Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1257294.pdf
Größe
142 kB
Erstellt
03.03.17, 12:00
Aktualisiert
06.12.18, 16:10
Stichworte
Inhalt der Datei
Antrag Nr. VI-A-03911
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Zuständigkeit
FA Stadtentwicklung und Bau
Vorberatung
FA Kultur
Vorberatung
Ratsversammlung
08.03.2017
1. Lesung
Eingereicht von
Fraktion DIE LINKE
Betreff
Maßnahmenplan zur Sicherung und Schaffung von Atelier- und Projekträumen für
bildende Künstler/innen in Leipzig
Beschlussvorschlag:
1. Die Stadt legt bis zum Ende des 3. Quartals 2017 einen Maßnahmenplan zur Sicherung und
Schaffung von Atelier- und Projekträumen für Künstler/innen in Leipzig vor.
2. Der Maßnahmenplan wird vom Dezernat Kultur in einem partizipativen Verfahren zusammen
mit dem Dezernat für Stadtentwicklung und Bau, Stadträt/innen, Kulturschaffenden sowie
freien Akteuren aus dem Bereich Stadtentwicklung in Leipzig erarbeitet.
3. Die Maßnahmen werden zunächst für einen Zeitraum von fünf Jahren entwickelt. Danach
werden diese evaluiert und der Maßnahmenplan fortgeschrieben.
4. In diesem Zusammenhang lässt die Stadt bis zum Ende des 3. Quartals 2017 prüfen, welche
ihrer Liegenschaften für Atelier- und Projekträume zur Verfügung stehen.
5. Der Maßnahmenplan zur Sicherung und Schaffung von Atelier- und Projekträumen für
Künstler/innen in Leipzig wird in die „Maßnahmen zum Kulturentwicklungsplan der Stadt
Leipzig 2016 - 2020“ und in das integrierte Stadtentwicklungskonzept aufgenommen.
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Sachverhalt:
Im Zuge des Wachstums unserer Stadt und der Entwicklung des Immobilienmarktes zeigt sich
gegenwärtig ein zunehmender Verlust an Atelier- und Projekträumen von Künstler/innen. Die
aktuellen Entwicklungen im Westwerk Leipzig stehen dafür exemplarisch, reihen sich aber ein in
eine besorgniserregende Entwicklung zuungunsten von Kulturschaffenden in Leipzig.
Ähnlich wie dem Westpol erging es auch schon dem Delikatessenhaus, einem der ersten
Kunsträume auf der Karl-Heine-Straße. Nach fast neun Jahren kontinuierlicher und hochwertiger
Kulturproduktion wurde der nichtkommerzielle Kunstraum mit einem kurzfristig gekündigten
Mietvertrag konfrontiert. Die LWB hatte drei zusammenhängende Häuser auf der Karl-Heine-Straße
an die Stadtbau AG verkauft, die das Objekt sanierte und anschließend für den Verein nicht
bezahlbare Mieten verlangte.
Daneben werden auch in der Spinnerei die Mieten aufgrund von kultureller Aufwertung immer teurer,
und immer mehr Unternehmen und kommerzielle Galerien übernehmen die ehemals günstigen
Räume. Aufgrund der Entwicklungen im Immobiliensektor werden auch Wächterhäuser, die einst
Freiräume boten, in Leipzig rar.
So folgt die Entwicklung im Leipziger Westen wohl dokumentierten Gentrifizierungstendenzen:
Kulturelle Träger machen einen Stadtteil durch ein vielschichtiges Kulturangebot attraktiv, worauf die
Mieten steigen, bis die Kulturträger und Kulturschaffenden ökonomisch verdrängt werden.
Diese Entwicklungen lassen sich nunmehr in allen innenstadtnahen Stadtteilen beobachten und
verweisen auf die Dringlichkeit, dafür zu sorgen, dass Räume erhalten und/oder neu geschaffen
werden müssen.
Nach Informationen des BBKL gibt es in Leipzig nur noch sehr wenig innerstädtische Atelierräume,
die für Kulturschaffende zur Verfügung stehen. Hinzu kommt die Mietpreisentwicklung, die dazu
führt, dass auch im Bereich der Atelier- und Projekträume die Kosten steigen, was in vielen Fällen
dazu führt, das Künstler/innen, die in Leipzig zu einem großen Teil prekär leben (d. h. weniger als
17.500 € im Jahr verdienen), sich diese nicht mehr leisten können. Eine Verdrängung von
Künstler/innen aus dem innenstadtnahen Raum an die Stadtränder oder sogar in den ländlichen
Raum wirkt sich langfristig negativ auf das Stadtimage und -bild aus,
Um Leipzig weiterhin als vielfältige Kunststadt zu erhalten, muss die Stadt jetzt mit einer Reihe
unterschiedlicher Maßnahmen auf diese Tendenzen reagieren und dem steigenden Verlust von
bezahlbaren Atelier- und Projekträumen für Künstler/innen entgegensteuern.
Beispielhaft tut das die Stadt Berlin mit einem Atelierförderprogramm und dem Maßnahmenplan
ART STUDIOS 2020. Der Masterplan bezieht sich auf die Sicherung und Schaffung von Ateliers,
also Arbeitsraum für bildende Künstler/innen. Er zeigt die Dringlichkeit, ressortübergreifenden
politischen Handelns auf, denn „nur mit einer konzertierten und alle Möglichkeiten nutzenden
Neuausrichtung der Berliner Atelierförderung kann mittel- und langfristig der Bestand der Berliner
Kunstszene gesichert werden. Der Masterplan formuliert einen Fahrplan und ist zugleich eine
Toolbox für die Berliner Atelierförderung der Zukunft.“1
Die Handlungsansätze dieses Masterplans reichen von der Sicherung bestehender Ateliers in
privaten Objekten und Schaffung neuer Ateliers in landeseigenen und bundeseigenen Objekten über
Kooperation mit gemeinwohlorientierten Trägern oder eine räumliche Koexistenz von künstlerischen
und sozialen Nutzern (z. B. Künstler/innen und Geflüchtete) bis hin zu Bauauflagen bei
Neubauvorhaben.
Für Leipzig müssten selbstverständlich eigene Ansätze gefunden und solche geprüft und eventuell
wieder aufgelegt werden, die schon einmal erfolgreich verfolgt wurden, wie z . B. das kommunale
1Herausgeber:
Kulturwerk gGmbH, des Berufsverbandes bildender künstler berlin, Köthener Str. 44, 10963 Berlin, www.bbk-kulturwerk.de
Verfasser: Florian Schmidt, Atelierbeauftragter und Leiter des Atelierbüros im Kulturwerk des bbk berlin, f.schmidt@bbk-kulturwerk.de
Kooperationspartner: Raumlabor Berlin (Andrea Hofmann, Christoph Mayer)
Mitwirkende Experten: Florian Schöttle (SP - Agentur für Kulturraumentwicklung)
Regine Siegl (sieglundalbert Architekten)
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Atelierförderprogramm, in dessen Rahmen das Kulturamt bis 2006 vom Kulturamt angemietete
Räume freischaffenden bildenden Künstler/innen zu einem kostengünstigen, subventionierten
Mietpreis zur Verfügung gestellt hatte (z. B. 40 Räume [insgesamt 1.055 qm] in der ehemaligen
Werkzeugfabrik Pittler-Tornos). Der Atelierzuschuss der Stadt Leipzig betrug im Durchschnitt jährlich
66.000 EUR.
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