Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1302058.pdf
Größe
89 kB
Erstellt
17.08.17, 12:00
Aktualisiert
06.12.18, 17:12
Stichworte
Inhalt der Datei
Antrag Nr. VI-A-04694
Status: öffentlich
Eingereicht von
Fraktion DIE LINKE
SPD-Fraktion
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Betreff:
Aufhebung der Sperrstunde nach Sächsischem Gaststättengesetz
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
FA Umwelt und Ordnung
Ratsversammlung
23.08.2017
Vorberatung
1. Lesung
Beschlussvorschlag:
Der Oberbürgermeister wird aufgefordert/beauftragt, die Sperrzeit entsprechend § 9 Absatz 2
Nummer 1 für die Stadt Leipzig aufzuheben.
Sachverhalt:
Im Frühsommer diesen Jahres entbrannte in Leipzig eine Debatte über die so genannte
Sperrstunde. Anlass war, dass das Gewerbe- und Sicherheitsamt der Stadt Leipzig dem
„Institut für Zukunft“, einem renommierten Zentrum für elektronische Kultur und Bildung,
übermittelte, dass von nun an die Sperrstunde einzuhalten ist.
Die Sperrstunde ist ein Relikt vergangener Zeiten. Einige Bundesländer haben sie ganz
abgeschafft, in Sachsen gilt sie formal laut § 9 Sächsisches Gaststättengesetz und beginnt
„bei öffentlichen Vergnügungsstätten um 5 Uhr und endet um 6 Uhr“. In dieser Zeit müssen
die Einrichtungen ihren Betrieb einstellen. Allerdings kann die Sperrstunde von der
Gemeinde „bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher
Verhältnisse“ (§ 9 Absatz 2 Nummer 1) aufgehoben werden.
Leipzig warb und wirbt an verschiedenen Stellen damit, dass die Sperrstunde in Leipzig nicht
angewendet wird (z. B. in der Imagebroschüre „Leipzig lohnt sich“, Seite 10
http://www.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzigde/Stadt/02.7_Dez7_Wirtschaft_und_Arbeit/80_Amt_fuer_Wirtschaftsfoerderung/1_Unterneh
mensservice/ImagebroschuereLeipzig2010.pdf oder im Wirtschaftsbericht 2016, Seite 42
http://www.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzigde/Stadt/02.7_Dez7_Wirtschaft_und_Arbeit/80_Amt_fuer_Wirtschaftsfoerderung/1_Unterneh
mensservice/wibericht2015-de.pdf). Der in zahlreichen Publikationen verwendete Satz „Und
das Beste: Das junge Leipziger Nachtleben kennt keine Sperrstunde.“ fand sich bis vor
kurzem auch auf der Tourismus- und Gastgewerbe-Seite der Stadt Leipzig. Sogar auf
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Wikipedia ist nachzulesen: „In vielen anderen Städten wie z. B. Leipzig, Berlin und Hamburg
gibt es keine generelle Sperr- oder Putzstunde.“
Offensichtlich wurden diese Aussagen der Stadt vor dem Hintergrund der Debatte um das
„Institut für Zukunft“ revidiert.
Um Rechtsklarheit für alle Einrichtungen und Lokalitäten zu schaffen, begehren die
AntragstellerInnen die grundsätzliche Aufhebung der Sperrstunde in Leipzig. Probleme mit
Lärmbelästigung, wie sie im Fall des Instituts für Zukunft und in der Vergangenheit zum
Beispiel auch der Distillery als Grund zur Bekräftigung der Sperrstunde angeführt wurden,
können auch anders, vorzugsweise durch Kommunikation und Moderation, gelöst werden.
Im Fall der Fälle gibt das Gesetz hier Möglichkeiten in die Hand (vgl. § 9 Absatz 2 Nummer 2
Satz 2: „In den Fällen der Verkürzung oder Aufhebung der Sperrzeit können jederzeit
Auflagen erteilt werden.“).
Grundsätzlich bleiben Sinn und Nutzen der Sperrstunde mehr als zweifelhaft. Für
Veranstaltungs- und Party-Einrichtungen ist sie geschäftsschädigend, weil der Betrieb
zumeist um die Zeit der Sperrstunde auf Hochtouren läuft. Für diese Einrichtungen bedeutet
die Sperrstunde BesucherInnenschwund und damit das Wegbrechen von Einnahmen, was
wiederum Arbeitsplätze bedroht und im schlimmsten Fall zur Schließung führen kann. Gegen
Lärmbeschwerden kann die plötzliche Präsenz der VeranstaltungsbesucherInnen im
öffentlichen Raum zudem gar nichts ausrichten.
Das „Institut für Zukunft“ schreibt in seinem Offenen Brief an die Fraktionen des Stadtrats:
„Die Durchsetzung der Sperrstunde bewirkt das komplette Gegenteil von dem, was sich die
Stadt Leipzig unverkennbar auf die Fahnen schreibt - Weltoffenheit, unternehmerische
Attraktivität, Förderung von Kreativen und Kultur.“ Dem schließen sich die
AntragsstellerInnen an.
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VI-P-04813
Einreicher: Herr Kasek
Aufhebung der Sperrstunde in Leipzig
Petition an den Stadtrat zu Leipzig, gem. § 12 SächsGemO.
Der Stadtrat wird aufgefordert von seiner Kompetenz Gebrauch zu machen und im Rahmen einer
Rechtsverordnung nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 SächsGastG die Sperrstundenregelung in Leipzig außer
Kraft zu setzen.
Begründung:
Die Stadt Leipzig hat in den letzten Jahren in ihren eigenen Publikationen damit geworben, dass
es in Leipzig keine Sperrstunde gibt. Aus gutem Grund, denn diese Lösung ist attraktiv für
Kreative, Kulturschaffende und subkulturelle Akteure. Diese sind essentiell für eine bunte,
vielfältige und lebendige Stadt, die Leipzig gerne sein möchte.
Diese Regelung scheint nicht mehr zu gelten. Aktuell wird gegen die Kultureinrichtung und Club
Institut für Zukunft vorgegangen mit dem Verweis auf die Sperrstundenregelung im sächsischen
Gaststättengesetz. Laut § 9 Abs I SächsGastG ist die Sperrstunde in Sachsen zwischen 5-6 Uhr
einzuhalten von Gaststätten und öffentlichen Vergnügungseinrichtungen, wobei im Gesetz den
Kommunen eine eigene Regelung überlassen wird.
Ursprünglich sollte damit die Nachtruhe gesichert werden, inzwischen handelt es sich um eine
sogenannte Putzstunde. Die Sperrstundenregelung ist nicht dafür da Lärmbeschwerden zu
regulieren. Diese werden ggf. über das Bundesimmissionsschutzgesetz in Verbindung mit der TA
Lärm und dem OwIG sanktioniert, so dass ein Rückgriff auf § 9 SächsGastG nicht nur
systemwidrig sondern willkürlich und unsinnig ist.
Die Sperrstunde ist eine veraltete Regelung, die nicht mehr den Gegebenheiten städtischer Kultur,
insbesondere dem Nachtleben und zeitgemäßen Lebensentwürfen entspricht. Deswegen haben
eine Reihe von Bundesländern gar keine Sperrstunde mehr, die dadurch besonders attraktiv für
Subkultur, Kreative und Kulturschaffende sind.
Ihre konsequente Durchsetzung würde vielen Kulturstätten in Leipzig die Existenzgrundlage
nehmen, was nicht nur die Gefährdung von Arbeitsplätzen sondern vielmehr ein
unwiederbringlicher kultureller Verlust für die Universitätsstadt und ihr Lebensgefühl bedeuten
würde. Denn die aktuelle Durchsetzung der Sperrstunde im Falle des Institut für Zukunft hat eine
große Tragweite für alle Kultureinrichtungen der Stadt - morgen könnte jede beliebige Location zur
Durchsetzung aufgefordert werden. Betroffen ist aktuell nur eine - in Gefahr bringt die Sperrstunde
jede andere Kulturstätte in Leipzig und damit die komplette kulturelle Infrastruktur der Stadt!
Die Durchsetzung der Sperrstunde in Leipzig schadet dem Standort im Bereich der
Kulturwirtschaft, zu der auch die über die bundesweit bekannte Clubszene gehört. Dem Ruf der
Stadt und der Lebensqualität ihrer Bewohner*innen wird damit immenser Schaden zugefügt.
Wir fordern deshalb die Sperrstunde in Leipzig generell aufzuheben.