Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1380492.pdf
Größe
100 kB
Erstellt
21.03.18, 12:00
Aktualisiert
06.12.18, 18:42
Stichworte
Inhalt der Datei
Antrag Nr. VI-A-05648
Status: öffentlich
Eingereicht von
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Betreff:
Gestaltungsauftrag Pflege - Grundsatzprogramm und Bedarfsplanung für die Pflege in
Leipzig
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Ratsversammlung
FA Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Seniorenbeirat
Behindertenbeirat
21.03.2018
29.03.2018
12.04.2018
23.04.2018
Zuständigkeit
Beschlussvorschlag:
1. Die Stadt Leipzig erarbeitet bis zum IV. Quartal 2019 ein Grundsatzprogramm
Pflege in Leipzig. Darin werden Leitlinien zur Entwicklung eines am Gemeinwesen
orientierten, sozialraumbezogenen weiteren Ausbaus ambulanter, stationärer,
komplementärer und hauswirtschaftlicher Strukturen formuliert, um eine
flächendeckende Versorgung von Pflegebedürftigen und Pflegenden zu
gewährleisten.
2. Zugleich verpflichtet sich die Stadt Leipzig zu einer fortlaufenden, quartiersorientierten
Pflegebedarfsplanung. Die erste Fassung legt sie dem Stadtrat ebenfalls zum IV.
Quartal 2019 vor.
3. Grundsatzprogramm und Bedarfsplanung bilden die Grundlage für eine strukturelle
Förderung von innovativen gemeindebezogenen Projekten, u. a. im Rahmen der
Liegenschaftspolitik, der Wirtschaftsförderung und der Unterstützung und Beratung
von Anbietern zur Entwicklung von Geschäftsmodellen unter Beteiligung der
Pflegekassen.
4. Grundsatzprogramm und Bedarfsplanung unterliegen den Zielstellungen:
a. allen unterstützungs- und pflegebedürftigen Menschen in Leipzig so lange wie
möglich und gewollt, den selbstbestimmten Verbleib in der eigenen
Häuslichkeit zu sichern
b. Stärkung der wohnortnahen Versorgungsstrukturen
c. Ausbau von primären Präventions- und Rehabilitationsangeboten und einer
lebensweltorientierten Gesundheitsförderung
5. Die Stadt Leipzig baut ihr Pflegenetzwerk zu einer Informations- und Arbeitsplattform
zur Vernetzung aller Akteure der Pflege aus und intensiviert die Zusammenarbeit mit
den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen und der Metropolregion Halle/Leipzig.
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6. Zugleich und zusätzlich beauftragt der Stadtrat den Oberbürgermeister sich in der
Landesregierung Sachsen für die Aufstellung eines Sächsischen
Landespflegegesetzes einzusetzen.
Sachverhalt:
Die Bevölkerung in Deutschland unterliegt einem raschen Alterungsprozess. Die Zahl älterer
Menschen und ihr Bevölkerungsanteil nehmen zu. Da Menschen mit steigendem Alter
vermehrt pflegebedürftig sind, wächst auch die Anzahl der pflegebedürftigen Personen.
„2015 waren im Freistaat Sachsen 166 792 Menschen pflegebedürftig. Das entspricht einem
Anteil an der sächsischen Bevölkerung von 4,1 % (2013: 3,7 %).
Bis 2020 wurden für Sachsen 172 000 Personen mit Pflegestufe prognostiziert. Auch in
Leipzig ist dieser Trend zu erwarten. Die Zahl Betroffener stieg seit der ersten Pflegestatistik
1999 ständig an und wird auch, bedingt durch das „Älterwerden“ der Menschen,
in den nächsten Jahren noch steigen. Das muss bei der Planung der sozialen Infrastruktur
Beachtung finden.“1
Unter Berücksichtigung der Sozialstruktur Leipzig ist diese zu erwartende Steigerung der
Pflegebedürftigkeit mit einer erheblichen Steigerung der Kosten zur „Hilfe zur Pflege“ (SGB
XII) verbunden. Schon im Haushaltsplan 2017/2018 sind ca. 16 Mio. Euro pro Jahr dafür
veranschlagt. Diese Summe wird weiter steigen, und zwar umso heftiger, je weniger wir
bereit sind, selbst zu gestalten.
Auch vor diesem wirtschaftlichen Hintergrund ist es höchste Zeit, dass die Stadt Leipzig sich
konzeptionell und planerisch den Herausforderungen stellt, die mit einer wachsenden Zahl
pflegebedürftiger Einwohner verbunden ist. Eine ausgewogene und bedarfsgerechte
Pflegeinfrastruktur ist Teil der kommunalen Daseinsfürsorge. Im Sinne des Siebten
Altenberichts der Bundesregierung stellen sich der Kommune vielfältige Handlungsaufgaben.
Die gesundheitliche Versorgung muss in wohnortnahen Strukturen sichergestellt sein und die
primäre Präventions- und Rehabilitationsangebote müssen ausgebaut werden, um
Pflegebedürftigkeit zu vermindern, zu verkürzen oder ganz zu verhindern.
Für eine bessere pflegerische Versorgung müssen gemischte Pflegearrangements
systematisch und flächendeckend gestärkt werden, teilstationäre Angebote,
Beratungsmöglichkeiten ausgebaut und die Gewinnung von Fachkräften unterstützt werden.
Eine Förderung altersgerechten Wohnumbaus, eine abgestimmte Mobilitätspolitik und die
Ausstattung des Sozialraums mit nachbarschaftlichen Hilfe- und Unterstützungsangeboten,
hält die Quote der teuren, und vor allem ungewollten, stationären Pflege so gering wie
möglich.
Eine bedarfsgerechte Pflegelandschaft ist humanitäres Muss und auch ein wirtschaftliches
Plus, denn sie spart kommunale Hilfen, ist ein krisensicherer Beitrag zur lokalen Wirtschaft
und reduziert die Doppelbelastung durch die familiäre Pflege für die dringend benötigten
Fachkräfte.
Das skandalöse Fehlen eines Sächsischen Landespflegegesetzes und damit verbundenen
mangelnden Mittelbereitstellungen darf uns in Leipzig nicht davon abhalten, die
beschriebenen Aufgaben in Angriff zu nehmen, die Grundsätze einer guten Leipziger
Pflegeversorgung zu erarbeiten und für eine gute Versorgung in der Zukunft zu sorgen.
Anlagen:
1
Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen [Statistischer Quartalsbericht IV/2016]
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