Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1386133.pdf
Größe
145 kB
Erstellt
09.04.18, 12:00
Aktualisiert
22.08.18, 16:07
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Verwaltungsstandpunkt Nr. VI-A-05689-VSP-01
Status: öffentlich
Eingereicht von
Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport
Betreff:
Strategie gegen linksextremistisch motivierte Gewalt
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Ratsversammlung
FA Umwelt und Ordnung
20.06.2018
26.06.2018
Bestätigung
Beschlussfassung
Vorberatung
Rechtliche Konsequenzen
Der gemäß Ursprungsantrag gefasste Beschluss wäre
☐
Rechtswidrig und/oder
☐ Nachteilig für die Stadt Leipzig.
☐
Zustimmung
☐ Ablehnung
☐
Zustimmung mit Ergänzung
☐ Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln
☒
Alternativvorschlag
Sachstandsbericht
Beschlussvorschlag:
Die Darstellung zum Forschungsvorhaben „Ursachen urbaner Gewalt in Leipzig“ wird zur
Kenntnis genommen.
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Übereinstimmung mit strategischen Zielen:
x
Finanzielle Auswirkungen
nein
wenn ja,
Kostengünstigere Alternativen geprüft
nein
ja, Ergebnis siehe Anlage zur Begründung
Folgen bei Ablehnung
nein
ja, Erläuterung siehe Anlage zur
Begründung
Handelt es sich um eine Investition (damit aktivierungspflichtig)?
nein
ja, Erläuterung siehe Anlage zur
Begründung
Im Haushalt wirksam
von
Ergebnishaushalt
bis
Höhe in EUR
wo veranschlagt
Erträge
Aufwendungen
Finanzhaushalt
Einzahlungen
Auszahlungen
x
Entstehen Folgekosten oder Einsparungen?
Folgekosten Einsparungen wirksam
Zu Lasten anderer OE
nein
von
wenn ja,
bis
Höhe in EUR
(jährlich)
wo veranschlagt
Ergeb. HH Erträge
Ergeb. HH Aufwand
Nach Durchführung der
Ergeb. HH Erträge
Maßnahme zu erwarten
Ergeb. HH Aufwand (ohne
Abschreibungen)
Ergeb. HH Aufwand aus
jährl. Abschreibungen
Auswirkungen auf den Stellenplan
Beantragte Stellenerweiterung:
x
nein
wenn ja,
x
nein
ja,
Vorgesehener Stellenabbau:
Beteiligung Personalrat
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Sachverhalt:
Mit Ratsbeschluss vom 22.06.2016 (VI-A-01916) wurde der Kommunale Präventionsrat
Leipzig (KPR) beauftragt, ein Forschungsvorhaben zu den Ursachen urbaner Gewalt zu
initiieren, um auf der Grundlage dieser Forschungsergebnisse die Weiterentwicklung bzw.
Neuausrichtung von Präventionsmaßnahmen im Bereich der Extremismusprävention zu
prüfen. Die mit der Untersuchung betraute Universität Leipzig plant, den Forschungsbericht
termingemäß gegen Januar/Februar 2019 zur Verfügung zu stellen.
Der zu dem o. a. Ratsbeschluss dazugehörige Verwaltungsstandpunkt VI-A-01916-VSP 01
beinhaltet bereits grundsätzliche Ausführungen zu einem Präventionsprogramm, sofern
dieses eine Ermittlungsstrategie und ein Aussteigerprogramm berücksichtigen soll. Die
gesetzliche Zuständigkeit für die Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit
Straftaten, die dem polizeilichen Staatsschutz (politisch motivierte Kriminalität) zuzurechnen
sind, obliegt gemäß der Strafprozessordnung der Staatsanwaltschaft als Herrin des
Ermittlungsverfahrens sowie den Behörden und Beamten des Polizeidienstes. Als Polizei in
diesem Sinne ist der Polizeivollzugsdienst gem. §§ 59 Nr. 2, 71 Sächsisches Polizeigesetz
zu verstehen. Eine Zuständigkeit der Stadtverwaltung für die Strafverfolgung ist nicht
gegeben – auch nicht in ihrer Funktion als Orts- bzw. Kreispolizeibehörde. Insofern kann
auch außer Acht bleiben, dass Bekämpfungskonzepte des Polizeivollzugsdienstes im
Bereich des polizeilichen Staatsschutzes oftmals als Verschlusssache gemäß der
Verschlusssachenanweisung vom 4. Januar 2008 (SächsABl.SDr. S. S 2), zuletzt enthalten
in der Verwaltungsvorschrift vom 27. November 2017 (SächsABl.SDr. S. S 346), eingestuft
sind.
Erfahrungen und Evaluationen aus den bisherigen Aussteigerprogrammen in Deutschland
verdeutlichen die Komplexität der Beratungsprozesse, vor allem vor dem Hintergrund der
damit einhergehenden „multiplen persönlichen und sozialen Problemlagen“1. Im Jahr 2014
erweiterte
der
Landespräventionsrat
Sachsen
sein
Aussteigerprogramm
für
Rechtsextremisten auf weitere Phänomenbereiche, insbesondere dem religiös motivierten
Extremismus und den Linksextremismus, so dass in Sachsen bereits ein Angebot zu
Verfügung steht. Der Freistaat Sachsen bevorzugt dabei die zentrale Variante ggü. lokalen
Angeboten. Aussteigerprogramme für Linksextremisten und Linksextremistinnen haben sich
in der Gesamtschau der bekannten Angebote bislang als wenig wirkungsvoll erwiesen und
sind im Bundesgebiet auf kommunaler Ebene hier nicht bekannt. Aktuell informiert die
Bundesregierung mit Drucksache 19/1948 über die Umsetzung des seit 1. September 2011
bestehenden Aussteigerprogramms für Linksextremismus auf Bundesebene. Demnach
wurde seit dem Jahr 2012 kein Ausstieg durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)
aktiv begleitet. 28 Personen gaben seit dem Jahr 2012 an, aus der linksextremistischen
Szene aussteigen zu wollen. „Dabei beschränkten sich die Kontakte auf fernmündliche und
sporadische Erstberatungsgespräche, da bei einer Vielzahl von Kontaktsuchenden die
Motivationslage hinsichtlich eines tatsächlich bestehenden Ausstiegswillens oder der
Zugehörigkeit zum linksextremistischen Personenspektrum diffus blieb. Längere
Gesprächskontakte des BfV zu Ausstiegswilligen bestanden aufgrund der beschriebenen
Umstände nicht“ 2. Dabei dürfte eine Rolle spielen, dass sich das Ausstiegsszenario aus dem
linken Milieu weniger komplex und problematisch darstellt als aus der rechten oder
islamistischen Szene. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen sowie der erheblichen
finanziellen
und
logistischen
Anforderungen
bei
der
Etablierung
eines
Aussteigerprogrammes wird dieser Ansatz auf kommunaler Ebene – in Anlehnung an den
Vgl. Möller, K.; Küpper, B.; Buchheit, F.; Neuscheler, F.: Evaluation des Aussteigerprogramms für
Rechtsextremisten des Landes Nordrhein-Westfalen (APR NRW), Esslingen, 2015, S. 103.
2 Deutscher Bundestag (Hrsg.): Aussteigerprogramm für Linksextremismus. Antwort der
Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Höchst, Dr. Christian Wirth,
Sebastian Münzenmeier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD, Drucksache 19/1948 vom
30.04.2018.
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o. a. Verwaltungsstandpunkt – auch weiterhin als nicht zielführend bewertet. Ein
kommunales Aussteigerprogramm für Linksextremismus in Leipzig dürfte ein bundesweites
Alleinstellungsmerkmal darstellen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass vor allem bei
gruppenbezogenen Gewaltdelikten davon auszugehen ist, dass ein nennenswerter Anteil der
Tatverdächtigen über keinen melderechtlichen Wohnsitz in Leipzig verfügt und damit auch
aus der möglichen Zielgruppe eines kommunalen Aussteigerprogrammes fallen würde.
Plausibler als der tertiärpräventive Ansatz eines zusätzlichen kommunalen
Aussteigerprogrammes erscheint es, weitere Maßnahmen der Primärprävention zu prüfen.
Ein Überblick über die bereits vorhandenen facettenreichen Präventionsansätze der
Stadtverwaltung wurde bereits mit dem o. a. Verwaltungsstandpunkt gewährt. Mit der
Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention im Amt für Jugend, Familie und Bildung ist
zudem eine zentrale Koordinationsstelle für die Gewaltprävention institutionalisiert. Die
Ausgangsüberlegung im KPR zur Initiierung des Forschungsvorhabens zu den Ursachen
urbaner Gewalt in Leipzig basierte auf der Erkenntnis, dass das vorhandene
Maßnahmenbündel bzw. die entwickelte Präventionslandschaft bei den heterogenen Formen
urbaner Gewalt zunehmend an ihre Grenzen stößt. Diese Grenzen basieren im
Wesentlichen auf dem Manko, dass keine aktuelle ortsspezifische Analyse der
Entstehungsbedingungen vorliegt, die einerseits die individuelle Disposition zur
Gewaltbereitschaft in Bezug auf verschiedene Phänomene ermöglicht oder etwa darauf
aufbauende
gewaltaffine
gruppendynamische
Prozesse
und
die
Wechselwirkungen/Abhängigkeiten zwischen Gewaltphänomenen erklärt. Gerade deshalb
war es das Anliegen, die Weiterentwicklung der bestehenden Präventionsmaßnahmen auf
der Grundlage der Forschungsergebnisse vorzunehmen, um die Prüfung wirkungsvoller bzw.
zielgruppengerechter Interventionsformen zu ermöglichen. Ergänzend zu den Anfang 2019
vorliegenden Forschungsergebnissen bietet dann der im Rahmen der 38.
Sicherheitskonferenz vorgestellte Ansatz „Prävention im Team“ gute Anknüpfungspunkte,
um die Präventionspotenziale von Stadtverwaltung, Polizei und Landesamt für Schule und
Bildung zu bündeln.
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