Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1396383.pdf
Größe
143 kB
Erstellt
07.05.18, 12:00
Aktualisiert
16.01.19, 12:34
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Verwaltungsstandpunkt Nr. VI-A-05648-VSP-01
Status: öffentlich
Eingereicht von
Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Betreff:
Gestaltungsauftrag Pflege - Grundsatzprogramm und Bedarfsplanung für die Pflege in
Leipzig
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Seniorenbeirat
FA Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Behindertenbeirat
Ratsversammlung
14.06.2018
21.06.2018
02.07.2018
22.08.2018
Bestätigung
Vorberatung
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
Rechtliche Konsequenzen
Der gemäß Ursprungsantrag gefasste Beschluss wäre
☐
Rechtswidrig und/oder
☐ Nachteilig für die Stadt Leipzig.
☐
Zustimmung
☐ Ablehnung
☐
Zustimmung mit Ergänzung
☐ Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln
☒
Alternativvorschlag
☐ Sachstandsbericht
Alternativvorschlag:
1. Die Stadt Leipzig schöpft die Möglichkeiten, an der künftigen Gestaltung der Pflegelandschaft in Leipzig mit- und auf die Berücksichtigung der Belange vor Ort hinzuwirken, aus.
Im Zusammenwirken mit dem Freistaat Sachsen, Pflegeeinrichtungen und Pflegekassen
trägt die Stadt Leipzig zum Ausbau und zur Weiterentwicklung der notwendigen pflegerischen Versorgungsstrukturen bei.
2. Die Stadt Leipzig baut ihr Pflegenetzwerk zu einer Informations- und Arbeitsplattform zur
Vernetzung aller Akteure der Pflege aus und intensiviert die Zusammenarbeit mit den
Landkreisen Leipzig und Nordsachsen und der Metropolregion Halle/Leipzig.
3. Zugleich und zusätzlich beauftragt der Stadtrat den Oberbürgermeister sich bei der
Landesregierung Sachsen für die Aufstellung eines Sächsischen Landespflegegesetzes
einzusetzen.
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Übereinstimmung mit strategischen Zielen:
x
Finanzielle Auswirkungen
nein
wenn ja,
Kostengünstigere Alternativen geprüft
nein
ja, Ergebnis siehe Anlage zur Begründung
Folgen bei Ablehnung
nein
ja, Erläuterung siehe Anlage zur
Begründung
Handelt es sich um eine Investition (damit aktivierungspflichtig)?
nein
ja, Erläuterung siehe Anlage zur
Begründung
Im Haushalt wirksam
von
Ergebnishaushalt
bis
Höhe in EUR
wo veranschlagt
Erträge
Aufwendungen
Finanzhaushalt
Einzahlungen
Auszahlungen
Entstehen Folgekosten oder Einsparungen?
Folgekosten Einsparungen wirksam
Zu Lasten anderer OE
nein
von
wenn ja,
bis
Höhe in EUR
(jährlich)
wo veranschlagt
Ergeb. HH Erträge
Ergeb. HH Aufwand
Nach Durchführung der
Ergeb. HH Erträge
Maßnahme zu erwarten
Ergeb. HH Aufwand (ohne
Abschreibungen)
Ergeb. HH Aufwand aus
jährl. Abschreibungen
Auswirkungen auf den Stellenplan
Beantragte Stellenerweiterung:
nein
wenn ja,
nein
ja,
Vorgesehener Stellenabbau:
Beteiligung Personalrat
2/5
Begründung:
Zu 1.
Pflege und Pflegebedürftigkeit sind gesellschaftliche Themen, die mit dem demografischen
Wandel weiter an Bedeutung gewinnen. Besondere Herausforderungen ergeben sich aus
der Zunahme des Anteils älterer Menschen in der Bevölkerung und der durch höhere Lebenserwartung gestiegenen Zahl hochaltriger Menschen.
Veränderungen sind auch bei jüngeren Altersgruppen sichtbar. In zunehmendem Maße kann
Pflege nicht durch Angehörige abgesichert werden, wenn aufgrund wachsender beruflicher
Mobilität Kinder und Enkel nicht in der Nähe wohnen oder Pflegebedürftige keine Kinder
haben. Leben pflegebedürftige Menschen nicht mit einem (Ehe-)Partner zusammen, sind sie
auf Unterstützung durch professionelle Pflegekräfte angewiesen.
Der Bedarf an professionellen Pflegefachkräften wird sich weiter erhöhen. Bereits jetzt ist die
Fachkräftesituation im Bereich der ambulanten und stationären Pflege sehr angespannt. Der
Ausbau ehrenamtlicher Unterstützungsangebote und die Schaffung nachbarschaftlicher Hilfenetze spielen bei der Ergänzung und Entlastung der Pflege eine wichtige Rolle.
Das zum 01.07.2008 in Kraft getretene Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PfWG) beinhaltete
viele auf eine Verbesserung der Situation der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen
gerichtete Regelungen. Die strukturelle und organisatorische Umsetzung konnte länderspezifisch gewählt werden. Fast alle Bundesländer haben sich für die Errichtung von Pflegestützpunkten entschieden. Der Freistaat Sachsen schlug einen anderen Weg ein und hat
keine Pflegestützpunkte errichtet, sondern eine „Vernetzte Pflegeberatung“ aufgebaut. Dazu
schlossen die sächsischen Landesverbände der Pflegekassen und die Arbeitsgemeinschaft
der örtlichen Sozialhilfeträger in Sachsen unter Beteiligung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (SMS) eine Kooperationsvereinbarung.
Das Ziel der Vernetzten Pflegeberatung besteht darin, bestehende Strukturen zu nutzen und
auszubauen und dabei die Akteure der Pflege einzubinden. Die Vernetzung der unterschiedlichen Träger der Kranken- und Pflegeversicherung, der Kommune, der medizinischen, pflegerischen und sozialen Leistungserbringer unter Einbindung sozialer sowie bürgerschaftlicher Initiativen und Selbsthilfevereinigungen und Selbsthilfeorganisationen ermöglicht eine
Koordinierung und Steuerung von Leistungen unterschiedlicher Versorgungsbereiche für die
Betroffenen.
Um diesen Intentionen gerecht werden zu können, bedarf es der Beteiligung und Aktivierung
von Netzwerkpartnern aus dem Bereich der Pflege in der Stadt Leipzig. Die Pflegekoordinatorin im Sozialamt ist seit 2016 mit dem Aufbau eines Pflegenetzwerkes, in dem verschiedene Leistungserbringer aus dem Bereich Pflege, z.B. Pflegekassen, ambulante und stationäre Dienste sowie Ansprechpartner aus dem Ehrenamt mitwirken, befasst. Das kommunale
Netzwerk „Leipziger Kooperation Pflege“ ist etabliert und wird von den Leipziger Akteuren
angenommen. Die Arbeitsgruppe Fachkräftesicherung geht beispielsweise derzeit auf das
Landesamt für Schule und Bildung zu mit einem konkreten Konzept für eine Schülermesse
„Pflege – Schüler entdecken, erfahren und erproben ein neues Berufsfeld“.
Mit der Fortschreibung des Fachkonzeptes „Offene Seniorenarbeit in Leipzig“ soll im Rahmen der Beratung in Seniorentreffs künftig auch eine Erst- und Orientierungsberatung zur
Pflege verankert werden. Diese umfasst
- Angebote der Pflegeberatung,
- aktuelle Angebote rund um Pflege und Unterstützung im Alltag unter Nutzung der Pflegedatenbank des Freistaates Sachsen (pflegenetz.sachsen.de),
- Überblick zu Leistungen und Angeboten der Pflegeversicherung nach SGB XI, Krankenversicherung nach SGB V und Sozialhilfe nach SGB XII,
- Sterbebegleitung und
- Selbsthilfegruppen für pflegende Angehörige.
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Mit der Schaffung des Netzwerkes Leipziger Kooperation Pflege wurde enge Zusammenwirken für eine leistungsfähige ambulante und stationäre pflegerische Versorgung der
Bevölkerung (§ 8 SGB XI) intensiviert. planen Die Stadt Leipzig hat jedoch keinen
gesetzlichen Auftrag zum Ausbau ambulanter und stationärer pflegerischer Strukturen
oder zur Gewährleistung einer flächendeckenden Versorgung von Pflegebedürftigen
und Pflegenden.
Die strategische Ausrichtung, Planung und Gestaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig
ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur ist Landesaufgabe
(§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB XI).
Die sächsischen Kommunen und Landkreise haben hierfür weder einen gesetzlichen Auftrag
noch sind sie nach dem Konnexitätsprinzip vom Freistaat Sachsen mit den erforderlichen
Ressourcen ausgestattet. Nach dem in Artikel 85 der Sächsischen Verfassung verankerten
Konnexitätsprinzip hat der Freistaat Sachsen die Pflicht, bei Aufgabenübertragungen auf
Kommunen einen finanziellen Ausgleich für die entstehende Mehrbelastung zu schaffen.
Das Nähere zur Planung und zur Förderung der Pflegeeinrichtungen wird durch Landesrecht
bestimmt (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). ein Landespflegegesetz mit entsprechenden Regelungen gibt es in Sachsen nicht.
Eine stärkere Planungskompetenz der Kommunen wird von der Stadt Leipzug grundsätzlich
gewünscht; dies setzt jedoch einen gesetzlichen Auftrag und eine entsprechende finanzielle
Ausstattung voraus.
Unter den aktuellen Rahmenbedingungen ist es sinnvoll, die Mitwirkungsmöglichkeiten and
er künftigen Gestaltung der Pflegelandschaft in Leipzig auszuschöpfen und auf die Berücksichtigung der Belange vor Ort hinzuwirken.
Die für die Erledigung der Aufgaben nach den Punkten 1 und 2 des Ursprungsantrages –
ungeachtet des fehlenden gesetzlichen Auftrages und der fehlenden Umsetzungskompetenz
– erforderlichen personellen Ressourcen werden auf 2,0 Stellen im Sozialamt geschätzt (1,0
VZÄ Sozialplanung und 1,0 VZÄ in der Abteilung Wirtschaftliche Sozialhilfe).
Vor dem Hintergrund, dass eine Bedarfsplanung in einem Spannungsverhältnis zu dem vom
Bundesgesetzgeber eingeführten Wettbewerb der Leistungserbringer steht, stoßen Bedarfsplanung und ebenso Investitionsförderung - beides rechtlich zulässige Instrumente der
Länder - seit langem an die Grenzen ihrer Wirksamkeit. Bereits das Landessozialgericht
Rheinland-Pfalz hat im Urteil vom 19.08.1999, Az. L5P 33/98 ausgeführt, dass den Ländern
nicht die Kompetenz zustehe, "den vom Bundesgesetzgeber eingeführten Wettbewerb der
Leistungserbringer durch die gezielte Förderung nur ausgewählter Leistungserbringer zu
behindern". Der auch in Sachsen praktizierte Rückzug aus der Bedarfsplanung hat die
Aufgaben des Landes und der Kommunen verändert - Beratung und Information als Mittel
zur Stärkung der Nachfrageseite stehen nunmehr im Vordergrund.
Die Zulassung von Pflegeeinrichtungen obliegt in Sachsen federführend der AOK Plus. Mittel
der Pflegeversicherung stehen dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen zur Verfügung,
um Maßnahmen wie Modellvorhaben, Studien, wissenschaftliche Expertisen und Fachtagungen zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung, insbesondere zur Entwicklung neuer
qualitätsgesicherter Versorgungsformen für Pflegebedürftige, durchzuführen und mit
Leistungserbringern zu vereinbaren (8 Abs. 3 SGB XI).
Ziel der Stadt Leipzig ist es, Menschen mit Hilfebedarf niedrigschwellig Zugang zu Unterstützungsleistungen anzubieten und auf die Inanspruchnahme bestehender Hilfsangebote
hinzuwirken. Für Pflegebedürftige sind das vor allem die soziale Teilhabe am Leben in der
Gesellschaft sowie der längere Verbleib in der gewohnten häuslichen Umgebung (Grundsatz: ambulant vor stationär).
4/5
Dieses Ziel ist in den städtischen Handlungskonzepten (z.B. Fachkonzept Soziale Teilhabe
des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes) und Leistungsbeschreibungen von Angeboten
und Diensten (z.B. Sozialer und pflegerischer Fachdienst, Pflegekoordination) fest verankert.
Auch von der Stadt Leipzig verantwortete gesetzliche Pflichtleistungen wie die Hilfe zur
Pflege, eine ergänzende Sozialhilfe die gezahlt wird, wenn die Leistungen der Pflegeversicherung nicht ausreichen, berücksichtigt den Grundsatz „ambulant vor stationär“. Die
Zielstellung, allen unterstützungs- und pflegebedürftigen Menschen so lange wie möglich
den Verbleib in der eigenen Häuslichkeit zu sichern geht darüber hinaus und ist nicht Ziel
der Stadt Leipzig.
Zu 2.
Das Pflegenetzwerk der Stadt Leipzig „Leipzier Kooperation Pflege“ ist nach kurzer Zeit mit
positiver Resonanz der Akteure fest in Leipzig etabliert. Der überwiegende Teil der Mitglieder
des Netzwerkes beteiligen sich aktiv am Informationsaustausch. In Arbeitsgruppen zu
aktuellen Themen werden Handlungsempfehlungen und Vorschläge für Standards in der
Praxis erarbeitet. In 2018 wird das Netzwerk erstmals eine aktive Rolle in der Ausbildungsmesse übernehmen, um gezielt und attraktiv die Berufe der Pflege Schülern vorzustellen.
Die Pflegekoordinatoren Sachsen stehen in regelmäßigem Austausch untereinander und mit
dem Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz. Im Hinblick auf die
heutige Bevölkerungsmobilität kann die Stadt Leipzig nicht losgelöst von den umliegenden
Kommunen agieren. Die Auswirkungen der hohen Attraktivität der Stadt Leipzig sollten auch
im Pflegesektor mit einem ausgeglichen Maß an Angeboten durch Abstimmungen mit den
Landkreisen Leipzig und Nordsachsen ermöglicht werden. Ein länderübergreifender Ausbau
der Vernetzung ist unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht geplant, jedoch bei
Bedarf möglich.
Zu 3.
Für die Bedarfserhebung und verbindliche Bedarfsplanung sind landesgesetzliche Regelungen notwendig. Ein Landespflegegesetz kann die Grundlage für ein zielgerichtetes Handeln
der Stadt Leipzig für die Gestaltung der Angebote in der Pflege in eigener Verantwortung
und mit Ausgleich der finanziellen Mehrbelastung sein
5/5