Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1370579.pdf
Größe
135 kB
Erstellt
21.02.18, 12:00
Aktualisiert
22.03.18, 11:02
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Verwaltungsstandpunkt Nr. VI-A-05387-VSP-01
Status: öffentlich
Eingereicht von
Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Betreff:
Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus am Gebäudekomplex Riebeckstraße 63
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Behindertenbeirat
BA Jugend, Soziales, Gesundheit
Ratsversammlung
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
11.04.2018
18.04.2018
Bestätigung
Information zur Kenntnis
Vorberatung
Beschlussfassung
Rechtliche Konsequenzen
Der gemäß Ursprungsantrag gefasste Beschluss wäre
☐
Rechtswidrig und/oder
☐ Nachteilig für die Stadt Leipzig.
☐
Zustimmung
☐ Ablehnung
☒
Zustimmung mit Ergänzung
☐ Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln
☐
Alternativvorschlag
☐ Sachstandsbericht
Beschlussvorschlag:
Die Stadtverwaltung wird beauftragt im Zuge der Umbauten in der Riebeckstraße 63, in geeigneter Form dauerhaft auf die schreckliche Geschichte des Gebäudekomplexes zum Beispiel als städtische Arbeitsanstalt im Nationalsozialismus und als venerologische Station zu
DDR-Zeiten aufmerksam zu machen.
Recherche und Ausarbeitung einer Gedenkform sollen in Zusammenarbeit mit dem sächsischen Psychiatriemuseum, welches bereits in der Vergangenheit zu der Geschichte des
Hauses geforscht hat, und der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig stattfinden.
Für die Finanzierung des Vorhabens sind Anträge an relevante Stiftungen zu stellen
bzw. Spendenmittel einzuwerben.
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Übereinstimmung mit strategischen Zielen:
Finanzielle Auswirkungen
nein
wenn ja,
Kostengünstigere Alternativen geprüft
nein
ja, Ergebnis siehe Anlage zur Begründung
Folgen bei Ablehnung
nein
ja, Erläuterung siehe Anlage zur Begründung
Handelt es sich um eine Investition (damit aktivierungspflichtig)?
nein
ja, Erläuterung siehe Anlage zur Begründung
Im Haushalt wirksam
von
Ergebnishaushalt
bis
Höhe in EUR
wo veranschlagt
Erträge
Aufwendungen
Finanzhaushalt
Einzahlungen
Auszahlungen
Entstehen Folgekosten oder Einsparungen?
Folgekosten Einsparungen wirksam
Zu Lasten anderer OE
nein
von
wenn ja,
bis
Höhe in EUR
(jährlich)
wo veranschlagt
Ergeb. HH Erträge
Ergeb. HH Aufwand
Nach Durchführung der
Ergeb. HH Erträge
Maßnahme zu erwarten
Ergeb. HH Aufwand (ohne
Abschreibungen)
Ergeb. HH Aufwand aus
jährl. Abschreibungen
Auswirkungen auf den Stellenplan
Beantragte Stellenerweiterung:
nein
wenn ja,
nein
ja,
Vorgesehener Stellenabbau:
Beteiligung Personalrat
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Begründung:
Es handelt sich bei dem Gebäudekomplex um ein bauliches Ensemble des ehemaligen städtischen Arbeitshauses, mit einer bis in die unmittelbare Vergangenheit reichenden Geschichte der Ausübung institutioneller Gewalt gegenüber verschiedenen marginalisierten Bevölkerungsgruppen.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden hier zahlreiche Verbrechen an Juden, Sinti und
Roma, psychisch kranken und geistig behinderten Menschen, Zwangsarbeitern und politisch
Verfolgten begangen. In dieser Zeit war die Einrichtung u.a. Polizei-Ersatzgefängnis, seit
1935 auch Unterbringungsstätte für politische Schutzhäftlinge, Gefängnis und Durchgangsanstalt für ausländische Zwangsarbeiter, Zwangsarbeitsort für Leipziger Juden, sowie 1943
ebenfalls Internierungsort/Sammelstelle für Juden und Sinti und Roma. Ab 1937 waren ehemalige Psychiatriepatienten der Heil- und Pflegeanstalt Dösen in die Einrichtung verlegt worden, die 1940/41 im Rahmen der T4-Mordaktion von hier aus über Zwischenanstalten in die
Tötungsanstalt verbracht und ermordet worden sind.
Nach Ende des Krieges setze sich der repressive Charakter der Einrichtung fort, indem der
Gebäudekomplex als Fürsorgeheim Thonberg zur Zwangsbehandlung von und als Arbeitsanstalt für die zwangsweise Unterbringung „asozialer Elemente“ weiter genutzt wurde.
Seit Mitte der 70er Jahre wurde eine Außen-Abteilung des Bezirkskrankenhauses LeipzigDösen eingerichtet, in der bis zu 120 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen –
zum Teil auch geschlossen – untergebracht waren.
1990 wurde die venerologische Station geschlossen und alle Häuser als Wohnheim für psychisch Kranke und/oder geistig behinderte Menschen genutzt. Das Wohnprojekt Riebeckstraße wurde 1999 in den Städtischen Eigenbetrieb Behindertenhilfe überführt und nach Eröffnung kleinerer Nachfolgeeinrichtungen im Jahr 2012 als Unterbringungsort für behinderte
Menschen geschlossen. Es erfolgte der Umbau zur Unterkunft für Geflüchtete. Haus 3 wurde
zur stationären Einrichtung der Jugendhilfe umgebaut und 2016 in Betrieb genommen. In
2018 wird der Umbau von Haus 2 zur integrativen Kindertagesstätte für 198 Kinder vorgenommen.
Mit der Aufarbeitung der Geschichte der ehemaligen Arbeitsanstalt und der Schaffung eines
Gedenkens an die Opfer soll die Öffentlichkeit über die Ausgrenzung, Diskriminierung und
Verbrechen dieses Ortes informiert und Opfern dieser Gewalt ein öffentliches Gedenken
ermöglicht werden. Hierzu sind alle vorhandenen historischen Arbeiten in eine Gesamtübersicht zusammenzufassen und ggf. durch gezielte Recherchen zu ergänzen. Initiativen und
Einrichtungen wie die Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig und das Sächsische Psychiatriemuseum werden daran beteiligt.
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