Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1324796.pdf
Größe
88 kB
Erstellt
12.10.17, 12:00
Aktualisiert
06.12.18, 17:36
Stichworte
Inhalt der Datei
Antrag Nr. VI-A-04933
Status: öffentlich
Eingereicht von
Fraktion DIE LINKE
Betreff:
Kein Platz für rassistische und nationalistische Hetze auf der Leipziger Buchmesse
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
FA Kultur
Ratsversammlung
18.10.2017
1. Lesung
1. Lesung
Beschlussvorschlag:
Die Stadtverwaltung wirkt im Rahmen ihrer Gesellschafterfunktion an der Leipziger Messe
GmbH darauf hin, dass extrem rechten und rechtspopulistischen Verlagen bei der jährlich
stattfindenden Buchmesse keine Teilnahme als Aussteller und Veranstalter mehr ermöglicht
wird. Dies betrifft insbesondere den COMPACT-Verlag.
Die Verwaltung erstattet dem Stadtrat über die Ergebnisse der Bemühungen Bericht.
Sachverhalt:
Extrem rechte Verlage haben auf der Leipziger Buchmesse eigene Stände. Zwar sind
einschlägige Verlage wie Grabert und Hohenrain mittlerweile nicht mehr vertreten, dafür
präsentiert sich seit dem vergangenen Jahr auch der COMPACT-Verlag auf der Buchmesse.
Zu befürchten ist auch die Präsenz des Verlages Antaios.
In einem Offenen Brief forderten im Jahr 2016 zahlreiche gesellschaftliche und politische
Akteure aus Leipzig die Messe auf, den COMPACT-Verlag von der Buchmesse auszuladen.
Im Jahr 2017 protestierten Aussteller*innen, Autor*innen und Besucher*innen gegen die
Präsenz von COMPACT auf der Messe. Dieser Antrag ist so auch als Ergebnis der
zivilgesellschaftlichen Bemühungen zu verstehen, den extrem rechten Verlagen keine
Plattform auf der Buchmesse zu geben.
Gründe dafür gibt es genug: Das von der Compact Magazin GmbH herausgegebene
COMPACT-Magazin ist ein rechtes Hochglanzmagazin mit einer mehr als
rechtspopulistischen und antiamerikanischen Orientierung sowie einer Neigung zu
verschwörungstheoretischen Argumentationsweisen (vgl. Alexander Häusler, Rainer Roeser:
„Erfurt ist schön deutsch – und schön deutsch soll Erfurt bleiben!“ Das politische
Erscheinungsbild der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) in Thüringen, Hrsg. FriedrichEbert-Stiftung, Landesbüro Thüringen, Erfurt 2015, ISBN 978-3-95861-322-5, S. 29 f.).
Compact versteht sich selbst als Gegenpol zu einer angeblich monolithischen,
gleichgeschalteten Medienlandschaft. Diese wiederum habe ihre Ursache auch in der
1/2
„fehlende[n] Souveränität der Bundesrepublik Deutschland als unabhängiger Staat mit
eigener Verfassung“ (Paul Simon, Andreas Raabe: Wehe uns, Kreuzer 04/2016,
http://kreuzer-leipzig.de/2016/06/22/wehe-uns). Darauf solle auch die Namensgebung
„COMPACT - Magazin für Souveränität“ hinweisen.
Chefredakteur und Anteilseigner Jürgen Elsässer trat mehrfach bei den Aufmärschen der
nationalistisch-rassistischen Gruppierung Legida auf, agiert(e) gegen Geflüchtete, die
Kanzlerin der Bundesrepublik und rief zum Militärputsch auf. (http://kreuzerleipzig.de/2016/06/22/wehe-uns/)
Im Gespräch mit der AfD am Abend der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt 2016 konstatierte
er: »Wir müssen doch einen Weg finden, dieses Regime vor 2017 loszuwerden«. Flüchtlinge
beschreibt er als schlangenartiges Fabelwesen: "Wie ein Lindwurm, ein vieltausendköpfiger
Lindwurm, sich über den Balkan wälzt, auf unsere Grenzen zu, alle Grenzbefestigungen
niederreißt." (Eröffnungsrede zur »Compact-Freiheitskonferenz« am 24.10.2015) Und ist sich
sicher: »Polizei, Armee und Volk stehen zusammen – gegen das Regime!«
(juergenelsaesser.wordpress.com, März 2016)
Der Verfassungsschutz wiederum schreibt, ohne den Namen COMPACT zu erwähnen: »In
einzelnen Magazinen finden sich sogar Aufrufe an Polizisten und Soldaten, den Dienst zu
verweigern und stattdessen die Grenzen der Bundesrepublik zu sichern.«
(https://www.verfassungsschutz.de/de/aktuelles/schlaglicht/schlaglicht-2015-12radikalisierungstendenzen-anlaesslich-der-fluechtlingskrise)
COMPACT zählt es zu einem neurechten publizistischen Netzwerk, das einen großen Anteil
am Anwachsen der menschen- und demokratiefeindlichen Stimmungsmache in diesem Land
hat. Dies trifft auch auf den Verlag Antaois zu, der der neurechten Denkfabrik „Institut für
Staatspolitik“ zugerechnet wird und extrem rechte Autor*innen eine Plattform gibt. 2014
nahm der deutsche Ableger von Amazon 12 Buchtitel des Verlages aus seinem Angebot.
(http://www.spiegel.de/politik/deutschland/amazon-jan-fleischhauer-ueber-die-marktmachtdes-internet-haendlers-a-984544.html)
Die Antragstellerin ist der Meinung, dass dafür auf der Leipziger Buchmesse kein Platz
geboten werden darf. Die Verantwortung darf nicht nur auf die demokratische
Zivilgesellschaft verwiesen werden. Als beispielsweise im Jahr 2017 100 Menschen
gewaltfrei gegen die Präsenz des COMPACT-Verlags protestierten, ging von deren
Sicherheitsleuten und Provokateuren wie dem vom VS Sachsen-Anhalt als
rechtsextremistisch eingeordneten Internetversandbetreiber Sven Liebich gezielte Eskalation
aus. Dabei kletterte er offenbar auf den Stand von COMPACT und fing an, Personen und
Vereine (Besucher der Buchmesse) zu benennen, die in diesem Moment „ihn im Visier
hätten“ und brüllte vom Stand einen Protest-Flashmob an. Er selber und somit COMPACT
beworben das Internetvideo u. a. mit: „Ab Minute 19 beginnt die Action!“.
Die Stadt Leipzig sollte sich als Anteilseignerin der Leipziger Messe GmbH ihrer
Verantwortung für eine demokratische und solidarische Kultur bewusst sein und sich in der
Gesellschafterversammlung für das Anliegen des Antrages stark machen. Die Untersagung
der Teilnahme von COMPACT und dem Verlag Antaois können auf § 70a Absatz 1 der
Gewerbeordnung gestützt werden.
2/2