Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1420008.pdf
Größe
263 kB
Erstellt
08.08.18, 12:00
Aktualisiert
08.08.18, 21:27
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Beschlussvorlage Nr. VI-P-05768-DS-02
Status: öffentlich
Eingereicht von
Petitionsausschuss
Betreff:
Beeinträchtigung durch Flimmerlicht
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
Ratsversammlung
22.08.2018
Beschlussfassung
Beschlussvorschlag:
Der Petition kann nicht abgeholfen werden, eine Berücksichtigung des
Krankheitsbildes des Petenten im Sinne „barrierefreier Bauvorhaben“ der Stadt ist
nicht möglich
1/3
Übereinstimmung mit strategischen Zielen:
2/3
Sachverhalt:
Die vom Petenten geschilderte persönliche Lage und die ihn sehr beeinträchtigenden
gesundheitlichen Beschwerden durch eine, anscheinend sehr seltene, außerordentliche
Hochempfindlichkeit gegenüber bestimmtem elektrischen Licht, wurden sehr aufmerksam
zur Kenntnis genommen.
Für Nicht-Betroffene ist es vermutlich nur schwer nachvollziehbar, welche
Beeinträchtigungen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben durch eine solche
Hochempfindlichkeit erleidet. Nach Angaben des Petenten erstreckt sie sich auf jegliches
von LED, Energiesparlampen oder klassischen Leuchtstoffröhren ausgestrahltes künstliches
Licht, dessen Frequenzen er wahrnehmen kann und die das Nervensystem überfordern.
Dies reicht von Fahrzeugscheinwerfern über die Raumbeleuchtung bis zu elektronischen
Anzeigen und Bildschirmen. Der Petent kann, neben dem Tageslicht, nur das Licht
klassischer Glühlampen und von Halogenleuchtmitteln als nicht beeinträchtigend
wahrnehmen.
Das Gesundheitsamt der Stadt, dass durch den Petenten erstmals von einer solchen
Problemlage erfahren hat, hat ihn bereits bei der Gründung einer Selbsthilfegruppe, zu der
im Februar in das Gesundheitsamt eigeladen wurde, unterstützt und begleitet diese
weiterhin.
Darüber hinaus ist es für die Stadt allerdings schwierig, Handlungsmöglichkeiten im eigenen
Verantwortungsbereich zu identifizieren. So muss, z.B. bei der Ausstattung öffentlicher
Gebäude, sowohl den technischen Richtlinien und Vorschriften wie auch dem daraus
resultierenden Marktangebot an Leuchtmitteln Rechnung getragen werden. Im Sinne des
Petenten barrierefreie Bauvorhaben, d.h. ohne die ihn beeinträchtigenden Leuchtmittel, sind
der Stadt daher derzeit nicht möglich.
Generell ist zu sagen, dass es sich, was mögliche und so extrem ausgeformte
gesundheitliche Auswirkungen von Flimmerfrequenzen bestimmter Leuchtmíttel bei
besonders dispositionierten Menschen betrifft, um ein nach dem Kenntnisstand der
Verwaltung noch eher unerforschtes Thema handelt, dass aber eben auf der Ebene von
wissenschaftlicher Forschung sowie technischer Entwicklung der Herstellung und auf der
Ebene der Gesetzgebung zu behandeln ist. Die Kommune muss letztlich wie jeder
Endverbraucher mit dem umgehen, was an Erkenntnissen, Vorschriften und Produkten
verfügbar ist.
Anlage:
-
Petition
3/3
VI-P-05768
Beeinträchtigung durch Flimmerlicht
Sehr geehrte Damen und Herren des Leipziger Stadtrates,
ich bin darüber besorgt, am gesellschaftlichen Leben zunehmend nicht mehr
uneingeschränkt teilnehmen zu können und bitte Sie um Ihre Mithilfe.
Wegen einer erhöhten Sehfrequenz kann ich die Bewegungen von elektrischem Licht
mitverfolgen. So ist das stroboskopartige Flimmern vieler LED sowie das Flackern und
Aufblitzen von Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen für mich deutlich wahrnehmbar. Es
beeinträchtigt nicht nur mein Wohlgefühl, sondern verursacht beinahe unmittelbar Übelkeit,
Schwindel, Orientierungslosigkeit sowie starke Schmerzen in Augen und Kopf, denen bei
einer Flimmer-Überdosis Fieber folgt.
Sobald das Sonnenlicht nicht mehr ausreicht, jenes diskontinuierliche Licht von LED und
Leuchtstofflampe aufzufüllen, muss ich dringend eine sichere Umgebung aufsuchen, in der
ich mich auch ohne Sehen zurecht finde – das nicht nur nachts. Ein normales Leben zu
führen, ist mir so nicht möglich.
Beim Verlassen meiner Wohnung trage ich immer einen Notfallkoffer mit Glühbirnen bei mir.
Bevor ich zu einer Verabredung gehe, erkundige ich mich nach den dortigen
Lichtverhältnissen und Lampenfassungen. Bei Seminaren, Tanzfesten und
Theateraufführungen bleibt mir nur im vornhinein zu fragen; Wer ist hier eigentlich für das
Saallicht verantwortlich? Für den sicheren Hin- und Rückweg bin ich jedoch - vor allem in der
dunklen Jahreszeit - zumeist auf eine Begleitperson angewiesen.
Mit meiner erhöhten Sehfrequenz bereitet es mir auch große Mühe, mich als Fußgänger
oder Radfahrer an Straßen zurecht zu finden, geschweige denn, mich ungehindert am
Straßenverkehr zu beteiligen. Dies liegt mitunter am stroboskopartigen Flimmern, der in
vielen Fahrzeugscheinwerfern zum Einsatz kommenden LED's. Besonders zappelig sind
Tagfahrlichter. Doch auch die angezeigte Schrift auf Zug, Bahn und Bus zu lesen und somit
zu erkennen, um welche Linie es sich handelt oder wohin sie unterwegs ist, bereitet mir
Probleme. Ebenso ergeht es mir mit den Haltestellenanzeigen. Denn auch hier hindern mich
flimmernde Leuchtmittel am Erkennen. Überdies breiten sich allerorten LED-betriebene,
flimmernde Straßenlaternen aus, was bei barrierefreien Bauvorhaben bisher keine
Berücksichtigung findet.
Um mich vor einer Sehbelastung zu bewahren, bleibt mir daher bisher nichts anderes übrig,
als öffentliche Orte, Veranstaltungen, Gebäude und Straßen zu meiden.
Über das Gesundheitsamt Leipzig habe ich eine Selbsthilfegruppe gegründet, um ein Forum
zu schaffen, über das sich Betroffene, Interessierte sowie Unterstützer lösungsorientiert
miteinander zur Thematik austauschen können. Von Flimmer-Betroffenen wurde mir indes
anvertraut, dass eine erhöhte Empfindlichkeit bei Augenbewegungserkrankungen, Autismus
sowie Epilepsie-Neigung besteht, aber auch Migräne, Depressionen und Angsterkrankungen
durch Lichtflimmern begünstigt oder bestehende Symptome verschlimmert werden können.
Selbst dann, wenn wir das Flimmern (üblicherweise) nicht wahrnehmen, scheint es wohl
doch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf unsere Reizverarbeitung und die
Stressachse zu haben.
Es würde mich daher sehr freuen, wenn dieser Umstand künftig auch öffentlich thematisiert
sowie bei barrierefreien Bauvorhaben berücksichtigt wird. Hierfür bitte ich Sie um Ihre
Mithilfe, damit ich mein Lebensumfeld auf Dauer so einrichten kann, dass ich mich sicher
und wohl fühlen sowie gesund Sehen kann. Herzlichen Dank.
Solang die Sonne scheint, ist alles gut.