Daten
Kommune
Leipzig
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1,1 MB
Erstellt
23.02.18, 12:33
Aktualisiert
10.07.18, 10:23
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Sitzung am 28.02.2018
Stadt Leipzig
Ratsversammlung
VI. Wahlperiode
Anträge zur Aufnahme in die Tagesordnung und Verweisung in die Gremien
Antrags-Nr./Betreff
Einreicher
Verweisung
VI-A-05427
Maßnahmen gegen die Zweckentfremdung von privatem Wohnraum
SPD-Fraktion
FA Stadtentwicklung und Bau
VI-A-05416
Ausschreibung der Speisenversorgung
an Schulen der Stadt Leipzig
Fraktion Freibeuter
FA Wirtschaft und Arbeit, FA
Jugend, Soziales, Gesundheit
und Schule
VI-A-05418
Strategiekonferenz zur Wohnungslosigkeit in Leipzig einberufen
Fraktion Bündnis
90/Die Grünen
FA Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule, FA Umwelt
und Ordnung, FA Stadtentwicklung und Bau, Drogenbeirat
VI-A-05446
Fraktion DIE LINKE
Neugestaltung der Porträt-Galerie von
sieben Leipziger Oberbürgermeistern im
Neuen Rathaus - Aufnahme Erich Zeigners
Verwaltungsausschuss, FA Kultur
VI-A-05451
Wirksames Vertretungssystem für die
Kindertagespflege entwickeln
Fraktion Bündnis
90/Die Grünen
FA Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule,
Jugendhilfeausschuss,
Kinder- und Familienbeirat
VI-A-05453
Öffentliche Kennzeichnung der Symbolik des Granitbrunnens auf dem Nikolaikirchhof als Objekt der Erinnerung der
friedlichen Revolution
AfD-Fraktion
FA Kultur
VI-A-05472
Caroline-NeuberFörderpreis 2018
Fraktion Bündnis
90/Die Grünen
FA Kultur
VI-A-05499
Leipzig als Modellregion für fahrscheinlosen Nahverkehr
Stadträtin U. E. Gabelmann
Verwaltungsausschuss, FA
Stadtentwicklung und Bau
VI-A-05500
SPD-Fraktion
Sicheres digitales Arbeiten im Ehrenamt
FA Allgemeine Verwaltung
VI-A-05516
Stellen im Amt für Bauordnung und
Denkmalpflege 2019/2020
Fraktion Freibeuter
FA Allgemeine Verwaltung, FA
Finanzen, FA Stadtentwicklung
und Bau
VI-A-05521
Straßen in neuen Stadtvierteln sinnvoll
benennen
SPD-Fraktion
FA Umwelt und Ordnung, FA
Allgemeine Verwaltung
VI-A-05522
Kleinteilige Ausschreibung der Speiseversorgung an Schulen und Kitas
Fraktion Bündnis
90/Die Grünen
FA Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
VI-A-05467
nichtöffentlich
SPD-Fraktion
FA Stadtentwicklung und Bau
SBB Südost
RATSVERSAMMLUNG VOM 28. FEBRUAR 2018
1
Eröffnung und Begrüßung
Oberbürgermeister Jung: Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Mit einer kleinen Verspätung
eröffne ich die heutige Stadtratssitzung und begrüße alle Stadträtinnen und Stadträte, die Vertreter der Medien und die Gäste auf der Tribüne.
Herzlich willkommen!
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich die angenehme Aufgabe, Herrn Stadtrat Maciejewski
zum Geburtstag zu gratulieren. Er kann sich
nichts Schöneres vorstellen, als diesen Tag mit
uns zu verbringen. - Herzlichen Glückwunsch!
Ich bitte Herrn Oßwald und Herrn Deissler, das
heutige Protokoll zu unterschreiben. - Einwände
sehe ich nicht. Dann verfahren wir so.
Die Tagesordnung wurde im Amtsblatt am
24.02.2018 bekannt gemacht.
Entschuldigt haben sich Herr Rothkegel, Frau
Ehms, Herr Müller, Frau Dr. Märtens, Frau
Dr. Künstler, Herr Morlok und Kollege Hörning.
Ich verweise auf § 20 der Sächsischen Gemeindeordnung im Falle von möglichen Befangenheiten sowie auf den Livestream.
Gegen 16.30 Uhr werden wir eine Pause einlegen. Heute gibt es wieder Speisen und Getränke,
aber nur von 16 bis 19 Uhr. Ich bitte Sie sehr herzlich: Öffnen Sie Ihr Portemonnaie und nutzen Sie
dieses Angebot, damit es uns auch in den nächsten Monaten erhalten bleibt!
2
Feststellung der Beschlussfähigkeit
Um 14.00 Uhr waren 57 Stadträtinnen und Stadträte anwesend. Das entspricht 80 Prozent. Damit
sind wir beschlussfähig.
3
Feststellung der Tagesordnung
TOP 7 entfällt. TOP 15.3 und TOP 15.13 werden
abgesetzt. TOP 15.15 und TOP 15.16 werden vertagt. TOP 16.10 wurde zurückgezogen. TOP 19.8
und TOP 19.11 werden abgesetzt.
Des Weiteren gibt es einen Antrag auf Absetzung
von TOP 15.1. Möchten Sie das begründen? Herr Pellmann.
Stadtrat Pellmann (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wir beantragen die Absetzung von Tagesordnungspunkt 15.1, ein Antrag von Bünd-
nis 90/Die Grünen mit dem Titel „Monatliche Berichtspflicht - Verfahrensregeln zur Bearbeitung
von Anträgen, Vorlagen, Anfragen und Wichtigen
Angelegenheiten“, und zwar aus folgendem
Grund: Der Ältestenrat hat sich gemeinsam mit
dem Oberbürgermeister darauf verständigt, in einer Runde Ende März sich mit ebendiesen Fragen zu befassen und im gemeinsamen Wirken
von Stadtrat und Verwaltung nach vorn zu denken. Wir sollten diesen Termin zunächst abwarten
und erst danach über den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen diskutieren und gegebenenfalls entscheiden. Vielleicht hat sich der Antrag
dann auch erledigt. Ich bitte daher heute um dessen Absetzung.
Oberbürgermeister Jung: Danke schön, Herr
Pellmann. - Herr Elschner.
Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen):
Herr Pellmann, ich möchte Ihnen gern erwidern. Vor zehn Jahren hat der Stadtrat beschlossen ich zitiere -:
Für die Erarbeitung der Verwaltungsstandpunkte steht ein Zeitraum von einem Monat zur Verfügung. Die Verwaltungsstandpunkte sind nach Ablauf der
Bearbeitungsfrist zum nächstmöglichen
Termin auf die Tagesordnung der DB
OBM zu setzen. Bei Nichteinhaltung der
Frist ist die DB OBM über den Stand der
Erarbeitung des Verwaltungsstandpunktes zu informieren. Die Einreicher erhalten im Nachgang vom BfR eine schriftliche/elektronische Information über die
Gründe der terminlichen Verzögerung.
Mit unserem Antrag machen wir Grüne darauf aufmerksam, dass dieser Beschluss des Stadtrats
von der Verwaltung bis heute nicht in einem eigentlich doch routinierten Verfahren umgesetzt
wird.
Wir Grüne stellen fest: Die Erarbeitung des Verwaltungsstandpunkts weicht regelmäßig von der
Verfahrensregelung ab, und die Gründe für terminliche Verzögerungen bleiben den Stadträtinnen und Stadträten aus nicht nachvollziehbaren
Gründen verborgen. Deshalb werden wir Grüne
nicht müde, transparentes Verwaltungshandeln
einzufordern. Wir werden, wie Sie es von uns gewohnt sind, auf bestehende Defizite in diesem Zusammenhang immer wieder aufmerksam machen.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Kolleginnen und Kollegen Stadträte, bereits heute
setzt das Büro für Ratsangelegenheiten den Dezernaten eine Frist von einem Monat zur Erarbeitung von Verwaltungsstandpunkten. Wird diese
Frist nicht eingehalten, müssen die Dezernate,
um eine Fristverlängerung zu bekommen, die
Gründe dafür nennen. Aber weshalb bitteschön
erreicht diese Information in einem weiteren, sich
anschließenden Verfahrensschritt nicht ganz
selbstverständlich auch die Fraktionen, die Antragstellerinnen und Antragsteller? Warum erhalten wir Stadträtinnen und Stadträte nicht selbstverständlich Einblick in den Workflow im ALLRIS,
in die Fristen und die Ausführungen der Dezernate zur Fristverlängerung? Ein Verwaltungsstandpunkt zu unserem Antrag hätte dies erhellend klären und erklären können. Es hätte auch
ein Sachstandsbericht zur Umsetzung sein können. Beides ist ausgeblieben.
In den Diskussionen zum Antrag wurde vor allem
kundgetan, man wolle die Verwaltungsstellen
doch nicht mit zusätzlicher Arbeit belasten. Herr
Hörning aber hat als Verwaltungsbürgermeister
die Intention unseres Antrags begriffen und begrüßt. Deswegen haben wir die berechtigte Hoffnung und gehen davon aus, dass unser Anliegen
verstanden wurde und die Verwaltung künftig in
diesem Sinne handeln wird. Vor diesem Hintergrund und in Erwartung dessen ziehen wir diesen
Antrag hiermit zurück. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Damit entfällt auch
die Abstimmung über die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes.
Die Einwohneranfragen 9.1 bis 9.3 werden mündlich beantwortet, alle anderen schriftlich. Danach
werden die Petitionen aufgerufen. Wie üblich wird
das gegen 17 Uhr erfolgen.
Zur Reihenfolge der Tagesordnung: Die Anfrage
16.7 wird auf Wunsch des Einreichers mit der Anfrage 16.16 getauscht. Die Tagesordnungspunkte
19.12 und 19.13 werden ebenfalls getauscht. Vorziehen möchte ich TOP 19.1, Amtsleiterin Rechtsamt. Diese Personalangelegenheit wird bereits
nach TOP 8 aufgerufen.
Ich erinnere Sie noch einmal an unseren „Fünfplus-zwei“-Beschluss aus der letzten Ratsversammlung. Wir wollen wieder so verfahren, dass
jeweils ein Redner einer Fraktion fünf Minuten, jeder weitere Redner derselben Fraktion zwei Minuten Redezeit hat.
So weit meine Hinweise zur Tagesordnung. Gibt
es aus Ihrer Mitte Hinweise? - Das ist nicht der
Fall.
Seite |2
Dann stelle ich die ordnungsgemäße Ladung sowie die Tagesordnung einschließlich der vorgenannten Änderungen fest.
TOP 4 entfällt.
5
Niederschrift
5.1 Niederschrift der Sitzung vom 31.01./
01.02.2018 - Teil I: Beschlussprotokoll
(SI/2018/8016)
Gibt es dazu Hinweise? - Dann ist die Niederschrift festgestellt.
TOP 6 entfällt, ebenso TOP 7 und 8.
Wir fahren fort mit Tagesordnungspunkt 19.1:
19.1 Personalangelegenheit nach § 8 Abs. 3
der Hauptsatzung - Amtsleiterin Rechtsamt (VI-DS-05299)
Einreicher: Dezernat Allgemeine Verwaltung
Der Verwaltungsausschuss hat 15 - 0 - 0 vorvotiert. Es wird vorgeschlagen, Frau Sandra Schlegel zum 1. Oktober 2018 mit der Leitung des
Rechtsamtes zu betrauen.
Frau Schlegel ist hier heute anwesend. Seien Sie
herzlich willkommen!
Meine Damen und Herren, wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Können wir offen
wählen? - Ich sehe, Sie sind einverstanden. Dann
bitte ich um Ihr Handzeichen. Wer stimmt dem
vorliegenden Beschlussvorschlag zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Eine Enthaltung. Ansonsten einstimmig so beschlossen.
Herzlichen Glückwunsch, Frau Schlegel! Auf ein
gutes Miteinander!
Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:
12
Änderung der Besetzung von Gremien
12.1 Information zur Besetzung der beschließenden und beratenden Ausschüsse
und des Ältestenrates durch die Fraktionen (22. Änderung) (DS-00768/14-Ifo-22)
Einreicher: Oberbürgermeister
Gibt es dazu Nachfragen oder Hinweise? - Dann
nehmen Sie bitte die Information zur Besetzung
der beschließenden und beratenden Ausschüsse
zur Kenntnis.
12.2 Behindertenbeirat (9. Änderung) (VI-DS01125-DS-09)
Einreicher: Oberbürgermeister
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Wird das Wort gewünscht? - Dann bitte ich um Ihr
Handzeichen, wenn Sie gegen diesen Beschlussvorschlag stimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
12.3 Beirat für Tierschutz (4. Änderung) (VIDS-01126-DS-04-NF-01)
Einreicher: Oberbürgermeister
Wortmeldungen sehe ich nicht. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
12.4 Kinder- und Familienbeirat (9. Änderung)
(VI-DS-01128-DS-09)
Einreicher: Oberbürgermeister
Seite |3
13.1 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Sportbäder Leipzig GmbH (1. Änderung der Besetzung vom 21.01.2015
gemäß VI-DS-00909) (VI-DS-00909-Ifo-01)
Einreicher: Oberbürgermeister
Gibt es Wortwünsche? - Ich bitte um Kenntnisnahme.
14
Anträge zur Aufnahme in die Tagesordnung und Verweisung in die Gremien
gem. § 5 Abs. 3-5 der Geschäftsordnung
Die Verweisungsliste liegt Ihnen vor. Ich rufe kurz
den Betreff auf, und Sie geben mir ein Zeichen,
wenn Sie darüber hinausgehende Verweisungen
wünschen.
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
14.1 Maßnahmen gegen die Zweckentfremdung von privatem Wohnraum (VI-A05427)
12.5 Jugendbeirat
01136-DS-09)
So verwiesen.
Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
(9.
Änderung)
(VI-DS-
Einreicher: Oberbürgermeister
Wortmeldungen sehe ich nicht. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
12.6 Stadtbezirksbeirat Mitte (10. Änderung)
(VI-DS-01141-DS-09-NF-01)
Einreicher: Oberbürgermeister
Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Das ist einstimmig.
12.7 Stadtbezirksbeirat Südwest (5. Änderung) (VI-DS-01146-DS-05)
Einreicher: Oberbürgermeister
Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Das ist einstimmig.
12.8 Stadtbezirksbeirat West (3. Änderung)
(VI-DS-01148-DS-03)
Einreicher: Oberbürgermeister
Einreicher: SPD-Fraktion
14.2 Ausschreibung der Speisenversorgung
an Schulen der Stadt Leipzig (VI-A05416)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
So verwiesen.
14.3 Strategiekonferenz zur Wohnungslosigkeit in Leipzig einberufen (VI-A-05418)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
So verwiesen.
14.4 Neugestaltung der Porträt-Galerie von
sieben Leipziger Oberbürgermeistern im
Neuen Rathaus - Aufnahme Erich Zeigners (VI-A-05446)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
So verwiesen.
14.5 Wirksames Vertretungssystem für die
Kindertagespflege entwickeln (VI-A05451)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Gegenstimmen? - Enthaltungen?
So verwiesen.
Abstimmung: Das ist einstimmig.
14.6 Öffentliche Kennzeichnung der Symbolik des Granitbrunnens auf dem Nikolaikirchhof als Objekt der Erinnerung der
Friedlichen Revolution (VI-A-5453)
12.9 Stadtbezirksbeirat Altwest (7. Änderung)
(VI-DS-01149-DS-07)
Einreicher: Oberbürgermeister
Einreicher: AfD-Fraktion
Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
So verwiesen.
Abstimmung: Einstimmig.
14.7 Caroline-Neuber-Förderpreise 2018 (VIA-05472)
13
Wahl und Entsendung der Vertreter der
Stadt Leipzig in Aufsichtsräte, Zweckverbände und Gremien, in denen die Stadt
Mitglied ist
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
So verwiesen.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
14.8 Leipzig als Modellregion für fahrscheinlosen Nahverkehr (VI-A-05499)
15.2.1 dazu VSP (VI-A-04057-VSP-01-NF-01)
Einreicher:
Sport
Einreicher: Stadträtin U. E. Gabelmann
So verwiesen.
14.9 Sicheres digitales Arbeiten im Ehrenamt
(VI-A-05500)
Einreicher: SPD-Fraktion
So verwiesen.
14.10 Stellen im Amt für Bauordnung und
Denkmalpflege 2019/2020 (VI-A-05516)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
So verwiesen.
14.11 Straßen in neuen Stadtvierteln sinnvoll
benennen (VI-A-05521)
Einreicher: SPD-Fraktion
Fachausschuss Umwelt und Ordnung sowie Allgemeine Verwaltung. - So verwiesen.
14.12 Kleinteilige Ausschreibung der Speisenversorgung an Schulen und Kitas
(VI-A-05522)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Ich denke, hier sollte auch der Jugendhilfeausschuss beteiligt werden. - Herr Geisler.
Stadtrat Geisler (SPD): Auf jeden Fall dieselben
Ausschüsse wie bei TOP 14.2; denn das berührt
dasselbe Thema. Mit 14.2 wird sich auch der Ausschuss Wirtschaft und Arbeit befassen.
Oberbürgermeister Jung: Verweisung in den Jugendhilfeausschuss wegen Kita und in den Fachausschuss Wirtschaft und Arbeit.
Stadträtin Hollick (DIE LINKE): Und was ist mit
dem Jugendbeirat?
Oberbürgermeister Jung: Der Jugendbeirat
wird auch beteiligt. - Dann so verwiesen.
14.13 (nichtöffentlich) (VI-A-05467)
So verwiesen.
15
Anträge zur Beschlussfassung
TOP 15.1 wurde eben zurückgezogen.
15.2
Erschließung Grundstück als Voraussetzung für eine Verpachtung an den
SV Mölkau 04 e. V. (VI-A-04057)
Einreicher: SPD-Fraktion
Seite |4
Dezernat
Umwelt,
Ordnung
Bitte schön, Herr Walther.
Stadtrat Walther (SPD): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen! Liebe Gäste auf der Besuchertribüne! Wachstum stellt unsere Stadt in allen Bereichen ihres Agierens vor Herausforderungen, sei
es bei Kitas, Schulen, Sozialem oder wie in diesem Fall beim Sport. Ich denke, wir dürfen den
SV Mölkau 04 dazu beglückwünschen, dass er
seine Mitgliederzahl in den letzten sieben Jahren
von 122 auf 240 Mitglieder verdoppelt hat. Der Anteil von Kindern im Verein liegt mit 121 in 2017 im
Vergleich zu 33 in 2010 nunmehr bei 50 Prozent.
Das ist ein Erfolg, zu dem man nur gratulieren
kann, obwohl es eigentlich einen Pokal wert wäre.
Statt eines solchen Pokals wünschen wir uns die
Unterstützung des Vereins in seinem Bestreben
nach einer Flächenerweiterung für ein neues
Kleinfeld und ein Funktionsgebäude, um seine
weitere Entwicklung zu befördern, und hatten daher einen entsprechenden Antrag formuliert. Der
Verwaltungsstandpunkt greift unsere Intention
auf, jetzt zumindest den Anstoß zu geben und die
Voraussetzungen für eine Abbildung dieser für die
Weiterentwicklung des Sportvereins wichtigen
Maßnahmen in den nächsten Doppelhaushalten
zu schaffen.
Im Sinne eines spürbaren Leipziger Sports auch
in den eingemeindeten Ortschaften werden wir ich hoffe, wir alle miteinander - auch in den Verhandlungen zum nächsten Doppelhaushalt am
Ball bleiben. Darum bitte ich um Zustimmung zum
Verwaltungsstandpunkt. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es weitere Wortmeldungen? - Dann kommen wir zur Abstimmung
über den Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Das ist einstimmig.
15.4
Filmkunsthaus
04595-NF-01)
unterstützen
(VI-A-
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Einreicher: SPD-Fraktion
15.4.1 dazu VSP (VI-A-04595-NF-01-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Wirtschaft und Arbeit
Frau Gehrt.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Stadträtin Gehrt (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Werte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Liebe Gäste! Zunächst möchte ich mich
bei den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen bedanken, dass dieser gemeinsame Antrag zustande gekommen ist.
Ich will nun auf die Beweggründe unserer Fraktion
für diesen Antrag eingehen. Unsere Fraktion fordert mit dem Antrag ganz klar ein Bekenntnis - ein
Bekenntnis zu einem Filmkunsthaus in Leipzig
und ein Bekenntnis der Stadt zur Unterstützung
des Cinématèque Leipzig e. V. bei der Umsetzung
seines Vorhabens. Wir wollen mit dem Beschluss
dieses Antrags potenziellen Fördermittelgebern
im Freistaat und im Bund klar signalisieren, dass
die Stadt hinter dem Vorhaben, ein Filmkunsthaus
zu etablieren, steht; denn genau das ist jetzt notwendig, um eine Förderung des Bundes oder des
Landes zu erhalten.
Vonseiten unserer Fraktion drückt dieser Antrag
natürlich auch die Wertschätzung für die bisherige
Arbeit des Vereins aus sowie das Vertrauen in die
Entwicklungspotenziale - nicht nur in die des Vereins, sondern auch in die der Filmkunst in Leipzig,
einer Stadt mit wachsender Kreativwirtschaft, reger freier Kulturszene und wachsenden Einwohnerzahlen.
Der Cinémathèque Leipzig e. V. hat nun schon
zum zweiten Mal ein Konzept und eine Machbarkeitsstudie für den Standort eines Filmkunsthauses in Leipzig erarbeitet, die sowohl Finanzierung,
Umbau, Sanierung als auch Wirtschaftlichkeit darlegt. Sie wissen, die aktuelle Studie bezieht sich
auf die „Feinkost“ in der Südvorstadt.
Wie Sie aber sicher auch wissen, hatte der Verein
schon 2015 mit einem ausgearbeiteten Konzept
an der Ausschreibung der Immobilie in der Gottschedstraße teilgenommen, einer Immobilie, die
laut Stadtratsbeschluss nicht einfach an den
Meistbietenden veräußert werden sollte, sondern
an einen Bieter, der auch ein kulturelles Konzept
vorlegen kann. Das hat die Cinémathèque im August 2015 getan. Danach nahm etwas seinen
Lauf, was uns bis heute schleierhaft ist, das nicht
wirklich erklärt werden konnte und uns auch sehr
ärgert.
Die Ergebnisse der Ausschreibung lagen nach
dem August 2015 ein Jahr lang auf Eis. Meines
Wissens gab es keine Rückmeldung an die Bewerberin in diesem Zeitraum. Sie erhielt im Sommer 2016 lediglich die Aufforderung, ihr Konzept
an den nun angestiegenen Grundstücksverkehrswert anzupassen. Dieser war von circa 860.000
Euro auf 1,4 Millionen Euro gestiegen, hatte sich
also fast verdoppelt, was diesen gemeinnützigen
Verein natürlich vor große Probleme gestellt hat
Seite |5
und sich im Finanzierungskonzept so nicht widerspiegeln konnte.
Einige sagen an dieser Stelle sicher: So what! Die
Stadt hat nichts zu verschenken. - Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, so einfach ist es eben
nicht. Warum? Weil wir im Stadtrat eine kulturelle
Nachnutzung beschlossen hatten, weil es sich um
ein Konzeptverfahren handelte und weil es - das
muss ich deutlich sagen - einfach schlechter Stil
ist, einen gemeinnützigen Verein, einen anerkannten und wertgeschätzten Träger der freien
Kulturszene, so auflaufen zu lassen. Wenn ich
mich recht entsinne, gab es erst im ersten Halbjahr 2017 erste Entscheidungen. Die Cinématèque hat allerdings nur Andeutungen bekommen,
dass sie aus dem Rennen sei. Also: Mindestens
zwei Jahre hat man diesen Träger warten lassen.
Diesen Umgang mit Kulturakteuren findet unsere
Fraktion unmöglich. Man muss sich einmal vor
Augen halten, was die Menschen in diesem Verein alles ehrenamtlich in ihrer Freizeit gemacht
haben: das inhaltliche Konzept, die Machbarkeitsstudie, die Prüfung der Finanzierung, die Gespräche mit Fördermittelgebern usw. Sie haben sehr
viel Energie in dieses Vorhaben gesteckt. Jetzt
haben sie all das zum zweiten Mal gemacht, und
das obwohl man sie über zwei Jahre hat warten
lassen und obwohl sie zusehen mussten, wie sich
aufgrund der gestiegenen Grundstücksverkehrswerte ihr Konzept quasi in Luft auflöste.
Unsere Fraktion schätzt das Engagement des Cinématèque Leipzig e. V. sehr; denn es geht hier
eben nicht um Gewinnabschöpfung, sondern darum, dass sich engagierte Menschen für Kultur in
der Stadt Leipzig einsetzen. Und das sollten wir
und die Stadt wirklich unterstützen, heute durch
den Beschluss des Antrags in der Fassung des
Verwaltungsstandpunkts, zu dem ich Sie um Zustimmung bitte.
(Übergabe der Sitzungsleitung an
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian)
Abschließend noch so viel. Nachdem wir dieses
Konzeptverfahren noch einmal haben Revue passieren lassen, finden wir: Im Hinblick auf die Ergebnisse und den Ablauf sollte die Stadt noch einmal ganz genau überlegen, wie und ob sie städtische Immobilien zukünftig überhaupt noch veräußert oder ob die Vergabe in Erbbaupacht mit einem vernünftigen Zinssatz nicht ein besseres Modell wäre, um tragfähige und auch ernst gemeinte
Konzepte mit den Immobilien umzusetzen. - Vielen Dank.
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Frau Körner.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Seite |6
Stadträtin Körner (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Fabian! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Endlich sind wir an
dem Punkt, wo wir die Unterstützung für das Filmkunsthaus deutlich machen können. Meine Vorrednerin ist ja schon ausführlich darauf eingegangen, aber es ist doch schon immer wieder überraschend, wie lange Initiativen um Akzeptanz für
ihre Vorhaben kämpfen müssen.
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Gibt es weitere
Wortwünsche? - Herr Danckwardt.
Weil sich die Cinématèque an der Ausschreibung
der ehemaligen „Skala“ beteiligt hatte, war es
lange Zeit überhaupt nicht möglich, sie einzuladen, weil sie im Bewerbungsverfahren steckte.
Wir sahen, wie die Preise stiegen, und mit der
„Skala“ wurde es dann nichts mehr.
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Heute nicht.
Das kann gegebenenfalls im Ausschuss noch einmal nachgefragt werden.
Jetzt hat sie uns im Kulturausschuss ein Konzept
für den neuen Standort vorgelegt. Ich denke, alle
waren sehr beeindruckt von dem, was sie erarbeitet hat und was sie sich zutraut. Es freut mich
sehr, dass auch vom Freistaat positive Signale kamen. Ich denke, es wäre schäbig, wenn die Stadt
jetzt nicht einen Weg findet, sie stärker zu unterstützen, statt nur abzuwarten und zu sagen: Mal
sehen, ob die das hinbekommen.
In der naTo ist sie zwar gern geduldet; aber es ist
doch relativ eng. Dort kann sie das Konzept nicht
annähernd so umsetzen, wie sie es uns jetzt vorgestellt hat, weil das auch spartenübergreifend
funktionieren soll. „Filmkunsthaus“ heißt nicht nur,
dort einen Film zu gucken und vielleicht noch darüber zu reden. Vielmehr sollen dort auch noch andere Sparten aktiv werden können. Diese Idee finden wir genial.
Sie hat einen langen Atem bewiesen, sie hat das
alles ausgehalten. Jetzt hat sie uns ein Konzept
vorgelegt, das eine tragfähige Idee beinhaltet.
Deshalb ist die Stadt aufgefordert - wie auch in
dem gemeinsamen Antrag der drei Fraktionen formuliert ist -, dieses Vorhaben zu unterstützen. Vielen Dank.
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Herr Elschner.
Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen):
Frau Kollegin Gehrt, ich möchte Ihnen ausdrücklich für Ihre Ausführungen danken, auch in Bezug
auf die „Skala“, und noch einmal betonen, dass
neben der Fraktion DIE LINKE auch wir Grüne in
der öffentlichen Sitzung des Grundstücksverkehrsausschusses der damaligen Vorlage nicht
zugestimmt haben. Ich hoffe, dass wir bei Konzeptvergabeverfahren künftig einen Weg finden,
dass Vorhaben nicht blockiert oder verschleppt
werden, sondern bei Vorhaben, die im Sinne der
Stadt sind, vermehrt das Erbbaurecht zur Anwendung kommt. - Danke.
Stadtrat Danckwardt (fraktionslos): Ich habe nur
eine Bitte. Es gab ja ziemlich heftige Vorwürfe in
Richtung Verwaltung. Vielleicht kann sich mal ein
Vertreter der Verwaltung dazu äußern.
Gibt es weitere Wortwünsche? - Ich sehe keine
weiteren Wortwünsche. Die einreichenden Fraktionen stellen den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung. Wer diesem Antrag im Sinne des Verwaltungsstandpunkts zustimmt, bitte ich um das
Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Einige Enthaltungen, keine Gegenstimmen. Mit Mehrheit so zugestimmt.
15.5
Mieterstrom - Projekte zügig umsetzen
(VI-A-04650)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
15.5.1 dazu VSP (VI-A-04650-VSP-01)
Einreicher: Oberbürgermeister
15.5.2 dazu ÄA (VI-A-04650-ÄA-02)
Einreicher: SPD-Fraktion
Wird das Wort dazu gewünscht? - Herr Volger.
(Übergabe der Sitzungsleitung an
Oberbürgermeister Jung)
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte
Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte Stadträte! Sehr geehrte Gäste! Was wollten
wir mit unserem Antrag zum Mieterstrom erreichen? Dass sich die Stadtwerke damit beschäftigen und ein neues Geschäftsfeld entwickeln, das
nicht nur ihnen, sondern auch den Mietern Vorteile bietet.
Dafür wurde eigens ein Gesetz erlassen. Solarer
Mieterstrom rechnet sich nunmehr für Wohnungseigentümer, Solaranlagenbetreiber, Mieter und
Energieversorger gleichermaßen. Im Vergleich
zur reinen Netzbelieferung muss für den Direktstromanteil zwar die volle EEG-Umlage bezahlt
werden, dafür aber keine Stromsteuer oder sonstige mit der Nutzung des öffentlichen Stromnetzes
verbundene Abgaben und Netzentgelte. Außerdem erhält der Anlagenbetreiber ab dem Inkrafttreten des Mieterstromgesetzes auch noch einen
Zuschlag auf den Direktstrom.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
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Die neue Förderung dürfte in den nächsten Jahren Tausenden Mietern den Zugang zu preiswertem Solarstrom ermöglichen und schafft so die
Basis für attraktive neue Geschäftsmodelle der alten und neuen Energiewirtschaft im Rahmen einer
umweltfreundlichen Quartiersversorgung sowie
interessante Möglichkeiten der Kundenbindung.
Hier müssen die Stadtwerke vorangehen; denn
die Vorteile liegen auf der Hand:
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker hat das
Wort.
Erstens für den Immobilienbesitzer: Wertsteigerung der Immobilie durch nachhaltige Energiegewinnung, Steigerung der Mieterbindung, Senkung
der Mietnebenkosten und Imagegewinn durch positive Aufmerksamkeit.
Uns ist Folgendes wichtig: Wir halten Mieterstrommodelle für eine gute Möglichkeit, die dezentrale Energieversorgung in Leipzig auszubauen. Deswegen würden wir uns freuen, wenn
sie erfolgreich sind. Sie dürfen aber nicht zu wirtschaftlichen Nachteilen bei SWL oder KWL führen. Ich glaube, das wäre auch nicht in Ihrem Interesse. Wir haben das in unserem Änderungsantrag noch einmal klargestellt. Da er jetzt übernommen wurde, freuen wir uns auf eine breite Zustimmung hier im Rat. - Danke.
Zweitens für Mieterinnen und Mieter: durch entfallende Netzentgelte und Abgaben sinkende
Mietnebenkosten, direkt erlebbare Stromversorgung, sichere und umweltfreundliche Versorgung,
attraktiver Ökostromtarif. Trotzdem bleibt weiterhin die freie Versorgerwahl.
Drittens für die Umwelt: dezentrale Energieversorgung und Entlastung der Netze, 100 Prozent
Ökostrom und Einsparung von CO2.
Und - nicht zu vergessen - viertens: Bei den Stadtwerken wäre eine Marge bei der Installation oder
Betreibung der Anlage möglich.
Fakt ist aber: Das Mieterstromgesetz ist nunmehr
sieben Monate in Kraft, und es wurde kein einziges Mieterstromprojekt von den Stadtwerken und
der LWB realisiert, stattdessen aber von einer
Energiegenossenschaft. Die Stadtwerke als kommunaler Energiedienstleister sollten hier ihre Anstrengungen enorm steigern und im Bereich Kundenbindung und Zukunftssicherheit vor dem Hintergrund des Strukturwandels in der Energiewirtschaft und Innovationsbereitschaft einen deutlichen Schritt nach vorn machen. Dafür sind insbesondere die eigenen Dächer und die der LWB und
der Stadt Leipzig prädestiniert. - So weit, so gut.
Nachdem uns nun in den Ausschüssen in den
letzten Wochen vonseiten der Stadtwerke und der
LWB berichtet wurde, dass entsprechende kooperative Pilotprojekte kurz vor der Realisierung stehen, sind wir etwas entspannter und sehen die
beiden auf dem richtigen Weg. Punkt 1 unseres
Antrags hat sich damit erledigt und wird hiermit
zurückgezogen.
In Punkt 2 übernehmen wir die Formulierung des
Änderungsantrags der SPD, uns einen entsprechenden Bericht über die Umsetzung der Pilotprojekte zukommen zu lassen. Ich glaube, der Zeitpunkt dafür ist richtig gewählt, sodass wir den
übernommenen Änderungsantrag der SPD abstimmen lassen können. - Vielen Dank.
Stadtrat Zenker (SPD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen
Stadträte! Zunächst vielen Dank, dass Sie unseren Änderungsantrag übernehmen. Damit erübrigt sich ein Großteil meiner Rede.
Oberbürgermeister Jung: Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. - Herr Volger, Sie haben
Punkt 1 Ihres Antrags eben zurückgezogen und in
Punkt 2 den SPD-Änderungsantrag übernommen. Damit stimmen wir jetzt den Antrag in der
Fassung des SPD-Änderungsantrags ab. Ich bitte
um Ihr Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Eine Enthaltung, eine Reihe von
Gegenstimmen. Mehrheitlich so beschlossen.
15.6
Aufhebung der Sperrstunde nach Sächsischem
Gaststättengesetz
(VI-A04694)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Einreicher: SPD-Fraktion
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
15.6.1 dazu ÄA (VI-A-04694-ÄA-01)
Einreicher: CDU-Fraktion
15.6.2 dazu VSP (VI-A-04694-VSP-02)
Einreicher: Dezernat Umwelt,
Sport
Ordnung,
15.6.3 dazu ÄA (VI-A-04694-ÄA-03)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
Dazu wurde auch eine Petition übergeben. Diese
wurde bei der Vorberatung des Antrags berücksichtigt.
Bitte schön, Frau Nagel.
Stadträtin Nagel (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Liebe Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Heute
sprechen wir mit der Sperrstunde über ein Relikt,
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
das mit Fug und Recht als mittelalterlich bezeichnet werden muss, und das im wahrsten Sinne des
Wortes.
Wie wir wissen, hatte ab dem Spätmittelalter die
sogenannte Sperrstunde als staatlich verordnetes
Schließen von Wirtshäusern, Geschäften und Läden tatsächlich das Ziel, die Städte „herunterzufahren“, die Menschen nach Hause zu treiben und
die Ruhe zum Beispiel durch Nachtwächter zu
überwachen.
Später wurden auch gesundheitspolitische Ziele
mit der Sperrstunde verknüpft: Gegen das aufkommende Komatrinken, bekannt aus britischen
Pubs bis Anfang der 2000er-Jahre, wurden Ausschankstopps verhängt. All dies ging aber mehr oder weniger nach hinten los. Wie wir wissen hat
sich die Philosophie vom starken Staat, der tief in
die Privatsphäre und Belange von Menschen eingreift, inzwischen ein wenig geändert.
Die Sperrstunde hat in unseren Zeiten, wo das
Feiern oft erst nach Mitternacht beginnt und bis in
die frühen Morgenstunden dauert, wo sich Arbeitszeiten und Lebensrhythmen verschieben,
ihre Funktion vollends verloren, auch wenn sie
heute schon auf ein Minimum reduziert ist.
Wir sind der Meinung, dass es nur folgerichtig ist,
sich überflüssigen und gängelnden Relikten zu
entledigen. Wir kennen auch die Rechtslage. Der
Bund schreibt hier nichts vor. Zwar existiert seit
der Föderalismusreform in den Ländern eine gesetzliche Regelung; aber diese lässt den Kommunen Spielraum, die Sperrstunde aufzuheben.
Der Anlass des gemeinsamen Antrages von SPD,
LINKEN und Grünen dürfte hinlänglich bekannt
sein - das ging auch gestern noch einmal durch
die Presse -: Im Juni letzten Jahres wurde das
Institut für Zukunft, ein renommierter Klub in der
Leipziger Südvorstadt, vom Ordnungsamt per
Post aufgefordert, von nun an die Sperrstunde
einzuhalten.
Das hieße in der Konsequenz für den Klub: Licht
an, Musik aus, Gäste raus, zumindest zwischen 5
und 6 Uhr. Dass kein Gast eine Stunde später dort
wieder einkehrt und weiterfeiert, das kann sich jeder klar denkende Mensch sicher vorstellen. Dass
der Peak bei elektronischen Musikveranstaltungen, wie sie im IfZ stattfinden, zwischen 5 und 6
Uhr liegt, mag vielleicht für manchen hier im Saal
befremdlich sein; das ist aber so.
Diejenigen, die sich damit beruflich befassen,
nämlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
zuständigen Sicherheitsbehörde im Ordnungsamt, wissen augenscheinlich nichts davon und
haben mit ihrem Schreiben an das IfZ das wirtschaftliche Aus dieses Klubs in Kauf genommen.
Hintergrund der Gängelung des IfZ - das wissen
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wir - waren angebliche Beschwerden von Anwohnerinnen und Anwohnern, die auch nach näheren
Untersuchungen des Ordnungsamtes weder qualifiziert noch in irgendeiner relevanten Weise
quantifiziert werden konnten.
Der Fall des IfZ ist nicht nur der entscheidende
Stein des Anstoßes, die Sperrstunde in Leipzig ad
acta zu legen, sondern könnte auch Anlass sein,
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des für Gewerbe zuständigen Sicherheitsamtes Weiterbildungen zu den Themen „Fairer und rechtskonformer Umgang mit Gewerbetreibenden“ und „Zeitgenössische Partykultur“ nahezulegen.
Lassen sie mich an dieser Stelle auch noch einmal beleuchten, wie widersprüchlich die Stadtverwaltung mit dem Thema Sperrstunde umgegangen ist. An den verschiedensten Stellen warb die
Stadt Leipzig in den letzten Jahren damit, die
Sperrstunde nicht mehr anzuwenden: angefangen beim ehemaligen Oberbürgermeister Tiefensee, der im Zuge der Olympiabewerbung Leipzig
damit schmückte, bis hin zur Imagebroschüre
„Leipzig lohnt sich“ oder den Wirtschaftsberichten
2016, 2015 und 2014.
Der in zahlreichen Publikationen verwendete Satz
„Und das Beste: Das junge Leipziger Nachtleben
kennt keine Sperrstunde“ fand sich bis Juni 2017 also bis zum Beginn dieser Provinzposse mit dem
IfZ - auch auf der Internetseite der Stadt Leipzig,
wurde dann aber ganz offensichtlich vor dem Hintergrund des wachsenden medialen Interesses an
dem Thema getilgt.
Aufgrund der medial beachteten Gängelei des IfZ
kassierte die Stadtverwaltung also wirtschaftsfreundliche Aussagen, mit denen sie sich über
Jahre hinweg schmückte. Daraus kann man nur
schlussfolgern: Zum Anlocken von Investorinnen
und Investoren sowie Touristinnen und Touristen
soll die Bürokratie niedrig gehalten werden oder
zumindest der Anschein erweckt werden. Das soll
aber nicht für Menschen gelten, die sich hier für
ein anspruchsvolles, für ein kulturvolles, für ein lebendiges Nachtleben in dieser Stadt engagieren.
Mit Verlaub, das finde ich rückgratlos und eine falsche Prioritätensetzung.
So oder so: Es ist gut, wenn auch etwas spät,
dass wir heute die Debatte um die Aufhebung der
Sperrstunde führen. Es wurde schon erwähnt,
dass dazu eine Petition übergeben wurde. Sie hat
8.000 Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden. Gestern fand eine Pressekonferenz dazu
statt. Sicherlich verfolgen viele mit dem Thema
befasste Menschen heute diese Stadtratssitzung.
Eine Mehrheit für den Antrag ist ja abzusehen.
Ganz kurz die Sicht der Linksfraktion zu den Änderungsanträgen: Wir halten den CDU-Antrag für
überflüssig, weil wir den Verwaltungsstandpunkt
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
zur Abstimmung bringen werden. Wir finden auch
den Antrag der Freibeuter überflüssig und werden
dem ebenfalls nicht zustimmen. - Vielen Dank.
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besondere örtliche Verhältnisse vorliegen. Damit
wäre den Regelungen des Gaststättengesetzes
Genüge getan, und wir hätten hoffentlich Rechtssicherheit. Ich bitte Sie daher um Zustimmung
zum Verwaltungsstandpunkt. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker.
Oberbürgermeister Jung: Herr Oberstadt.
Stadtrat Zenker (SPD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen
Stadträte! Werte Gäste auf der Tribüne! Braucht
Leipzig eine Sperrstunde? Aus meiner Sicht nicht.
Ein Fraktionskollege hat eben gefragt: Wer geht
denn erst 23 Uhr in einen Klub? Als ich noch ein
bisschen jünger war - jetzt gehe ich ja schon auf
die 40 zu -, bin ich auch das eine oder andere Mal
erst früh um 7 Uhr aus dem Conne Island oder
einer anderen Disko herausgestolpert. Auch ich
war zu späten Nacht- bzw. frühen Morgenstunden
in Klubs. Aus meiner Sicht brauchen wir die Sperrstunde nicht. Ebenso wie Frau Nagel halte ich die
Sperrstunde für ein Relikt vergangener Tage.
Ich möchte natürlich nicht verhehlen, dass es
Lärmschutzprobleme im Umfeld von Diskos,
Klubs oder Kneipen mit Freisitz geben kann. Dagegen greifen jedoch andere gesetzliche Regelungen, an die sich die Einrichtungen auch halten
müssen. Eine Sperrstunde nur für eine Stunde
vorzusehen, hilft wenig bis gar nichts; sie kann sogar genau das Gegenteil bewirken.
Soweit ich weiß, wurde die Sperrstunde ursprünglich eingeführt, damit Diskos, Kneipen, gastronomische Einrichtungen einfach auch mal durchwischen, mal sauber machen können. Ich glaube
nicht, dass wir Unternehmerinnen und Unternehmern vorschreiben müssen, wann sie ihren Laden
sauber machen. Ob sie reinigen, überprüft regelmäßig - so hoffe ich - das Gesundheitsamt und
nicht das Ordnungsamt.
Unsere Stadt wirbt mit dem quirligen Nachtleben,
und dazu gehört eben auch, dass Leipzig bisher
keine Sperrstunde kannte. Man könnte auch sagen: Zur Leipziger Freiheit gehört auch, dass man
drei Tage wach sein kann. Das ist einer der Faktoren, warum Leipzig so attraktiv und beliebt ist.
Wie wir gerade lesen konnten, hat Leipzig inzwischen mehr Einwohner als Essen und wird wahrscheinlich demnächst noch vor Dortmund liegen.
Wir freuen uns, dass mit dem Verwaltungsstandpunkt gangbare Lösungswege gesucht werden
sollen. Aus unserer Sicht hätte man es bei dem
Verfahren, das 27 Jahre lang galt, belassen können, nämlich die Sperrstunde auszusetzen bzw.
zu dulden, wie es läuft. Nun bietet der Verwaltungsstandpunkt die Möglichkeit an, mittels einer
Rechtsverordnung die Sperrstunde für Leipzig
aufzuheben, indem Gastronomen und Klubbetreiber aufgefordert werden, zu begründen, dass dafür ein öffentliches Bedürfnis besteht oder dass
Stadtrat Oberstadt (CDU): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Inhaltlich sind wir uns, glaube
ich, alle einig: Eine allgemeine Sperrstunde zwischen 5 und 6 Uhr wird unserer Stadt, die mit
„Hypzig“ beworben wird, nicht gerecht. Weder für
die Betreiber der Klubs ist das förderlich noch für
den Anspruch auf eine ruhige Nacht. Ich sage einmal so: Wer zwischen 5 und 6 Uhr noch nicht
schläft, hat andere Probleme, die auch nicht mit
einer Sperrstunde zwischen 5 und 6 Uhr zu beheben sind. Hier sind Einzelfallregelungen um einiges besser. Gemäß Sächsischem Gaststättengesetz ist es zulässig, Schließzeiten von Klubs wegen Ruhestörungen zu regeln.
Wir haben unseren Änderungsantrag gestellt, weil
Ihr gemeinsamer Antrag formell an einigen handwerklichen Mängeln leidet. Schon des Öfteren haben sich hier Redner über die Qualität von Verwaltungsstandpunkten und Vorlagen beschwert,
was davon zeugt, dass wir schon einen gewissen
Anspruch haben. Diesem Anspruch sollten wir
auch selbst gerecht werden. Unsere Anträge sollten schon eine gewisse Qualität aufweisen.
Sie wissen vielleicht, dass ich manchmal an der
Uni Studenten unterrichte. Dort gibt es den Standardsatz: Ein Blick ins Gesetz hilft der Rechtsfindung. - Nur, in Ihrem Antrag wird das Gesetz noch
nicht einmal genau bezeichnet. Da heißt es lediglich: § 9 Absatz 2 Nummer 1. - Aus welchem Gesetz denn bitte?
Weiterhin: Für welche Gewerbe soll diese Sperrstunde aufgehoben werden? In Absatz 1 des
Sächsischen Gaststättengesetzes werden eben
nicht nur Gaststätten und Vergnügungsstätten benannt, sondern auch Rummelplätze, öffentliche
Veranstaltungsevents, sogar Spielhallen. Sollen
wir für die jetzt auch die Sperrzeit von 23 bis 6 Uhr
aufheben? Ich glaube, das wäre nicht im Interesse der Antragsteller. Oder habe ich damit Unrecht?
Es stellt sich auch die Frage: Wie soll die Sperrstunde aufgehoben werden? Das Gesetz schreibt
ganz eindeutig vor, dass dafür eine Rechtsverordnung erlassen werden muss. Ich hoffe, Sie wurden nicht davon überrascht, dass im Verwaltungsstandpunkt steht, was das Sächsische Gaststättengesetz vorgibt. Ich bin tatsächlich überrascht,
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
liebe Grüne, dass Sie das so mittragen. Herr Kasek, ein Mitglied und sogar ein Funktionsträger Ihrer Partei, hat die schon genannte Petition verfasst und es um einiges besser gemacht, indem
er genau festgehalten hat, wie die Aufhebung der
Sperrstunde erfolgen soll.
Wie gesagt, ich bin ein wenig verwundert über die
Qualität Ihres Antrags. Wir haben unseren Änderungsantrag gestellt, damit Rechtssicherheit geschaffen und diese Rechtsverordnung erlassen
wird. Es hilft, glaube ich, nicht, nur den Verwaltungsstandpunkt zu übernehmen - tut mir leid,
Herr Oberbürgermeister -, weil es darin nämlich
heißt: „gegebenenfalls“. - Das heißt: Wir geben
das Verfahren jetzt in die Hände der Verwaltung
und gegebenenfalls werden wir irgendwann mal
eine Rechtsverordnung sehen.
Auch Ihr Antrag, liebe Freibeuter, hilft da nicht
wirklich weiter. Sie haben auch ein „Prüf-ob“ drin,
was auch mit „gegebenenfalls“ zu übersetzen ist.
Das heißt: Es kann auch einfach nichts passieren.
Außerdem vergessen Sie, liebe Freibeuter, den
zweiten Zusatz des § 9 Absatz 2 Nummer 1, nämlich die örtlichen Verhältnisse. Sie dagegen
schreiben: allgemeines Interesse. Es geht in § 9
aber um die öffentlichen Bedürfnisse und die örtlichen Verhältnisse. Sie hatten den VSP und unseren Antrag als Vorlage und das Gesetz zur
Hand - Sie haben schließlich einen Juristen in Ihrer Fraktion - und haben dennoch die Qualität
nicht eingehalten.
Ich hoffe, dass Sie unserem Änderungsantrag zustimmen. Damit gehen wir über die weiche Formulierung des Verwaltungsstandpunkts und des
Änderungsantrags der Freibeuter hinaus. Wir wollen eine Rechtsverordnung, die rechtssicher ist
und die Leipzig gerecht wird. - Danke schön.
Oberbürgermeister Jung: Herr Volger.
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte
Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte Stadträte! Sehr geehrte Gäste! Ich will zunächst auf den gemeinsamen Antrag der drei
Fraktionen und abschließend auf Ihren Redebeitrag, Herr Oberstadt, eingehen. Zu den kulturellen
und wirtschaftlichen Aspekten wurde hier schon
ausführlich ausgeführt. Ich möchte mich daher auf
den ordnungspolitischen Bereich beschränken.
Die Sperrstunde ist ein Schildbürgerstreich, wenn
es um Lärmschutz und Ordnung in der Stadt geht.
Stellen wir uns nur einmal vor, was passieren
würde, wenn um 5 Uhr morgens alle alkoholisierten Klubbesucher auf einmal auf Leipzigs Straßen
entlassen werden. Hunderte, eher Tausende wür-
S e i t e | 10
den auf den Straßen herumlärmen und die öffentlichen Verkehrsmittel gleichzeitig nutzen. - Wir
hoffen zumindest, dass sie die nutzen und in diesem Zustand nicht noch Auto fahren würden. Das kann ja wohl kein sinnvoller Beitrag zum Anwohnerschutz und für den Nachtschlaf an den
Wochenenden sein. Über die potenziellen Konflikte im ÖPNV bei so vielen Betrunkenen mag
man gar nicht nachdenken. Das wäre weder im
Sinne von LVB, Polizei oder Ordnungsamt, das
wegen Lärmbeschwerden einschreiten müsste obwohl - entschuldigen Sie meine Polemik -: Das
Ordnungsamt arbeitet ja gar nicht um 5 Uhr morgens am Wochenende; dem kann es dann eigentlich egal sein.
Daher war es völlig richtig, die Sperrstunde in
Leipzig jahrelang zu ignorieren. Wer auch immer
im Ordnungsamt auf die Idee gekommen ist, dieses Thema jetzt auf die Agenda zu setzen, kann
dies nicht aus gesundem Menschenverstand gemacht haben, sondern wollte vermutlich einfach
nur rumstänkern. Erklärbar und zum Vorteil der
Stadt und der Bürger*innen war das auf jeden Fall
nicht. Manchmal ist es besser, von Verwaltungsseite einfach mal nichts zu machen. Darin hat die
Verwaltung ja reichlich Erfahrung.
Aber sei es drum. Wir müssen uns nun heute damit beschäftigen. Zum Glück hat die Dezernatsspitze im Gegensatz zum Ordnungsamt erkannt,
dass wir eine Lösung brauchen, und einen sinnvollen Verwaltungsstandpunkt abgegeben, den
wir jetzt auch zur Abstimmung stellen. Wir hoffen
auf eine baldige Vorlage durch die Verwaltung.
Die Änderungsanträge von CDU und Freibeutern
sehen wir als redundant an, da sie das Anliegen
nur mit anderen Worten umschreiben. Wir freuen
uns natürlich trotzdem über Ihre Zustimmung zum
Verwaltungsstandpunkt.
Nun zu Ihnen, Herr Oberstadt. Wir, die drei antragstellenden Fraktionen, haben im Vorfeld natürlich auch mit der Verwaltung Rücksprache gehalten. Sie haben uns handwerkliche Mängel vorgeworfen. Dem halte ich entgegen: Der Antrag
umreißt das Anliegen, das wir haben. Wir wissen
auch, dass mit einem Antrag noch lange keine
Rechtsverordnung vonseiten der Verwaltung geschrieben wurde. Die Verwaltung braucht dafür
auch die Zuarbeit vonseiten der Klubbetreiber, um
eine rechtliche Grundlage zu haben, diese zu erlassen. Von daher: Wir waren in enger Abstimmung mit der Verwaltung.
Unser Antrag ist mit Absicht ein wenig breit und
vage formuliert, um der Verwaltung die Möglichkeit zu geben, uns eine rechtssichere Formulierung vorzuschlagen. Das wird in näherer Zukunft
erfolgen. Die Verwaltung wird nach der Zuarbeit
durch die Klubbetreiber - wir haben gestern in der
PK gehört, dass sie aktuell dabei sind - diese
Rechtsverordnung in den Stadtrat einbringen, die
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
wir dann hier beschließen können. Ich hoffe, dass
dann auch Ihre rechtlichen Bedenken, Herr Oberstadt, ausgeräumt werden und wir einen gemeinsamen Beschluss hier im Stadtrat fassen können.
Egal, ob wir heute den Verwaltungsstandpunkt
beschließen, den wir zur Abstimmung stellen, oder Ihren Antrag: Letztlich haben wir doch alle
dasselbe Anliegen. Es ginge nur um Wortklauberei, wenn das gegeneinander abgestimmt würde.
Ich kann Sie daher nur bitten, Ihren Antrag zurückzuziehen, damit wir alle gemeinsam mit der Zustimmung zum Verwaltungsstandpunkt ein starkes Signal für die Abschaffung der Sperrstunde
geben können. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Gabelmann.
Stadträtin Gabelmann (Freibeuter): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Änderungsantrag
nimmt den Gedanken des Gaststättengesetzes
konsequent auf, nämlich zu prüfen, ob überhaupt
das Bedürfnis für eine Sperrstunde vorliegt. Insofern wundert es mich, dass Frau Nagel das so heftig kritisiert hat; denn unser Antrag denkt das nur
konsequent zu Ende, nämlich von Gesetzesseite
heranzugehen - da hat Herr Oberstadt recht - und
es auf dieser Ebene zu regeln.
Für uns alle ist es kein Geheimnis - ich glaube, da
sind wir uns einig -, was sich die Öffentlichkeit
wünscht und was wir uns für diese Stadt wünschen. Insofern erfüllt die Sperrstunde nur noch
eine Alibifunktion. Herr Zenker hat recht: Mal
feucht durchzufeudeln oder die Klos zu putzen,
das wird nicht morgens zwischen 5 und 6 Uhr am
Wochenende passieren, sondern eher an den
Schließtagen der Klubs, genauso wie die Lärmbelästigung zwischen 3 und 4 Uhr nicht kleiner ist als
die zwischen 5 und 6 Uhr.
Bei Klubs konzentrieren sich Öffnungs- und
Schließzeiten jeweils auf einen kompakten Zeitraum. Bei Bäckern ist das anders, ebenso bei Klamottengeschäften. Von daher ist es einfach müßig, darüber zu diskutieren, ob das noch zeitgemäß ist. Es sollte der jeweiligen Branche angepasst sein. Das Gaststättengesetz lässt ja auch
ausdrücklich zu, dass die Klubs das so handhaben können, wenn wir es regeln. Insofern sollte es
den Betreibern überlassen bleiben, ob es künftig
zum Beispiel am Wochenende „durchgehend“
heißt. - Der geschätzte Kollege Bär lebe hoch,
hoch, hoch. Ich muss mal kurz eine Wette einlösen, entschuldigen Sie bitte.
Von daher bitte ich den zumindest juristisch
durchgeprüften Änderungsantrag unserer Fraktion zu übernehmen, damit wir hier zu einer gemeinsamen Beschlussfassung kommen. - Danke
schön.
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Oberbürgermeister Jung: Noch eine Wortmeldung von Frau Witte.
Stadträtin Witte (Freibeuter): Liebe Kolleginnen
und Kollegen Stadträte! Liebe Besucher auf der
Tribüne! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister!
Meine Vorredner haben viel über die Betreiber
von Gaststätten geredet und wenig über die Besucher der Gaststätten. Daher hat man mir als bekennende Nachteule angeraten, auch mal aus
Sicht der Besucher dieser Gaststätten ein paar
Takte dazu zu sagen.
Keine Angst! Ich werde jetzt keine großen Jokes
aus meinem Leben erzählen. Dafür würden die
zwei Minuten bei weitem nicht reichen, obwohl einige dieser Jokes bestimmt hier zur Unterhaltung
beitragen und die doch etwas trockene Stadtratssitzung auflockern würden.
Einen möchte ich aber doch erzählen. Als ich in
Saarbrücken studiert habe, gab es noch eine
ganz strenge Sperrstunde, nämlich 24 Uhr. In
dem Stammlokal, in dem ich damals als Studentin
unterwegs war, kam immer relativ pünktlich um
24 Uhr die Polizei vorbei - ich weiß nicht, ob das
hier in Leipzig auch so ist - und hat gesagt: Auch
der Gast macht sich strafbar. - Das hat dazu geführt, dass in der Kneipe die Vorhänge zugezogen
worden sind und sich die Gäste, weil sie wussten,
dass die Polizei in einer Viertelstunde wiederkommt, unter dem Flipper versammelt haben und
ganz leise waren, bis der zweite Kontrollgang der
Polizei vorüber war. Danach haben wir weitergefeiert. Also: Zum einen haben wir die Sperrstunde
letztlich doch umgangen, zum anderen wurde uns
dadurch ein unwürdiges Verhalten aufgezwungen.
Als zutiefst liberaler Mensch bin ich der Meinung:
Jeder sollte selbst entscheiden, wann er wo ein
Bier trinken geht, ob er zu Hause bleibt oder ob er
die Nacht durchfeiert oder ob er morgens irgendwohin geht. Das sollten wir dem Bürger selbst
überlassen. In diesem Sinne ist es ganz dringend
notwendig für eine weltoffene Stadt wie Leipzig,
dass diese Sperrstunde fällt. Sie stammt noch aus
einer Zeit, als es nur drei Fernsehprogramme gab
und ab 24 Uhr auf allen drei Programmen nur
noch das Testbild gesendet wurde. Auch das hat
sich inzwischen geändert. Heute kann man rund
um die Uhr fernsehen, auf 100 bis 150 Kanälen,
je nachdem, welchen Anbieter man gewählt hat.
Daher sollte man bei der Kneipenvielfalt in Leipzig
als mündiger Bürger auch entscheiden können,
wann und wo man sein Bier trinken gehen will. Ich
nehme Einladungen gerne entgegen. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Das unterscheidet
Saarbrücken von Leipzig, Frau Witte. Unsere Polizei hat keine Zeit für Zweitkontrollgänge in Klubs.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Ich denke, der Worte sind genug gewechselt. Wir
sollten jetzt zur Abstimmung kommen. Bitte schalten Sie Ihr Abstimmgerät ein!
Abstimmung über den Änderungsantrag der Freibeuter. Bitte geben Sie jetzt Ihr Votum ab! - Ich
schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 4 - 55 - 0. Abgelehnt.
Abstimmung über den Änderungsantrag der
CDU-Fraktion. Bitte geben Sie jetzt Ihre Stimme
ab! - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 17 - 38 - 3. Abgelehnt.
Nun zur Abstimmung über den Antrag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts. Bitte votieren
Sie jetzt! - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 55 - 0 - 6. So beschlossen.
15.7
Zugang zur psychiatrischen Behandlung von Migrant/innen und Geflüchteten: Öffnung der SprInt-Mittel für die
ärztliche Versorgung durch den Verbund gemeindenahe Psychiatrie (VI-A04713)
Einreicher: Migrantenbeirat
S e i t e | 12
sprachliche und kulturelle Barriere relativ hoch; es
kommt zu Verständigungsschwierigkeiten. Wir
wissen von beteiligten Fachkräften, aber auch von
Migrant*innenorganisationen und den Migrant*innen selbst, dass in der Vergangenheit aus diesem
Grund Behandlungen abgebrochen worden sind,
was zum Teil zu erheblichen Folgeproblemen und
auch zu finanziellen Belastungen geführt hat: für
unsere Stadtgesellschaft, für die Kommune und
nicht zuletzt auch für die Personen selbst.
Deswegen plädieren wir dafür, dass die SprIntMittel für die Versorgung durch den Verbund gemeindenahe Psychiatrie geöffnet werden und darüber hinaus das Budget erhöht wird. Es gibt dazu
einen Verwaltungsstandpunkt, der die Summe
von 30.000 Euro, die wir beantragt haben, halbiert, also 15.000 Euro für das aktuelle Jahr vorsieht. Wir haben in der letzten Beiratssitzung darüber beraten. Der Leiter des Verbundes war dort
zugegen und hat uns seine Einschätzung dargelegt. Er geht - Stand jetzt - davon aus, dass die
Mittel in Höhe von 15.000 Euro für das laufende
Jahr erst einmal ausreichen sollten. Dem haben
wir uns als Migrantenbeirat angeschlossen. Ich
würde Sie bitten, sich dieser Argumentation ebenfalls anzuschließen und dafür zu votieren. - Danke
sehr.
15.7.1 dazu VSP (VI-A-04713-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Allgemeine Verwaltung
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen? - Frau Witte.
15.7.2 dazu ÄA (VI-A-04713-ÄA-02)
Einreicher: CDU-Fraktion
15.7.3 dazu ÄA (VI-A-04713-ÄA-03)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
Nach meiner Information bringt Herr Karadeniz
den Antrag ein. - Bitte schön.
Karadeniz (Migrantenbeirat): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren! Ich bin heute im Namen des Migrantenbeirats hier, um Ihnen unseren Antrag kurz zu erläutern. Darin geht es um den Zugang zur psychiatrischen Behandlung von Migrant*innen und Geflüchteten, konkret um die Öffnung der SprInt-Mittel für die ärztliche Versorgung durch den Verbund
gemeindenahe Psychiatrie. Wir haben einen Beschlussvorschlag eingereicht, der darauf gründet,
dass wir insbesondere bei Migrant*innen und bei
Menschen mit Fluchtgeschichte ein erhöhtes Risiko, psychisch zu erkranken, wahrgenommen
haben, was auch mit belastbaren Zahlen seitens
der Psychosozialen Zentren unterlegt ist.
Trotz des großen Bedarfs gibt es eine Zugangsbarriere zu einer adäquaten psychiatrischen und
psychotherapeutischen Versorgung dieser Menschen. Wie Sie sich denken können, ist die
Stadträtin Witte (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Liebe Besucher auf der Tribüne!
Wir halten es für sehr wichtig, dass insbesondere
Migrantinnen und weibliche Flüchtlinge ihr
Trauma psychiatrisch aufarbeiten können, nachdem sie hier angekommen sind. Die Arbeit, die
dafür zu leisten ist, ist von ihrer Wichtigkeit nicht
zu unterschätzen.
Für eine psychiatrische Behandlung ist jedoch erforderlich, dass man miteinander reden kann.
Nicht nur die Sprachbarriere gilt es zu überwinden - dafür braucht man einen Dolmetscher -,
sondern auch die kulturelle Barriere; denn die kulturellen Bedingungen, unter denen die Geflüchteten aufgewachsen sind, unterscheiden sich zum
Teil erheblich von den kulturellen Bedingungen,
unter denen wir aufgewachsen sind. Hierfür bedarf es einer sehr sensiblen und kompetenten
Dolmetscherarbeit, die sowohl das Gespräch zwischen Psychiater und Patienten vermittelt als
auch die Besonderheiten der kulturellen Unterschiede berücksichtigt.
Wir haben einen Änderungsantrag gestellt, weil
wir der Meinung sind, dass es optimal wäre, wenn
die Beschlusspunkte 1 und 2 des Verwaltungsstandpunkts und der Beschlusspunkt 3 des CDU-
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Änderungsantrags in den Antrag übernommen
werden. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Frau Heller.
Stadträtin Heller (CDU): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Werte Kollegen! Liebe Gäste!
Ich möchte auf die beiden Änderungsanträge, die
heute dazu vorliegen, eingehen.
Zunächst zu unserem Änderungsantrag. Wir als
CDU-Fraktion erkennen natürlich die Notwendigkeit an, dass eine psychische Erkrankung eine Erkrankung wie jede andere ist und daher auch einer Behandlung bedarf, für die Dolmetscherleistungen erbracht werden müssen. Gerade deshalb
sollte es hier keine Unterschiede geben zu ärztlichen Leistungen, für die die Übersetzerkosten
von den Krankenkassen übernommen werden.
Tatsächlich ist es so, dass nur für Therapien in Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen die
Kosten nicht von der Krankenkasse übernommen
werden. Wir finden, das kann nicht sein. Das benachteiligt Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Wir sind deshalb nicht dafür, dass hier noch ein
Topf aufgemacht wird und die Stadt - also Leipzig;
das gilt aber auch für alle anderen Städte - in die
Bresche springt, obwohl es, auch um der Gleichheit willen, eine andere Lösung geben müsste.
Aus diesem Grund bitten wir, den Antrag der Freibeuter punktweise abzustimmen. Ich kündige
schon jetzt an, dass wir dem nicht zustimmen können, weil in den ersten beiden Beschlusspunkten
der Verwaltungsstandpunkt übernommen wird.
Wie gesagt: nicht, weil wir den vorhandenen Bedarf nicht anerkennen oder weil wir den Menschen das Geld vorenthalten wollen, sondern weil
wir prinzipiell der Meinung sind, dass die Krankenkassen dafür zuständig sind. Wir möchten, dass
die Stadt sich dafür einsetzt, dass das auch so
kommt. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Sejdi.
Stadträtin Cagalj Sejdi (Bündnis 90/Die Grünen): An dieser Stelle möchte ich ein Missverständnis bei der CDU ausräumen. SprInt-Leistungen sind Leistungen für Geflüchtete, und Geflüchtete sind über das Sozialamt krankenversichert,
zumindest in der ersten Zeit, in der sie hier leben.
Das heißt: Für diese Gruppe von Menschen können die Krankenkassen bisher leider noch nicht
die Kosten bei Ärzten übernehmen.
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Darüber hinaus ist mir nicht bekannt, dass Krankenkassen generell Übersetzerleistungen übernehmen. Mir ist aber sehr wohl bekannt, dass
Menschen selbst für die Übersetzerkosten aufkommen müssen, zum Beispiel in der Uniklinik,
und zwar auch dann, wenn sie Übersetzer vorher
gar nicht eingefordert haben, und dass sie auch
bei vielen anderen Ärzten nur dann einen Übersetzer bekommen, wenn sie sich bereit erklären,
die Kosten selbst zu übernehmen. Also: Es ist in
der Tat nicht so, dass Krankenkassen die Übersetzerkosten übernehmen. Es wäre schön, wenn
es so wäre.
Genau aus diesem Grund ist dieser Antrag so
wichtig. Und doch ist er leider nur ein Tropfen auf
den heißen Stein. In 2015 gab es in Sachsen
8.000 bis 10.000 Geflüchtete mit posttraumatischer Belastungsstörung; ein großer Teil von
ihnen lebte in Leipzig. Hinzu kommen viele Menschen mit anderen psychischen Erkrankungen,
bei denen eine ärztliche Behandlung möglich
wäre, leider aber nur in ganz wenigen Fällen wirklich adäquat stattfinden kann.
Ja, es gibt viele Hürden. Eine ist die Sprache. Warum ist Sprache so wichtig? Sprache ist vor allem
an dem Punkt wichtig, wo es um die einfache
Kommunikation geht: das Schildern von Beschwerden, die Diagnose und vor allem die Verabreichung von Medikamenten. Ich glaube, wir
alle müssen keine medizinischen Fachleute sein,
um zu wissen, dass es besonders bei Psychopharmaka wichtig ist, dass der Arzt dem Patienten
deutlich machen kann, wie er die Tabletten einzunehmen hat, dass aber auch der Patient verstehen muss, wie er die Tabletten einzunehmen hat.
Hier geht es um die ärztliche Versorgung von Patienten durch den Verbund gemeindenahe Psychiatrie. Das heißt: Es geht nur um einen ganz
kleinen Teil der behandlungsbedürftigen Menschen. Das ist wirklich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Umso wichtiger ist es, hier einen Schritt
voranzumachen. Umso sinnvoller wäre es, den
CDU-Antrag, wie von den Freibeutern vorgeschlagen, als Beschlusspunkt 3 zu ergänzen. Vielleicht
schaffen wir es ja, dass die Krankenkassen das
für alle bezahlen. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung.
Zunächst zum Änderungsantrag der Freibeuter,
der den Verwaltungsstandpunkt plus den CDUAntrag zur Abstimmung stellt. Es war punktweise
Abstimmung beantragt.
Beschlusspunkt 1: Bitte geben Sie jetzt Ihre
Stimme ab! - Ich schließe die Abstimmung.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Abstimmung: 39 - 21 - 0. So beschlossen.
Beschlusspunkt 2: Ich bitte um Stimmabgabe. Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 40 - 21 - 0.
Beschlusspunkt 3: Stimmen Sie bitte jetzt ab! - Ich
schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 57 - 0 - 3. So beschlossen.
Damit entfällt die Abstimmung über die anderen
beiden Anträge.
15.8
Für eine Novellierung des Wohngeldgesetzes (VI-A-04720)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
15.8.1 dazu VSP VI-A-04720-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Wortwünsche? - Herr Hobusch.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete! Bevor mir jemand
vorwirft, ich hätte vergessen, das zu erwähnen:
Natürlich bin ich auch Präsident von wohnungswirtschaftlichen Verbänden. - Wir diskutieren seit
Jahren in dieser Stadt über sozialen Wohnungsbau. Wir diskutieren seit Jahren in dieser Stadt
und in diesem Land, der Bundesrepublik, über
knapper werdenden Wohnraum. Wir diskutieren
aber ganz wenig darüber, dass nur wenige Kilometer außerhalb der großen Städte ganz viel
Wohnraum leer steht, dass es dort noch Mieten
von 4 bis 4,50 Euro und manchmal noch weniger
gibt.
Die Indikatorenliste des Freistaates für die Voraussetzungen zur Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus enthält sehr viele Zahlen, die zunächst verwirren, aber aufzeigen: Es gibt Regionen im Freistaat mit Leerständen von 25 bis
30 Prozent in den Kernbereichen. Es gibt aber
auch die großen Städte wie Dresden, Leipzig, zunehmend auch Chemnitz und den Speckgürtel
drum herum, die im Bereich des MDV liegen und
vom S-Bahn-Netz Mitteldeutschland profitieren,
wo es kaum noch Leerstand gibt. - Das konnten
Sie heute auch in der LVZ nachlesen.
Warum sage ich das? Weil wir Freibeuter sozialen
Wohnungsbau für das falsche Instrument halten,
um Wohnraumknappheit und steigenden Mietpreisen im frei verfügbaren Markt zu begegnen.
Was wir alle - von links bis rechts in diesem Rat,
wobei ich das nicht politisch, sondern örtlich
meine - vermeiden wollen, sind Segregation und
abgehängte Stadtteile, wie wir sie leider auch in
dieser Stadt in großer Zahl haben. Wir wollen
durchmischte Quartiere. Und dennoch diskutieren
S e i t e | 14
wir in dieser Stadt über ein Instrument, das bereits
in der alten Bundesrepublik zu großen Fehlern
wie Fehlbelegungsquoten von 50 Prozent oder
Ghettoisierung geführt hat. Wenn Sie sich die Bilder großer Städte anschauen, wissen Sie, wovon
ich spreche.
Wenn wir all die Ziele, die wir verfolgen, erreichen
wollen, wenn wir keine Konkurrenz wollen zwischen staatlich gefördertem Wohnraum mit Kaltmieten von 6,50 Euro pro Quadratmeter und
Wohnraum wie im Leipziger Osten, im Leipziger
Norden, teilweise auch im Leipziger Westen, dessen Miete deutlich darunter liegt, wenn wir einen
fairen und ausgeglichenen Wohnmietmarkt haben
wollen, dann lassen Sie uns darüber nachdenken - hier schaue ich insbesondere in Richtung
von Rot und Schwarz -, ob es nicht sinnvoller
wäre, diese 2,5 Milliarden Euro, die jetzt vom
Bund für die Förderung von sozialem Wohnungsbau bereitgestellt werden sollen, von einer Position des Haushaltes des Bundes in eine andere
Position des Haushaltes zu verschieben, nämlich
hin zum Wohngeldrecht.
Lassen Sie uns darüber nachdenken, ob es nicht
sinnvoller wäre, die Rechtsgrundlagen und Bezugsbreite für Wohngeldbezieher zu erweitern
und jedem die Möglichkeit zu geben, in der Wohnung, in der er lebt, zu bleiben. Er muss dafür nur
einmal im Jahr einen Antrag stellen und prüfen
lassen, ob die Voraussetzungen vorliegen, dass
sein Wohnraum weiter gefördert werden kann.
Derzeit sind die Voraussetzungen in Sachsen dergestalt, dass er nur einmal, nämlich bei Einzug,
einen Wohnberechtigungsschein vorlegen muss
und dann 15 Jahre dort wohnen bleiben kann.
Das führt unter dem Strich dazu, dass durch Herrn
Doktor und Frau Professor, die dreimal im Jahr
Urlaub in Peru machen können, Sozialwohnungen blockiert werden, die für andere zur Verfügung stehen sollten. Ich kenne das aus meiner
persönlichen Beratung von Eigentümern nur zu
gut, auch hier in Leipzig in besten Wohnlagen. Ich
denke, das ist nicht das, was wir wollen.
Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Aufforderung und unsere Bitte an den
Oberbürgermeister und den Stadtrat: Setzen Sie
sich über die Gremien, in denen Sie vertreten
sind, Herr Jung, dafür ein, dass das Wohngeldrecht in der Bundesrepublik novelliert und auf eine
breitere Basis gestellt wird, damit statt dem sozialen Wohnungsbau die Wohngeldförderung das
Mittel und das Maß ist, um preiswerten Wohnraum zu ermöglichen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schlegel.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
und Herren Stadträte! Verehrte Gäste! Ich glaube,
25 Jahre neoliberale Wohnungspolitik sind genug.
Wir stehen heute in Leipzig auch deshalb so da,
weil Anfang der 1990er-Jahre die bundesgesetzlichen Regelungen zur Förderung des sozialen
Wohnungsbaus verändert wurden.
Sowohl in Ost als auch in West wurde mit verschiedenen Wohnungsbauprogrammen der Wohnungsbau mittels Objektförderung angekurbelt,
um bezahlbare Wohnungen in ausreichender Anzahl zur Verfügung zu stellen. Das wurde im Westen eher geschafft als im Osten. 1989/1990 kam
man dann auf die geniale Idee, das sogenannte
Fellbacher Modell einzuführen, das nur noch eine
befristete Belegungsbindung vorsieht.
Auch die Stadt Leipzig hat zu Zeiten einer christlich-liberalen Bundesregierung dieses Modell
übernommen mit der Konsequenz, dass die Belegungsbindung der mit Objektförderung erstellten
Wohnungen nach 15 Jahren ausgelaufen ist. Die
entsprechenden Zahlen haben wir hier schon
mehrfach genannt. Die Anzahl von einstmals über
20.000 Wohnungen mit Belegungsbindung ist bis
2010 auf 6.000 Wohnungen gefallen, heute sind
es faktisch noch 300 Wohnungen. Es ist nur der
Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft und
den Wohnungsgenossenschaften zu verdanken,
dass heute noch in ausreichender Anzahl bezahlbare Wohnungen zur Verfügung gestellt werden
können.
Die neue Richtlinie zur sozialen Wohnraumförderung in Sachsen erfüllt ebendiese Ansprüche
nicht. Wo haben wir denn die Sicherheit, dass
wirklich jeder, der Anspruch auf Wohngeld hat,
dieses auch erhält?
Wir favorisieren schon seit 1993 eine Kombination
von Subjekt- und Objektförderung. das heißt dass
Wohnungsbauförderung bis zu einer bestimmten
Durchschnittsmiete erfolgt, die sich die meisten
leisten können, und dass lediglich diejenigen, die
Kosten der Unterkunft brauchen oder ein sehr geringes Einkommen haben, durch das Wohngeld
abgefedert werden. Genau mit diesem System
verhindern wir auch Fehlbelegungsabgaben.
Diese Diskussion haben wir übrigens schon 1994
hier in diesem Hause geführt. Schon damals haben wir gesagt: Es gibt Möglichkeiten, zu verhindern, dass die reiche Arztfamilie in einer solchen
Wohnung lebt, nämlich indem derjenige, der
Wohngeld beantragt, faktisch jedes Jahr seine
Bedürftigkeit nachweist und diese Bedürftigkeit je
nach Einkommenshöhe durch Wohngeld abgefedert wird.
Ich denke, das hier vorgeschlagene Modell wäre
ein Weg zurück zu dem Punkt, von dem wir uns
mühsam versuchen, wegzubewegen. Es gehört
zu den wenigen guten Vorhaben der etwaigen
S e i t e | 15
neuen Koalition, dass sie sich dazu durchgerungen hat, den sozialen Wohnungsbau wieder stärker zu fördern.
Oberbürgermeister Jung: Herr Weber.
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren! Den Worten von Herrn Schlegel ist eigentlich fast nichts mehr hinzuzufügen. Ich will
hier nur noch einmal auf die Unglaubwürdigkeit
von Herrn Hobusch hinweisen. Als in der letzten
Ratsversammlung die Subjektförderung zur Abstimmung stand, haben Sie dagegen gestimmt.
Als es darum ging, den Leuten draußen, denen
gerade der Arsch auf Grundeis geht, den Rücken
zu stärken und die Subjektförderung entsprechend des aktuellen Rechts aufzustocken, haben
Sie dagegen gestimmt. Wie soll ich, wie sollen wir
Ihnen jetzt Glauben schenken, wenn Sie hier
heute sagen: „Wir wollen, dass der Staat sich aus
der Objektförderung zurückzieht und nur noch
Subjektförderung betreibt“, während Sie noch vor
vier Wochen gesagt haben: „Nein, die Subjektförderung ist uns zu hoch“? - Das dazu. Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Herr Weber,
wenn Sie die Rechtskreise, über die Sie gesprochen haben, auseinanderhalten würden, wäre es
Ihnen selbst ein Einfaches, zu erkennen, dass es
Unsinn war, was Sie jetzt erzählt haben. Wir haben in der letzten Ratsversammlung über die Kosten der Unterkunft diskutiert. Der Bezieherkreis
von Wohngeld und derjenigen, die in den Genuss
von sozialem Wohnungsbau kommen, ist ein
ganz anderer. Insofern kann ich das nur zurückweisen, was Sie hier gesagt haben.
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker hat das
Wort.
Stadtrat Zenker (SPD): Ich kann mich noch erinnern, dass Ursprung dieses Antrags eine Äußerung meines Fraktionskollegen Heiko Oßwald
war, der gesagt hat, dass wir uns sehr wohl vorstellen können, über Subjektförderung zu diskutieren, aber eben nicht im Rahmen einer Vorlage
zum sozialen Wohnungsbau.
Herr Hobusch, ich hätte mich gefreut, wenn in Ihrem Antrag genau das formuliert wäre, was Sie
hier mündlich ausgeführt haben, nämlich Varianten zu prüfen, wie die Subjektförderung betrieben
werden kann. In Ihrem Antrag wird aus meiner
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Sicht jedoch darauf abgestellt, nur noch Subjektförderung zu betreiben. Ich habe schon im Ausschuss erläutert, warum wir dem so nicht zustimmen können. Ich kann mir in der Tat eine Kombination aus Subjektförderung und Objektförderung
vorstellen. Aber das steht leider nicht in Ihrem Antrag.
Oberbürgermeister Jung: Meine Damen und
Herren, ich darf Sie jetzt um Ihre Voten bitten. Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 19 - 43 - 0. Damit ist der Antrag
abgelehnt.
15.9
Elektromobilität offensiv angehen statt
weiter aussitzen (VI-A-04741)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
15.9.1 dazu VSP (VI-A-04741-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Wirtschaft und Arbeit
Herr Schmidt.
Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Liebe Gäste!
In einem Zeitungsartikel war vor einigen Tagen zu
lesen:
Offenkundig haben einige Hersteller das
Interesse an Elektroautos viel zu niedrig
eingeschätzt.
Dann informiert der Artikel über die derzeit recht
langen Wartezeiten, wenn man sich ein vollelektrisches Auto kauft. Diese betragen im besten Fall
nur einige Wochen, bei diversen Modellen allerdings zwischen sechs und zwölf Monaten. Der Artikel endet mit einem bemerkenswerten Satz, der
auch den zahlreichen Initiativen meiner Fraktion
aus den vergangenen Jahren aus der Seele
spricht:
Ein bisschen Geduld ist also erforderlich,
wenn man in ein Elektroauto umsteigen
möchte. Das übt schon einmal für später,
an der Ladesäule.
Damit ist sicherlich nicht nur gemeint, dass ein
E-Auto nicht so schnell wieder einsatzbereit ist
wie ein Diesel oder Benziner an der Tankstelle,
sondern auch, dass das aktuell verfügbare Ladesäulennetz der künftigen Nachfrage nicht entsprechen dürfte.
Sie wissen, wir haben genau vor sechs Monaten
einen ähnlichen Antrag zur Abstimmung gestellt. Lustigerweise ist ja mein Kommentar dazu auch
im ALLRIS erschienen. Das nur als Hinweis, das
nicht als internen Kommentar an das BfR zu schicken, sodass es alle lesen können. - Damals habe
S e i t e | 16
ich noch den Verwaltungsstandpunkt kritisiert und
Sie, Herr Abrecht, im Besonderen. Der nun vorliegende Verwaltungsstandpunkt entspricht im weitesten Sinne unserem damaligen Antrag. Insofern
werden wir diesen heute auch zur Abstimmung
stellen.
Nicht erst die gestrige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zeigt, dass der Handlungsdruck bei der Luftreinhaltung in den Städten groß
ist, auch in Leipzig. Neben der Förderung des
Umweltverbundes, von ÖPNV, Radverkehr, Carund Bikesharing gehört die Förderung der Elektromobilität ohne Zweifel dazu, da diese hilft, lokale Emissionen von Feinstaub und Stickoxid zu
reduzieren.
Die Förderung der Elektromobilität als Geschäftsfeld innerhalb des Stadtkonzerns zu etablieren,
wäre daher nur folgerichtig und zukunftsorientiert.
Dabei ist es für mich persönlich unerheblich, ob
dies bei den Stadtwerken oder ressortübergreifend beim Stadtkonzern, also der LVV, etabliert
und weiterentwickelt wird. Hauptsache, der Bereich bekommt den Stellenwert, den er braucht,
um einerseits die Kinderkrankheiten bei der Ladeinfrastruktur in den Griff zu bekommen und andererseits das Thema mit der notwendigen Kompetenz und Entschlossenheit voranzutreiben und
aktiv und innovativ zu gestalten.
Ich werde heute nicht wieder über den Widerspruch zwischen verfügbarer Ladeinfrastruktur
und deren stadtweiten Bedarf referieren. Ich
denke, die Alternative, die die Verwaltung hier
heute im Verwaltungsstandpunkt vorschlägt, ist
zumindest auch angesichts der unter Beschlusspunkt 1 genannten vorangeschrittenen Zeit eine
für uns gangbare. Ich glaube aber - wer in den
vergangenen sechs Monaten die Presse im Bereich Elektromobilität mitverfolgt hat, wird dies
wahrscheinlich genauso sehen -, dass es höchste
Eisenbahn ist, alle Mittel und Wege zu nutzen, die
verfügbaren Lademöglichkeiten flächendeckend
in Leipzig zu vervielfachen, nicht nur im öffentlichen Raum, sondern auch im halböffentlichen, bei
Unternehmen, Wohnungsgesellschaften, Supermärkten, Tiefgaragen etc.
Ich setze große Hoffnungen in die anstehenden
Schritte von Stadtkonzern und Wirtschaftsförderung. Sehen Sie, Herr Albrecht, den Antrag bitte
nicht als Kritik, sondern als Beauftragung durch
Politik und Stadtgesellschaft, und lassen Sie dementsprechende Taten folgen! Ich bitte um Abstimmung zum Verwaltungsstandpunkt und um Ihre
Unterstützung. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Riekewald.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Stadträtinnen
und Stadträte! Liebe Gäste auf der Tribüne und
am Livestream! Gleich vorweg: Die Fraktion DIE
LINKE wird sich bei diesem Antrag, auch in der
Fassung des Verwaltungsstandpunktes, enthalten. Warum? Ich möchte Ihnen hierfür drei Gründe
nennen:
Erstens. Auch wir wollen, dass Leipzig die Stadt
der Elektromobilität bleibt bzw. wird. Wir nehmen
allerdings ein anderes Thema als Autos in den Fokus. Wie ich schon vor knapp einem Jahr in der
Debatte der Vorlage „Leipzig - Stadt für intelligente Mobilität“ gesagt habe, muss es unserer
Meinung nach beim Thema Elektromobilität darum gehen, den Umweltverbund zu stärken. Es
muss um den Ausbau von E-ÖPNV gehen. Dabei
denke ich an die Straßenbahn, aber auch an
Elektrobusse und Elektrofahrräder. Das ist Elektromobilität, wie ich sie mir vorstelle. Hier sollten
zuerst Maßnahmen ergriffen werden, um die
E-Mobilität zu fördern. Gerade beim Ausbau des
Straßenbahnnetzes ist unserer Meinung nach
noch viel Luft nach oben.
Der Antrag und auch der Verwaltungsstandpunkt
beschäftigen sich jedoch vornehmlich mit der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Nun kann
man, wenn man nett ist, auch Ladeinfrastruktur für
Elektrobusse darunter subsumieren. Das jedenfalls würden wir uns wünschen. Klar wird das jedoch auch im Wortlaut des Verwaltungsstandpunkts nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen nicht
immer so tun, als ob Elektroautos die Heilsbringer
wären. Das ist der zweite Grund für unsere Enthaltung. Natürlich ist ein Elektroauto umweltpolitisch mehr zu begrüßen als ein Auto mit Verbrennungsmotor. Es stößt zum Beispiel weniger
Schadstoffe aus, und natürlich macht es weniger
Lärm. Aber auch ein Elektroauto ist ein Auto und
damit motorisierter Individualverkehr. So benötigt
ein E-Auto genauso viel Platz für einen Parkplatz
oder auf der Straße, und es kann genauso für Verkehrstote sorgen, wie das ein „normales“ Auto
kann. Allein mit dem Fokus auf Elektroautos können wir dem drohenden Verkehrschaos in Leipzig
nicht Herr werden. Dazu benötigten wir, wie schon
erwähnt, eine Stärkung des Umweltverbundes,
gerne auch verstärkt mit Elektromobilität.
Ein dritter und letzter Punkt, warum wir uns enthalten werden, ist die Anzahl der Elektroautos im
Verhältnis zur Anzahl der Ladepunkte in Leipzig.
Dem Verwaltungsstandpunkt ist zu entnehmen,
dass im Moment für 200 Elektro-Autos 220 Ladepunkte in Leipzig zur Verfügung stehen. Dass nun
mit dem Antrag der Grünen eine gesamtstädtische Strategie und ein zeitlich untersetzter Maßnahmenplan zur flächendeckenden, bedarfsge-
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rechten Bereitstellung öffentlicher Ladeinfrastruktur - so wörtlich im Verwaltungsstandpunkt - erstellt werden soll, halten wir für etwas überzogen
und denken, gerade mit Blick auf das Thema Mobilität sollten im Moment andere Dinge im Fokus
stehen, zum Beispiel die Erstellung des Nahverkehrsplans. Dazu haben wir nachher noch eine
Anfrage im Verfahren. Dann können wir das klären. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung des Antrags in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts. Bitte geben Sie jetzt Ihre
Stimme ab! - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 27 - 15 - 20. So beschlossen.
15.10 Louise-Otto-Peters-Preis künstlerisch
gestalten (VI-A-04883)
Einreicher: SPD-Fraktion
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
15.10.1 dazu VSP (VI-A-04883-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Allgemeine Verwaltung
Frau Wohlfarth.
Stadträtin Wohlfarth (SPD): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren Stadträte! Werte Gäste! Ich könnte Sie
jetzt mit einer fünfminütigen Rede über Louise
Otto-Peters und das Wirken dieser großartigen
Frau informieren. Das möchte ich uns allen ersparen und Sie stattdessen zur nächsten Verleihung
des Louise-Otto-Peters-Preises einladen. Lassen
Sie mich kurz erläutern, wie es zu diesem Antrag
kam.
Bereits seit drei Jahren vergibt die Stadt Leipzig
durch ein Gremium, in dem auch Stadträtinnen
und Stadträte aller Fraktionen zur Mitarbeit eingeladen sind, den Preis für Gleichstellung an Personen, die sich für Gleichberechtigung von Frauen
und Männern einsetzen und auf gleichstellungspolitische Fragen aufmerksam machen.
Im vergangenen Jahr ging der Preis an Pinkstinks
Germany, eine Organisation, die darauf hingewiesen hat, wie oft Geschlechterstereotype auch bei
der Produktvermarktung eine Rolle spielen. Im
Jahr zuvor erhielt den Preis Dr. Heide Steer, die
vielen von Ihnen noch bekannt sein dürfte. Und im
Premierenjahr wurde das Gleichstellungsbüro
des Uniklinikums Leipzig für seine gleichstellungspolitische Arbeit ausgezeichnet.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
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Wer oder was sind diese Personen? Was macht
sie aus? Sie alle führen Debatten um Gleichstellungsbedarfe und -probleme. Sie sensibilisieren
für das Thema in Bereichen, in denen Frauen und
Männer immer noch mit Stereotypen wahrgenommen werden. Sie engagieren sich für Gleichstellungspolitik in Vereinen, Verbänden, politischen
Parteien. Sie fragen: Was ist typisch Mann oder
typisch Frau? Gibt es das überhaupt noch?
Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Stadträtinnen und Stadträte! Liebe Gäste und Vertreter*innen der Medien! Ich will zwei Zitate von
Louise Otto-Peters anbringen:
Wenn man sich anschaut, dass der Frauenanteil
im Bundestag beispielsweise derzeit bei 30,7 Prozent liegt, könnte man sagen: Politik ist typisch
Mann. Wenn man weiß, dass in Sachsen der Anteil männlicher Erzieher in Kitas bei 6,8 Prozent
liegt, könnte man sagen: Erzieher, typisch Frau.
Wenn man konstatieren muss, dass immer noch
85 Prozent der Hausarbeit von Frauen übernommen wird - neben Beruf und Kindererziehung -,
könnte man sagen: Putzen, typisch Frau.
Das kann man auch auf diesen Antrag anwenden.
Der Preis ist gewachsen. Seit drei Jahren vergeben wir ihn. Seine Bekanntheit ist gestiegen. Wir
merken das auch daran, dass immer mehr Vorschläge eingereicht werden. Die Strahlkraft von
Louise Otto-Peters und damit auch der Stadt
Leipzig, die den höchstdotierten Preis im Bereich
der Gleichstellung vergibt, wächst. Mit dem
Wachstum wächst das Bedürfnis, bei der Preisverleihung auch etwas Haptisches zu übergeben.
Aber, meine Damen und Herren, wollen wir das?
Entspricht das unserer Realität? Dürfen Frauen
keine Politiker sein, Männer keine Erzieher? Ist es
für bestimmte Geschlechter besonders schwer, in
ihrem Wunschberuf zu arbeiten? All das sind Fragen, bei denen es darum geht: Wie wollen wir uns
als Gesellschaft entwickeln? Wie geht es weiter
mit der Gleichberechtigung? Wo fehlen dem einen
oder der anderen Chancen? Das hat Louise OttoPeters sehr früh erkannt und sich zeitlebens unermüdlich dafür eingesetzt.
Ein weiteres Zitat von Louise Otto-Peters ist auch
heutzutage noch passend:
Im Rahmen der Preisverleihung werden von der
Stadt Leipzig jedes Jahr 5.000 Euro an eine Person oder an ein Projekt ausgereicht. Das ist im
deutschlandweiten Vergleich eine sehr hohe
Summe, und sie steht uns sehr gut zu Gesicht.
Die Initiative für diesen Antrag ist aus dem Statement der letztjährigen Jury erwachsen, die gesagt
hat: Mit Geld allein ist es nicht getan. Wir wollen
etwas, das sichtbar bleibt und über eine Pressemitteilung hinausgeht. - Darum wünschen wir uns,
dass die Preisverleihung künftig mit Übergabe eines künstlerisch gestalteten Gegenstands noch
stärker gewürdigt wird. Wir haben uns sehr über
den Verwaltungsstandpunkt gefreut, der unser
Anliegen unterstützt.
Die Menschen wachsen mit den Zeiten,
nur in großen Zeiten entwickeln sich die
großen Menschen.
Vergessen Sie bei der Organisation der
Arbeit die Frauen nicht!
Also: Vergessen wir bei der Preisverleihung auch
die Kunstschaffenden nicht! Ich freue mich auf
Ihre Zustimmung. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Frau Heller.
Stadträtin Heller (CDU): Da hier nicht der VSP
zur Abstimmung steht, dem wir uneingeschränkt
zugestimmt hätten, möchten wir darum bitten, den
Antrag punktweise abzustimmen. - Nein, im dritten Punkt ist das noch nicht festgelegt. Das wird,
wenn wir es richtig verstanden haben, in die
Haushaltsverhandlungen verlagert.
Oberbürgermeister Jung: Frau Heller hat beantragt, den Antrag punktweise abzustimmen. Dem
komme ich gerne nach. Ich bitte um Ihr Handzeichen.
In diesem Sinne möchte ich um Ihre Zustimmung
werben, auch bei den Fraktionen, denen eine Teilnahme an der vergangenen Jurysitzung aus zeitlichen oder persönlichen Gründen nicht in vollem
Umfang möglich war. Gleichstellung geht uns alle
an. Lassen Sie uns darüber streiten, was wir von
Gleichstellung erwarten und wie wir sie gestalten
wollen! Dass wir sie auch weiterhin brauchen,
steht außer Frage. - Vielen Dank für Ihre Zustimmung.
Beschlusspunkt 1: Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Oberbürgermeister Jung: Frau Krefft.
Abstimmung: 15 Gegenstimmen. Ansonsten mit
großer Mehrheit so beschlossen.
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
Beschlusspunkt 2: Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
Beschlusspunkt 3: Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
15.11 Kein Platz für rassistische und nationalistische Hetze auf der Leipziger Buchmesse (VI-A-04933-NF-02)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
15.11.1 dazu VSP (VI-A-04933-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Kultur
Frau Nagel.
Stadträtin Nagel (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Liebe Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Die Leipziger Buchmesse steht vor der Tür, und ich bin mir
sicher, dass fast jeder hier im Saal sich auf dieses
Ereignis und auf die Vielfalt von Ausstellerinnen
und Ausstellern auf der Messe draußen, das Lesefest in der Stadt und die vielen Besucherinnen
und Besucher freut. Wir wissen, seit vielen Jahren
wächst nicht nur die Zahl der Besucherinnen und
Besucher, sondern auch die Anzahl der Länder,
die sich an der Buchmesse beteiligen.
Die Buchmesse ist also ein echter kultureller,
geistiger und bildnerischer Höhepunkt in dieser
Stadt, ein Höhepunkt, der aber seit vielen Jahren
von der Präsenz von Akteuren, die die Messe für
menschenfeindliche, diskriminierende, völkische
und rassistische Ansichten nutzen, überschattet
wird.
Es ist nicht nur die Compact-Magazin GmbH, die
in unserem Antrag im Vordergrund steht, die seit
fünf Jahren an ihrem immer weiter wachsenden
Ausstellerstand präsent ist. Dort wird unter anderem das verschwörungsideologische Magazin
COMPACT zur Schau gestellt, in dem voller Wolllust gegen das sogenannte Establishment - damit
sind auch wir gemeint -, gegen Israel und die
USA, gegen Flüchtlinge und Muslime gehetzt
wird. Es sind auch andere Akteure eines immer
weiter an Bedeutung gewinnenden neurechten
publizistischen Netzwerkes, wie zum Beispiel die
Wochenzeitung Junge Freiheit, die als Scharnier
zwischen Konservatismus und Neonazismus gilt,
die Deutsche Stimme, der Haus- und Hofverlag
der NPD, die dieses Jahr hier auch präsent sein
wird, oder der neurechte Verlag Antaios.
Nein, alle diese Akteure sind nicht neu auf der
Messe. Neu ist ihre Ballung; es dürften dieses
Jahr fünf rechte Verlage dort vertreten sein. Neu
sind auch die gesellschaftliche Debatte und die
aufgeheizte gesellschaftliche Stimmung. Neu sind
die erschreckenden Ereignisse auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober letzten Jahres. Neu
sind die Schamlosigkeit und der Selbstdarstellungsdrang der extremen Rechten.
Diese Akteure - ich denke, ich erzähle Ihnen hier
nichts Neues - sind Stichwortgeber für Legida und
Pegida, für tätliche Angriffe auf Unterkünfte von
S e i t e | 19
Geflüchteten, für Angriffe auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau, auf gleichgeschlechtliche
Lebensweisen, auf demokratische Prinzipien,
kurzum: auf progressive Errungenschaften unserer Zeit.
Wir denken: Die extrem Rechten sind es, die die
Meinungsfreiheit bedrohen, weil sie bestimmten
Gruppen von Menschen das Recht auf freie Meinungsäußerung absprechen, weil ihre Denkweisen radikal gegen Menschenrechte und Demokratie gerichtet sind und weil ihre politische Strategie der Abbau von Freiheitsrechten ist.
Klar ist: Die neurechten Akteure haben kein Interesse an Diskurs und Meinungsaustausch. Das
hat nicht zuletzt die Frankfurter Buchmesse gezeigt; Sie kennen sicherlich die Bilder. Dort nutzten prominente Vertreterinnen und Vertreter dieses Milieus wie der Chef der Identitären Bewegung in Deutschland oder der AfD-Rechtsaußen
Bernd oder Björn Höcke die Messe als Bühne für
ihre Propaganda. Dort wurden nichtrechte Aussteller und Besucher*innen bedroht, eingeschüchtert, bepöbelt und geschubst. Die Messeleitung ließ eine Strategie im Umgang mit den
letztlich erfolgreichen Versuchen der Besetzung
von Räumen durch rechte Akteure eher vermissen.
Meinungsfreiheit ist für die benannten neuen und
alten Rechten ein Kampfbegriff, und ich bitte Sie,
Kolleginnen und Kollegen der demokratischen
Fraktionen, auf diese scheinheilige Argumentationsfigur nicht hereinzufallen. Wir als LINKE meinen, dass ein Ausschluss der benannten Akteure
ein Schritt zur Sicherung der Meinungsfreiheit
wäre. Darum stellen wir hier und heute unseren
Antrag, der schon kontrovers diskutiert wurde, unter anderem im Kulturausschuss, zur finalen Diskussion und Abstimmung. Dieser Antrag entstand
vor der Frankfurter Buchmesse, also noch bevor
wir wussten, welch illustres Stelldichein auf der
diesjährigen Buchmesse zu erwarten ist.
Wir verweisen in der Begründung unseres Antrags ganz explizit auf das, was vor allem rund um
den COMPACT-Stand in den letzten Jahren passiert ist, nämlich Bedrohung von Besucher*innen,
von Journalist*innen und von Menschen, die am
Stand demokratisch protestiert haben, durch
standeigenes Sicherheitspersonal. Das wollen wir
einfach nicht wieder haben. Wir haben Angst,
dass sich dieses Gebaren in diesem Jahr potenzieren wird.
Nun gibt es außer der politischen Willensbekundung zum Ausschluss der benannten Akteure natürlich noch formale Probleme. Das hat mit der Eigentümerstruktur der Messe zu tun. Natürlich sind
auch Fragen nach den Kriterien und Rechtsgrundlagen richtig und berechtigt.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Mit Blick auf die Eigentümerstruktur sind der verhandlerische und vor allem auch der politische
Wille der Stadt Leipzig, sich auch mit dem Freistaat diesbezüglich auseinanderzusetzen, gefragt, wenn unser Antrag hier eine Mehrheit findet.
Die Frage nach den Kriterien und Rechtsgrundlagen ist schon schwieriger zu beantworten. Ich
stütze mich jetzt einmal auf die Aussagen des
Messedirektors Zille, der vor kurzem einem Redaktionsnetz gesagt hat, dass fünf rechtsextreme
Verlage zu erwarten sind. Also: Die Kriterien dürften klar sein, wenn der Messedirektor Einschätzungen vornehmen kann.
Als mögliche Rechtsgrundlage schlagen wir im
Antrag die Gewerbeordnung vor, die Nichtteilnahme wegen Unzuverlässigkeit der Aussteller
vorsieht.
Im Verwaltungsstandpunkt werden uns juristische
Argumente dargelegt, die wir aber für nicht tiefgründig geprüft halten. Wir wünschen uns da ein
bisschen mehr Mut und Vorangehen ganz im
Sinne des Kommentars von Kolja Mensing auf
Deutschlandfunk Kultur, den ich abschließend zitieren will:
Einfach mal vorher schon vom „Hausrecht“ Gebrauch machen, einfach mal
Nein sagen - und zwei, drei Quadratmeter Messefläche nicht an rechts vermieten. Das Wirtschaftsunternehmen „Buchmesse“ wird’s verkraften. Und das
Grundrecht auf freie Meinungsäußerung
wird damit in Deutschland ganz sicher
nicht beschnitten.
Ich bitte Sie herzlich um Zustimmung zu unserem
Antrag. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Es gibt zahlreiche
Wortmeldungen. Zunächst Herr Weickert.
Stadtrat Weickert (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren Kollegen! Verehrte
Gäste! Es geht hier heute nicht nur um einen einfachen Sachantrag. Heute geht es um nicht weniger als um die Bedeutung unserer Grundrechte.
Meine Fraktion und ich, wir wollen uns nicht gemein machen mit Verlagen, die das System der
Bundesrepublik publizistisch angreifen. Aber es
gibt zwei sehr gewichtige Argumente, die gegen
den Antrag der Linken sprechen:
Erstens. Die Freiheit der Meinung und die Pressefreiheit sind durch das Grundgesetz garantiert.
Die Mütter und Väter unserer Verfassung haben
es nahezu unmöglich gemacht, diese Rechte einzuschränken, in der Erfahrung, was die Nazis aus
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der Weimarer Verfassung gemacht hatten. Allein
eine politisch unabhängige Justiz entscheidet bei
uns über das Verbot publizistischer Erzeugnisse,
und dies hat hohe Hürden. Natürlich stehen strafrechtlich relevante Aussagen im Fokus der
Staatsanwaltschaft. Es ist jedoch nicht Aufgabe
der Politik, ein Urteil zu fällen.
Zweitens. An welcher Stelle ziehen wir die
Grenze, was wir als Meinungsfreiheit zulassen
wollen? Besser gesagt: An welcher Stelle ziehen
Sie von der Linkspartei die Grenze? Ich mache
mir ehrliche Sorgen. Heute reden wir hier noch
über den Kopp-Verlag oder Compact oder was
auch immer, und am Ende werden vielleicht viele
sagen: Okay, verbieten wir das halt. - Morgen
sprechen wir über die Junge Freiheit, und da werden vielleicht auch noch einige sagen: Finden wir
gut, wenn wir die verbieten. - Was kommt als
Nächstes? Ist dann vielleicht der Springer Verlag
dran oder das Handelsblatt als konservative Tageszeitung?
Ich glaube, die politische Einordnung der Meinungsfreiheit ist nicht Aufgabe einer Partei, deren
Abgeordnete zum Teil vom Verfassungsschutz
beobachtet werden. Auch deswegen kann es
nicht sein, dass wir die Meinungsfreiheit politisch
einordnen; denn das ist willkürlich und deshalb
gefährlich.
Meine Damen und Herren, es ist nicht die Aufgabe
eines Stadtrates, über Recht und Unrecht zu befinden. Es ist auch nicht unsere Aufgabe, zu definieren, wo Meinungs- und Pressefreiheit endet.
Wir sind Demokraten. Deshalb müssen wir Meinungen zulassen, die sich gegen unsere Überzeugungen richten. Sind wir und unsere Überzeugungen stark genug, richten sich diese Meinungen selbst.
Mit Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von
der Linkspartei, richten Sie sich auch selbst. Sie
demaskieren sich als Partei, die entgegen der leeren Worthülsen weder tolerant noch demokratisch
ist. Ihre Toleranz endet bei Ihrer Weltanschauung.
Das ist aber nicht der Geist unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung; das ist der Geist totalitärer Systeme. In einer freien Gesellschaft vertrauen wir auf die Mündigkeit der Bürger, zu entscheiden, was sie lesen wollen oder auch nicht.
Wir glauben nicht daran, dass es Aufgabe von
zentralen Instanzen ist, den Bürgern das vorzuschreiben oder sie zu erziehen nach dem Motto:
Die Genossen sehen da weiter.
Ihr Antrag wirft eine juristische Frage auf, nämlich:
Gibt es strafbare Publikationen auf der Buchmesse? Statt politisch und damit willkürlich zu entscheiden, überlassen wir diese Bewertung einer
unabhängigen Justiz, wie sich das in einem
Rechtsstaat gehört. Es ist wahrscheinlich für die
Nachfolgepartei der SED schwer zu begreifen,
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
dass ein Urteil am Ende einer Gerichtsverhandlung gefällt wird und nicht vorher von den Zentralinstanzen angeordnet werden kann.
In Vorbereitung auf diese Ratsversammlung kam
mir eine Aussage von Martin Niemöller in den
Sinn:
Als die Nazis die Kommunisten holten,
habe ich geschwiegen; ich war ja kein
Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie
die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter. Und als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.
Ihre Doppelmoral wird allein schon dadurch deutlich, dass sie sich scheinbar keinerlei Gedanken
machen, was passieren würde, wenn es eine politische Mehrheit dafür gäbe, das Neue Deutschland oder Campact zu verbieten. Auch das sind
Publikationen, die sich gegen unsere freiheitlich
demokratische Grundordnung richten, aber auch
die haben das Recht, sich und ihre Meinung auf
der Leipziger Buchmesse zu präsentieren; denn
über die Meinungsfreiheit befindet nicht der
Leipziger Stadtrat, nicht die Linkspartei und erst
recht nicht Juliane Nagel. - Herzlichen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr von der Heide.
Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister!
Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte
Gäste! Auch meine Fraktion wird den Antrag der
LINKEN ablehnen. Es wäre einfach, diese Ablehnung allein rechtlich zu begründen - der Verwaltungsstandpunkt wählt dazu eine klare Sprache -;
wir halten unsere Ablehnung aber auch politisch
für richtig.
Mein Kollege, Herr Elschner, hat mir vor einigen
Jahren dieses Buch geschenkt: „Demokratie - Zumutungen und Versprechen" von Christoph Möllers, einem recht renommierten Verfassungsrechtler. Inhalt sind 173 Thesen zur Demokratie,
auf die ich jetzt gar nicht groß eingehen will; denn
es geht mir um den Titel. Die Versprechen und die
Zumutungen der Demokratie sind nur zusammen
zu bekommen.
Es gehört zu den Versprechen der Demokratie,
dass wir hier und heute in öffentlicher Rede über
diesen Antrag debattieren, auch wenn ich die Debattenkultur in diesem Hause gelegentlich als Zumutung empfinde. Das Versprechen der Buchmesse ist Artikel 5 Grundgesetz:
S e i t e | 21
Jeder hat das Recht, seine Meinung in
Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und
zu verbreiten … Eine Zensur findet nicht
statt.
Die Zumutung ist, dass dies eben auch für die im
Antrag beschriebenen Verlage und Personen gilt.
Wir werden aber das eine nicht ohne das andere
bekommen, und wir sollten uns als Versammlung
ehrenamtlicher Stadträtinnen und Stadträte hüten, den Rahmen für eine Einschränkung der Meinungsfreiheit enger zu ziehen, als es die Rechtsprechung tut. Die Bewertung, wann nationalistische und rassistische Hetze nicht mehr von Artikel 5 Grundgesetz gedeckt, sondern Aufgabe für
die Strafverfolgung ist, sollten wir tunlichst den
Profis der Justiz überlassen. - So viel zur allgemeinen Begründung.
Ich muss aber auch ehrlich sagen, dass mich die
Ansammlung an kruden Zitaten in der Begründung nicht so recht überzeugt, dass dies für ein
Ausstellungsverbot auf der Buchmesse ausreichen soll. Ich würde dazu gerne eine Szene hier
aus dem Stadtrat in Erinnerung rufen. Vor zwei,
drei Jahren beantwortete Herr Professor Fabian
eine Anfrage der AfD zur Förderung der Publikation „Leipziger Zustände“. Es ist kein Zufall, dass
ich an dieser Stelle auf eine Anfrage der AfD mit
Kritik an einer linken Publikation verweise. Auf
Nachfrage, ob er mit der Publikation zufrieden sei,
erklärte Herr Fabian sinngemäß, dass es nicht darum gehe, ob er damit zufrieden sei, dass auch
sein Dezernat und Amt darin immer wieder kritisiert werde. Dann folgte der Satz, auf den es mir
ankommt und den ich noch einmal aus dem Wortprotokoll herausgesucht habe. Herr Fabian sagte:
„Ich halte das aus.“
Ich denke, so souverän sollten wir auch mit den
Zitaten in der Begründung umgehen. Bei dem
menschenverachtendenen Lindwurm-Zitat fällt
mir das zugegeben sehr schwer. Aber die anderen
Zitate? Herr Elsässer träumte davon, das Regime - seine Worte - noch vor 2017 loszuwerden,
aber passiert ist nichts. Die Legidas und Pegidas
und wie sie alle hießen, sie sind längst wieder verschwunden. Die Bundestagswahlen wurden
durchgeführt und werden wohl zu einer Bundesregierung führen, die nicht so viel anders ist als
die vorherige. Man könnte also sagen: Das Regime lebt, und das ist auch gut so. Das ElsässerZitat und auch die anderen Zitate sind doch in ihrer Absurdität so lächerlich, dass wir sie nicht aufwerten sollten, um damit ein Verbot für die Buchmesse zu begründen.
Da sind, finde ich, die Zitate eines Herr Poggenburg, eines Herrn Höcke, eines Herrn Gauland
viel schwerer zu ertragen, weil es leider etwas anderes ist, wenn gewählte Abgeordnete so einen
Blödsinn reden, als wenn einige Verwirrte ihre
Verschwörungstheorien pflegen. Nichtsdestotrotz
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
müssen wir auch diese Zumutungen der Demokratie ertragen.
Unsere AfD-Kollegen hier im Stadtrat geben sich
ja recht harmlos. Als Herr Kriegel vor kurzem den
Wolf im Schafspelz schon mal durchblicken ließ,
konnte man aber erahnen, dass er gerne anders
auftreten würde, wenn die AfD nicht eine so kleine
Fraktion wäre.
Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der
LINKEN, war aber nicht wertlos, auch wenn er
heute wohl zu Recht abgelehnt wird. Die Messe
wird aufgrund der Debatte um Ihren Antrag sicherlich genauer hinsehen müssen, wie sich die entsprechenden Verlage präsentieren und schneller
vom Hausrecht Gebrauch machen, sobald dies
nötig und möglich ist.
In diesem Sinne wünsche ich allen Besucherinnen und Besuchern der Buchmesse viel Spaß am
Versprechen der Buchmesse und die Souveränität, die Zumutungen zu ertragen. Herr Fabian hat
es vorgemacht. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Kriegel.
Stadtrat Kriegel (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete! Sehr
geehrte Damen und Herren Stadträte! Sehr geehrte Gäste und Journalisten! Um es vorwegzunehmen: Herr von der Heide, es ehrt mich, dass
ich nun schon zum zweiten Mal als „Wolf im
Schafspelz“ bezeichnet werde, heute von Ihnen,
das letzte Mal von Frau Nagel. Alles andere wäre
eine Enttäuschung für mich. Das muss ich an dieser Stelle einmal sagen. Es wäre auch schlimm,
würden Sie mich nicht so betiteln. Das hieße nämlich, ich hätte Sie falsch eingeschätzt. Aber dem
ist nicht so.
Es ist mal wieder so weit. Die Fraktion DIE LINKE
holt zum Rundumschlag gegen vermeintlich
rechte Verlage auf der Leipziger Buchmesse aus,
die nicht in ihr Weltbild passen. Im Sachverhaltstext heißt es:
Die Antragstellerin ist der Meinung, dass
dafür auf der Leipziger Buchmesse kein
Platz geboten werden darf.
Das heißt also: Eine linke Fraktion, deren Partei
sich zum Ziel gesetzt hat, unser Gesellschaftssystem nicht nur zu hinterfragen, sondern es letztlich
auch abzuschaffen, entscheidet darüber, welche
Meinung in unserer Gesellschaft erlaubt sein soll
und welche nicht.
Widmen wir uns einmal dem Antragstext. Da ist
von rassistischer und nationalistischer Hetze die
Rede. Rassismus: Was ist das? Hat nicht jüngst
S e i t e | 22
der zwangsgebührenfinanzierte TV-Spaßmacher
den demokratisch gewählten Präsidenten der Türkei als - ich zitiere - „Ziegenficker“ bezeichnet? Ich
frage Sie: Sollten wir nicht auch die rassistische
Medienmaschine ZDF von der Buchmesse verbannen?
Auch die Kategorie „nationalistisch“ ist hier irreführend. Publizistischer Widerstand gegen die widerrechtliche Politik der Merkel-Regierung, welche es ermöglicht, dass ungebremst und nach wie
vor rechtswidrig Menschen in unser Land kommen, von denen wir bis heute noch nicht einmal
wissen, wer sie sind, mit all den bekannten Folgen
für die deutsche Bevölkerung in den letzten drei
Jahren, ist nicht nationalistisch, sondern patriotisch. Und ich bin gern Patriot.
Wenden wir uns dem Begriff der Hetze zu. Hetze:
Was ist das? In Ihrem ach so geliebten Arbeiterund Bauernstaat gab es den Straftatbestand der
staatsfeindlichen Hetze, wenn jemand einen Witz
über Erich Honecker machte. Diese Zeiten sind
Gott sei Dank vorbei. Könnte es nicht sein, dass
Sie zum Vorwurf der staatsfeindlichen Hetze greifen, weil Sie gegen die zugegebenermaßen bisweilen etwas rustikal daherkommenden Beiträge
des Publizisten Elsässer keine ausreichenden Argumente haben?
Meine Damen und Herren der LINKEN-Fraktion,
lassen Sie sich eines gesagt sein: Kehren Sie
endlich vor Ihrer eigenen Tür, bevor Sie darüber
befinden, was als Meinung und Publikation außerhalb Ihres Gesinnungskorridors akzeptiert wird
und was nicht!
Für alle ehemaligen DDR-Bürger war es jedenfalls nur schwer zu ertragen, als Ihr Zentralorgan
Junge Welt am 13. August 2011, also genau
50 Jahre nach dem Mauerbau, ganzseitig titelte:
„Wir sagen an dieser Stelle einfach mal: Danke“. Gemeint waren Ihre Klassenbrüder, welche eine
Grenze errichteten, die 28 Jahre lang ein ganzes
Volk trennte und an der unzählige Menschen zu
Tode kamen. Bevor Sie jetzt wieder den altbekannten Vorwurf machen, das seien Fake-News
von der AfD, zeige ich Ihnen die Originalausgabe
der Jungen Welt vom 13. August 2011, 50 Jahre
nach dem Mauerfall. Was für ein Skandal, meine
Damen und Herren!
Wir vier AfD-Stadträte sowie die beiden Leipziger
AfD-Bundestagsabgeordneten Siegbert Droese
und Christoph Neumann werden dieses Jahr mit
Freude alle unabhängigen Medien und Buchverlage auf der Leipziger Buchmesse besuchen;
denn die Meinungs- und Medienfreiheit ist immer
noch ein hohes Gut in Deutschland, die vom
Grundgesetz gedeckt ist und die es zu verteidigen
gilt. Ich wünsche mir, dass Sie das genauso sehen. - Ich danke Ihnen für Ihre bewegte Aufmerksamkeit.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
S e i t e | 23
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker.
sich Journalistinnen und Journalisten und der sich
die Zivilgesellschaft stellen muss.
Stadtrat Zenker (SPD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen
Stadträte! Unsere Meinungsfreiheit schützt auch
abstoßende, widerwärtige und hässliche Äußerungen. Was bedeutet das für uns? Muss es eine
Demokratie aushalten, wenn auch Leute zu Wort
kommen, die Demokratie ablehnen? Ja, das muss
sie. Ist es demokratisch, wenn man Menschen,
die Demokratie ablehnen, an ihrer Meinungsäußerung hindern möchte? Aus meiner Sicht nein.
Dennoch: Meinungsfreiheit endet dort, wo Strafrecht beginnt, wo unser Grundgesetz verlassen
wird. Doch wollen wir oder soll die Buchmesse genau das entscheiden?
Die Pressefreiheit, die Freiheit des Wortes - liebe
Vertreter der AfD, Sie haben ja mehrfach bei der
Rede von Herrn Weickert laut applaudiert -, möchten die AfD und die mit ihr sympathisierenden Verlage aushebeln. Dies hat nicht zuletzt die Debatte
um Deniz Yücel im Bundestag gezeigt, als die AfD
Texte von ihm missbilligen lassen wollte - ein Versuch politischer Zensur, ein Angriff auf die Pressefreiheit, der abgewehrt wurde. Die AfD hat damit einmal mehr gezeigt, dass Erdogan und sie
Brüder im Geiste sind; denn wie sagte der französische Staatsmann Léon Gambetta schon im
19. Jahrhundert: „Despotismus und Pressefreiheit
können nicht nebeneinander bestehen.“
Natürlich sind Verlage wie Compact & Co. mit ihren Publikationen und den durch sie transportierten Ressentiments und Hass eine Zumutung.
Dennoch: Die Meinungs- und Pressefreiheit ist ein
hohes Gut und ein zentraler Bestandteil unserer
freiheitlich demokratischen Grundordnung, weshalb sie auch in Deutschland geschützt ist. Auf
das, was uns diese Verlage oft an kruden Theorien und Mumpitz, gepaart mit Rassismus und Nationalismus zumuten, mit einer Ausladung von der
Buchmesse zu reagieren, ist deshalb der falsche
Weg. Es wäre Wasser auf die Mühlen der Antidemokraten; denn das wäre für sie ein Beweis dafür,
dass unsere Demokratie eigentlich keine ist und
Kritiker mundtot gemacht werden sollen. Genau
das ist doch das Geschäftsmodell dieser Verlage.
Der Opfermythos will schließlich gepflegt werden.
Lassen Sie uns die inhaltliche Auseinandersetzung suchen mit Compact und Kopp-Verlag, aber
auch mit ihrem politischen Arm im Parlament,
auch wenn das zuweilen schwer fällt, da außer
kruden Theorien, Nationalismus und Rassismus
nur wenige Inhalte übrig bleiben.
Wir müssen mit Klarheit und Vernunft sowie einer
Portion Gelassenheit darauf reagieren. Zu Vernunft und Gelassenheit gehört es eben nicht,
diese Verlage von der Buchmesse fernzuhalten.
Vielmehr sollte man das Programm dieser Verlage in einen Gesamtkontext setzen, um deren Inhalte als das zu entlarven, was sie sind, nämlich
allzu oft Hass, Hetze und dumpfer Nationalismus.
Das gelingt jedoch nur, indem man Kontroversen
zulässt und die Themen in den Vordergrund stellt,
die im Programm dieser Verlage abgelehnt werden. Hierzu gehören Themen wie die Meinungsfreiheit, die offene Gesellschaft und der Minderheitenschutz. Es ist gut, dass die Messe das unterstützt und ein entsprechendes Programm aufgelegt hat.
Mir wäre es auch lieber, wenn wir solche Diskussionen nicht zu führen bräuchten. Aber die Realität sieht nun mal anders aus. Es gibt solche Verlage, und es gibt eben auch diese Meinungen, die
über deren Publikationen verbreitet werden. Das
ist eine Herausforderung, der sich eine offene, demokratische Gesellschaft stellen muss, eine Herausforderung, der wir uns als Demokratinnen und
Demokraten in den Parlamenten und Räten, der
Um unsere freiheitlich demokratische Grundordnung zu verteidigen, müssen wir ihre Werte leben.
Einer dieser Werte ist die Meinungsfreiheit, und
diese sollte nur dort eingeschränkt werden, wo es
gar nicht anders geht.
„Für das Wort und die Freiheit“ war das Motto der
Leipziger Buchmesse im Jahr 2016. Das darf
keine Worthülse bleiben. Über den Buchhandel
findet eine Verbreitung des gesprochenen und geschriebenen Wortes statt. Damit sollte die Freiheit
der Meinungsäußerung integraler Bestandteil einer jeden Buchmesse sein. Und die Freiheit des
Wortes gilt eben auch für die aus unserer Sicht
hässlichen Meinungen. Das bedeutet: Auf einer
Buchmesse dürfen alle Bücher und Meinungen
präsentiert werden, solange sie nicht gerichtlich
verboten wurden und durch unser Grundgesetz
gedeckt sind, auch wenn das manchmal schwer
zu ertragen ist.
Ich möchte mit den Worten Willy Brandts schließen:
Die garantierte Presse- und Meinungsfreiheit ist ein für die Demokratie zu hohes Gut, als dass es von irgendeiner
Seite beeinträchtigt werden sollte.
Wir werden aus diesem Grund den Antrag ablehnen.
Oberbürgermeister Jung: Herr Danckwardt.
Stadtrat Danckwardt (fraktionslos): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Herren! Sehr geehrte Leipziger Mitbürger! Herr
Weickert, ich habe das von Ihnen angeführte Zitat
von Niemöller jetzt so aufgefasst, dass, falls es
wieder einmal dazu kommen sollte, dass Faschisten Kommunisten holen wollen, Sie beabsichtigen, sich vor die Kommunisten zu stellen. Ich verspreche Ihnen meinerseits, dass ich natürlich
auch Sie in Schutz nehmen werde, falls einmal ein
durchgeknallter Tschekist dasselbe bei Ihnen versucht.
Nun zu meiner Rede. Meine Damen und Herren,
der vorliegende Antrag der LINKEN ist Ausdruck
einer besorgniserregenden geistig-kulturellen
Verfasstheit unserer Gesellschaft, auch der
Leipziger Stadtgesellschaft. Diese Verbotskultur,
diese Hysterie trifft aber bei weitem nicht nur
Rechtsradikale, sogenannte Neurechte oder Altrechte. Wenn Frau Nagel hier erzählt, sie möchte
nur die Meinungsfreiheit der Rechtsradikalen einschränken und die Meinungsfreiheit aller anderen
schützen, so vergisst sie, zu erwähnen, dass sie
vor nicht einmal zwei Jahren Verbotsanträge gegen Veranstaltungen mit Kommunisten gestellt
hat.
In Connewitz spielt sich derzeit folgende Farce
ab: Eine Jugendgang, die sich selbst als Antifa bezeichnet - das ist ja eine Selbstbezeichnung; wer
vergibt denn dieses Attest? -, hat beschlossen,
den Auftritt einer Dresdner Punkband zu verhindern, weil diese irgendwann einmal in einer Lokalität auftrat, in der später eine rechte Band spielte.
Das ist dann wohl die konsequente Anwendung
der Theorie Jutta Dittfurths, dass sich Faschismus
wie ein Virus auf dem Luftweg verbreitet. In diesem Fall reiste dieses Virus auch noch in der Zeit
zurück.
Der erste Veranstalter fügte sich diesem Druck.
Darüber waren einige alte Punker so empört, dass
sie diese Dresdner Band zu ihrem eigenen Festival einluden, das in den kommenden Tagen hier
in Leipzig stattfindet.
Der neue Veranstalter empörte sich so sehr über
dieses Verbot, dass er sich zu folgender Äußerung hinreißen ließ: „No Racism, No Fascism, No
Sexism, No Antifa“. - Wie zu erwarten brachte das
die pseudolinken Gesinnungswächter noch mehr
auf den Plan. Der Veranstalter wird seitdem in sozialen Netzwerken und auf der Straße bedroht,
angegriffen und diffamiert. Auf die Eigentümer der
Lokalität, in der das Festival stattfinden wird, wird
Druck ausgeübt. Plakate werden abgerissen, beschädigt oder überklebt. Es ging sogar so weit,
dass die Jugendgang die Stammkneipe des Veranstalters aufsuchte und den Wirt aufforderte, diesem ein Hausverbot zu erteilen. Der Wirt verdient
Respekt; denn er setzte die selbsternannten Gesinnungswächter vor die Tür.
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Meine Damen und Herren, Auftrittsverbote, Straßenterror, Denunziation und Diffamierung, Ausgrenzung und persönliche Zersetzung Andersdenkender, Zerstörung von Existenzen, Gesinnungsselektion beim Zugang zu öffentlichen Gütern - das ist nicht unser weltoffenes Leipzig.
In der LINKEN ist der Verbots- und Denunziationsungeist leider tief verwurzelt. Wen soll dieser
Antrag wundern, wenn man weiß, dass selbst im
Geburtshaus von Karl Liebknecht ein renommierter Bundestagsabgeordneter aus den eigenen
Reihen nicht auftreten und sein Buch vorstellen
darf, in dem es darum geht, was Antisemitismus
ist und was nicht.
Lädt man einen ukrainischen Kommunisten - übrigens ein politisch Verfolgter - ein, wird das mit
Verbotsanträgen verhindert, nur weil es das Hetzpamphlet eines politischen Gegners mit eigentlich
leicht zu durchschauenden Lügen gibt und obwohl
die Veranstaltung gerade dazu gedacht ist, dem
ukrainischen Kommunisten das Wort zur Verteidigung zu geben.
Die Linken haben den Rechtsstaat immer noch
nicht verstanden, leider. Sie wollen selbst Ankläger, Richter und Zeuge der Anklage in einer Person sein. Das Wort zur Verteidigung erhält der Angeklagte in der Welt der Linken allerdings auch
nicht. Das Urteil steht schon mit der Erhebung des
Vorwurfs fest: vermeintliche Antistalinisten, die
aus den Moskauer Prozessen das Wichtigste
nicht gelernt haben.
Mir wurde gesagt: „Alexej, wir sind doch keine
Kommunisten mehr, wir sind Sozialisten“, als ich
mich darüber empörte, dass DIE LINKE zum Beispiel auf das Verbot der Kommunisten in der Ukraine nicht reagiert. Es stimmt: Ihr seid keine
Kommunisten mehr. Man sieht und hört eure Empörung nicht dort, wo Gegenwind und Ärger droht,
sondern nur dort, wo die bürgerliche Presse Beifall klatscht oder es stillschweigend hinnimmt.
Nur, vergesst bitte eines nicht: Für die anderen,
eure Gegner, werdet ihr immer die Roten, die
Kommunisten sein, ob es euch nun passt oder
nicht. Eure Meinungen, Verlage, Reden und
Schriften werden zuerst verboten werden, wenn
sich in der Gesellschaft der Ungeist des Verbietens und Verfolgens durchgesetzt hat, wenn der
Kapitalismus das Korsett der bürgerlichen Demokratie, die freiheitlich demokratische Grundordnung, abgelegt hat. Dieses Korsett rutscht, und ihr
zerrt jetzt auch noch daran.
Oberbürgermeister Jung: Bitte achten Sie auf
die Zeit, Herr Danckwardt!
Stadtrat Danckwardt (fraktionslos): Ich werde
gegen diesen Antrag stimmen. Es ist abzusehen,
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
dass die Mehrheit des Hauses das auch tun wird,
und das ist gut so.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Oberbürgermeister! Herr Danckwardt hat es ja schon in hervorragender Weise auf den Punkt gebracht, und auch
viele Vorredner - der eine mit mehr Pathos, der
andere mit weniger Pathos - haben sich hier bereits entsprechend geäußert. Ich habe das beobachtet. Lassen Sie mich deshalb dazu nur zwei,
drei Dinge zusammenfassen.
Ich lese im Moment ein Buch von Thomas Wagner
mit dem Titel „Die Angstmacher - 1968 und die
Neuen Rechten“. Wenn man sich die Begründung
der Antragsteller und auch Ihre Rede, Herr Kriegel, auf der Zunge zergehen lässt und sich dann
die Hauptthese des Buches in Erinnerung ruft,
nämlich dass 1968 nicht nur links der Sozialdemokratie eine neue linke Bewegung, sondern auch
eine rechte Bewegung entstanden ist, und wenn
man weiß, dass Beobachtungen der letzten 10, 15
Jahre zu dem Ergebnis kommen, dass sich beide
im Grunde gar nicht voneinander unterscheiden
und sich nur gegenseitig die Stöckchen hinhalten,
aber jeder darüber springt und darauf hereinfällt,
dann stellt man fest: Das ist genau das, was Sie
hier auch praktizieren.
Sie stellen einen von Ihrem moralischen, ethischen, politischen Standpunkt aus richtigen Antrag, kommen aber über die rechtlichen Hürden
nicht hinweg. Deshalb versuchen Sie, diesen Antrag so weit aufzuladen, bis es albern wird. Sie
müssen sogar die Gewerbeordnung und den Begriff der Unzuverlässigkeit, der allerdings auf wirtschaftliche Unzuverlässigkeit abzielt, bemühen,
um diesen Antrag jetzt noch zu retten.
Ich möchte gar nicht so tief ins Detail gehen und
auch keine staatsrechtliche Sonntagsrede halten.
Das ist hier schon geschehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, man muss manchmal
damit leben, dass man, wenn man sich als Demokrat zur Meinungsfreiheit bekennt, den Applaus
von der falschen Seite bekommt. Das kann schon
mal passieren. Herr Weickert, Sie müssen sich
deswegen nicht schämen. Es ist anständig, dass
Sie hier nicht kuschen, sondern hier stehen, Ihre
freie Meinung äußern und für die freie Meinung
eintreten.
Und weil das so ist, habe ich schon in den 90erJahren als Student mit meiner Unterschrift Aktionen unterstützt, die dafür geworben haben, dass
die Junge Freiheit auf der Buchmesse ausstellen
darf. Aus derselben Überzeugung, eben weil es
mir um die Meinungsfreiheit geht, habe ich Jürgen
S e i t e | 25
Kasek gegen die AfD vertreten. Und ich nehme es
genauso hin, auch mal von der falschen Seite Applaus zu bekommen, wenn ich mich hier ans Pult
stelle und für Meinungsfreiheit einstehe, für eine
Meinungsfreiheit, die kein scheinheiliger Begriff
ist, wie von der einen oder anderen politischen
Ecke behauptet wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von
den LINKEN, den Eindruck haben, da passiert etwas auf der Messe, was nicht mehr im Einklang
mit Recht und Gesetz steht, gehen Sie zur Polizei
oder zur Staatsanwaltschaft, erstatten Sie Anzeige und teilen Sie dort mit, was Sie wahrgenommen haben! So kann man Verstößen gegen die
Rechtsordnung begegnen, statt zu versuchen und da wiederhole ich mich -, hier festzustellen,
was rechtsextrem ist, was von Meinungsfreiheit
gedeckt ist, was verfassungswidrig ist und was
nicht. Das ist Aufgabe von Gerichten, und das
sollten wir auch so lassen, meine Damen und Herren. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Kujat hat das
Wort.
Stadtrat Kujat (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Werte Interessierte und Gäste! Herr
Weickert, Ihr Dammbruchargument ist denkbar
schwach. Mit Martin Niemöller gegen den Protest
gegen extrem Rechte zu argumentieren, ist unangemessen.
Was wir hier diskutieren, hat auch nichts mit Jan
Böhmermann zu tun. Es geht um Verlage und dahinterstehende Personen, welche antisemitische,
antiamerikanische, nationalistische und rassistische Positionen vertreten und auf der Buchmesse
propagieren. Aussagen, welche klar gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit offenbaren, mögen hier und da unter Meinungsfreiheit fallen. Allerdings ist es unsere und Ihre Meinungsfreiheit,
werte Kolleginnen und Kollegen, genau das zu
benennen und extrem rechter Propaganda zu widersprechen. Sie müssen das nicht Antifaschismus nennen; gerade die CDU hat ja davor eher
Angst. Aber sich gegen Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus zu stellen, sollte in einer
lebendigen Demokratie Bürgerpflicht sein, gerade
auch auf der weltoffenen und interkulturellen
Buchmesse.
Ich bin weniger optimistisch als die Grünen und
fordere Sie dazu auf, mutig zu sein und unserem
Antrag zuzustimmen. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Keller.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Stadtrat Keller (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich wollte eigentlich nichts dazu sagen. Aber wenn
wir hier als „harmlos“ bezeichnet werden, weil wir
konstruktiv mitarbeiten wollen, und wenn wir als
„Wolf im Schafspelz“ bezeichnet werden, weil wir
Kritik äußern, muss ich sagen: Von den Stadträten, die sich in dieser Art hier im Saal äußern, bin
ich schon sehr enttäuscht.
Auch dass uns hier vorgehalten wird, wir würden
den Herrn Yücel zensieren wollen, weil wir seine
Meinung nicht teilen, kann ja wohl nicht wahr sein,
Herr Zenker. Zur Meinungsfreiheit gehört übrigens
auch, dass man eine Gegendarstellung fordern
darf. Das machen manche Medien, das machen
andere Parteien auch. Warum dürfen wir das
nicht?
Zuletzt, Herr Zenker, haben Sie sehr überzogen.
Denken Sie doch bitte mal darüber nach und lassen Sie sich vielleicht mal politisch beraten, warum Ihre eigene Partei in Umfragen an der Stelle
steht, wo sie derzeit steht.
Oberbürgermeister Jung: Herr Volger.
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Nur
ganz kurz. - Herr Kujat, niemand hier im Haus hat
ein Problem damit, wenn Sie diese Verlage anprangern und deren Inhalte kritisieren, selbst
dann nicht, wenn das in den nächsten Tagen in
Form von Demonstrationen und Protestkundgebungen passiert. Das hat niemand hier kritisiert.
Es ist aber ein Riesenunterschied, ob ich etwas
verbiete oder ob ich dagegen aufstehe und meine
Meinung kundtue und sage: Nein, diese Inhalte
gefallen mir nicht. - Ich bitte Sie daher, diese beiden Sachen nicht in einen Topf zu werfen.
Herrn Keller sei nur so viel gesagt: Bitte beschweren Sie sich hier nicht, als AfD-Abgeordneter ungerecht behandelt zu werden. Wenn Ihr Fraktionsvorsitzender im Bundestag, Herr Gauland, sagt:
„Wir werden sie jagen“, müssen Sie sich nicht
wundern, dass es Probleme mit gewissen Anschauungen Ihrer Partei gibt.
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker.
S e i t e | 26
anderen Deutschtürken sich hier „wegscheren“
sollen.
Herr Keller, ich fand durchaus bemerkenswert,
dass Sie, als Sie hier im Rat eine Rede zu den 80Cent-Shops für Asylbewerber gehalten haben,
Ihre Haltung dazu dargelegt und deutlich gemacht
haben, dass Sie Geflüchtete bei sich einstellen
und sie integrieren. Das rechne ich Ihnen hoch an.
Aber jeder muss auch überlegen, ob er weiterhin
einer Partei angehören will, die immer weiter nach
rechts driftet, die sich inzwischen aus meiner
Sicht offen durch ihr Bündnis mit Pegida zum
Rechtsextremismus bekennt. Sie müssen selbst
entscheiden, wie Sie damit umgehen.
Oberbürgermeister Jung: Frau Niermann, ich
bitte Sie, zur Sache zurückzukehren.
Stadträtin Niermann (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Zur Sache:
Als Richterin, noch dazu als Richterin, die acht
Jahre lang an einer Pressekammer gearbeitet hat,
und damit als Ausübende unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung bin ich eigentlich
sehr glücklich über das, was ich hier heute erlebt
habe. Ich schließe hier alle ein, die sich gegen
diesen Antrag ausgesprochen haben, wirklich
alle. Ich freue mich, dass ich Mitglied dieses
Stadtrats bin und das erleben kann.
Zum Antrag selbst kann ich nur sagen: Das ist
Nonsens. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Das
ist schon aus rechtlichen Gründen absolut blöd;
Entschuldigung. Zum Politischen ist hier alles gesagt worden, was dazu zu sagen ist. Natürlich
hoffe ich, dass dieser Antrag mit großer Mehrheit
abgelehnt wird.
Oberbürgermeister Jung: Bevor wir jetzt zur Abstimmung kommen, will ich noch zwei Sätze sagen. Ich finde, wir sollten glasklar sein bei allen
rassistischen und fremdenfeindlichen populistischen Äußerungen. Aber ich halte es mit Voltaire,
der unvergleichlich geäußert hat: „Ich teile Ihre
Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür
einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.“ In dieser
Freiheit sollten wir miteinander verfahren.
Ich bitte nun um Ihr Votum zum Antrag. - Ich
schließe die Abstimmung.
Stadtrat Zenker (SPD): Eine Gegendarstellung
kann natürlich jeder fordern. Aber es ist, glaube
ich, schon ein relativ einmaliger Vorgang gewesen, dass eine Fraktion im Bundestag die Bundesregierung aufgefordert hat, einen Journalisten
zu rügen, und dass ein Vertreter Ihrer Partei, Herr
Poggenburg, kürzlich empfahl, dass er und alle
Abstimmung: 16 Ja-Stimmen, 47 Nein-Stimmen,
keine Enthaltungen. So abgelehnt.
15.12 Evaluierung der Kita-Baukosten (VI-A04935)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
15.12.1 dazu VSP (VI-A-04935-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Herr Schmidt.
(Übergabe der Sitzungsleitung an
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian)
Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Ich
sehe große Begeisterung im Saal. Zurück zu den
wichtigen Dingen im Leben, dem Dauerbrenner
Kitabau. - Ich verzichte jetzt auf alle Begrüßungsfloskeln; wir haben uns ja heute schon gesehen. Wie schon oft an verschiedenen Stellen thematisiert, fehlen in Leipzig weiterhin etwa 900 Kitaplätze. Die Gründe dafür sind neben dem anhaltend starken Zuzug und den erfreulich hohen Geburtenzahlen eben auch darin zu finden, dass die
Stadt nicht oder nur schleppend mit dem Bau der
benötigten Kitas hinterherkommt. Das neue As im
Ärmel von Professor Fabian sind die LeipzigKitas, ein Thema, das ich heute aber nicht ansprechen möchte, es sei denn, Sie provozieren das;
aber davon gehe ich jetzt erst einmal nicht aus.
Was sich in den vergangenen Jahren immer stärker bemerkbar gemacht hat, ist, dass es immer
schwieriger wird, beim Bau von Kitas in einem gewissen respektive konstanten Kostenrahmen zu
bleiben, was nicht verwundert angesichts höherer
Tarifabschlüsse und steigender Baukosten. Durch
den anhaltenden Bauboom und die damit verbundene Nachfrage an Baufirmen steigen eben auch
die Preise für diese Dienstleistungen.
Unter dem Strich wird es nahezu unmöglich, sich
auch weiterhin innerhalb des vor Jahren gesteckten finanziellen Rahmens zu bewegen, der konkrete Investitionskosten von 16.500 Euro je Platz
vorsieht. Nicht nur bei kommunalen Einrichtungen, also wenn die Stadt oder die stadteigene
LESG baut, wird diese Summe angesetzt, sondern natürlich auch bei freien Trägern bzw. privaten Investoren, die anschließend die Kitas an die
freien Träger vermieten.
Letztere brauchen wir dringend bei der Errichtung
von Kitas, weil uns als Stadt schlichtweg die dafür
notwendigen Grundstücke fehlen, um die Einrichtungen selbst zu bauen. Die Vokabeln „Flächenankauf“ oder gar „Flächenbevorratung“ haben erst kürzlich Eingang in den Wortschatz des
Liegenschaftsamtes gefunden; immerhin.
Fakt ist: Es muss für Investoren und freie Träger
attraktiv sein, Kindertagesstätten zu bauen. Ist es
das nicht, werden an selber Stelle stattdessen Supermärkte, Gewerberäume oder Wohnungen gebaut. Ich will in dem Zusammenhang auch deutlich machen, dass ich Wohnraum- und Kitaplatzmangel nicht gegeneinander ausspielen will.
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Stattdessen müssen wir uns aber fragen, ob es
vor dem Hintergrund knapper Flächen zielführend
ist, an finanziellen Obergrenzen für den Bau von
Kitas festzuhalten, die der Realität nur noch selten
standhalten.
Genau dies sollte nach Beschluss unseres Antrags untersucht werden. Meine Fraktion folgt hinsichtlich des Alternativvorschlages der Bitte der
Verwaltung, diese Prüfung erst bis zum Ende des
zweiten Quartals vorzulegen statt wie avisiert bereits Ende März. Wir folgen aber nicht den Ausführungen in der Begründung des Verwaltungsstandpunktes, die aber auch nicht zur Abstimmung steht. Dann könnten wir uns eine Evaluation
sparen, weil man hier schon ein Ergebnis vorwegnimmt und die Prüfung scheinbar nur pro forma
durchführen will. Denn im Verwaltungsstandpunkt
heißt es - Zitat -:
Die Stadtverwaltung geht … davon aus,
dass keine zusätzlichen Maßnahmen erforderlich sind, um den Bau von Kitas
durch private Bauherren wieder attraktiv
zu machen.
Herr Professor Fabian, bitte untersuchen Sie das
ganz konkret und geben erst dann eine inhaltliche
Bewertung ab! Es entspricht nicht dem Anliegen
unseres Antrags, dass das Ergebnis schon vor
der Prüfung feststeht. Wir erwarten auch - und
das sage ich sehr deutlich -, dass nicht nur die in
Planung befindlichen Leipzig-Kitas untersucht
werden, die allesamt durch die LESG gebaut werden, sondern verschiedenste Projekte in Leipzig,
die durch unterschiedliche Bauherren umgesetzt
wurden und werden. Nur so werden wir eine objektive Einschätzung der Gesamtlage bekommen
können, um zu wissen, ob einerseits die 16.500
Euro Investitionskosten pro Platz und andererseits die im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung erwartete maximal zu refinanzierende
Miethöhe noch haltbar sind.
Im Jugendhilfeausschuss am Montag ist seitens
der freien Träger angeregt worden, dass im Rahmen dieser Evaluation, in der man verschiedenste
Bauprojekte einer genaueren Betrachtung unterzieht, auch die zeitliche Dimension untersucht
wird, innerhalb derer Kitas durch Investoren oder
städtische Unternehmen oder die Stadt selbst errichtet wurden. Auch hier könnten sich interessante Rückschlüsse für die weitere Planung ziehen lassen. Vielleicht nehmen Sie diese Anregung
aus dem Ausschuss mit auf.
Meine Damen und Herren, bitte stimmen Sie entsprechend meinen Ausführungen unserem Antrag
zu, geändert im Sinne des Alternativvorschlages,
wonach die Ergebnisse bis zum Ende des zweiten
Quartals vorgelegt werden sollen. Ich bitte um
Ihre Unterstützung. - Vielen Dank.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Herr Albrecht.
(Übergabe der Sitzungsleitung an
Oberbürgermeister Jung)
Stadtrat Albrecht (CDU): Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe
Gäste! Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen. Selbst wenn uns im zweiten Quartal die Ergebnisse dieser Evaluation vorliegen, werden
sich die Preise ändern. Das heißt: Wir haben keinen Mehrwert. Das Einzige, was wir machen, ist,
die Verwaltung zu beschäftigen, und das hilft uns
nicht weiter. Die Verwaltung muss Plätze schaffen, und zwar jetzt.
Oberbürgermeister Jung: Frau Nagel.
Stadträtin Nagel (DIE LINKE): Dem eben Gesagten können wir uns tatsächlich anschließen. Auch
wir werden dem Antrag nicht zustimmen. Unser
Hauptargument ist aber ein anderes - Sie kennen
es schon aus anderen Debatten -: Wir wollen
noch einmal an den auf unsere Initiative gefassten
Beschluss „Vorfahrt bei Kita-Investitionen durch
die Kommune“ erinnern, nach dem bei baulichen
Investitionen in Kitas die Stadt Leipzig bzw. ihre
geeigneten Beteiligungsunternehmen und Eigenbetriebe Vorrang vor privaten Investoren genießen. Wie aus dem Antragstext ganz klar hervorgeht, stellt dieser Antrag hier jedoch einseitig auf
private Investoren ab. Das finden wir falsch.
Es ist richtig: Wir müssen neue Kitaplätze schaffen. Wir werden sicher auch nicht ganz ohne Investoren aus dem privaten Bereich auskommen.
Allerdings ist die Prioritätensetzung des Antrags
nicht die unsere. Wir denken weiterhin, kommunale bauliche Investitionen sind nachhaltiger und
günstiger. Das geht auch konform mit der Verwaltungsvorschrift Kommunalinvest.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schmidt.
Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Dem
muss ich entgegenhalten: Der Antrag sagt in keiner Weise, dass die Priorität beim Bau von Kitas
in Zukunft auf privaten Investoren liegen soll. Nein, ich habe in meinen Ausführungen lediglich
deutlich gemacht: Beim Kitabau werden wir private Investoren dringend brauchen, weil uns als
Stadt, einschließlich der städtischen Unternehmen und Eigenbetriebe, schlichtweg die Flächen
dafür fehlen. Natürlich ist es schon seit Jahren unser Ziel, dass sich die Stadt beim Flächenankauf
viel stärker engagiert. Dafür werden jetzt erste
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zaghafte Schritte gemacht. Aber diese reichen
nicht aus, sodass wir auf die Investitionsbereitschaft privater Investoren zurückgreifen müssen.
Und da sage ich: Man muss in die Verhandlungen
mit privaten Investoren mit Preis- bzw. Kostenvorstellungen gehen, die auch der Realität standhalten. Ansonsten kann es passieren, dass deren
Bereitschaft, sich im Kitabau zu engagieren, sinkt
und sie stattdessen viel stärker in andere, lukrativere Bereiche investieren. Ich hatte auch gesagt,
dass ich Wohnraum- und Kitaplatzmangel nicht
gegeneinander ausspielen will. Der dringende Bedarf im Kitabau ist uns allen, glaube ich, bekannt.
Oberbürgermeister Jung: Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte um Ihr Votum zum Beschlussvorschlag in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 24 - 35 - 1. Damit ist der Antrag
abgelehnt.
Herr Schlegel will noch eine Erklärung zu seinem
Abstimmungsverhalten abgeben. Bitte.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Ich möchte kurz mein Abstimmungsverhalten begründen. Das, was hier gefordert ist, ist nicht nur Verwaltungshandeln, sondern
auch Handeln der jeweiligen Gremien. Diese haben bei Abschluss von Mietverträgen oder auch
bei Bauvergaben auf die Angemessenheit der
Preise zu achten. Natürlich muss dabei auch die
Marktsituation berücksichtigt werden.
Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank.
15.14 Elektrifizierung des Radwegs Mölkau–
Holzhausen (VI-A-04984)
Einreicher: Ortschaftsrat Holzhausen
Einreicher: Ortschaftsrat Mölkau
Einreicher: Stadträtin C. Lange,
Stadtrat A. Haas
15.14.1 dazu VSP (VI-A-04984-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Frau Lange.
Stadträtin Lange (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Acht Jahre hat es gedauert, um diesen
Rad- und Gehweg zu bauen, und jetzt haben wir
auf die Schnelle noch eine Beleuchtung von der
Verwaltung bewilligt bekommen. Das hätten wir
als Einreicher nicht erwartet. Deshalb bitten wir
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
um Abstimmung des Verwaltungsstandpunktes.
Danke an die Verwaltung.
Oberbürgermeister Jung: Herzlichen Dank. Herr Schlegel.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren! Aufgrund dessen, dass sich die Verwaltung in der
Lage sieht, dort eine neue Straßenbeleuchtung
einzurichten, ist dem Antrag zuzustimmen. Aber
ich warne davor, das zur Normalität in diesem
Hause zu machen. Wir könnten mit Sicherheit sofort 100 Straßen benennen, wo ebenfalls dringender Handlungsbedarf besteht. Wir sollten uns
auch im Hinblick auf den kommenden Haushalt
darauf verständigen, dass wir in Zukunft auch für
die verschiedenen Ortsteile Prioritäten setzen,
damit nicht jeder Wunsch hier einzeln angemeldet
wird. Das hatten wir schon einmal Anfang der
90er-Jahre, als jeder eine Idee hatte und diese
auch durchsetzen konnte. Das können wir heute
nicht mehr machen. Dann würden andere Stadtteile unter die Räder kommen.
Oberbürgermeister Jung: Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte um Ihr Votum zum Verwaltungsstandpunkt. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 57 - 0 - 0. So beschlossen.
15.17 Durchfahrtverbot für Lastkraftwagen
(Lkw) (VI-A-05152)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
15.17.1 dazu VSP (VI-A-05152-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Wird das Wort gewünscht? - Herr Engelmann.
Stadtrat Engelmann (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Liebe Stadträte! Liebe Gäste! Am
Dienstag hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass Kommunen Fahrverbote erlassen
dürfen. Zu Ende gedacht bedeutet dies: Wenn alle
Mittel ausgeschöpft sind, muss die Kommune
Fahrverbote erlassen. Das ist am Ende keine Ermessensfrage. Niemand in unserer Fraktion will,
dass es so weit kommt. Schon das Wissen um
das Ordnungs- und Wirtschaftsdesaster, welches
dadurch erzeugt würde, lässt uns grauen. Wir
müssen alles dafür tun, dass es nicht dazu
kommt.
Wie ist die Lage? Der Leipziger erträgt Straßen,
die den Namen „Straße“ nicht mehr verdienen.
Der Leipziger erträgt Feinstaub- und Stickoxidbelastungen, die gerade noch gesetzlich zulässig
S e i t e | 29
sind. Der Leipziger erträgt Lärm, der oft das gesetzlich Zulässige übersteigt. Wir bewegen uns in
der Stadt auf Messers Schneide. Die wachsende
Stadt verursacht neue Angriffe auf die Gesundheit
der Leipziger. Die Gegenmaßnahmen hinken der
Entwicklung hinterher.
Seit nunmehr acht Jahren fordert DIE LINKE,
dass das Durchfahrtverbot für Lastkraftwagen
über 3,5 Tonnen endlich angeordnet und durchgesetzt wird, so wie es die Pläne der Stadt avisieren.
Personalmangel, mangelnde belegbare Untersuchungen, Unfähigkeit in der Auseinandersetzung
mit der Autolobby und fehlende Mittelzuweisungen sind nach unserer Ansicht die Gründe, warum
die Verantwortlichen ihrer Aufgabe nicht nachkommen.
Wenn die Stadt auch in Zukunft noch funktionieren soll, müssen wir den Teil des Wirtschaftsverkehrs unterbinden, der für das Wirtschaftsleben
der Stadt nicht notwendig ist. Ich will es noch einmal deutlich machen: Eventuell geht es hier nur
um zwei Tage mehr, und schon greift das Fahrverbot. Wir müssen jedes Mittel ausschöpfen, damit
die Stickoxid- und Feinstaubbelastungen an nicht
mehr als 35 Tagen überstiegen werden. Passiert
das doch, müssen wir den Verkehr sperren. Das
wäre das Ergebnis.
Deshalb muss man auch ein vergleichsweise kleines Mittel nutzen, damit die Chance besteht, wenigstens noch ein Jahr über die Runden zu kommen. Was danach passiert, wissen wir auch noch
nicht. Daher: Bitte stimmen Sie unserem Vorschlag zu! Das ist zwar nur ein ganz kleiner Tropfen, aber dringend notwendig.
Oberbürgermeister Jung: Herr Keller.
Stadtrat Keller (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!
Was meinen die Antragsteller mit diesem Antrag
erreichen zu wollen? Soll es Behinderung des
Wirtschaftsverkehrs sein? Soll es Luftreinhaltung
oder Lärmschutz sein? Oder schreibt man Anträge, nur um etwas zu Papier zu bringen? Einfach ist das sicher nicht zu beantworten. Einen
Versuch ist es allemal wert, um künftig ähnliche
Populismen schon im Entstehen zu ersticken.
„Behinderung des Wirtschaftsverkehrs“ könnte
man es nennen, wenn man betrachtet, dass ohne
Ausweichmöglichkeiten auf ein funktionierendes,
fertiges Ring-Tangenten-System Straßen für den
Lkw-Verkehr gesperrt werden sollen. „Luftreinhaltung und Lärmschutz“ könnte man es nur nennen,
wenn man außer Acht lässt, dass durch Umlenkung des Durchgangsverkehrs dann andere Gebiete von Lärm und Abgasen betroffen sind.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Ungeachtet dieser Ziele, die sich unterschiedlich
beurteilen ließen, stellt sich aber auch die Frage
nach der Umsetzung eines solchen Beschlusses.
Sollte man Schilder aufstellen? Diese kosten Geld
und vergrößern den Schilderwald. Was bewirken
diese Schilder? Nichts!
Ein Lkw-Fahrer, der durch Leipzig fährt, ist sicher
nicht zum Spaß auf den engen Stadtstraßen unterwegs, nur um Leipzigs Luft zu verschmutzen.
Jeder Lkw-Fahrer wird einen triftigen Grund haben, weshalb er diese und keine andere Strecke
wählt. Vielleicht hat er eben noch einen Einkauf
zu erledigen, oder er will jemanden besuchen, oder er will nur mal seine Pausen- und Ruhezeit im
schönen Leipzig verbringen. Wer will das dem
Lkw-Fahrer verübeln? Will man wirklich Lkw-Fahrprotektionismus?
Wer soll denn die Einhaltung des Lkw-Durchfahrtverbots kontrollieren: die ohnehin schon überlastete Polizei oder der Stadtordnungsdienst, ohne
Kompetenzen für den fließenden Verkehr? Wie
will man erkennen, ob ein Lkw-Fahrer einen Ort
anfährt oder ob er von einem angefahrenen Ort
wieder unterwegs ist oder ob er nur durch Leipzig
durchfährt?
Diese und weitere Fragen stellen sich nicht nur
die Lkw-Fahrer, sondern auch die Bürger sowie
auch unsere Fraktion. Eine Antwort darauf ist einfach zu geben: Anträge, die ausschließlich Symbolcharakter besitzen, die nicht durchsetzbar sind
und die Geld kosten, werden abgelehnt.
Oberbürgermeister Jung: Herr Heinrich.
Stadtrat Heinrich (CDU): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren Stadträte! Sehr geehrte Gäste! Im Grunde
genommen hat mein Vorredner schon das gesagt,
was auch ich sagen wollte. Ich will hinzufügen:
Wir haben hier mit einem Prüfauftrag zu tun. Da
sagen wir sonst immer: Das ist unschädlich. Das
kann man durchwinken. Das Ergebnis der Prüfung ist offen. Wir entscheiden heute noch
nichts. - Nur: Wir sollten hier auch keine Totgeburt
durchwinken. Was würde passieren, wenn wir das
doch täten? Wir würden die Verwaltung beschäftigen. Wie sähe es aus, wenn selbst der Stadtrat
sagt: „Okay, wir machen das“? Dann müssten wir
Schilder aufstellen, und die kosten Geld.
Es wurde hier schon richtig gesagt: Es geht hier
nur um den Verkehr, der von außen kommt, durch
die Stadt Leipzig durchfährt und auf der anderen
Seite wieder herausfährt, der also nicht in der
Stadt Leipzig hält, weil er hier etwas ent- oder beladen muss. Das kann nicht die Verwaltung,
sprich: das Ordnungsamt, kontrollieren, sondern
das muss die Polizei machen. Ich glaube nicht,
S e i t e | 30
dass es angesichts der derzeitigen Personalsituation bei der Polizei möglich sein wird, dass sie
zum Beispiel die B 2 sperrt und die Lkw kontrolliert. Das Ergebnis korreliert nicht mit dem Aufwand.
Ich will noch auf einen anderen Punkt zu sprechen
kommen. Mein Kollege Uwe Rothkegel - er ist
heute nicht da - und ich haben, seitdem dieser Antrag kursiert, Folgendes gemacht: Wir haben die
Kraftfahrer befragt, die unsere Baustellen beliefern. Wenn man die privat befragt, antworten die
relativ ehrlich; die haben sich nichts zu vergeben;
wir haben auch keine Strichliste geführt. Definitiv
ist es so: 80 Prozent der Kraftfahrer, die von außen nach Leipzig kommen und hier nichts be- oder entladen müssen, fahren über den Autobahnring. 80 Prozent! Das ist zwar keine repräsentative Umfrage; trotzdem: Es verbleiben nur 20 Prozent. Und diese 20 Prozent haben vielleicht nur
nicht geantwortet oder sich nicht aufgefordert gefühlt, eine Stellungnahme abzugeben. Ich glaube
auch nicht, dass die Fahrer aus Jux und Tollerei
durch Leipzig durchfahren. Uns ist bestätigt worden: Seitdem der Autobahnring fertig ist, wird er
auch genutzt.
Als Letztes muss ich sagen: Seit gestern gibt es
das Gerichtsurteil. Ich deute es anders als Sie. Ich
denke, wir müssen uns hier in absehbarer Zeit
noch einmal damit beschäftigen. Dann wird es allerdings ums Eingemachte gehen. Ich bin aber
der Überzeugung, dass die paar Prozent der LkwFahrer, die durch Leipzig durchfahren, nicht dazu
beitragen, ob wir uns hier mit Fahrverboten beschäftigen müssen oder nicht. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Heinrich, Sie haben recht: Es wird mühselig und aufwendig sein,
den Verkehr, der nicht Quell- und Zielverkehr für
die Innenstadt ist, bei einem Lkw-Fahrverbot oder
etwaigen anderen Fahrverboten mit Ausnahmeregelungen herauszufischen, festzustellen und
Maßnahmen zu ergreifen. Das Bundesverwaltungsgericht hat gestern nicht nur gesagt, dass
Fahrverbote möglich sind, sondern es hat auch
bestätigt, dass Fahrverbote die Ultima Ratio sind
und frühestens 2019 möglich sind. Es hat in seinem Urteil allen an diesem Verfahren Beteiligten
auch noch eine ganze Menge mehr mit auf den
Weg gegeben und ins Stammbuch geschrieben.
Ich will mich jetzt aber gar nicht so sehr an diesem
Urteil abarbeiten.
Es wird Sie vielleicht überraschen, wenn ich sage:
Wir werden dem LINKEN-Antrag zustimmen. Wir
sind davon überzeugt, dass die Verwaltung einen
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Verwaltungsstandpunkt zu diesem Antrag formulieren wird, der das rechtsstaatliche Handeln unter
Abwägung aller zur Verfügung stehenden Mittel
zum Ausdruck bringt, der die Argumentation dafür
liefert, dass dieser Antrag Unsinn ist, und der uns
für etwaige zukünftige Diskussionen über Fahrverbote, die ja hier immer mal wieder geführt werden, ausreichend Argumente an die Hand gibt.
Ich will in diesem Zusammenhang darauf hinweisen - das geht jetzt an Sie, Herr Oberbürgermeister, an Sie, Herr Bürgermeister Rosenthal, und all
diejenigen, die Verantwortung in dieser Stadt dafür tragen -, dass es zunächst einmal darum gehen muss, den Luftreinhalteplan in der Stadt umzusetzen, zum Beispiel indem mehr Bäume gepflanzt werden, mehr Gründächer gebaut werden,
um mehr Luftaustausch zu schaffen, und indem
der städtische Fuhrpark, der noch mehrere hundert Dieselfahrzeuge mit der Norm Euro 4 und
schlechter hat, ausgetauscht wird. Kurz: Wir müssen erst einmal die im Luftreinhalteplan festgehaltenen Maßnahmen umsetzen, bevor wir das tun,
wovor alle zu Recht große Befürchtungen hegen,
nämlich Fahrverbote auszusprechen mit allen
Konsequenzen, die daraus folgen.
Noch einmal: Wir haben große Hoffnungen, Herr
Oberbürgermeister, dass der Verwaltungsstandpunkt das rechtsstaatliche Handeln unter Abwägung aller zur Verfügung stehenden Mittel zum
Ausdruck bringen wird, damit dieser Antrag zurückgewiesen werden kann. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Engelmann.
Stadtrat Engelmann (DIE LINKE): Herr
Hobusch, erst einmal schönen Dank, dass Sie unserem Antrag zustimmen wollen. Aber schauen
Sie, es gibt schon einen Luftreinhalteplan in dieser Stadt, in dem festgehalten ist, dass das geprüft werden soll. Wir haben die Verwaltung mehrfach aufgefordert, das nun tatsächlich auch zu
prüfen. Sie hatte zugesagt, das zu machen. Das
letzte Mal hat sie uns gesagt, dass sie die Prüfungen zum 31.06. des vergangenen Jahres abgeschlossen haben wird. Das geschieht auf Basis
der Freiwilligkeit. Es geht hier auch darum, dass
die Verwaltung Aufträge, die wir ihr aufgeben, tatsächlich erledigt. Bis heute ist nichts geschehen.
Daher ist an der Zeit, sich dagegen zu wehren und
zu sagen: Jetzt erteilen wir der Verwaltung einen
Prüfauftrag in der Hoffnung, dass das eventuell
zum Erfolg führt.
Die Prüfung erfolgt ergebnisoffen; da haben Sie
recht. München hat das bereits gemacht und
Fahrverbote durchgesetzt. Wir wissen auch: Die
Autofahrer fahren wegen der Maut durch Leipzig
durch, wenn auch nur 10 Prozent und nicht, wie
Sie sagten, 20 Prozent.
S e i t e | 31
Ich will noch einmal daran erinnern: Wir haben
schon für einige Straßen Fahrverbote ausgesprochen. Für die Harkortstraße gelten Einschränkungen für den Lkw-Verkehr, die übrigens von den
Anwohnern vor Gericht erstritten wurden, weil die
Schadstoffwerte dort nicht mehr zumutbar waren.
Ich will Sie auch daran erinnern, dass Sie sich damals genauso vehement gegen die Umweltzone
gewehrt haben. Heute ist sie der einzige Grund
dafür, warum Leipzig jetzt noch einigermaßen gut
dasteht und nicht einem Klageverfahren unterzogen ist. Darauf muss man auch in Zukunft achten.
Sonst geht es daneben. Glauben Sie es mir! Aber
die Wissenschaft spielt hier ja offenbar keine
Rolle.
Oberbürgermeister Jung: Der Antrag steht jetzt
zur Abstimmung. Ich bitte um Ihr Votum. - Ich
schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 35 - 24. So beschlossen.
15.18 Amtsblatt-Zustellung ins 21. Jahrhundert bringen (VI-A-05153)
Einreicher: SPD-Fraktion
15.18.1 dazu VSP (VI-A-05153-VSP-01)
Einreicher: Oberbürgermeister
Bitte schön, Frau Wohlfarth.
Stadträtin Wohlfarth (SPD): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren Stadträte! Werte Gäste! Das Amtsblatt, ein
ewiger Streitpunkt in diesem Rat: Wer bekommt
es, wer bekommt es nicht? Was steht drin? Wie
können wir Möglichkeiten schaffen, dass mehr
Menschen das Amtsblatt erhalten? Bisher ist uns
dafür noch keine Patentlösung eingefallen.
Das bisherige Verfahren ist unzureichend. Wir
wissen, es gibt offizielle Zustellungsquoten. Wir
wissen aber auch, dass, wenn die Stadtverwaltung selbst nachfragt, die Quoten der tatsächlichen Zustellung deutlich niedriger liegen. Es sind
nicht nur die Randortschaften, die das Amtsblatt
nie bekommen, sondern es sind auch innerstädtische Gebiete, die nie ein Amtsblatt sehen.
Manche Leute fragen völlig irritiert: Amtsblatt, was
ist das eigentlich? Schon allein das zeigt, dass
das Amtsblatt nicht als das wahrgenommen wird,
was es ist: eines der zentralen Publikationsorgane
dieser Stadt, das Medium, in dem rechtsverbindlich und rechtssicher Bebauungspläne, Satzungen und anderes veröffentlicht werden, und das
Medium, in dem auch wir Fraktionen regelmäßig
mit unserer Arbeit zu Wort kommen können.
Was passiert also damit? Im besten Falle landet
es vor der Haustür, in der es zugestellt werden
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
soll. Dort liegt es dann, es wird nass, der Wind
weht es weg, den Leser erreicht es nicht. Im
schlimmsten Falle kommt es gar nicht erst so weit
und landet gleich in der Papiertonne, durch den
Zusteller. Auf jeden Fall bekommen sehr viele
Menschen in unserer Stadt kein Amtsblatt.
Das möchten wir gern ändern, indem wir mit unserem Antrag den Oberbürgermeister beauftragen, für eine Verbesserung dieses Zustands zu
sorgen. Wir wollen, dass hier die aktuelle Gesetzeslage zur Anwendung kommt. So sieht zum Beispiel § 4 Sächsisches E-Government-Gesetz vor,
dass eine ausschließlich digitale Veröffentlichung
des Amtsblatts als rechtsverbindliche Variante absolut ausreichend ist. Die Stadt Plauen praktiziert
das schon seit einigen Monaten recht erfolgreich.
Dennoch wollen wir nicht diejenigen abhängen,
die aus verschiedensten Gründen keine Möglichkeit haben, sich das Amtsblatt auf digitalem Wege
zu beschaffen, etwa weil ihnen der Internetzugang fehlt oder weil sie den digitalen Herausforderungen nicht gewachsen sind.
Wir wollen daher prüfen lassen, ob es möglich ist,
die rechtsverbindliche Variante digital zu gestalten
und die Auflage der Print-Variante zu senken,
wenn diese an zentralen Orten in den Stadtteilen
und Quartieren ausgelegt wird, damit diejenigen,
die tatsächlich Bedarf und Interesse haben, das
Amtsblatt zu lesen, dies weiterhin tun können und
es für sie erreichbar ist; denn oft sind die Öffnungszeiten der Außenstellen der Bürgerämter so
ausgedünnt, dass viele Berufstätige keine Möglichkeit haben, sich das Amtsblatt dort abzuholen.
Zentrale Orte können beispielsweise Bäcker oder
Apotheken sein. Wir wollen da keine Vorgaben
machen, sondern gemeinsam mit Ortschaftsräten
und Stadtbezirksbeiräten herausfinden, welche
Orte dafür am besten geeignet sind.
Selbstverständlich soll das bisherige Abosystem
den Postwurfbezug weiterhin ermöglichen. Aber
auch ein Online-Newsletter wäre denkbar.
All das möchten wir gern prüfen lassen. Letztlich
ist das Wichtigste, dass wir eine rechtsverbindliche Publikationsmöglichkeit haben, die viele Menschen in unserer Stadt erreichen kann. Daher
bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.
Oberbürgermeister Jung: Herr Elschner.
Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete, Kolleginnen und Kollegen
Stadträte, Gäste auf der Zuschauertribüne und
am Livestream! Die SPD-Fraktion spricht sich mit
ihrem Antrag unter der ziemlich plakativen Überschrift „Amtsblatt-Zustellung ins 21. Jahrhundert
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bringen“ dafür aus, die „Zugänglichkeit des Amtsblatts für alle Leipziger Bürger zu erhöhen“. Weil
nichts so gut ist, dass es nicht auch verbessert
werden könnte, war mein erster Gedanke beim
Lesen dieses Antrags: Bravo, SPD! Dinge, die
nicht so funktionieren, wie sie funktionieren sollten, sollten einer Überprüfung unterzogen werden.
Doch bei genauerem Lesen und Hinterfragen der
Zielstellung des SPD-Antrages wird klar: Es geht
Ihnen von der SPD allein um die Abschaffung des
Leipziger Amtsblatts in Papierform. Dabei dient
Ihnen die „Zustellung amtlicher Bekanntmachungen“ - wie geschickt! - als Vehikel; denn in der Begründung Ihres Antrages stellen Sie fettgedruckt
und damit deutlich hervorgehoben auf die den
sächsischen Kommunen vom Landesgesetzgeber eingeräumte Erlaubnis ab, einer rechtmäßigen Zustellung amtlicher Bekanntmachungen
auch dadurch gerecht werden zu können, wenn
sie diese ausschließlich in einer digitalen Ausgabe veröffentlichen.
Wir Grüne sind - um das klipp und klar zu sagen für die Beibehaltung des Status quo. Es geht hier
auch um die Menschen, die auf die Zustellung angewiesen sind. Wir sind gegen die Einstellung des
Amtsblatts als Printausgabe, und wir sind auch
gegen eine von Ihnen in Erwägung gezogene
Auslegung des Amtsblatts an nur noch wenigen,
auf das Stadtgebiet verteilten Stellen.
Mit Ihrem Antrag, liebe SPD-Fraktion - Frau Wohlfarth, Sie haben das gerade auch getan -, nehmen
Sie sich zu meinem Erstaunen den Amtsblatt-Zusteller ganz gehörig zur Brust, von dessen Tun,
wie Sie in Ihrem Antrag schreiben, eine Zustellung
maßgeblich abhängen würde. Sie unterstellen
ihm damit eine gewisse Unzuverlässigkeit, um
mich vorsichtig auszudrücken. Wie einfach gedacht und wie armselig ist das denn! Der doch so
einfache Populismus bahnt sich in dieser Argumentation mit voller Wucht seinen Weg.
Liebe SPD, ich hätte von Ihnen in diesem Zusammenhang etwas anderes erwartet, und zwar dass
Sie sich für den Zeitungszusteller einsetzen, dass
Sie nach den Ursachen fragen und den Dingen
nachgehen, weshalb ein Zeitungszusteller, wie
von Ihnen unterstellt, unzuverlässig sein könnte.
Aber nein, im frisch ausgehandelten Koalitionsvertrag stärken Sie gemeinsam mit der CDU die
Zeitungsverlage zulasten der Zeitungszusteller,
indem Sie die ohnehin geringen Rentenansprüche der Betroffenen nochmals deutlich reduzieren
wollen. Wer eigentlich soll Ihr Tun noch verstehen?
Ich halte fest: Wir Grüne lehnen Ihren Antrag ab. Vielen Dank.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Oberbürgermeister Jung: Herr Kriegel.
Stadtrat Kriegel (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren Stadträte! Liebe Gäste und Journalisten! Heute ist
wahrscheinlich ein historischer Tag: Wir sind mit
den Grünen einer Meinung. - Frau Wohlfarth, mit
Verlaub, es kann doch wohl nicht sein, dass, wenn
etwas nicht funktioniert, es ganz abgeschafft wird.
Ich will Ihnen dafür ein Beispiel nennen. Als wir
neulich in unseren Wahlkreisen waren, haben wir
auch ältere Leute getroffen, die nicht internetaffin
sind. Das muss man älteren Leuten auch zugestehen. Wir in der Politik mögen internetaffin sein,
andere Leute sind es nicht. Die LVZ ist zu teuer;
sie kostet im Jahr schlappe 400 Euro. Die Leute
haben uns bestätigt: Das einzige Presseorgan,
mit dem sie sich gut informiert fühlen, ist das
Leipziger Amtsblatt in der Printversion.
Aus der Erfahrung meiner zurückliegenden verlegerischen Tätigkeit will ich auch das zu bedenken
geben. Ich habe vor zehn Jahren auch mal Publikationen beim Bäcker, beim Fleischer oder anderswo auslegen lassen. Das funktioniert nur sporadisch; das kann ich Ihnen versichern. Dort liegt
auch das jeweilige Ortsblatt aus, dort liegt auch
Werbung aus, und irgendwo liegt dann auch das
Amtsblatt aus.
Man sollte sich wirklich darüber Gedanken machen, wie die optimale Lösung aussehen kann.
Aber so wie es jetzt formuliert ist, können wir dem
nicht zustimmen, weder dem Originalantrag noch
dem zustimmenden Verwaltungsstandpunkt. Sie
verweisen auch auf das Beispiel Plauen. Das
hieße, dass die Leute, die keinen Internetzugang
haben, aber trotzdem das Amtsblatt zu lesen wünschen, es aber nicht mehr zugestellt bekommen,
eine Gebühr von 50 Cent pro Seite - so steht es
ja hier - bezahlen müssten. Das kann es ja wohl
nicht sein.
Machen wir uns hier gemeinsam im Stadtrat lieber
Gedanken darüber, wie wir die Zustellung verbessern können - vielleicht gelingt das mit einem anderen Anbieter; dass das schwierig ist, wissen
wir -, statt den einfachsten Weg zu wählen und die
gesamte Printausgabe in die Tonne zu stampfen.
Das kann nicht der richtige Weg sein. Meine Fraktion wird deshalb dem Antrag nicht zustimmen.
Oberbürgermeister Jung: Frau Wohlfarth.
Stadträtin Wohlfarth (SPD): Ich bin ob der Redebeiträge tatsächlich ein bisschen erschüttert.
Im Antrag steht nicht, dass die SPD-Fraktion im
Stadtrat Leipzig an den Koalitionsverhandlungen
auf Bundesebene beteiligt war, sondern sie greift
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das realistische Problem auf, dass das Amtsblatt
nicht dort ankommt, wo es ankommen soll. Das
wissen wir auch von Leuten, die gesehen haben,
was mit den Amtsblättern passiert. Wenn man
den Zusteller fragt, sagt er: Die Zustellungsquote
liegt bei 90 Prozent. Gemäß der Umfragen der
Stadt sind es aber nur 40 bis 60 Prozent. Dazwischen klafft eine deutliche Lücke.
Dass die Zusteller zu wenig verdienen, das wissen wir alle. Aber dann müssen wir Geld in die
Hand nehmen. Das haben bisher weder die AfD
noch die Grünen beantragt. Auch das ist Fakt in
diesem Hause.
Und: Wir reden die ganze Zeit über eine digitale
Verwaltung. Wir reden darüber, wie wir auch digitale Angebote zugänglich machen können. Warum können wir dann nicht die Chance nutzen,
das Amtsblatt rechtsverbindlich digital umzustellen und die Printvariante weiterhin zu ermöglichen? Auch bisher gibt es schon die Möglichkeit,
das Amtsblatt zu abonnieren, und auch das Abo
gibt es nicht für einen Appel und ein Ei.
Ich bedaure sehr, dass Sie sich da scheinbar nicht
ausreichend kundig gemacht haben. Unser Ansatz ist: Anstatt die Leute das Amtsblatt überhaupt
nicht bekommen, sollen sie es wenigstens an
zentralen Orte in ihrer fußläufigen Umgebung, die
sie bei ihren täglichen Wegen erreichen können,
abholen können, weil beispielsweise das Bürgeramt nur einmal in der Woche für zwei Stunden geöffnet hat und sie gerade dann keine Zeit haben,
es aufzusuchen. Darum geht es.
Noch einmal: Die Papierform soll bleiben. Nur die
rechtsverbindliche Variante soll umgestellt werden auf digital. Ich kann nur um Zustimmung werben, weil das ein Schritt in die richtige Richtung
wäre.
Oberbürgermeister Jung: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. - Ich möchte noch einmal bekräftigen: Wir als Verwaltung denken keineswegs
daran, die Printausgabe einzustellen; denn in der
Tat gibt es genügend ältere Menschen in unserer
Stadt, die dringend auf die Printausgabe angewiesen sind.
Der Antrag steht jetzt zur Abstimmung. Ich bitte
um Ihre Stimme. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 24 - 32 - 6. Damit ist der Antrag
abgelehnt.
15.19 Sperrvermerk für Classic-Open-Zuschuss 2018 / Neuausrichtung (VI-A05156)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
15.19.1 dazu ÄA (VI-A-05156-ÄA-02)
Einreicher: CDU-Fraktion
15.19.2 dazu VSP (VI-A-05156-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Kultur
Frau Körner.
Stadträtin Körner (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Leipzigerinnen und
Leipziger! Auch wenn es Ihnen vielleicht schwerfällt, sich vorzustellen, dass Sie jetzt auf dem
Marktplatz sitzen: Ich denke, die meisten von uns
lieben es, bei 30 Grad oder mehr genau dies bis
in die Nacht zu tun. Die „Classic Open“ waren in
den letzten Jahren sehr erfolgreich. Fast jeder,
denke ich, hat es genossen, gerade im August,
während der Pause der Spielstätten, ein gemeinsames Wohnzimmer zu haben, wie es von manchen beschrieben wurde, das mit Kunst und Kultur gefüllt ist.
Letztes Jahr waren wir mit großer Mehrheit dafür,
mehr Geld dafür bereitzustellen, obwohl durch
Sponsoring schon viel eingeworben wurde. Wir
waren schon sehr enttäuscht, als wir erfuhren,
dass es bei der Abrechnung Unklarheiten gab.
Was relativ klar ist, ist, dass wir diese Veranstaltung erhalten und dieses Erlebnis nicht nur für die
Gäste, sondern auch die Wirte, die einen Anteil an
diesem Erfolg haben, weiterhin sicherstellen wollen. Wir haben bis zur Klärung des Sachverhalts
einen Sperrvermerk für die Fördersumme 2018
beantragt. Unabhängig davon, dass inzwischen
die Fördersumme des letzten Jahres an die Stadt
zurückgegeben wurde: Es konnten keine ordentlichen Abrechnungen vorgelegt werden.
Wir haben im Kulturausschuss darüber beraten,
wie man der Idee eines Sommermusikfestivals,
bisher „Classic Open“ genannt, weiter auf die
Sprünge helfen kann. Die auch von uns favorisierte Ausschreibung ist inzwischen erfolgt. Deshalb wollen wir den Verwaltungsstandpunkt abstimmen lassen, allerdings ohne den letzten Satz.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU,
möchten, dass die Möglichkeit bleibt, einen Zuschuss zu gewähren. Was wir problematisch an
Ihrem Antrag finden, ist, dass Sie weiter den Begriff „Classic Open“ verwenden, für den die
Rechte noch strittig sind. Wir wollen das nicht an
diesen Begriff binden, obwohl wir uns natürlich
dieselbe Atmosphäre wünschen.
Es kann sich jeder bewerben; das ist auch klar;
das ist auch so durch die Presse gegangen. Wir
wollen den Sperrvermerk auch deshalb, weil so
das beste Konzept zum Zuge kommen kann und
die Gelder nicht einfach wieder zurück in den
Haushalt wandern. Deshalb bitte ich Sie, dem
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Verwaltungsstandpunkt zuzustimmen, bis auf den
letzten Satz in Punkt 2, der da lautet:
Ein städtischer Zuschuss zu dieser Veranstaltung soll … zukünftig nicht mehr
gewährt werden.
Die Gewährung eines Zuschusses wollen wir ausdrücklich weiterhin ermöglichen, wenn wir über
die eingereichten Konzepte - es ist ja schon dazu
aufgerufen worden, sie einzureichen - entscheiden. Wir hoffen sehr, dass wir das noch hinbekommen. Es muss jetzt alles sehr schnell gehen;
denn bald ist Sommer. Wahrscheinlich herrschen
nächstes Wochenende schon andere Temperaturen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Frau Niermann.
Stadträtin Niermann (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Im Grunde,
Annette Körner, liegen wir gar nicht so weit auseinander. Wir alle sind, glaube ich, der Meinung,
dass die „Classic Open“, das beliebteste Sommerfestival hier in Leipzig, auf jeden Fall erhaltenswert ist. Wir von der CDU-Fraktion möchten
uns jedenfalls dafür einsetzen. Wir wollen tatsächlich das Sommerfestival „Classic Open“ erhalten.
Es ist richtig: Es gibt einen gewissen Streit um den
Namen „Classic Open“. Wir wollen uns aber trotzdem dazu bekennen. Deswegen meinen wir, dass
es bei dem Beschlussvorschlag bleiben kann.
Richtig ist natürlich, dass die Zuwendung nicht
weiter personen- bzw. stiftungsgebunden sein
kann. Derzeit läuft ein Interessenbekundungsverfahren, dessen Ausgang noch offen ist. Deswegen haben wir hier unseren Änderungsantrag gestellt. Für diesen Sperrvermerk sehen wir nach
dieser Änderung, die ganz klar notwendig ist, keinen Bedarf mehr. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Keller.
Stadtrat Keller (AfD): Die Veranstaltung „Classic
Open“ ist ein in Leipzig einmaliges Format, das
sehr beliebt ist und vor allen Dingen mit dem Namen Peter Degner steht und fällt. Sicher ist Herr
Degner nicht immer einfach zu händeln, legte er
sich doch mit den Gastwirten an, als er meinte, die
stark steigenden Preise beim Ausschank von
Speisen und Getränken an Besucher der „Classic
Open“ seien übertrieben. Auch lässt er sich nicht
in die Karten sehen, wie und welche Verbindungen er zu einheimischen und internationalen
Künstlern pflegt. Dennoch ist er einer der gefragtesten Männer in der Kulturszene, wenn es darum
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
geht, Ideen für Feste oder andere Veranstaltungen zu entwickeln und umzusetzen. Ich kenne
nicht einen Misserfolg von ihm. Sein erfolgreiches
Lebenswerk für unsere Stadt ist bereits seit
29 Jahren zu verfolgen. Er zeichnet sich nicht nur
durch Qualität aus, die er stets weiterzuentwickeln
sucht; es kam auch noch nie zu einer Beschwerde
von Bürgern.
Auf der Welle des Erfolgs von „Classic Open“ - nur
zur Information: die „Classic Open“ haben mehr
Gäste als das Bachfest - will man nun aus fadenscheinigen Gründen den Versuch einer Neuausrichtung dieses Bürgerfestes starten. Wenn man
dies nicht als Intrigantenstadl abtun will, so muss
man zumindest von einer Selbstenteignung des
Kulturdezernats um dieses beliebte Bürgerfest reden.
Anlass war die Nichtbeibringung von Belegen
nach der Zuwendungsrichtlinie. Die Zuwendungsrichtlinie besagt, dass den „Classic Open“ Fördermittel in Höhe von 50.000 Euro jährlich gewährt
werden. Aus Frust über das ihm entgegengebrachte Misstrauen gab Herr Degner die Fördersumme an die Stadt zurück und übergab zudem
am 21.12.2017 alle Unterlagen, die eine saubere
Buchhaltung belegen, an Herrn Bürgermeister
Rosenthal. Nichtsdestotrotz wurde ihm mitgeteilt,
dass man eine Ungereimtheit entdecken konnte,
die schon allein darin bestand, dass er die Fördersumme zurückgab. All das geschah wider besseres Wissen; denn das Schreiben der Stiftung, das
bereits am 22.12.2017 allen Beteiligten sowie den
Fraktionen vorlag, bestätigt eine ordnungsgemäße Verwendung der Spendengelder.
Sollten doch noch Ungereimtheiten zu klären
sein, die uns Stadträten nicht bekannt sind,
müsste man einen renommierten Mann wie Peter
Degner zumindest die Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch geben, in dem der Sachverhalt aufgeklärt wird, wie man das mit anderen Kulturschaffenden auch tut. Ungeachtet persönlicher
Diskrepanzen, die das Dezernat Kultur derzeit gegen Herrn Degner aufzubauen scheint, denke ich,
dass er einer Weiterführung der „Classic Open“
positiv gegenüberstehen würde.
Die neuen Veranstalter sollen nun sogar auf Fördermittel der Stadt verzichten. Will man für die
Stadt das Gute bewahren, muss man diesen Antrag wie auch den Verwaltungsstandpunkt ablehnen. Wir brauchen weder ein zweites Stadtfest
noch ein zweites Lichtfeld, das ausgehöhlt von
Jahr zu Jahr geringere Besucherzahlen aufweist,
weil das Konzept nur noch kommerziell und nicht
mehr originär ist. Folgt man dem Verwaltungsstandpunkt, bedeutet das: Für die Überlassung
des Marktplatzes sollen Kompetenz und Zuverlässigkeit sowie praktische Erfahrungen in der Vergangenheit den Ausschlag geben. - Ich danke für
Ihre Aufmerksamkeit.
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Oberbürgermeister Jung: Ich bitte Frau Dr. Jennicke, noch einige Sätze dazu zu sagen.
Bürgermeisterin Dr. Jennicke: Sehr geehrte
Stadträtinnen und Stadträte! Ich glaube, ich muss
einiges doch noch einmal präzisieren. Ich möchte
die Gelegenheit nutzen und Peter Degner danken
für das, was in den letzten Jahren im August auf
dem Marktplatz unter seiner und der Federführung der Peter-Degner-Stiftung stattgefunden hat.
Ich weiß sehr wohl, dass die Leipzigerinnen und
Leipziger das Festival „Classic Open“ sehr ins
Herz geschlossen haben, dass sie in Scharen
dorthin strömen und es einfach toll finden, dass
auf diesem wunderbaren Marktplatz Musik ohne
Eintritt verbunden mit hochwertiger Gastronomie
angeboten wird, dass sie sich dort wohlfühlen und
es sehr schätzen, dieses herrliche öffentliche
Wohnzimmer, unseren Marktplatz, auf diese wunderbare Weise nutzen zu können. - Das vorab.
Nichtsdestotrotz geht es hier nicht um persönliche
Befindlichkeiten. Es geht auch nicht darum, dass
wir einen Kampf gegen Akteure in dieser Stadt
führen. Nein, da möchte ich Sie ganz deutlich korrigieren. Wir vergeben öffentliche Steuergelder
als Fördermittel, und wir sind verpflichtet - ich
sehe mich ganz konkret bei jedem, der solche
Fördermittel in Anspruch nimmt, in der Verantwortung -, auf eine ordnungsgemäße Verwendung
der Mittel wertzulegen und dies auch nachweisbar
nachprüfen zu können. Das war hier in diesem
Fall nicht gegeben. Insofern ist es zu dieser Entwicklung gekommen, die ich jetzt aber nicht noch
einmal im Detail aufrollen will. Ich habe dazu
schon im Fachausschuss offen und transparent
informiert. Insofern sehe ich da kein Versäumnis.
Im Gegenteil: Es war unsere Pflicht, der Sache in
dieser Weise nachzugehen.
Sie wollen jetzt - das ist schon problematisch an
Ihrem Änderungsantrag, liebe Mitglieder der
CDU-Fraktion - den Zuschuss an die Veranstaltung „Classic Open“ binden. - So steht es in Ihrem
Änderungsantrag. Lassen Sie mich ausreden,
Herr Haas. - Wir haben nicht das Festival „Classic
Open“ ausgeschrieben, sondern wir haben ein
Sommermusikfestival für einen bestimmten Zeitraum auf dem Leipziger Marktplatz ausgeschrieben.
Ich habe im Fachausschuss Kultur die Mitglieder
gefragt: Sollen wir diesen Zuschuss, der ja im
Haushalt eingestellt ist, in die Ausschreibung mit
aufnehmen, wissend dass er dazu verlockt, dass
potenzielle Interessenbekunder oder -bekunderinnen ihr Konzept so aufstellen, dass der Zuschuss unabweisbar ist?
Gestern ist die Frist für das Interessenbekundungsverfahren abgelaufen. Daher sind wir heute
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
ein wenig freier, was den Vorgriff auf den Zuschuss betrifft. Ich habe gegen die Intention Ihres
Änderungsantrags gar nichts einzuwenden, aber
die Bindung an die Marke „Classic Open“ halte ich
für problematisch, weil sie ein Vorgriff auf das Ergebnis des Interessenbekundungsverfahrens
sein könnte.
Ganz kurz noch zu Ihrem Einwand, Herr Keller.
Jeder, der das Interesse hat, eine Veranstaltung
in dem genannten Zeitraum auf dem Marktplatz
anzubieten, war eingeladen, ein Konzept abzugeben. Es stand selbstverständlich auch Herrn Degner bzw. der Peter-Degner-Stiftung frei, dies zu
tun.
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Oberbürgermeister Jung: Frau Niermann, ich
schlage vor, die Formulierung in Ihrem Änderungsantrag wie folgt zu ändern:
… stellt die Stadt Leipzig … an außerhalb der Stadtverwaltung stehende Stellen … einen jährlichen Zuschuss für die
Veranstaltung „Sommermusikfestival“ in
Höhe von bis zu 50.000 Euro bereit.
Sind Sie damit einverstanden?
Stadträtin Niermann (CDU): Damit auch alle wissen, was gemeint ist, wäre es gut, wenn auch aufgenommen wird: Sommermusikfestival wie das
Classic Open oder im Sinne des Classic Open.
Oberbürgermeister Jung: Frau Niermann.
Stadträtin Niermann (CDU): Ganz kurz zur Erwiderung. - Alles, was Sie, Frau Dr. Jennicke, gesagt haben, stimmt. Sie haben wirklich sehr offen
informiert. Wir haben das auch schon im Kulturausschuss aufgearbeitet. Insofern hat mich Ihr
Statement, Herr Keller, ein bisschen überrascht.
Es ging hier überhaupt nicht gegen die Peter-Degner-Stiftung und schon gar nicht gegen das Sommerfestival auf dem Markt, das bis zu diesem Zeitpunkt noch „Classic Open“ hieß. - Das möchte ich
vorweg sagen.
Ja, es ist richtig: Es war nicht das „Classic Open“
ausgeschrieben. Insofern haben wir auch kein
Problem damit, unseren Änderungsantrag insoweit abzuändern, dass der Begriff „Classic Open“
mit dem von Ihnen verwendeten Begriff „Sommermusikfestival“ ersetzt wird. - Mir wird hier gerade
die Ergänzung zugetragen: „im Sinne der Classic
Open“. - Ja, so kann man es machen.
Worum es uns geht, ist: Wir möchten verhindern,
dass die Zeit jetzt zu knapp wird. Wir wollen - da
sind wir uns, glaube ich, alle einig - dieses „Sommermusikfestival im Sinne der Classic Open“ - ob
es dann so heißt oder anders, ist im Prinzip egal erhalten für die Leipziger Bürger, und wir möchten
die finanzielle Unterstützung weiter erhalten, indem wir eben diesen Sperrvermerk verhindern.
Oberbürgermeister Jung: Nein. Der Zusammenhang wird ja aus dem Gesamttext klar.
Stadträtin Niermann (CDU): Okay.
Oberbürgermeister Jung: Sie wollen doch Beschlusspunkt 1 ersetzen, wenn ich es richtig verstehe. - Frau Körner hat signalisiert, die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen übernimmt diesen Änderungsantrag als Bestandteil ihres Antrags.
Für das Protokoll:
… zur Vergabe von Zuwendungen der
Stadt Leipzig an außerhalb der Stadtverwaltung stehende Stellen (Zuwendungsrichtlinie) einen jährlichen Zuschuss für
die Veranstaltung „Sommermusikfestival“ in Höhe von bis zu 50.000 Euro bereit.
Bitte geben Sie Ihr Votum zu dem so geänderten
Antrag ab! - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 60 - 4 - 0. Damit so beschlossen.
Vor der Pause will ich noch die Einwohneranfrage
9.1 aufrufen:
9.1 Gedenkstein für verstorbene Drogengebraucher/-innen in Leipzig (VI-EF-05470)
Bürgermeisterin Dr. Jennicke: Ich verstehe die
Intention, Zeit zu sparen. Wenn Sie die Markenbindung herausnehmen, kann ich, Herr Oberbürgermeister, ganz gut damit leben. Wären Sie mit
der Formulierung „bis zu 50.000 Euro“ einverstanden? Wir wollen hier auch kein Geld verschenken.
Das machen wir ja sonst auch nicht.
Einreicher: Anna Wegner
Frau Wegner ist bereits hier. Ich möchte Sie nur
ungern noch eine halbe Stunde warten lassen. Herzlich willkommen, Frau Wegner! Herr Kollege
Rosenthal wird Ihre Anfrage beantworten.
Bürgermeister Rosenthal: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Frau Wegner, Sie haben in Ihrer Anfrage den
Sachverhalt aus meiner Sicht sehr ausführlich
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
und hinreichend erläutert. Richtigerweise haben
Sie darauf hingewiesen, dass seitens des Amtes
für Stadtgrün und Gewässer Ihnen gegenüber in
einer Protokollnotiz schon einmal die Zusage gemacht wurde, einen geeigneten Standort zu finden. Weiterhin haben Sie ein Schreiben aus dem
Jahr 2016 zitiert, in dem Ihnen mitgeteilt wurde,
dass wir den Stadtrat beteiligen müssen.
Ich würde heute zu Protokoll geben, auch in Auswertung des Sachverhalts, den ich bis dato nicht
kannte, dass wir - sprich: das Dezernat - über den
Oberbürgermeister dem Stadtrat den Vorschlag
für einen solchen Standort unterbreiten und wir insofern sehr zeitnah gemeinsam mit Ihnen einen
solchen Gedenkstein einweihen können. Ich
hoffe, dass das in Ihrem Interesse ist.
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Stadtrat Riedel Material zu diesem Thema übergeben. Auch das werden wir berücksichtigen.
Wird das Wort gewünscht? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: So beschlossen.
10.3
Petition zur Prüfung des Vorschlages
der Einrichtung eines Wissenschaftsmuseums in der Stadt Leipzig bis zum
Jahr 2025 (VI-P-04865-DS-02)
Einreicher: Petitionsausschuss
10.3.1 dazu VSP (VI-P-04865-VSP-01)
Einreicher: Dezernat Kultur
Wird das Wort gewünscht? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Oberbürgermeister Jung: Herzlichen Dank,
Herr Rosenthal. - Nachfragen gibt es nicht. Ich
verspreche Ihnen, Frau Wegner, wir werden das
in den nächsten Wochen machen.
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir gehen jetzt in die
Pause. Die Ratsversammlung wird Punkt 18 Uhr
fortgesetzt.
11.1 Einrichtung einer Tempo-30-Zone in der
William-Zipperer-Straße im Bereich zwischen Erich-Köhn-Straße und Roßmarktstraße - VERWEISUNG (VI-WA-05373)
11
Einreicher: Stadtbezirksbeirat Alt-West
(Unterbrechung)
Oberbürgermeister Jung: Meine Damen und
Herren, die Ratsversammlung wird fortgesetzt.
10
Petitionen
10.1
Petition zur Schaltung einer Veranstaltungsreihe „Musik in den Kirchen der
Stadt“ zum Auftakt des jährlichen Bachfestes der Stadt Leipzig (VI-P-04863-DS02)
Einreicher: Petitionsausschuss
Wichtige Angelegenheit der Stadtbezirksbeiräte gem. § 5 Abs. 5 der Geschäftsordnung der Stadtbezirksbeiräte
Gibt es weitere Verweisungsvorschläge? - Dann
ist das so verwiesen.
Wir fahren fort mit Tagesordnungspunkt 16:
16
Anfragen an den Oberbürgermeister
16.1 Stand der Umsetzung des Mediationsergebnisses zum „Stadtraum Bayerischer
Bahnhof“ (VI-F-05504)
Einreicher: CDU-Fraktion
Kollegin Dubrau antwortet.
10.1.1 dazu VSP (VI-P-04863-VSP-01)
Einreicher: Oberbürgermeister
Der Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses liegt Ihnen vor. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer folgt nicht
dem Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
10.2
Dringende Durchführung von Instandsetzungsarbeiten an der Bauernbrücke
als Zugang zum Naherholungsgebiet
Auensee noch in diesem Jahr (VI-P05391-DS-01)
Einreicher: Petitionsausschuss
Die Petition wird berücksichtigt. Ich würde zu Protokoll geben, dass wir noch einmal intensiv alle
Möglichkeiten prüfen. Mir wurde heute von Herrn
Bürgermeisterin Dubrau: Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Stadträte, Bürgermeister und Gäste auf der Tribüne! Bevor ich
mit der Beantwortung der Fragen beginne, will ich
einen kurzen Sachstandsbericht vorausschicken.
Der Stadtrat hat dem Abschluss der Durchführungsvereinbarung auf der Grundlage des Siegerentwurfs im Wettbewerbsverfahren zum Bayerischen Bahnhof aus dem Jahr 2011 in seiner Sitzung am 21.06.2017 zugestimmt. In dieser Sitzung wurden zwei zusätzliche Änderungsanträge
beschlossen, nämlich mit Änderungsantrag 01 die
Errichtung der notwendigen Stellplätze entsprechend den Richtwerten der Sächsischen Bauordnung und mit Änderungsantrag 02 nach Abschluss der Durchführungsvereinbarung weitere
vertiefende Verhandlungen der B-Plan-Gebiete
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
im Sinne einer kooperativen Baulandentwicklung
nach Abschluss entsprechender vertraglicher Vereinbarungen mit Fortschreibung der Entwicklung
mittels eines dynamischen Masterplans.
Die Verwaltung hat am 18.01.2017 die BBH Entwicklungsgesellschaft schriftlich über die Ratsbeschlüsse informiert. In ihrem Antwortschreiben
vom 04.08.2017 stellte die BBH Entwicklungs
GmbH klar, dass für sie nach wie vor das Petitionsergebnis vom 21.10.2016 gilt und die vom Rat
beschlossenen Ergänzungen und deren Auswirkungen nunmehr bei den jeweiligen Antragsverfahren bewertet und verhandelt werden müssen.
Die Verwaltung hat ihre Aufgaben gemäß Moderationsergebnis erfüllt. Der Bauvorbescheid bezüglich des Wohnungsbaus am Dösner Weg
wurde nach Durchführung eines Gutachterverfahrens mit Information der Mitglieder des Fachausschusses Stadtentwicklung und Bau vor Vertragsabschluss am 22.06.2017 übergeben. Die anderen drei Bauvorbescheide - das betrifft die Kita auf
dem ehemaligen Gurken-Schumann-Gelände,
die Wiedererrichtung Bayerischer Bahnhof (Neubau) Ecke Straße des 18. Oktober und die Neubebauung Kohlenstraße - liegen entscheidungsreif vor und können bei dem Verfahren Zug um
Zug sofort ausgereicht werden.
Der intensiv verhandelte Kaufvertrag für die für
den Schulcampus am Dösner Weg südlich der Tarostraße zu erwerbende Fläche wurde im Juni
2017 der BBH übergeben. Da keine Reaktion seitens der Gesellschaft erfolgte, hat das Liegenschaftsamt am 17.01.2018 zu einem weiteren Gespräch eingeladen. Im Ergebnis des Gesprächs
soll nun eine aktuelle Verkehrswertbestimmung
erfolgen.
Jetzt zu den Fragen. Zur Frage 1. Aus dem Sachstandsbericht wird ersichtlich, dass eine verlässliche Aussage nicht möglich ist.
Zur Frage 2. Die Gründe für die bisherige Nichtunterzeichnung sind der Verwaltung nicht bekannt.
Der Wettbewerb für den Schulcampus wird trotzdem vorbereitet in den entsprechenden Varianten.
Gegebenenfalls muss eine Realisierung in Abschnitten erfolgen.
Zur Frage 3. Dies ist der Stadtverwaltung lediglich
aus der Presse bekannt.
Zur Frage 4. Die Verwaltung geht davon aus, dass
die BBH zum Mediationsergebnis steht; denn dieses ist in einem sehr langen Diskussionsprozess
einvernehmlich entwickelt worden. - Ich habe
mich gestern noch einmal an einen Geschäftsführer der Stadtbau gewandt und nachgefragt. Ich
habe schriftlich bekommen: Wir verkaufen die
Grundstücke Dösner Weg/Schule nicht an Dritte. So ist der derzeitige Sachstand.
S e i t e | 38
Oberbürgermeister Jung: Gibt es Nachfragen? - Herr Deissler.
Stadtrat Deissler (Bündnis 90/Die Grünen): Frau
Bürgermeisterin, Sie haben jetzt nur von diesem
einen Grundstück gesprochen, für das es die Zusage gibt, dass es nicht verkauft wird. Gibt es Hinweise oder Signale, dass andere Grundstücke oder gar der Rest verkauft werden könnten?
Bürgermeisterin Dubrau: Uns gegenüber nicht.
Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank, Frau
Dubrau.
16.2 Vorlage des aktuellen Nahverkehrsplans
(VI-F-05458)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Frau Dubrau, Sie sind schon wieder gefragt.
Bürgermeisterin Dubrau: Zu den Fragen 1
und 2. Die Erarbeitung der Entwurfsfassung des
Nahverkehrsplans befindet sich in den letzten Zügen und wird bis Mitte März 2018 - so die letzte
Aussage - abgeschlossen sein. Diese wird anschließend über eine Informationsvorlage in die
Dienstberatung des Oberbürgermeisters eingebracht. Im Anschluss an die Bestätigung in der
Dienstberatung kann die Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf des Nahverkehrsplans, voraussichtlich mit einer Bürgerinformationsveranstaltung, starten. Parallel dazu findet auch die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange statt. Nach
der Beteiligungsphase werden die Hinweise entsprechend eingearbeitet, sodass die Endfassung
des Nahverkehrsplans durch den Stadtrat voraussichtlich im vierten Quartal - das kommt auf die
Dauer des Diskussionsprozesses an - beschlossen werden kann.
Zur Frage 3. Aufgrund der Abhängigkeit bei der
Erstellung des Nahverkehrsplans von der ebenfalls sehr arbeitsintensiven Erarbeitung der Mobilitätsszenarien und der anschließenden Vorstellung und Diskussion in den Ausschüssen und
Fraktionen sowie im Sonderausschuss kann der
Zeitverzug nicht aufgeholt werden, da insbesondere der vorgesehene nächste Schritt, die Öffentlichkeitsbeteiligung am Nahverkehrsplan, ein richtiger, wichtiger und auch zeitlich längerer Schritt
in Richtung Beschlussfassung sein wird.
Zur Frage 4. Die Zusatzfestlegung im Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag vom 21.12.2016 regelt die Fortschreibung der Begrenzung des Gesamtfinanzierungsvertrages für die Jahre 2017
und 2018. Insofern wird nach wie vor an dem Ziel
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
festgehalten, die Höchstbeträge bis zum September 2018 mittels einer Zusatzfestlegung fortzuschreiben und damit den VLFV entsprechend anzupassen.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es Nachfragen? - Frau Riekewald.
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Ich muss sagen: Ich bin schockiert. Anders als Sie gerade
ausgeführt haben, haben Sie in der letzten Anfrage, die wir dazu im Stadtrat gestellt haben,
eben nicht „Mitte März 2018“ gesagt, sondern:
letztes Quartal 2017.
Bürgermeisterin Dubrau: Erstes Quartal.
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Nein, Sie haben gesagt: letztes Quartal 2017. Erinnern Sie
sich bitte an unseren Wortwechsel. Wir haben
noch diskutiert, dass ein Quartal ja drei Monate
umfasst. Sie hatten gesagt: Die Mobilitätsszenarien werden am Anfang des vierten Quartals präsentiert und noch im gleichen Quartal der Nahverkehrsplan.
Jetzt sagen Sie: Mitte März 2018. Das bedeutet
aber nicht - so habe ich Sie verstanden -, dass
auch wir Mitte März 2018 den Entwurf bekommen.
Vielmehr beginnt dann erst die Diskussion in der
Dienstberatung des Oberbürgermeisters. Dass
Sie jetzt sagen, der Stadtrat werde das im vierten
Quartal 2018 beschließen, widerspricht allem,
was wir in den letzten Jahren hier besprochen haben.
Zielstellung war: Beschlussfassung im September
2018 - ich betone: September -, damit das in den
Wirtschaftsplänen der LVB und der LVV sowie natürlich auch im Haushaltsplan für 2019/2020 berücksichtigt werden kann. Ansonsten stehen wir
vor der gleichen Situation wie vor zwei Jahren,
dass der Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag
wieder nur fortgeschrieben werden kann. Sie haben ja eben auch von „fortschreiben“ geredet. In
meiner Frage ging es aber um das Anpassen.
Deswegen meine Frage: Wie wollen Sie an dem
Ziel, das bisher immer formuliert wurde, nämlich
den Verkehrsleistungsfinanzierungsbedarf auch
wirklich anzupassen, festhalten? Halten Sie daran
fest, ja oder nein?
Bürgermeisterin Dubrau: Ich muss an dem Vorgehen festhalten, wie ich es hier dargestellt habe.
S e i t e | 39
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Gut. - Dann
eine weitere Nachfrage. Herr Bär hat am
06.02.2018 eine Pressemitteilung herausgegeben. Darin zitiert er einen bisher amtsinternen
Entwurf, in dem der Grünolino nicht aufgeführt sei
und an dem auch noch weitere Änderungen vorgenommen werden müssten. Meine Frage ist:
Warum hat Herr Bär einen amtsinternen Entwurf
vorliegen, den wir anderen Fraktionen offensichtlich nicht bekommen haben und den wir auch vor
dem zweiten Quartal 2018 nicht bekommen werden?
Bürgermeisterin Dubrau: Bei uns ist nichts aus
dem Amt herausgegangen, weder an Sie noch an
Herrn Bär.
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Gut. Aber die
amtsinternen Entwürfe liegen vor, und wir können
sie nicht bekommen.
Bürgermeisterin Dubrau: Sie sind noch nicht in
der Dienstberatung abgestimmt. Danach kann ich
sie Ihnen geben. Wir haben sie auch niemand anderem gegeben. Es gibt natürlich etliche Beteiligte
an diesem Verfahren.
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Okay. - Dann
noch eine letzte Nachfrage. Sie hatten jetzt gesagt: Mitte März 2018 legen Sie verwaltungsintern
den Entwurf vor. Sie haben sich aber nicht dazu
geäußert, wann wir den Entwurf bekommen werden.
Bürgermeisterin Dubrau: Sofort nach Beschlussfassung innerhalb der Dienstberatung.
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Können Sie
einen Monat nennen oder zumindest eine Abschätzung treffen?
Bürgermeisterin Dubrau: Das kann ich nicht.
Das wird in der Dienstberatung entschieden.
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Aber wir haben hier einen Zeitplan beschlossen.
Bürgermeisterin Dubrau: Ja. Die Kollegen sind
auch intensiv bemüht und arbeiten sehr intensiv
an dem Thema. Aber wie Sie selbst mitbekommen
haben, ist es sehr viel umfänglicher als ursprünglich gedacht.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Oberbürgermeister Jung: Ich möchte noch eine
Richtigstellung machen. Es gibt keinen Entwurf,
Frau Riekewald. Es gibt Arbeitsmaterialien. Es
gibt erst dann einen Entwurf, wenn Frau Dubrau
mir diesen Entwurf vorlegt. Deshalb ist auch die
Pressemitteilung von Herrn Bär falsch. - Das ist
so. Es gibt bisher keinen Entwurf.
16.3 Standortsuche DLRG (VI-F-05466)
Einreicher: SPD-Fraktion
Herr Rosenthal antwortet.
Bürgermeister Rosenthal: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Zur ersten Frage. Die DLRG ist als eingetragener Verein eine gemeinnützige Organisation
mit dem Schwerpunkt Wasserrettung. In der Stadt
ist der DLRG-Bezirk Leipzig e. V. Träger der Katastrophenschutz-Wasserrettungstruppe gemäß
der sächsischen Verwaltungsvorschrift Katastrophenschutzeinheiten. Durch die der Stadt Leipzig
als unterer Brandschutz-, Rettungsdienst- und
Katastrophenschutzbehörde obliegenden Aufgaben ist bekannt, dass der DLRG-Bezirk Leipzig
e. V. ein neues Quartier benötigt.
Zur zweiten Frage. Gegenüber der Stadt wurde
der Sachverhalt im Dezember 2016 erstmalig bekannt, indem der Verein über ein Vorhaben zum
Bau
eines
Wasserrettungsausbildungsund -sportzentrums informierte.
Zur dritten Frage. Die Stadt hat mit dem Eigentümer und Vorhabenträger für die Quartiersentwicklung des Eutritzscher Freiladebahnhofs eine Planungs- und Entwicklungsvereinbarung abgeschlossen, welche die Planungsziele und die Prozessgestaltung für die Neuordnung des Quartiers
regelt. Beachten Sie bitte dazu auch den Ratsbeschluss vom April 2017. In der benannten Erklärung erklärt der Vorhabenträger, dass er betrieblich angemessene Umsetzungslösungen für die
heute im Gebiet vorhandenen Gewerbebetriebe
anstrebt.
Die Stadtverwaltung versteht darunter auch die
DLRG. Der Eigentümer und Vorhabenträger
spricht derzeit strukturiert die Nutzer im Quartier
an und erarbeitet Vorschläge zu deren Umsetzung. Bei gewerblichen Unternehmen begleitet
die Stadtverwaltung den Umsetzungsprozess. Bei
der DLRG sind die bilateralen Gespräche zwischen Eigentümer und Nutzer abzuwarten. Entsprechende Gespräche, soweit der Stadtverwaltung bekannt, wurden im Sommer 2017 aufgenommen.
Zur vierten Frage. Geprüft wurde, ob die Unterbringung im Bereich des Amtes für Sport oder in
der Branddirektion möglich ist. In beiden Ämtern
S e i t e | 40
konnten allerdings keine Möglichkeiten angeboten werden. Das weiß der Verein auch. Anfang
Oktober 2017 wurde dem Verein ein Zugehen auf
die Stadtwerke Leipzig GmbH vorgeschlagen.
Wie wir wissen, sind dem Verein zwei Objekte zur
Begutachtung vorgelegt worden.
Zur fünften Frage. Die Stadtverwaltung geht zunächst davon aus, dass sich der Verein mit den
benannten Objektvorschlägen auseinandersetzt
und eine Entscheidung vor dem Hintergrund der
eigenen finanziellen Auswirkungen dazu trifft. Für
die weitere Unterstützung bei der Suche stehen
wir natürlich zur Verfügung.
Oberbürgermeister Jung: Frau Dr. Heymann.
Stadträtin Dr. Heymann (CDU): Nun wird ja
Leipzig immer mehr zur Wasserstadt. Immer mehr
Leute bewegen sich auf dem Wasser. Die DLRG
ist ja nicht nur mit der Wasserrettung befasst, sondern gibt auch Schwimmunterricht. Insbesondere
wenn man weiß, dass die DLRG 1913 in Leipzig
gegründet worden ist, drängt sich die Frage auf,
ob die Stadt Leipzig im Sinne der Daseinsvorsorge hier nicht noch stärker aktiv werden müsste.
Es gab bereits einige Vorkommnisse, wo die Stadt
die Unterstützung durch die DLRG gebraucht hat.
Es müssen ja nicht nur Veranstaltungen abgesichert werden, sondern auch das allgemeine Geschehen rund um die intensive Nutzung in der
Sommerzeit am Kulkwitzer See, am Nordstrand
und auf den Gewässern insgesamt. Wäre es deshalb nicht angemessen, als Stadt darüber nachzudenken, dies als Daseinsvorsorge anzusehen
und die Unterstützung der DLRG stärker wahrzunehmen?
Bürgermeister Rosenthal: Wir haben ja schon
das eine oder andere Mal darüber gesprochen.
Ich sehe meine Verantwortung bzw. die der Stadt
darin, nach geeigneten Objekten bei der Stadt
Leipzig zu suchen. Diese sind derzeit objektiv
nicht gegeben. Wir haben den Kontakt zu einem
stadteigenen Unternehmen, den Stadtwerken,
vermittelt. Das war erfolgreich. Jetzt muss geprüft
werden, ob die angebotenen Objekte geeignet
sind. Wir haben der DLRG auch empfohlen, als
Träger der Katastrophenschutzrettung entsprechend der Sächsischen Verordnung auch sehr offensiv auf den Freistaat zuzugehen und für den
Standort Leipzig gegebenenfalls Fördermittel einzuwerben.
Ich würde einmal so formulieren: Wenn sich eine
Finanzierungssituation ergeben würde, ist die
Stadt Leipzig sicherlich auch bereit, weitere Möglichkeiten der Unterstützung zu prüfen. Aber originär und ausschließlich die Lösung des Problems
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
bei der Stadt zu sehen, nein. Ich glaube, das liegt
in der Verantwortung des Vereins, und die nimmt
er auch wahr.
Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank.
16.4 Sind die Pflegeheimplätze heute und in
Zukunft ausreichend in Leipzig? (VI-F05447)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Kollege Fabian.
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte! Zur Frage 1a. Die Nachfrage
nach Pflegeheimplätzen ist gestiegen. Im Netzwerk „Leipziger Kooperation Pflege“ wird von einer angespannten Versorgungslage berichtet.
Freie Kapazitäten, die einen unmittelbaren Einzug
ermöglichen, gehen im Stadtgebiet zurück und
sind zum Teil nicht mehr vorhanden, sodass Wartezeiten bei der Aufnahme entstehen. Aufgrund
des Einwohnerwachstums, der demografischen
Entwicklung und der zunehmenden Inanspruchnahme professioneller Pflegedienste ist künftig
mit einer weiter steigenden Nachfrage zu rechnen.
Zur Frage 1b. Die Zulassung ambulanter Pflegedienste in Sachsen erfolgt federführend durch die
AOK PLUS. Nach Angaben der AOK PLUS gibt es
derzeit 124 zugelassene ambulante Pflegedienste in der Stadt Leipzig. 2017 wurden vier
neue Pflegedienste zugelassen.
Für die Zulassung stationärer und teilstationärer
Einrichtungen ist der Kommunale Sozialverband
Sachsen zuständig. Nach Angaben des KSV
Sachsen gab es 2017 in der Stadt Leipzig 65 stationäre Pflegeeinrichtungen mit 6.850 Plätzen,
sechs Kurzzeitpflegeeinrichtungen mit 81 Plätzen
und 34 Einrichtungen der Tagespflege mit 593
Plätzen. 2016 wurden die Kapazitäten durch zwei
neue Einrichtungen mit 157 und 148 Plätzen erweitert. Zum 01.01.2018 eröffnete eine weitere
Einrichtung mit 141 Plätzen.
Zur Frage 1c. Die Einrichtungen schließen Versorgungsverträge mit den Pflegekassen. Zu den Aktivitäten aller privaten und freien Träger im Hinblick auf Kapazitätserweiterungen liegen der
Stadtverwaltung keine Zahlen vor.
Die Städtische Altenpflegeheime gGmbH baut
ihre Kapazitäten im stationären, teilstationären
und ambulanten Bereich kontinuierlich aus, um
auf den steigenden Bedarf zu reagieren. Im Februar 2018 ist der Bereich SAH Ambulante Dienste
an einen neuen Standort in der Dauthestraße 3-5
S e i t e | 41
umgezogen, um dem wachsenden Bedarf auch
räumlich zu entsprechen.
Eine stationäre Einrichtung befindet sich derzeit
im Bau und wird im Frühjahr 2019 ihren Betrieb
aufnehmen. Die Kapazität an dem neuen Standort
in Eutritzsch wird 112 vollstationäre Plätze umfassen. Damit hält die SAH ab 2019 insgesamt 1.327
vollstationäre Pflegeplätze vor.
Im Bereich der teilstationären Pflege stehen der
SAH derzeit insgesamt 26 Plätze an zwei Standorten zur Verfügung. Im Jahr 2019 wird diese Kapazität um 15 und im Jahr 2020 um weitere 14
Plätze erhöht.
Auch das Angebot der SAH an barrierefreiem und
barrierearmem Wohnraum wird ständig ausgebaut, um alternative Unterbringungsformen bzw.
Wohnformen anzubieten. Derzeit werden 193
Wohnungen betrieben. Bis zum Jahr 2022 wird
das Angebot voraussichtlich auf 376 altersgerechte Wohnungen gesteigert.
Zur Frage 2a. Einen gesetzlichen Auftrag für die
Ermittlung und Steuerung des Pflegefachkräftebedarfs durch die Kommunen gibt es nicht, da
die Pflegebedarfsplanung Aufgabe der Länder ist.
Die 2012 veröffentlichte Studie „Der zukünftige
Bedarf an Pflegearbeitskräften in Sachsen“ des
Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
beruht auf Daten von 2009. In dieser Studie wird
für Leipzig, ausgehend von 3.360 Pflegearbeitskräften in 2009, bis zum Jahr 2030 von einer Steigerung des Personalbedarfs von 68 bis 80 Prozent ausgegangen. Aktuelle aussagekräftige Erhebungen liegen der Stadt Leipzig nicht vor.
Zur Frage 2b. Die Organisation und Steuerung
der beruflichen Ausbildung ist Aufgabe des Landes. Im Rahmen der Zusammenarbeit im Netzwerk „Leipziger Kooperation Pflege“ wird festgestellt, dass die Anzahl der angebotenen Ausbildungsplätze in den Berufsschulen ausreichend
ist. Jedoch wird die Attraktivität der Pflegeberufe
als eher gering wahrgenommen, sodass es eher
an Bewerberinnen und Bewerbern als an zur Verfügung stehenden Plätzen mangelt. Hier bemühen sich die Akteure des Netzwerks „Leipziger
Kooperation Pflege“ gemeinsam um die Steigerung der Attraktivität dieses Berufsbildes.
Zur Frage 2c. Die kommunalen Einflussmöglichkeiten bei der Fachkräftegewinnung und -entwicklung sind begrenzt. Die Stadt Leipzig befürwortet
das Ziel des Pflegestärkungsgesetzes III, die
Kommunen stärker in die Strukturen der Pflege
verantwortlich einzubinden, und wirkt gemeinsam
in den kommunalen Spitzenverbänden darauf hin.
Mit dem Pflegestärkungsgesetz III wurde die Rolle
der Kommunen in der Pflege jedoch nur marginal
gestärkt.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
In Leipzig wurde ein kommunales Pflegenetzwerk
aufgebaut, das von der Pflegekoordinatorin im
Sozialamt koordiniert wird. Über 70 Leipziger Akteure, zum Beispiel Pflegekassen, Pflegedienste,
freie Wohlfahrtsverbände, aber auch unsere eigenen Unternehmen St. Georg und SAH, tauschen
sich im Netzwerk „Leipziger Kooperation Pflege“
unter anderem zu aktuellen Situationen und Möglichkeiten der Gewinnung von Fachkräften aus.
Zur Frage 3. In Sachsen bietet die Online-Datenbank „PflegeNetz Sachsen“ des Sächsischen
Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz eine Übersicht über alle Akteure im Bereich der Pflege. Angaben zu Anbietern der Pflege
werden außerdem durch die Pflegekassen übermittelt. Für die Zulassung von Pflegediensten ist
in Sachsen die AOK PLUS federführend verantwortlich. Über die bundesweite Datenbank der
AOK können für die einzelnen Pflegeeinrichtungen Preise recherchiert werden. Eine Übersicht
zu aktuell verfügbaren Plätzen in Pflegeeinrichtungen existiert nicht. Eine Neuauflage der städtischen Broschüre „Heimporträt“ ist nicht beabsichtigt.
Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank, Herr Fabian. - Gibt es Nachfragen? - Frau Krefft.
Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Das
klingt sehr passiv. - Doch, das ist so. Das stellen
wir so fest. Das klang jetzt nicht so, als hätten Sie
Ambitionen, daran etwas zu ändern.
Ich will eine Parallele ziehen. Im Bereich Bildung
haben wir an sich auch keine Zuständigkeit. Aber
die haben wir uns als Stadt Leipzig auf den Tisch
gezogen. Wir haben ein großes Programm entwickelt, Personal eingestellt, halten hier Bildungspolitische Stunden ab.
Sie sagen uns seit Jahren: Pflege, das liegt nicht
in unserer Zuständigkeit. Die Zuständigkeit obliegt dem Land. - Da ich hier Fragen formulieren
muss: Warum ist das so? Warum, Professor Fabian, will sich die Stadt nicht engagieren für ihre
Bewohnerinnen und Bewohner, die in Leipzig älter
werden, und für all diejenigen, die hierherziehen
wollen, weil es attraktiver ist, im Alter in der Stadt
zu leben? Warum wollen Sie sich da nicht engagieren?
Wir diskutieren seit Jahren immer wieder dieses
Thema. In Ihren Ausführungen jetzt haben Sie
mehrfach auf die Landeszuständigkeiten hingewiesen. Sie engagieren sich in dem genannten
Netzwerk, ja. Aber wie bringen Sie sich da ein?
Wie wollen Sie es erweitern, wenn es um die Attraktivität des Pflegeberufs geht, wenn es um Angebote für die verschiedenen Lebenslagen und
kulturellen Dimensionen geht?
S e i t e | 42
Immer wieder hören wir hier nur: Das wollen wir
nicht. Das sehen wir nicht als unsere Zuständigkeit. - Ich frage Sie: Wollen Sie das ändern, und,
wenn ja, wann wollen Sie das ändern und wie
können wir Sie dabei unterstützen, es zu ändern?
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Frau Krefft,
„wollen wir nicht“ habe ich nie gesagt und werde
ich auch nicht sagen. Ich glaube, dass ich eben
deutlich gemacht habe, dass wir es sehr begrüßen, wenn die Kommunen mehr Zuständigkeiten
in der Pflegenetzplanung bekommen. Die Möglichkeiten, die wir haben, schöpfen wir aus. Wir
koordinieren hier auch, zumindest was die verschiedenen Akteure in Leipzig anbelangt. Aber
uns sind Grenzen gesetzt.
Ihrer Behauptung, die Stadt Leipzig würde sich
nicht engagieren, halte ich entgegen: Die Stadt
Leipzig hat, obwohl das keine Pflichtaufgabe ist,
ein eigenes kommunales Unternehmen, das einen relativ großen Teil des Pflegebedarfs abdecken kann; detaillierte Zahlen hatte ich eben genannt. Dort engagiere ich mich auch zur Person,
wie Sie wissen. Dass die Kapazitäten dort ausgebaut werden, ist ein ganz maßgeblicher Beitrag
zur entsprechenden Versorgung in der Stadt
Leipzig. Ich denke, die Gestaltung eines eigenen
Angebots ist sehr wahrscheinlich einer der wirksamsten Ansätze, um den Leipziger Bürgerinnen
und Bürgern überhaupt etwas anbieten zu können.
Wir sind im Übrigen nicht die Einzigen, die lange
Diskussionen darüber führen. Alle Kommunen beklagen, dass für diesen Bereich keine gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden. Jetzt halten
Sie mir vor, dass wir im Bereich der Bildung auch
keine Zuständigkeiten haben, aber das anders
angehen. Ja, da bemühen wir uns und diskutieren
viel mit, aber letztendlich - das muss man ganz
ehrlich sagen - haben wir weder Einfluss auf die
Lehrpläne noch auf vieles andere, was in den
Schulen passiert. Wir sind einige Schritte vorangekommen mit Schulsozialarbeit, Ganztagsangeboten und dergleichen.
Im Bereich Pflege machen wir - das würde ich hier
behaupten - mit unseren städtischen Altenpflegeheimen viel mehr als im Bereich Bildung, indem
wir sehr aktiv ein sehr gutes und auch nachgefragtes Angebot vorhalten. Der Geschäftsführer
der SAH, Herr Eckner, hat mir vor kurzem berichtet, dass für das neu gebaute Pflegeheim mittlerweile schon fast alle Plätze nachgefragt sind. Daher will ich entschieden zurückweisen, dass wir irgendetwas nicht wollen. Die Möglichkeiten, die wir
haben, schöpfen wir aus, und wir sind meines Erachtens in diesem Bereich auch sehr aktiv.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Oberbürgermeister Jung: Frau Heller hat eine
Nachfrage.
Stadträtin Heller (CDU): Sie sprachen von der
mangelnden Attraktivität des Pflegeberufs. Deswegen komme ich jetzt auf den Gleichstellungsaktionsplan zu sprechen, mit dem wir unter anderem beschlossen haben, dass die Stadt Leipzig
sich aktiv dafür einsetzen soll, Pflegeberufe auch
bei Männern aktiver zu bewerben. Wir haben Jobmessen in Leipzig, wir haben Tage für Auszubildende usw. Das Referat Gleichstellung hat die
Maßnahmen dieses Konzepts schon in großer
Menge umgesetzt, diese Maßnahme jedoch noch
nicht. Vielleicht könnte Ihr Dezernat einen Schritt
auf das Referat zu machen, um das gemeinsam
anzupacken. Ich glaube, es würde schon helfen,
wenn nicht eine Hälfte der Bevölkerung für sich
fast grundsätzlich ausschließt, in der Pflege zu arbeiten.
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Danke für den
Hinweis. Damit geben Sie mir die Möglichkeit,
noch auf etwas anderes einzugehen. - Gerade im
Bereich der Ausbildung agiert die SAH vorbildlich
und leistet sie eine sehr gute Arbeit. Sie stellt die
entsprechenden Ausbildungskapazitäten zur Verfügung und gewährleistet eine gute Ausbildung.
Ich habe zwar keine vertieften Kenntnisse, aber
es gibt ja manchmal Gerüchte, dass andere Träger sich wechselseitig die Pflegekräfte abwerben.
Die SAH bildet ihre eigenen Nachwuchskräfte
selbst aus.
Oberbürgermeister Jung: Danke schön, Herr
Fabian.
Die Anfrage 16.5 wird schriftlich beantwortet.
16.6 Aussetzung von Maßnahmen nach STEP
Verkehr und öffentlicher Raum (VI-F05493)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
Kollegin Dubrau, bitte.
Bürgermeisterin Dubrau: Zur Frage 1. Grundsätzlich stellt der STEP Verkehr und öffentlicher
Raum auch unter den Bedingungen einer wachsenden Stadt ein zentrales Grundlagendokument
für die Verkehrspolitik der Stadt Leipzig dar. Die
darin formulierten und 2015 verabschiedeten
Ziele, Leitlinien und allgemeinen Grundsätze hier sind beispielsweise die Sicherung gleichwertiger Mobilitätschancen, die Förderung der stadtund umweltverträglichen Organisation des Verkehrs sowie die Gestaltung der Verkehrsplanung
als öffentlicher Prozess zu nennen - sind gerade
S e i t e | 43
im Hinblick auf die aktuelle Bevölkerungsprognose wichtige Prämissen, um ein lebenswertes
Leipzig mit einer nachhaltigen Mobilitätskultur unter den Bedingungen des Wachstums zu erhalten.
Eine Abbildung konkreter kurz- und langfristiger
Maßnahmen erfolgt im STEP Verkehr und öffentlicher Raum nicht. Es werden lediglich entsprechende Handlungsfelder für eine stadtverträgliche
Mobilität dargestellt. Insofern sind im STEP Verkehr und öffentlicher Raum keine Maßnahmen
verankert, die nicht mit der aktuellen Verkehrsprognose vereinbar sind. Vor dem Hintergrund,
dass es sich bei der Verkehrsentwicklungsplanung um einen fortlaufenden Prozess handelt, gilt
es von Zeit zu Zeit zu überprüfen, inwiefern die
verfolgten Ziele mit den vorliegenden Planwerken
tatsächlich erreicht wurden und an welcher Stelle
es gegebenenfalls Überprüfungen und Anpassungen bedarf.
Deshalb sowie im Zusammenhang mit der vorliegenden Bevölkerungsprognose hat sich die Stadt
Leipzig genau dieser Thematik angenommen und
mit dem Szenarienprozess und der Entwicklung
einer Mobilitätsstrategie 2030 im Rahmen des
Monitorings die Frage gestellt, in welchen Szenarien sich die Mobilität insgesamt in Leipzig zukünftig gestalten lässt, um ein lebenswertes Leipzig in
Bewegung zu halten und weiterzuentwickeln. Im
Ergebnis der Szenarienentwicklung liegen sechs
Szenarien vor, die derzeit mit der Öffentlichkeit
diskutiert werden. In einem nächsten Schritt gilt es
ein für Leipzig passendes Szenario ab- und dem
Stadtrat zuzuleiten.
Darüber hinaus wurde die aktuelle Bevölkerungsprognose, die im STEP Verkehr und öffentlicher
Raum noch nicht enthalten sein konnte, auch im
Fachkonzept „Nachhaltige Mobilität“ im INSEK
„Leipzig 2030“ sowie im neuen Luftreinhalteplan
verarbeitet. Grundsätzlich gilt, dass sämtliche
Planwerke und deren Umsetzung während ihrer
Laufzeit der Modifizierung - als Reaktion auf neue
Bedingungen - unterliegen, ohne dass das Ganze
total fortzuschreiben ist.
Zur Frage 2. Bezüglich der Thematik Maßnahmen, die zu einer Verringerung der Geschwindigkeit von ÖPNV und MIV führen, wird auf den Verwaltungsstandpunkt 05114 zur Aussetzung von
Maßnahmen nach STEP Verkehr und öffentlicher
Raum aus 2014 verwiesen. Darin wird unter anderem aufgezeigt, dass nicht in jedem Fall ausgeschlossen werden kann, dass aus Verkehrssicherheitsgründen auch solche erforderlichen
Maßnahmen umgesetzt werden, die sich gegebenenfalls verkehrsgeschwindigkeitsverringernd auf
einzelne oder mehrere Verkehrsarten auswirken
können.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Oberbürgermeister Jung: Gibt es hierzu Nachfragen? - Das ist nicht der Fall.
Wir ziehen jetzt die Anfrage 16.16 vor:
16.16 Spätverkaufsstellen in Leipzig (VI-F05494)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
Herr Rosenthal, bitte.
Bürgermeister Rosenthal: Herr Oberbürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Zur ersten Frage. Es erfolgt keine statistische Erfassung von Spätverkaufsstellen als solche. Eine
statistische Erfassung von Verstößen gegen das
Sächsische Ladenöffnungsgesetz bzw. von Kontrollen der gesetzlichen Regelungen für das Jahr
2015 fand nicht statt. 2016 erfolgten 33 Kontrollen, 2017 52 Kontrollen, insgesamt betroffen: 43
Objekte. Anlass der Kontrollen waren in zehn Fällen Beschwerden über Lärm und in 33 Fällen Hinweise zum Offenhalten einer Verkaufsstelle außerhalb der zulässigen Ladenöffnungszeiten.
Zur zweiten Frage. Für das Jahr 2015 wurden
zwei Bußgelder in Höhe von jeweils 500 Euro wegen vorsätzlichen Handelns verhängt. 2016 verteilt sich die Zahl der verhängten Bußgelder auf
zwei fahrlässig begangene Verstöße, geahndet
mit 250 Euro, und zwei vorsätzliche Verstöße, die
mit 500 Euro geahndet wurden. 2017 sind neun
Verfahren eingeleitet worden wegen fahrlässiger
Verstöße, geahndet mit jeweils 250 Euro, und elf
Verfahren wegen Vorsatz, geahndet mit jeweils
500 Euro. Nicht aufgeführt sind noch nicht abgeschlossene bzw. wegen eingelegten Einspruchs
beim Amtsgericht verhandelte bzw. zu verhandelnde Bußgeldsachen.
Zur dritten Frage. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen bezüglich zulässiger Ladenöffnungszeiten von Verkaufsstellen sind in Dresden und
Leipzig normidentisch. In welchem Maß Verkaufsstellen in der Dresdner Neustadt die Öffnungszeiten überziehen, entzieht sich unserer Kenntnis.
Es gibt zumindest keinen seitens der Stadt Dresden vorgegebenen Freibrief einer Sonderregelung für selbsternannte Spätverkaufsstellen. Das
Sächsische Ladenöffnungsgesetz kennt den Begriff der Spätverkaufsstelle bzw. Späti nicht; es regelt lediglich die Öffnungszeiten.
Die Stadt Leipzig hat im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts und des Ladenöffnungsgesetzes die Aufsicht über die Einhaltung
als weisungsfreie Pflichtaufgabe. Sie kann von
der Durchsetzung eines gesetzlichen Verbots entsprechend des eingeräumten Ermessens nicht
aus Gründen absehen, die nach dem Sächsischen Ladenöffnungsgesetz verboten und daher
S e i t e | 44
als Gründe für die Duldung der verbotenen Handlung kraft Gesetzes ausgeschlossen sind. Sprich: Da wir keine Öffnungsklausel für Ladenöffnungszeiten haben, müssen sich alle Verkaufsstellen in der Stadt Leipzig an den normierten Öffnungszeiten orientieren. Ich kann dort als Kommune nichts anderes regeln. Insofern gibt es auch
für den Oberbürgermeister aus der originären Zuständigkeit keinen Handlungsspielraum.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Herr Bürgermeister Rosenthal, zunächst vielen Dank für die Beantwortung. - Sie haben ausgeführt zur Frage 1, dass
im Jahr 2016 33 Verfahren und im Jahr 2017
52 Verfahren durchgeführt worden sind. Zur
Frage 2 haben Sie ausgeführt, dass in 2016 zweimal je 250 Euro Bußgeld wegen fahrlässiger Verstöße und zweimal je 500 Euro Bußgeld wegen
vorsätzlicher Verstöße und dass in 2017 neunmal
wegen fahrlässiger Verstöße und elfmal wegen
vorsätzlicher Verstöße Bußgelder in gleicher
Höhe verhängt worden sind. Setzt man das ins
Verhältnis zur Steigerung der Fallzahlen, ergibt
sich eine Steigerung um zwei Drittel, nämlich von
33 in 2016 auf 52 in 2017, und bei der Erhebung
von Bußgeldern eine Steigerung um das Fünffache von 2016 auf 2017. Können Sie noch etwas
zu den Ursachen sagen? Geben Sie mir recht,
dass man, unbefangen betrachtet, von einer gewissen Zunahme des Verfolgungsdrucks sprechen kann?
Bürgermeister Rosenthal: Wir haben ja heute
auch schon über die Thematik Sperrstunde diskutiert. Wir müssen auch mit Blick auf andere Ordnungssachverhalte feststellen, dass sich aufgrund der Verdichtung unserer Stadt die in den
unterschiedlichen Lebenssachbereichen bevorzugten Nutzungen dazu führen, dass das Anzeige- und Beschwerdeverhalten unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger zunimmt und das, was in
der Vergangenheit möglicherweise bei uns nicht
angezeigt wurde, jetzt angezeigt wird. Das Ordnungsamt der Stadt Leipzig ist als Ordnungsbehörde gehalten, Recht und Gesetz durchzusetzen. So kommt es dann auch zu Fallzahlsteigerungen und bei Verstößen auch zur Einleitung von
Bußgeldverfahren. Aus Sicht des Ordnungsdezernenten kann ich keinen unnötig überzogenen
Druck erkennen. Wir reagieren auf das Beschwerde- und Anzeigeverhalten der Bevölkerung.
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Stadtrat Zenker (SPD): Wir haben heute schon
ausführlich über das Thema Elektromobilität geredet. Tankstellen haben ja aufgrund von Sonderregelungen andere Öffnungszeiten. Wäre es für
Spätverkäufe eine Möglichkeit, als E-Tankstelle
zu fungieren, und kann in diese Richtung beraten
werden?
Ich finde, Spätverkaufsstellen gehören zu einer
Großstadt dazu, damit man sich, wenn man zum
Beispiel am späteren Abend aus der Ratsversammlung kommt und auch der letzte Supermarkt
dann schon geschlossen hat, zu Hause trotzdem
noch ein paar Nudeln kochen kann. Daher meine
Frage: Kann sich die Stadtverwaltung vorstellen,
sich beim Landesgesetzgeber für eine Regelung
für sogenannte Spätis oder kleine, eigentümerbetriebene Einzelhandelsgeschäfte einzusetzen?
Bürgermeister Rosenthal: Sie haben in Ihrer
zweiten Frage schon die Zuordnung benannt, wer
für Änderungen des Sächsischen Ladenöffnungsgesetzes originär zuständig ist. Ich nehme es einmal mit, ob man aus Sicht der Stadt Leipzig dahin
gehend eine Änderung anregen sollte.
Ihre erste Frage betreffend, kann ich nur sagen:
Das Ordnungsamt nimmt seine Dienstleistungsfunktion wahr, indem es die betreffenden Objektinhaber auf die gesetzlichen Regelungen hinweist
und aufzeigt, was zulässig ist bzw. welches Sortiment zu welcher Zeit verkauft werden darf. Ich
glaube, wir sind da auch klar in unserer Botschaft.
Wenn das mit verschiedenen Möglichkeiten noch
weiter ausgedehnt wird, ist auch unsere Dienstleistungsfunktion an irgendeiner Stelle am Ende.
Die Möglichkeit, dass solche Verkaufsstellen ein
eingeschränktes Sortiment veräußern und damit
unter das Label einer Tankstelle fallen, besteht
natürlich. Aber das muss der jeweilige Inhaber einer solchen Einrichtung, der als Gewerbetreibender auch in der Lage sein sollte, ein Gesetz zu lesen, dann auch so umsetzen. Das heißt: Am Ende
sind wir gehalten, zu kontrollieren, ob es tatsächlich so ist wie angegeben.
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker.
Stadtrat Zenker (SPD): Da das wahrscheinlich
hier den Rahmen sprengen würde: Können Sie
einmal im Ausschuss mündlich genauer ausführen oder den Fraktionen schriftlich mitteilen, um
welche Dienstleistungen es hier geht?
S e i t e | 45
glaube, das ist auch recht verständlich für jeden
Beteiligten. - Aber ich kann gerne noch einmal
mündlich oder schriftlich ausführen, was wir im
Einzelfall mitteilen.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Herr Bürgermeister Rosenthal, scheinbar herrscht doch ein bisschen Unverständnis bei den Betroffenen vor. Sie
haben jetzt wiederholt von Bußgeldern gesprochen. In Presseanfragen haben Sie ausgeführt,
Sie hätten keine Bußgelder verhängt, sondern es
handele sich um Zwangsgelder in Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Können Sie noch einmal
den Unterschied zwischen Bußgeld und Zwangsgeld aufklären? Sind Sie der Meinung, dass es für
einen solchen Ladenbetreiber wirtschaftlich einen
Unterschied macht, ob er ein Bußgeld oder ein
Zwangsgeld in dreistelliger Höhe bekommt?
Bürgermeister Rosenthal: Bußgelder werden in
Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeitenverfahren verhängt; das ist korrekt. Ein Zwangsgeld
ergibt sich - das wissen Sie auch - aus einem verwaltungsrechtlichen Verfahren. Danach bin ich
aber nicht gefragt worden. Ich bin gefragt worden,
wie viele Bußgelder verhängt worden sind, und
das habe ich ausgeführt.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch noch
einmal.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Ist daraus zu
schließen, dass es neben Bußgeldverfahren auch
noch Zwangsgeldverfahren in einer bisher nicht
bekannten Anzahl, weil die Frage diesen Begriff
nicht verwendet hat, gegeben hat, und, wenn ja,
können Sie dazu ad hoc noch etwas ausführen?
Bürgermeister Rosenthal: Ja, das ist so. Die hat
es gegeben. Ich kann die Zahlen gerne im Fachausschuss nachtragen.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Können Sie uns
bitte die Frage im Nachgang schriftlich beantworten?
Bürgermeister Rosenthal: Ja, kann ich machen.
Bürgermeister Rosenthal: Wir sagen ihnen, was
zulässig ist und welches Sortiment wann angeboten und verkauft werden darf, ganz einfach. Ich
Oberbürgermeister Jung: Mit dieser Zusage
kommen wir jetzt zur Anfrage 16.8:
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
16.8 Herausnahme von Kindern aus Kindertagesstätten und Schulen zwecks Abschiebung (VI-F-05440)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Herr Rosenthal.
Bürgermeister Rosenthal: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Zur ersten Frage. Der Ausländerbehörde
sind solche Abschiebungen und/oder Abschiebeversuche aus Kindertagesstätten und/oder Schulen nicht bekannt. Nach Rücksprache mit dem
Landesamt für Schule und Bildung, Standort
Leipzig, und Abfrage aller kommunalen Kitas sowie der freien Träger ist lediglich ein Abschiebeversuch von zwei Kindern in der kommunalen Kita
Grünauer Allee 18 bekannt. Die Kinder besuchten
allerdings an diesem Tag nicht die Kita, sodass
der Vorgang die Kita nicht aktiv tangierte.
Zur zweiten Frage. Die Fachkräfte begleiten Kinder in schwierigen Situationen besonders persönlich zugewandt und versuchen durch Ermunterung und Zuspruch die Kinder verunsichernde Situationen abzumildern. Solche Vorfälle können
sein: Unfälle, Nichtabholung durch Eltern, Tod eines Familienmitglieds, Gewalt in der Familie.
Auch eine Abschiebung gehört aus Sicht der Verwaltung dazu. Der Umgang mit belastenden Alltagssituationen der ihnen anvertrauten Kinder gehört zum Berufsbild von sozialpädagogischen
Fachkräften.
Zur dritten Frage. Unter Abschiebung versteht
man die zwangsweise Außerlandesverbringung
eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers.
Entsprechend der Regelungen nach dem Aufenthaltsgesetz ist der Ausländer abzuschieben,
wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist. Zuständige Abschiebebehörde ist nach dem Aufenthaltsgesetz die Ausländerbehörde. Für die Durchführung der Abschiebung ist auch der Polizeivollzugsdienst zuständig. Dies ergibt sich unmittelbar ebenfalls aus
dem Aufenthaltsgesetz. Die Aufgabe des Polizeivollzugsdienstes beschränkt sich allerdings auf
den reinen Vollzug, das heißt: Festnahme des
Ausländers, unmittelbarer Zwang, Verbringung
zur Grenze bzw. zur Grenzbehörde.
Zur vierten Frage. Wird ein Kind aus Kita und/oder
Schule der Abschiebung zugeführt, ist dies als
hochbelastende Situation für alle Beteiligten, insbesondere aber für das betroffene Kind selbst einzuschätzen. Der für das Kind in der konkreten Situation nicht vorhersehbare und akute Abbruch
bestehender Bindungen, die Anwesenheit von
fremden Erwachsenen, in deren Obhut das Kind
gegeben wird, sowie die plötzliche Herausnahme
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aus dem vertrauten Alltag sind geeignet, das Vertrauen und die Entwicklung des Kindes nachhaltig
zu erschüttern und zu beeinträchtigen. Die besondere Belastung besteht in der Unvorhersehbarkeit
der akuten Situation für das Kind.
Dem Kind kann ein ritualisierter Abschied von Bezugspersonen in der Kita und/oder Schule zur individuellen Gestaltung des Übergangs nicht ermöglicht werden. Übergänge zwischen verschiedenen Lebensphasen stellen wesentliche Entwicklungsaufgaben und Herausforderungen an
die betreffenden Menschen, die potenzielle Risiken in sich tragen und durch Kita und/oder Schule
individuell und/oder ritualisiert zu begleiten sind.
Eine pädagogische Übergangsbegleitung, ausgerichtet auf die Vorbereitung des Kindes auf die darauf folgenden Prozesse, ist allerdings nicht möglich.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es hierzu Nachfragen? - Das ist nicht der Fall. - Danke schön,
Herr Rosenthal.
Die Anfrage unter 16.9 wird schriftlich beantwortet, die Anfrage unter 16.10 war zurückgezogen.
16.11 Milieuschutzsatzung (VI-F-05457)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Kollegin Dubrau, bitte.
Bürgermeisterin Dubrau: Zur Frage 1. Zielstellung ist die Vorlage eines Entscheidungsvorschlags im Sommer 2018.
Zur Frage 2 will ich Ihnen kurz die bisherigen und
die laufenden Arbeitsbausteine darstellen:
Arbeitsbeginn war im Frühjahr 2017, und zwar zu
dem Zeitpunkt, als das erste pilothafte Grobscreening zur Identifizierung möglicher Verdachtsgebiete im Leipziger Osten durchgeführt wurde. Dieses pilothafte Verfahren wird erst nach Abschluss
des Arbeitsbausteins 2 und einer darauf folgenden Entscheidung für den Einsatz von sozialen
Erhaltungssatzungen gemäß § 172 Absatz 1
Satz 1 Nummer 2 Baugesetzbuch in Leipzig fortgesetzt werden.
Der Arbeitsbaustein 2 umfasst eine Analyse zur
Bewertung des städtebaulichen Instruments der
sozialen Erhaltungssatzung und zur Identifizierung potenzieller Stadträume auf Ebene der Gesamtstadt mit dem Ziel der Erarbeitung einer Entscheidungsgrundlage zur zukünftigen Relevanz
und zum Einsatz sozialer Erhaltungssatzungen in
der Stadt Leipzig.
Zur Methodik: Dazu wurden ausgeführt:
Erstens: eine Recherche in Städten mit aktiven
sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172, und
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
zwar hinsichtlich der Analyse nach Aufwand für
den Personal- und Finanzeinsatz, insbesondere
bei Genehmigungsverfahren, Beratungsgesprächen und Ausübung des Vorkaufsrechts, der Analyse indikationsbasierter Ermittlungen von Gebieten, der notwendigen Strukturen für die Vorbereitung, Umsetzung und vor allem für die Kontrolle,
zu Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt, der
Effektivität des Instruments und der Kosten-Nutzen-Analyse.
Zweitens: eine datenbasierte Analyse von Verdachtsgebieten in Leipzig auf gesamtstädtischer
Ebene.
Drittens: die Darstellung eines möglichen Verfahrens für die Implementierung und den Einsatz sozialer Erhaltungssatzungen in der Stadt.
Viertens: die Abschätzung des Personalbedarfs
und der Strukturanforderungen für die Stadt.
Zur Frage 3. Dies wird sich im Ergebnis der datenbasierten Analyse von Verdachtsgebieten der
Stadt Leipzig ergeben und dann auch im Ausschuss berichtet werden.
Zur Frage 4. Die Aufstellung und das Verfahren
einer Milieuschutzsatzung umfassen folgende Arbeitsschritte:
Schritt 1: die Entscheidungsfindung,
Grobscreening und die Ableitung.
S e i t e | 47
einer solchen Milieuschutzsatzung entgegenzutreten. Sehen Sie Möglichkeiten, den Prozess zu
beschleunigen und diesen Satzungserlass nicht
erst im Dezember 2019 und damit nach der Wahl
eines neuen Stadtrats einzubringen?
Bürgermeisterin Dubrau: Milieuschutz gehört zu
den Themen, wo man erst tätig werden kann,
wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.
Man kann das nicht im Vorhinein machen, aus der
Ahnung heraus, dass es dort problematisch werden könnte. Man kann das auch nicht aufgrund
von Einzelfällen machen; stadtweit gesehen sind
es noch Einzelfälle. Solche Vorfälle müssen tatsächlich in Größenordnung nachweisbar sein.
Wenn dem so ist, müssen sie gutachterlich ermittelt und ausgewertet werden. Nur dann hat man
die Chance, tatsächlich tätig zu werden.
Insofern halte ich Einschätzung, dass dieser Prozess ungefähr zwei Jahre dauern wird, die ich
auch schon im Ausschuss getroffen habe, weiterhin aufrecht. Ich gehe nicht davon aus, dass die
Möglichkeit eines Satzungsbeschlusses schon
vorher gegeben ist.
Oberbürgermeister Jung: Herr Elschner.
das
Schritt 2: die Vorbereitung und Plausibilisierung,
das Detailscreening für die Verdachtsgebiete und
ein umfängliches Gutachten. - Das ist ganz wichtig; denn wenn kein aussagekräftiges Gutachten
vorliegt, ist die Gefahr sehr groß, dass das ausgehebelt werden kann.
Schritt 3: der Satzungsbeschluss und die Vorbereitung des Aufstellungsbeschlusses.
Schritt 4: der Satzungserlass.
Schritt 5: der Vollzug der Erhaltungssatzung.
Oberbürgermeister Jung: Bitte schön, Herr Weber.
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Das Wohnungspolitische Konzept sieht ja dieses Tool quasi schon
mit vor, nämlich das prüfen zu wollen. Jetzt ist die
Voruntersuchung vom August/September 2017
abgeschlossen. Was mich ein Stück weit verwundert, ist, dass der Satzungserlass erst für den Dezember 2019 terminiert ist, wie Sie gerade sagten.
Das ist noch sehr weit hin, und das trotz dieser
sehr langen Vorlaufzeit. In Leipzig findet aktuell
eine ganze Reihe von Entmietungen statt, wo es
hilfreich wäre, den Auswüchsen des Marktes mit
Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen):
Wenn eine Kommune sich auf die Milieuschutzsatzung beruft und auch Gespräche mit dem
Hauseigentümer scheitern bzw. zu keinem guten
Ergebnis führen, bleibt im Grunde nur die Durchsetzung mittels der Ausübung eines Vorkaufsrechts. Vor diesem Hintergrund frage ich: Von welchen Beträgen müssen wir in etwa ausgehen,
wenn wir dem Erlass einer Milieuschutzsatzung in
Leipzig, nachdem sie für bestimmte Gebiete geprüft und bejaht wurde, zustimmen? Wenn man
zum Beispiel Berlin oder andere Städte in den
Blick nimmt: Von welchen Beträgen müssen wir
ausgehen, damit sie tatsächlich ein realistisches
Druckmittel ist?
Bürgermeisterin Dubrau: Wir haben einen sehr
intensiven Erfahrungsaustausch mit anderen
Städten geführt. In den meisten Städten kommt es
gar nicht bis zur Durchsetzung mittels Ausübung
des Vorkaufsrechts, sondern kann im Normalfall
schon mit der Androhung eines solchen Verfahrens eine entsprechende Einigung erzielt werden.
Mir ist jetzt nur ein Fall aus Berlin-Kreuzberg bekannt, wo es tatsächlich zur Durchsetzung kam.
Es liegt auch in unserem Interesse, den Hauseigentümer zuerst zu warnen und dann zu versuchen, eine Abwendungsvereinbarung mit ihm
auszuhandeln. Man muss aber davon ausgehen,
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
dass für den Kauf von Objekten in überschaubarer Größenordnung - es sind vielleicht ein oder
zwei - Geld vorgehalten werden muss. Ansonsten
wäre das ganze Verfahren letztlich illusorisch.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schlegel.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ist Ihnen bekannt, dass beim Bürgerforum,
das vor reichlich 14 Tagen in Neustadt-Neuschönefeld stattgefunden hat, solche Beispiele zuhauf
angeführt wurden, nämlich dass es durch die Vielzahl von Gebäudesanierungen mit umfangreicher
Rekonstruktion dazu kommt?
Bürgermeisterin Dubrau: Im Moment findet ja
das Grobscreening für die Gesamtstadt statt, um
zu ermitteln: Gibt es tatsächlich Gebiete, in denen
diese Grenze schon erreicht ist, um ein Gutachterverfahren starten zu können? Wir müssen zunächst das Ergebnis dieses Grobscreening abwarten. Dann werden wir auch im Ausschuss berichten - Frau Will war ja schon in der letzten Sitzung da -, welche Gebiete ausgewählt und von
unserer Seite vorgeschlagen werden können.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schlegel.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Wäre es denkbar, dass Frau Hochtritt, die als Vertreterin des
ASW daran teilgenommen hat, aus ihren Erfahrungen und von den Beispielen, die dort genannt
worden sind, berichtet?
Bürgermeisterin Dubrau: Das kann man sicher
machen.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Ich denke, das
muss dort auch mit einfließen. Wir haben das Gefühl, dass das ein Quartier ist, in dem sich genau
dieser Prozess gerade vollzieht.
Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank, Frau
Dubrau.
16.12 Polizei in Bus und Bahn (VI-F-05459)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Bitte, Kollege Rosenthal.
S e i t e | 48
Bürgermeister Rosenthal: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Zur ersten Frage. Eine generelle Kriminalitätsstatistik kann durch die LVB nicht erhoben
werden. Allerdings wurden uns von der LVB folgende Daten zu körperlichen bzw. tätlichen Übergriffen auf Dienstpersonal übermittelt: 2015: Fahrdienst 13, Fahrausweisprüfer 6, Verkehrsaufsicht
2, gesamt 21. 2016: Fahrdienst 19, Fahrausweisprüfer 11, Verkehrsaufsicht 1, gesamt: 31. 2017:
Fahrdienst 19, Fahrausweisprüfer 11, Verkehrsaufsicht 0, gesamt 30.
Zur zweiten Frage. Nach Auskunft der PD Leipzig
werden auf der Grundlage der Kooperationsvereinbarung zur Verfügung stehende Beamte gemäß der jeweiligen konkreten Sicherheitslage in
Bussen und Bahnen eingesetzt.
Zur dritten Frage. Die Kooperationsvereinbarung
schließt die folgenden Themenschwerpunkte der
Zusammenarbeit ein: Öffentlichkeitsarbeit, Prävention, Sicherheit im Bus- und Bahnbetrieb,
Fahrausweisprüfung, regionales Lagebild, Polizei
und Sächsische Sicherheitswacht in Verkehrsmitteln, Bus und Straßenbahn in der Selbsterfahrung, Zusammenarbeit in Projekten, Zusammenarbeit mit dem Fachdienst Prävention.
Zur vierten Frage. Mit der flächendeckenden Videoüberwachung in den Fahrzeugen bestehen
zum Beispiel bereits wirksame Präventivmaßnahmen. Für die Fahrer und Fahrerinnen stehen außerdem verschiedene Möglichkeiten einer schnellen Kontaktaufnahme mit der Leitstelle der LVB
zur Verfügung. So kann in Sekundenschnelle reagiert und geholfen werden.
Für das Fahrpersonal und die Beschäftigten der
Fahrausweisprüfung werden regelmäßig Schulungen, zum Beispiel zur Deeskalation von Konfliktsituationen, angeboten. Seit November 2017
findet ein strukturierter und stufig aufgebauter Diskussionsprozess mit den vorweg genannten Beschäftigtengruppen zum Thema „Sicherheit im
Dienst“ statt. Aktuell wird in enger Zusammenarbeit mit den Betriebsräten des Unternehmens
eine Beschäftigtenbefragung zu diesem Thema
vorbereitet und zeitnah umgesetzt. Anschließend
werden auf der Basis der dann vorliegenden Erkenntnisse weitere wirksame Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit abgeleitet und umgesetzt.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es dazu Nachfragen? - Das ist nicht der Fall. - Herzlichen Dank,
Herr Rosenthal.
Damit schließe ich die Fragestunde. Die übrigen
Fragen werden schriftlich beantwortet.
Wir fahren in der Tagesordnung fort mit Tagesordnungspunkt 18:
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
18
Spenden, Schenkungen und ähnliche
Zuwendungen
18.1 Entscheidung über die Annahme von
Spenden, Schenkungen der Stadt
Leipzig und ähnliche Zuwendungen gem.
§ 73 (5) SächsGemO bis Dezember 2017
(VI-DS-05297)
Einreicher: Dezernat Finanzen
Wird das Wort dazu gewünscht? - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
S e i t e | 49
men, 18 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen. Damit ist Herr Bonew als erster Vertreter des Oberbürgermeisters bestätigt.
Herzlichen Glückwunsch, Herr Bonew! Auf weitere gute Zusammenarbeit!
Wir kommen nun zum Beschlusspunkt 2 der Vorlage. Ich bitte Sie um Ihr Handzeichen, wenn Sie
gegen diesen Beschlussvorschlag stimmen? Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
Abstimmung: Dann ist Beschlusspunkt 2 ebenfalls einstimmig beschlossen.
19
19.4
Vorlagen I
19.2 Neubestellung eines Geschäftsführers
der Abfall-Logistik Leipzig GmbH (ALL)
und der Abfallverwertung Leipzig GmbH
(AVL) (VI-DS-05323)
Einreicher: Oberbürgermeister
Klare Vorvoten im Verwaltungsausschuss. - Wird
das Wort gewünscht? - Können wir offen abstimmen? - Dann bitte ich um Ihr Handzeichen. Wer
stimmt dem vorliegenden Beschlussvorschlag
zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Das ist einstimmig. Das freut mich
sehr.
19.3 Vertretung des Oberbürgermeisters gemäß § 55 Abs. 4 SächsGemO (VI-DS04414)
Einreicher: Oberbürgermeister
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat geheime
Abstimmung beantragt, weil es sich um eine Bürgermeister-Personalangelegenheit handelt, was
für Punkt 1 der Vorlage zutreffend ist. - Wird das
Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Dann bitte ich Sie, wie üblich auf der rechten und
linken Seite des Sitzungssaals Ihren Stimmzettel
in Empfang zu nehmen, Ihr Votum zu kennzeichnen und den Stimmzettel dann in die Urnen einzuwerfen.
Ich schließe den Wahlvorgang. Die Stimmen werden jetzt ausgezählt. Bis zur Bekanntgabe des
Wahlergebnisses ist die Sitzung unterbrochen.
(Unterbrechung)
Oberbürgermeister Jung: Meine Damen und
Herren, die Sitzung wird fortgesetzt.
Ich gebe Ihnen das Ergebnis der Wahl zum 1. Beigeordneten bekannt: Anwesend 60 Stimmberechtigte, abgegebene Stimmen 60, gültige Stimmen
60. Auf Herrn Torsten Bonew entfielen 36 Ja-Stim-
Überplanmäßige Aufwendungen nach
§ 78 SächsGemO in Anlehnung an § 79
Abs. 1 SächsGemO für die Kinder- und
Jugendförderung und Zuschüsse für
Vereine und Verbände im Sozial- und
Gesundheitsamt (A-05422 und A-05423)
(VI-DS-05434)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
19.4.1 Nachtragshaushalt 2018 - Finanzierung
von Leistungsangeboten von Trägern
der freien Jugendhilfe (unter VI-DS05108-ÄA-01 in RV am 31.01.2018 ins
Verfahren verwiesen) (VI-A-05422)
Einreicher: Mitglieder des Jugendhilfeausschusses
19.4.2 Nachtragshaushalt 2018 - Zuschüsse
an Vereine und Verbände im Ergebnishaushalt (unter VI-DS-05108-ÄA-14 in
RV am 31.01.2018 ins Verfahren verwiesen) (VI-A-05423)
Einreicher: Stadträte S. Pellmann, K. Albrecht, J. Heller, M. Hollick, Dr. A. Bednarsky,
U. Köhler-Siegel,
Ch. Kriegel,
K. Krefft,
F. Moritz, N.-P. Witte
19.4.3 Nachtragshaushalt 2018 - Vereine und
Verbände im Bereich des Sozialamts
fördern (unter VI-DS-05108-ÄA-05 in RV
am 31.01.2018 ins Verfahren verwiesen)
(VI-A-05425)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Ich hatte Ihnen versprochen, dass wir eine Vorlage zu diesen Anträgen bis zur nächsten Sitzung
erarbeiten werden, damit sie positiv aufgenommen werden.
Gibt es dazu aus Ihrer Mitte noch Hinweise? - Herr
Walther.
Stadtrat Walther (SPD): Verehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Ich begrüße auch die Delegation der Jungen Liberalen auf der Besuchertribüne. Dieser Vorlage ist eine lange Geschichte
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
vorausgegangen, und sie ist nicht zuletzt das Resultat jener zwei Anträge zum Nachtragshaushalt,
die wir in der letzten Sitzung ins reguläre Verfahren verwiesen hatten. Dass alle Beschlusspunkte
beider Anträge in der Vorlage abgebildet sind,
zeigt uns, dass die Stadtverwaltung die aufgeworfenen Problematiken sehr ernst genommen hat.
Nicht weniger, Herr Oberbürgermeister, haben wir
von Ihnen erwartet. Aber es freut uns sehr.
Nach den vielen Diskussionen zu Richtlinien, Fördermitteln und Möglichkeiten zur Verstärkung des
bürgerschaftlichen Engagements in unserer Stadt
ist es nur folgerichtig, dass wir die Arbeit einiger
haupt- und sehr vieler ehrenamtlich Tätiger in den
Zuständigkeitsbereichen des Sozial- und des Gesundheitsamtes künftig besser unterstützen.
Diese Leistungen sind zwar nicht pflichtig, aber
sie sind wichtig.
In jeder geförderten Personalstelle in den Vereinen und Verbänden steckt zu einem gewissen
Maß ein Ehrenamt. Aber man kann - ich denke,
das sehen wir alle so - heute niemandem mehr
erklären, warum ein Angestellter mit zwei Magisterabschlüssen monatlich nur knapp über 1.000
Euro verdient, nur weil er in der Sozialfürsorge tätig ist. Schon um der Qualität ebendieser Arbeit
willen sind die 250.000 Euro im Bereich des Sozial- und Gesundheitsamts hier gut angelegtes
Geld. Dabei geht meine Fraktion davon aus, dass
sich die in Beschlusspunkt 3 genannten Personalaufwendungen bei freien Trägern auf alle Vereine
und Verbände beziehen, die nach der Richtlinie
des Sozialamtes förderfähig sind.
Dennoch schließt sich zumindest für den Bereich
der Jugendhilfe mit dieser Vorlage ein Kreis, an
dessen Beginn und Ende die Stadtverwaltung
steht. Es ist bedauerlich, dass durch einen Übertragungsfehler in den Berechnungstabellen für
unseren Jugendhilfeausschuss verwaltungsseitig
ein Fördervorschlag formuliert wurde, der um
400.000 Euro vom verfügbaren Budget abwich.
Nicht minder bedauerlich ist es, dass der Jugendhilfeausschuss diesen Fehler nicht rechtzeitig bemerkte, sodass sich auch dieser - und das
schließt mich zur Person ein - ein wenig Asche auf
das eigene Haupt streuen muss.
Am Ende des teilweise zähen Ringens im Jugendhilfeausschuss um einen gangbaren Weg haben
sich freie Träger und Fraktionsvertreter schließlich auf das verständigt, was nun auch Verwaltungsvorschlag ist: 400.000 Euro zusätzlich für
die Jugendhilfe, davon aber aus nicht ausgeschöpften Mitteln über 100.000 Euro aus dem
Eckwert des Amtes und eine Deckungsquelle von
60.000 Euro für die zusätzlich notwendigen Mittel;
also durchaus ein Zeichen aus dem Jugendhilfeausschuss - darauf bin ich sehr stolz -, dass
man nicht einfach mehr fordert, sondern sich Gedanken macht, wie man es abbilden kann, und
S e i t e | 50
Rücksicht auf das nimmt, was die Kollegen in den
anderen Gremien beraten, die oft nicht in geringeren finanziellen Nöten stecken.
Nichtsdestotrotz - das sage ich für meine Person hätte ich mir gewünscht, dass insbesondere aufseiten der freien Träger und der Jugendhilfe, von
der oftmals viel Verständnis und mit konstanter
Regelmäßigkeit Gleichbehandlung eingefordert
wird, eine zusätzliche Mittelaufwendung von
400.000 Euro nicht als selbstverständlich betrachtet wird. Ich zur Person würde mich auch sehr
freuen, wenn hier und da bei der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten auch von dieser Seite
eine Kreativität entfaltet würde, die über den fordernden Blick zur öffentlichen Hand hinausgeht.
Herr Oberbürgermeister, verehrte Kolleginnen
und Kollegen, vor uns liegt ein fairer Vorschlag, in
dem sich die Ergebnisse der Arbeit der Stadträte
und der Stadtverwaltung vollumfänglich wiederfinden und mit dessen Beschlussfassung wir bürgerschaftliches Engagement in Leipzig stärken und
den Jugendlichen definitiv weiterhelfen. Meine
Fraktion wird der Vorlage zustimmen. - Vielen
Dank.
Oberbürgermeister Jung: Danke schön. - Frau
Krefft.
Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Ich
möchte mich kurz fassen. - Herr Walther, es war
vielleicht ein Freudscher Versprecher, als Sie sagten, die Anträge seien in das reguläre Verfahren
verwiesen worden. - Nein, das reguläre Verfahren
wäre gewesen, sie mit der Nachtragshaushaltssatzung zu beschließen. Richtig ist: Die Anträge
wurden in der letzten Sitzung ins Verfahren verwiesen.
Ich spreche jetzt zum Antrag zur Förderung von
Vereinen und Verbänden im Bereich des Sozialamts. Dazu hatten wir einen eigenen Antrag eingebracht, der auch schon im Sozialausschuss besprochen wurde. Herr Schmidt wird dann zum Antrag der Mitglieder des Jugendhilfeausschusses
ausführen.
Mir ist schon wichtig, hier noch einmal zu betonen,
warum in diesem Bereich Mehraufwendungen erforderlich sind. Wir reden über Mehraufwendungen an vielen Stellen im Sozialwesen. Wir haben
nicht so oft die Möglichkeit, an Vereine und Verbände im Bereich des Sozialamts mehr Mittel auszureichen. Es ist gut, dass Sie hier jetzt diesen
Vorschlag machen und da mitgehen. Diese Mittelerhöhungen sind nämlich dringend nötig. Wir
sind eine wachsende Stadt. Die Probleme wachsen in dem Maße, wie viele Menschen zu versorgen sind. Damit sollen bestimmte Innovationen er-
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
S e i t e | 51
möglicht werden. Die Träger sollen sich auch weiterentwickeln können. Sie sollen ihre Sachmittel
bekommen. Insbesondere sollen sie auch die Tariflohnerhöhungen mitmachen können.
die eigentlich bestimmten Projekten in der Jugendhilfe, wie Ersatzbeschaffung etc., zugutegekommen wären, jetzt aber nicht mehr zur Verfügung stehen.
Das Problem, das sich nach Beschlussfassung
des letzten Haushaltes - es wurden 100.000 Euro
mehr in diesen Bereich eingestellt - gezeigt hat,
war, dass das Sozialamt keine gerechte Verteilung realisieren konnte. Mit dieser Mittelerhöhung
kann das nun erreicht werden, und das ist auch
gut so. Wir haben an der Stelle belegen können,
dass es nötig ist, diese Mittel einzustellen, damit
Tariflohnanpassungen auch tatsächlich vorgenommen werden.
Das war ein Fehler der Verwaltung. Fehler können
passieren. Ich bin der Letzte, der einzelne Personen dafür kritisieren würde. So etwas kann passieren, wenn man an bestimmten Stellen überfordert ist. Möglicherweise sind auch Umstrukturierungen daran schuld. Wir sind nicht bis ins Detail
vorgedrungen, was genau das Problem war. Das
spielt jetzt auch keine Rolle mehr. Wenn die Verwaltung einen Fehler macht, hat die Verwaltung
das von sich aus auszubessern. An der Stelle sind
es aber die Träger, die hier mindestens 60.000
Euro für die Deckung aus dem Geld, das ihnen
eigentlich nach der Verteilung zusteht, beisteuern.
Überraschend finde ich die Deckungsquelle. Sie
hätten schon in der letzten Ratsversammlung sagen können, dass diese Deckungsquelle zur Verfügung steht. Dann hätten wir nicht noch eine
Runde drehen müssen, sondern es schon im Januar beschließen können. Damit hätten wir Zeit
gespart, insbesondere auch deshalb, weil den
freien Trägern in den Monaten Januar und Februar nur Abschläge gezahlt wurden, sie also zwei
Monate lang das Nachsehen hatten.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schmidt.
Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Ich
hatte nicht unbedingt vor, explizit zur Vorlage zu
reden, muss es jetzt aber doch tun. Ihre Ausführungen, Herr Walther, haben mich schon ein Stück
weit schockiert; das muss ich so deutlich sagen.
Es gab nicht viel in Ihrer Rede, was ich selbst mitunterschreiben würde. Richtig ist: Es war ein Fehler der Verwaltung. Mir wäre es am liebsten gewesen - ich glaube, das geht uns allen so -, wenn die
Verwaltung diesen Fehler selbst geheilt hätte. Das
ging nach Aussagen der Verwaltung nicht, weil
der Fehler erst im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Nachtragshaushalts entdeckt
wurde.
Wir haben im Ausschuss auch explizit die Frage
gestellt, ob es möglich sei, das mit einer verwaltungsinternen Veränderung doch noch nach Veröffentlichung des Nachtragshaushalts zu heilen.
Darauf haben wir bis heute keine Antwort bekommen, obwohl wir es zweimal eingefordert haben.
Am Ende ist im Jugendhilfeausschuss ein Kompromiss entstanden, auf den Sie stolz sind. Für
mich hat er einen ganz bitteren Beigeschmack;
das wissen Sie auch. Wir haben insbesondere die
SPD zu diesem Kompromiss, wenn man den so
nennen will, tragen müssen; auch das wissen Sie.
Der Grund für den bitteren Beigeschmack ist: Wir
steuern als Jugendhilfeausschuss selbst 60.000
Euro aus den erwartbaren Rücklaufgeldern bei,
Und da stellen Sie sich hier vorne hin und kritisieren die freien Träger und fordern von ihnen mehr
Dankbarkeit ein. - Sie haben es zumindest so dargestellt, als würden sie gewinnoptimierend oder
gewinnmaximierend arbeiten, sie würden immer
nur die Hand aufhalten, sie würden immer nur
Forderungen an die Verwaltung stellen, aber
selbst nichts im Sinne des Gemeinwohls machen. - Gut, ganz so hart war es vielleicht nicht.
Aber es war schon ein gewisser Zungenschlag
dabei. Sie können das gerne noch einmal im Protokoll nachlesen. Das, was Sie gesagt haben,
kann ich nicht unterstützen. Das verurteile ich an
der Stelle auch. Das muss ich so deutlich sagen.
Jetzt liegt ein Kompromiss auf dem Tisch. Die Anträge kommen ja heute nicht zur Abstimmung,
sondern nur die Vorlage, wenn ich es richtig verstanden habe. - Herr Oberbürgermeister, es ist
mir wichtig, dass Sie an der Stelle aufmerksam
zuhören. Das war nicht böse gemeint. - Wir haben
im Jugendhilfeausschuss eine Kompromissformulierung gefunden. Wichtig ist der letzte Satz in
der Begründung, der da lautet:
Der neue (erhöhte) Ansatz muss in der
Konsequenz auch als Planungsgrundlage für eine dann folgende Dynamisierung für den nächsten Doppelhaushalt
dienen.
Das hat den Hintergrund, dass wir damals genau
mit den uns zur Verfügung gestellten Fördermitteln hantiert haben. Deren Höhe ist uns von der
Verwaltung zugearbeitet worden, und zwar nach
unserer Zielstellung: Wir wollen keine Kürzungen,
sondern wir wollen an bestimmten Stellen die Angebote ein Stück weit ausbauen bzw. Kostensteigerungen mitfinanzieren.
Um nicht plötzlich vor der Situation zu stehen,
dass unser Etat im nächsten Doppelhaushalt um
400.000 Euro gekürzt wird, weil wir angeblich
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
fälschlicherweise zu viel Geld zur Verfügung gestellt bekommen haben, ist dieser Satz in den Beschlussvorschlag aufgenommen worden. Das war
ein Kompromiss aller Fraktionen, die im Jugendhilfeausschuss vertreten sind, den auch die freien
Träger mitgetragen haben. Das ist auch wichtig
für Sie, Herr Bonew, im Hinblick auf die Planungsansätze für den nächsten Doppelhaushalt. Da dieser Antrag heute nicht beschlossen wird, bitte ich
das zumindest verwaltungsseitig intensiv zur
Kenntnis zu nehmen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Nur damit ich das genau weiß: Es geht um den Satz auf Seite 2: Der
neue (erhöhte) Ansatz muss usw. - Das müssen
wir wohl so machen. Alles andere wäre ja eine
Kürzung. - D’accord! Wir nehmen die Formulierung so zu Protokoll:
Der neue (erhöhte) Ansatz muss in der
Konsequenz auch als Planungsgrundlage für eine dann folgende Dynamisierung für den nächsten Doppelhaushalt
dienen.
Wie wir dynamisieren, müssen wir dann miteinander aushandeln.
Herr Albrecht hatte sich noch zu Wort gemeldet.
Stadtrat Albrecht (CDU): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren! Liebe Gäste! Wir reden über zwei Dinge:
zum einen über den Antrag der Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, zum anderen über den
Antrag der Grünen zur Förderung von Vereinen
und Verbänden im Bereich des Sozialamts. Zu
Letzterem haben Sie gesprochen, Frau Krefft, und
haben folgende Formulierung verwendet: Wir haben hier mal die Möglichkeit, Geld auszugeben. Dieser Haltung möchte ich entschieden entgegentreten. Es geht überhaupt nicht darum, im Bereich des Sozialamts mehr Geld auszugeben.
Meine Damen und Herren, es muss unser Ziel
sein, dass weniger Menschen in dieser Stadt auf
Sozialhilfe angewiesen sind und wir das Kostencontrolling auf den Tisch bekommen.
Des Weiteren haben Sie gesagt, damit könnten
die Tarife erhöht werden. Darum geht es hier aber
nicht. Es geht darum, dass es Menschen gibt, die
weit unter Tarif arbeiten. Dieses Geld muss genau
bei diesen Menschen landen. Ja, wir brauchen Tarifanpassungen, aber darüber muss in Zusammenhang mit dem nächsten Haushalt diskutiert
werden.
Oberbürgermeister Jung: Frau Krefft.
S e i t e | 52
Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Herr
Albrecht, Sie haben recht: Ich habe mich ein bisschen oberflächlich ausgedrückt. Das tut mir leid.
Ich wollte hier zum Ausdruck bringen, dass die
Bedarfe, die es im Sozialbereich gibt und die immer wieder an uns herangetragen werden, jetzt
tatsächlich bedient werden können. Die Bedarfe
sind da, die Angebote sind da, sie müssen ausfinanziert werden. Wir sind jetzt in einer Situation,
in der wir dafür Geld ausgeben können, nachdem
wir jahrelang darüber sprechen mussten, dass wir
eben nicht mehr Geld dafür aufwenden können.
Ich habe das sehr verkürzt und sehr oberflächlich
ausgedrückt. Das tut mir leid. Ich wollte auch kein
Missverständnis hervorrufen.
Zu dem anderen Punkt. Tatsächlich geht es um
Tarifanpassungen in Annäherung an den Tarif des
öffentlichen Dienstes. Das ist im Verwaltungsvorschlag ordentlich ausformuliert. Ich habe auch
das nur sehr oberflächlich zusammengefasst. Tut
mir leid! Ich werde mich demnächst auf meine Redebeiträge besser vorbereiten. Aber ich denke,
die Botschaft ist klar: Wir können und wir müssen
dem Sozialbereich mehr Aufmerksamkeit schenken, und wir müssen frühzeitig die Probleme
durch gute Angebote eindämmen, damit sie nicht
zu größeren Problemen werden, die für unsere
Stadt und das soziale Gefüge in der Stadt nachteilig wären. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Pellmann.
Stadtrat Pellmann (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Verehrte Beigeordnete! Ich bin ein bisschen überrascht über die Debatte, die wir jetzt, zu
vorgerückter Stunde, zu diesem Thema führen.
Wir hatten uns im Vorfeld interfraktionell auf ein
anderes Vorgehen verständigt.
Zum einen hatten wir uns im Bereich Jugendhilfe
darauf verständigt, zu sagen: Die Verwaltung ist
tatsächlich nicht ganz unschuldig daran, dass
man hier noch einmal nachlegen muss. Die Kolleginnen und Kollegen insbesondere aus dem Jugendhilfeausschuss haben gemeinsam mit der
Verwaltung nach einer Lösung gesucht und einen
Kompromiss erarbeitet, der in der Konsequenz
eben nicht dazu führt, dass Einrichtungen geschlossen oder Projekte vorzeitig beendet werden
müssen bzw. nicht weiter fortgesetzt werden können. Von daher hatte ich gedacht, wir würden den
Konsens, den wir in den Ausschüssen gefunden
haben, hier heute fortführen.
Zum anderen hatten wir uns auch zum Sozialamtsbereich verständigt. Nach der Förderrunde
bin ich auf die Kolleginnen und Kollegen zugegangen und habe gesagt: Ich glaube, wir brauchen
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
hier deutlich mehr Mittel. - Da bin ich, lieber Sebastian, gerade von deiner Fraktion zunächst belächelt worden. Es wurde angezweifelt, ob das
denn nötig sei, und vorgeschlagen, das erst mit
dem nächsten Doppelhaushalt zu beraten. Wir
haben uns dann zu einem Kompromiss durchgerungen und diesen der Verwaltung vorgelegt. Die
Verwaltung hat ihn ins Verfahren übernommen
und uns heute eine dementsprechende Vorlage
vorgelegt. Daher bin ich davon ausgegangen,
dass wir uns diese Debatte jetzt ein Stück weit
sparen können.
Nun habt ihr mich dazu genötigt, sie dennoch zu
führen. Ich will zumindest auf den Sozialamtsbereich kurz eingehen, weil ich an einer Lösung für
diesen Bereich mitgearbeitet habe. Ich bin insbesondere der Amtsleiterin des Sozialamts, Frau
Kador-Probst, sehr dankbar - das will ich an der
Stelle deutlich sagen -, dass sie mit den Mitteln,
die der Stadtrat ihr für das derzeitige Förderverfahren zunächst zur Verfügung gestellt hatte, so
umgegangen ist, dass die Mindestforderungen,
die wir als Politik gestellt haben, erfüllt wurden.
Hier denke ich insbesondere an kleine Vereine,
die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weit unter Tarif bezahlt haben - roundabout 40 Prozent
unterhalb der Gehälter nach TVöD -, was auch zu
Abwerbungen in Richtung öffentlicher Dienst geführt hat, was wiederum zur Schwächung von Trägern im Sozialamtsbereich beigetragen hat. Es ist
insbesondere in der ersten Runde gelungen, auch
kleine Vereine zu bedienen und ein Stück weit Gerechtigkeit herzustellen. Katharina, seien wir doch
ehrlich! Hätten wir gefordert: „Alle freien Träger
sollen in Richtung TVöD geführt werden“, hätten
wir hier eine Summe von roundabout 700.000 bis
800.000 Euro nachträglich bewilligen müssen.
Dazu haben wir in der Kompromissfindung gesagt: Das ist unrealistisch. Lasst uns eine realistische, darstellbare Größenordnung finden, mit der
wir das deutlich spürbar abfedern können.
Herr Oberbürgermeister, ich bin gespannt auf den
Entwurf des nächsten Doppelhaushalts. Damit wir
bestimmte Debatten, insbesondere über die Förderung von Vereinen und Verbänden im Bereich
des Sozialamts, dann nicht erneut führen müssen,
muss von der Verwaltung ein entsprechender Vorschlag kommen. Meine Fraktion wird heute mit
deutlicher Mehrheit der Vorlage zustimmen. Danke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker.
Stadtrat Zenker (SPD): Ich gehöre zu denjenigen, die noch etwas sagen müssen, obwohl sie
gar nichts dazu sagen wollten. Aber ich muss jetzt
doch noch einiges richtigstellen. Herr Pellmann,
meine Fraktion hat nie gesagt, dass wir das erst
S e i t e | 53
im Rahmen der Haushaltsverhandlungen beraten
wollen. Wir hatten lediglich ein Problem damit,
das im Rahmen der Beratungen des Nachtrags
zum Doppelhaushalt zu machen, nicht mehr und
nicht weniger.
Ich freue mich, dass zu beiden Anträgen heute die
Verwaltungsvorlage vorliegt. Sie, Herr Pellmann,
haben eben zum Antrag betreffend den Sozialbereich sehr gut ausgeführt. Ich glaube, im Jugendhilfebereich ist es auch nicht anders. Auch dort
gibt es Mitarbeiter, deren Gehälter 50 Prozent und
mehr unter denen des TVöD liegen. Diese müssen wir dringend anpassen. Herr Schmidt, an der
Stelle will ich auch noch einmal klarstellen, dass
wir als Fraktion die Arbeit der freien Träger im Bereich der Jugendhilfe in großem Maße wertschätzen.
Oberbürgermeister Jung: Frau Witte.
Stadträtin Witte (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Liebe Besucher! Wir reden hier
über eine gute und sehr wichtige Vorlage. Aber wir
müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass
wir das, was wir jetzt beschließen, nur ein Tropfen
auf den heißen Stein ist.
Allein im Bereich des Sozialamtes müssen wir von
einem Fehlbedarf von 800.000 bis 1 Million Euro
ausgehen, um diesen Bereich auskömmlich zu finanzieren. Die jetzt zu beschließenden Fördermittel sollen auch kleinere Träger in die Lage versetzen, ihren Mitarbeitern Gehälter zu zahlen, die
sich dem TVöD annähern. Neben dem Problem,
dass kleine Träger ihren Mitarbeitern bisher nur
40 bis 50 Prozent des Tarifs zahlen konnten, sollten wir allerdings auch hinterfragen, in welcher
Qualität die Leistung erbracht werden kann angesichts einer solchen Bezahlung. Darauf sollten wir
in Zukunft ein stärkeres Augenmerk legen, also
nicht auf das Geld, sondern auch auf die Qualität
der Leistungen zu schauen.
Ich habe dazu einen Antrag ins Verfahren gebracht - im Moment arbeite ich ihn noch einmal
um -, der darauf abzielt, dass wir zu einem Modus
Vivendi kommen müssen, wo nicht nur das Geld
stimmt, sondern auch auf die Qualität geachtet
wird, wo Maßnahmen auch mal hinterfragt werden, sodass wir unseren Bürgern, die zum Teil
dringend auf solche Leistungen angewiesen sind,
nicht nur ein auskömmliches Angebot, sondern
ein auskömmliches Angebot in entsprechender
Qualität anbieten können. Es bringt doch nichts,
wenn jemand, der ein großes Problem hat, mit
dem er selbst nicht fertig wird und deswegen eine
Beratungsstelle aufsucht, eine Wartezeit von
sechs Wochen oder einem Vierteljahr in Kauf neh-
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
men muss. Bis dahin hat sich das Problem so verfestigt, dass es schwierig wird, es zu lösen. Da
müssen wir unbedingt ran.
Wir müssen die Diskussion weiter führen. Wir
müssen das Prozedere verfeinern und dürfen
auch die Leistungen des Angebots nicht aus den
Augen lassen. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Ich schlage Ihnen folgendes Verfahren vor: Wir haben ja, wenn Sie so
wollen, unser übliches Geschäftsordnungsverfahren verlassen, indem wir mit einer Verwaltungsvorlage auf drei Anträge antworten. Wären Sie
einverstanden, dass wir den Verwaltungsstandpunkt als Verwaltungsvorlage jetzt beschließen
und damit die drei Anträge als erledigt betrachten? - Dann nehme ich das so zu Protokoll und
lasse jetzt über die Verwaltungsvorlage abstimmen.
Ich bitte um Ihre Stimme zur Vorlage 05434. - Ich
schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 57 - 0 - 0. Das ist einstimmig.
19.5 Entwidmung Grundstück und Gebäude
Potschkaustraße 50 als Teil des Sondervermögens der Stadt Leipzig für den
Eigenbetrieb
Städtisches
Klinikum
„St. Georg“ Leipzig (VI-DS-03680)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Frau Dr. Minde, herzlich willkommen!
Ich bitte Sie um eine Korrektur auf dem Beschlussdeckblatt, Beschlusspunkt 1. In der Tabelle muss es in der ersten Zeile, zweite Spalte,
heißen: Gemarkung Schönau. Bitte streichen Sie
„Schönefeld“ und ersetzen Sie „Gemarkung
Schönau“.
Klares Vorvotum. - Wird das Wort gewünscht? Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
19.6 Städtebaulicher Vertrag zur Planung und
Herstellung der straßenseitigen Erschließung, des Regenrückhaltebeckens
sowie der Maßnahmen zum Ausgleich
der nachteiligen Auswirkungen durch
die Aufstellung des B-Plans Nr. 236 „Radefelder Allee Südost“ (VI-DS-04848)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Klares Vorvotum. - Wird das Wort gewünscht? Zuerst der Ortschaftsrat. Frau Ziegler, bitte.
Ortsvorsteherin Ziegler: Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Verehrte Stadträtinnen und
S e i t e | 54
Stadträte! Liebe Besucher unserer heutigen Sitzung! Die Behandlung dieser städtebaulichen
Verträge durch den Ortschaftsrat war nicht vorgesehen. Das war aus unserer Sicht kein guter Beginn für das Jahr der Demokratie in Leipzig.
Schließlich haben wir uns dank unseres Eingemeindungsvertrages durchgesetzt. Das kann aus
unserer Sicht nicht sein; denn wenn die Stadtverwaltung es ernst meint mit der umfassenden Beteiligung an den Fragen, die die Stadtteile betreffen, hätte das rechtzeitig eingetaktet werden müssen. Erst nach dem massiven Hinweis auf die fehlende Behandlung des Ortschaftsrates erhielten
auch wir die Vorlage zur Behandlung.
Der Fachausschuss Umwelt und Ordnung hatte
die Vorlage schon in zweiter Lesung behandelt,
ohne dass ein Votum des Ortschaftsrats dafür vorlag. Auch das hätte in meinen Augen nicht passieren dürfen. Erst als die Vorlagen und der B-Plan
von der Tagesordnung der Ratsversammlung am
31.01.2018 genommen wurden, war der Weg frei
zur Behandlung und Beschlussfassung im Ortschaftsrat.
Der Ortschaftsrat hat ganz spezielle Punkte bei
der Ausgestaltung der Verträge nicht hinreichend
berücksichtigt gesehen. Um die gedrängte Beratungsfolge noch einhalten und eine Klärung herbeiführen zu können, machte der Ortschaftsrat
konkrete Änderungsvorschläge und zeigte Möglichkeiten auf, wie man sich auf eine Lösung einigen kann.
Nun zum städtebaulichen Vertrag selbst. Der
erste Beschlusspunkt befasst sich mit der straßenseitigen Erschließung und dem Regenrückhaltebecken. Hierzu haben wir Folgendes beschlossen:
Erstens. Es müssen eine Regelungsmöglichkeit
der Abflussmengen aus dem Regenrückhaltebecken bei Starkregenereignissen, die zu einem
Überlaufen des Heidegrabens in die Ortschaft
führen können, geschaffen sowie Handlungsabläufe gemeinsam mit Porsche vereinbart werden.
Zweitens. Eine Einbeziehung des Ortschaftsrats
in alle Verhandlungsstände für die weiteren Planungsabläufe und bei Änderungen durch die
Stadtverwaltung ist abzusichern. Schließlich werden in dem Gebiet 56 Hektar bestes Ackerland
der Landwirtschaft entzogen und zu 80 Prozent
versiegelt. Hinzu kommt, dass diese Gewerbefläche sich unmittelbar an die Ortschaft anschließt
und nur durch die B 6 und die S-Bahn getrennt ist.
Somit kommen also neue Lärmquellen, insbesondere auch aus dem Straßenverkehr, auf uns zu.
Wir konnten im direkten Kontakt mit den Fachleuten von Porsche eine Regelung treffen, die für Gefahrenlagen bei Stark- und Schlagregenereignis-
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
sen eine Drosselung der Einleitung des Oberflächenwassers in den Heidegraben ermöglicht. Das
Protokoll dazu wird gerade erstellt. Damit ist diese
Frage für uns geklärt.
Oberbürgermeister Jung: Ich bitte um Ruhe. Ich denke, dieser wichtige Vertrag verdient nicht
nur im Fachausschuss, sondern auch hier in der
Ratsversammlung gebührend Aufmerksamkeit
und ausreichend Zeit. - Bitte, Frau Ziegler.
Ortsvorsteherin Ziegler: So weit meine Ausführungen zu diesem Vertrag.
Oberbürgermeister Jung: Sie können gern zum
zweiten Vertrag weiter ausführen.
Ortsvorsteherin Ziegler: Gut. Das bietet sich an.
Ich habe das auch so vorbereitet.
Oberbürgermeister Jung: Dann rufe ich jetzt
auch Tagesordnungspunkt 19.7 auf:
19.7 Städtebaulicher Vertrag zur Umsetzung
der externen Kompensationsmaßnahmen zum Bebauungsplan Nr. 236 „Radefelder Allee Südost“ (VI-DS-03930-DS-01)
Einreicher: Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport
Bitte fahren Sie fort, Frau Ziegler.
Ortsvorsteherin Ziegler: Der zweite Vertrag befasst sich insbesondere mit den externen Ausgleichsflächen. Dort waren wir mit der Behandlung nicht einverstanden. Jahrelang hat man unseren Anwohnern versprochen, dass eine Fläche,
die ehemals für den Wohnungsbau vorgesehen
war, durch Anpflanzung von Wald eine zusätzliche
Abschirmung des Wohngebietes von der B 6 und
vom gegenüberliegenden Güterterminal erbringen soll. So ist es auch im Landschaftsplan festgelegt.
Ich habe schon des Öfteren darauf hingewiesen,
dass es unsere Intention ist, dass dieser grüne
Gürtel zum Schutz unserer Ortschaft umgesetzt
wird. Von uns zunächst unbemerkt ist diese Fläche jedoch im B-Plan 236 als extensive Ackerfläche mit Blühwiese und Lerchenfenster vorgesehen. Dies konnten wir nicht kampflos hinnehmen.
Auch die Anwohner waren mit dieser Lösung nicht
einverstanden. Zum Glück konnten wir dazu einen
Kompromiss finden, der eine 20 Meter breite Feldgehölzhecke als Sichtschutz für das Wohngebiet
vorsieht. Aus unserer Sicht keinesfalls optimal,
S e i t e | 55
aber so lassen sich die Anliegen gemeinsam verwirklichen.
Diese Pflanzungen sind aber nicht Teil des Ausgleichs und müssen daher zusätzlich finanziert
werden. Dafür bleibt nur das Nordraumkonzept
übrig. Die Kosten sind bisher nur geschätzt und
können sich auf einmalig 20.000 Euro für die
Pflanzung und 30.000 Euro für die Pflege über
20 Jahre belaufen. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung, dass diese Gelder im Rahmen der „Sofortmaßnahmen für 2019/2020“ zur Verfügung gestellt werden. Wir sind optimistisch, dass Sie als
Stadträtinnen und Stadträte diese Entscheidung
mittragen können.
Unser Beschluss zu diesem Punkt lautet - es wäre
sinnvoll, wenn er als Ergänzung zu Protokoll genommen werden kann -:
Der Ortschaftsrat stimmt der Vorlage
03920-DS-01, Städtebaulicher Vertrag
zur Umsetzung der externen Kompensationsmaßnahmen zum Bebauungsplan
Nr. 236 „Radefelder Allee Südost“, unter
folgenden Voraussetzungen zu:
Erstens. Es soll eine 20 Meter breite
Feldgehölzhecke auf der Ackerfläche
aus dem ehemaligen B-Plan E-79
„Wohngebiet Schulstraße“, Maßnahme
B.4 „Nördlich des Wohngebietes Stahmelner Höhe“, gepflanzt werden.
Zweitens. Der Ortschaftsrat beantragt
hiermit die Aufnahme dieser Maßnahme
in das Sofortprogramm des Nordraumkonzeptes für das Haushaltsjahr
2019/2020 einschließlich Folgekosten.
So weit von meiner Seite.
Oberbürgermeister Jung: Danke schön, Frau
Ziegler. - Ich habe hier Kritik aufgrund der langen
Redezeit gehört. Frau Ziegler hat hier zu zwei Vorlagen gesprochen. Dafür stand ihr eine Redezeit
von zehn Minuten zu, die sie nicht ausgeschöpft
hat.
Frau Ziegler, wir nehmen den von Ihnen vorgetragenen Beschlussvorschlag zu Protokoll, abgestimmt auch mit dem Dezernat Umwelt und Ordnung. Der Beschlussvorschlag wird zum Bestandteil der Vorlage, und zwar als Protokollnotiz; das
ist am Einfachsten.
Herr Schlegel.
Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen
und Herren Stadträte! Verehrte Zuhörer! Die
Linksfraktion wird den beiden städtebaulichen
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Verträgen mit den im Ortschaftsrat am 19. Februar und in den Fachausschüssen Stadtentwicklung und Bau sowie Umwelt und Ordnung diskutierten Maßgaben als Protokollnotiz zustimmen.
Wir haben allergrößten Respekt vor jenen Ortsteilen, die großflächige Industrieansiedlungen mit einer entsprechend großen Anzahl von Arbeitsplätzen im Umfeld ermöglichen, wie eben Lützschena-Stahmeln, und diese nicht zu verhindern
suchen. Von den Arbeitsplätzen profitiert durch
die gute Verkehrsanbindung die ganze Region
Mitteldeutschland, wie Autoschilder dort zeigen.
Es wird angenommen, dass nur rund ein Viertel
der Beschäftigten direkt in Leipzig wohnt. Ein weiteres Viertel wohnt in Halle und dem direkten Umfeld. Je ein Viertel kommt aus Westsachsen sowie
aus dem südlichen Sachsen-Anhalt bzw. sogar
aus Ostthüringen.
Deshalb ist es wichtig, dass berechtigte Interessen der Anwohner in besonderem Maße Berücksichtigung finden. Die Forderungen der Bewohner
aus dem Nordraum, Kompensationsmaßnahmen
vorteilhafterweise auf dem Standort oder vorzugsweise in der Nachbarschaft umzusetzen, sind
nachvollziehbar und werden von uns und, wie ich
weiß, auch von der Stadt geteilt.
Aber in einer wachsenden und kompakteren Stadt
sind nicht zuletzt auch wegen der massiven Bautätigkeit für Industrieansiedlungen solche Flächen
rar geworden. Deshalb müssen und sollen auch
in Zukunft Kompensationsmaßnahmen auf Arealen des Kompensationsflächenpools des Grünen
Rings wie auf dem ehemaligen Flugplatz Waldpolenz bei Brandis durchgeführt werden. Wie der
Name bereits zum Ausdruck bringt, wird dabei
eine weitere Vernetzung der Grünzüge angestrebt, was für die Pflanzen- und besonders die
Tierwelt wichtig ist.
Ebenso wichtig ist, dass die Maßnahmen im unmittelbaren Umfeld einen erlebbaren Mehrwert für
die Anwohner bringen, wie die Baumallee am Bismarckturm, die Förderung des Lebensraums für
Feldvögel in Gundorf oder die Offenlegung des
Gewässers Wischke, wie in den Vorlagen enthalten.
Auch die Linksfaktion hat die Anregung des Ortschaftsrates unterstützt, dass auf dem ehemaligen B-Plan-Standort E-79 „Wohngebiet Schulstraße“ nicht nur die landwirtschaftliche Nutzung
beibehalten wird, sondern entlang der Wohngebäude an der Schulstraße ein 20 Meter breiter
Feldheckenstreifen angelegt wird, wohlwissend
dass solche Schallschutzmaßnahmen unmittelbar
an der neuen B 6 bzw. an der Bahnstrecke und
dem Güterbahnhof noch wirkungsvoller sind.
Was die Befürchtungen zur vollen Funktionsfähigkeit des Regenrückhaltebeckens angeht, ist auf
S e i t e | 56
zahlreiche, in der Stadt vorhandene ober- und unterirdische Rückhaltesysteme und Hochwasserreserven in Fließgewässern hingewiesen worden.
So dienen die freigelegten und ertüchtigten Fließgewässer in der Innenstadt auch dem Hochwasserschutz, ebenso wie die Seen das Naherholungsgebiet Grüner Bogen Paunsdorf attraktiver
gemacht haben, obwohl sie ursprünglich eine Regenwasserkompensationsmaßnahme für Amazon sind. Dies muss aber in der öffentlichen Beteiligung, die hier eben nicht stattfand, auch nachgewiesen und so kommuniziert werden.
Wir sollten aus den Debatten um die Erweiterung
des Porsche-Standorts lernen, dass die Bewohner in den Orts- und Stadtteilen frühzeitig einbezogen und nicht nur die Fachausschüsse im parlamentarischen Verfahren beteiligt werden. Mit
der Aufnahme der protokollierten Maßgaben - die
Prüfung von Querungshilfen an der S 8 zur Vermeidung von langen Umwegen für Fußgänger
und Radfahrer, die Zusicherung des Ausschlusses einer Überlastung des Heidegrabens bei
Starkregenereignissen, die störungsfreie Zufahrt
zum Heidegraben bei Instandsetzungsmaßnahmen sowie die Pflanzung eines Feldheckenstreifens entlang der Wohnhäuser an der Schulstraße - als Protokollnotiz der Ratsversammlung
werden wir beiden Vorlagen zustimmen.
Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank, Herr
Schlegel. - Gibt es weitere Wortmeldungen? Herr Geisler.
Stadtrat Geisler (SPD): Herr Oberbürgermeister!
Ich möchte Ihnen noch eine Frage mitgeben, die
mir Bürger aus Lindenthal ans Herz gelegt haben.
Wir versiegeln nördlich von Leipzig genau dort,
wo sich die Frischluftschneise befindet, zum wiederholten Male zig tausend Quadratmeter Fläche
und leiten in Größenordnungen Regenwasser,
das eigentlich in die Böden fließen soll, sowohl
unterirdisch wie oberirdisch in unsere Flusslandschaft, in unsere Aue, ab. Die Bürger treibt die
Sorge um ob einer klimatischen Veränderung
durch immer mehr versiegelte Flächen. Die immer
geringeren Regenmengen können nicht mehr im
Erdboden versickern. Was passiert, wenn die
restlichen Flächen am Flughafen auch noch versiegelt werden?
Ist das in irgendeiner Weise mitbetrachtet worden? Ausführungen dazu finde ich in beiden Vorlagen nicht. Es wäre sinnvoll, das auch einmal zu
artikulieren, damit die Menschen das gute Gefühl
haben, dass auch wir wissen, woher die Frischluft
für unsere Stadt kommt. Wir haben vorhin über
Dieselabgase und Feinstaub gesprochen. Gerade
im Sinne der Abwägung Flughafen versus Frischluft sollte man den Bürgern die Angst nehmen.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
S e i t e | 57
Oberbürgermeister Jung: Sie werden verstehen, dass wir jetzt keine Aussage dazu machen.
Ohne Zweifel ist das mit betrachtet worden, und
ohne Zweifel ist das mit zu berücksichtigen. Herr
Geisler, wir nehmen das so mit - ich schaue auch
in Richtung von Kollege Rosenthal -, dass wir im
Rahmen der weiteren Fortschreibung diese Themen auf der Agenda haben.
19.10 Verordnung der Stadt Leipzig über das
Offenhalten von Verkaufsstellen an
Sonntagen im Jahr 2018 aus besonderem Anlass des Lesefestivals „Leipzig
liest“ der Leipziger Buchmesse (VI-DS04951-NF-01)
Ich würde Folgendes vorschlagen:
Gibt es Wortwünsche? - Das ist nicht der Fall.
Dann lasse ich über die Verordnung abstimmen.
Bitte geben Sie Ihre Stimme ab! - Ich schließe die
Abstimmung.
Erstens. Frau Ziegler, wir nehmen den von Ihnen
vorgetragenen Beschlussvorschlag als Protokollnotiz auf. Ich sage zu, mich dafür starkzumachen,
dass wir im Rahmen der Haushaltsplanung
2019/2020 dafür Vorsorge treffen, und werde
beim Stadtrat dafür werben.
Zweitens. Herr Schlegel, wir können die protokollierten Maßgaben, wie die Prüfung von Querungshilfen an der S 8 zur Vermeidung von langen Umwegen für Fußgänger und Radfahrer, die Zusicherung des Ausschlusses einer Überlastung des
Heidegrabens bei Starkregenereignissen, die störungsfreie Zufahrt zum Heidegraben bei Instandsetzungsmaßnahmen sowie Pflanzung eines
Feldheckenstreifens entlang der Wohnhäuser an
der Schulstraße, die Sie mir eben übergeben haben, ebenfalls zu Protokoll nehmen.
Können wir jetzt zur Abstimmung kommen? - Gut.
TOP 16.6, Städtebaulicher Vertrag zur Planung
und Herstellung der straßenseitigen Erschließung, des Regenrückhaltebeckens sowie der
Maßnahmen zum Ausgleich der nachteiligen Auswirkungen durch die Aufstellung des B-Plans Nr.
236 „Radefelder Allee Südost“. Bitte geben Sie
jetzt Ihre Stimme ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 51 - 0 - 0. - Ein schönes Signal
auch an die Porsche AG.
TOP 16.7, Städtebaulicher Vertrag zur Umsetzung der externen Kompensationsmaßnahmen
zum Bebauungsplan Nr. 236 „Radefelder Allee
Südost“. Ich bitte um Ihr Votum. - Ich schließe die
Abstimmung.
Abstimmung: 52 - 0 - 0.
19.9 Fortsetzung Kommunale Gesamtstrategie „Leipzig. Ort der Vielfalt“ 2017-2019
(VI-DS-04460-NF-02)
Einreicher: Dezernat Umwelt,
Sport
Ordnung,
Abstimmung: 33 - 13 - 8. So beschlossen.
19.13 Bebauungsplan Nr. 443 „Gemeinbedarfsfläche Döbelner Straße“; Stadtbezirk Südost, Ortsteil Stötteritz; Aufstellungsbeschluss (VI-DS-04992)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Wortwünsche sehe ich nicht. Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
19.12 (nichtöffentlich) (VI-DS-04985)
Wenn es keine Wortwünsche gibt, kommen wir
zur Abstimmung. Bitte stimmen Sie jetzt! - Ich
schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 53 - 0 - 0. So beschlossen.
19.14 Vorhabenbezogener
Bebauungsplan
Nr. 441 „Wohnpark Friedrich-BosseStraße“; Stadtbezirk Nordwest, Ortsteil
Wahren; Aufstellungsbeschluss (VI-DS04995)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Klare Vorvoten. - Wird das Wort gewünscht? Dann bitte ich um Ihr Handzeichen, wenn Sie gegen diesen Beschluss stimmen. - Enthaltungen?
Abstimmung: Das ist einstimmig.
19.15 Wirtschaftsplan 2018 des Städtischen
Eigenbetriebs Behindertenhilfe sowie
Bestätigung einer außerplanmäßigen
Auszahlung gem. § 78 SächsGemO in
Anlehnung an § 79 (1) SächsGemO EILBEDÜRFTIG (VI-DS-05013-NF-02)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Einreicher: Dezernat Finanzen
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung über diese
Vorlage. Ich bitte um Ihr Votum. - Ich schließe die
Abstimmung.
Klares Vorvotum. - Wird das Wort gewünscht? Dann bitte ich um Ihr Handzeichen. Wer stimmt
gegen diesen Beschluss? - Enthaltungen?
Abstimmung: 37 - 16. So beschlossen.
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
19.16 Wirtschaftsplan 2018 für den Eigenbetrieb Musikschule Leipzig „Johann Sebastian Bach“ (VI-DS-05081)
Einreicher: Dezernat Kultur
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19.17.1 dazu ÄA (VI-DS-05281-ÄA-02)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Herr Volger.
Herzlich willkommen, Herr Wiedemann! - Gibt es
Wortwünsche? - Herr Oßwald.
Stadtrat Oßwald (SPD): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Werte Stadträtinnen und
Stadträte! Werte Gäste! Um es gleich vorwegzunehmen: Meine Fraktion wird dem Wirtschaftsplan zustimmen. Trotzdem will ich zwei, drei
Punkte nennen, die meiner Fraktion missfallen:
Zum einen wird die Warteliste länger und länger.
Auch deswegen hatten wir zum Doppelhaushalt
2017/2018 einen Antrag eingebracht, der vorsah,
vier zusätzliche Stellen zu schaffen, um die Unterrichtskapazitäten aufstocken zu können. Diese
finden sich jetzt auch im Wirtschaftsplan wieder,
allerdings im Wesentlichen durch Umwandlung
von Stellen freier Mitarbeiter in Stellen für feste
Mitarbeiter, was nicht in dem Maße zum Anstieg
der Unterrichtskapazitäten geführt hat, wie von
uns erwünscht.
Damit im Zusammenhang steht ein zweites Problem: die unzureichenden Raumkapazitäten. Die
Verwaltung wollte bis zum dritten Quartal 2017 einen Vorschlag machen, wie die Raumsituation
verbessert werden kann. Die Probleme werden in
der Vorlage recht gut beschrieben: An den Schulen wird es immer enger, dort fallen Räume weg,
und der Bedarf steigt.
Der dritte Punkt betrifft den Sanierungs- und Instandhaltungsstau am Gebäude. Wie dem begegnet werden soll, darüber werden wir weiter im Unklaren gelassen.
Das sind die Hausaufgaben, die das Kulturdezernat im Wesentlichen noch in diesem Jahr machen
muss, damit sich im Wirtschaftsplan 2019 konkrete Maßnahmen wiederfinden, damit endlich die
Warteliste deutlich abgebaut und dieses wunderschöne Gebäude baulich zukunftssicher gemacht
werden kann. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es weitere Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall. Wer stimmt
gegen den Wirtschaftsplan? - Wer enthält sich der
Stimme?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
19.17 Terminplan für die Aufstellung des
Doppelhaushaltes 2019/2020 (VI-DS05281-NF-03)
Einreicher: Dezernat Finanzen
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte
Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Sehr geehrte Stadträte! Sehr geehrte Gäste! Punkt 1 unseres Änderungsantrags hatte zum Ziel, eine Beschlussfassung des Doppelhaushalts 2019/2020
noch in diesem Jahr zu ermöglichen. Da uns der
Finanzbürgermeister sinnvoll begründet hat, dass
ein früherer Start der Haushaltsberatungen aufgrund fehlender Zahlen zu Finanzzuweisungen
aus dem Land nicht möglich ist, ziehen wir diesen
Punkt zurück. Es ist nicht in unserem Sinne, die
Auslagefristen der Bürgerinnen und Bürger oder
die Beratungsfristen der Fraktionen einzukürzen.
Aber vielleicht schaffen Sie es ja doch, in der Verwaltung bei einigen Fristen ein wenig Zeit herauszuholen, damit wir möglichst zeitnah in 2019 - vielleicht schon im Januar und nicht erst im Februar beschließen können.
Zum zweiten Punkt unseres Antrags bleibt mir nur
festzuhalten, dass er durch die Verwaltung umgesetzt wird und damit obsolet ist.
Damit hat sich unser Änderungsantrag erledigt
und wird hiermit zurückgezogen. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Volger, nehmen
Sie auch den Begriff „Willkür“ zurück, der sich in
der Begründung Ihres Antrags findet?
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Den
haben wir zurückgenommen. Wir haben unseren
Antrag ja insgesamt zurückgezogen.
Oberbürgermeister Jung: Sie haben alles zurückgenommen, auch die Wortwahl „Willkür des
Kämmerers“.
Meine Damen und Herren, dann kommen wir zur
Abstimmung. Gibt es Gegenstimmen gegen den
Terminplan? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
20
Informationen I
20.1 Kooperation im Bereich Veterinärmedizin (VI-DS-04717-NF-02)
Einreicher: Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport
Wortwünsche gibt es nicht. - Ich bitte um Kenntnisnahme.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
20.2
Nahverkehrsplan des ZVNL (VI-DS05098-NF-03)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
20.2.1 dazu ÄA (VI-DS-05098-ÄA-01)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
20.2.2 dazu ÄA (VI-DS-05098-ÄA-02)
Einreicher: CDU-Fraktion
Bitte beachten Sie das Austauschdeckblatt vom
21.02.2018. - Die Fraktion DIE LINKE hat ihren
Änderungsantrag zurückgezogen. - Er wurde
nicht zurückgezogen? - Mir liegt er hier nicht vor.
Aber gut, wir klären das. - Zunächst Frau Dr. Heymann zum CDU-Änderungsantrag.
Stadträtin Dr. Heymann (CDU): Sehr geehrte
Damen und Herren! Wir können den Nahverkehrsplan des ZVNL ja nur zur Kenntnis nehmen,
weil er in der Verbandsversammlung zu beschließen ist. Das ist so weit in Ordnung und richtig.
Aber wenn man ihn genau liest, stellt man fest: Er
beinhaltet auch Aspekte, die für Leipzig vor allem
für die zukünftige Verkehrsbewältigung im öffentlichen Nahverkehr schon relevant sind. Daher ist
es bedauerlich, dass diese Punkte im weiteren
Verfahren nicht als Prüfpunkte festgehalten worden sind. Wenn man beim ZVNL nachfragt, erfährt
man, dass es schon eine zusätzliche Maßnahme
darstelle, wenn man sich darüber Gedanken
macht, und dass es dafür einen ausdrücklichen
Auftrag brauche.
Deswegen haben wir diesen Änderungsantrag
gestellt, den manche vielleicht als zusätzliches
Verwaltungshandeln interpretieren. Aber es
scheint nötig zu sein, um tatsächlich deutlich zum
Ausdruck zu bringen: Ja, wir brauchen eine rechtzeitige Planung für visionäre Themen, um den
Verkehr in Leipzig auch in Zukunft bewältigen zu
können. Die Vorplanungen für einen potenziellen
Tunnel dauern mit allem Drum und Dran. nun mal
wenigstens zehn Jahre. Da kann man nicht warten, bis der Nahverkehrsplan in fünf Jahren neu
geschrieben wird.
Deswegen bitten wir, unserem Antrag zuzustimmen, den Oberbürgermeister zu beauftragen, die
entsprechenden Wege einzuleiten, dass ebendiese Prüfung auch vollzogen wird. Damit ist nicht
vorgegeben, wohin der Weg führen soll. Es muss
schon effektiv für alle Beteiligten sein, sowohl
dass die Bahn dort tatsächlich fahren will als auch
dass wir Effekte für unseren Verkehr hier in
Leipzig haben. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
S e i t e | 59
Oberbürgermeister Jung: Wir machen das auf
jeden Fall, Frau Dr. Heymann. Ich würde mich
freuen, wenn der Stadtrat dies bekräftigt.
Jetzt noch einmal zurück zum Änderungsantrag
der Fraktion DIE LINKE. Frau Riekewald, vielleicht helfen Sie uns. In meinen Unterlagen befindet er sich nicht. Er ist aber digital abrufbar.
Bevor Sie beginnen, Frau Riekewald: In Ihrem ursprünglichen Änderungsantrag ist der Beschlussvorschlag aufgeführt:
Der Nahverkehrsplan hat eine Gültigkeit
von fünf Jahren. Eine Evaluierung des
Planes beginnt spätestens im Jahr 2021,
damit eine Fortschreibung im Jahr 2023
erfolgen kann.
Das war der Änderungsantrag 01 zur Vorlage in
der Erstfassung. Richtig?
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Ja, richtig. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte
Stadträtinnen und Stadträte! Liebe Gäste auf der
Zuschauertribüne und liebe Zuschauer am Livestream! Wir sollen heute einen Nahverkehrsplan als Informationsvorlage zur Kenntnis nehmen, was mich sehr verwundert; denn noch in
vorherigen Papieren hieß es, dass der Beschluss
beim ZVNL unter Gremienvorbehalt steht. Das
wäre für mich auch logisch, da es sich um eine
wichtige Vorlage handelt. Es geht in dieser Vorlage um nicht weniger als die Entwicklung der
nächsten Jahre im S-Bahn-Verkehr. Aber gut, wir
nehmen den Plan zur Kenntnis, aber wir als Fraktion DIE LINKE heißen ihn nicht gut. Warum,
möchte ich hiermit erläutern.
Oft wird gesagt, dass der S-Bahn-Verkehr ja mehr
für das Umland angedacht ist und wir in Leipzig
nur sehr mittelbar betroffen sind. Nun, wir sehen
das anders. Und sieht man sich die Geschichte
unseres City-Tunnels an, so sahen es die Planer
auch anders. Es ist kein Geheimnis, dass sich die
Fraktion DIE LINKE angesichts des vielen Geldes, das in diesen Tunnel geflossen ist, in der Vergangenheit immer gegen diesen Tunnel ausgesprochen hat. Wir hätten bessere Ideen gehabt,
wie man mit diesen Milliarden den ÖPNV hätte
fördern können. Aber gut, nun sind die Steuergelder ausgegeben und der Tunnel ist da. Nun sollten wir schauen, dass wir sein Potenzial auch
wirklich nutzen.
In der Fortschreibung des Nahverkehrsplans des
ZVNL sehen wir genau darin große Defizite. Als
man 1997/1998 das Planfeststellungsverfahren
für den City-Tunnel Leipzig durchführte, plante
man für den City-Tunnel Fahrgastzahlen von
mehr als 60.000 Menschen pro Tag. Diese Fahrgäste wollte man in der damals schrumpfenden
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Stadt Leipzig generieren. Schon im Nahverkehrsplan des ZVNL des Jahres 2008 setzte man sich
als Zielprognose nur noch 30.000 Personenfahrten pro Werktag. Hinzu kam damals eine Einschränkung: dass sich die Randbedingungen entscheidend verbessern müssen. Diese Reduzierung der Prognose erfolgte, obwohl Leipzig längst
wieder eine wachsende Stadt war und die Marke
von 500.000 Einwohner*innen längst wieder erreicht hatte.
Und offensichtlich haben sich die Randbedingungen in den letzten Jahren nicht verbessert; denn
auch in der jetzigen Fortschreibung des Nahverkehrsplans finden sich keine ambitionierteren
Zahlen zur perspektivischen Entwicklung des
Fahrgastaufkommens im Großraum Leipzig, welche auch nur annähernd an die ursprünglichen
Planzahlen herankommen. Im Gegenteil: In Anlage 18 wird deutlich, dass nicht mal die Hälfte
des mit dem Planfeststellungsverfahren berechneten Fahrgastaufkommens bis 2025 erreicht
werden soll.
Diese Zahlen haben wir auch im Ausschuss diskutiert, und in der Stellungnahme der Stadt
Leipzig zu diesem Nahverkehrsplan findet sich
das auch wieder. Dort heißt es zum Beispiel - ich
zitiere -:
Die bislang im Nahverkehrsplan beschriebenen Zielstellungen greifen allerdings die städtische Zielstellung nur unzureichend auf. Insbesondere bei der
prognostizierten
Fahrgastgewinnung
bleibt der Nahverkehrsplan bei sehr konservativen Zielen.
Trotz dieser Stellungnahme und dem Vermerk,
dass die Hinweise Berücksichtigung finden, gab
es keine signifikante Änderung im Nahverkehrsplan. Stattdessen werden viele Prüfaufträge verteilt, die uns in den nächsten Jahren jedoch nicht
wirklich weiterhelfen werden. Nötig wären - und
auch das findet sich in der Stellungnahme der
Stadt wieder -, wie schon im Jahr 2008 festgestellt, die Verbesserung der Bedingungen für die
S-Bahn, damit Anreize geschaffen werden, doch
mal das Auto stehen zu lassen und mit dem
ÖPNV zur Arbeit zu fahren.
Dazu gehört zum Beispiel auch der Bau von SBahn-Haltestellen; denn noch immer gibt es davon viel zu wenige. Gerade für die nicht so zentrumsnahen Gebiete der Stadt Leipzig wäre das
eine echte Förderung des ÖPNV. Ich erinnere da
nur an die S-Bahn-Station im Nordraum, wo sich
bisher außer Versprechungen nicht viel getan hat.
Ich weiß gar nicht, wie lange wir über diesen Halt
schon reden; nur, gebaut wird noch immer nicht.
Wegen all dieser nicht wirklich zukunftsweisenden
Planungen im Nahverkehrsplan hätten wir heute
S e i t e | 60
gern die Zurückverweisung an den ZVNL beschlossen. Da dies jedoch nicht möglich ist, halten
wir eine begrenzte Laufzeit des Plans für unbedingt geboten. Daher haben wir diesen Änderungsantrag gestellt - der Oberbürgermeister hat
den Beschlussvorschlag gerade vorgelesen -, die
Laufzeit des Plans auf fünf Jahre zu beschränken.
Eine Laufzeit von bis zu zehn Jahren, wie sie der
aktuelle Nahverkehrsplan hatte, halten wir für einen Fehler. Übrigens wurde uns vom ZVNL im
Bauausschuss bestätigt, dass auch keine längere
Laufzeit geplant ist. Da sich dies jedoch bisher an
keiner Stelle der Vorlage wiederfindet, wollen wir
mit unserem Antrag noch einmal das festschreiben, was der ZVNL laut eigener Aussage sowieso
vorhat. Sie wissen selber, wie das mit Beschlüssen so ist: Es schriftlich festzuhalten, ist doch immer besser.
Eine fünfjährige Laufzeit würde auch die Möglichkeit bieten, die im Jahr 2018 zu beschließenden
Mobilitätsszenarien sowie den städtischen Nahverkehrsplan, über den wir heute schon ausführlich geredet haben, wenigstens im Jahr 2023 in
die Planungen mit aufzunehmen, damit eventuell
beschlossene Maßnahmen auch wirklich bis 2030
angegangen werden können. Wir bitten daher um
Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Danckwardt.
Stadtrat Danckwardt (fraktionslos): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, es ist ja kein Geheimnis mehr, seitdem es durch die Presse gegangen
ist, dass der zweite S-Bahn-Tunnel ein Herzensanliegen für Sie ist. Ich weiß, wie schwer es ist,
sich von Herzensangelegenheiten zu verabschieden. Dennoch möchte ich Ihnen in die Suppe spucken.
Ich mag unseren vorhandenen City-Tunnel mittlerweile auch. Es sind vier schöne Stationen, auch
wenn die Station „Markt“ mal wieder geputzt werden müsste. Aber - nur damit wir verstehen, auf
welchem Niveau sich unser Erfolg bewegt, dass
jährlich 15 Millionen Menschen durch unseren
City-Tunnel fahren -: Das entspricht ungefähr der
Hälfte der Menschen, die eine einzige von elf vorhandenen Berliner S-Bahn-Linien benutzen. Das
entspricht einem Viertel der Fahrgäste einer einzigen von neun Berliner U-Bahn-Linien. Das ist
das Verkehrsaufkommen einer einzigen von über
200 Moskauer Metrostationen. Das ist das Niveau, auf dem wir uns bewegen.
Ein zweiter S-Bahn-Tunnel mit einer Länge von
7 Kilometern, wenn er von Plagwitz zum Eilenburger Bahnhof führt, würde auch nach internationalen Erfahrungswerten wie schon der vorhandene
S-Bahn-Tunnel wiederum 1 Milliarde Euro kosten.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Er würde im günstigen Fall maximal dasselbe Verkehrsaufkommen generieren wie der City-Tunnel,
allerdings auch Verkehrsströme von dort abziehen.
Für Leipzig ist es meines Erachtens besser, sich
am Vorbild westdeutscher Großstädte zu orientieren, die in einem modularen Verfahren die Straßenbahnnetze Schritt für Schritt ausgebaut und
teilweise unter die Erde in Tunnel verlagert haben.
Das sind Systeme, die wachsen können, die sich
entwickeln können, die sich auch einer künftigen
Stadtentwicklung anpassen können. Ich glaube
im Übrigen nicht, dass wir jemals die Millionengrenze bei den Einwohnerzahlen erreichen werden.
Ich denke, man sollte zumindest auch diese Modelle einmal prüfen: Können wir in der inneren
Jahnallee oder in der Eisenbahnstraße die Straßenbahn unter die Erde verlegen? Wäre das nicht
das bessere Modell statt ein zweiter S-Bahn-Tunnel? Bitte beachten Sie das!
Oberbürgermeister Jung: Ich will Ihnen kurz darauf antworten, Herr Danckwardt. Genau das tun
wir. Der S-Bahn-Tunnel ist eine Option. Ob sie
sinnvoll ist oder nicht, wird man am Ende des
Prüfprozesses sehen. Genauso prüfen wir Straßenbahnuntertunnelungen,
-unterführungen
und -unterdeckelungen mit Blick auf kreuzungsfreie Straßenbahnführung. Ja, wir müssen das
prüfen. Aber das müssen wir jetzt angehen. Um in
20 Jahren gegebenenfalls Tunnellösungen in dieser Stadt zu realisieren, müssen wir heute anfangen. So sind mittlerweile die Vorlaufzeiten. Ich bin
völlig bei Ihnen: Es gibt sehr intelligente Lösungen
für Straßenbahnunterführungen, die uns deutlich
weiterhelfen würden.
Herr von der Heide.
Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Wir haben in der letzten Ratsversammlung
mit großer Mehrheit beschlossen, die Vorlage abzusetzen und den Nahverkehrsplan zurück an
den ZVNL zu verweisen. Der ZVNL war dann im
Ausschuss. Danach stand die Vorlage wieder auf
der Tagesordnung. Da habe ich gedacht: Dann
soll es halt jetzt so sein.
Wir würden also heute beschließen, dass der
Nahverkehrsplan des ZVNL eine Laufzeit von fünf
Jahren hat, was sowieso so geplant ist. Mich
würde interessieren: Wie würden Sie damit umgehen, wenn wir jetzt beschließen würden, dass der
Nahverkehrsplan eine Laufzeit von fünf Jahren
hat, obwohl beim letzten Mal gesagt wurde, dass
das überhaupt keine Auswirkungen habe?
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Zum Änderungsantrag der CDU hatten Sie, Herr
Oberbürgermeister, gesagt: Das machen wir sowieso, gerne noch bekräftigt durch den Stadtrat.
Aber was machen Sie denn sowieso? Sehen Sie
beim Prüfauftrag für einen zweiten City-Tunnel die
Federführung beim ZVNL? Das wäre ganz spannend. Zumindest ich habe es im Ausschuss nicht
so verstanden, dass der ZVNL rein formal dafür
zuständig sein soll. Ich bin auch überrascht, dass
die CDU ihren Änderungsantrag aufrechterhält.
Unabhängig von diesem Antrag wollen Sie ja sowieso etwas tun. Aber was wollen Sie denn tun?
Oberbürgermeister Jung: Herr von der Heide,
ich versuche zu antworten. Die Stadt Leipzig hat
ihr Interesse bekundet, die Frage zu untersuchen,
ob ein S-Bahn-Tunnel von Ost nach West in der
Stadt Leipzig perspektivisch Sinn macht. Das
heißt: Wir selbst werden die Auftraggeber sein, in
enger Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, dieses Thema
zu untersuchen. Dafür gibt es eine Zusage des
Ministerpräsidenten, uns in der Finanzierung eines solchen Prüfauftrags zu unterstützen. - Das
zum Ersten.
Zweitens. Wir tun gut daran, den ZVNL bei diesen
Untersuchungen mit ins Boot zu holen und mitwirken zu lassen. So verstehe ich zumindest den Antrag der CDU, dass man nicht mauert, sondern
sich dieser Frage stellt. Direkt auf den hier vorliegenden Plan hat ein solcher Beschluss keinen
Einfluss.
Drittens. In der Tat ist die Laufzeit durch die
Zweckverbandsversammlung beschlossen worden. Sollten Sie heute eine Laufzeit von fünf Jahren beschließen, dann ist das der Auftrag an die
städtischen Vertreter, im Rahmen ihrer Arbeit im
Zweckverband sich danach zu richten. Wir können das nicht durchsetzen - Frau Riekewald, das
wissen Sie -, sondern wir können dort ein Votum
abgeben in der Stimmführerschaft von Frau
Dubrau, uns dafür einzusetzen. Punkt. So ist die
rechtliche Lage.
Dann kommen wir zur Abstimmung. Zuerst steht
der zunächst verschollene Änderungsantrag der
Fraktion DIE LINKE zur Abstimmung. Ich lese den
Beschlussvorschlag noch einmal vor:
Der Nahverkehrsplan hat eine Gültigkeit
von fünf Jahren. Eine Evaluierung des
Planes beginnt spätestens im Jahr 2021,
damit eine Fortschreibung im Jahr 2023
erfolgen kann.
Zu Protokoll: Das ist ein Auftrag an den Oberbürgermeister, mit den Verbandsvertretern in diesem
Sinne zu agieren.
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Ich bitte um Ihr Votum. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 28 - 17 - 10.
Nun zur Abstimmung über den Beschlussvorschlag der CDU-Fraktion, der da lautet:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt,
darauf hinzuwirken, dass ergänzend zu
den im Nahverkehrsplan des ZVNL aufgenommenen Prüfaufträgen umgehend
die erforderlichen Untersuchungen zu einem zweiten S-Bahntunnel in Leipzig
aufgenommen werden.
Bitte geben Sie jetzt Ihre Stimme ab. - Ich schließe
die Abstimmung.
Abstimmung: 29 - 17 - 9. So beschlossen.
Damit ist die Vorlage zu einer Beschlussvorlage
herangereift.
20.3 Zusammenarbeit zwischen Akteuren der
freien Kunst und Kultur und den Eigenbetrieben Kultur der Stadt Leipzig (VI-Ifo04113)
Einreicher: Dezernat Kultur
Ich bitte um Kenntnisnahme.
20.4 Dokumentation der 18. Stadtwerkstatt
und Schlussfolgerungen zur regionalen
Kooperation (VI-Ifo-05056)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Ich bitte um Kenntnisnahme.
20.5
Information über aktuelle Schülerzahlen für kommunale Grundschulen,
Oberschulen und Gymnasien, Belegungsstatistik kommunalere Horte im
Schuljahr 2017/2018 sowie Anmeldezahlen an kommunalen Grundschulen
für das Schuljahr 2018/2019 (VI-Ifo05271)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
20.5.1 dazu ÄA (VI-Ifo-05271-ÄA-01)
Einreicher: Fraktion Freibeuter
20.5.2 dazu ÄA (VI-Ifo-05271-ÄA-01-ÄA-01)
Einreicher: SPD-Fraktion
Frau Witte.
Stadträtin Witte (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! In dieser Info-Vorlage passen manche Istwerte nicht mit den Planwerten zusammen.
Ein Beispiel von vielen: In der Schule am Floß-
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platz gibt es laut Vorlage 123 Anmeldungen, jedoch geht man in der Planung zurzeit nur von 93
Schülern aus. Deshalb fordern wir in unserem Änderungsantrag, dass der Stadtrat zukünftig quartalsweise nicht nur über den Status quo, sondern
darüber hinaus auch über den direkten Vergleich
der Istwerte mit den Planwerten aus dem Schulentwicklungsplan und zusätzlich, bei Differenzen
von Ist und Soll, über eine Einschätzung der Differenz sowie gegebenenfalls über Lösungsmöglichkeiten informiert wird.
Mit den vorliegenden Zahlen ist klar, dass nicht
nur der Freistaat ein Problem hat. Kulturminister
Piwarz sagte heute, dass es fünf nach zwölf im
Freistaat sei. Ich sage Ihnen: Nicht nur im Freistaat ist es fünf nach zwölf, auch in Leipzig ist es
fünf nach zwölf. Der Unterschied zwischen dem
Freistaat und Leipzig ist, dass der Freistaat es
einsieht, dass es fünf nach zwölf ist, während man
in Leipzig herumdruckst und die Information aus
der Öffentlichkeit heraushält. Deshalb tragen wir
auch den SPD-Antrag nicht.
Die Familien dieser Stadt haben ein Recht darauf,
zu erfahren, was kommt, ein Recht darauf, zu erfahren, wie es in Wirklichkeit aussieht, ein Recht
darauf, zu erfahren, in was für ein Schlamassel
ihre Kinder hinein geschult werden. Wir Freibeuter
werden dafür sorgen, dass die Eltern das erfahren. Sollte unser Antrag heute nicht die erforderliche Mehrheit erreichen, werden wir eine entsprechende Anfrage zu jeder Ratsversammlung stellen. Wir entlassen Sie nicht aus der Verantwortung. Wir erinnern bei dieser Gelegenheit auch
gerne an die Hartnäckigkeit des Stadtrats
Hobusch bei den herrenlosen Grundstücken, und
da ging es nur um ein paar Häuser und nicht um
Kinder. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Frau Köhler-Siegel.
Stadträtin Köhler-Siegel (SPD): Sehr geehrte
Damen und Herren Stadträte! Werter Herr Oberbürgermeister! Lieber Herr Bürgermeister! Als wir
heute diese Vorlage in den Händen hielten, haben
wir auch gleich gesagt: Hier wird mit sehr großen
Kanonen auf Spatzen geschossen. Das ständige
Vorlesen von Schülerzahlen bringt keinen einzigen Schulplatz. Die Verwaltung sollte sich lieber
damit befassen, Schulplätze zu schaffen, als uns
ständig irgendwelche Statistiken über Schülerzahlen vorzulegen.
Deshalb unser Gegenvorschlag. Es gibt zwei Momente im Schuljahr, wo sich vielleicht wirklich etwas ändern könnte. Der eine ist dann, wenn die
Anmeldungen für die neuen ersten Klassen erfolgen; das ist in der Regel im August oder Anfang
September. Dann ist für uns interessant, zu erfahren: Wie viele Schüler sind angemeldet worden?
Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
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Wir wissen auch - das kann die Verwaltung von
mir aus auch mit aufnehmen -: Es müssen sich
alle Schüler an staatlichen Schulen anmelden,
auch wenn sie sich später an einer freien Schule
bewerben. Das ist immer wieder der Grund dafür,
warum die Ist- und die Planzahlen voneinander
abweichen.
auch unsere Aufgabe dort. Wir bitten unserem Änderungsantrag zuzustimmen und den Änderungsantrag der Freibeuter abzulehnen. - Danke.
Das zweite wichtige Ereignis und zugleich ein Höhepunkt für ein Mitglied des Unterausschusses
Schulentwicklungsplanung ist die Anmeldung für
die weiterführenden Schulen; diese findet in der
Regel Anfang März statt. Auch das ist eine wichtige Planungsgröße, die wir wissen müssen.
Zuerst steht der Änderungsantrag der SPDFraktion zum Änderungsantrag der Freibeuter zur
Abstimmung. Ich bitte Sie um Ihr Votum. - Ich
schließe die Abstimmung.
Innerhalb des Schuljahrs ändern sich mal ein paar
Zahlen. Das macht aber nichts. Die Klassenzahlen bleiben in den allermeisten Fällen stabil, außer
für DaZ-Klassen. Ansonsten ändert sich wirklich
nur ganz, ganz wenig. Wir wollen die Verwaltung
entlasten. Uns nur zweimal im Jahr eine solche
Statistik vorzulegen, ist sinnvoll. Wir arbeiten auch
immer wieder im Unterausschuss daran; das ist ja
Damit erübrigt sich eine Abstimmung über den
Änderungsantrag der Fraktion Freibeuter. - Bitte
nehmen Sie die Informationsvorlage so zur Kenntnis.
Oberbürgermeister:
Oberbürgermeister Jung: Dann kommen wir zur
Abstimmung.
Abstimmung: 52 - 2 - 0. So beschlossen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am
Ende der heutigen Tagesordnung. Ich schließe
die Sitzung und wünsche Ihnen einen schönen
Feierabend.
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Schriftführer:
Stadtrat Oßwald:
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Stadtrat Deissler:
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Verlaufsprotokoll vom 28.02.2018
Protokollant:
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