt dieser Aufgabe bisher bestmöglich gestellt; das möchte ich
voranstellen und auch Danke sagen. Die personelle Absicherung in den Schulbibliotheken erfolgte vorrangig über den öffentlich geförderten
Beschäftigungssektor mit dem Programm „ Soziale Teilhabe“ für drei Jahre, der Förderung von Arbeitsverhältnissen für ein Jahr, dem Freiwilligendienst aller Generationen für zwei Jahre sowie einer Ganztagsbetreuung mithilfe von Honorarkräften, Ehrenamtlern und anderen. Aber all das sind
befristete Arbeitsverhältnisse.
Über 60 Menschen unserer Stadt, die langzeitarbeitslos waren, hatten in den vergangenen drei
Jahren versicherungspflichtige Arbeitsplätze. Das
gab diesen Menschen auch Selbstvertrauen. Die
Mitarbeiterinnen unserer Schulbibliothekarischen
Arbeitsstelle haben diese motivierten Frauen und
Männer ausgebildet und in ihre Tätigkeit eingeführt; auch das möchte ich noch einmal hervorheben. Es ist gut, dass wir eine Schulbibliothekarische Arbeitsstelle mit engagierten Mitarbeiterinnen haben. Das Problem ist, dass am 1. Januar
2019 über 40 dieser befristeten Arbeitsverhältnisse auslaufen.
Die Frage ist: Wie geht es danach weiter? Sollte
es über den öffentlich geförderten Arbeitsmarkt
weitere Maßnahmen geben - der Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit, Hubertus Heil, sprach
von Möglichkeiten für 150.000 Langzeitarbeitslose, die Maßnahmen sollen fünf Jahre dauern,
der Bund will dafür 5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen -, stehen wir einer Nutzung dieser
Möglichkeiten nicht im Wege. Doch wir wissen
nicht, wann und ob diese Maßnahmen kommen.
Natürlich hoffen die Mitarbeiter, die jetzt drei Jahre
im Programm „ Soziale Teilhabe“ waren, auf Weiterbeschäftigung; denn sie wollen raus aus dem
Kreislauf: Maßnahme, dann Arbeitslosigkeit, dann
wieder SGB II oder in eine andere Maßnahme,
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und das bis zur Rente. Sie haben sich ja auch in
dieser Tätigkeit bewährt und konnten zeigen, was
sie können. Maximal 1,6 Millionen Euro jährlich
würde es die Stadt kosten, wenn 72 dieser Maßnahmen mit den Betroffenen weitergeführt würden - so der Verwaltungsstandpunkt. Es gibt aber
nur 42 Maßnahmen. Der Mathelehrer rechnet das
flink um: Damit wären es nur 933.000 Euro pro
Jahr. Da müssen wir die Frage beantworten: Wollen wir das?
Die SPD-Fraktion hat einen Änderungsantrag eingereicht, den wir in den Punkten 1 und 2 übernehmen. Punkt 1 schließt die Fortführung der Schulbibliotheken und Leseräume mit ein. Wir wollen
nicht, dass diese für längere Zeit geschlossen
werden. Ich hätte mir derartige Überlegungen
auch von der Stadtverwaltung gewünscht. Das
Problem des Änderungsantrages aber ist: Es entstehen keine versicherungspflichtigen Arbeitsplätze. Darüber muss man sich im Klaren sein.
Wir produzieren, wenn auch zeitlich verzögert,
wieder Langzeitarbeitslosigkeit.
Ihren Vorschlag, eine Honorarkraft im SGB-IIBezug einzusetzen, halten wir nicht für positiv;
denn dies würde den Fortbestand von Schulbibliotheken und Leseräumen nicht sichern; denn bei
10 Euro Stundenlohn wären nur zehn Stunden im
Monat möglich, ohne Abschläge zu riskieren.
Auch halten wir es nicht für richtig, wenn die Mittel
für die Ganztagsangebote einer Schule zu großen
Teilen für die Sicherung der Schulbibliothek genutzt werden. Das ist bei GTA nicht beabsichtigt.
Sie sollen mitgenutzt werden, aber nicht allein dafür. Hinzu kommt, dass die Stadt die GTA-Mittel
wieder in den Haushalt einstellen müsste; denn
diese werden gegenwärtig vom Freistaat zur Verfügung gestellt.
Wir haben also eine schwierige Situation, die aber
gelöst werden sollte. Ich bitte unserem Antrag einschließlich den Punkten 1 und 2 des SPDÄnderungsantrags zuzustimmen.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es weitere Wortmeldungen? - Ja. Zuerst Frau Köhler-Siegel.
Stadträtin Köhler-Siegel (SPD): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Verehrte Stadträte!
Werte Gäste! Ja, Schulbibliotheken und Leseräume sind wichtige Lernorte an Schulen. Deshalb haben wir Stadträte im Januar 2017 die Fortschreibung des Entwicklungskonzepts für Schulbibliotheken und Leseräume beschlossen.
Die Schulbibliothek ist das Medien- und Informationszentrum einer Schule, ein Ort des Lernens
und des Unterrichts. Durch die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen konnten viele Schulbibliotheken in den letzten Jahren durchgängig besetzt
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
werden. Frau Hollick führte schon aus, dass die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich hervorragend in diese Aufgaben eingearbeitet haben und
oft Teil des Teams an Schulen geworden sind. Es
wird ein schmerzlicher Verlust für jede Schule
sein, wenn diese Maßnahmen auslaufen.
Auch meine Fraktion setzt sich seit Jahren dafür
ein, dass diese Stellen möglichst schnell wieder
besetzt werden. Uns würde es auch sehr gut gefallen, wenn sich der Freistaat endlich zu den
Schulbiotheken bekennen und das Personal wenigstens mitfinanzieren würde.
Dennoch werden wir dem Antrag der LINKEN
nicht zustimmen. Sie haben ausgeführt, was die
Aufgaben einer Schulbibliothek sind und welche
Kompetenzen damit gefördert werden sollen. Die
Kompetenzen sollten aber von den Lehrerinnen
und Lehrern gefördert werden oder zumindest von
den Personen, die der Freistaat im Moment dafür
einstellt. Es ist also nicht Aufgabe der Stadt
Leipzig, Stellen für die Schulbibliotheken zu
schaffen und diese vollständig zu finanzieren.
Aufgabe der Kommune ist es, die Räume und Mittel für die Ausstattung der Schulen zur Verfügung
zu stellen. Sollte die Stadt über mir bisher nicht
bekannte finanzielle Reserven verfügen, gäbe es
bei der Erfüllung dieser Pflichtaufgabe - Ausstattung der Schulen, Aufstockung des Schulbudgets
und Sanierung der Gebäude - noch reichlich zu
tun.
Weil wir Stadträte die Verantwortung für die Finanzen der Stadt tragen, können wir eben nicht
mal schnell Stellen für Schulbibliothekare schaffen. Wir finden es scheinheilig, wenn die Kollegen
der LINKEN bei den jetzigen Mitarbeitern die Hoffnung wecken, dass sie weiterbeschäftigt werden
könnten. Das würde auch dann nicht funktionieren, wenn dieser Antrag heute beschlossen
würde; denn in der entsprechenden Tätigkeitsbeschreibung würden die Zugangsvoraussetzungen
ganz anders formuliert werden müssen. Außerdem verschweigt die Fraktion, woher das Geld für
diese Stellen kommen soll.
Nun, jetzt ist der Antrag auf dem Tisch. Meine
Fraktion hat sich Gedanken gemacht, wie es mit
der Besetzung der Schulbibliotheken weitergehen
könnte. Dazu liegt Ihnen unser Änderungsantrag
vor. Erste Wahl bei der Besetzung der Stellen sind
leider nur die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Hierzu hat die Bundesregierung - Frau Hollick führte es aus - in Ansätzen auch schon Pläne.
Ich bin mir auch sicher, dass die Stadt bei der Zuteilung solcher Stellen natürlich zuerst an die
Schulbibliotheken denken wird. Eine weitere Möglichkeit ist, die Stellen über den Freiwilligendienst
aller Generationen zu besetzen. Diese Möglichkeit muss aber aktiver beworben werden.
S e i t e | 14
Die Kosten, die der Stadt für diese Stellen entstehen, entnehmen Sie unserem Änderungsantrag.
Diese Stellen laufen in der Regel ein oder zwei
Jahre. Was ist jetzt neu an diesem Punkt des Änderungsantrags? Wir wollen, dass mehr Stellen
entstehen können, nicht nur die neuen Stellen, die
bisher dafür eingeplant sind. Was weitere Stellen
kosten, entnehmen Sie ebenfalls unserem Änderungsantrag.
Wenn alle diese Maßnahmen nicht greifen, dann
könnten die Schulen über die GTA-Mittel auch Honorarkräfte einstellen. Oft können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ausscheiden, wenigstens für einige Stunden weiterbeschäftigt werden.
Klar ist: Das ist nicht die Ideallösung. Aber oft gelingt es, gerade diese Mitarbeiter, die ein Teil unseres Teams an den Schulen geworden sind, wenigstens noch einmal in der Woche in der Schule
begrüßen zu können, sodass sie immer noch mit
dabei sind.
Wenn gar nichts anderes geht, sind wir dafür,
dass die Honorarkräfte unterstützt werden. Unser
Vorschlag ist, dass die Stadt 50 Prozent der Honorarkosten übernimmt, damit die Schulen, wenn
sie die Schulbibliotheken weiterhin besetzen wollen und dies nur mithilfe von Honorarkräften möglich ist, nicht die vollen Kosten tragen müssen.
Da wir jetzt noch nicht genau wissen, welche Beschäftigungsmöglichkeiten ab Januar 2019 zur
Verfügung stehen, sollte die Stadt im Rahmen des
Beschlusses zum Doppelhaushalt Vorschläge unterbreiten, welcher finanzielle Rahmen dafür zur
Verfügung steht. Dann könnten wir über Änderungsanträge gegebenenfalls noch ein bisschen
nachjustieren.
Ja, das alles sind keine Ideallösungen. Aber wir
können nicht einfach beschließen: Wir besetzen
jetzt mal die Stellen, ohne zu sagen, woher das
Geld dafür kommt. Ich bitte Sie alle, von allen
Fraktionen, mit Ihren Landtagsabgeordneten über
Schulbibliotheken zu sprechen und für die Möglichkeit einer dauerhaften Besetzung zu werben. Ich bin nicht in der Regierung. Aber ich rede genug über dieses Thema, Frau Hollick. Danke,
dass ich ausreden durfte. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Witte.
Stadträtin Witte (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Liebe Besucher auf der Tribüne! Es
ist noch gar nicht lange her, da stand ich hier an
dieser Stelle und habe mich über arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ausgelassen. Ich habe langsam den Eindruck, ich rede mir hier den Mund fusselig.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Erstens sollten sich alle Politiker ins Stammbuch
schreiben: Erwerbslose sind nicht die Verfügungsmasse der Politik, um sie dort billig einzusetzen, wo andere Kräfte teuer bezahlt werden
müssten - so wie in diesem Fall. Schulbibliotheken brauchen Fachkräfte. Der Verwaltungsstandpunkt zeigt deutlich auf, was solche Fachkräfte
kosten. Stellen Sie einmal den Vergleich an, wie
viel eine Fachkraft kosten würde und wie viel ein
Mitarbeiter kostet, der über eine Maßnahme tätig
ist. Dann wissen Sie, wie viel dort eingespart wird.
Das Geld, das das Jobcenter für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zur Verfügung hat, ist Steuergeld, das dafür verwendet werden soll, Erwerbslose, vor allem Langzeiterwerbslose, wieder
in Arbeit zu bringen. „In Arbeit bringen“ heißt: in
den ersten Arbeitsmarkt. Das funktioniert aber
nur, wenn man einen guten Betreuungsschlüssel
ansetzt. Ein Modellversuch des Jobcenters
Leipzig hat gezeigt: Mit einem Schlüssel von
1 : 50 funktioniert das hervorragend. So konnte
eine nicht unerhebliche Anzahl von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt
werden. Es gilt auch, die Bedingungen abzuschaffen, die die Leute in Langzeitarbeitslosigkeit halten. Zum Beispiel haben alleinerziehende Mütter
ein großes Problem, einen Job im ersten Arbeitsmarkt zu finden.
Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, wie wir sie
kennen, angefangen von ABM über 1-Euro-Jobs
bis hin zu Bürgerarbeit usw., bringen die Leute
nicht in den ersten Arbeitsmarkt; im Gegenteil. Ich
habe das schon in der letzten Ratsversammlung
gesagt. Googeln Sie einmal „IAB, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit“. Es hat eine Studie veröffentlicht, in der man nachlesen kann: Je mehr Maßnahmen ein Langzeiterwerbsloser macht, umso
weiter entfernt er sich vom ersten Arbeitsmarkt.
Punkt! - Auch aus diesem Grund lehnen wir den
Änderungsantrag der SPD ab.
Man muss sich in der Politik endlich mal ehrlich
machen. Natürlich ist es schön, wenn Leute, die
nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden
können - ich streite gar nicht ab, dass es solche
Leute gibt -, mal rauskommen und einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen, aber bitte nicht mit
dem Steuergeld, das dafür da ist, Leute in Arbeit
zu bringen. Da muss man sich ehrlich machen
und sagen: Dafür gibt es extra einen Topf für soziale Maßnahmen zur Integration von Menschen
in die Gesellschaft. Wenn jemand längere Zeit erwerbslos ist und Hartz IV bezieht, führt das häufig
dazu, dass er oder sie nur noch wenig Teilhabe an
der Gesellschaft hat. Wer nur noch zu Hause sitzt,
wer nicht mehr ins Theater oder anderswo hingehen kann, weil dafür das Geld fehlt, der verliert
den Anschluss an die Gesellschaft.
S e i t e | 15
Zweitens. Natürlich wäre es wünschenswert, die
Schulbibliotheken mit entsprechendem Personal
auszustatten. Aber wir können als Stadt nicht immer Ausfallbürge des Landes sein. Das ist eine
Landesaufgabe; die muss das Land finanzieren.
Wir können ja auch nicht sagen: Wenn das Land
nicht mehr genug Geld für Polizeiautos zur Verfügung stellt, springt die Stadt ein und finanziert mal
eben die Polizeiautos. Aus diesem Grund werden
wir auch den Antrag der LINKEN ablehnen.
Wenn der Verwaltungsstandpunkt nicht zu dem
Ergebnis „Ablehnung“ kommen würde, hätten wir
diesen zur Abstimmung gestellt. Aber das wollen
wir dann doch nicht. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schmidt.
Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen):
Meine Damen und Herren, wir sollten ein Stück
weit auf dem Teppich bleiben. Uns liegt hier ein
Antrag von der Linksfraktion vor, in dem folgender
Beschlussvorschlag formuliert ist:
Die Stadtverwaltung sichert die personelle Betreuung der Schulbibliotheken
und Leseräume nach Wegfall der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ab
1.1.2019.
Ich interpretiere das so: nach Wegfall der aktuell
laufenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.
Was danach kommt, werden wir sehen.
Wenn es unterschiedliche Interpretationen hinsichtlich einer Anfrage aus der letzten Sitzung
gibt, mag das so sein. Aber das interessiert mich
nur am Rande, weil das nicht Teil des Beschlussvorschlages ist. Wir haben oft genug gesagt: Am
Ende ist das relevant, was im Beschlussvorschlag
steht. Nur das wird beschlossen. Insofern kann
die SPD, die bei solchen Punkten gerne so wenig
wie möglich mit der Regierung in Dresden zu tun
haben will, Änderungsanträge schreiben, wie sie
will. Ohne die Linksfraktion jetzt irgendwie in
Schutz nehmen zu wollen, aber dass sie Hoffnungen beim jetzigen Personal weckt, wie Sie ihr vorwerfen, das kann ich aus diesem Antrag nicht herauslesen; tut mir leid.
Es war in den vergangenen Jahren immer Konsens, dass wir die Verwaltung auffordern, die Betreuung der Schulbibliotheken abzusichern. Keiner will vor der verschlossenen Tür einer Schulbibliothek oder eines Leseraums stehen. Das ist,
glaube ich, immer noch Konsens, unabhängig der
uns hier vorliegenden Anträge. Insofern halten
meine Fraktion und ich den Änderungsantrag der
SPD-Fraktion für eine Einschränkung der künftigen Möglichkeiten. Wir haben immer gesagt: Natürlich sind aufgrund der finanziellen Zwänge und
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
weil wir den Freistaat hier viel stärker in der Pflicht
sehen die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen,
Honorarkräfte, Ehrenamtler usw. das Mittel der
Wahl. Was die Zukunft bringt, werden wir sehen.
Aber unser oberstes Ziel - das war immer Konsens, vor allen Dingen zwischen den drei Fraktionen - ist, den Betrieb der Schulbibliotheken abzusichern. Wenn arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen, muss die
Verwaltung überlegen, wie sie das anderweitig
abdecken kann.
Insofern unterstützen wir den Antrag der Linksfraktion und lehnen den Änderungsantrag der
SPD ab, weil wir ihn für eine Einschränkung dessen halten, was wir bislang als Grundkonsens immer beschlossen haben. Ich sehe das ein Stück
weit entspannter an der Stelle. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Frau Wohlfarth.
Stadträtin Wohlfarth (SPD): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren! Herr Schmidt, wenn Sie gerade zugehört
hätten, wüssten Sie, was Frau Hollick gesagt hat,
nämlich dass das jetzige Personal nach Möglichkeit weiterbeschäftigt werden soll. Das steht zwar
so nicht im Antrag, aber das ist intendiert, weil sie
das hier so erklärt hat. Wir wissen alle, dass das
aufgrund der Richtlinien des Bundes nicht gehen
wird. Nach 36 Monaten innerhalb von fünf Jahren
ist einfach Schicht im Schacht. Wenn das im Hintergrund steht, ist das für uns eine schwierige Sache, weil das nicht sein kann. - Das zum einen.
Zum Zweiten geht es darum, wie wir die Finanzierung stemmen. Ja, das mögen 1,6 Millionen Euro
sein. Das ist aber ungefähr auch der Betrag, der
uns fehlt, um die Personalkostenerhöhungen in
den nächsten zweieinhalb Jahren zu stemmen.
Nach Abschluss der Tarifverhandlungen wird dieser Betrag gerade mal für ein Jahr ausreichen.
Das ist exakt auch der Betrag der Straßenausbaubeitragseinnahmen, die jedes Jahr in den Haushalt eingestellt werden und heute per Beschluss
auch abgeschafft werden sollen. Ich meine, wir
können gerne Geld ausgeben. Nur: Wenn wir das
tun, sollten wir auch überlegen, wo es herkommt.
Vielleicht kann Ihre Fraktion ja Herrn Bonew eine
leistungsfähige Gelddruckerpresse schenken.
Dann können wir all das auch finanzieren. - Vielen
Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Hollick.
Stadträtin Hollick (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Schmidt, Sie haben mir aus dem Herzen gesprochen. Erst einmal muss man unseren Antrag
S e i t e | 16
lesen. Wir hatten gedacht, dass die Verwaltung in
ihrem Verwaltungsstandpunkt nicht nur das aufzeigt, was nicht geht, sondern auch das, was
geht. Das hat sie nicht gemacht. Es hätte ja durchaus möglich sein können, Frau Wohlfarth, dass
das Amt für Wirtschaftsförderung sagt: Gut, wir legen ein Arbeitsbeschäftigungsprogramm auch für
die Menschen auf, die schon drei Jahre in einer
Maßnahme waren, damit sie nicht wieder in SGB
II fallen.
Ich will nicht sagen: Wir haben kein Geld, aber:
Wir haben nie genug Geld, wie ich zu Hause immer sage. Fakt ist: Wir müssen uns entscheiden,
wofür wir es ausgeben. Wir können hier zehnmal
sagen: Wir sind für die Kinder, und wir wollen das
und das für Kinder tun. Ich kann Ihnen eines sagen: An den Oberschulen gibt es immer mehr Kinder, die keinen Computer haben, die kein Tablet
haben, die auf digitale Medien in der Schule, zum
Beispiel in der Schulbibliothek, angewiesen sind,
wenn sie ihre Lernaufträge erfüllen wollen. Wir
müssen uns die Frage stellen: Nehmen wir dafür
Geld in die Hand oder nicht? Wenn Sie von der
SPD das nicht wollen, dann sagen Sie das. Eines
lasse ich mir aber nicht vorwerfen, nämlich dass
ich scheinheilig sei. Das bin ich nicht. Ich bin direkt, und ich sage, was Fakt ist.
Oberbürgermeister Jung: Frau Köhler-Siegel.
Stadträtin Köhler-Siegel (SPD): Wir können natürlich gern beschließen, Schulbibliotheken zu priorisieren. Da sind wir sofort mit dabei. Aber dann
sagen Sie mir bitte, wo wir das Geld wegnehmen;
denn das Geld kann man, wenn ich richtig informiert bin, nur einmal ausgeben. Wenn wir das
wollen, müssen Sie nicht nur sagen, dass wir die
Priorität setzen, sondern auch, wo es weggenommen wird. Der Haushalt ist ausgelastet. Dann
muss man sagen, wo das Geld dafür herkommen
soll.
Wenn wir den Antrag der LINKEN beschließen
und es keine Maßnahme gibt, wie wir sie vorschlagen, ist die Stadt doch automatisch im Zugzwang, dort Stellen zu schaffen. Oder sehe ich
das falsch? Dann muss ein generelles Konzept
her, wie es mit den Schulbibliotheken weitergehen
soll. Hier einfach nur zu sagen: Die Leute sollen
weiterbeschäftigt werden, greift zu kurz. Dann
muss natürlich auch gesagt werden, wie und wo.
Die Verwaltung hat uns ihren Standpunkt dazu
vorgelegt. Wir haben versucht, irgendetwas daraus zu retten. Jetzt liegt die Entscheidung bei
Ihnen.
Oberbürgermeister Jung: Frau Körner.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Stadträtin Körner (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in mehreren
Ausschüssen darüber beraten, auch im Ausschuss Wirtschaft und Arbeit sowie im Kulturausschuss. Ich finde die Debatte ein bisschen
schwierig. Es ist für Außenstehende vielleicht
nicht so sichtbar, aber wenn Sie alle so fest an Ihrer Meinung festhalten, wird dieses Anliegen nicht
durchgehen. Deshalb hoffe ich, dass Sie sich gedanklich noch etwas bewegen werden.
Der Antrag der LINKEN ist der am weitesten gehende Antrag, weil im Beschlussvorschlag formuliert ist, dass die Verwaltung die personelle Betreuung der Schulbibliotheken und Leseräume sichert, wobei keine Aussage zum Personal selbst
getroffen wird. Dass in der Antragsbegründung
auf das Personal eingegangen wird und dass Sie
sich in der mündlichen Erläuterung eben sehr
stark positioniert haben, das ist egal. Wir beschließen nur das, was im Beschlussvorschlag steht,
nämlich: Die Verwaltung soll die Betreuung sichern.
Wenn die SPD bei ihrem Antrag bleibt, dann wird
nur dieser Weg gangbar sein. Dieser Weg ist aber
an sich im Beschlussvorschlag der LINKEN enthalten. Deshalb müsste über den Änderungsantrag der SPD zuerst abgestimmt werden, Herr
Oberbürgermeister. Man wird sehen, ob er eine
Mehrheit bekommt. Wenn das nicht der Fall sein
sollte, muss der Antrag der LINKEN abgestimmt
werden. Das ist ja auch das übliche Prozedere.
Ich bitte Sie, auch über Folgendes nachzudenken:
Falls der Antrag der LINKEN keine Mehrheit bekommen sollte, kann es nicht heißen, dass die Betreuung der Schulbibliotheken dann nicht mehr
gesichert wird. Vielmehr wäre es dann so: Wenn
die Verwaltung nicht den Auftrag erhält, die personelle Betreuung abzusichern, muss sie trotzdem
überlegen, wie sie damit umgeht, wenn die Stellen
auslaufen.
Es wäre sehr schade, wenn es für dieses Anliegen keine Mehrheit gäbe. Das ist ein Versuch, den
wir unterstützen. Deshalb sind wir über unseren
Schatten gesprungen und haben gesagt: Natürlich können wir als Grüne diesem einfachen Satz
der LINKEN zustimmen. Wir wollen, dass die Bibliotheken weiter betreut werden. Wie, mit welchen
Zeiteinheiten, mit welchem Personal und wie man
das finanziert, etwa durch weitere Beschäftigungsmaßnahmen, das auszuloten, ist Sache der
Verwaltung. Da unterstützen wir sie. Da war sie
bisher schon findig, und da wird sie auch in Zukunft findig sein, wenn sie von uns den Auftrag
dafür bekommt.
Es wäre ganz schlechter Stil, wenn jeder - in dem
Fall die LINKEN und die SPD - auf seinem Antrag
beharren und nur diesen einen gangbaren Weg
S e i t e | 17
sehen würde - diese Gefahr sehe ich momentan -;
denn das könnte letztlich dazu führen, dass dem
Grundanliegen nicht zugestimmt wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie
haben in Ihrem Änderungsantrag sehr gut dargelegt, was nach Ihrer Meinung gehen könnte. Aber
seien Sie doch mal ehrlich: Sie wissen nicht, ob
das funktioniert. Wir wissen noch nicht, ob wir die
Maßnahmen bekommen. Das ist nicht sicher.
Trotzdem könnte die Verwaltung genau den von
Ihnen vorgeschlagenen Weg gehen, wenn wir
dem Grundanliegen, nämlich der Sicherung der
Schulbibliotheken, zustimmen, und dafür möchte
ich werben. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.
Meine Damen und Herren, bei allem Verständnis
für Schulbibliotheken: Natürlich kostet das viel
Geld. Das wissen Sie doch. Ich will Ihnen ganz offen sagen: Als ich heute Morgen die Tarifabschlüsse für den öffentlichen Dienst gelesen
habe, spulte sich bei mir ein ganzer Film ab. Für
die Stadt Leipzig bedeuten 1 Prozent Lohnkosten
mehr etwa 5 Millionen Euro Mehrbelastungen im
Jahr. So geht die Rechnung. Ich gönne jedem
sein Gehalt. Jedem! Aber das muss aus unserem
Haushalt gestemmt werden. Ich bitte Sie darum,
in den nächsten Monaten keine ungedeckten
Schecks für die Zukunft beschließen.
Wir wollen alles tun, um die Schulbibliotheken abzusichern. Wenn mit Ihrem Antrag, Frau Hollick,
nicht die Einrichtung von Stellen gemeint ist, kann
ich den sogar mittragen. Frau Köhler-Siegel hat
eben versucht, es zu formulieren.
Frau Hollick, ich hatte Sie so verstanden, dass Sie
die Beschlusspunkte 1 und 2 des SPD-Änderungsantrags übernehmen. Könnten Sie noch einmal erklären, was Sie zur Abstimmung stellen?
Stadträtin Hollick (DIE LINKE): Das Grundanliegen, wie Frau Körner und Herr Schmidt es genannt haben, unseres Antrags ist: Die Schulbibliotheken sollen gesichert werden. Wir sind auch
für die Beschlusspunkte 1 und 2 des SPDAntrags. Sollten arbeitsmarktpolitische Maßnahmen aufgelegt werden - sie sollen ja diesmal über
fünf Jahre laufen; das könnte für manchen ein
Rettungsanker sein -, dann haben wir natürlich
nichts dagegen, dass sie gemacht werden. Wir
haben unseren Antrag allgemein formuliert. Deshalb können wir die Punkte 1 und 2 übernehmen.
Natürlich gibt es ein Problem - das gebe ich zu -,
wenn diese Maßnahmen nicht kommen. Dann
müssen wir uns Gedanken machen, wie wir die
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Betreuung absichern; denn wir haben versprochen: Wir sichern die Schulbibliotheken.
Warum wir Beschlusspunkt 3 nicht übernehmen
können, habe ich bereits begründet. GTA-Mittel
können auch für Schulbibliotheken eingesetzt
werden, aber nicht nur dafür. Beschlusspunkt 4
hängt mit Punkt 3 zusammen. Das heißt: Der Beschlusspunkt 3 des SPD-Änderungsantrags muss
extra abgestimmt werden. Im Übrigen kann das
eine Schule schon jetzt machen; da gibt es gar
keine Probleme.
Zu Ihrem Vorschlag, bei der Besetzung der Stellen auf den Freiwilligendienst der Generationen
zurückzugreifen: Seien wir doch mal ehrlich! Das
sind vor allen Dingen sehr viele Rentnerinnen und
Rentner, die eine geringe Rente haben. Auch für
sie ist das eine Perspektive, allerdings nur für
zwei Jahre. Das kostet die Stadt übrigens auch einige Hunderttausend Euro pro Jahr; nicht dass
Sie denken, sie kriegt das geschenkt. Ganz so
einfach ist es nicht.
Ich möchte Sie bitten, in der Abstimmung so zu
verfahren: zuerst unser Antrag und dann die Beschlusspunkte 1 und 2 des SPD-Antrags, die wir
übernehmen. Die Punkte 3 und 4 dieses Antrags
übernehmen wir nicht.
Oberbürgermeister Jung: Gut. - Ich sehe keine
weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur
Abstimmung.
Da Sie die Punkte 1 und 2 des Änderungsantrags
der SPD übernehmen, lasse ich zuerst über die
Punkte 3 und 4 des Änderungsantrags abstimmen. Wer diesen beiden Punkten zustimmt, bitte
ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Einige Enthaltungen, einige ProStimmen. Die Punkte 3 und 4 des Änderungsantrags der SPD sind abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE. Dieser enthält jetzt
einen Beschlusspunkt 1, der dem Beschlussvorschlag des ursprünglichen Antrags entspricht, sowie die Beschlusspunkte 2 und 3, die den Punkten
1 und 2 des SPD-Änderungsantrags entsprechen.
Ich will es noch einmal deutlich zu Protokoll geben: Für mich bedeutet dieser Beschluss nicht,
dass wir Stellen schaffen, wenn keine arbeitsmarktpolitischen Instrumente aufgelegt werden.
Dann müssen wir ins Gespräch kommen und
Ihnen einen Vorschlag machen. - Das geht so ins
Protokoll ein.
Bitte schalten Sie Ihr Abstimmgerät ein und geben
Sie Ihr Votum ab zum Antrag der LINKEN ein-
S e i t e | 18
schließlich der Beschlusspunkte 1 und 2 des Änderungsantrags der SPD sowie der von mir eben
vorgetragenen Protokollnotiz. - Ich schließe die
Abstimmung.
Abstimmung: 38 - 24 - 3. So entschieden.
Herr Georgi, noch eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten?
Stadtrat Georgi (CDU): Nein, keine Erklärung
zum Abstimmungsverhalten, sondern eine Bitte:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Sie als
Pädagoge und alle, die mit dem Thema vertraut
sind, kennen das Wort „Zeitwächter“. Im Sinne einer guten Sitzungsökonomie möchte ich darum
bitten, dass der Zeitwächter, der heute bei Ihnen
dafür zuständig ist, dass die Redezeiten nicht
überschritten werden, sein Amt wirklich ernst
nimmt. Es sind jetzt schon mehrfach sowohl die
fünf Minuten als auch die zwei Minuten Redezeit
überschritten worden. Ich denke, angesichts unserer umfangreichen Tagesordnung heute ist dieser Wunsch meinerseits besonders nachvollziehbar. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Wir werden ab jetzt
darauf ganz sicher noch stärker achten.
Wir begrüßen herzlich Herrn Rosenthal in unserer
Mitte. Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 14.4 auf:
14.4
Geeignete Konfliktlösungsmechanismen am Leipziger Hauptbahnhof suchen und finden (VI-A-05149-NF-02)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
14.4.1 dazu VSP (VI-A-05149-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Umwelt, Ordnung,
Sport
Frau Nagel, bitte.
Stadträtin Nagel (DIE LINKE): In diesem Antrag
geht es mal nichts um Geld. - Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Liebe Bürgermeisterinnen
und Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die Situation um den Leipziger
Hauptbahnhof ist nicht zufriedenstellend. Ich
denke, darauf können sich die verschiedenen Akteure hier in diesem Stadtratssaal einigen. Allein
die Frage der Lösungsansätze dürfte für etwas
mehr Diskussion sorgen.
Seit Frühjahr letzten Jahres hat sich ganz augenscheinlich die Präsenz von bettelnden und/oder
Alkohol konsumierenden Menschen vor allem um
die Eingänge an der West- und Ostseite erhöht.
Viele dieser Menschen sind ganz eindeutig arm,
viele von ihnen mutmaßlich wohnungslos. Für sie
ist der öffentliche Raum Ersatz für die Wohnung,
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
die sie nicht haben, der Hauptbahnhof ein zentraler Ort, um soziale Kontakte zu pflegen und sich
im Winter aufzuwärmen, und über Bettelei natürlich auch eine Art Einnahmenquelle. Das ist die
eine Seite.
Die andere Seite ist Lärm, empfundene Belästigung durch bettelnde und/oder alkoholisierte Personen oder gar die Präsenz von armen Menschen
selbst oder stark wahrnehmbare Geruchsbelästigung durch Urinieren im öffentlichen Raum.
Hinzu kommen die Interessenlagen des Centermanagements des Hauptbahnhofs, den Einkaufstempel gut zu präsentieren, sowie die Aufgaben der staatlichen Ordnungskräfte, für Ordnung
und Sicherheit zu sorgen. - Es gibt also eine komplexe Gemengelage.
Im Mai letzten Jahres erfolgte die erste Intervention vonseiten der Stadt Leipzig und des Centermanagements. Seitdem werden die Vorplätze
an Ost- und Westhalle unüberhörbar mit lauter
Musik beschallt. Was vom ECE-Chef in der Öffentlichkeit als Unterstreichung der Bedeutung
Leipzigs als Musikstadt präsentiert wurde, ist in
Wirklichkeit nichts anderes als ein mehr oder weniger subtiles Mittel, um Menschen davon abzuhalten, sich dort dauerhaft aufzuhalten, oder um
„die Aufenthaltsqualität zu verbessern“, wie es in
der Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage hier
im Stadtrat hieß.
Doch es geht noch weiter. Im Sommer wurde seitens des Ordnungsbürgermeisters gegenüber der
Presse angekündigt, dass der Bereich vor dem
Hauptbahnhof bzw. die überdachten Eingangsbereiche, für die bisher die Stadt zuständig ist, an die
Bahn übertragen werden sollen. Dass dies eine
Reaktion auf die zunehmenden Beschwerden
über die Situation am Hauptbahnhof ist, bestätigte
eine leitende Mitarbeiterin des Ordnungsamtes
bei einer Diskussion im Stadtbezirksbeirat Mitte.
Während die Musik vor dem Bahnhof weiter munter schallt und mit steigenden Temperaturen auch
die Zahl der dort aufhältigen Personen wieder zunehmen dürfte, liegt uns nun parallel zu unserem
Antrag eine Vereinbarung zwischen Bahn und
Stadtverwaltung vor, mit der die angekündigte
Übertragung der Zuständigkeit für die überdachten Außenflächen des Hauptbahnhofs vollzogen
werden soll.
Dies bedeutet, dass die Deutsche Bahn nicht nur
für Verkehrssicherungspflichten verantwortlich
zeichnet, was vielleicht noch verständlich wäre,
sondern das bedeutet eben auch, dass in diesen
Bereichen nicht mehr die städtische Polizeiverordnung, sondern die Hausordnung der Deutschen Bahn gelten wird - und diese ist um einiges
restriktiver als die städtische Polizeiverordnung.
So ist bereits Betteln verboten, ebenso das
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Durchsuchen von Abfallbehältern, das Sitzen und
Liegen auf dem Boden, übermäßiger Alkoholkonsum oder das lautstarke Abspielen von Tonträgern. Letzteres entbehrt angesichts der Dauerbeschallung durch den Bahnhofsbetreiber selbst
nicht eines gewissen Witzes. Diese neuen Regularien werden handfeste Konsequenzen für die
Menschen haben, die sich dort aufhalten; denn
nun werden private Sicherheitsleute die strengeren Regeln des Hauptbahnhofs exekutieren.
Wir nennen das eine faktische Privatisierung des
öffentlichen Raums und öffentlicher Aufgaben. Zu
Recht wurde von einem Vertreter der CDU im
Stadtbezirksbeirat Mitte gefragt, ob dies nicht eine
Kapitulation der öffentlichen Hand sei. Genauso
würden wir es auch bezeichnen. Wir meinen, dass
die öffentliche Hand natürlich in der Pflicht ist, die
Situation am Hauptbahnhof zu regulieren, und
dass die Lösung der Probleme, die dort existieren,
nicht allein auf ordnungspolitischer Basis herbeigeführt werden sollte.
Darum beantragen wir hier die Einrichtung eines
temporären Runden Tisches. Das Wort „temporär“ haben wir in die Neufassung unseres Antrags
eingefügt. Viele von Ihnen werden erwidern, das
sei doch nur ein weiteres Laber-Gremium, ein
zahnloser Tiger. Aber der Verwaltungsstandpunkt
zeigt uns sehr gut, dass es keine Taskforce gibt,
an der die verschiedenen Akteure, die zur Problemlösung nötig wären, beteiligt sind. Der AG Innenstadt, von der man meinen könnte, dass sie
dafür geeignet wäre, fehlen die sozialen Akteure,
die uns aber als Teilnehmer*innenschaft an einem
solchen Runden Tisch sehr wichtig sind, weil sie
auch andere Zugänge zur wirklich nachhaltigen
Lösung von Problemlagen, die oft Armutslagen
und gesellschaftliche Ausgrenzung sind, haben.
Ich komme zum Schluss. - Wir erwarten von einem Runden Tisch die Lösung der Problemlagen,
die es offenkundig gibt, aber nicht die Exekution
eines einseitigen Verständnisses von Ordnung
und Sicherheit, wie es bisher eher der Fall scheint
durch die Maßnahmen, die eingeleitet wurden.
Letzter Satz: Wir halten auch - darum auch die explizite Neufassung - die Übertragung der Außenflächen des Bahnhofs an die DB für einen falschen Schritt und fordern in unserem Antrag, von
dem wir hoffen, dass Sie dem zustimmen, die entsprechende Vereinbarung zurückzunehmen.
Allerletzter Satz: Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum sind immer nur sehr schwer und vielschichtig zu lösen. Wir meinen, die Lösungen dürfen nicht auf Kosten armer und prekarisierter
Menschen vollzogen werden. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Volger.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte
Stadträte! Sehr geehrte Gäste! Frau Nagel, wir
werden dem Antrag vollumfänglich zustimmen.
Allerdings sieht die Situation, wie sie uns von der
Verwaltung dargestellt wurde, ein bisschen anders aus; glaube ich zumindest. Deswegen habe
ich nicht ganz den Spin verstanden, den Sie in Ihrer Rede versucht haben, darzustellen. Die Rücknahme der Vereinbarung ist meiner Meinung nach
deswegen richtig und notwendig, weil sie überflüssig ist. Es gibt eine hochrichterliche Rechtsprechung, dass die Stadt dafür nicht zuständig
ist, sondern die Bahnpolizei, weil das Bahngelände ist. Das hat uns die Verwaltung auf mehrfache Nachfrage immer wieder zu verstehen gegeben.
Der andere Punkt ist: Sie sprechen von Hausrechtdurchsetzung und Privatisierung des öffentlichen Raums. So wie ich die Verwaltung verstanden habe, war das Problem eher, dass die Bahnpolizei und das Centermanagement sich eben
nicht darum gekümmert haben und es im Interesse der Stadt Leipzig war, eine Vereinbarung
abzuschließen, um dort quasi durchzugreifen. Ich
sehe genau wie Sie, dass das durchaus ein Problem ist. Aber mir wurde in den Ausschüssen bestätigt - ich kann das hier jetzt nicht weiter ausführen -, dass die Gewährleistung von Ordnung und
Sicherheit auf dem Bahnhofsvorplatz und dem
Bahnhofsgelände eher ein städtisches Problem
sei und man Probleme habe, zu regeln, wer dafür
zuständig ist.
Wie gesagt: Ich sehe die Probleme. Ich stimme
mit allem überein. Allein, ich gehe mit einer komplett anderen Prämisse heran und habe dazu bisher eine ganz andere Darstellung vonseiten der
Verwaltung gehört. Aber das sei hier nur am
Rande erwähnt. Das wird an unserem Abstimmungsverhalten nichts ändern. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. - Im Fachausschuss Umwelt
und Ordnung ist punktweise abgestimmt worden.
Herr Rosenthal, könnten Sie noch etwas zur Vereinbarung sagen? Das wäre, glaube ich, wichtig.
Bürgermeister Rosenthal: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Wir haben nicht nur im Fachausschuss Umwelt und Ordnung sehr intensiv sowohl über den
Antrag als auch über die Ihnen zur Kenntnis gelangte Nutzungsvereinbarung diskutiert. Wir haben - das habe ich auch deutlich gemacht - bewusst die Informationsvorlage und den Verwaltungsstandpunkt parallel ins Verfahren gegeben,
damit hier tatsächlich ein Meinungsbild hergestellt
und darüber diskutiert werden kann.
S e i t e | 20
Bislang ist die Nutzungsvereinbarung nicht unterzeichnet, um Ihre Diskussion hier mit aufzunehmen. Das war aus Sicht der Verwaltung auch geboten. Richtig ist, dass die Nutzungsvereinbarung
eine Klarstellung ist. Da möchte ich mich auch
gern wiederholen: Wir formulieren in der Nutzungsvereinbarung gemäß der gesetzlichen
Grundlagen, dass alles, was unter den Dächern
des Hauptbahnhofs an Fläche festzustellen ist,
zur Bahnanlage zu zählen ist und demzufolge
schon jetzt die Deutsche Bahn das Hausrecht
ausüben kann.
Wir haben dazu in der Vergangenheit intensiv mit
allen Partnern diskutiert. Ja, auch das Centermanagement der Hauptbahnhof-Promenaden - Herr
Oehme sieht es mir nach - hat immer wieder an
die Verwaltung den Wunsch nach deutlich mehr
Präsenz insbesondere von Bundes- und Landespolizei sowie Stadtordnungsdienst herangetragen, um die Ordnung unter den Dächern des
Bahnhofs zu realisieren.
Wir haben mit dem Centermanagement der
Hauptbahnhof-Promenaden,
der
Deutschen
Bahn, der Bundes- und Landespolizei sehr intensiv darüber nachgedacht, wie man das Problem,
ohne jemanden zu diskriminieren, ohne jemanden
aus dem öffentlichen Raum zu vertreiben, so lösen kann, dass auch im Hauptbahnhofumfeld eine
verträgliche Situation für alle - für alle! - realisiert
werden kann. Wir meinen, dass mit dieser Klarstellung geregelt ist, was unter den Dächern seitens der Bahn und was außerhalb der Sondernutzungsatzung der Stadt Leipzig zulässig ist. Das
wird so auch in die Nutzungsvereinbarung einfließen. Insofern werbe ich auch dafür, dass wir diese
entsprechend klarstellend abschließen können,
um für alle Beteiligten klarzustellen, wer wofür
verantwortlich ist.
Zum Runden Tisch: Im Verwaltungsstandpunkt
wird auch der Qualitätszirkel Erwachsenenstreetwork genannt sowie die Beteiligten, die in diesem
Qualitätszirkel mitwirken. Das sind neben dem
Gesundheitsamt, neben dem Sozialamt, neben
dem Amt für Jugend, Familie und Bildung, neben
dem ASW eben auch die Träger Erwachsenenstreetwork wie das Suchtzentrum, die Diakonie,
die Innere Mission, das Zentrum für Drogenhilfe,
aber auch PD Leipzig und Ordnungsamt. Das,
was dort an Ergebnissen produziert wird, wird natürlich auch in die AG Innenstadt kommuniziert.
Die Ergebnisse werden natürlich auch in das
Ihnen bekannte Projekt „SiBa - Sicherheit im
Bahnhofsviertel“ der Universitäten Wuppertal und
Tübingen einfließen. Leipzig nimmt da insofern
eine Sonderrolle ein, als man jetzt noch einmal
ganz gezielt schaut: Wie können wir das Bahnhofsumfeld sicherer machen und gleichzeitig alle
Interessengruppen - alle! - im Bahnhofsumfeld
entsprechend berücksichtigen?
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Also: All das wird gerade intensiv miteinander diskutiert. Das war der Grund, warum wir gesagt haben: Wir brauchen keinen Runden Tisch. Ich bitte
deshalb, den Verwaltungsstandpunkt zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls gegen den
Antrag zu stimmen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker.
Stadtrat Zenker (SPD): Wenn ich Sie richtig interpretiert habe, Herr Rosenthal, würde dieser
Runde Tisch sogar hinter den bereits bestehenden Qualitätszirkel zurückfallen, weil dieser ja viel
weitergehender besetzt ist.
Oberbürgermeister Jung: Ja. - Herr Volger.
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Herr
Rosenthal, den letzten Satz Ihrer Ausführungen
habe ich nicht verstanden. Weil Sie wollen, dass
alle Interessengruppen zusammenkommen und
gemeinsam handeln, braucht es diesen Runden
Tisch genau nicht? So war Ihr letzter Satz zu verstehen.
Bürgermeister Rosenthal: Weil es den Qualitätszirkel gibt und weil die Teilnehmer am Qualitätszirkel gleichzeitig in der AG Innenstadt sitzen
und wir im Grunde genommen diese Kommunikationsebene schon haben. Deshalb steht im Verwaltungsstandpunkt auch: Ablehnung, da bereits
Verwaltungshandeln. - Wir nennen das bloß nicht
„Runder Tisch“.
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Ja, das
mag sein. Wenn ich den Verwaltungsstandpunkt
richtig verstanden habe, gibt es drei Gremien, die
aber nie trägeridentisch sind. Das Anliegen eines
Runden Tisches ist, dass alle, die in den drei unterschiedlichen Arbeitsgruppen agieren, an einem
Tisch zusammenkommen. Sie haben ausgeführt,
dass es sinnvoll wäre, wenn alle zusammenarbeiten. Gleichzeitig finden Sie die Idee eines Runden
Tisches, an dem alle zusammenkommen, nicht
sinnvoll, weil es ja schon drei Runde Tische gibt.
Das ist ja okay, Herr Rosenthal, aber logisch ist da
irgendwo ein Bruch.
Bürgermeister Rosenthal: Das gebe ich an Sie
zurück. Ihre Logik erschließt sich mir jetzt auch
nicht. Ich habe, glaube ich, deutlich gemacht, wie
die Strukturen aufgestellt sind und warum es keines vierten Runden Tisches bedarf, wenn Sie
denn diesen Begriff so verwenden wollen.
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Oberbürgermeister Jung: Frau Nagel noch einmal.
Stadträtin Nagel (DIE LINKE): „Runder Tisch“,
das klingt ein bisschen zahnlos. Aber wir haben
uns das ja nicht ausgedacht. Uns ist vor allem
auch aus dem sozialen Bereich gespiegelt worden, dass im letzten Jahr Maßnahmen getestet
wurden - zum Beispiel das Aufstellen einer Toilette, was wirklich verdienstvoll ist -, die gar nicht
abgesprochen waren. Uns schien es da eine kommunikative Schieflage zwischen den involvierten
Bereichen zu geben.
Die Intention eines temporären Runden Tisches
ist, Ideen zusammenzutragen: Was kann man
machen? Kann man in einem anderen Bereich
Aufenthaltsräume oder Aufenthaltsqualität im
Sinne der jetzt vor der Halle sitzenden Menschen
schaffen? Es gibt viele Ideen. Die müssen wir uns
nicht selber ausdenken, aber wir können dafür
sorgen, dass die verschiedenen Interessenträger
zusammenkommen, um ihre Ideen miteinander
abzustimmen. Ich sehe nicht, dass eines der von
Ihnen aufgeführten Gremien das leisten kann. Das zum Runden Tisch.
Ein zweiter Punkt: das Gerichtsurteil. Ich habe
eine juristische Meinung eingeholt, die ganz klar
besagt: In dem Urteil, das hier zitiert wird, ging es
vor allem um die Frage, ob es rechtswidrig ist oder
nicht, dass die Bundespolizei Identitätsfeststellungen vornimmt. Sozusagen nebenbei wird auch auf
die Zuständigkeit der Bahn verwiesen. Daraus
folgt aber nach meiner Lesart und der Lesart mir
bekannter Juristinnen und Juristen keineswegs,
dass es eine Übertragung der Zuständigkeiten geben muss. Es steht der Stadt trotzdem frei, weiter
verantwortlich für die Flächen zu zeichnen. Darum
sehe ich schon einen gewissen Spielraum, diese
Vereinbarung nicht abzuschließen.
Oberbürgermeister Jung: Herr Haas, bitte.
Stadtrat Haas (CDU): Vielen herzlichen Dank,
Herr Oberbürgermeister. - Liebe Frau Nagel, Herr
Rosenthal hat das klar begründet. Auch im Ausschuss ist mehrfach dargelegt worden, warum wir
diese Vereinbarung mit der Deutschen Bahn brauchen. Bisher ist vieles immer nur besprochen worden. Jetzt wird ganz klar schriftlich geregelt, wer
welche Zuständigkeit hat. Wir reden über die
Überdachungen, die es links und rechts und vor
dem Bahnhof gibt. Ich finde es ja toll, dass Sie Ihr
Klientel dahin gehend verteidigen, dass es ein
Recht hat, dort herumzulungern, dort an die Wand
zu pinkeln, dort zu betteln und, und, und.
Aber wer verteidigt denn die Interessen derer, die
nach Leipzig kommen? Ich möchte gern, dass die
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
S e i t e | 22
Gäste unserer Stadt, wenn sie am Hauptbahnhof
ankommen, ein ordentliches Bild wahrnehmen.
Ich möchte nicht, dass sie zuerst von einem Bettler bedrängt werden oder dass sie gleich sehen,
wie Drogen gehandelt werden, oder, oder, oder.
Ich hätte das gern dort anders geregelt und bin für
mehr Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit auch
an der Stelle.
14.10 Neugestaltung der Porträt-Galerie von
sieben Leipziger Oberbürgermeistern
im Neuen Rathaus - Aufnahme Erich
Zeigners (VI-A-05446)
Ich denke nicht, dass wir dafür noch einen weiteren Runden Tisch oder eine weitere Arbeitsgruppe brauchen. Wenn wir diese Vereinbarung
jetzt unterzeichnen, schaffen wir Klarheit. Ja, wir
müssen auch so ehrlich sein, zu sagen: Wenn dort
jemand gegen die Regeln verstößt, wird das auch
geahndet. Sie haben ja die Situation dort geschildert. Ich möchte keinen sehen, der dort an die
Wand pinkelt. Ich möchte keinen sehen, der dort
permanent Drogen dealt. Ich möchte keinen sehen, der dort permanent Leute anbettelt. Das entspricht nicht meinem Empfinden von Sicherheit,
Ordnung und Sauberkeit. Das, was die Verwaltung vorhat, wird dort für ein bisschen mehr Ordnung und Sicherheit sorgen. - Danke schön.
14.10.2 dazu ÄA (VI-A-05446-ÄA-02)
Oberbürgermeister Jung: Herr Elschner.
Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen): Herr
Haas, ich muss zum Pinkeln oder Urinieren doch
noch etwas sagen. Wenn Fußballspiele von RB
Leipzig stattfinden, klebt mittlerweile an den
Schaufenstern jedes zweiten Geschäfts in der
Waldstraße der Hinweis: Bitte pinkeln Sie nicht an
unsere Schaufenster! Ich weiß nicht, ob diese Diskussion in Bezug auf die Thematik am Hauptbahnhof wirklich zielführend ist. Ich habe den Eindruck: Das Pinkeln in der Öffentlichkeit ist der
Deutschen neuer Volkssport.
Oberbürgermeister Jung: Meine Damen und
Herren, wir kommen jetzt zur Abstimmung. Es
wird punktweise abgestimmt. Bitte schalten Sie
Ihr Abstimmgerät ein.
Abstimmung über Punkt 1 des Antrags. Bitte geben Sie Ihr Votum ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 26 - 39 - 0. Damit abgelehnt.
Abstimmung über Punkt 2 des Antrags. Bitte geben Sie Ihre Stimme ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 26 - 39 - 0. Damit ist auch dieser
Punkt abgelehnt.
Wir fahren fort mit Tagesordnungspunkt 14.10:
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
14.10.1 dazu VSP (VI-A-05446-VSP-01)
Einreicher: Oberbürgermeister
Einreicher: SPD-Fraktion
Bitte schön, Herr Götze.
Stadtrat Götze (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte! Sehr geehrte Wahrnehmende dieser Ratsversammlung auf der Tribüne
und am Livestream! Das Grundanliegen, mit einer
OBM-Porträtgalerie Stadtgeschichte auch im
Neuen Rathaus bildhaft werden zu lassen, war ein
gutes. Gegen keinen der sieben bisher dort abgebildeten verdienstvollen Oberbürgermeister haben wir etwas. Die Probleme liegen in der Art und
Weise der Darstellung und dem Weggelassenen:
in der Auswahlkategorie, die in sich nicht konsistent ist, im Weglassen von Oberbürgermeistern
ganzer Jahrzehnte und schließlich auch in dem sicher gut gemeinten Bemühen, erst einmal anzufangen, ohne das Weitere durchdacht zu haben.
Problematisch der Galerietitel, alle - alle! - sieben
abgebildeten Stadtoberhäupter seien die demokratisch gewählten Oberbürgermeister Leipzigs
gewesen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass
alle weggelassenen es nicht waren.
Die Amtsinhaberschaften im Kaiserreich vor 1918
mögen aus Wahlen hervorgegangen sein. Doch
man muss sich die Umstände dieser Wahlen
ebenso kritisch ansehen wie die bei Zeigner. Bis
1890 - Amtszeit Georgi - war das Kaiserreich
massiv von Oppositionsunterdrückung - Stichwort
„Sozialistengesetze“ - geprägt. Die Wahlen waren
damals eben nicht chancengleich. Es herrschte in
Sachsen ein Wahlrecht, jedoch nur für steuerzahlende Männer. Die Hälfte der Bevölkerung, nämlich Frauen, durfte bis 1919 gar nicht wählen. Waren Wahlen im Kaiserreich also demokratischer
als jene 1946?
Der spätere Widerstandskämpfer Goerdeler fand
sich richtigerweise in der Galerie wieder. Ihn ganz
zu den demokratisch Gewählten zu zählen, ist angesichts seiner geduldeten Amtszeit ab 1933 bis
zu seinem Rücktritt 1937 jedoch problematisch.
Mit all diesen Dingen hatte man kein Problem,
aber mit Zeigner. Eine indirekte Schublade, in die
DDR-OBMs und Nazi-OBMs und das NS-Opfer
Zeigner unter das Etikett „undemokratisch“ einsortiert werden, ist für uns nicht tragbar.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Der erste Nachkriegs-OBM Vierling wurde von der
US-Besatzungsmacht eingesetzt. Vierling, ehemaliges Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei, wurde unter sowjetischer Besatzungsmacht
ab- und Zeigner durch Trufanow, übrigens immerhin Ehrenbürger der Stadt Leipzig, ersetzt.
Die Einsetzung von Exilpolitikern, Opfern des Dritten Reiches bzw. Widerstandskämpfern war Teil
in allen Besatzungszonen üblicher, gewollter Brüche mit dem Dritten Reich bzw. der vereinbarten
Entnazifizierung. Zeigner, zunächst SPD, war
eine solche Person: inhaftiert im Dritten Reich in
Gefängnis und Konzentrationslager. Wer diesen
Einsetzungsakt nun einzig formal als undemokratisch abkanzelt, verkennt seinen historischen
Kontext. Das sollten wir nicht tun.
Es blieb ja auch nicht bei der Einsetzung, sondern
Zeigner wurde später vom Stadtrat gewählt. Die
Kommunalwahl 1946 war natürlich von der Besatzungszeit, von einer beschränkten Parteienlandschaft, vom Druck hin zu bestimmten Entwicklungen geprägt. Das haben wir bereits in unserer ersten Presserklärung so reflektiert. Sie ist aufgrund
der noch bestehenden Auswahlmöglichkeiten
zwischen verschiedenen Parteien, aber ganz eindeutig nicht mit späteren Zettelfaltwahlen der
DDR gleichzusetzen. Die Wahl 1946 ist, bei allen
Einschränkungen, nicht minder legitim als die
Wahlen des Kaiserreichs. Aus ihr ging ein Stadtrat
hervor, der Zeigner wählte. Zeigners selbstaufopferndes Engagement für den Wiederaufbau der
Stadt, das er bis zu seinem Tod im Frühjahr 1949
zeigte, sollte unserer Stadt seine Hervorhebung
und Würdigung wert sein.
Zu Punkt 2 unseres Antrags. Die Amtszeiten und
Biografien der DDR-OBM gehören unseres Erachtens zur Geschichte der Stadt. Ihre Erwähnung in der Galerie ebenfalls beantragt zu haben,
bedeutet nicht, dass wir sie unkritisch oder gleichsam wie Zeigner legitimiert sehen. Ihre Amtszeiten und mit ihnen verbundene Ereignisse liegen in
der Lebenszeit vieler älterer Leipzigerinnen und
Leipziger. Ein Weglassen würde dem nicht einfachen DDR-Kapitel der Leipziger Stadtgeschichte
gewiss nicht gerecht. Eine pure Erwähnung kann
das nicht leisten.
Wir möchten gern unseren Antrag abgestimmt
wissen.
Der Verwaltungsstandpunkt zu Punkt 2 ist hinsichtlich seiner Ablehnung wegen Verwaltungshandelns unverständlich. Man weiß eigentlich gar
nicht, worin dieses Verwaltungshandeln liegen
soll. Erstens führt man aus, dass man unserem
Begehren gar nicht entsprechen will; denn man
will die DDR-Oberbürgermeister lediglich erwähnen, ohne ihre Biografien. Das ist also mitnichten
das, was wir begehren. Zweitens. Inwiefern kann
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eine noch nicht aufgehängte Tafel schon Verwaltungshandeln sein? - Dieser Verwaltungsstandpunkt ist in Punkt 2 also irreführend.
Vernünftiger erscheint uns der Begründungstext
des SPD-Änderungsantrags. Sofern die von der
SPD beantragte Konzeption zu einer ausgewogenen Lösung führen würde, welche ein umfassendes Bild der Leipziger Oberbürgermeister und ihrer Amtszeiten ermöglicht, hätten wir nichts dagegen. Daher verzichten wir auf Punkt 2 unseres Antrages und bitten, diesen zu streichen. Im Vertrauen auf eine vernünftige Lösung übernehmen
wir stattdessen als Punkt 2 den Änderungsantrag
der SPD.
Hat Zeigner es verdient, hervorgehoben zu werden? Ja, egal ob man ihn aus eigener politischer
Überzeugung heraus positiv sieht oder eher kritisch. Wir freuen uns über die späte Einsicht und
das Einlenken des Oberbürgermeisters hierzu. Alles andere wäre eine erinnerungspolitische Fehlleistung gewesen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Wohlfarth.
Stadträtin Wohlfarth (SPD): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren Bürgermeister! Werte Stadträte! Liebe
Gäste! Wir haben in den letzten Wochen und Monaten sehr heftige Debatten um einzelne Personen unserer Stadtgeschichte, namentlich Erich
Zeigner, und zur Frage der Demokratie erlebt.
Teile dieser Debatten waren dem, was wir heute
als Demokratie bezeichnen, absolut unwürdig.
Vorausgegangen ist vor acht Jahren eine Absprache zwischen dem Oberbürgermeister und den
damaligen Ältesten, die sich auf die Einrichtung
einer solchen Galerie geeinigt haben. Worüber
genau Konsens erzielt wurde, das müssten Sie
Ihre damaligen Fraktionsvorsitzenden fragen.
Wurde dort auch über die Frage, wer dort präsentiert wird, gesprochen? Scheinbar nicht. Aber das
wäre ihre Chance gewesen, schon damals darauf
hinzuwirken.
Wie Sie von der Linkspartei sich als großer Verfechter Erich Zeigners präsentiert haben, fand ich
persönlich schwierig, sehr schwierig. Auch Ihre
Art und Weise, die ersten demokratischen Schritte
auf deutschem Boden während des Kaiserreichs
zu diffamieren, fand ich bedenklich.
Dass Sie jetzt sagen, ein Klassenwahlrecht sei
weniger demokratisch als das, was zwischen
1948 und 1989 hier passiert ist, finde ich ebenfalls
schwierig. Wenn Sie über Demokratie reden, sollten Sie auch sagen, welche Demokratie Sie meinen. Wollen Sie eine direkte oder eine sozialisti-
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
sche oder vielleicht eine repräsentative Demokratie? Sagen Sie doch, was Demokratie in Ihren Augen ist. - Den Eindruck hatte ich hier nicht. Es ging
Ihnen lediglich darum, die ersten Schritte einer
Demokratie auf deutschem Boden zu diffamieren.
Die Debatte ist jetzt ein Stück weit abgeflaut, aber
nicht erloschen. Nachdem sich der Oberbürgermeister bereit erklärt hat, Erich Zeigner doch noch
in die Galerie aufzunehmen, was wir durchaus befürworten, kamen auch andere Stimmen zu Wort,
die das weitere Vorgehen deutlich kritisiert haben.
Diese Kritik können wir verstehen. Es kann nicht
sein, dass wir heute auswählen, welche Personen
im Rahmen der Darstellung unserer Stadtgeschichte im Rathaus präsentiert werden sollen. Es
kann unserer Meinung nach auch definitiv nicht
heißen, dass wir nur die Oberbürgermeister aus
DDR-Zeiten übernehmen, weil auch das einen
wesentlichen Zeitraum unserer Stadtgeschichte
ausblendet.
Wir setzen uns dafür ein, dass der Oberbürgermeister beauftragt wird, gemeinsam mit dem
Stadtgeschichtlichen Museum ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten. Dieses Konzept soll
weniger einzelne Personen bewerten - aber auch
das gehört dazu -, sondern vor allem Darstellungsvorschläge machen, wie die Stadtgeschichte Leipzigs und ihre Oberbürgermeister an
dieser Stelle präsentiert werden können; denn für
uns ist nicht akzeptabel, dass einzelne Episoden
dieser Stadtgeschichte fehlen.
Die Stadtgeschichte ist unbequem nach zwei Diktaturen; das wissen wir. Wir haben Personen, die
schwierig waren und es bleiben werden. Aber
auch das gehört es zu zeigen. Auch das ist die
Grundlage dafür, die Demokratie, wie wir sie
heute haben, mit all ihren Fehlern, ihren Mängeln,
ihrer Langsamkeit zu würdigen. Daher kann ich
nur um Ihre Zustimmung bitten, den Oberbürgermeister und das Stadtgeschichtliche Museum mit
einem Konzept zu beauftragen und sich dann damit erneut zu befassen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Weickert.
Stadtrat Weickert (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren Kollegen! Verehrte
Gäste! Es war schon eine ziemliche Posse, die wir
in den letzten Monaten erlebt haben, als es darum
ging, ob das Porträt von Erich Zeigner in der
Porträtgalerie der Oberbürgermeister aufgehangen wird oder nicht.
Der Oberbürgermeister hat - Frau Wohlfarth, Sie
haben es eben skizziert - vermutlich mit den Ältesten zusammen eine Entscheidung getroffen,
welche Porträts dort hängen sollen und welche
S e i t e | 24
nicht. Ich möchte daran erinnern, was Herr Maciejewski gesagt hat, nämlich dass der Ältestenrat lediglich dafür zuständig ist, die Tagesordnung der
Ratsversammlung vorzubesprechen. Aber es ist
Ihnen natürlich unbenommen, Herr Oberbürgermeister, die Fraktionsvorsitzenden auch in dieser
Frage beratend mitzubeteiligen. Dennoch haben
Sie die Entscheidung getroffen, dass nur die Gemälde von Oberbürgermeistern aufgehangen
werden sollen - so haben Sie es auch kommuniziert, Herr Oberbürgermeister -, die demokratisch
gewählt wurden.
Es war erwartbar, dass daraufhin ein Empörungssturm der LINKEN auf Sie niederprasselt. Dem
folgte ein öffentlicher Schlagabtausch zwischen
Ihnen, Teilen der SPD-Fraktion und der Linkspartei, der darin mündete, dass Sie öffentlichkeitswirksam das Porträt von Erich Zeigner in die Galerie aufgenommen haben, was am Ende bedeutet, dass der Oberbürgermeister dem Druck der
Linkspartei nachgegeben hat.
Die Debatte zeigt mir, dass man erinnerungspolitisch eine klare Linie braucht. Ich habe mich immer gefragt: Wozu haben wir eigentlich das Referat Wissenspolitik? Wahrscheinlich genau für solche Fragen. In solchen Fragen müssen Sie, Herr
Oberbürgermeister, eine klare Maßgabe haben,
wer in die Porträt-Galerie aufgenommen wird: nur
die frei gewählten oder alle Oberbürgermeister?
Da haben Sie aus meiner Sicht - ich will nicht sagen: versagt; das will ich mir nicht anmaßen - am
Ende ein Stück weit aufgegeben.
Man darf auch eines nicht vergessen, was in der
ganzen Debatte um Erich Zeigner aus meiner
Sicht deutlich zu kurz kam. Man kann lange darüber reden, ob man jeden Oberbürgermeister in
seinen historischen Kontext einordnen muss. Das
muss man auch. Aber wenn Sie von der Linkspartei sagen, dass Erich Zeigner in gewisser Weise
der erste demokratisch gewählte Oberbürgermeister war, kann ich dem nicht folgen. Zum einen
waren die Kommunalwahlen 1946 weder frei noch
demokratisch noch allgemein. In der sowjetischen
Besatzungszone gab es massive Repressionen
gegenüber anderen Parteien. Da kann man nicht
von freien und demokratischen Wahlen reden.
Was sagen Sie, Frau Hollick? - Frau Hollick, ich
weiß nicht, wer das gesagt; ich komme jetzt nicht
darauf. Aber es gibt einen schönen Satz zum
Thema Antifaschismus, der da lautet:
Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird
er nicht sagen: „Ich bin der Faschismus.“
Nein, er wird sagen: „Ich bin der Antifaschismus.“
Das ist für mich immer wieder der Ausweis dessen, wenn Sie von der antifaschistischen Ordnung
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
reden. Antifaschistische Ordnungen hier auf deutschem Boden haben immer zum Tod von Menschen geführt. Das dürfen wir nicht vergessen,
auch dann nicht, wenn wir darüber reden, wie das
zweite Stadtoberhaupt nach dem Zweiten Weltkrieg in sein Amt kam. Ich weiß nicht, ob es gut
ist, wenn Sie sich so unkritisch damit auseinandersetzen.
Unabhängig davon bin ich gespannt, wie wir am
Ende dieser Debatte und natürlich auch in Zukunft
damit umgehen werden; denn - Frau Wohlfarth
hat es ja bereits angedeutet, berechtigterweise wenn wir dazu übergehen wollen, alle Oberbürgermeister zu würdigen, müsste man natürlich
auch die Oberbürgermeister aus der Zeit des Nationalsozialismus in irgendeiner Art und Weise
darstellen. Das ist ja die Logik Ihres Antrags. Ich
weiß nicht, ob Sie das wollen. Ich persönlich halte
es zwar für richtig, sie historisch einzuordnen,
glaube aber, dass in der Trutzburg der kommunalen Selbstverwaltung und der Demokratie in unserer Stadt, dem Neuen Rathaus, an prominentester
Stelle die Porträts derjenigen Oberbürgermeister
der Vergangenheit und auch der Zukunft hängen
sollten, die demokratisch durch das Volk gewählt
wurden. - Herzlichen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mir als 1976
Geborener vielleicht ein Bild über die letzten 13
Jahre der DDR machen. Ich weiß auch, was ich
am Tag des Mauerfalls gemacht habe: Ich war damals auf einem Ausflug des Freundschaftsrates
meiner damaligen Schule. Ich kann mir aber kein
Bild machen und keine Entscheidung anmaßen
über die Zeit unmittelbar nach dem Krieg, 1946.
Wir haben auch in unserem Kreisverband lange
darüber diskutiert. Sie wissen, unser Kreisvorsitzender hat sich dezidiert dazu geäußert. Wir haben ein Parteimitglied, das jetzt 90 Jahre alt geworden ist. Er war 1946 Wahlhelfer und hat eine
ganz andere Erinnerung an diese Zeit. Er sagte:
Diese erste Wahl 1946 kann man zumindest nach
durchschnittlichen Maßstäben noch als eine demokratische Wahl bezeichnen. Wenn man davon
ausgeht, dass das so gewesen ist und Erich Zeigner später von einem nach unseren Maßstäben
noch demokratischen Stadtrat zum Oberbürgermeister gewählt worden ist, dann stellen wir
grundsätzlich infrage, ob indirekt gewählte Repräsentanten, auch in der Bundesrepublik heute, demokratisch gewählt sind. Das trifft im Übrigen
dann auch auf die Bundeskanzlerin Merkel im
gleichen Maße zu.
Ich tue mich schwer an dieser Stelle - auch noch
in diesem Moment -, eine Entscheidung zu treffen,
S e i t e | 25
was Punkt 1 des Antrags betrifft. Ich würde deswegen bitten, die beiden Beschlusspunkte getrennt abzustimmen. Punkt 2 werden wir als Fraktion - so viel kann ich schon sagen - zustimmen.
Die Entscheidung über Punkt 1 muss jeder mit
seinem Gewissen ausmachen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.
Gestatten Sie mir dazu auch einige Worte. Herr
Weickert, ich bin nicht eingeknickt. Sie sind doch
jemand, der Bertolt Brecht gelesen hat. Er sagte:
Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er
kann auch erkennen, dass A falsch war.
Ich habe mich sehr intensiv mit Erich Zeigner und
dieser Zeit beschäftigt. In der Tat - Herr Götze, da
bin ich anderer Meinung -, das waren nicht faire
Wahlen. Es waren freie, demokratische Wahlen,
aber sie waren nicht fair. Es gab Repressionen.
Es gab Versuche, diese Wahlen massiv zu beeinflussen. Aber im Ergebnis - das muss man sagen - waren es trotzdem freie, demokratische
Wahlen, die - da haben Sie recht - nicht mit denen
zu vergleichen sind, die später folgten.
Unbestritten sind Erich Zeigners Verdienste. Aber
ich denke, man kann sehr wohl auch demokratisch legitimieren, dass er in diese Reihe mit hineingehört. Insofern habe ich überhaupt kein Problem, Beschlusspunkt 1 zu akzeptieren und damit
die Einsicht zu zeigen, wenn auch etwas später,
die Sie sich gewünscht haben.
Das andere ist: Wir haben hier kein Museum der
Oberbürgermeister. Meine Absicht war nicht eine
Aneinanderreihung aller Oberbürgermeister und
Bürgermeister dieser Stadt im Rathaus. Dann
hätte ich auch etwas zwielichtige Gestalten in der
Geschichte unserer Stadt berücksichtigen müssen, wie zum Beispiel Romanus, der eingesessen
hat, auch wenn wir heute ein Romanushaus haben.
Nein, es ging mir darum, dass wir uns als kommunale Selbstverwaltung in die Tradition aufrechter
Demokraten stellen, die für diese Stadt gekämpft
haben. Deshalb gehören selbstverständlich für
mich keine nationalsozialistischen Oberbürgermeister in diese Reihe. Selbstverständlich gehören für mich auch nicht - ohne sie gleichzusetzen nach 1949 eingesetzte Oberbürgermeister in
diese Reihe. Aber wir müssen sie historisch aufarbeiten. Dieser Auftrag ist erteilt. Ich habe überhaupt kein Problem, Frau Wohlfarth, den Antrag
der SPD so abzustimmen; denn im Prinzip ist der
Auftrag schon erteilt, dass wir uns damit vernünftig beschäftigen.
Ich kann hier noch einmal ganz offen erklären: Ich
wollte sehr gerne den Todestag von Goerdeler
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
nutzen, als seine Familie hier war, um sein Porträt
aufzuhängen. Die Aufarbeitung war aber noch
nicht in einem Zustand, dass wir es hätten aufhängen können. Die ersten Entwürfe sind hin und her
gegangen. Herr Dr. Rodekamp und Herr Professor Brieler sind, auch mit wissenschaftlicher Unterstützung der Universität, intensiv an der Aufarbeitung und der Darstellung.
Ich glaube, wir sollten nicht den Fehler machen,
hier im Rathaus eine Galerie museal zu entwickeln, sondern uns in eine bestimmte Tradition zu
stellen. „Tradition“ heißt: Demokratie, Freiheit, im
Dienste der Menschen. Ich glaube, dann sind wir
gut beraten.
Können wir jetzt zur Abstimmung kommen? - Es
wurde darum gebeten, die Beschlusspunkte 1 und
2 getrennt abzustimmen, wobei Beschlusspunkt 2
dem übernommenen SPD-Änderungsantrag entspricht.
Abstimmung über Beschlusspunkt 1. Bitte geben
Sie Ihre Stimme ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 35 - 25 - 6.
Abstimmung über Beschusspunkt 2. Ich bitte um
Ihr Votum. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 38 - 23 - 5.
Herr von der Heide.
Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Ich würde gern mein Abstimmverhalten erklären und spreche auch für meinen Kollegen Elschner, weil wir uns da einig sind. - Aus unserer
Sicht steht es Ihnen frei, Herr Oberbürgermeister,
sich in die Tradition mit Oberbürgermeistern zu
stellen, wie immer Sie das möchten. Da kann man
viel richtig machen, da kann man auch viel falsch
machen. Letzten Endes ist es nach unserer Überzeugung Ihre Sache, in welche Tradition Sie sich
stellen wollen. Wir möchten als Stadträte keine
Verantwortung dafür übernehmen. Die wäre aus
meiner Sicht bei Ihnen gut aufgehoben gewesen mit all dem, was Sie schon an Verantwortung haben.
Oberbürgermeister Jung: Das verführt mich
doch noch zu einer Replik. - Herr von der Heide,
Sie haben völlig recht. Es liegt in meiner Verantwortung, welche Porträts ich an die Wand hängen
lasse und welche nicht. Aber ich finde, es gehört
zu einem demokratischen Miteinander, dass man,
wenn bestimmte Bilder im Rathaus aufgehangen
werden, dies nicht im Streit tut, sondern eine gewisse Grundannahme dahintersteht, dass diese
Entscheidung vom Stadtrat mitgetragen wird. Es
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ist, wenn Sie so wollen, keine formalistische Entscheidung meinerseits, Sie zu fragen und dies zuzulassen, sondern ich möchte auch da ein wenig
Harmonie.
14.11 Wirksames Vertretungssystem für die
Kindertagespflege entwickeln (VI-A05451)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
14.11.1 dazu VSP (VI-A-05451-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Herr Schmidt.
Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgermeisterinnen und
Bürgermeister! Schauen wir nun wieder in die Zukunft! Meine Fraktion hat den Antrag gestellt, ein
wirkungsvolles und funktionierendes Vertretungssystem für die Kindertagespflege zu schaffen. Ich
bin einerseits überrascht, andererseits aber auch
sehr froh, dass die Verwaltung diesen dringlichen
Bedarf anerkennt und nunmehr auch bereit ist, die
notwendigen Verbesserungen anzugehen - und
das nicht nur konzeptionell und planerisch, sondern auch mit den dafür notwendigen personellen
Kapazitäten.
Herr Professor Fabian, Sie haben in der vergangenen Stadtratssitzung auf eine Anfrage der
Linksfraktion erklärt, dass es bereits mehrere verschiedene Vertretungsmodelle in Leipzig gibt und
sich diese zumindest qualitativ bewährt haben.
Das kann man, glaube ich, so bestätigen. Richtig
ist aber auch, dass sie quantitativ nicht ausreichend sind, um den Bedarf abzudecken. Immer
und immer wieder klagen gerade Eltern, deren
Kinder bei Tagesmüttern und Tagesvätern in Betreuung sind, über die Notwendigkeit, spontan klassischerweise im Krankheitsfall der Tagespflegeperson, aber auch in Urlaubszeiten - private Ersatzbetreuung organisieren zu müssen. Dann
sehnen sich viele Eltern doch nach einem regulären Krippenplatz, wo der Vertretungsfall immer
abgesichert ist und der Betreuungsalltag für die
Eltern wesentlich geordneter und planbarer ist.
Hier gibt es zweifellos Nachholbedarf. Es darf beispielsweise nicht eine Frage der Trägerschaft
sein, ob im Fall von Krankheit oder Urlaub eine
Ersatzbetreuung abgesichert werden kann. Nicht
alle Träger nehmen an diesem System teil oder
können ein solches vorweisen. Es muss ein System implementiert werden, das auch die kurzfristige Organisation und Kommunikation im Falle
notwendiger Vertretungen absichert. Andere
Kommunen machen es vor, dass es gute Systeme
gibt, die man gegebenenfalls auch auf Leipzig
übertragen kann.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Den Eltern ist natürlich auch wichtig, dass ihr Kind
im Vertretungsfall nicht in völlig fremde, unbekannte Hände kommt. Insofern rege ich an, dass
auch im Vertretungsfall feste Zuständigkeiten
existieren und die Ersatztagesmütter oder Ersatztagesväter den Eltern und vor allem den Kindern
vorab schon bekannt sind.
Herr Professor Fabian, Sie haben in der vergangenen Sitzung ebenfalls gesagt:
Die Stadtverwaltung entwickelt derzeit
gemeinsam mit den relevanten Akteuren
ein verlässliches zentrales Vertretungssystem für die Tagespflege in Leipzig.
Wir werden noch im Laufe dieses Jahres
ein entsprechend weiterentwickeltes
Konzept vorlegen.
Mich hat es sehr erfreut, dies zu hören. Vielleicht
wäre es sinnvoll, hier auch den Jugendhilfeausschuss oder gegebenenfalls den Runden Tisch
Kita, der ja demnächst mal wieder tagen soll, mit
einzubeziehen. Ich zumindest würde Sie gern auf
dem Weg zur Implementierung eines schlagkräftigen Vertretungssystems in der Tagespflege unterstützen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte unterstützen Sie das Anliegen unseres Antrags mit Ihrer
Stimme! - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine Wortmeldungen. Dann bitte ich um Ihr Handzeichen.
Wer stimmt dem Beschlussvorschlag zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Dann ist so beschlossen.
14.12 Abwahl von AfD-Stadtrat Kriegel aus
dem Migrantenbeirat (VI-A-05598)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Dass Herr Stadtrat Kriegel diese Äußerungen grölend bejubelt und mit „Bravo!“-Rufen goutierte, belegt wiederum seine Ansichten und Einstellungen.
Nun ist Herr Kriegel ein demokratisch gewählter
Stadtrat, und Demokratie muss auch einen Herrn
Kriegel und seine rassistischen Ansichten aushalten. Anders als verschiedene CDU-Bundestagsabgeordnete in den letzten Wochen werden wir
keinen AfDler zur Niederlegung seines Mandats
auffordern.
Ob Herr Kriegel aber im Migrantenbeirat sitzen
muss, um als Provokation für alle Migrant*innen
zu dienen, steht auf einem anderen Blatt. Daher
fordern wir die AfD-Fraktion erneut auf, Herrn
Kriegel aus dem Migrantenbeirat abzuziehen und
ein anderes Fraktionsmitglied dafür zu benennen.
Letztlich können wir auch nicht mehr tun. Es obliegt der AfD-Fraktion, zu entscheiden, wer sie im
Migrantenbeirat vertritt. Abberufen können wir ihn
nicht, auch wenn wir das gerne tun würden.
Es ist also nicht an uns, über Herrn Kriegel und
sein rassistisches Gebaren zu richten. Es liegt
nun an der AfD-Fraktion, zu entscheiden, ob sie
diese Provokation für den Migrantenbeirat aufrechterhält und sich damit ebenfalls offen zu den
rassistischen und menschenverachtenden Positionen bekennt und damit die Maske gänzlich fallen
lässt. Wir werden das genau beobachten.
Von unserer Seite ist damit alles gesagt. Wir ziehen den Antrag hiermit zurück. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Es tut mir leid, Herr
Keller. Damit ist die Debatte beendet. Der Antrag
ist zurückgezogen.
Meine Damen und Herren, mit Blick auf die Uhr
unterbreche ich jetzt die Sitzung. Nach der Pause
geht es um 17 Uhr weiter mit den Einwohneranfragen.
Herr Volger.
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte
Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte Stadträte! Sehr geehrte Gäste! Gibt es in
der AfD rassistisches und menschenverachtendes Gedankengut? Ja, sicher. Belege dazu gibt es
genug. Einen dieser Belege konnten wir alle in der
ARD sehen, als Herr Poggenburg Menschen, die
ursprünglich aus der Türkei stammen und in
Deutschland leben, als Kameltreiber, die sich zu
ihren Lehmhütten scheren sollen, und als vaterlandsloses Gesindel bezeichnete. Diese Äußerungen sind Migrant*innen gegenüber ehrverletzend und werden zu Recht von uns und vielen anderen kritisiert und zutiefst verachtet.
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(Unterbrechung)
Oberbürgermeister Jung: Meine Damen und
Herren, die Ratsversammlung wird fortgesetzt.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:
8
Einwohneranfragen
8.1 Geplanter Kreisverkehr Lyoner Straße /
Saturnstraße (VI-EF-05633)
Einreicher: Bernd Rößler
Herr Rößler, herzlich willkommen! Frau Kollegin
Dubrau beantwortet Ihre Anfrage.
Bürgermeisterin Dubrau: Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Herren Stadträte! Werte Gäste! Sehr geehrter
Herr Rößler, ich beantworte Ihre Anfrage zum geplanten Kreisverkehr Lyoner Straße/Saturnstraße
wie folgt: Vor einigen Jahren gab es Planungen
zur direkten Anbindung der Lyoner Straße an die
Saturnstraße. Vorgesehen war ein Kreisverkehr.
Die Planungen wurden im Amtsblatt veröffentlicht,
wie Sie wissen. Jetzt ist die Frage: Wie geht es
weiter?
Als erste Voraussetzung für die Verlegung der
Straßenführung mit einer direkten Anbindung der
Saturnstraße an die Lyoner Straße und den Bau
eines Kreisverkehrs wurde der Bebauungsplan
Nr. 362 „Kreisverkehr Saturnstraße/Kiewer
Straße/Lyoner Straße“ von der Ratsversammlung
beschlossen. Dieser ist mit Bekanntmachung im
Amtsblatt am 02.11.2013 rechtskräftig. Die Umsetzung richtete sich allerdings nach einer Prioritätenliste, die ebenfalls vom Stadtrat beschlossen
wurde, nämlich dem Mittelfristigen Investitionsprogramm für Straßen- und Brückenbau 2013 bis
2020, in dem die wichtigsten Bauvorhaben im
Straßennetz der Stadt Leipzig enthalten sind. Der
Kreisverkehr konnte damals nur auf die Liste der
Verkehrsbauvorhaben aufgenommen werden, für
die es noch keine finanzielle Sicherung gibt.
Mit der perspektivisch anstehenden Aktualisierung des Mittelfristigen Investitionsprogramms
Straßen- und Brückenbau für die Zeit ab 2021 ist
eine neue Priorisierung der dann noch anstehenden Maßnahmen vorzunehmen. Wir gehen davon
aus, dass der Baubeginn für den Kreisverkehr erst
in die Zeit nach 2021 einzuordnen ist. Das kann
heute noch nicht konkretisiert werden. Sie kennen
die Finanzsituation unseres Haushalts. Gerade im
Verkehrsbereich gibt es sehr lange Listen von
Maßnahmen, die höhere Priorität haben. Ich bedaure, Ihnen nur diese Auskunft geben zu können, aber so ist leider der Fakt. - Danke schön.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es Nachfragen? - Das ist nicht der Fall.
8.5 Aktivitäten der Stadt Leipzig im Rahmen
des Europäischen Kulturerbejahres 2018
der Europäischen Union (VI-EF-05680)
Einreicher: Dieter Krause
Herr Krause, herzlich willkommen! - Es antwortet
Kollegin Jennicke.
Bürgermeisterin Dr. Jennicke: Sehr geehrter
Herr Krause, Ihre erste Frage zielt auf Projekte
des Europäischen Kulturerbejahrs ab. Sie fragen,
ob wir die Möglichkeit genutzt haben, Fördermittelanträge beim BKM einzureichen. - Die Stadt
selbst hat keine Anträge im Programm „Sharing
Heritage“ eingereicht. Gleichwohl hat sie die Antragstellung von Projektträgern unterstützt. So hat
S e i t e | 28
beispielsweise der Notenspur Leipzig e. V. in
2017 einen erfolgreichen Antrag für das Projekt
„Europäische Notenspuren. Europa in Leipzig Von Leipzig nach Europa“ gestellt. Hier war es
möglich, bis zu 60.000 Euro Fördermittel zu akquirieren. Das ist dem Verein gelungen. Das Projekt umfasst Ausstellungen, Konzerte und Begegnungen, unter anderem mit Akteuren aus Litauen
und Norwegen. Es bildet sozusagen die europäische Dimension der Notenspur ab, die vom Verein
entwickelt wurde. Da das Programm „Sharing Heritage“ eine 50-prozentige Förderquote sowie eine
Mindestförderung in Höhe von 50.000 Euro vorsieht, war für die Antragstellung entscheidend,
dass der Verein durch die Stadt Leipzig institutionell gefördert wird; denn diese Mittel konnten als
Eigenanteil eingebracht werden. Erwähnt werden
sollte darüber hinaus, dass auch die Bewerbung
der Leipziger Musikerbestätten um das Europäische Kulturerbesiegel zum Erfolg des Antrags beigetragen haben könnten.
Im Jahr 2018 gibt es eine erneute Förderung des
Programms „Sharing Heritage“. Wiederum geht
der Call vom BKM aus. Hier läuft die Bewerbungsfrist bis zum 31. Mai. Antragsberechtigt sind gemeinnützige juristische Personen des privaten
wie des öffentlichen Rechts. Das Programm steht
allen Interessierten offen, die die Zuwendungsrichtlinie erfüllen. Wir haben seitens der Stadt
Leipzig im März 2018 bereits alle Institutionen und
Einrichtungen der Leipziger Musikerbestätten, die
im Europäischen Kulturerbesiegel zusammengefasst sind, auf die Ausschreibung hingewiesen
und unterstützen ganz konkret einen Träger im
Antragsverfahren.
Ihre zweite Frage bezieht sich auf ein anderes
Thema, wenngleich es, wenn man das so sagen
kann, auch ein kulturelles Jubiläum betrifft, nämlich Veranstaltungen und Aktivitäten der Stadt
Leipzig aus Anlass des 100. Jahrestags der Ausrufung der Republik im November 1918. - Das
Stadtgeschichtliche Museum wird im Rahmen der
Museumsgespräche am 22. November das
Thema „„Gott mit uns? - Leipzig zwischen Kriegsende und Novemberrevolution“ aufgreifen. Das
Gespräch findet um 18 Uhr im Festsaal des Alten
Rathauses statt. Wenn Sie mögen, sind Sie herzlich eingeladen, Herr Krause.
Anlässlich des 100. Jahrestags des Endes des
Ersten Weltkriegs wird das Referat Protokoll gemeinsam mit dem Dezernat Kultur, der Tschechischen Botschaft in Berlin und dem Tschechischen
Generalkonsulat in Dresden im Oktober die Ausstellung „Establishment of Czechoslovakia 1918“
in der Unteren Wandelhalle des Neuen Rathauses eröffnen. Am tschechischen Beispiel wird die
nationalstaatliche Neuordnung insbesondere Osteuropas verdeutlicht. Somit wird das Thema in einen europäischen Kontext gerückt.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
S e i t e | 29
Sie fragen weiterhin nach der Einbindung der Universität. - Hier bitte ich Sie, sich direkt an die Universität zu wenden.
von Mai bis Dezember, in dem die Musikschule
dort nicht agieren kann.
Ihre dritte Frage zielt wiederum auf das Europäische Kulturerbejahr ab. Sie fragen nach Veranstaltungen unter der Programmüberschrift „Rendez-vous im Garten - Tage der Parks und Gärten“
und danach, welche Aktivitäten dazu in den Gärten und Parks der Stadt geplant sind. - Das Amt
für Stadtgrün und Gewässer, das die städtischen
Parks verantwortet, hat mitgeteilt, dass es seitens
des Amtes diesbezüglich keine Aktivitäten gibt.
Oberbürgermeister Jung: Sie haben eine Nachfrage. Bitte.
Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank, Frau
Dr. Jennicke. - Auch hier gibt es die Möglichkeit
der Nachfrage. - Herr Krause sieht davon ab.
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Das weiß ich
jetzt nicht. Aber das kann Ihnen sicher - wir haben
ja Ihre Adresse - im Nachgang mitgeteilt werden.
8.7 Zukunft der Außenstelle der Musikschule
Leipzig „Johann Sebastian Bach“ (VI-EF05692)
N.N. (Einwohnerin): Alles klar. - Vielen Dank.
N.N. (Einwohnerin): Vielen Dank für die Beantwortung der Frage. - Wissen Sie schon, wohin die
Auslagerung erfolgt? Wir sprechen hier mehrheitlich von Grundschülern der Klassen 1 bis 4, die
nicht so weit ausweichen können.
Einreicher: Beate Renker, Kerstin Trampeli
Seien Sie herzlich willkommen! - Kollege Fabian
wird antworten.
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen
und Herren Stadträte! Sehr geehrte Frau Renker,
sehr geehrte Frau Trampeli! Zur Frage 1. Ab Mai
2018 finden umfangreiche Baumaßnahmen an
der 24. Schule statt. Während dieser Baumaßnahmen können Räume teilweise nicht benutzt
werden. Es bedarf einer flexiblen Unterrichtsorganisation und Raumnutzung für Schule und Hort,
um den Unterricht an der 24. Schule in dieser Zeit
abzusichern. Damit sind die Räume für die Musikschule vorübergehend nicht verfügbar. Nach Abschluss der Baumaßnahmen ist die Rückkehr der
Musikschule an den Standort möglich und wird
dann auch erfolgen.
Zur Frage 2. Ziel der Stadtverwaltung ist es, öffentliche Gebäude möglichst multifunktional nutzen zu können. Dies gilt ganz besonders für
Schulgebäude. Darüber wird eine breitere Vernetzung mit verschiedenen Angeboten erreicht, welche die Entwicklung eines Stadtteils positiv beeinflussen können. Dazu gehört auch das Angebot
der Musikschule, in diesem Fall an der 24. Schule,
welches, wie gesagt, nach Beendigung der Baumaßnahmen wieder aufgenommen werden kann.
Zur Frage 3. Die Musikschule kann aufgrund der
Baumaßnahmen vorübergehend nicht am Standort der 24. Schule verbleiben. Nach Abschluss der
Baumaßnahmen - nach derzeitigem Planungsstand voraussichtlich im Dezember 2018 - kann
die Musikschule dort wieder eine Außenstelle betreiben. Das heißt: Wir reden von einem Zeitraum
Oberbürgermeister Jung: Danke schön, Herr
Fabian. - Die weiteren Einwohneranfragen werden schriftlich beantwortet. Damit schließe ich
diesen Tagesordnungspunkt.
9
Petitionen
9.1
Abwasser-/Abflussprobleme bei starken
Regenfällen in der Südvorstadt Leipzig
(VI-P-04750-DS-02)
Einreicher: Petitionsausschuss
9.1.1 dazu VSP (VI-P-04750-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Den Sachverhalt und den Beschlussvorschlag
entnehmen Sie bitte der Ihnen vorliegenden Petition. - Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht
der Fall. Wer folgt nicht dem Beschlussvorschlag
des Petitionsausschusses? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
9.2
Petition - Kohleausstieg der Stadtwerke
Leipzig (VI-P-05142-DS-02)
Einreicher: Petitionsausschuss
9.2.1 dazu VSP (VI-P-05142-VSP-01)
Einreicher: Oberbürgermeister
Den Sachverhalt und den Beschlussvorschlag
entnehmen Sie bitte der Ihnen vorliegenden Petition. - Wird das Wort gewünscht? - Ja. Zunächst
Frau Dr. Märtens.
Stadträtin Dr. Märtens (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Es wird Sie nicht verwundern:
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Wir lehnen den Vorschlag des Petitionsausschusses entschieden ab, weil er auf einem oberflächlichen und ignoranten Verwaltungsstandpunkt beruht. Die Autoren des Verwaltungsstandpunkts
haben sich offenkundig so wenig mit dem Anliegen der Petent*innen auseinandergesetzt, dass
sie deren Anliegen falsch wiedergeben.
Die Petent*innen fordern in Punkt 3 den Beschluss eines zukunftsfähigen Wärmekonzepts
im Hinblick auf das Ende der Fernwärmelieferverträge mit dem Kraftwerk Lippendorf im Jahr 2023.
Der Verwaltungsstandpunkt verschiebt dieses
Ende kurzerhand mal auf das Jahr 2030. So,
meine Damen und Herren, dürfen wir als Stadt
Leipzig mit den Anliegen der Leipzigerinnen und
Leipziger nicht umgehen.
Doch nichts ist nur schwarz oder weiß. Nehmen
wir uns die Punkte der Reihe nach vor:
Punkt 1 der Petition fordert die praktische Umsetzung der Klimaziele von Paris in Leipzig. - Im Verwaltungsstandpunkt heißt es, Entscheidungen
über die Umsetzung der Ziele des Klimaschutzabkommens obliegen nicht der Stadt. - Das ist zweifellos richtig. Aber, meine Damen und Herren, wir
haben hier auch nichts mehr zu entscheiden.
Deutschland hat das Klimaabkommen 2016 ratifiziert. Wir haben hier nichts zu entscheiden, wir
haben zu liefern. Es wäre absolut richtig gewesen,
sich zu diesen Verpflichtungen zu bekennen.
Punkt 2 der Petition ist im Hinblick auf die genannte Jahreszahl 2018 tatsächlich nicht ohne
Weiteres zustimmungsfähig. - Der Verwaltungsstandpunkt zeigt hier mal erfreulich ausführlich
den Stand der Entwicklung der Stadtwerke auf,
und der ist gar nicht so schlecht. Was fehlt, ist ein
Hinweis auf eine zukünftige Strategie für den Ausstieg aus dem Kohlestrom. Der reine Verweis auf
die Marktmechanismen ist für ein solch wichtiges
Thema beileibe zu wenig. Wir brauchen ein Konzept für den Ausstieg aus dem Kohlestrom. Das
steht fest.
Zu Punkt 3 der Petition, der Wärmekonzeption,
habe ich schon etwas gesagt. Abgesehen von der
Nachlässigkeit in den Zahlen zeigt der Verwaltungsstandpunkt hier sogar die Möglichkeit eines
Alternativvorschlags auf. Warum greift ihn der Petitionsausschuss nicht auf? Ein zukunftsfähiges
Wärmekonzept wird zurzeit erarbeitet und uns
nach Beschlusslage zum Ende des Jahres vorgelegt. Ein Beschluss muss folgen; denn schließlich
braucht unsere Stadt dringend ein zukunftsfähiges Wärmekonzept. Hier wäre eine Zustimmung
zum ersten Satz richtig und dringend geboten gewesen.
Oberflächlich, fehlerhaft und ohne Zukunftsblick so meine Damen und Herren, dürfen wir hier nicht
weitermachen.
S e i t e | 30
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker.
Stadtrat Zenker (SPD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Dezernenten! Werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Auch wenn meine
Fraktion mehrheitlich dem Verwaltungsstandpunkt zustimmen wird, teile ich die Kritik von Frau
Dr. Märtens vollkommen. Ich selbst werde dem
nicht zustimmen. Meine Fraktion kann auch deshalb der Petition nicht zustimmen, weil diese in
der Tat nicht eins zu eins umsetzbar ist.
Wie gesagt, ich schließe mich der Kritik an. Der
Verwaltungsstandpunkt einschließlich des Vorschlags, wie mit der Petition umzugehen ist, ist
völlig unambitioniert und fällt aus meiner Sicht sogar hinter Beschlüsse des Stadtrats zurück.
Zu Punkt 3 der Petition hat Frau Dr. Märtens bereits ausgeführt. Dazu hätte man im Verwaltungsstandpunkt sehr deutlich formulieren können:
Was ist bereits passiert? Was passiert gerade?
Vielleicht sogar: Wie ist der Stand der Erarbeitung
des Wärmekonzepts? Inzwischen müsste man ja
da schon ein paar Schritte weiter sein.
Zu Punkt 1, dem Pariser Klimaabkommen. Ja,
auch die Kommunen haben einen Beitrag zur Umsetzung zu leisten. Das kommt mir im Verwaltungsstandpunkt zu kurz.
Zu Punkt 2 wird zwar etwas ausführlicher ausgeführt, aber nicht, was bereits Beschlusslage ist,
wo wir hinwollen. Man hätte zum Beispiel ausführen können: Bis 2020 möchte die Stadtverwaltung
auf zertifizierten Ökostrom in der Energieversorgung umstellen. Das lese ich nicht im Verwaltungsstandpunkt. In unserem Klimaschutzprogramm steht, dass wir den Ausstoß von CO2 pro
Person in Leipzig bis 2050 auf 2,5 Tonnen reduzieren wollen. Auch dazu kein Hinweis.
Ich hätte mir einfach gewünscht, dass die Stadtverwaltung deutlich macht: Was tut sie? Wo will
sie hin? Was sind unsere Zukunftskonzepte?
Dass diese nicht eins zu eins mit der Petition übereinstimmen, das teile ich. Aber ich hätte mich
wirklich gefreut, wenn die Verwaltung auf das Anliegen der Petition - ich glaube, eine Mehrheit hier
im Stadtrat teilt deren grundsätzliches Anliegen etwas mehr eingegangen wäre. Ich hoffe, dass
das in Zukunft verbessert wird. Ich werde dem
Verwaltungsstandpunkt nicht zustimmen. Die
Mehrheit meiner Fraktion wird das allerdings tun.
Oberbürgermeister Jung: Herr Keller.
Stadtrat Keller (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Man kann den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun. Erst müssen die Stadtwerke eine Alternative schaffen, das heißt: dezentrale Fernwärme dabei sind sie derzeit -, Kraft-Wärme-Kopplung dabei sind sie -, erneuerbare Energien ins Netz
einspeisen - auch dabei sind die Stadtwerke
Leipzig. Aber man kann nicht jetzt einen Termin
bestimmen, an dem die Braunkohleverstromung
und die Fernwärmeversorgung abgeschaltet werden, weil man nicht weiß, zu welchem Termin die
Vorarbeiten erledigt sind. Deshalb: Erst den ersten Schritt machen: Alternativen schaffen, und danach den zweiten Schritt tun: Ausstieg aus der
Braunkohleverstromung.
Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann bitte ich um Ihr Votum
zum Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 38 - 24 - 1. So bestätigt.
9.3
Rettet das „Sternwartenwäldchen“ (VI-P05284-DS-02)
Einreicher: Petitionsausschuss
9.2.1 dazu VSP (VI-P-05284-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Sachverhalt und Beschlussvorschlag liegen Ihnen
vor. - Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht
der Fall. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
10
Wichtige Angelegenheit der Stadtbezirksbeiräte gem. § 5 Abs. 5 der Geschäftsordnung der Stadtbezirksbeiräte
10.1
Wichtige Angelegenheit (WA) des
Stadtbezirksbeirats Nordwest zum zeitnahen Ersatzneubau der Bauernbrücke
(VI-WA-05279-DS-02-NF-01)
Einreicher: Stadtbezirksbeirat Nordwest
10.1.1 dazu VSP (VI-WA-05279-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Herr Riedel.
Stadtrat Riedel (CDU): Herr Oberbürgermeister!
Meine Damen und Herren Stadträte! Der Stadtbezirksbeirat Nordwest hat das Angebot des THW
angenommen und mich deshalb gebeten, dies
hier einzubringen. Dazu möchte ich Ihnen Folgendes sagen:
Gemäß Verwaltungsstandpunkt lehnt die Verwaltung das Angebot des THW ab. Wenn ich den Verwaltungspunkt unvoreingenommen lesen würde,
S e i t e | 31
könnte ich dem zustimmen. Aber wenn es dort
heißt, die Brücke wiege 25 Tonnen, obwohl sie nur
13 Tonnen wiegt - das THW wird wohl wissen, wie
viel diese Brücke wiegt -, dann ist dies eine unzulässige Angabe.
Und das geht weiter. Gestern wurde im Ausschuss gesagt: Es gab sowohl Kontakt zum THW
Erfurt als auch zum THW Dresden. Ich habe
heute früh das Technische Hilfswerk Dresden angerufen und erfahren: Es gab einen einzigen Kontakt, nämlich mit der Leipziger Feuerwehr, die gesagt hat: Wir haben hier ein Angebot von euch.
Was sollen wir damit? - Es ist schon wundersam,
wie die Ämterkommunikation in Leipzig klappt.
Und das geht weiter mit den naturschutzrechtlichen Vorgaben für den Bau. Da wird gesagt, das
ginge nicht und die gäbe es nicht. Bei einem normalen Ersatzbau sind es genau dieselben. Gestern hieß es plötzlich: Das ist vielleicht schon im
November fertig. Dann aber muss das alles schon
beantragt sein; denn das sind dieselben Probleme, die da zutage treten.
Ein Gespräch mit der Brückenbauabteilung des
THW hätte auch die anderen Punkte klargestellt,
wie zum Beispiel die Neuberechnung der Statik,
circa zwei Wochen Bearbeitungszeit, Kosten:
2.000 Euro, oder die Herstellung Querträger, Kosten: 2.400 Euro, Bearbeitungszeit: zwei Wochen,
oder den Eingriff in die Entwässerung, weil die Interimslösung eine kleine Rampe braucht. - Das ist
Quatsch. Jeder Mensch weiß, da kann man auch
ein Rohr querlegen, es mit Schotter oder Holz abdecken, und dann geht das. Wie gesagt, das THW
wäre zu allen Punkten verhandlungsbereit und
abhilfebereit gewesen. Das Ganze liegt seit Februar hier vor. Die Ersatzbrücke hätte schon fertig
sein können.
Was kommt dazu? Warum hat die Senioren-Union
das THW hinzugezogen? Der Hilferuf kam aus
zwei Altersheimen, die nur über diese Brücke erreichbar sind. Dazu kommen die Kindergärten, die
diese Brücke nutzen, um mit den Kindern im Park
spazieren gehen zu können. Dort gibt es auch angenehme Spielplätze. Der größte Hammer aber
ist, dass die Parkeisenbahn mit 50 Prozent Umsatzeinbußen zu rechnen hat und nicht mal informiert wurde. Sie hat den für die Parkeisenbahn
zuständigen Mitarbeiter im Grünflächenamt angerufen und bei ihm nachgefragt. Der sagte: Davon
weiß ich nichts. Da muss ich mich erst mal erkundigen. - So geht es doch nicht.
Wenn Tatsachen verdreht werden, wenn falsche
Angaben gemacht werden, wenn Gespräche vermieden werden, dann ist das keine bevölkerungsnahe Leistung. Deshalb bitte ich um Zustimmung
zum Antrag des Stadtbezirksbeirats Nordwest. Danke.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Oberbürgermeister Jung: Herr Geisler.
Stadtrat Geisler (SPD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Bürgermeister und Bürgermeisterinnen! Sehr geehrte Stadträte! Liebe Besucher auf der Tribüne und am Livestream! Die
Wichtige Angelegenheit des Stadtbezirksbeirats
Nordwest betrifft den Zeitplan für den Ersatzneubau der Bauernbrücke. Der Leipziger Nordwesten
„erfreut“ sich vieler Belastungen aus Ansiedlungen und Verkehren. Umso wichtiger sind Flächen,
die für einen gewissen Ausgleich sorgen, für mehr
Lebensqualität, und zwar genau dort. Das Areal
rund um den Auensee ist so eine Fläche, die zwar
noch im Dornröschenschlaf liegt und durchaus
mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Sie ist eine
grüne Oase, die für Jung und Alt Ausgleich darstellt.
Umso bedauerlicher ist es - da bin ich völlig bei
Ihnen, Herr Riedel -, dass die am häufigsten benutzte Zuwegung direkt aus der Ortslage Wahren
aktuell nicht benutzt werden kann und erst nach
wiederholten, mehrfachen Hinweisen vernünftig
ausgeschildert wurde, dass man einen anderen
Weg nehmen muss. So können die Senioren aus
den anliegenden Residenzen sowie die Schulklassen und Kitagruppen aus den Schulen und
Kitas der Umgebung das Areal nur erreichen, indem sie einen bedeutenden Umweg über einen
fast unzumutbaren Fußweg entlang der Rittergutstraße nehmen: zu schmal, völlig unbefestigt, gefährlich, oft vom Dauerstau der Autos belastet.
Wir verstehen das Anliegen des Stadtbezirksbeirats und hätten wahrscheinlich allen Punkten zugestimmt. Aber wir glauben, dass im Baudezernat
durch den Umgang mit dem Angebot des THW
und durch Diskussionen über zu schwere Teile,
Genehmigung der provisorischen Brücke und
Ähnliches mittlerweile so viel Zeit verspielt wurde,
dass es leider unrealistisch geworden ist, mit Genehmigung und Aufbau noch viel von der aktuellen Saison zu retten. Vielleicht kann uns die zuständige Bürgermeisterin die Verschleppungstaktik mittels Halbwahrheiten besser erklären.
Wir sind der Meinung: Wir sollten alle Kraft und
alle zur Verfügung stehenden Mittel für die Ersatzbrücke einsetzen, damit sie wirklich und wahrhaftig im März 2019 fertig und benutzbar ist. Weil wir
den Zeitplan des Ersatzneubaus nicht gefährden
wollen, werden wir als SPD-Fraktion den Punkt 1
der Wichtigen Angelegenheit ablehnen und den
Punkten 2 und 3 sowie dem Verwaltungsstandpunkt zustimmen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Oberbürgermeister Jung: Frau Körner.
S e i t e | 32
Stadträtin Körner (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vieles ist schon über die
Bauernbrücke geschrieben worden. Man hört
förmlich den Amtsschimmel wiehern, und zwar
vermutlich quer über alle Dezernate und deren
Mitarbeiter. Es wurden sehr unterschiedliche
Gründe angegeben, warum es so lange dauert,
dort eine dauerhafte neue Brücke zu errichten,
zum Beispiel dass auch Private anzufragen seien,
dass auch die Landestalsperrenverwaltung einbezogen werden müsse oder dass auch der Umweltschutz berücksichtigt werden müsse. Und dennoch: Wir leben jetzt im Jahr 2018. Ich verstehe
es einfach technisch nicht, warum man in der Verwaltung nicht geprüft hat, ob dort auch Zwischenlösungen möglich wären. Hat man überhaupt danach gesucht?
Ich freue mich sehr, dass dieser Beschluss jetzt in
der Neufassung vorsieht, die vorhandene Brücke
so weit zu stabilisieren, dass eine Behelfslösung
errichtet werden kann. Damit würde man die Vegetationsphase, die im Sommer mit Erholungsphasen gespickte Zeit, die wir so lieben, dort nutzen können. Wer einmal auf das Luftbild schaut
oder dort vor Ort ist, stellt fest, wie absurd lang die
Umwege sind, die man nehmen muss, um dort
rüberzukommen.
Wir reden hier über eine Brücke für Fußgänger
und Radfahrer. Natürlich haben wir vor, eine
stabile neue Brücke zu bauen. Mit dem Bau soll
im Herbst begonnen werden, im ersten Quartal
2019 soll sie fertig sein; so steht es jedenfalls in
den Unterlagen. Das ist prima. Warum kriegt man
es nicht hin, dieses Provisorium zu errichten?
Diese Angelegenheit betrifft auch nicht nur Senioren, sondern alle, die vom Auensee weiterkommen wollen; denn das geht nur über diese Brücke.
Ich meine, wir sehen futuristische Filme und spielen mit unseren Handys, kriegen es aber nicht hin,
eine marode Brücke zu stabilisieren. Das ist unklar. Ich glaube, das ist der Grund, warum sich die
Senioren-Union im Stadtbezirksbeirat so geäußert hat. Auch im Stadtteil höre ich, und zwar von
allen möglichen Interessengruppen, dass das unverständlich ist.
Deshalb hoffe ich, dass diese Neufassung - da
verstehe ich die Kollegen von der SPD-Fraktion
nicht ganz - beschlossen wird. Ich plädiere dafür.
In der Neufassung heißt es in Punkt 1:
Die Verwaltung prüft bis April 2018, ob
zeitnah eine Behelfslösung durch das
Technische Hilfswerk (THW) auf der
Bauernbrücke bis zur Realisierung des
Ersatzneubaues errichtet werden kann.
Wenn dem nicht zugestimmt wird, bleibt dennoch
festzuhalten: Das eine Sache, bei der die Stadt
sich nicht mit Ruhm bekleckert hat. Dann werden
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
wir zwar im nächsten Jahr die Brücke bekommen,
aber in diesem Jahr wird dieser Zustand weiter
zulasten der Leute in diesem Stadtteil, ja im Prinzip zulasten der gesamten Stadtgesellschaft gehen; denn viele Bürger fahren in diese Gegend,
um sich dort zu erholen. Ich möchte, dass man
hier in Leipzig Naherholung betreiben kann. Ich
selber biete Spaziergänge an den Flüssen an. Es
gibt tolle Wege entlang des Auwaldes und der
Parkanlagen durch die Stadt. Dort aber, an dieser
Stelle, kriegen wir es nicht hin, für Fußgänger und
Radfahrer eine Querung zu errichten. Das ist absurd.
In jeder Notlage werden Brücken provisorisch errichtet, insbesondere auch vom Technischen
Hilfswerk. Es wäre gut, wenn wir das hier auch
hinbekämen. Der Abbau dieses Provisoriums
kann dann konzentriert erfolgen, wenn im Herbst
mit dem Neubau begonnen wird. Wie gesagt: ein
Plädoyer für diesen neu gefassten Antrag, so wie
erklärt. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schlegel.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Wir verschließen uns einer solchen Lösung nicht, so sie denn machbar ist. Aber dann
müssen belastbare Angebote vorliegen. Außer
das Angebot des Technischen Hilfswerks, das
Herr Riedel jetzt benannt hat und das gestern
auch schon im Ausschuss eine Rolle gespielt hat,
gibt es kein belastbares Angebot.
Es wird dort in der Tat in Habitat-Gebiete eingegriffen. Es ist verabsäumt worden, vorher Alternativen zu prüfen. Wir müssen auch bedenken, dass
wir uns in dem Moment die Baufreiheit verbauen,
wenn wir die vorhandenen Brückenwiderlager für
ein Provisorium nutzen. Diese technischen Konstruktionen sind Grundlage der Ausschreibung,
die bisherige Holzbrücke durch eine Brücke in
Aluminium-Leichtbau-Konstruktion zu ersetzen.
Mehr soll dort nicht gemacht werden.
Man kann nicht einfach irgendwelche Behauptungen in den Raum stellen, was wann wie zu machen wäre. Möglicherweise sind Vormontageeinrichtungen notwendig, für die gegebenenfalls in
bestimmte Bereiche eingegriffen werden muss.
Die Brücke muss vorgefertigt und dann montiert
werden. Für einen naturschutzrechtlichen Eingriff
müssen Genehmigungen vorliegen. Wer weiß, ob
die jetzt erteilt werden; denn jeder Kleingärtner
weiß, dass ein Eingriff ins Grün von Anfang März
bis Ende September verboten ist. Auch deshalb
ist gesagt worden: Das wird im November gemacht.
S e i t e | 33
Also: Wir verschließen uns nicht, dass das im Einzelnen noch einmal durchgeprüft wird. Für uns ist
aber mindestens genauso wichtig, dass schnellstmöglich geprüft wird, was auf den Umgehungswegen oder Umleitungsstrecken insbesondere für
die Sicherheit der Fußgänger gemacht werden
kann.
Oberbürgermeister Jung: Frau Dr. Heymann.
Stadträtin Dr. Heymann (CDU): Das Bedauerliche ist ja, dass das detaillierte Angebot vom THW,
das schon seit längerer Zeit vorliegt, zwar geprüft
wurde, aber ohne Rücksprache mit dem THW zu
nehmen. Dieses Angebot lag bereits zu einer Zeit
vor, wo man nicht in die Vegetationsphase hätte
eingreifen müssen. Sicherlich muss jetzt einiges
mehr beachtet werden; das mag sein. Aber das ist
ein Format, das möglich ist. Die Baustellenfreiheit
kann sehr schnell wiederhergestellt werden, um
die vorgefertigte Brücke einzuheben. Es wurde
ohnehin nach einer Form gesucht, die sehr
schnell herstellbar ist.
Ein anderes Argument, das immer wieder genannt wird, ist: Das ist ja nur Fußweg, das ist ja
nur Erholung. - Wir sprechen hier andauernd von
der verdichteten Stadt. Menschen ziehen nach
Leipzig, weil die Stadt Qualität bietet. Es muss
uns wichtig sein, diese Qualität zu erhalten. Gerade für die Schwächsten in der Gesellschaft,
sprich: für die Senioren und für die Kinder, muss
es uns wichtig sein, dass sie auf kurzem Wege zur
Naherholung kommen. Daher gilt dieses Argument nicht.
Die SPD-Fraktion bitte ich, nicht einfach fatalistisch zu sagen: Es ist nun mal so gelaufen. Jetzt
geht nichts anderes mehr und selbst wenn, es
bleibt gar nicht mehr die Zeit, es zu nutzen. - Die
Umsetzung ist sehr schnell möglich, sodass man
die Ersatzbrücke noch in der Sommerzeit nutzen
kann. Bitte springen Sie über Ihren Schatten und
unterstützen Sie den geänderten Antrag!
Oberbürgermeister Jung: Frau Dubrau.
Bürgermeisterin Dubrau: Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren Stadträte! Sehr geehrte Gäste! Ich möchte
hier noch einmal einige Fakten darstellen; denn
wenn man erzählt, wer wo wann wie mit wem gesprochen hat, kommt das am Ende oft nicht richtig
an, und das ist, glaube ich, etwas problematisch.
Ich habe mich sehr genau erkundigt und kann
auch alle Daten und alle Schreiben vorlegen, falls
das von Interesse für Sie ist.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Zuerst möchte ich sagen: Wir haben das nie so
diskutiert, dass das nur eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer ist und es deshalb nicht so
wichtig ist; ganz im Gegenteil. Die Geschwindigkeit - es waren nur wenige Monate von der Feststellung, dass die Brücke demontiert werden
muss, bis zum Beginn dieser Neubaumaßnahme - ist spitzenmäßig. Ich erinnere daran,
dass ich heute auf eine Einwohneranfrage zum
Thema Kreisverkehr antworten musste: Vor 2021
wird das nichts. Es gibt noch viele andere Vorhaben, auf die das auch zutrifft. Hier dagegen ist es
gelungen, innerhalb eines halben Jahres die Planung so weit vorzubereiten, dass mit der Baumaßnahme begonnen werden kann. Ich glaube,
dass man das als einen sehr positiven und für die
Verwaltung fast schon ungewöhnlich kurzen Zeitraum ansehen kann.
Nun zum Ergebnis der Prüfungen und dem geplanten Bauablauf. Der Rückbau der vorhandenen Holzbrücke ist für den 28. bis 30. Mai geplant.
Die Brücke wird von der Nordseite aus, Straße
Am Hirtenhaus, mittels eines Krans komplett aus
den Widerlagern gehoben. Für die neue Brücke
sind Anpassungen der Widerlager erforderlich,
die im September erfolgen werden. Im November
soll die komplett vormontierte neue AluminiumLeichtbau-Brücke über die Straße Am Hirtenhaus
per Tieflader angeliefert und wiederum mit einem
Kran eingehoben werden. Das heißt: Wenn alles
gut geht, könnte sie im Dezember, vielleicht aber
auch erst im Januar oder Februar wieder benutzt
werden. Jetzt können Sie sagen: Das dauert viel
zu lange. Wenn Sie aber berücksichtigen, dass
dafür Vorprüfung, Prüfung, Genehmigung, Ausschreibung usw. erforderlich sind, werden Sie
feststellen, dass das ein kurzer Zeitraum ist.
Mit dem Thema Interimslösung haben wir uns natürlich auch intensiv befasst. Am 23.02.2018 hat
das VTA Kontakt aufgenommen zum HTB, Regionalbereich Leipzig. Die Antwort war: In Leipzig ist
keine Brücke vorhanden. Wir sind verwiesen worden auf den Regionalbereich Erfurt. Am
27.02.2018 gab es Kontakt mit Erfurt. Dort hieß
es: Brücken mit der erforderlichen Stützweite werden in Erfurt nicht vorgehalten. Wir wurden an den
Regionalbereich Dresden verwiesen.
Aus Dresden liegt eine schriftliche Stellungnahme
vor, in der es heißt: Die vorgeschlagene Variante
sieht eine Behelfsbrücke vom Typ „Bailey“ vor, die
nicht einfach auf die vorhandene Konstruktion
passt.
Die Stützweite der Behelfsbrücke ist 33,55 Meter,
die Stützweite der vorhandenen Brücke ist 31,70
Meter. - Nun kann man sagen: Das spielt keine
Rolle, das sind doch nur 2 Meter mehr. Aber so
einfach ist das mit der Statik nun doch nicht.
S e i t e | 34
Die Breite der Behelfsbrücke ist 6 Meter, die
Breite der vorhandenen Brücke ist 3,02 Meter. Auch dieses kann man sicher mit aufwendiger
Konstruktion irgendwie hinbiegen, aber auch das
ist nicht so einfach. Das ist nicht im Handumdrehen gemacht.
Das Gewicht der Behelfsbrücke - das liegt uns
schriftlich vor - ist 25 Tonnen.
Die grobe Kostenschätzung ergab Aufwendungen
von 17.000 Euro plus die entsprechenden Gebühren für die Ausleihe. Hinzu kämen die Kosten für
die Herstellung der erforderlichen Anrampungen
sowie weitere Mittel für zusätzlich erforderliche
Arbeiten, wie zum Beispiel die Anpassung der Behelfsbrücke, Planung und Fertigung eines neuen
Querträgers einschließlich der zu überprüfenden
Statik oder die Anrampung der beiden Behelfsbrückenseiten.
Die Behelfsbrücke müsste vor Ort montiert werden; sie ist so nicht transportabel. Eine Vormontage im Bereich der Straße Am Hirtenhaus wäre
aber aufgrund der Platzverhältnisse nicht möglich. Somit wären für die Montage Lagerflächen
südlich der Weißen Elster erforderlich. Dadurch
käme es zu Eingriffen in das als Europäisches Vogelschutzgebiet ausgewiesene Schutzgebiet,
FFH-Gebiet, Landschaftsschutzgebiet. Dieses
Thema habe ich auch schon im Ausschuss dargestellt.
Ich habe extra noch einmal bei Herrn Rosenthal
nachgefragt. Wenn es ein Katastrophenfall wäre,
gäbe es die Möglichkeit, dort ohne die entsprechenden Genehmigungsverfahren einzugreifen.
Da es sich aber hier nicht um einen Katastrophenfall handelt - es ist kein Erdbeben, keine große
Brandkatastrophe oder Ähnliches -, muss das
normale Genehmigungsverfahren durchlaufen
werden.
Außerdem wären Zufahrten für schweren Verkehr
im Bereich südlich der Weißen Elster erforderlich.
Zusammenfassend kann ich sagen: Eine Interimslösung, wenn sie denn möglich wäre, müsste,
selbst wenn man damit schon im Februar begonnen hätte und sie im Sommer montiert worden
wäre, bereits im September wieder demontiert
werden. Unter Zugrundelegung der für die Interimslösung genannten Bauzeit von zwei Monaten
und ohne Mitberechnung der Zeiten für die Genehmigungsplanung hätte die maximale Nutzungszeit zwei Monate betragen.
Sicher, es wäre schön gewesen, wenn die Bewohner jeden Alters während dieser zwei Monate im
Sommer diese Behelfsquerung hätten nutzen
können. Aber man muss auch sehen, dass danach wiederum Maßnahmen erforderlich wären,
um den Behelf wieder zurückzubauen, bevor die
neue Brücke eingehoben werden kann. Das
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
würde weitere Kosten verursachen. Auch der Zeitplan würde sich verschieben. Die Genehmigungen sind aber für einen konkreten Bauzeitraum erteilt worden. Die tatsächliche Nutzungsdauer
wäre wahrscheinlich, wenn es hoch kommt, ein
Monat gewesen.
S e i t e | 35
Sowohl mit Blick auf die Arbeitskapazitäten als
auch angesichts der Kosten mussten wir uns an
dieser Stelle fragen: Ist es nicht sinnvoller, dort
gleich das Richtige zu bauen? - Und das ist jetzt
entsprechend vorbereitet. Wie anfangs schon gesagt: Ich bin glücklich, dass die Kollegen das in so
kurzer Zeit geschafft haben, damit tatsächlich
Ende dieses Jahres, Anfang nächsten Jahres die
neue Brücke steht und eine Überquerung an dieser Stelle wieder möglich ist. - Vielen Dank.
belangen können, weil das an sich keine Fehlleistung des Planers ist. Das Problem ist die Konstruktion, die damals deutschlandweit, wahrscheinlich sogar europaweit als eine ganz neue
und besonders gute Holzkonstruktion bezeichnet
worden ist. Dass sich im Bereich der Kleber
Schimmel bilden kann, hatte man einfach zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissenschaftlich erforscht. Insofern ist nicht der Planer daran schuld,
sondern das ist eine generelle Fehlentwicklung,
wie wir sie vor 30, 40 Jahren auch schon bei Asbest und ähnlichen Stoffen hatten, die damals im
Bauwesen eingesetzt wurden und heute nicht
mehr verwendet werden dürfen und entsorgt werden müssen. Ich würde das in die gleiche Kategorie einordnen. Aber wir werden das noch einmal
prüfen lassen.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schlegel.
Oberbürgermeister Jung: Herr Haas.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine konkrete Frage: Ab wann läuft das Ausschreibungsverfahren? Auch wenn die Grobplanung schon fertig ist, muss ja, da es sich hier um
eine Metallbaukonstruktion handelt, eine Werkstattplanung gemacht werden. Ist gesichert, dass
die entsprechenden Daten im September vorliegen, damit die Anpassungsmaßnahmen erfolgen
können?
Stadtrat Haas (CDU): Vielen Dank, Herr Oberbürgermeister. - Meine Damen und Herren Bürgermeister! Verehrte Stadträtinnen und Stadträte!
Ich habe von Frau Dubrau jetzt sehr viele technische Daten gehört. Ich habe gehört, dass es eine
Verwaltung geschafft hat, innerhalb von sechs
Monaten ein Verfahren voranzubringen. Ich habe
gehört, wie breit die alte Brücke ist und wie breit
und wie schwer die Behelfsbrücke wäre und, und,
und. Ihre Kollegen aus dem zuständigen Amt haben mir gestern gesagt: Im November ist das alles
fertig. Sie sagen jetzt: Es kann auch Januar, Februar, März werden. Im Endeffekt habe ich mehr
Fragen als noch vor einer halben Stunde.
Noch eine weitere Frage. Man wird ja den Baubetrieb nicht mehr belangen können, der die vorhandene Brücke vor 20 Jahren errichtet hat. Man
muss sich schon fragen, wieso eine solche Brückenkonstruktion nur 20 Jahre hält. Soweit ich
weiß, bürgt gemäß HOAI der Planer für 30 Jahre.
Kann der sich darauf zurückziehen, zu sagen,
dass man damals mit solchen Konstruktionen
noch keine Erfahrungen hatte? Wie läuft das?
Das ist ja offensichtlich eine Fehlplanung gewesen, weil die Konstruktion nicht entsprechend gestützt worden ist.
Oberbürgermeister Jung: Frau Dubrau direkt
dazu.
Bürgermeisterin Dubrau: Zu Ihrer ersten Frage.
Der Ablaufplan einschließlich der Ausschreibung
ist jetzt so festgelegt, dass wir mit dem Bau ab
September beginnen können. Ich kann Ihnen die
genauen Daten schriftlich geben, wenn es Sie interessiert. Die habe ich jetzt nicht im Kopf.
Zur zweiten Frage. Wir werden das von Juristen
noch einmal prüfen lassen. Aber ich glaube, dass
wir den Planer an dieser Stelle tatsächlich nicht
Wie wollen wir etwas ausschreiben, wenn wir
noch gar nicht wissen, wie die Brücke mal aussehen soll? Haben wir uns darüber schon mal unterhalten? Nein. Sie sagen: Das geht in die Richtung.
Wir reden hier über Eingriffe in die Natur. Wir reden hier über temporäre Behelfslösungen, über
technische Möglichkeiten, die das THW anbietet
Ich denke dabei an die Menschen, an die Kinder,
an die Eltern, an die Rentner, an die Besucher der
Parkeisenbahn. Außer Herr Riedel hat das bisher
keiner angesprochen. Wenn wir im Vorfeld wissen, dass diese Brücke erneuert werden muss,
wieso schafft es die Verwaltung nicht, sich von Anfang an Gedanken über eine temporäre Lösung
zu machen zum Wohle der Menschen vor Ort, damit sie dort herüberkommen? Das erschließt sich
mir überhaupt nicht, Frau Dubrau. Stattdessen
wird das Angebot, das jetzt vorliegt, schlechtgeredet und gesagt: Das wäre nur eine Lösung für
acht Wochen. - Hätte man von Anfang an kooperativ zusammengearbeitet, würde die Behelfsbrücke mittlerweile stehen. Das würde den Bau nicht
behindern. Ich bitte alle Stadträte hier, zum Wohle
der Bürger eine Entscheidung zu treffen und nicht
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
das technisch Machbare in den Vordergrund zu
stellen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Dubrau noch
einmal.
Bürgermeisterin Dubrau: Ich weiß nicht, ob Sie
sich erinnern können. Ich habe am Anfang meiner
Rede genau dargestellt, dass es uns wichtig ist,
dass für die Menschen vor Ort, und zwar für Menschen aller Altersstufen, nicht nur für die Rentner,
so schnell wie möglich eine Lösung gefunden
wird. Das waren meine einleitenden Worte.
Ein zweites Thema: Ausschreibung. Ich hatte gesagt: Vom 28. bis 30. Mai wird die alte Brücke abgebaut. Früher geht es nicht. Wir müssen das
schließlich ausschreiben. Insofern bestünde erst
danach theoretisch die Möglichkeit, eine Behelfsbrücke zu errichten. Wir haben das geprüft und
sind am Ende zu dem Ergebnis gekommen, dass
es günstiger ist, gleich etwas Richtiges zu bauen,
das tatsächlich dauerhaft ist.
Nun kann man es bedauern, dass für etwa vier
Wochen keine Zwischenlösung gefunden worden
ist. Aber letztendlich müssen wir immer auch darauf achten, dass wir mit unseren Mitteln sorgsam
umgehen und dass wir die Brücke so schnell wie
möglich, innerhalb sehr kurzer Zeit, errichten, damit die Menschen vor Ort sie nutzen können. Und
das ist erreicht.
Natürlich wissen wir, wie die Brücke aussieht. Das
ist eine Aluminium-Leichtbau-Konstruktion, die
von den Maßen her genau auf die vorhandenen
Widerlager passt und die in einem Stück eingehoben werden kann. Das wäre bei keiner Behelfsbrücke so möglich gewesen. Die Errichtung der
endgültigen Brücke ist so vorbereitet, dass es keinen Eingriff in die Landschaft geben wird; denn
sie kann komplett angeliefert und auf die vorhandenen Widerlager aufgesetzt werden. Insofern ist
die Konstruktion letztendlich einfacher.
Schneller als innerhalb dieser wenigen Monate
eine solche Konstruktion zu realisieren, das ist
vonseiten einer öffentlichen Verwaltung überhaupt nicht möglich. Das kann vielleicht ein Privater machen, der das unter der Hand verhandelt.
Aber für die öffentliche Verwaltung ist das nicht
möglich. Es stand bei uns immer im Vordergrund,
das so schnell wie möglich zum Wohle der Leute
vor Ort zu regeln.
Oberbürgermeister Jung: Herr Rothkegel.
Stadtrat Rothkegel (CDU): Mich ärgert, dass
man vonseiten der Verwaltung immer nur hört:
S e i t e | 36
Das ist nicht möglich. Ich weiß nicht, was der Bürger darüber denkt. Ich bin gespannt, was der Bürger sagen wird, wenn die Brücke abgebaut worden ist und sechs Monate lang dort nichts passiert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie im Mai
Widerlager bauen, wenn die jetzt noch gar nicht
ausgeschrieben sind. Wann wollen Sie die Widerlager bauen? Wie wollen Sie das machen? Das ist
für mich unverständlich.
Bei einer Planung muss immer auch eine Interimslösung mitgeplant werden. Dass das hier
nicht gemacht wurde, verstehe ich nicht. Jetzt ist
das Kind fast in den Brunnen gefallen, aber das
bedeutet leider: ein Jahr lang keine Nutzung dieser Brücke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Engelmann.
Stadtrat Engelmann (DIE LINKE): Liebe Kollegen, das hätte eigentlich im Fachausschuss diskutiert werden müssen, damit man weiß, worüber
man hier überhaupt abstimmt. Wenn ich es richtig
verstanden habe, wird die alte Brücke Ende Mai
abgerissen. Nach der Vorstellung einiger hier soll
danach eine Behelfsbrücke errichtet werden, die
schon nach zwei Monaten wieder abgerissen werden muss, damit ab September die neue Brücke
errichtet werden kann. Das ist doch absurd. Wenn
dem so ist, wie Frau Dubrau es hier jetzt dargestellt hat, kann ich diesen Vorschlag nicht nachvollziehen. Liebe Kollegen, wir können doch nicht
den Leuten suggerieren, es wäre dort ein Behelf
möglich, wenn das gar nicht geht. Die Leute fühlen sich doch veralbert.
Oberbürgermeister Jung: Frau Körner.
Stadträtin Körner (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Warum
habe ich für den Antrag plädiert? Der Antrag sagt
aus, dass im April noch einmal geprüft wird, ob es
möglich ist - und das ist neu; das liegt erst seit
gestern vor -, auf der Brücke ein Interim anzubringen. Wenn die Prüfung ergibt, dass das nicht auf
der Brücke geht, weil sie definitiv schon Ende Mai
abgerissen wird, obwohl erst ab Herbst gebaut
wird, dann ist es so. Uns war wichtig, dass das
geprüft wird - das Neue war ja: auf der Brücke und
nicht neben der Brücke -, damit das eindeutig geklärt ist.
Wir hören uns das alles hier jetzt an. Aber in den
Ausschüssen war es sichtlich - das muss man so
sagen - nicht so klar, wie ein Ersatz aussehen
könnte, damit Senioren-Union oder andere Ver-
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
fechter des Behelfsbaus eben nicht sagen können: „Wir sind dafür“, obwohl das technisch gar
nicht möglich ist. Deshalb diese Klarstellung.
Der Antrag fordert ja nicht: Baut diese Behelfsbrücke!, sondern: Prüfen Sie bitte bis Ende April, ob
das geht oder nicht, ob die Kosten darstellbar
sind, ob das Angebot des THW geht oder nicht,
und nur dann. Die Punkte 2 und 3 betreffen ja die
zukünftige Brücke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Volger.
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Teile meiner
Fraktion, sicherlich nicht alle, werden dem zustimmen. Aber seien wir ehrlich! Es ist vollkommen
egal, ob wir heute diese Wichtige Angelegenheit
positiv oder negativ bescheiden. Das Verfahren
für eine mögliche Zwischenlösung wird so viel Zeit
in Anspruch nehmen, dass es vollkommen egal
ist, was wir heute entscheiden. Es wird keine Zwischenlösung geben, auch wenn wir sie uns noch
so sehr wünschen. Ja, ich persönlich wäre auch
für eine Zwischenlösung gewesen. Die wird jetzt
aber nicht mehr realisiert werden können. Von daher verstehe ich die ganze Aufregung und Vehemenz der Diskussion nicht.
Letztendlich ist das ein politischer Antrag, zu dem
wir sagen können: Ja, wir hätten uns dort eine
Behelfslösung vorgestellt. Das hat nicht funktioniert. Die Verwaltung wird das weiter prüfen. Die
Verwaltung hat im Verwaltungsstandpunkt ausgeführt, warum es nicht funktionieren kann und welche rechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten
sind. Von daher sollten wir die Kirche im Dorf lassen und jetzt zur Abstimmung kommen. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Wenn ich das richtig
einschätze, entfällt Beschlusspunkt 1, weil die
Prüfung bereits erfolgt ist. Ich schlage vor, jetzt zu
den Punkten 2 und 3 einen Beschluss zu fassen.
Bitte schalten Sie Ihr Abstimmgerät ein und geben
Sie Ihr Votum zu den Beschlusspunkten 2 und 3
ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 62 - 1 - 1.
10.2
Einrichtung einer Tempo-30-Zone in der
William-Zipperer-Straße im Bereich zwischen Erich-Köhn-Straße und Roßmarktstraße - Beschlussfassung (VIWA-05373-DS-02-NF-01)
Einreicher: Stadtbezirksbeirat Alt-West
10.2.1 dazu VSP (VI-WA-05373-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
S e i t e | 37
Herr Holzendorf, bitte schön.
Holzendorf (Stadtbezirksbeirat Alt-West): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Bürgermeisterinnen! Liebe Bürgermeister! Sehr geehrte
Stadträtinnen und Stadträte! Nach einer so heftigen Diskussion unsere Wichtige Angelegenheit
einzubringen, ist schwierig. Ich werde es trotzdem
versuchen. - Der Stadtbezirksbeirat Alt-West hat
derzeit zwei Wichtige Angelegenheiten eingebracht. Eine ist im Verfahren hängen geblieben,
dazu sage ich nichts. Aber zu der anderen sage
ich jetzt etwas.
Ich will zunächst darauf hinweisen, dass sie noch
die falsche Überschrift trägt, nämlich „Einrichtung
einer Tempo-30-Zone in der William-ZippererStraße“. Die Verwaltung hat uns schon deutlich
gemacht, dass das auf einer Hauptverkehrsstraße nicht geht. Die William-Zipperer-Straße ist
eine Hauptverkehrsstraße. Daher ist es nicht
möglich, dort eine Tempo-30-Zone einrichten.
Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsstandpunkts haben wir unsere Wichtige Angelegenheit
um zwei Beschlusspunkte erweitert und diese
Neufassung so auch in den Fachausschuss
Stadtentwicklung und Bau eingebracht. Diese
Neufassung müsste Ihnen vorliegen; sie ist heute
von Frau Kreuzmann verteilt worden.
In Beschlusspunkt 1 übernehmen wir den Verwaltungsstandpunkt der Stadtverwaltung, in dem gesagt wird: Es wird geprüft, ob im Abschnitt zwischen Erich-Köhn-Straße und Roßmarktstraße
ein Radschutzstreifen eingerichtet werden kann.
Allerdings wollen wir, dass diese Prüfung ausgeweitet wird. Daher haben wir in Beschlusspunkt 3
formuliert: Prüfung der Fortführung des Radschutzstreifens bis zur Demmeringstraße.
Oberbürgermeister Jung: Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Ruhe. - Entschuldigung, Herr
Holzendorf. Bitte, fahren Sie fort.
Holzendorf (Stadtbezirksbeirat Alt-West): Wir
wollen, dass geprüft wird, ob die Einrichtung einer
Tempo-30-Zone zwischen der Demmeringstraße
und der Erich-Köhn-Straße möglich ist. Der Verwaltungsstandpunkt besagt: Dort wäre vielleicht
ein Radschutzstreifen möglich, aber nur bis zur
Roßmarktstraße. Daraufhin sagen wir als Stadtbezirksbeirat: Dann prüft das doch bitte bis zur
Demmeringstraße vollständig durch. Man baut ja
auch keine Autobahnen mit 500 Meter Feldweg
dazwischen. Aber bei einem Radverkehrsstreifen
soll das so gemacht werden. Das können wir nicht
verstehen. Deshalb haben wir das als Beschlusspunkt 3 eingebracht.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Ich springe zu Beschlusspunkt 2. Wir wollen,
dass, wenn der nördliche Bereich des Lindenauer
Marktes zur Fußgängerzone wird, noch einmal
geprüft wird, ob zumindest dieser Bereich dann
aus dem Hauptverkehrsstraßennetz Leipzig herausgelöst werden kann.
Den Beschlusspunkt 4 bringen wir im Sinne der
Anwohner ein, nämlich die Prüfung der Einrichtung einer temporären, aber eben nicht amtlichen
Geschwindigkeitsmessung für diesen Bereich.
Grund dafür ist, dass die William-Zipperer-Straße
zwischen Leutzsch und Lindenau erst relativ gerade verläuft, dann aber in diesem Bereich plötzlich kurvig wird. Das heißt: Die Autos fahren oft mit
überhöhter Geschwindigkeit in diesen Bereich
hinein. Ein Emoticon mit einem bösen Gesicht
beispielsweise könnte den Autofahrern signalisieren, dass sie hier etwas langsamer fahren müssen. Das wäre ganz praktisch.
Ich will abschließend noch Folgendes sagen: Wir
haben das im Stadtbezirksbeirat Alt-West einstimmig beschlossen, einschließlich der drei ergänzten Punkte. Dann waren wir im Fachausschuss
Stadtentwicklung und Bau. Dort wurde die Neufassung auch einstimmig votiert. Zudem hat Herr
Jana als zuständiger Amtsleiter zugesagt, dass er
genau diese drei Punkte in den Verwaltungsstandpunkt übernehmen will, was bisher noch
nicht passiert ist bzw. zumindest so noch nicht im
ALLRIS steht. Deswegen sage ich das hier noch
einmal und bitte um Zustimmung zu dieser Wichtigen Angelegenheit in Alt-West. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Riekewald.
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen
und Kollegen Stadträte! Liebe Gäste auf der Tribüne und am Livestream! Vorab: Wir werden dem
Antrag des Stadtbezirksbeirats zustimmen. Wir
hätten übrigens auch der Ursprungsfassung zugestimmt.
Wir LINKE halten die Reduzierung des Tempos
auf 30 km/h auch auf Hauptstraßen für sinnvoll.
Wir wissen, dass es dazu einer Änderung der Gesetzgebung bedarf. Aber es ist wie so oft bei der
Verkehrspolitik: Jeder schiebt es auf den anderen.
Die Kommunen sagen: Das dürfen wir nicht. Von
der Landesregierung heißt es auf Nachfrage,
dass man eine entsprechende Änderung nicht für
notwendig halte, da es keinen Bedarf gäbe. Das
kommt mir sehr bekannt vor aus einer anderen
Diskussion. Die William-Zipperer-Straße ist der
beste Beweis, dass doch Bedarf besteht. Man
kann offensichtlich Dinge nur in Bewegung setzen, wenn man als Kommune einfach mal den Bedarf anmeldet.
S e i t e | 38
Die geänderte Fassung der Wichtigen Angelegenheit findet auch unsere Zustimmung. Wir hoffen nur, dass sich, wie in Punkt 2 erwähnt, die Änderung der Verkehrssituation am Lindenauer
Markt nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag verschiebt. Wir bitten daher um eine Protokollnotiz oder zumindest um eine Auskunft, bis wann die
Stadtverwaltung gedenkt, diese Änderung herbeizuführen. Ansonsten würde Beschlusspunkt 2
keinen Sinn machen.
Bezogen auf Punkt 4 fordern wir die Stadtverwaltung auf, bei positiver Prüfung nicht erst wieder
auf die nächste Wichtige Angelegenheit des
Stadtbezirksbeirats Alt-West zu warten, sondern
die Einrichtung der Geschwindigkeitstafeln zügig
voranzutreiben. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. - Möchten Sie noch etwas
dazu sagen, Frau Dubrau? - Eigentlich ist alles
gesagt.
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Ich hatte
eben um eine Auskunft gebeten. Wir haben hier
schon des Öfteren erlebt, dass der Zeitplan sich
ändert, wenn es konkret wird. Mich würde interessieren, wann die Änderung der Verkehrssituation
am Lindenauer Markt umgesetzt wird.
Oberbürgermeister Jung: Frau Dubrau, bitte.
Bürgermeisterin Dubrau: Im Verwaltungsstandpunkt steht, dass wir das im zweiten Quartal prüfen. Auch wenn der zu prüfende Abschnitt jetzt etwas länger ist, würde ich dennoch beim zweiten
Quartal bleiben.
Oberbürgermeister Jung: Wir kommen zur Abstimmung. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir fahren fort mit Anträgen in zweiter Lesung.
14.13 Ausführung des Geh- und Radweges
über den Sportplatz Lützschena zum
Zipfel (OR 0010/17) (VI-HP-03713)
Einreicher: Ortschaftsrat Lützschena-Stahmeln
14.13.1 dazu VSP - Neufassung (VI-HP-03713VSP-02)
Einreicher: Dezernat Umwelt, Ordnung,
Sport
Bitte schön, Frau Ziegler.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Ortsvorsteherin Ziegler: Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Verehrte Stadträte! Werte
Gäste! Ich möchte mich ganz kurz fassen. Gehund Radwege sind wichtige Angelegenheiten für
die Ortschaften. Deshalb hatten wir den Antrag,
einen Geh- und Radweg über den Sportplatz zu
installieren, im Rahmen der letzten Haushaltsdiskussion eingebracht. Dort ist er in das Nordraumkonzept verwiesen worden. Es wurde eine Prüfung veranlasst. Der jetzt vorgeschlagene Weg ist
auch der, der die Zustimmung des Ortschaftsrats
findet. Wir können also den Verwaltungsstandpunkt abstimmen lassen.
Leider habe ich versäumt, noch zwei Bänke zu
beantragen. Diese sind natürlich nicht im Verwaltungsstandpunkt enthalten. Vielleicht kann man
das über die Mittelanmeldung für die Planung im
Nordraumkonzept nachholen. Also: Ich bitte den
Verwaltungsstandpunkt abzustimmen mit dem
Zusatz, noch zwei Bänke vorzusehen. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es weitere Wortmeldungen? - Dann stimmen wir im Einvernehmen mit Frau Ziegler über den Verwaltungsstandpunkt ab mit dem Zusatz, noch zwei Bänke vorzusehen. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Dann ist das so beschlossen inklusive zwei Bänken.
14.14 Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung (VI-A-05378)
Einreicher: CDU-Fraktion
14.14.1 dazu VSP (VI-A-05378-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
14.14.2 dazu ÄA (VI-A-05378-ÄA-02)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Ich schlage Ihnen vor, an dieser Stelle auch TOP
14.15 inklusive der damit verbundenen Änderungsanträge sowie TOP 14.16 aufzurufen und
alle diese Punkte gemeinsam zu debattieren. - Ich
sehe Einverständnis.
14.15 Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Leipzig (VI-A04957)
Einreicher: Ortschaftsrat Engelsdorf
14.15.1 dazu ÄA (VI-A-04957-ÄA-02)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
14.15.2 dazu ÄA (VI-A-04957-ÄA-04)
Einreicher: Stadtrat S. Schlegel
14.15.3 dazu VSP (VI-A-04957-VSP-03)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
S e i t e | 39
14.16 Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung in der Ortschaft Lützschena-Stahmeln (VI-A-05613-NF-02)
Einreicher: Ortschaftsrat Lützschena-Stahmeln
14.16.1 dazu VSP (VI-A-05613-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Zunächst hat Herr Tornau für die CDU-Fraktion
das Wort.
Stadtrat Tornau (CDU): Ich bin froh, dass das
jetzt kein emotionales Thema wird. - Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kollegen!
Liebe Gäste! „Satzung der Stadt Leipzig über die
Erhebung von Beiträgen für straßenbauliche
Maßnahmen“ - so sperrig schon der in feinstem
Bürokratendeutsch gehaltene Titel der Satzung
klingt, so problematisch und in der Bürgerschaft
unbeliebt ist deren Inhalt. Schon die Beschlussfassung über die Satzung im Jahr 1996 erfolgte
sozusagen unter Schmerzen. Die Verwaltung
musste erhebliche Überzeugungsarbeit leisten,
um dafür eine Mehrheit im Rat zu finden. Schon
damals war das Unverständnis darüber groß, warum es zur Finanzierung eines intakten Straßennetzes als öffentliche Pflichtaufgabe neben dem
allgemeinen Steueraufkommen noch einer Sonderabgabe der anliegenden Grundstückseigner
bedarf.
Was ist seitdem passiert? Pro Jahr nimmt die
Stadt bestenfalls 2 Millionen Euro Anliegerbeiträge ein. Hart verdientes Geld: Die beitragsfähigen Kosten müssen ermittelt und dann exakt auf
die einzelnen Anliegergrundstücke aufgeteilt werden. Es gibt Informationsveranstaltungen, wo den
Betroffenen ihre Zahlungspflichten nahe gebracht
werden, oft verbunden mit vielfachen Gesprächen
und Schriftwechseln. Die förmlichen Einzelbescheide müssen gerichtsfest erstellt werden. Oft
gibt es danach Widerspruchsverfahren, manchmal auch Gerichtsverfahren. Der Verwaltungsaufwand ist also immens und frisst einen großen Teil
dieser Einnahmen wieder auf. Was bleibt, ist vielfach Frust und Unverständnis bei den betroffenen
Anliegern. Daher ist unser Fazit: Der politische
Schaden durch Erhebung dieser Beiträge ist größer als der fiskalische Nutzen für die Stadt.
All dies ist kein alleiniges Problem der Stadt
Leipzig, sondern vielfach Realität in deutschen
Städten und Gemeinden. Im Jahr 2007 stellte für
den Freistaat Sachsen das Oberverwaltungsgericht Bautzen die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ausdrücklich in das Ermessen der Kommunen.
Im Jahr 2008 brachte die CDU-Fraktion einen Antrag zur anliegerfreundlichen Neufassung der Satzung ein. Neben einer Senkung der Beitragssätze
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
ging es unter anderem um bessere Anliegerbeteiligung und um die Themen „aufgestauter Reparaturbedarf“ und „Straßenübernutzung“. Damals
vertrat die Kommunalaufsicht die strikte Rechtsauffassung, dass die Stadt Leipzig aufgrund ihrer
Haushaltsprobleme keinen Ermessensspielraum
habe, die Beitragssätze nicht einmal senken und
schon gar nicht die Satzung aufheben dürfe.
Seitdem hat sich beim Haushalt der Stadt Leipzig
viel getan, und zwar zum Guten. Aus unserer
Sicht hat die Stadt nun ihren Ermessensspielraum
zurückgewonnen. Auch die Kommunalaufsicht ist
offensichtlich zu diesem Schluss gekommen;
denn in ihrer Stellungnahme vom 26. März dieses
Jahres heißt es, dass die Stadt Leipzig nunmehr
über eine ausreichende finanzielle Leistungsfähigkeit für den Straßenbau verfüge und dass die
Behörde einer Aufhebung der Satzung keine
durchgreifenden rechtsaufsichtlichen Bedenken
entgegenstellen könne. - Liebe Kollegen, wir sind
somit frei in unserer Entscheidung, und ich bitte
Sie, diese Freiheit zu nutzen und das Kapitel Straßenausbaubeiträge nunmehr zu beenden.
Der Alternativvorschlag der Verwaltung mit seinen
vielen Prüfaufträgen ist für uns keine wirkliche Alternative. Schon der damalige Antrag auf anliegerfreundliche Satzungsneufassung endete in einer Beschlusslage mit Prüfaufträgen und einer Arbeitsgruppe. Passiert ist am Ende nichts. Mit einer
bloßen Senkung der Beitragssätze wäre niemandem wirklich geholfen. Der eingangs beschriebene Verwaltungsaufwand bliebe faktisch derselbe, allerdings bei deutlich reduzierten Einnahmen. Das Missverhältnis zwischen Aufwand und
Ertrag würde also noch größer. Nein, wir sollten
heute die Entscheidung treffen: ganz oder gar
nicht. Wir als CDU-Fraktion plädieren für „gar
nicht“.
Aufgrund der Bedeutung des Themas, Herr Oberbürgermeister, beantragen wir namentliche Abstimmung. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Engelmann.
Stadtrat Engelmann (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen
Stadträte! Liebe Gäste! Im Jahre 1996 war die
Stadt Leipzig in einer außergewöhnlichen und
sehr seltenen Situation: Das Geld für die kommunalen Aufgaben reichte nicht für die pflichtigen geschweige denn für die freiwilligen Aufgaben. Damit der Freistaat nicht in die Bresche springen
musste, legte die damalige CDU-Regierung fest,
dass die Kommunen sich einen Teil ihrer Ausgaben über eine zu verabschiedende Straßenausbaubeitragssatzung zurückholen können, ja müssen, sonst werde es keine Fördergelder mehr geben.
S e i t e | 40
Gegen diese sich nun in der Stadt Leipzig abzeichnende Satzung machte die damalige PDSFraktion Front, weil damit nach unserer Ansicht
der Gleichbehandlungsgrundsatz gebrochen
wird, die Wohnkosten hochgetrieben werden und
letztlich einzelne Familien über lange Jahre ihre
finanzielle Unabhängigkeit verlieren können. Wir
haben damals wie heute die Meinung vertreten:
Die Straßenausbaubeitragssatzung stört im erheblichen Maß den sozialen Frieden.
Der damalige CDU-Kämmerer peitschte die Satzung durch. Es kam, wie es kommen musste: Die
Bürger erhielten ihre Bescheide und wussten teilweise nicht mehr ein noch aus; denn damals
herrschte Massenarbeitslosigkeit. Leipzig war die
Armutshauptstadt Sachsens. Den Höhepunkt erreichte die Respektlosigkeit im Umgang mit den
Bürgern in der Siedlung Grünau. DIE LINKE hat
immer wieder versucht, diese Satzung auf dem
Gesetzesweg abzuschaffen, damit der Gleichbehandlungsgrundsatz für alle Bürger Deutschlands
eingehalten wird.
Nun, das ist inzwischen 22 Jahre her. Damals versprachen die Stadträte der CDU, FDP und SPD,
zu gegebener Zeit diese Satzung wieder abzuschaffen. Es gab dann einen Scheinversuch - das
haben Sie gerade richtig dargestellt -, die Beitragssätze zu senken. Aber für den Bürger selbst
tat sich faktisch nichts.
Im Laufe der Zeit haben die Bürger den Spieß umgedreht. Die Forderungen nach grundhaftem Ausbau der Straßen gingen merklich zurück. Es gründeten sich teilweise Bürgerkomitees gegen den
Ausbau der Straßen vor dem Haus, in dem sie
wohnten, so geschehen in der Leipziger Buttergasse, einem tief urbanen Gebiet. Inzwischen
sind in Leipzig fast alle Straßen unsaniert. Es ist
faktisch so: Wenn Sie sich in der Autowerkstatt
neue Reifen aufziehen lassen, haben Sie, wenn
Sie zu Hause ankommen, nur noch Karkassen
drauf. Meine Damen und Herren, ich bin so vermessen und behaupte: Dass der schlimme Straßenzustand so ist, wie er ist, liegt letztlich auch an
der Straßenausbaubeitragsatzung. Es gibt inzwischen Angst davor, grundhafte Erneuerungen
durchzuführen, weil der Widerstand so groß ist.
Lassen Sie mich noch einen draufsetzen. Die Notsituation der Stadt, einen genehmigungsfähigen
Haushalt zu bekommen, führte zu weiteren Versprechungen an die Bürger. So wurde von allen
Fraktionen, auch der unseren, versprochen, den
Grundsteuerhebesatz, den man damals erhöhen
musste, wieder zu senken. Auch dieses Versprechen konnte nicht eingehalten werden. Die Ergebnisse sind fatal. Die Bürger wenden sich angewidert von uns ab. Wahlbeteiligungen von 40 Prozent sind die Quittung dafür. Lassen Sie uns heute
ein wenig Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.
Schaffen wir diese Satzung zum 01.01.2019 ab!
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Wir haben nochmals diskutiert, ob die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge zulasten sozial
Schwacher geht. Dies wurde widerlegt. Letztlich
müssen auch die Mieter die höheren Kosten tragen, da die Straßenausbaubeiträge in den Mieten
eingepreist sind. Eine Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung kann also durchaus als
Mietpreisbremse wirken.
Wo holen wir uns nun die 1,6 Millionen Euro her?
Die Lösung kann sein, dass wir eine vernünftigere
und koordiniertere Vorgehensweise bei der Reparatur und dem Ausbau von Straßen durchsetzen.
Ein Beispiel: Es ist für den Bürger völlig unerklärlich, wenn die LVB auf einer erneuerten Straße
plötzlich die Gleise erneuert, danach die Telekom
kommt und uns das schnelle Internet bringt, vier
Wochen später dort eine neue Gasleitung gelegt
wird und uns nur wenig später einfällt, dass auch
die neu gebauten Hauser angeschlossen werden
müssen. Dann ist die neue Straße schon hin, bevor der nächste Winter kommt; Beispiel: Dieskaustraße.
Wir müssen beim Preise des Untergangs die Arbeiten koordinieren, und es muss gelingen eine
einigermaßen sinnvolle Kostenteilung hinzubekommen. Wir haben in der Stadt Leipzig alles in
einer Hand: ÖPNV, Straßenbau, Wasser und
Energie. Hier liegen die Reserven, um die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge schmerzfrei zu kompensieren. - Ich danke Ihnen.
Oberbürgermeister Jung: Herr Oßwald.
Stadtrat Oßwald (SPD): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Werte Stadträtinnen und
Stadträte! Werte Gäste! Ein paar offene Worte
vorweg: Wir haben es uns mit den vorliegenden
Anträgen zur Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung nicht leicht gemacht. Wir haben heftig und sehr emotional diskutiert; das geht gar
nicht anders bei diesem Thema. Wir sind zu unterschiedlichen Ansichten gekommen, werden
aber den Anträgen mehrheitlich zustimmen.
Keine andere kommunale Satzung ist in Deutschland so umstritten wie die Straßenausbaubeitragssatzung. Hunderte anhängige Klagen, überforderte Verwaltungsangestellte und Juristen,
deutschlandweit zahlreiche Anwohner- und Bürgerinitiativen sprechen eine klare Sprache, welche Akzeptanz und Rechtsprobleme diese Satzung verursacht hat. Die Meinungen reichen von
grundsätzlicher Ablehnung über Straßenerneuerung sei eine Aufgabe der Daseinsvorsorge und
daher von der Allgemeinheit zu tragen bis zur Ablehnung wegen vieler Ungerechtigkeiten im Detail. Zum Beispiel: Besitzer von Eckgrundstücken
oder von Grundstücken mit viel Hinterland oder
von Grundstücken an einseitig bebauten Straßen
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zahlen mehr. Straßen mit Durchgangsverkehr
werden schneller abgenutzt. Straßen mit Instandhaltungsstau müssen viel teurer saniert werden.
Die Probleme sind sehr vielfältig und sehr emotional für die Betroffenen.
Daher haben die Länder Baden-Württemberg,
Berlin und Hamburg die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen gänzlich abgeschafft. Bayern ist
wegen der anstehenden Landtagswahl gerade
dabei. Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Thüringen, das Saarland, Rheinland-Pfalz und Sachsen stellen es den Kommunen frei, diese Beiträge
zu erheben. In Sachsen haben die beiden anderen großen kreisfreien Städte, Dresden und
Chemnitz, bereits davon Gebrauch gemacht und
erheben diese Beiträge seit geraumer Zeit nicht
mehr.
Ja, Leipzig hat diesen Ermessensspielraum, wie
auch von der Landesdirektion bestätigt. Solange
eine Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen
aus der Liquidität oder durch Kreditaufnahme
möglich ist, liegt es im Ermessen der Gemeinde,
diese Beiträge zu erheben oder nicht. Die größeren Spielräume aus der in 2016 geänderten Entschuldungskonzeption musste Leipzig bis jetzt
noch nicht in Anspruch nehmen, größtenteils wegen der zeitlichen Verschiebung von Investitionen, und konnte weiter Schulden tilgen. Damit ist
das Argument vom Tisch, Leipzig hätte gar keinen
Ermessensspielraum, dafür müsse das Sächsische Kommunalabgabengesetz geändert werden.
Ein weiteres Argument für die Beibehaltung der
Beiträge, das immer wieder angeführt wird, ist das
der wirtschaftlichen Begünstigung der Anlieger
aufgrund der Baumaßnahmen. Dazu muss man
sagen: Die Idee der Straßenausbaubeitragssatzung kommt aus einer anderen Zeit, nämlich aus
der Ära der autogerechten Stadt, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt. Damals galt die Auffassung: Wird die Straße größer, schöner, breiter,
dann ist das auch gut für den Anrainer. Aber heute
gibt es immer mehr Menschen, gerade auch in
Großstädten, die gar kein Auto mehr haben und
andere Verkehrsmittel nutzen. Die wollen nicht
noch dafür zahlen, dass mehr Autos am eigenen
Wohnzimmer vorbeifahren. Daher ist das Argument „wirtschaftliche Begünstigung der Anlieger“
ein sehr zweischneidiges Schwert. Derjenige, der
sein Grundstück nicht verkaufen und dort weiter
wohnen will, kann von der Wertsteigerung des
Grundstücks die Beiträge sowieso nicht bezahlen.
Auch in Bezug auf die Wohneigentumsförderung
wirkt diese Abgabe kontraproduktiv.
Zuletzt noch zum Thema Finanzen. Leipzig hat in
den letzten Jahren - Herr Tornau hat es schon vorgetragen - rund 1,8 Millionen Euro pro Jahr eingenommen. Demgegenüber stehen circa 300.000
Euro Verwaltungsaufwand. Natürlich fehlen diese
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Mittel im Haushalt; das muss jeder hier wissen.
Aber es sind auch 26 Klagen anhängig mit einer
streitbehafteten Summe von 2,7 Millionen Euro
sowie weitere 700.000 Euro an Außenständen.
Wenn man alle vorgetragenen Argumente mit berücksichtigt, dann muss man so ehrlich sein, zu
sagen: Diese Abgabe taugt nicht zur Haushaltskonsolidierung. Sie bewegt sich eher auf dem Niveau der Vermögensteuer.
Entscheidend wird sein, wie es uns zum einen gelingt, den positiven Trend bei der Gewerbesteuer
fortzuschreiben - hier hatten wir in den letzten
zehn Jahren eine Steigerung von 100 Millionen
Euro -, und wie es uns zum anderen gelingt, bei
der Neuordnung der Länderfinanzbeziehungen
ab 2020 den berechtigten Anteil aus der Gemeindesteuer kraft Zuweisung einzufordern. Genau
dort wird finanzpolitisch die Musik spielen. Deswegen wünsche ich Ihnen schon an dieser Stelle,
Herr Oberbürgermeister, großes Verhandlungsgeschick bei den diesbezüglichen Verhandlungen
mit dem Freistaat.
Abschließend: Wir empfehlen dennoch der Verwaltung, sich über den Sächsischen Städte- und
Gemeindetag beim Freistaat Sachsen für eine generelle Streichung aus dem Kommunalabgabengesetz einzusetzen und eine adäquate Gegenfinanzierung einzufordern. Denkbar wäre hier ein
Gemeindeanteil an der Kfz-Steuer, die ja eine
klassische Landessteuer ist. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Dr. Lakowa.
Stadträtin Dr. Lakowa (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister! Liebe
Gäste! Liebe Stadträtinnen und Stadträte! Die
Frage „Straßenausbaubeitragssatzung: ja oder
nein?“ ist aus unserer Sicht nicht leicht zu beantworten, schon gar nicht, um damit verfrühte Wahlgeschenke zu verteilen oder sich ein paar Wählerstimmen zu sichern. Wir Stadträtinnen und
Stadträte haben in unseren Entscheidungsfindungen verantwortungsvoll und mit Weitblick zum
Wohle aller Bürgerinnen und Bürger zu agieren.
Einerseits werden die Beiträge zum Straßenausbau aus Sicht Einzelner als ungerecht empfunden. Das ist zwar nachvollziehbar, aber Eigentum
bringt eben auch Verpflichtungen mit sich. Auf der
anderen Seite können sich Grundstücks- und Immobilienbesitzer im Zuge der neu ausgebauten
Straße - das muss nicht zwingend eine breitere
Straße sein, die mit mehr Verkehr verbunden ist über eine Wertsteigerung ihres Besitzes freuen.
Vielleicht vererben sie das Grundstück mal, oder
es wird zu einem späteren Zeitpunkt verkauft.
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Ein möglicher Wegfall der Einnahmen aus Straßenausbaubeiträgen hat vor dem Hintergrund der
erforderlichen Investitionen im gesamtstädtischen
Haushalt durchaus Gewicht; denn wir wollen
Schulen, Kitas, möglicherweise fortgesetzte Betreuung der Schulbibliotheken. All das muss irgendwie bezahlt werden. Das mag nicht die
größte Position im Haushalt sein, aber es ist nun
mal eine.
Daher haben wir den Verwaltungsstandpunkt als
Änderungsantrag eingereicht. Wir halten es
durchaus für sinnvoll und vernünftig, die Auswirkungen einer so wichtigen Entscheidung noch
einmal vollumfänglich zu prüfen. Es wäre sicher
nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger,
wenn zukünftig kleinere Straßen, vor allen Dingen
in der Peripherie, mangels leerer Stadtkonten
jahrzehntelang nicht saniert werden können; denn
das ist ja keine Entscheidung, die nur in 2019 gilt,
sondern sie wird für die nächsten Jahre gelten.
Wenn in sechs Monaten alle Fakten vorliegen,
können wir in Kenntnis aller Konsequenzen hier
erneut entscheiden.
Oberbürgermeister Jung: Herr Keller.
Stadtrat Keller (AfD): Sehr geehrte Damen und
Herren! Die Straßenausbaubeitragssatzung der
Stadt Leipzig hat einige fachliche und soziale
Mängel. Sie ist streitbar und oftmals ungerecht.
Fachlich ist zu hinterfragen, ob wirklich alle
Grundstücke, die an einer Straße liegen, die ausgebaut wird, eine Werterhöhung erfahren oder ob
der Ausbau so mancher Straße eher der Gesamtstadt nutzt als den Anliegern. Diese Frage ist besonders für den Ausbau von Hauptverkehrs- und
Durchfahrtstraßen zu stellen.
Hinzu kommt das soziale Problem für diejenigen,
die zeit ihres Lebens auf ihrem Grundstück gewohnt haben und im hohen Alter die Gebühren
einfach nicht bezahlen können, die aber aus Altersgründen auch keinen Kredit mehr bewilligt bekommen. Ähnlich geht es jungen Familien, die ein
Grundstück gekauft haben und keine zusätzlichen
Kredite mehr bewilligt bekommen, um die Straße
vor dem Haus mitfinanzieren zu können.
Hinzu kommt eine Gerechtigkeitslücke, weil die
Straßenausbaugebühren nach der Länge des an
der Straße liegenden Grundstückabschnitts bemessen werden. Zur Straße liegende längliche
Grundstücke haben also einen Nachteil gegenüber den an der Straße liegenden breiten Grundstücken. Sie müssen nicht nur mehr bezahlen,
sondern müssen, wenn die Straße fertiggestellt
ist, noch mehr Verkehr ertragen.
Folge solcher Ungerechtigkeiten von sozial und
fachlich nicht ausgewogenen Satzungen sind die
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
häufigen gerichtlichen Klagen und der Unmut unter den Bürgern. Die Gerichtsstreitigkeiten kosten
die Stadt ebenso Geld wie die erforderlichen Bürgerbeteiligungsverfahren, die eher der Beschwichtigung als der Beteiligung dienen. Rechnet man diese Kosten gegen die erwirtschafteten
2,1 Millionen Euro auf, so wird diese Einnahme
noch geringer. Der Unmut und Vertrauensverlust
der Bürger gegenüber unserer Stadtverwaltung
ist mit diesen geringen Einnahmen nicht wieder
wettzumachen.
Die AfD-Stadtratsfraktion empfiehlt die Zustimmung zur Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung sowie die Finanzierung durch den Freistaat, wie es in anderen Städten Sachsens auch
üblich ist.
Dem Antrag des Ortschaftsrats Engelsdorf stimmen wir zu. Den Antrag des Ortschaftsrats Lützschena-Stahmeln lehnen wir ab, weil es ihm nur
um eine partielle Abschaffung der Gebühr, nämlich für eine Straße in dieser Ortschaft, geht.
Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Erheben von Straßenausbaubeiträgen
kann man unter zwei grundsätzlichen Gesichtspunkten sehen. Der eine Gesichtspunkt ist sicherlich ein ganz verständlicher aus Sicht einer Kommune, nämlich das Erzielen von Einnahmen zur
Finanzierung von Aufgaben. Der andere ist eine
Gerechtigkeitsfrage, nämlich ob es angemessen
ist, Grundstückseigentümer in einem bestimmten
Umfang an der Finanzierung der Erschließung
bzw. der Sanierung von Straßen zu beteiligen.
Das sind die beiden grundsätzlichen Argumente,
die wir hinterfragen müssen, um bewerten zu können, ob die Straßenausbaubeitragssatzung den
Anforderungen genügt.
Es ist bereits angesprochen worden, dass die
Höhe der Beiträge in den Jahren höchst unterschiedlich war; aber 1,5 bis 2 Millionen Euro sind
es immer. Mit Blick auf unseren städtischen Haushalt in Höhe von 1,x Milliarden Euro muss man sicherlich unter dem Gesichtspunkt „Einnahmenerzielung zur Finanzierung des Haushalts“ sagen:
Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist für
die Finanzierung des Haushalts der Stadt Leipzig
eigentlich nicht zwingend erforderlich. Dafür gibt
es andere Möglichkeiten. Die Kostensteigerungen
bei einzelnen Vorlagen sind oft höher als das, was
wir jährlich an Straßenausbaubeiträgen einnehmen. Also: Das Argument „Einnahmenerzielung
zur Finanzierung des Haushalts“ trägt hier nicht.
Kommen wir zum Gesichtspunkt „Gerechtigkeit“.
Da stellt sich die Frage: Was ist denn gerecht?
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Natürlich kann man sagen: Jeder soll irgendwie
am Ausbau der Straße finanziell beteiligt werden.
Wenn die Straße ausgebaut wird, steigt unter Umständen auch der Wert des Grundstücks. Aber fallen nicht Grundstückswert und der subjektiv empfundene Wert der Ausbaumaßnahme oft auseinander? Es ist schon angesprochen worden:
neue Straße gleich mehr Verkehr, mehr Lärm.
Subjektiv gesehen kann der Ausbau sogar ein
Nachteil sein, selbst wenn objektiv gesehen der
Wert des Grundstücks steigt und durch einen Verkauf in mehreren Jahren oder Jahrzehnten sogar
realisiert werden kann. Das Dilemma in der öffentlichen Diskussion ist, dass das Gegenwärtige den
Bürgerinnen und Bürgern nur schwer erklärbar ist
und das in der Zukunft Liegende subjektiv nicht
wahrgenommen wird.
Herr Engelmann, Sie haben schon verschiedene
Beispiele genannt. Ich erinnere mich noch an die
Diskussion hier im Stadtrat über ein Vorhaben, bei
dem sich die Anlieger dafür ausgesprochen hatten, dass ihre Straße nach wie vor geschlämmt
bleiben und keinen Asphaltbelag bekommen soll,
weil dann Straßenausbaubeiträge fällig geworden
wären, die sie nicht zahlen wollten. Das führt natürlich schon zu sehr verqueren Diskussionen und
Sachlagen, die wir in der Stadt eigentlich nicht haben wollen. Herr Oßwald, Sie haben auch eine
ganze Reihe von Dingen angesprochen - ich will
sie jetzt nicht wiederholen -, die deutlich machen,
wie problematisch diese Satzung ist.
Schwierig ist das Thema bei den Gesprächen und
Diskussionen, die nicht nur wir, sondern auch alle
anderen Kommunen im Freistaat momentan mit
dem Freistaat Sachsen hinsichtlich der Kommunalfinanzen führen. Es wäre sicherlich einfacher,
wenn wir die Diskussion über die Straßenausbaubeiträge erst im übernächsten Jahr führen würden. Dann wäre das andere Thema schon erledigt. Aber wir können den Bürgerinnen und Bürgern ja schlecht erklären: Wir lehnen uns erst mal
zurück und warten ab, was dabei herauskommt,
und dann rufen wir das Thema erneut auf. Wir
müssen schon jetzt zu einem Ergebnis kommen.
Wenn man das abwägt, nämlich zum einen Einnahmenerzielung und Gerechtigkeit - oder auch
Ungerechtigkeit; beides hängt ja zusammen - und
zum anderen die Diskussion in der Stadt - ich will
nicht sagen: den Unfrieden -, die berechtigten Einwände von Bürgern oder auch das Unverständnis
von Bürgern hinsichtlich staatlichen Handelns,
dann spricht einiges dafür, die Straßenausbaubeiträge nicht mehr zu erheben und die Satzung aufzuheben. Das ist das, was wir auch heute dem
Stadtrat empfehlen wollen.
Hinsichtlich der Einzelanträge der Ortschaftsräte
möchten wir davor warnen, sie heute zu beschließen. Wenn wir etwas beschließen, müssen wir
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
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das für die gesamte Stadt beschließen. Ein Aussetzen nur für Teilbereiche ist rechtlich nicht zulässig.
Fluglärms usw. gehe ich eher vom Gegenteil aus.
Es dürfte zunehmend schwerer werden, von Privat an Privat zu verkaufen.
Ich denke, es ist richtig, wenn wir an die Verwaltung das Signal senden: Wir wollen, dass zukünftig keine Straßenausbaubeiträge mehr erhoben
werden, und ihr einen dementsprechenden Arbeitsauftrag erteilen. Bei der Gestaltung der Aufhebungssatzung müssen wir auch Lösungen finden für momentan im Ausbau oder in der Planung
befindliche Verfahren. Sich darüber Gedanken zu
machen, diese Bitte richte ich ausdrücklich an die
Verwaltung. - Vielen Dank.
Die Grundstücke in den Randlagen sind historisch
etwas größer. Das bedeutet, dass die umgelegten
Kosten sehr hoch sind. Nur weil jemand ein großes Grundstück hat, heißt das aber nicht, dass er
auch viel Geld hat. Oftmals ist es bei uns in den
Randlagen so, dass die Grundstücke vererbt werden. Oftmals ist es auch so, dass in den Häusern
auf den Grundstücken ältere Menschen wohnen,
deren Haupteinkommen die Rente ist. Wenn wir
mal deren Kreditwürdigkeit betrachten, stellen wir
fest: Fehlanzeige! Das wird nichts. Dann bleibt nur
noch die Forderung, es zu verkaufen. Das finden
wir eine Frechheit. Selbst wenn es zum Verkauf
des Grundstücks kommen sollte, würden wahrscheinlich nicht die Preise erzielt, die es braucht,
um das Ganze zu refinanzieren.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hoffmann.
Ortsvorsteher Hoffmann: Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Stadträtinnen!
Sehr geehrte Stadträte! Sehr geehrte Gäste! Der
Ortschaftsrat Lindenthal sieht in erhobenen Straßenausbaubeiträgen mehrere Ungerechtigkeiten
und unterstützt ausdrücklich die Diskussion um
die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in
Leipzig.
Straßen, die viele Jahre nicht den Sanierungsaufwand erfahren haben, der eigentlich nötig gewesen wäre, um den baulichen Zustand zu erhalten,
müssen nun grundhaft saniert werden. Falsche
Prioritätensetzung im Management führte hier zu
schwerwiegenden Auswirkungen. Obwohl wir ein
Unterlassen der Kommune sehen, wird den Bürgerinnen und Bürgern ein Teil dieser Kosten in
Rechnung gestellt. Egal ob zur Miete oder im Eigentum wohnend, alle müssen für die Versäumnisse im Unterhalt der Straßen bezahlen - und
das, obwohl die Bürgerinnen und Bürger dieser
Stadt bereits mit ihren Steuergeldern, unter anderem mit der Grundsteuer - und die ist in Leipzig
recht hoch, wie wir wissen -, eigentlich schon dafür bezahlt haben. Viele Mitbürger sehen es überhaupt nicht ein, dass sie hier noch mal zur Kasse
gebeten werden.
Gerade in den Randlagen ist der Quadratmeterpreis für Grundstücke nicht so hoch wie der in einer Innenstadtlage, aber die Baupreise für Straßen sind die gleichen. Wenn diese über die Straßenausbaubeitragssatzung auf alle umgelegt
werden, führt das zu einer überproportionalen Belastung unserer Anlieger, die auch durch eine vermutete Erhöhung der Grundstückspreise nicht refinanziert werden kann. Da wir gerade bei Grundstückspreisen sind: Glaubt denn hier wirklich jemand, dass sich die Grundstückspreise demnächst so gut entwickeln werden? Glaubt denn
hier wirklich jemand, dass die Preise für Grundstücke bei uns im Norden steigen werden? In Anbetracht der Ausdehnung des Siedlungsbeschränkungsgebiets, des weiter zunehmenden
Am Ende meiner Rede bleibt nur noch das Gesuch des Ortschaftsrats Lindenthal an alle Stadträtinnen und Stadträte, sich bitte für eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge auszusprechen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schlegel.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen
und Herren Stadträte! Verehrte Zuhörer! Eine Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen wird seit
Jahren von vielen Parteien gefordert. Diese kann
aber unmöglich ausschließlich zulasten der Kommunen erfolgen. Bund und Länder kassieren KfzSteuern, Autobahnmautgebühren usw. Möglicherweise bleiben wir bei einem Verzicht auf die Anliegerbeiträge auf den Einnahmeausfällen sitzen.
Man muss sich zumindest dafür einsetzen - darauf zielt auch mein Ergänzungsantrag ab -, dass
sich Bund und Land anteilig an den Kosten aufgrund des Verzichts auf die Anliegeranteile mitbeteiligen. Nur dann können wir mit gutem Gewissen
die Straßenausbaubeitragssatzung, die auch ich
unsozial finde, endlich aufheben.
Soziale Gerechtigkeit ist für mich keine politische
Phrase oder ein Wahlslogan, sondern bestimmt
seit Übernahme meines Mandats 1990 mein politisches Handeln. Dazu bedarf es nachhaltiger und
integrierter Entscheidungen zum Wohle der ganzen Stadt und aller hier Lebenden. Auch sollte jeder für sich selbst prüfen, ob er mit der bedingungslosen Zustimmung zum Antrag nicht vordergründig eigene Vorteile im Sinn hat. Ich weiß,
dass ich damit möglicherweise Wunden aufreiße,
aber das könnte tatsächlich ein Grund sein.
Es ist gesagt worden: Es sind im Schnitt 2 Millionen Euro pro Jahr - und das seit 1996. Das heißt:
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Seitdem sind 40 Millionen Euro eingenommen
worden. Wie werden diejenigen, die bisher treu
und brav ihre Anliegerbeiträge gezahlt haben, entschädigt oder entlastet? Dazu habe ich bisher
nichts gehört. Ich bin mir sicher, dass nach der
Entscheidung auch solche Debatten in der Stadtgesellschaft geführt werden, spätestens im
nächsten Jahr.
Ich möchte auch darauf verweisen, dass die Landesdirektion den Städten ganz locker gesagt hat:
Ihr könnt das alles machen, im Rahmen dessen,
was euer Haushalt hergibt. - CDU und LINKE setzen sich dafür ein, die Kitabeiträge ab 2019 zu
senken. DIE LINKE hat heute einen Antrag zum
kostenlosen Schulessen eingereicht. Im Stadtrat
wird über ein Abbremsen der jährlichen LVBTarifsteigerungen debattiert. Wir müssen überlegen, wie groß unsere finanziellen Spielräume im
Haushalt sind und ob wir mit einem Einnahmenverzicht weiter damit zurechtkommen.
Oberbürgermeister Jung: Frau Wohlfarth.
Stadträtin Wohlfarth (SPD): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren Bürgermeister! Werte Gäste! Ich werde
der Abschaffung dieser Satzung nicht zustimmen,
und dafür habe ich tatsächlich gute Gründe. - Das
können Sie bedauerlich finden; aber Populismus
war noch nie so meins. - Es ist nicht so, dass ich
die Bürger dieser Stadt nicht entlasten will, sondern mir geht es darum, dass die Arbeitsfähigkeit
der Stadtverwaltung erhalten bleibt. Und das sehe
ich nur sehr, sehr bedingt. Die Satzung an sich ist
rechtlich überhaupt kein Problem, sondern ihre
Umsetzung, die Abschnittseinteilung - - Da können Sie von der CDU schon wieder schwatzen
wie Sie möchten; das ändert nichts.
Auch die Annahme der LINKEN, eine Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung sei quasi
eine Mietpreisbremse, stimmt so nicht. Auf den
Mieter dürfen de facto nur Kosten umgelegt werden, die zwei Kriterien entsprechen: a) Sie müssen eine öffentliche Last sein, und b) sie müssen
wiederkehrend sein. Kosten aufgrund von Straßenausbeitragssatzungen sind nicht wiederkehrend und dürfen demzufolge nicht umgelegt werden. Das heißt: Auf Mietwohnungen hat das überhaupt keinen Effekt. Das ist definitiv eine Fehlinformation.
Wir werden durch die Tariflohnsteigerungen, die
seit heute Morgen bekannt sind, jährliche Mehrausgaben von ungefähr 10 Millionen Euro zu
stemmen haben. Nur 9 Millionen Euro sind als
Rücklage eingestellt. Das heißt: Es fehlt 1 Million
Euro.
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Wir haben eventuell Fördermittelverluste, weil niemand weiß, ob der gesamte Eigenanteil gefördert
wird oder nur der Eigenanteil abzüglich dessen,
was Ausbaubeiträge der Bewohner sind. Das
konnte uns noch niemand sicher sagen. Das
heißt: Wir wissen nicht, ob uns hier Geld verloren
geht und, wenn ja, in welcher Höhe.
Wir haben Kostensteigerungen in der Verwaltung.
Wir haben eine wirtschaftliche Lage, die jetzt solide ist. Aber was ist in fünf oder zehn Jahren?
Führen wir dann die Beiträge wieder ein? Das
glaube ich nicht.
Wir haben Personalbedarfe in der Stadtverwaltung angezeigt bekommen. Wenn wir sie alle umsetzen, könnten wir die Ausbaubeiträge problemlos auch dafür einsetzen, um die Stadtverwaltung
personell solide auszustatten.
Was tun wir, wenn es bei Baumaßnahmen wieder
zu Mehrbedarfen kommt? Dass es die geben
wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Oberbürgermeister Jung: Achten Sie auf die
Zeit, Frau Wohlfarth!
Stadträtin Wohlfarth (SPD): Ich habe noch zehn
Sekunden, Herr Oberbürgermeister. - Ich würde
darum bitten, dass Sie sich bewusst sind, worüber
Sie heute abstimmen, und dann auch sagen, wie
Sie das refinanzieren wollen. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Frau Dr. Märtens.
Stadträtin Dr. Märtens (Bündnis 90/Die Grünen):
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur
auf ein Detail hinweisen, das mich sehr verwundert hat. Von allen Fraktionen, die sich hier für
eine Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung aussprechen, höre ich, dass Autoverkehr
den Wert von Grundstücken mindert. Er ist laut, er
stinkt, er stört die Menschen. Sie alle, die das
heute hier gesagt haben, werde ich, wenn wir
über die Mobilitätskonzepte und den STEP Verkehr sprechen, daran erinnern. Autoverkehr ist
schlecht. Denken Sie daran und stimmen Sie
dann mit uns!
Oberbürgermeister Jung: Herr Volger.
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Ich
möchte für meine Fraktion die Verwunderung zum
Ausdruck bringen, dass der Kämmerer zu Beginn
der Debatte dieses Tagesordnungspunkts, der ja
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
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sein Ressort unmittelbar betrifft, fluchtartig den
Raum verlassen hat und bis jetzt nicht wiedergekommen ist. Ich finde das höchst verwunderlich.
Straßenbaulastträger, die Stadt Leipzig, vom Freistaat Sachsen, Straßenbauamt Leipzig, Ablösesummen verlangen müssen. Das wurde nicht gemacht.
Oberbürgermeister Jung: Herr Bonew ist auf
meine Bitte hin ins Russische Generalkonsulat
gefahren, um einen Termin für mich wahrzunehmen, weil ich bei dieser Debatte hierbleiben
wollte.
Wenn heute die Abschaffung nicht beschlossen
wird, verstehen unsere Bürger die Welt nicht
mehr; denn hier ist Unrecht geschehen, und das
muss geheilt werden. Es sind hier schon Summen
aufgerufen worden, weswegen Familien ihr Häuschen wirklich verkaufen müssen. 50.000, 60.000
oder gar 85.000 Euro sollen einige bezahlen. Das
ist nicht leistbar. Das ist nicht zum Lachen. Das
führt zu großer Not.
Frau Opitz.
Ortsvorsteherin Opitz: Sehr geehrte Damen und
Herren! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister!
Es müsste jetzt als Erstes geklärt werden, ob der
Antrag des Ortschaftsrates Engelsdorf rechtswidrig ist oder nicht. Das wurde mir nämlich gestern
Abend im Fachausschuss Allgemeine Verwaltung
suggeriert. Wenn er rechtswidrig sein sollte,
würde ich darum bitten, dass wir eine Neufassung
formulieren dürfen. Wenn er nicht rechtswidrig ist,
würde ich hier weiter ausführen.
Oberbürgermeister Jung: Soll Frau Dubrau
dazu kurz Stellung nehmen?
Ortsvorsteherin Opitz: Ja, bitte.
Bürgermeisterin Dubrau: Kurze Information
dazu: Die vom Ortschaftsrat Engelsdorf beantragte Aussetzung wäre nicht rechtswidrig.
Ortsvorsteherin Opitz: Vielen Dank, meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion. - Es
war sehr viel Unsicherheit dabei.
Ich will es kurz machen. Ich bedanke mich ganz
herzlich bei Herrn Tornau, bei Herrn Engelmann,
bei Herrn Keller. Es sind sehr viele gute Reden
gehalten worden.
Ich stehe hier für die Ortsvorsteher in den Umlandgemeinden, die wissen, welche schwierigen
Verhältnisse wir seit 30 Jahren haben. Wir kommen nicht weiter. Die Straßen werden überhaupt
nicht mehr gemacht. Sie werden immer desolater.
Wir möchten, dass die Straßenausbaubeitragssatzung abgeschafft wird. Wir sehen aber ein begründetes Problem, was hier noch nicht abgeklärt
ist. Die Eingemeindungen verliefen turbulent. Dabei wurden Fehler gemacht. Das Eigentum der
Gemeinden ging an die Stadt Leipzig über. Aber
bei der Übernahme der Kreisstraßen und deren
späterer Umwidmung hätte der übernehmende
Wie gesagt: Es wurde hier schon sehr viel Gutes
gesagt. Ich bedanke mich für die Unterstützung,
die wir bisher bekommen haben, und plädiere,
dem Antrag der CDU zuzustimmen. Dann muss
unser Antrag nicht noch einmal extra abgestimmt
werden. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Ziegler.
Ortsvorsteherin Ziegler: Ich möchte nur kurz zu
den beiden Beschlusspunkten unseres Antrags
Folgendes anmerken: Im Rahmen der Behandlung unseres Antrags in den Fachausschüssen
habe ich gelernt, dass die Ziffer 1 rechtswidrig
wäre. Wir haben den Antrag damals in der Annahme gestellt, dass das schon eine beschlossene Sache ist. Dabei waren erst die Vorinformationen zu diesen Ausbaubeiträgen erfolgt. Mir
wäre es daher wichtig, jetzt zu beschließen, die
Satzung insgesamt abzuschaffen. Dann wären in
der weiteren Abfolge die bereits getätigten Informationen an die Bürger sicherlich obsolet. So ist
es mir gesagt worden. Deshalb würde ich die Ziffer 1, Aussetzung der Anwendung der Satzung für
die Stahmelner Straße, nicht zur Abstimmung
stellen, wenn ich eine entsprechende Klarstellung
bekomme. Die Ziffer 2 unseres Antrags zielt in
dieselbe Richtung wie der CDU-Antrag. Damit
hätte sich unser Antrag also erledigt.
Oberbürgermeister Jung: Gut. - Frau Dubrau,
bitte schön.
Bürgermeisterin Dubrau: Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren
Stadträte und Gäste! Die Verwaltung hat einen
Standpunkt zu den Anträgen vorgelegt und
schlägt alternativ vor, innerhalb von sechs Monaten eine rechtlich und wirtschaftlich vertiefte Prüfung zu den Auswirkungen der Absenkung der
Beträge oder gar zur Aussetzung der Satzung
vorzunehmen und dem Stadtrat zur Entscheidung
vorzulegen. - Ich werde am Ende noch einmal auf
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
dieses Thema zurückkommen, weil das auch dem
Schreiben entspricht, das uns vom Land übergeben worden ist.
Ich möchte intensiv um Ihre Zustimmung zu diesem Verwaltungsstandpunkt werben; mittlerweile
liegt ja auch ein Änderungsantrag einer Fraktion
in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts vor.
Ohne diese vertiefende Untersuchung und eine
darauf basierende Entscheidung würde heute ein
Beschluss gefasst, dessen wahrscheinliche Auswirkungen auf die zukünftigen Möglichkeiten der
Stadt, das vorhandene Straßennetz zu erhalten
bzw. zu sanieren, besser abgewogen werden sollten, als es derzeit nach unserer Auffassung möglich ist. Die Prüfung würde auch dem entsprechen, was die Landesdirektion empfiehlt.
Die Anträge heben im Wesentlichen darauf ab,
dass die Stadt, da sie jetzt leistungsfähig genug
ist, diese Beiträge durch Eigenmittel ersetzen soll.
Meine Damen und Herren, Sie kennen aus den
früher jährlich, jetzt zweijährlich stattfindenden
Haushaltsberatungen - wir werden sie ja demnächst wieder in dieser Runde führen - sowie aus
diversen Ratsanfragen, auf die wir Ihnen Antwort
geben, die bereits mit Straßenausbaubeiträgen
erhebliche Kluft zwischen den verfügbaren Mitteln, die wir für die Straßensanierung und den neubau haben, einerseits und dem tatsächlichen
Bedarf andererseits. Trotz dieses Wissens ist es
selbst durch eine kleine Erhöhung aus Ratsanträgen nie gelungen, diese Schere relevant zu
schließen, weil es eben noch eine Vielzahl anderer ganz wichtiger Aufgaben und zwingender Notwendigkeiten gibt.
Schauen wir, welche Aufgaben wir im Moment zu
stemmen haben und was hier diskutiert wird: der
Verzicht auf die Erhöhung der Kitabeiträge, der
Mehrbedarf für den Zuschuss zum ÖPNV - beides
Millionenwerte -, unsere gemeinsame Aufgabe
des Schul- und des Kitabaus. All das werden wir
in den nächsten Jahren finanzieren müssen, und
das sind nicht wenige Millionen Euro, die wir dafür
aufwenden. Das werden Sie im Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2019/2020 sehen können.
Sie wissen es an vielen Stellen heute schon.
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weiterhin unterbleiben müssen. Insbesondere im
Nebenstraßennetz der Stadt können wir seit Jahren außer Reparaturen kaum grundhaften Ausbau realisieren. Tätig sind wir in den Sanierungsgebieten, wo alle Glück haben, dass wir das dort
über Ausgleichsmittel, manchmal auch über Sanierungsmittel finanzieren können. Mit dem Auslaufen der Sanierungsgebiete - in den nächsten
zwei, drei Jahren werden alle auslaufen - entfällt
auch diese Möglichkeit.
Wir haben riesige Aufgaben im Ersatz abgängiger
Brückenbauten. Ein erstes Beispiel haben wir in
der letzten Sitzung diskutiert. Aber es werden
noch viele weitere hinzukommen, gerade die Brücken aus den 1970er-Jahren, aber auch kleinere
wie die, über die wir heute diskutiert haben. Ein
Beispiel ist die Landsberger Brücke. Viele Jahre
musste die Realisierung des Neubaus zurückgestellt werden, selbst dann noch, als sie bereits gesperrt war, um die notwendigen Eigenmittel, die
nicht im Haushalt verankert waren, aufzubringen.
Von den Aufgaben, die nur im Verkehrsbereich
durch das Wachsen der Stadt entstehen, will ich
hier gar nicht reden. Wir haben diverse Diskussionen zu diesem Thema geführt und haben Aufträge von Ihnen erhalten, zu prüfen, welche zusätzlichen Verkehrsmaßnahmen realisiert werden
können.
Meine Damen und Herren, diese Situation sollte
nicht noch weiter verschärft werden. Lassen Sie
uns rechtssicher abprüfen, wie den Grundsätzen
der Einnahmenbeschaffung gemäß Sächsischer
Gemeindeordnung zu entsprechen ist, wie die
wirtschaftlichen Kräfte der Abgabepflichtigen das betrifft alle Abgabepflichtigen, nicht ausschließlich die beitragspflichtigen Grundstückseigentümer - zu berücksichtigen sind und welche
Auswirkungen die Entscheidung langfristig zum
Beispiel auf die Erfüllung der Verkehrssicherungspflichten haben wird.
Die Finanzausstattung für den Straßen- und Brückenbau wird sich laut Entwurf in den Folgejahren
drastisch verschlechtern. Für die Jahre
2022/2023 ist nach gegenwärtigem Stand ein
Eckwert von 2,9 Millionen Euro Eigenanteil pro
Jahr für Investitionen in den Brücken- und Straßenbau vorgesehen. Das ist Fakt. Das ist ein
Nichts, wenn man weiß, wie viel allein eine Investitionsmaßnahme kostet.
Mit der seit 1996 erfolgten Erhebung der Beiträge
sollen die Sondervorteile - „Sondervorteil“ ist eine
juristische Bezeichnung - für Grundstückseigentümer abgeschöpft werden, die sich aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Verkehrsanlage
von den jeweiligen Grundstücken aus ergeben.
Die ausgebaute Verkehrsanlage ist Voraussetzung für die Nutzbarkeit der betroffenen Grundstücke. Derartige Sondervorteile entstehen für die
Allgemeinheit nicht, sodass abzuwägen ist, bis zu
welchem Maß die entsprechenden Kosten auf die
Allgemeinheit abgewälzt werden dürfen. Ich zitiere hier ein Urteil vom VGH München aus dem
Jahre 2016. Zitat:
Ausbaumaßnahmen in Nebenstraßen werden,
selbst wenn sich der eben genannte Eckwert für
Investitionen in den Straßen- und Brückenbau ab
2022/2023 in Größenordnungen erhöhen sollte,
Es ist kein tragfähiger sozialer oder finanzwirtschaftlicher Grund ersichtlich,
aus dem eine Gemeinde zugunsten der
Eigentümer und Erbbauberechtigten der
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
von beitragsfähigen Straßenbaumaßnahmen bevorteilten Grundstücke auf
die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen mit der Folge verzichten darf, dass
die in Rede stehenden Mittel von anderen aufgebracht werden müssen oder
zur Erfüllung anderer gemeindlicher Aufgaben fehlen.
Es wurde eben gesagt, dass die Grundstückspreise in Leipzig, insbesondere im Bereich der
Einfamilienhaussiedlungen in den Randlagen,
vermutlich eher sinken werden. Wenn Sie einmal
in den Grundstücksbericht 2017 schauen, werden
Sie feststellen, dass für Eigenheim-Grundstücke
der durchschnittliche Quadratmeterpreis innerhalb eines Jahres von 112 Euro auf 169 Euro gestiegen ist. Das ist eine wahnsinnige Erhöhung. In
den letzten Jahren war es ähnlich, wenn auch
nicht ganz so hoch. Die Vermutung liegt nahe,
dass sich das in nächster Zukunft weiter in diese
Richtung bewegt. Das heißt: Insbesondere bei
den großen Grundstücken gibt es auch große
Wertsteigerungen.
Es ist daher nicht nachvollziehbar und anderen
Abgabepflichtigen schwer zu vermitteln, wenn
eine Stadt Kredite aufnehmen würde, um die bevorteilten Grundstückseigentümer zu begünstigen. Dazu kommt - das ist heute auch schon gesagt worden - das Problem, dass bestehende Fördermöglichkeiten vonseiten des Landes und des
Bundes nicht in Anspruch genommen werden
können, je weniger wir an tatsächlichen Eigenmitteln haben, und die würden sich minimieren. Das
heißt: Der Zustand unserer Straßen wird sich permanent weiter verschlechtern.
Ich möchte zum Schluss noch einmal auf das
Schreiben des Freistaats eingehen. Es sind ja
schon einige Ausschnitte hier zitiert worden, nicht
aber das, was als Fazit im letzten Absatz dargelegt worden ist, und das ist im Prinzip das, was ich
Ihnen hier heute vorgeschlagen habe. Zitat:
Angesichts der momentan von der Stadt
zu bewältigenden großen Investitionsaufgaben, vor allem im Schul- und Kitabereich, regt die Landesdirektion Sachsen jedoch vor einer diesbezüglichen
Entscheidung eine genaue Prüfung darüber an, ob die mit der Abschaffung der
Straßenausbaubeitragssatzung einhergehenden Mindereinnahmen auch tatsächlich keinen Einfluss auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt Leipzig
haben. Darüber hinaus sollte die Stadt
Leipzig prüfen, ob der Verzicht auf die
Erhebung von Straßenausbaubeiträgen
Auswirkungen auf die Förderfähigkeit
von Straßenausbaumaßnahmen hat.
S e i t e | 48
Diese Prüfung würden wir Ihnen gerne vorlegen.
Deshalb werbe ich noch einmal für unsere Verwaltungsstandpunkte. - Danke schön.
Oberbürgermeister Jung: Jetzt gibt es noch einmal zahlreiche Wortmeldungen. Wir können die
Debatte natürlich noch eine Stunde weiterführen.
Ich bitte aber, gut zu überlegen, ob es zwingend
notwendig ist, all das zu sagen, was Sie jetzt noch
auf dem Herzen haben.
Herr Schlegel, Herr Morlok, Herr Kopp, Herr Hoffmann haben sich zu Wort gemeldet. Dann in dieser Reihenfolge.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Ich warne ausdrücklich vor
der Annahme des Antrags vom Ortschaftsrat
Lützschena-Stahmeln. Es gibt ein Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg, wo gegen einen Bürgermeister und einen Gemeinderat - - Ich denke,
es sollte eine Klarstellung erfolgen. - Nein, ich
habe nur gesagt: Wenn für die Stahmelner Straße
keine Straßenausbaubeiträge erhoben werden,
dann liegt möglicherweise ein Straftatbestand vor.
Oberbürgermeister Jung: Das Thema ist schon
erledigt. - Herr Morlok.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister, Sie haben vollkommen recht:
Wir sollten die Diskussion, die wir geführt haben,
jetzt nicht erneut führen. Aber die Ausführungen
der Baubürgermeisterin veranlassen mich doch,
etwas zur Klarstellung zu sagen, eher für die Öffentlichkeit als für uns als Stadtrat.
Das Haushaltsrecht in dieser Stadt hat der Stadtrat und nicht die Baubürgermeisterin. Ob und wie
viele Eigenmittel für Straßen, Brücken, Fahrradwege und andere Investitionen zur Verfügung gestellt werden, entscheidet der Stadtrat - nicht der
Oberbürgermeister und nicht die Baubürgermeisterin. Einen Sachzusammenhang herzustellen
zwischen dem Wegfall von Straßenausbaubeiträgen und dem Nicht-mehr-bauen-Können oder
dem Nicht-mehr-sanieren-Können einer bestimmten Brücke ist nicht zutreffend.
Ich hatte schon darauf hingewiesen, dass der Gesamthaushalt der Stadt Leipzig einen Umfang von
über 1 Milliarde Euro hat. Frau Dubrau, Sie haben
das Schreiben der Landesdirektion zitiert, in dem
uns aufgegeben wurde, noch einmal darüber
nachzudenken, ob eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge die Finanzierung des Haushalts
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
infrage stellen kann. Wir reden über 1 bis 2 Promille des Haushalts. Frau Dubrau, ich kann das
abwägen, auch ohne ein halbes Jahr zu prüfen. Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Kopp.
Ortsvorsteher Kopp: Sehr geehrte Anwesende!
Frau Dubrau, ich finde es unfassbar, dass Sie die
künftige Nichtsanierung von Straßen mit dem Bau
von Schulen und Kitas in Verbindung bringen. Ich
habe nur noch die Flüchtlingsproblematik vermisst. Ich muss sagen: Unfassbar!
Als jemand, der aus den Randgebieten kommt,
kann ich bestätigen: Wir können eher damit leben,
dass auch in den nächsten 30 Jahren die Straßen
nur geflickt werden und dass das VTA frei von Bürgerbeteiligung planen kann, als mit der Angst viele Anwohner haben wirklich Angst -, das Haus
zu verlieren, wenn man für den festgesetzten
Straßenausbaubeitrag nicht genug zurücklegen
konnte, weil das Geld schon für die Sanierung des
Dachs draufging.
Die Randgemeinden haben historisch gesehen
größere Grundstücke. Der Rückstau in den Straßen ist phänomenal. Das sind Inkassoprobleme.
Wenn Sie sagen: Wir bleiben bei der Straßenausbaubeitragssatzung, werden sich die Anwohner
weiter dagegen wehren und sagen: Lieber nicht
sanieren, lieber nichts machen. - Das jetzt in einen Zusammenhang mit dem Bau von Schulen
und Kitas zu setzen, finde ich unfassbar. - Danke
schön.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hoffmann.
Ortsvorsteher Hoffmann: Frau Dubrau, vielen
Dank für Ihre Belehrungen in Sachen Grundstückspreise und Verkehrswegesicherheit. Ich
laufe Gefahr, schon wieder einen dicken Hals zu
bekommen. Sie führen an, dass im Fall einer Abschaffung Einnahmen von 1,6 Millionen Euro
wegfallen würden, wobei ja noch die Verwaltungskosten davon abgezogen werden müssen. - Entschuldigung, wir geben hier Gelder aus für glänzende Bügel, die aus dem Boden ragen. Ich weiß
nicht, ob wir da vermuten müssen, dass, wenn
1,6 Millionen Euro weniger in die Kasse fließen,
die Verkehrssicherheit leidet. Entschuldigung, das
erschließt sich mir nicht. Wir warten übrigens trotz
Straßenausbaubeiträgen, die ja immer noch erhoben werden, seit 2013 auf das Straßenschild „Alte
Salzstraße“. Ich glaube, das war mal ein Stadtratsbeschluss. Das ist immer noch nicht da. Also
insofern ...
S e i t e | 49
Oberbürgermeister Jung: Frau Gabelmann.
Stadträtin Gabelmann (Freibeuter): Egal wie
man zur Straßenausbaubeitragssatzung steht, ob
man sie abschaffen möchte oder nicht: Ich finde
es unverständlich, dass viele Ortschaften und Gemeinden, die eingemeindet worden sind, hier jetzt
jammern, dass ihre Straßen nicht ausgebaut worden sind und die Anwohner belastet sind, obwohl
sie, als sie noch eigenständig waren, in Eigenregie entschieden haben, das nicht zu tun, eben wegen der Kosten usw. usf. Ich finde es unverständlich, dass Sie das jetzt der Stadt Leipzig aufdrücken. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Frau Krefft.
Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte
Stadträtinnen und Stadträte! Sehr geehrte Vertreter der Ortschaftsräte! Ich kann die enorme Emotionalität der Debatte nachvollziehen. An dieser
Stelle will ich betonen: Wir sind eine Stadt, und
Stadt schließt die Ortschaften mit ein. Wir sind
Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinnen und
Bürger der gesamten Stadt und damit natürlich
mitverantwortlich, wie die Straßen in den Ortschaften aussehen.
Die Leidenschaftlichkeit, mit der Sie sich hier einbringen, ist zutiefst nachvollziehbar. 28 Jahre
nach der Friedlichen Revolution und der Wiedervereinigung sind die Straßen dort immer noch
nicht gemacht. Dort ist sozusagen das Erbe noch
nicht erneuert und saniert. Darüber kann man natürlich wütend sein. Es aber zum wiederholten
Mal, immer wieder der Baubürgermeisterin in die
Schuhe zu schieben, ist nicht akzeptabel. Das ist
nicht akzeptabel. Der Fluglärm wird ihr in die
Schuhe geschoben; das hatten wir in der letzten
Sitzung. Jetzt sind es die desolaten Straßen. Und
wo ist der Kämmerer? Der ist nicht da.
Herr Oberbürgermeister, ich würde mich sehr
freuen, wenn Sie als Oberbürgermeister - es ist ja
immer auch die Meinung des Oberbürgermeisters, die von den Beigeordneten hier vorgetragen
wird - zum einen hier noch einmal Ihre Position
vortragen würden - sie ist ja auch im Verwaltungsstandpunkt beschrieben; wir haben schon erklärt,
dass wir dem Verwaltungsstandpunkt zustimmen
können - und zum anderen Position beziehen, warum die Debatte nicht auf einen Zeitpunkt verschoben werden konnte, wo der Kämmerer hätte
zugegen sein können. Wir wurden vorab informiert, dass dieser Termin so wesentlich sei, dass
Sie sich hier entschuldigen würden. Dafür hatte
ich großes Verständnis. Nun haben Sie sich doch
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
anders entschieden, und dafür möchte ich gern
eine Erklärung. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Rothkegel.
Stadtrat Rothkegel (CDU): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Werte Stadträte! Frau Gabelmann, wenn Sie nicht wissen, was in den Ortschaften passiert, dann lassen Sie es lieber. Ich
muss sagen: Bei uns in Lindenthal - ich kenne
auch alle anderen Ortschaften - ist zu der Zeit, als
wir noch eigenständige Gemeinden waren, noch
etwas passiert. Seitdem wir Stadt sind, ist nichts
mehr passiert. Das muss ich einmal ganz klar betonen. Wir fühlen uns benachteiligt. - Das zum
Ersten.
Das Zweite ist: Frau Dubrau, Sie unterstellen,
dass für die Sanierung kein Geld da ist - und das
trotz Straßenausbaubeiträgen. Es werden doch
deswegen Straßenausbaubeiträge fällig, weil jahrelang keine Sanierung gemacht wird und man die
Straßen lieber vergammeln lässt. Dennoch soll
der Bürger Ausbaubeiträge bezahlen. Viele Straßen sind alt, sie wurden nicht gepflegt. Warum soll
ein Bürger, dessen Straße nicht gepflegt wird, Beiträge bezahlen, während ein anderer, dessen
Straße gepflegt wird, meinetwegen in der Innenstadt, keine Straßenausbaubeiträge bezahlen
muss? Das ist wohl Ihre Vorstellung von Gerechtigkeit. Die dann wegfallenden Einnahmen gegen
den Bau von Schulen abzuwägen, finde ich absolut nicht in Ordnung. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Zur Geschäftsordnung, Frau Hollick.
Stadträtin Hollick (DIE LINKE): Ich bitte um Abbruch der Debatte. Während wir am Anfang noch
Argumente ausgetauscht und auf sachlicher
Ebene diskutiert haben, fangen wir jetzt an, auf
persönlicher Ebene zu diskutieren und Emotionen
ins Spiel zu bringen, die die Ebene der Sachlichkeit verlassen. Ich bitte um Zustimmung zum Geschäftsordnungsantrag auf Abbruch der Debatte.
Oberbürgermeister Jung: Ich will auf Folgendes
hinweisen: Wenn dem Geschäftsordnungsantrag
auf Abbruch der Debatte zugestimmt wird, kann
noch jeweils ein Mitglied einer Fraktion das Wort
erhalten, das noch nicht zur Sache gesprochen
hat. Danach ist die Debatte beendet.
Auch bei Geschäftsordnungsanträgen gibt es die
Möglichkeit der Gegenrede. Wer möchte dagegen
sprechen? - Herr Tornau.
S e i t e | 50
Stadtrat Tornau (CDU): Ich stimme dem zu, dass
wir schon lange über den Punkt hinaus sind, in der
Sache zu diskutieren. Aber, Herr Oberbürgermeister, das haben Sie sich selbst zuzuschreiben.
Sie hätten diese Rede der Bürgermeisterin unterbinden müssen. Ich finde es tatsächlich politisch
unredlich - das muss ich hier sagen -, Investitionstätigkeiten die Stadt mit der Erhebung dieser Beiträge zu verknüpfen. Bei der nächsten Mehrbedarfsvorlage werde ich Sie daran erinnern.
Oberbürgermeister Jung: Herr Tornau, ich
nehme an, das war eine Gegenrede gegen den
Geschäftsordnungsantrag.
Können wir jetzt zum Geschäftsordnungsantrag
votieren? - Wer ist für Schluss der Debatte? - Gegenprobe! - Enthaltungen?
Abstimmung: Wenige Enthaltungen, einige Gegenstimmen. Mit großer Mehrheit angenommen:
Ende der Debatte.
Es kann - ich betone: kann - jetzt jeweils noch ein
Mitglied jeder Fraktion, das noch nicht zur Sache
gesprochen hat, reden. So ist die Geschäftsordnung.
Herr Haas, bitte.
Stadtrat Haas (CDU): Herr Oberbürgermeister,
vielen Dank. - Ich möchte mich auf die Fakten besinnen und nicht auf die reinen Emotionen. Frau
Dubrau, Sie haben hier dem Stadtrat und den
Menschen dieser Stadt erklärt, dass der Preis für
Bauland von 112 Euro auf 169 Euro pro Quadratmeter gestiegen ist. Ja, das stimmt. Das liegt aber
daran, Frau Dubrau, dass Ihr Amt nicht genügend
B-Pläne erstellt. Die Menschen ziehen mittlerweile ins Umland. Das heißt: Wir verlieren Menschen, die hier zur Schule gehen, die hier nach
wie vor ihren Arbeitsplatz haben. Angebot und
Nachfrage regeln den Preis. Wenn wir mehr Bauland ausweisen würden, würden die Preise sinken, gäbe es ein besseres Angebot, und die Familien könnten in Leipzig bleiben. Mal darüber
nachdenken! Das sind Fakten.
Oberbürgermeister Jung: Herr Pellmann.
Stadtrat Pellmann (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und
Kollegen Stadträte! Verehrte Beigeordnete! Ich
finde es total toll, was ich in der letzten Stunde hier
erlebt habe. - Das ist zumindest eine sachlichere
Debatte als im Bundestag; das stimmt. Aber das
liegt eher an den Kollegen Ihrer Fraktion dort. Darauf will ich jetzt aber gar nicht näher eingehen. Meine Fraktion stand damals, in den 90er-Jahren,
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
S e i t e | 51
relativ allein da, als sie sich gegen die Einführung
dieser Satzung aussprach. Toll finde ich, dass es
jetzt hier im Hause ein breite Mehrheit gibt, die
auch sagt: Das war zu damaliger Zeit vielleicht
richtig, aber die Zeiten haben sich geändert. Wir
brauchen diese Satzung so jetzt nicht mehr. Der
monetäre Ausfall von 1,6 Millionen Euro ist sicherlich leistbar.
Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.
Auch wenn Herr Bonew jetzt nicht da ist, kennen
wir doch die aktuellen Zahlen. Wir haben sprudelnde Steuereinnahmen. Wir haben Mehreinnahmen in verschiedenen Bereichen. Dann sollte
man den Bürgerinnen und Bürgern auch mal etwas zurückgeben. An dieser Stelle sollten wir es
jetzt tun und mit breiter Mehrheit diese Satzung
aufheben. - Danke schön.
Herr Morlok, natürlich hat der Stadtrat das Haushaltsrecht, und natürlich haben Sie im Rahmen
der Haushaltsbefassung zu entscheiden, wie viel
Geld in den Straßenbau, in den Brückenbau, in
den Kitabau, in den Schulbau fließt - aber im Rahmen dessen, was möglich ist, im Rahmen der Genehmigungsfähigkeit. - Das ist das Erste.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es weitere Wortmeldungen? - Herr Hobusch.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es ist dazu eine Menge gesagt worden. Vieles war richtig, manches weniger
richtig. Vieles ist emotional vorgetragen worden.
Herr Oberbürgermeister, Sie haben in dieser Woche angekündigt, Sie würden wegen eines Termins um 19 Uhr die Ratsversammlung verlassen
wollen. Jetzt hat es der Fachbürgermeister für Finanzen getan. Ich frage mich: Warum hat er das
getan, er, dessen Thema das eigentlich ist?
Wir streiten hier um 1,6 Millionen Euro. Ich darf es
noch einmal wiederholen: Wir streiten um 1 Promille des jährlichen Haushalts, über den wir als
Stadtrat entscheiden und zu dem uns die Verwaltung lediglich eine Vorlage vorlegt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden der Aufhebung der
Straßenausbaubeitragssatzung zustimmen. Aber
ich wünsche mir die Verve, die Sie hier an den Tag
gelegt haben, auch bei anderen Diskussionen, bei
denen es darum geht, die Leipzigerinnen und
Leipziger zu entlasten.
1,6 Millionen Euro dürften aufgrund der Situation,
die wir in der Stadt haben, allein schon durch die
gesteigerten Einnahmen aus der Grundsteuer
wieder gedeckt sein; das wage ich einmal zu
prognostizieren. Wie wir auch da Bürgerinnen und
Bürger dieser Stadt - auch die Mieter - wirksam
entlasten können, darüber sollten wir hier mit gleichem Engagement diskutieren.
Liebe Kollegen von der Union, die Art und Weise,
wie Sie sich hier regelmäßig an der Baubürgermeisterin abarbeiten - ob man das, was die Baubürgermeisterin vertritt, politisch teilen kann oder
nicht, das ist eine ganz andere Frage -, die wahrscheinlich eine Rede vorgetragen hat, die ihr aus
dem Finanzdezernat zugearbeitet wurde, finde
ich unter der Gürtellinie. - Vielen Dank.
Gestatten Sie mir auch noch einige Worte. Ich will
an das anknüpfen, was Herr Hobusch gesagt hat.
Eins zu eins ist der Verwaltungsstandpunkt meine
Überzeugung. Frau Kollegin Dubrau hat vorgetragen, was uns insgesamt beschäftigt.
Zweitens. Natürlich ist dieses Thema nicht zuvörderst ein Thema der Finanzen. Das muss man
ganz ehrlich sagen. Es ist eine politische strategische Entscheidung, die letztlich auch die Frage
betrifft: Wie organisieren wir Gesellschaft in diesem Land? Das ist eine ganz spannende Debatte,
Herr Tornau. Was bedeutet Artikel 14 des Grundgesetzes: „Eigentum verpflichtet“? Es ist eben ein
Unterschied, ob man an einer Einliegerstraße als
Sackgasse wohnt, ob man an einer vielbefahrenen Bundesstraße wohnt, ob man an einer seit
100 Jahren nicht sanierten Straße wohnt, ob man
in einem Fördergebiet „Soziale Stadt“ wohnt und
Ausgleichsbeiträge zahlt oder ob man in einem
Einfamilienhaus mit großem Garten am Rande
der Stadt wohnt, wo man die Straßenausbaubeiträge kaum tragen kann, weil das Grundstück viel
zu groß ist.
Der Haushalt der Stadt Leipzig wird nicht zusammenbrechen, wenn wir die Satzung abschaffen.
Aber das wird Folgen haben. Wir machen - das ist
meine große Sorge - für Jahrzehnte die Tür zu. Herr Pellmann, für Jahrzehnte! - Das ist keine Entscheidung, die Sie in drei, vier Jahren wieder aufheben. Das will wohlbedacht sein.
Ich habe die Debatte als sehr engagiert erlebt. Wir
sollten sie trotzdem sachlich führen. Kollegin
Dubrau dafür zu schelten, dass sie in die Bütt
geht, um für Schul- und Kitabau zu streiten, ich
glaube, das ist kein guter Stil. Sie können zu der
Auffassung kommen, Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Jawohl, das Recht haben Sie. Das ist
Ihr vordringliches Recht. Aber ich denke, wir als
Verwaltung haben die Pflicht, darauf hinzuweisen,
dass dies Folgen für die Sanierung vieler Straßen
haben wird. Ja, ich glaube auch nicht daran, dass
dadurch eine Straße mehr saniert wird; nicht eine
einzige. Aber das Geld wird uns fehlen.
Diese Entscheidung wird Konsequenzen haben:
für die Bürgerinnen und Bürgern; klar. Insofern ist
das eine politische Entscheidung. Die Pflicht des
Finanzbürgermeisters, die Pflicht der Baubürgermeisterin ist, darauf hinzuweisen: Wurde wirklich
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
bis in letzter Konsequenz bedacht, was das für die
Fördermöglichkeiten bedeutet? Was ist, wenn wir
plötzlich nicht mehr 100 Prozent der Fördermittel
abrufen können, weil man uns sagt, die Förderbeträge seien nicht ausgeschöpft wegen des Verzichts auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen? Wurde bedacht, was es bedeutet, in einer
Anliegerstraße zu wohnen, die über 400 Meter
lang ist, wo aber nur ein einziges Haus steht, in
die niemand hineinfährt außer Amazon? - Immerhin, ja.
Kurzum: Es ist eine politische Entscheidung. Ich
verstehe die Debatte. Ich verstehe auch den Ärger der Menschen. Glauben Sie mir, ich erlebe
das hautnah vor Ort. Ich habe bisher immer argumentiert: Gegen den Willen der Anwohner wird
keine Straße saniert. - Aber die Folgen sind klar.
Ich bleibe dabei: Die Dimension der Aufgaben der
nächsten Jahre in Bezug auf Schule und Kita haben wir im Stadtrat noch nicht ausführlich und erschöpfend beantwortet. Es kommen schwere Zeiten auf uns zu. Ich will es wenigstens einmal kurz
angedeutet haben, weil sich mir in der Tat der Eindruck aufdrängt: Im Stadtrat scheint sich einzupegeln, dass unsere Haushaltslage so hervorragend
ist, dass wir fast alles können.
Meine Damen und Herren, wir haben heute noch
nicht ansatzweise die Schulen finanziert, die wir
2025 brauchen. Das haben wir nicht. Ich komme
gerade aus Dresden von den ersten Gesprächen
zum Finanzausgleichsgesetz. Im Zuge dieser Debatte kann es zu einer massiven Umverteilung im
Land kommen, nämlich von den kreisfreien Städten zum ländlichen Raum. - Ja, da mache ich mich
stark. Herr Hobusch, am Ende des Tages nutzt
das Starkmachen aber nur, wenn wir mehr in der
Kasse haben. - Das Thema wird uns weiter beschäftigen. Wir stehen vor einem schwierigen
Doppelhaushalt; das kann ich Ihnen jetzt schon
sagen. Die Tarifabschlüsse für den öffentlichen
Dienst, auf die man sich gestern geeinigt hat, werden auch deutlich zu Buche schlagen.
Kurzum: Sie haben es in der Hand. Wenn Sie so
entscheiden, werden wir uns so aufstellen müssen und die nächsten Jahre planen müssen. Aber
das wird Folgen haben. Darauf weise ich hin. Und
ich möchte nicht, dass Frau Dubrau dafür gescholten wird.
S e i t e | 52
Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, VI-A-05378-ÄA-02,
in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts.
Bitte geben Sie Ihre Stimme ab. - Ich schließe die
Abstimmung.
Abstimmung: 17 Ja-Stimmen, 47 Nein-Stimmen,
2 Enthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Abstimmung über den Antrag der CDU-Fraktion,
VI-A-05378. Bitte geben Sie Ihr Votum ab. - Ich
schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 47 - 16 - 3. Wir nehmen diese namentliche Abstimmung zu Protokoll.
Tagesordnungspunkt 14.15. Mit Beschluss des
CDU-Antrags 05378 entfällt eine Abstimmung
über den Antrag des Ortschaftsrats Engelsdorf.
Habe ich Sie richtig verstanden, Frau Opitz? - Der
Antrag ist damit zurückgezogen. Damit entfällt
auch eine Abstimmung über den Änderungsantrag von Herrn Stadtrat Schlegel.
Tagesordnungspunkt 14.16. Zu Protokoll. Ziffer 1,
die Aussetzung der Beiträge für die Stahmelner
Straße, ist zurückgezogen. Die Aussetzung ist
zurzeit nicht möglich, sondern erst, wenn die Satzung aufgehoben ist. Damit entfällt auch Ziffer 2
des Antrags, die Aufhebung vorzubereiten. Ist das
so richtig, Frau Ziegler? - Das heißt: Auch Sie ziehen Ihren Antrag insgesamt zurück.
Damit sind wir am Ende der Debatte zu diesem
Tagesordnungspunkt.
Zur Geschäftsordnung, Herr Schlegel.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister, Sie können das zwar gemeinsam abstimmen, aber Sie können nicht einfach sagen: Der
Änderungsantrag wird nicht abgestimmt, nur weil
der Ortschaftsrat Engelsdorf sagt: In der Sache
geht es um die gleiche Angelegenheit.
Oberbürgermeister Jung: Nein, Herr Schlegel;
tut mir leid.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Dann geht morgen eben ein neuer Antrag von mir ein.
Wir kommen zur Abstimmung.
Tagesordnungspunkt 14.16. Zur Abstimmung
steht der Antrag 05378 der CDU-Fraktion. Dazu
gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts, über den wir zuerst abstimmen. Zum CDU-Antrag war namentliche Abstimmung gewünscht. Wir nehmen das elektronische
Abstimmungsergebnis zu Protokoll.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schlegel, ich
werde das, was Sie in Ihrem Antrag anführen, mit
Sicherheit tun. Aber Sie müssen das verstehen.
Ihr Änderungsantrag bezog sich auf den Hauptantrag, und der Hauptantrag hat sich mit Beschluss
des CDU-Antrags erledigt.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Aber der Antrag
des Ortschaftsrats Engelsdorf ist doch zuerst eingegangen, oder liege ich da falsch?
Oberbürgermeister Jung: Das stimmt. Ich gebe
zu, das ist unglücklich gelaufen für Sie.
14.17 Öffentliche Kennzeichnung der Symbolik des Granitbrunnens auf dem Nikolaikirchhof als Objekt der Erinnerung der friedlichen Revolution (VI-A05453)
Einreicher: AfD-Fraktion
14.17.1 dazu VSP (VI-A-05453-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Kultur
Herr Keller.
S e i t e | 53
Abstimmung: Vier Pro-Stimmen, wenige Enthaltungen. Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu
einem weiteren wichtigen Thema, das die Gemüter noch einmal erhitzen wird. Ich bitte um eine
sachliche Diskussion.
14.18 Eine Eishalle für Leipzig - Prüfauftrag
(VI-A-05046)
Einreicher: Mitglieder des FA Sport
14.18.1 dazu VSP (VI-A-05046-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Umwelt, Ordnung,
Sport
14.18.2 dazu ÄA (VI-A-05046-ÄA-02)
Einreicher: SPD-Fraktion
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
14.18.3 dazu VSP (VI-A-05046-ÄA-03)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
Stadtrat Keller (AfD): Wir wollen mit unserem Antrag eine Aufwertung des Nikolaikirchhofs vor allem für Touristen erreichen. 2003 wurde der Granitbrunnen, ein Entwurf des Londoner Architekturbüros David Chipperfield, auf dem Nikolaikirchhof
eingeweiht. Obwohl in der Ausschreibung zu diesem Brunnen nicht verlangt wurde, einen Bezug
zur Friedlichen Revolution mit diesem Brunnen
herzustellen, erhielt er im Volksmund schnell den
Namen „überlaufendes Fass“ oder auch „Tropfen,
der das Fass zum Überlaufen bringt“. Leipzig als
Stadt der Friedlichen Revolution kann also stolz
darauf sein, dass seine Bürger lange nach dieser
so bewegenden Zeit noch immer dieses Bild im
Kopf haben. Dies nun für Besucher, aber auch für
Leipziger, die sich weniger mit Geschichte befassen, erlebbar zu machen als eine liebenswürdige
Seite Leipzigs, ist unser Anliegen.
Das Argument, dass man an Kunst im städtischen
Raum oder an Kunst insgesamt keine Erklärungen anbringen könne, weil sie für sich stehe, ist
nur ein Indiz für die Unsachlichkeit manches
Stadtrats. Die Stadtverwaltung schreibt in ihrem
Verwaltungsstandpunkt, dass der Brunnen im Internet ausreichend dokumentiert ist. Weshalb sind
dann andere Kunstwerke wie die Demokratieglocke kommentiert worden, die auch im Netz stehen? Zudem schreibt die Stadtverwaltung, dass
grundsätzlich keine interpretierenden Beschilderungen von Kunstwerken und Gestaltungen im öffentlichen Raum vorgenommen werden. Hierzu ist
anzumerken, dass es keinen Stadtratsbeschluss
oder sonstigen Hinweis in geeigneter Form dazu
gibt. Deshalb bitten wir heute den Stadtrat um
seine Zustimmung zu unserem Antrag.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es weitere Wortmeldungen? - Dann kommen wir zur Abstimmung.
Wer stimmt für den Antrag? - Gegenstimmen? Enthaltungen?
14.18.4 dazu VSP (VI-A-05046-ÄA-04)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Herr Zenker hat das Wort.
Stadtrat Zenker (SPD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Dezernenten! Werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Werte Gäste auf
der Tribüne! Ja, Sie bekommen heute mal mit, wie
eine Stadtratssitzung häufig abläuft, wenn auch
nicht immer so emotional. - Das Thema Eishalle
beschäftigt den Sportausschuss schon seit längerer Zeit. Der Sportausschuss hat im letzten Jahr
einen Antrag auf den Weg gebracht mit dem Ziel,
dass die Stadtverwaltung die Möglichkeiten aufzeigt, wie ein Umzug der Eisfläche der Icefighters
bzw. der Spielbetriebs-GmbH, die momentan in
Taucha steht, nach Leipzig gefördert werden
kann.
Der Verwaltungsstandpunkt, der uns seit einem
knappen Monat vorliegt, zeigt auf, dass mit relativ
einfachen Mitteln ein einmaliger Zuschuss von
200.000 Euro für einen Umzug - sei es in eine
Halle, sei es in die gewünschte Halle, den Kohlrabizirkus, oder zunächst auf eine Interimsfläche möglich ist.
Nachdem der Verwaltungsstandpunkt vorlag, haben wir uns im Sportausschuss, aber auch im
Wirtschaftsausschuss intensiv damit auseinandergesetzt. Wie man den zahlreichen Änderungsanträgen zum Antrag der Mitglieder des Fachausschusses Sport entnehmen kann, hat man sich
auf keine gemeinsame Linie einigen können. Vielleicht gelingt uns das heute noch; ich hoffe es.
Die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der SPD
haben sich dafür entschieden, einen Antrag zu
stellen, der mehrere Varianten vorschlägt und der
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
S e i t e | 54
selbst dann noch greifen könnte, wenn die eine
oder andere Variante herausfallen würde. Eine
Variante ist, noch einmal mit dem Landratsamt
Nordsachsen zu sprechen mit dem Ziel einer befristeten Verlängerung der Weiternutzung des Eiszeltes in Taucha. Für den Fall, dass die Gespräche scheitern, sieht die zweite Variante vor, dass
die Stadt Leipzig den Umzug der Icefighters bzw.
der Fläche der Spielbetriebs-GmbH beispielsweise in den Kohlrabizirkus oder, wenn auch das
scheitern sollte, auf eine kommunale Fläche mit
einem Zuschuss unterstützt.
Stadtrat Dr. Bednarsky (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte
Stadträtinnen und Stadträte! Liebe Gäste! Leipzig
wächst und wächst; in fast allen Bereichen können wir dies nachvollziehen. Die Entwicklung im
Sportbereich ist dabei noch einmal überproportional zum eigentlichen Wachstum. Fast 100.000
Mitglieder sind in über 400 Vereinen organisiert.
Und zu diesem Angebot aus Freizeit und Sport
gehört zweifelsohne auch eine Eisfläche am
Standort Leipzig oder in unmittelbarer Nähe.
Wir wie auch die Grünen denken da zum Beispiel
an die städtische Fläche, auf der vor einiger Zeit
noch die Flüchtlingsunterkunft auf dem Deutschen Platz stand. Diese ist befestigt, und es kann
wahrscheinlich dort relativ einfach Strom und
Wasser installiert werden; denn das muss es ja
damals auch gegeben haben. Sprich: Wir wollen,
dass die Stadt noch einmal prüft, ob sie ein geeignetes Grundstück zur Verfügung stellen kann, wo
gegebenenfalls auch das Zelt noch mal aufgebaut
werden kann.
Nach jahrelangen Fehlversuchen und Insolvenzen haben es die Icefighters um deren Geschäftsführung seit 2012 erstmals am Standort Taucha
geschafft, nachhaltig und zuverlässig den Eissport verbunden mit dem öffentlichen Eislaufen zu
etablieren. Hierfür erst einmal meine Anerkennung!
Sollten es nicht zu einer langfristigen Lösung im
Kohlrabizirkus kommen und die Icefighters auch
sonst kein geeignetes Grundstück finden, wo sie
sich einmieten können, sollte die Stadtverwaltung
den Bau einer Eishalle für Leipzig im Rahmen einer Konzeptvergabe ausschreiben, sei es auf einem privaten Grundstück, wo sich Leute bewerben können, oder sei es auf einem kommunalen
Grundstück. Mal sehen, was für Angebote eingehen. In anderen Großstädten sind Investoren bereit, eine Eishalle zu bauen, teilweise ganz ohne
kommunale Förderung. Ich glaube, Leipzig hat inzwischen eine Größe erreicht, dass das auch hier
möglich sein könnte. Wir sollten da auch ein Stück
weit auf die Stärke Leipzigs vertrauen.
Last but not least: Selbstverständlich - das
schließt in gewisser Weise an Beschlusspunkt 4
an - soll die Stadtverwaltung natürlich weiterhin,
wie im Sportprogramm festgeschrieben, nach privaten Investoren suchen.
Genauso war in der Öffentlichkeit zu vernehmen,
dass man zuletzt einen Rückzug in die Stadt
Leipzig anstrebt - nachvollziehbar aufgrund des
deutlich größeren Potenzials an Besuchern und
wirtschaftlichen Sponsoren. Die Geschäftsführung war mehrfach im Fachausschuss Sport, zuletzt am 29. August 2017 mit einer sehr gelungenen und faktisch klar strukturierten Präsentation
bezüglich eines Umzugs in den Kohlrabizirkus
nach Leipzig unter den entsprechenden Voraussetzungen sowie Bedingungen.
Wir müssen uns einmal vor Augen halten: Leipzig
ist die einzige Großstadt mit über 500.000 Einwohnern ohne Eishalle und ohne die Möglichkeit
des öffentlichen Eislaufens. Die wenigen Wochen
auf der Fläche vor der Oper kann man hier sicherlich vernachlässigen. Wenn man Besucher des öffentlichen Eislaufens, der Icefighters-Heimspiele,
sowie der Sommer- und Winterevents zusammennimmt, dann haben über 460.000 Menschen
das Eiszelt, wohlgemerkt in Taucha, besucht. Das
zeigt für uns LINKE unmissverständlich, dass es
hier einen gravierenden öffentlichen Bedarf bzw.
Nachfrage gibt.
Wir hoffen, dass heute zumindest eine kurzfristige
Lösung erreicht werden kann, nämlich dass die
Stadt Leipzig für den Umzug der Icefighters in ihr
vorrangig gewünschtes Ziel Kohlrabizirkus einen
einmaligen Zuschuss in Höhe von 200.000 Euro
bewilligt. Wir hoffen, dass das hier im Stadtrat
eine Mehrheit findet, damit sowohl öffentliches
Eislaufen als auch der Eissport mit all seinen Facetten, von Curling über Eishockey bis Eiskunstlauf, in unserer Region - Taucha gehört ja nicht zu
Leipzig - weiterhin Bestand hat. - Vielen Dank.
Nun ist uns genauso bekannt, dass der Neubau
einer kommunalen Eishalle finanziell im städtischen Haushalt kaum darstellbar ist. Der Antrag
von SPD und LINKE zeigt daher einen Weg, wie
mit verhältnismäßig geringem Aufwand einem
Missstand abgeholfen, der Leipziger Bevölkerung
eine wunderbare Möglichkeit des öffentlichen Eislaufens geboten und den Icefighters Leipzig im
Kohlrabizirkus eine dauerhafte Existenz ermöglicht werden kann. Dass der Umzug mit erheblichen Kosten verbunden ist, darüber wird ganz bestimmt niemand streiten.
Oberbürgermeister Jung: Herr Dr. Bednarsky.
Die entscheidende Frage ist daher: Wollen wir
den Leipzigerinnen und Leipzigern die Möglich-
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
S e i t e | 55
keit des öffentlichen Eislaufens in einer so großartigen Location ermöglichen oder nicht? Wollen
wir damit gleichzeitig den Fortbestand der Icefighters und des Stammvereins mit über 200 Mitgliedern ermöglichen oder nicht? Und unter welchen
Bedingungen wollen wir das?
Chance für eine weitere Aufwertung und Verbesserung unserer Stadt und machen wir sie ein weiteres Stück liebenswerter! Nachhaltig und sinnvoll
liebenswerter - und das ist eine Eishalle in jedem
Fall. - Vielen Dank.
Vollkommen abwegig ist dabei der CDU-Antrag.
Über Jahre hinweg lassen sich Ihre Bundestagsund Landtagsabgeordneten nur allzu gerne im
VIP-Raum sehen und sichern dort medienwirksam jegliche Unterstützung zu. Jetzt aber wird es
ernst. Sie können jetzt diesen Worten endlich Taten folgen lassen. Unser Antrag zeigt eine deutlich
bessere Möglichkeit auf als Ihr Antrag. Offenkundig ist Ihnen Ihr eigener Antrag selbst nicht ganz
geheuer, sodass Sie ihn lieber im nichtöffentlichen
Teil dieser Ratsversammlung vor der Leipziger
Bevölkerung verstecken wollen.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schmidt.
Nein, analog des HCL-Antrages sagen wir LINKE
ausdrücklich, dass wir diesen Umzug unter den
sehr umfassend zu betrachtenden Gesichtspunkten und Vorteilen für die Stadt Leipzig einmalig mit
bis zu 200.000 EUR unterstützen. Wir möchten
den Erhalt dieses Angebots, den Erhalt des
Stammvereins und - wenn auch nicht prioritär den Erhalt der Icefighters Leipzig. Eine detaillierte
und plausible Finanzierungsübersicht wurde in
den entsprechenden Fachausschüssen präsentiert.
Es obliegt nach unserer Auffassung aber auch
ganz klar der Betreibergesellschaft, einen entsprechenden Mietvertrag mit dem privaten Eigentümer des Kohlrabizirkus zu verhandeln. Dieser
Mietvertrag sowie eine Finanzierungsübersicht
sind Grundlage des städtischen Zuschusses. Insofern sind diese, wie vorliegend, auch verantwortungsvoll abgesichert. Da in der einen oder anderen Ausschusssitzung der Einwand zu hören war:
Den Nachweis der Zuverlässigkeit hat die Geschäftsführung seit 2011 über nunmehr sieben
Jahre sehr wohl erbracht.
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Betreibergesellschaft um die Icefighters Leipzig gemeinsam mit dem Stammverein die betreffende Kuppelhalle sukzessive entwickeln wird und den
Leipzigerinnen und Leipzigern ein wunderbares
Angebot unterbreiten kann. Sofern sich der Umzug in den Kohlrabizirkus bis September nicht realisieren lässt, bieten wir als Interim ein städtisches Grundstück für den nochmaligen Umzug
des Zeltes an. Ich sage ausdrücklich an dieser
Stelle: Dies ist nicht meine präferierte Variante
und wirklich nur für den Notfall vorgesehen.
Wir LINKE bekennen uns klar zum Standort einer
Eishalle in Leipzig und zum Erhalt des Eissports.
Die Möglichkeit einer zumindest mittelfristigen Lösung für diesen sehr überschaubaren Mitteleinsatz erhalten wir nie wieder. Nutzen wir diese
Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Auch meine Fraktion wünscht sich eine Eishalle in Leipzig. Das
dürfte keine Überraschung sein. Aber wie es mit
Wünschen nun mal so ist: Man bekommt es eben
nicht immer mit einem Fingerschnippen. Und man
sollte manche Wünsche auch nicht erzwingen. In
genau einer solchen Situation scheinen wir uns
heute aber zu befinden.
Seit etwa zwei Jahren reden und reden wir im
Sportausschuss über das Thema Eishalle, nämlich seitdem die Icefighters zu uns gekommen
sind und mitteilten, dass sie nur noch eine zeitlich
begrenzte Genehmigung für ihr Eiszelt in Taucha
haben. Schon damals haben die Vertreter des
Eishockeyklubs ein Konzept vorgestellt, wie sie
sich einen Umzug in den Kohlrabizirkus vorstellen, in ein Objekt, welches nicht der Stadt, sondern einem privaten Investor gehört. Man
wünschte sich einen massiven Zuschuss der
Stadt. Dieser sollte sich auf 1,2 Millionen Euro beziffern. Die Stadt sollte also nach Wunsch des
Vereins bzw. der Spielbetriebs-GmbH in ein privates Objekt investieren, um eine Sportart zu ermöglichen, die einige Tausend Fans zu den Spielen anzieht, ein großes mediales Interesse genießt, aber eben nicht zu den geförderten Schwerpunktsportarten in Leipzig gehört.
Aber natürlich: Wo ein Wunsch ist, ist auch ein
Weg. Der Sportausschuss und auf dessen Initiative dann auch der Wirtschaftsausschuss setzten
sich mit Lösungswegen auseinander, wie ein solches Projekt dennoch förderfähig ist. Im Sportprogramm findet sich seitdem der Eintrag, dass die
Stadt die Suche nach einem privaten Investor für
den Bau einer Eishalle unterstützt. Das tat erst
mal niemandem weh und spiegelte in gewisser
Weise auch die begrenzten Möglichkeiten der
Stadt wider. Wenn man ehrlich ist, daran hat sich
im Prinzip bis heute nichts geändert.
Trotzdem liegen uns heute mehrere Änderungsanträge zu einem Antrag vor, der ursprünglich nur
die Verwaltung aufforderte, die Fördermöglichkeiten auch vergaberechtlich zu prüfen. Dies ist geschehen. Maximal 200.000 Euro in drei Jahren
kann die Stadt geben. Also: 200.000 Euro statt 1,2
Millionen Euro. Das sind 1 Million Euro weniger,
als die Icefighters beantragt hatten. Wo kommen
also die restlichen benötigten Gelder her? Wie
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
tragfähig ist das Finanzkonzept? Begeben sich
die Icefighters vielleicht Hals über Kopf in den
Kohlrabizirkus, ohne dies letztlich bezahlen zu
können? Helfen wir dabei mit öffentlichen Steuermitteln, eine vorhersehbare Pleite in Kauf zu nehmen? Verbrennen wir damit nicht sehenden Auges Steuermittel? Mir jedenfalls ist kein neu überarbeitetes und überzeugendes Finanzkonzept bekannt.
Wir brauchen ohne Zweifel eine Lösung. Natürlich
ist es nicht schön, ein Provisorium, welches das
Tauchaer Zelt ja immer sein sollte, durch ein
neues Provisorium zu ersetzen, möglicherweise
neben der Deutschen Nationalbibliothek am Deutschen Platz. Aber das ist vielleicht besser, als einen Schritt zu unterstützen, der nicht nur existenzielle Folgen für die Icefighters haben, sondern
auch öffentliches Geld in Größenordnung verbrennen könnte. Eine nachhaltige Lösung ist es
jedenfalls nicht - diese liegt bislang in keinem der
Anträge vor -, aber zumindest eine Idee, wie diese
aussehen könnte.
Eine solche Prüfung dauert eben seine Zeit. Man
kann nicht erwarten, dass für ein solches Projekt,
bei dem möglicherweise auch noch private Investoren oder Objekteigentümer ins Spiel kommen,
die wirtschaftliche Interessen verfolgen und für die
Eissport möglicherweise zweitrangig ist, kurzfristige Lösungswege durch städtische Hilfe aufgezeigt werden können.
Eine nachhaltige Lösung könnte auch in einer
städtischen Eishalle liegen. Ob man das will, ob
man das bezahlen will als Stadt, wer das zu welchen Kosten betreiben soll und welche Synergien
sich daraus gegebenenfalls realisieren lassen,
das alles ist noch völlig unklar, aber möglicherweise wert, es zu prüfen und dann gewissenhaft
abzuwägen und zu entscheiden. Wir müssen uns
die Zeit nehmen und vorher eine Zwischenlösung
anbieten, auch wenn das nicht jedem gefällt.
Deshalb unterstütze ich persönlich - ich kann nicht
für die gesamte Fraktion der Grünen sprechen sowohl den Antrag der CDU-Fraktion, der nachher in nichtöffentlicher Sitzung beraten wird, als
auch unseren Antrag. Beide zusammen ergeben
meiner Meinung nach eine in sich stimmige Antwort auf die Herausforderung, vor der wir stehen.
Alles andere, was uns vorliegt, ist nichts weiter als
ein Feigenblatt, eine Geldverbrennungsmethode
und möglicherweise auch der Sargnagel für den
Leipziger Eissport. Deswegen werde ich das nicht
unterstützen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Die nächste Wortmeldung kam von Herrn Maciejewski. - Herr Maciejewski, werden Sie schon zu Ihrem nichtöffentlichen Änderungsantrag sprechen?
S e i t e | 56
Stadtrat Maciejewski (CDU): Nicht so, dass
zwingend Nichtöffentlichkeit hergestellt werden
muss.
Herr Oberbürgermeister! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Eigentlich ist es ein Trauerspiel. Da müssen erst Stadträte einen Antrag
schreiben, damit das Thema Eishalle hier behandelt wird. Seit Jahren macht die Verwaltungsspitze Dienst nach Vorschrift - und teilweise nicht
einmal das. Herr Oberbürgermeister, es tut mir
leid: Das ist außerordentlich ärgerlich, und Sie haben diese Situation mitzuverantworten.
Im November 2017 beantragten Mitglieder des
Sportausschusses im Stadtrat, dass der Oberbürgermeister prüfen soll, unter welchen Bedingungen ein finanzieller Zuschuss zur Betreibung einer
überdachten Eisfläche durch die Stadt gewährt
werden kann. Die Stadtverwaltung hat das Prüfergebnis vorgelegt. Ergebnis ist, es sei lediglich ein
einmaliger Zuschuss an einen Eishallenbetreiber
in Höhe von 200.000 Euro für die nächsten drei
Jahre möglich, damit keine beihilferechtlichen
Probleme auftreten - wie uns im Verwaltungsstandpunkt mitgeteilt wird.
Die CDU möchte gern, dass es in Leipzig dauerhaft die Möglichkeit für öffentliches Eislaufen gibt,
und zwar nicht nur, wenn das Elsterbecken mal
zugefroren ist oder ein vierwöchiges Event auf
dem Augustusplatz organisiert wird. Eine solche
Eisfläche sollte auch für Eishockey geeignet sein.
Das heißt: Zuschauerkapazitäten gehören dazu.
Schaut man sich die Liste der Eisstadien in
Deutschland an, stellt man fest, dass eigentlich
fast alle Großstädte und sogar Kleinstädte über
eine Eishalle verfügen. Ohne Zuschüsse aus
Steuermitteln ist eine solche Halle nicht zu haben
und nicht zu betreiben. Ich denke, ein einmaliger
Zuschuss von 200.000 Euro wird auch in Leipzig
nicht ausreichen.
Leipzig präsentiert sich gern als wachsende
Stadt. Wir wollen irgendwann in den nächsten
Jahren eine Dreiviertelmillioneinwohnerstadt sein.
Wir geben schon heute mehr als 100 Millionen
Euro für Kultur aus, fördern einzelne soziokulturelle Zentren jährlich mit sechsstelligen Beträgen.
Wir sollten uns auch eine Eishalle leisten; das
glaube ich, das glauben wir. Alles andere wäre nur
peinlich.
Der Titel dieses Tagesordnungspunkts lautet „Eishalle für Leipzig“ und nicht: „Umzug eines Zeltes“.
Aber wenn wir ehrlich sind, so wissen wir doch
alle, dass wie hier heute wieder nur über ein weiteres Provisorium reden. Wir stehen erneut unter
Zeitdruck; denn das provisorische Zelt in Taucha
soll ab der nächsten Saison für die Icefighters
nicht mehr zur Verfügung stehen.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
S e i t e | 57
Um es ganz klar zu sagen: Ein weiteres Provisorium auf dem Gebiet der Stadt Leipzig macht die
CDU-Fraktion nur dann mit, wenn es wirklich zeitlich begrenzt ist und in eine dauerhafte Lösung
übergeht. Wenn sich der Stadtrat hierzu nicht bekennen kann oder will, dann soll er das auch ehrlich sagen. Wer glaubt, ohne richtige Eishalle mit
einem Zuschuss von einmalig 200.000 Euro innerhalb drei Jahren dem Eishockey in Leipzig
eine Perspektive geben zu können, der glaubt sicher auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet,
oder er ist Mitglied von SPD oder Linkspartei.
Größenordnung, in der es keine Eishalle für die
Bevölkerung gibt. Die gibt es sogar in kleineren
Städten. Eine Eishalle ist auch Stück Lebensqualität. Ich bin viel rumgekommen in Deutschland
und habe es immer wieder als angenehm empfunden, wenn es in dem Städtchen oder in der Stadt,
wo ich gewohnt habe, ein Eishalle gab, weil ich in
meiner Jugend auch gern Schlittschuh gelaufen
bin. Dass das Eislaufen von der Bevölkerung angenommen wird, sieht man jedes Jahr zum Jahreswechsel, wenn auf dem Augustusplatz einige
wenige Wochen öffentliches Eislaufen möglich ist.
Es geht für die CDU-Fraktion heute um mehr als
nur eine Umzugsprämie. Wir wollen eine nachhaltige Lösung, eine Eishalle für Leipzig. Wie das aus
unserer Sicht gehen könnte, haben wir in unserem nichtöffentlichen Änderungsantrag formuliert.
Nur wenn dieser beschlossen wird, können wir
uns vorstellen, zunächst eine Zwischenlösung für
die Icefighters zu finanzieren.
Unser Antrag besagt, dass die Icefighters einen
einmaligen Zuschuss von 200.000 Euro bekommen - unter der Voraussetzung, dass der Miet- oder Pachtvertrag vorgelegt wird und dass zu diesem Miet- oder Pachtvertrag ein schlüssiges Finanzierungskonzept für die restliche Summe - der
Zuschuss von 200.000 Euro wird ja bei weitem
nicht ausreichen - vorgelegt wird. Nur wenn beides vorgelegt wird, wird dieser Zuschuss gezahlt.
Ich denke, dass dem Verein damit geholfen ist,
wenn wir das relativ zügig hinbekommen. Danke.
Die allerbeste Zwischenlösung wäre allerdings,
wenn der Kreis Nordsachsen Möglichkeiten finden würde, deutsches Baurecht kreativ zu interpretieren, und das Zelt in Taucha einstweilen stehen ließe - im Interesse des Steuerzahlers, der
dann keinen Umzug oder anderweitige Zwischenlösungen finanzieren muss. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Witte.
Stadträtin Witte (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Vieles ist jetzt schon gesagt wurden. Deshalb werde ich meine Redezeit von fünf
Minuten sicher nicht ausnutzen. - Eine Formalie
vorweg: Wir halten unseren Antrag für den weitest
gehenden Antrag. Wenn er angenommen wird,
wird das zahlungskräftig wirksam werden, während alle anderen Anträge eher Prüfaufträge sind
und nicht sofort zu Finanzströmen führen werden.
Ich hatte eben ein sonderbares Erlebnis und
fühlte mich zurückversetzt in eine Zeit, als man
hier ganz heftig debattiert hat, ob man einem Verein, der zu der Zeit schon erkennbar pleite war,
300.000 Euro geben sollte oder nicht. Ich meine
den HCL Leipzig. Jetzt malt Kollege Schmidt die
Insolvenz der Icefighters an die Wand, ohne irgendwelche Belege dafür zu haben. Das ist unredlich. Soweit wir wissen, droht ihm nicht unmittelbar Insolvenz. Wir sollten hier nicht unsauber
recherchierte Vermutungen in die Welt setzen.
Das schadet nur dem Verein.
Wir haben den Antrag geschrieben unter dem
Motto „Wer schnell hilft, hilft doppelt“. Auch wir bemängeln, dass es in Leipzig, einer aufstrebenden
Stadt, die bald 700.000 Einwohner haben wird,
keine Eishalle gibt. Ich kenne keine Stadt dieser
Oberbürgermeister Jung: Herr Hentschel.
Stadtrat Hentschel (AfD): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete
und Stadträte! Verehrte Gäste! Leipzig braucht
eine Eishalle. Schon im Leipziger Sportprogramm
haben wir um eine Eisfläche perspektivisch geworben. Eine Großstadt wie Leipzig sollte seinen
Bürgern eine Eissportinfrastruktur zur Verfügung
stellen.
Ja, diese Eisfläche kostet Geld. Eissport hat systembedingt eine andere Kostenstruktur als andere Sportarten wie Fußball, Handball oder
Leichtathletik. Die Eisfläche will - logischerweise dauerhaft gekühlt sein, und das kostet eben.
Wie kann eine Eissportinfrastruktur finanziell dargestellt werden? Sollte die Stadt selbst eine Eisfläche unterhalten, oder sollte die Stadt einen Investor suchen und mit diesem kooperieren? Beide
Szenarien sind denkbar. Beide Szenarien haben
Vor- und Nachteile hinsichtlich der Kostenstruktur
und der Nutzungsbedingungen.
Wir als AfD-Stadtratsfraktion verstehen den Antrag als Startschuss für eine zukünftige Eissportinfrastruktur in Leipzig. Wir begrüßen daher den
Verwaltungsstandpunkt und werden diesen unterstützen. Es muss nach außen das Signal geben:
Wir wollen eine Eishalle, wenn möglich im Kohlrabizirkus.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Wir wollen eine langfristige Lösung. Kurzfristige
und gegebenenfalls teure Zwischenlösungen sollten vermieden werden. Daher unterstützen wir die
Änderungsanträge, die darauf abzielen, vorerst
eine weitere Interimslösung in Taucha zu ermöglichen. Nach unserem Kenntnisstand steht die Verwaltung bereits mit Taucha in Kontakt. Sollte
durch eine befristete Lösung in Taucha Zeit gewonnen werden können, muss diese Zeit für die
Suche nach einer städtischen Perspektive auch
genutzt werden.
Wir unterstützen ebenfalls den CDU-Änderungsantrag, welcher einen Prüfauftrag darstellt zur
Schaffung eines multifunktionalen Sport- und
Freizeitzentrums. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker noch einmal.
Stadtrat Zenker (SPD): Ich möchte noch etwas
zum Verfahren sagen, weil Frau Witte meinte, der
Antrag der Freibeuter sei der weitestgehende.
Dem würde ich widersprechen. Ich glaube, der
weitestgehende Antrag ist der von LINKEN und
SPD. Dieser sollte punktweise abgestimmt werden; denn die Punkte 2 und 2.1 sind faktisch identisch mit dem Freibeuter-Antrag.
Oberbürgermeister Jung: Bevor ich noch einmal
Herrn Schmidt das Wort gebe, will ich die Gelegenheit nutzen, folgendes Verfahren vorzuschlagen: Nach dieser Rede stellen wir Nichtöffentlichkeit her und stimmen den weitestgehenden CDUAntrag nichtöffentlich ab. Danach wird der Antrag
von SPD und LINKEN zur Abstimmung aufgerufen. Dann hat sich vieles erledigt.
Herr Schmidt.
Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Ich
will noch einmal auf das reagieren, was Frau Witte
gesagt hat. - Ich will hier niemanden finanziell
schwachreden. Aber Fakt ist: Uns wurde vor langer Zeit von den Icefighters ein finanzielles Konzept vorgelegt, das nicht von einem städtischen
Zuschuss von 200.000 Euro ausgeht, sondern
von 1,2 Millionen Euro. Dazwischen klafft eine
Riesenlücke. Bis heute wurde uns kein dementsprechend überarbeitetes finanzielles Konzept
vorgelegt.
Ich habe nichts dagegen, dass sich die Icefighters
im Kohlrabizirkus einmieten. Ich werde bestimmt
auch mal als Zuschauer dabei sein. Aber ich kann
es nicht verantworten, dass wir jetzt 200.000 Euro
Steuermittel in die Hand nehmen, um etwas zu
S e i t e | 58
unterstützen, von dem ich persönlich nicht überzeugt bin, dass es finanziell nachhaltig ist und von
dem Verein auf Dauer aus eigener Kraft - weiteres
Geld wird in den nächsten Jahren von der Stadt
nicht fließen - finanziert werden kann. Davon bin
ich nicht überzeugt, und nichts anderes habe ich
vorhin gesagt. Das wollte ich noch einmal klarstellen.
Oberbürgermeister Jung: Ich schlage vor, jetzt
Nichtöffentlichkeit herzustellen.
Unseren Gästen will ich noch einmal erklären, warum Nichtöffentlichkeit in einem solchen Verfahren wichtig ist. Wenn man bestimmte Grundstücke erwerben will, wenn man bestimmte Immobilien im Auge hat, muss man aufpassen, dass die
öffentliche Hand am Ende nicht mehr zahlt als nötig. Das kann passieren, wenn es öffentlich debattiert wird. Das ist ein wesentlicher Grund. Insofern
bitte ich um Verständnis, dass wir bestimmte vertrauliche Dinge nichtöffentlich besprechen. Es
geht nicht darum, dass wir Ihnen irgendetwas vorenthalten wollen. Es geht dabei um Steuermittel,
die wir gegebenenfalls verschleudern würden,
wenn unser Begehr zu früh öffentlich bekannt
wird. Okay? - Dann bitte ich alle, die nicht zur
Stadtverwaltung gehören, den Saal jetzt zu verlassen. Keine Sorge! Sie können gleich wieder
reinkommen.
(Folgt nichtöffentliche Sitzung)
*****
(Wiederbeginn der
öffentlichen Sitzung)
Oberbürgermeister Jung: Meine Damen und
Herren, die öffentliche Sitzung der Ratsversammlung wird fortgesetzt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktionen SPD und LINKE.
Meines Erachtens enthält dieser Beschlussvorschlag auch den Antrag der Freibeuter. Belehren
Sie mich, sollte das nicht der Fall sein. - Herr Morlok.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Die Frage ist: Wenn
wir den Antrag von SPD und LINKEN punktweise
abstimmen und Punkt 1 abgelehnt würde, was ist
dann mit Punkt 2? Dann kann man den so nicht
mehr beschließen, weil er sich ja auf Punkt 1 bezieht. Das müssten wir vorher klären.
Oberbürgermeister Jung: Ich glaube, das ist
eine redaktionelle Frage; das kriegen wir hin.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Zur Abstimmung steht der Änderungsantrag der
SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE,
05046-ÄA-02. Der Antrag wird punktweise abgestimmt:
Beschlusspunkt 1. Bitte geben Sie Ihre Stimme
ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 58 - 4 - 0.
Beschlusspunkt 2: Wenn die Gespräche scheitern, ist eine einmalige Bezuschussung für den
Umzug in ein angemietetes Objekt vorgesehen.
Ich bitte um Ihr Votum. - Die Abstimmung ist geschlossen.
Abstimmung: 34 - 23 - 3. So beschlossen.
Zur Geschäftsordnung, Herr Morlok.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister, der Beschlusspunkt 2.1 enthält eine Bedingung hinsichtlich des Handelns in Punkt 2.
Meine Abstimmung zu Punkt 2 hatte natürlich zur
Voraussetzung, dass diese Bedingung beschlossen wird. Wir können nicht die Bedingung aus der
Abstimmung herauslösen nach dem Motto: Wir
geben unbedingt einen Zuschuss für den Fall,
dass der Punkt abgelehnt wird. - Wenn, dann
müsste Punkt 2.1 zuerst und Punkt 2 danach abgestimmt werden. Meine Zustimmung zu Punkt 2
hing davon ab, dass Punkt 2.1 beschlossen wird.
Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok, diese Erklärung hätte ich mir vorher gewünscht. - Nein.
Kolleginnen und Kollegen, selbst wenn Herr Morlok das so sieht, der Rest des Stadtrats könnte ja
anderer Meinung sein, nämlich dass man dem
auch ohne diese Bedingung zustimmen kann.
Dann würde jenseits Ihrer Stellungnahme anders
entschieden. Ich glaube das aber nicht. Ich
glaube, dass es Sinn macht, diese Bedingung zu
stellen. Das ist ja auch von den beiden Fraktionen
so formuliert worden.
Abstimmung über Beschlusspunkt 2.1. Ich bitte
um Ihr Votum. - Die Abstimmung ist geschlossen.
Abstimmung: 45 - 13 - 3.
Beschlusspunkt 3. Herr von der Heide, Sie sehen,
dass das geht; denn es ist im Konjunktiv formuliert, nämlich „bestenfalls wäre“. Das ist keine
Festlegung auf das Grundstück der Nationalbibliothek, sondern eine Rückversicherung, dass wir
beauftragt werden, ein geeignetes Objekt zu finden, falls alles schiefgeht. - Ich bitte nun um Ihre
Stimme zu Beschlusspunkt 3. - Ich schließe die
Abstimmung.
Abstimmung: Klares Votum: 56 - 0 - 6.
S e i t e | 59
Beschlusspunkt 4. Ich bitte zu Protokoll zu nehmen: Sollte Punkt 4 bestätigt werden, ist dies im
Zusammenhang mit dem Prüfauftrag, den wir
eben bestätigt haben, abzuarbeiten. - Ich bitte um
Ihr Votum. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 59 - 1 - 2.
Beschlusspunkt 5. Bitte geben Sie Ihre Stimme
ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 52 - 4 - 5.
Das ist in der Tat die Beschlusslage des Stadtrats.
Nach meinem Dafürhalten ist damit der Änderungsantrag der Freibeuter mit aufgenommen.
Meines Erachtens ist damit der Änderungsantrag
von Bündnis 90/Die Grünen erledigt; denn der
weitergehende Antrag einschließlich des genannten Konjunktivs ist beschlossen. - Zu Protokoll:
Bündnis 90/Die Grünen hat ihren Änderungsantrag zurückgezogen, weil aufgenommen in der
Beschlusslage.
Damit ist die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt beendet. Liebe Gäste, ich hoffe, dass Sie
mit dem Gefühl nach Hause gehen: Wir wollen Sie
unterstützen, und mit diesem Ergebnis wird Eissport weiter möglich sein in unserer Stadt.
Meine Damen und Herren, es ist 20.30 Uhr. Ich
schlage vor, heute noch Folgendes zu behandeln:
Ich will mit dem Bericht des Oberbürgermeisters,
Tagesordnungspunkt 16, meiner Informationspflicht genügen und diesen zu Protokoll geben.
Danach sollten wir noch einen Punkt im nichtöffentlichen Teil erörtern. Ich denke, das können wir
bis 21 Uhr schaffen. - Ich sehe Einverständnis.
16
Bericht des Oberbürgermeisters
Ich bitte Herrn Bonew, die Sitzungsleitung zu
übernehmen.
(Übergabe der Sitzungsleitung an
Bürgermeister Bonew)
Ich will Sie auch hier im Stadtrat informieren, erstens wie die neue Geschäftsführung der LVV zustande gekommen ist, und zweitens will ich noch
einiges zum erfolgreichen Abschluss des Prozesses in London sagen.
Sehr verehrte Damen und Herren, entsprechend
den geltenden Regularien des Zustimmungs- und
Informationskatalogs für die LVV-Gruppe möchte
ich Sie über personelle Veränderungen informieren. Wie in den Medien leider schon im Vorfeld zu
nichtöffentlichen Zwischenständen kommuniziert,
werden ab dem 1. Mai vier Geschäftsführer an der
Spitze der Leipziger Gruppe stehen. Dieser Be-
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
S e i t e | 60
schluss fiel in der Sitzung des dafür nach Mitbestimmungsrecht zuständigen Aufsichtsrats der
LVV am 23. März.
Gruppe in den vergangenen Jahren gekennzeichnet hat, soll konsequent weiter in Richtung
Wachstumskurs fortgeführt werden.
Ich gestehe offen: Ein anderes Verfahren wäre mir
lieber gewesen. Ich hätte gern erst im Verwaltungsausschuss informiert, um dann zu agieren.
Aber nach unserer festen Überzeugung war hier
Schaden von der Gruppe abzuwenden.
Um es vorwegzusagen, falls Kritik kommt: Wir fallen nicht auf den Stand von vor gut zwölf Jahren
zurück. Damals trugen die Geschäftsführer der
Tochterunternehmen keine Gesamtverantwortung
im Konzern. Sie wurden weiter in den Tochterunternehmen bezahlt. Die LVV war eine reine Finanzholding. Heute ist sie eine Managementholding, woran im Übrigen auch die neue Geschäftsführerstruktur nichts ändern wird.
Im Ergebnis heißt das: Neben dem bisherigen
Kaufmännischen Geschäftsführer Volkmar Müller
hat der Aufsichtsrat ab 1. Mai hauptamtlich Ulf
Middelberg, Karsten Rogall und Michael Theis als
weitere Geschäftsführer bestellt. Sie werden in
die erste Reihe aufrücken, bleiben aber nebenamtlich Geschäftsführer in den Beteiligungsunternehmen.
Michael Theis, der seit 2013 Kaufmännischer Geschäftsführer der Leipziger Wasserwerke ist und
eine hervorragende Arbeit geleistet hat, wird zukünftig Sprecher der Geschäftsführung. Wie seine
beiden Kollegen auch bleibt er nebenamtlich Geschäftsführer der Wasserwerke.
Der bisherige Sprecher der L-Gruppe, Dr. Norbert
Menke, wird keine Aufgaben mehr übernehmen
und das Unternehmen verlassen.
In diesem Zusammenhang haben sich die zuständigen Gremien der LVV seit Monaten intensiv mit
dem bisherigen konzerninternen Verfahren, den
Ergebnissen und grundsätzlich bestehenden Optionen beschäftigt. Im Ergebnis ist man nach
sachgerechter Abwägung zu der Überzeugung
gelangt, dass mit der neuen Geschäftsführungsstruktur die bestehenden und anstehenden Herausforderungen noch besser erfüllt werden können.
Durch die verbindliche Verpflichtung der Geschäftsführer auf die gemeinsamen Ziele der LVV,
im Übrigen basierend auf den in diesem Zusammenhang für den LVV-Konzern als Management
Holding nach wie vor geltenden und nicht geänderten Eigentümerzielen, soll eine gemeinsame
Strategie im Unternehmensverbund weiter gestärkt werden.
Ich will es noch einmal hervorheben: Nichts an
den Eigentümerzielen ist geändert. Was Sie 2012
beschlossen haben, meine Damen und Herren,
gilt eins zu eins.
Durch die personelle Verbindung der drei Geschäftsführer in die Tochterunternehmen halten
wir das Know-how, sorgen wir für Kontinuität und
rücken die Unternehmen enger zusammen - so
die Hoffnung. Wir setzen gleichermaßen auf Ausgleich und Kontrolle und legen eine starke Vertrauensbasis für die gemeinsame Arbeit. Die sehr
gute wirtschaftliche Entwicklung, die die Leipziger
Die neue Geschäftsführung ist zunächst mit der
Erarbeitung eines Entwurfs einer für sie geltenden
Geschäftsordnung beauftragt, um sie dem Aufsichtsrat zur Bewertung und Zustimmung vorzulegen. Wir haben als Personal- und Vermittlungsausschuss eine erste Sitzung mit allen vier Geschäftsführern gehabt und sind sehr zuversichtlich, dass es uns gelingt, eine gute Geschäftsordnung und Geschäftsaufteilung zu entwickeln.
Nahezu der gesamte Aufsichtsrat der LVV und
auch ich haben keinen Zweifel, dass die Leipziger
Gruppe mit der neuen Führung noch schlagkräftiger werden wird und im Ergebnis die Umsetzung
der Ziele und damit die Erfüllung von Aufgaben
noch besser gelingen wird.
Dazu soll auch beitragen, dass zukünftig Fachbürgermeister den Aufsichtsratsvorsitz in den jeweiligen Tochterunternehmen übernehmen. Die dafür
erforderlichen formellen Schritte wurden parallel
bereits eingeleitet. Bürgermeister Albrecht wurde
dementsprechend schon vom Aufsichtsrat der
SWL zu dessen Vorsitzenden gewählt. Von meiner Seite: Viel Erfolg, Kollege Albrecht! Die Wahlen von Herrn Bonew bei den LVB und Herrn Rosenthal bei den KWL sollen noch folgen. Auch in
der KWL, Herr Rosenthal, werden wir das schnell
vollziehen können, nachdem in London jetzt das
Urteil gesprochen wurde.
Abschließend noch der Hinweis, dass sich der
Aufsichtsrat selbst gebunden hat, die neue Geschäftsführerstruktur bis spätestens 31.12.2021 Herr Morlok - einer Evaluation dahin gehend zu
unterziehen, ob und, wenn ja, inwieweit die beabsichtigten Zielstellungen erreicht wurden und ob
eine weitere Verschlankung möglich ist.
Ich jedenfalls bin wie viele andere auch der festen
Überzeugung, dass wir damit einen weiteren
Schritt des LVV-Konzerns gehen, und wünsche allen Akteuren viel Erfolg und Glück. Ich hatte
schon bei der letzten Aufsichtsratssitzung - so viel
darf ich sagen - einen sehr guten Eindruck vom
Miteinander der vier noch designierten Geschäftsführer, die bis jetzt nur als Gäste mit am Tisch saßen. - So weit der erste Teil meines Berichts.
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Ich komme zum zweiten Teil. Meine Damen und
Herren, wenn wir schon von Glück und Erfolg reden, kommen wir natürlich an den Ereignissen der
letzten Woche in London nicht vorbei. Wie Sie alle
sicherlich aufmerksam verfolgt haben, haben die
Kommunalen Wasserwerke gegen die UBS den
millionenschweren Rechtsstreit - es ging um
0,5 Milliarden Euro - abschließend gewonnen.
„Abschließend gewonnen!“ - das ist die wichtige
Botschaft. Ich glaube, ich habe schon zweimal
hier gestanden und einen Erfolg verkündet, aber
jetzt steht schwarz auf weiß, mit Stempel: Es gibt
keine Revisionsmöglichkeiten mehr.
Nach nunmehr über acht Jahren und für KWL und
Leipzig vorangegangenen sehr positiven Gerichtsurteilen von zwei Instanzen hat der dortige
Supreme Court of England and Wales am
10.04.2018 abschließend entschieden, den Berufungsantrag der UBS gegen das Court of Appeal
nicht zuzulassen.
Meine Damen und Herren, ich will es nur noch einmal gesagt haben: Die UBS ist mittlerweile die
größte private Geschäftsbank der Welt. Allein die
Aufgabe, eine Kanzlei zu finden, die noch nicht für
die UBS gearbeitet hat, hat schon Wochen gedauert. Gerade eine solche Bank mit einem solchen
Standing, die einen schon am Flughafen
Heathrow empfängt mit den Worten „UBS - Be
welcome“, sollte - jetzt zitiere ich Richter Males ein „Paradebeispiel“ dafür sein, „wie ehrliches und
faires Investmentbanking nicht betrieben werden
sollte“. Dass in diesem Zusammenhang schwerwiegende
Pflichtverletzungen
von
UBSMitarbeitern rückabzuwickeln seien, das ist schon
eine wirkliche Sensation.
Wie beinahe nicht anders zu erwarten, hatte die
UBS sofort nach dem ersten Urteil angekündigt,
gegen Teile des Urteils erneut Berufung einlegen
zu wollen. Der einschlägige Antrag wurde nun zurückgewiesen. Der Supreme Court hat eine dafür
zwingend erforderliche, grundsätzliche öffentliche
Bedeutung insbesondere vor dem Hintergrund
der umfänglichen Befassung der Vorinstanzen
ausdrücklich verneint und den Antrag abgelehnt.
Am Ende bleibt es beim Ergebnis erster Instanz:
UBS, LBBW und DEPFA stehen keinerlei Zahlungsansprüche gegen die KWL zu. Damit haben
wir Forderungen von 500 Millionen Euro abschließend erfolgreich abgewendet.
Natürlich kamen bei aller Freude über den Sieg
sofort die Fragen nach der Endabrechnung. Was
hat das Ganze unterm Strich gekostet? Meine Damen und Herren, das steht noch nicht abschließend fest. Wir werden mindestens noch ein Jahr
brauchen, um das aufzurechnen. Wahrscheinlich
werde ich auch in zwei Jahren hier noch einmal
stehen müssen, um Ihnen das zu berichten.
S e i t e | 61
Fest steht - das kann ich Ihnen heute schon sagen -: Im Ergebnis des Rechtsstreits hat die KWL
keinen Anspruch auf Rückerstattung der bereits
im Jahr 2014 an UBS zurückgezahlten CDOPrämien. Damals hat die KWL Prämien kassiert,
die auf einem KWL-Konto eingegangen sind, das
die KWL aber nie gesehen hat, sondern nur Herr
Heininger. Das Berufungsgericht wies in diesem
Zusammenhang darauf hin, dass die von Value
Partners gestohlenen Prämien auf ein Konto der
KWL bezahlt und von dort aufgrund einer von Heininger erteilten Kontovollmacht quasi abgesaugt
worden seien. Diese Gelder sind allen Bemühungen der Ermittlungsbehörden zum Trotz zum
Großteil bis heute leider verschwunden. Damit
bleiben die KWL voraussichtlich auf rund 35 Millionen Euro sitzen. Die sind bezahlt. Die sind jetzt
schon, wenn Sie so wollen, fast vollständig verloren.
Hinzu kommen noch die letztendlichen Verfahrenskosten. Eine konkrete Aufteilung der Anwaltskosten ist zurzeit noch nicht abschließend möglich
und wird zudem voraussichtlich Gegenstand eines gesonderten Rechtsstreits mit der UBS werden. - Ich habe lernen müssen: In England ist es
üblich, dass man über die Verfahrenskosten erneut einen langen Rechtsstreit führt. Man landet
am Ende bei 60 bis 70 Prozent Kostenerstattung,
sodass wir davon ausgehen müssen, dass sicherlich ein zweistelliger Millionenbetrag - nein, nicht
auf die Stadt - auf die KWL zukommen wird.
Somit können bilanzielle und liquiditätsseitige Folgen der KWL, der LVV und der Stadt für deren jeweilige Jahresabschlüsse 2017 und 2018 eben
noch nicht sachgerecht beurteilt werden. Damit
werden sich die zuständigen Gremien in 2018, gegebenenfalls auch in 2019 gesondert beschäftigen müssen. Ich werde Sie selbstverständlich
darüber informieren.
Meine Damen und Herren, angesichts der Diskussion heute möchte ich noch einmal hervorheben:
Wir haben damit nicht mehr Geld in der Tasche.
Ich wurde sofort von Bürgerinnen und Bürgern auf
der Straße bestürmt: Jetzt können wir doch, jetzt
gibt es doch, jetzt haben wir es doch. - Wir haben
keinen Pfennig mehr. Ich bitte Sie das auch als
Stadtrat sehr ernst zu nehmen. Wir können alle
froh sein, dass wir nicht mehr zahlen müssen.
Die geplante Realisierung und Finanzierung unserer Vorhaben von erheblicher stadtstrategischer Bedeutung wie Schulen, wie Kitas, wie
ÖPNV sind natürlich im Ergebnis dieses Urteils
wesentlich einfacher. Das ist nicht mehr gefährdet. Wir haben keinen Vorbehalt mehr bei der Bestellung von Straßenbahnen. Wir haben Möglichkeiten, unsere finanzielle Handlungs- und Investitionsfähigkeit wieder klar planen zu können. Die
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Bonität dürfte im Ergebnis durchaus gestärkt worden sein. Das drohende Damoklesschwert ist zerbrochen.
Die Kapitalausstattungsvereinbarung zwischen
der Stadt und der LVV zugunsten der KWL kann
jedoch erst nach abschließender Klärung aller
Verfahren, insbesondere auch vor dem Oberlandesgericht Dresden, und der bilanziellen und liquiditätsseitigen Verarbeitung damit zusammenhängender Konsequenzen aufgehoben werden. - Sie
wissen, das Oberlandesgericht hat ein Urteil zurückgehalten, bis London entschieden hat, und
wird erst im Gefolge von London sein Urteil sprechen. - Kleines Aperçu am Rande: Man sucht zurzeit im Keller nach den Akten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich
hatte bereits in der Vergangenheit mehrfach betont, dass ich mir ein anderes Urteil nicht hätte
vorstellen können. Es wäre den Leipzigern auch
schwer zu vermitteln gewesen. Ich mache auch
keinen Hehl daraus, dass ich uns manchmal verglichen habe mit diesem kleinen gallischen Dorf in
der Bretagne, welches dem vermeintlich übermächtigen Gegner aus Rom - hier: Zürich - mehrfach Grenzen aufgezeigt hat.
Ich möchte mich heute auch zu Protokoll bedanken. Ich denke, Sie, die Sie das teilweise in Aufsichtsräten oder im Verwaltungsausschuss miterlebt haben, können das nachvollziehen.
Hervorheben möchte ich, dass wir als Stadtrat
sehr, sehr geschlossen aufgetreten sind. Ich
möchte mich bei Ihnen allen bedanken - ich meine
das sehr, sehr aufrichtig - für die Klarheit in der
Haltung. Nie wurde etwas durchgestochen. Wir
konnten uns aufeinander verlassen. Ich hatte immer die Gewissheit, dass der Stadtrat klar und
vertraulich in dieser Frage zusammengearbeitet
hat. Danke dafür!
Ich möchte mich bedanken bei den Mitgliedern
der jeweiligen Gremien, den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses und den Aufsichtsräten,
von LVV und KWL insbesondere. Mein ganz persönlicher Dank gilt der Geschäftsführung, Herrn
Theis, Herrn Dr. Meyer, dem Team der KWL und
dem Anwaltsteam der KWL. Stellvertretend erwähnt seien hier Frau Volohonsky und Frau Holden von Noerr, zwei wunderbare Anwältinnen, die
sehr, sehr viel dazu beigetragen haben, dass wir
obsiegen konnten, Tim Lord, der Barrister aus
London, sowie das Team von Addleshaw. Viele
Grüße nach London, sofern Sie uns jetzt im Netz
sehen! Tim Lord hat mir versprochen, nach
Leipzig zu kommen, um noch einmal vor Ort mit
uns anzustoßen. Mein Dank geht auch an die
LVV, an Herrn Dr. Menke, Herrn Müller und an ihr
Team.
S e i t e | 62
Ich danke auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, Herrn Bonew, Herrn Dirk
Müller - Gruß nach Ingolstadt! -, Herrn Kube vom
Rechtsamt, Herrn Tirpitz aus der Kämmerei,
Herrn Auerhammer und seinem Team und, und,
und.
Last but not least geht mein Dank an die Gerichte
in London für ihre auch für den juristischen Laien
stets nachvollziehbare und zudem äußerst fundierte Verfahrensführung und Urteilsfindung.
Ich danke Ihnen, sehr geehrte Stadträtinnen und
Stadträte, dass ich das auch zu später Stunde
noch so breit ausführen konnte. Danke!
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank, Herr Oberbürgermeister. - Es gibt dazu eine Wortmeldung
von Herrn Pellmann.
Stadtrat Pellmann (DIE LINKE): Zum ersten Teil
Ihres Berichts, Herr Oberbürgermeister, habe ich
noch fünf, eigentlich sogar fünfeinhalb Fragen wir haben noch 20 Minuten; kein Stress - zur Umstrukturierung bzw. zu den Veränderungen im
LVV-Konzern.
Erstens: Welche Auswirkungen werden die Strukturveränderungen der LVV-Geschäftsführung auf
die Beteiligungsunternehmen haben? - Das hat in
Ihrem Bericht keine Rolle gespielt. Das würde uns
aber interessieren.
Zweitens: Wie sollen künftig die Befugnisse der
vier LVV-Geschäftsführer gegenüber den verbleibenden Geschäftsführungen der drei Töchter
ausgestaltet werden?
Viertens - das sind zwei Teilfragen -: Schließen
Sie Strukturveränderungen im Konzern selbst
aus? Wenn Sie das nicht tun, wie soll darüber befunden und entschieden werden?
Letzte Frage: Wie sehen Sie Ihren künftigen Einfluss als Gesellschaftervertreter, wenn Sie mit
vier, gegebenenfalls künftig fünf Personen gleichzeitig verhandeln müssen?
Oberbürgermeister Jung: Sehr gute Fragen,
Herr Pellmann.
Stadtrat Pellmann (DIE LINKE): Ich bitte auch
um gute Antworten.
Oberbürgermeister Jung: Ich kann im Stadtrat
nicht alles im Einzelnen ausführen. Die Wahrheit
ist: Vieles ist noch nicht formuliert und geklärt. Das
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
wird in den nächsten Wochen getan. Die vier Geschäftsführer werden nächste Woche zwei Tage
lang in Klausur gehen. Ich wünsche mir, dass sie
erst wieder herauskommen, wenn weißer Rauch
aufsteigt. Am 26. und 27. April wird man sich mit
der Geschäftsverteilung und diesen Fragen, die
Sie zu Recht gestellt haben, beschäftigen und
dann wieder bei mir das Gespräch suchen, um
dann den POV und dann auch den Aufsichtsrat zu
informieren.
In der Tat ist die Frage der Zusammenarbeit mit
den drei Geschäftsführern der Töchter eine ganz
wesentliche Frage. Herr Theis hat es sehr schön
formuliert, nämlich: Letztlich ist das, was wir uns
vorgenommen haben, nur in einem 8er-Team
möglich. - Wir hatten bis jetzt neun und werden in
Zukunft acht Geschäftsführer haben. Aber das
heißt nicht, dass es Geschäftsführer erster und
zweiter Klasse geben wird, sondern das heißt: Es
muss im Team operativ geklärt werden, was für
ein Geschäft unten, in den Unternehmen, zu machen ist, und es müssen oben, auf Geschäftsführerebene der LVV, vor strategischen Entscheidungen auch die Technischen Geschäftsführer Herr
Juhrs, Herr Dr. Meyer und Herr Dr. Kleinsorg, die
weiterhin unten verantwortlich bleiben, angehört
werden. Wir haben nicht nur den Eindruck, sondern die Gewissheit, dass alle, die dort jetzt Verantwortung haben, sehr gut miteinander arbeiten
können. Jedenfalls ist das meine Überzeugung.
Damit bin ich bei der Frage 3 nach dem einheitlichen Handeln. Genau das ist das Ziel. Ich erhoffe
mir, dass man schon, bevor man an den Tisch des
Oberbürgermeisters kommt, zu viert Lösungen für
Konflikte findet. Die Lesart ist, dass man in der
Regel einmütig zur Entscheidung kommt, dass
man also nicht mit einem Abstimmungsergebnis
von zwei zu zwei zu mir kommt und mich bittet,
zwischen den Streithähnen zu schlichten, sondern dass man in der Regel mit Vier-zu-null-Entscheidungen auf den Oberbürgermeister und
dann auch auf die Aufsichtsräte zukommt. Sollte
das in einzelnen Fragen nicht der Fall sein, muss
man das miteinander diskutieren. Dann muss
man ein Verfahren, gegebenenfalls auch ein Eskalationsverfahren, finden.
Strukturänderungen, die eine Relevanz für den
Stadtrat und den Verwaltungsausschuss haben,
sehe ich zurzeit nicht. Sehr wohl steht im Raum:
Was wird in der LVV Holding organisiert, und was
wird in den Töchtern organisiert? Gibt es Aufgaben, die man gegebenenfalls anders organisieren
und wieder zurückführen kann? Ich will Ihnen ein
paar Beispiele nennen. Niemand wird daran denken, die Revision wieder nach unten zu geben; die
Revision wird in der LLV Holding bleiben. Aber wie
sieht es aus mit der IT? Wie sieht es aus mit dem
Personalentwicklungskonzept? Wie sieht es aus
mit dem ganz simplen Verfahren der Personalab-
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rechnung? Wie wird ein gemeinsamer Einkauf organisiert oder auch nicht? Wie organisiert man einen gemeinsamen Fuhrpark?
Keine Sorge! Ich spreche nicht von einer weiteren, einer vierten Säule, einer neuen Struktur.
Aber die Geschäftsführer haben sich die Aufgabe
gestellt, auch die jetzt angewachsenen und sich
entwickelnden strukturellen Fragen zu diskutieren
und gegebenenfalls Vorschläge zu machen, wie
man Dinge weiterentwickeln und verändern kann.
Es ist nicht alles in Erz gegossen. Aber eine Strukturänderung, die den Stadtrat in seinen Eigentümerzielen berührt, ist nicht geplant; definitiv nicht.
Ich weiß sehr wohl, dass ich mir persönlich damit
mehr Arbeit auf den Tisch geholt habe. Hatte ich
bis jetzt immer mit zwei Geschäftsführern zu tun,
die wie ein Transmissionsriemen den Willen des
Stadtrats, den Willen der Verwaltung, das Controlling-Instrument in die Beteiligungsunternehmen
vermittelt haben, so werden jetzt vier gleichberechtigte Geschäftsführer am Tisch sitzen, die mit
ihrer Sicht und ihrer Spartensicht direkt mit mir im
Gespräch sind. Aber ich glaube, neben der Arbeit,
die damit verbunden ist, ist das auch ein Plus.
Ich hoffe, dass wir manche Kommunikationsdefizite und -verluste, die wir in den letzten Jahren
auch hatten, damit überwinden können. Die
Wahrheit ist, dass es bei jedem Gespräch, das
man vermittelt führt, zu Informationsverlusten
kommt. Ich schaue mal meine Kollegen an. Wenn
wir in der Dienstberatung entscheiden, ist das
noch längst nicht bei jedem Mitarbeiter der Verwaltung angekommen. Kurzum: Vermittelte Information ist immer nachteiliger als direkte Information.
Ich erhoffe mir - gestatten Sie mir ein offenes
Wort, Herr Pellmann -, dass wir durch die direkte
Beziehung eines Herrn Middelberg die LVB mit
am Tisch haben genauso wie die KWL und die
SWL und diese miteinander aushandeln und im
Dialog klären, was nötig ist.
Ich verspreche Ihnen, dass ich im Verwaltungsausschuss bezüglich der Geschäftsverteilung berichten werde. Wir werden, wenn die Strukturen
so weit geklärt sind, dass wir arbeitsfähig sind,
das in der gebotenen Sorgfalt dementsprechend
entwickeln und Ihnen vorlegen. Auch die Fragen
der weiteren Beteiligungen - EEX, GPEC, VNG werden dann sicherlich eine Rolle spielen.
Bürgermeister Bonew: Gibt es weitere Wortwünsche? - Das ist nicht der Fall. Dann können
wir diesen Tagesordnungspunkt schließen.
(Übergabe der Sitzungsleitung an
Oberbürgermeister Jung)
Verlaufsprotokoll vom 18.04.2018
Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank, Herr
Bonew.
Damit ist der öffentliche Teil der Sitzung für heute
beendet.
Ich bedanke mich bei Ihnen, liebe Gäste, dass Sie
bis zum Schluss hiergeblieben sind, und möchte
Sie darauf aufmerksam machen, dass die Ratsversammlung am Mittwoch, dem 25. April 2018,
16 Uhr, fortgesetzt wird. Dann werden die Tagesordnungspunkte, die heute nicht mehr abgearbeitet werden können, aufgerufen und beraten.
(Folgt Fortsetzung der
nichtöffentlichen Sitzung)
Oberbürgermeister:
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Schriftführer:
Stadtrat Habicht:
___________________________________
Stadtrat Pellmann:
___________________________________
Protokollant:
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