Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1374768.pdf
Größe
94 kB
Erstellt
06.03.18, 12:00
Aktualisiert
06.03.18, 19:39
Stichworte
Inhalt der Datei
Einwohneranfrage Nr. VI-EF-05566
Status: öffentlich
Eingereicht von
Herr Cornelius Hölzel (BUND)
Betreff:
Maßnahmen der Stadt Leipzig bezüglich des Insektensterbens
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
Ratsversammlung
21.03.2018
mündliche Beantwortung
Sachverhalt:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
das Artensterben hat weltweit, auch in Deutschland, ein bedrohliches Ausmaß
angenommen. Das Thema Insektensterben ist zurzeit in aller Munde. In den vergangenen 27
Jahren ist die Biomasse von fliegenden Insekten insgesamt um über 76,7 Prozent (Krefelder
Publikation, Plos One) zurückgegangen. Laut der Universität Leipzig belegen
Untersuchungen aus dem Auwald, dass zum Beispiel seit Anfang der 2000er-Jahre der
Bestand der Wildbienen um 90 Prozent zurückgegangen ist. Bereits mit der "Konvention für
biologische Vielfalt" von 1992 hat die Staatengemeinschaft auf die Bedrohung der
Biodiversität hingewiesen, und auch Deutschland hat sich zu deren Schutz verpflichtet. Die
sächsische Staatsregierung hat bisher kein Landesprogramm zur Sicherung der heimischen
Artenvielfalt. Doch die Zeit drängt, es muss auf kommunaler Ebene etwas zum Schutz von
Bestäubern getan werden. In Sachsen sind aktuell 1275 Insektenarten für die Rote Liste
bearbeitet, davon gelten 98 Arten (7,7 %) als ausgestorben und 122 (9,6 %) als vom
Aussterben bedroht. Allein von den 407 in Sachsen nachgewiesenen Bienenarten werden in
der Roten Liste 287 Arten als ausgestorben oder gefährdet eingestuft (LfULG 2005) – mit
70,5 Prozent hat Sachsen einen der höchsten Anteile der Roten Listen deutschlandweit.
Dem Artenschutz-Report 2015 (Bundesamt für Naturschutz) zufolge ist jede dritte
untersuchte Art in Deutschland gefährdet. Es ist zu befürchten, dass die Aussterberate in
nächster Zeit rapide ansteigt, wenn wir den Ursachen nicht schnell entgegenwirken. Als
Lösungsansatz fordert das Bundesnaturschutzgesetz gezielte Biotopvernetzungen. Vor
allem (aber nicht ausschließlich) in landwirtschaftlichen Gebieten sind „zur Vernetzung von
Biotopen erforderliche lineare und punktförmige Elemente, insbesondere Hecken und
Feldraine sowie Trittsteinbiotope, zu erhalten und dort wo sie nicht in ausreichendem Maße
vorhanden sind, zu schaffen“ (Bundesnaturschutzgesetz § 21 (6)). Ohnehin sind die
Kommunen im Rahmen der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“ verpflichtet, die
kommunalen Wegränder für neue Biotopverbundlinien in Form von ökologisch bedeutsamen
Hecken (mit Kernzone, Mantel und Saum) bzw. Dauerblühstreifen mit heimischen
Wildkräutern zu nutzen. Die Biodiversität ist im urbanen Raum nachweislich höher als auf
konventionell landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen. Seit 2012 bekennt sich die Stadt
Leipzig zur „Kommune der biologischen Vielfalt“.
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Wir fragen an:
Welche
konkreten
Maßnahmen
unternimmt
die
Stadt
Leipzig,
um
den
bundesnaturschutzrechtlichen Zielen, den nationalen Zielen sowie selbstgesteckten Zielen
als „Kommune der biologischen Vielfalt“ gerade bezüglich des oben genannten
Insektensterbens gerecht zu werden?
Unterfragen:
1. Findet im Rahmen von landesweiten Biotopverbundlinien eine ökologische
Aufwertung und zielorientierte Pflege des Straßenbegleitgrüns statt, da
Straßenbegleitgrün eine wesentliche Rolle als Biotopverbundelement erfüllen kann
und eine Wiedervernetzung von Lebensräumen als Wanderkorridore und zum
genetischen Austausch darstellt?
2. In welcher Form findet die Schaffung von bundesnaturschutzrechtlich
festgeschriebenen Biotopvernetzungen innerhalb von Stadtentwicklungsplänen und
Verkehrskonzepten sowie bei Ausgleichsmaßnahmen Berücksichtigung?
3. Mit Beschluss vom 25.03.2016, Vorlage – A-00146/14, wurde vom Stadtrat ein
schrittweiser Verzicht auf Pestizide auf kommunalen Flächen beschlossen. Auf
Nachfrage zum Sachstand zum betreffenden Ratsbeschluss Leipzig auf dem Weg
zur pestizidfreien Kommune (Vorlage – VI-F-03983) wurden verschiedene Akteure,
die mithilfe von Ausnahmegenehmigungen weiterhin Pestizide verwenden, sichtbar.
Hierzu zählen der Stadtforst, die Leipziger Wohnungsgenossenschaf-ten, Friedhöfe,
der Leipziger Zoo, die Leipziger Verkehrsbetriebe, Botanischer Garten Leipzig,
Kleingärten, Städtische Werke (swb), kommunale Landwirtschaftsflächen, welche
auch an FFH- Gebiete angrenzen sowie Flächen mit laufenden Verträgen. In
welchem Umfang hat die Stadt Leipzig im Jahr 2017 als sogenannte „pestizidfreie
Kommune“ Ausnahmegenehmigungen zum Pestizideinsatz auf kommunalen Flächen
an welche Akteure und mit welcher Begründung erteilt?
Wir bitten um detaillierte mündliche Beantwortung. Vielen Dank!
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