Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1367456.pdf
Größe
231 kB
Erstellt
09.02.18, 12:00
Aktualisiert
01.03.18, 21:18
Stichworte
Inhalt der Datei
Neufassung Nr. VI-DS-04717-NF-02
Status: öffentlich
Eingereicht von
Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport
Betreff:
Kooperation im Bereich Veterinärmedizin
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
Ratsversammlung
28.02.2018
Information zur Kenntnis
Beschluss des Oberbürgermeisters vom 01.11.2017:
Die Kooperationsvereinbarung zwischen der Stadt Leipzig und der Universität Leipzig
vom 03.12.2012 wird ergänzt um eine Kooperation im Bereich Veterinärmedizin. Dazu
wird folgender Text vereinbart:
Kooperation im Bereich Veterinärmedizin
Stadt und Universität begreifen die intellektuellen Potenziale der Universität und der
Veterinärbehörde Stadt Leipzig im speziellen als unverzichtbare Einheit von Forschung,
Lehre und Praxis. In der Öffentlichkeit geführte Debatten zu dem im Grundgesetz
verankerten Aspekt des Tierschutzes können vorbildhaft in Leipzig in Theorie und Praxis zur
Anwendung kommen. Besondere Aufgaben der Zusammenarbeit sind hier:
Ausbau des Beziehungen zwischen der städtischen Veterinärbehörde und der
entsprechenden universitären Einrichtung
kontinuierliche Abstimmung der Schwerpunkte von städtischer Behördentätigkeit und
universitärer Forschung
Entwicklung eines intellektuellen Austausches und Wissenstransfers: gemeinsame
Forschungsvorhaben und Vorlesungen, gegenseitige Nutzung von personellen und
sächlichen Ressourcen
wechselseitige Unterstützung bei der Bereitstellung von städtischen und universitären
Mitteln bzw. forschungsrelevanten Drittmitteln bei öffentlichen wie privaten
Fördermittelgebern
wechselseitige Unterstützung bei der Organisation von Kongressen, Konferenzen,
Veranstaltungen
1/8
Übereinstimmung mit strategischen Zielen:
X
Finanzielle Auswirkungen
nein
wenn ja,
Kostengünstigere Alternativen geprüft
nein
ja, Ergebnis siehe Anlage zur Begründung
Folgen bei Ablehnung
nein
ja, Erläuterung siehe Anlage zur
Begründung
Handelt es sich um eine Investition (damit aktivierungspflichtig)?
nein
ja, Erläuterung siehe Anlage zur
Begründung
Im Haushalt wirksam
von
Ergebnishaushalt
bis
Höhe in EUR
wo veranschlagt
Erträge
Aufwendungen
Finanzhaushalt
Einzahlungen
Auszahlungen
Entstehen Folgekosten oder Einsparungen?
Folgekosten Einsparungen wirksam
Zu Lasten anderer OE
nein
von
wenn ja,
bis
Höhe in EUR
(jährlich)
wo veranschlagt
Ergeb. HH Erträge
Ergeb. HH Aufwand
Nach Durchführung der
Ergeb. HH Erträge
Maßnahme zu erwarten
Ergeb. HH Aufwand (ohne
Abschreibungen)
Ergeb. HH Aufwand aus
jährl. Abschreibungen
Auswirkungen auf den Stellenplan
Beantragte Stellenerweiterung:
X
nein
wenn ja,
X
nein
ja,
Vorgesehener Stellenabbau:
Beteiligung Personalrat
2/8
Sachverhalt:
Mit der DS V/2650 wurde im Stadtrat am 23.01.2013 die "Kooperationsvereinbarung
zwischen der Stadt Leipzig und der Universität Leipzig" zur Kenntnis genommen, die bereits
vorab durch Herrn Oberbürgermeister Jung und Frau Rektorin Prof. Dr. med. Schücking am
03.12.2012 unterschrieben wurde. Mit dieser Vorlage soll diese Kooperation um einen
weiteren Bereich ergänzt werden. Ziel ist die Verständigung und Vereinbarung der
Kooperation im Bereich Veterinärmedizin - federführend bearbeitet durch das städtische
Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt (VLA) und das universitäre Institut für Tierhygiene
und Öffentliches Veterinärwesen.
Stadt und Universität betrachten es als gemeinsame Aufgabe, sowohl in der universitären
Forschung und Ausbildung als auch im praktischen Vollzug in einem kommunalen
Veterinäramt - als untere Veterinärbehörde - dem Aspekt des Tierschutzes im Sinne des Art.
20a des Grundgesetzes (GG) gerecht zu werden.
"Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen
Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die
Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und
die Rechtsprechung."
Der Deutsche Bundestag stimmte dieser Formulierung am 17. Mai 2002 zu, der Bundesrat
am 21. Juni 2002. Die Grundgesetzänderung wurde am 31. Juli 2002 im Bundesgesetzblatt
veröffentlicht und ist am Tag darauf in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 53).
Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist durch die Verfassungsergänzung nicht
automatisch verändert. Tierversuche sind nicht automatisch verboten und auch die intensive
Nutztierhaltung ist im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zulässig. In diesem Sinne ist
das Staatsziel Tierschutz weiter zu konkretisieren: von der Politik bei der Gesetzgebung, von
den Verwaltungsbehörden und Gerichten bei der Auslegung und Anwendung des Rechts,
von der Wissenschaft bei der Forschung und Unterstützung der Wirksamkeit des Staatsziels.
Das Staatsziel bietet erstmals die Möglichkeit, den Tierschutz auch gegen die Interessen der
Tiernutzer durchzusetzen. Es bildet ein entscheidendes Gegengewicht gegen menschliche
Grundrechte wie die Freiheit von Forschung, Berufsausübung, Religion oder Kunst, die der
Tiernutzung zuvor weit gehenden Vorrang vor Tierschutz einräumten, nun aber gegen die
Tierschutzerfordernisse abgewogen werden müssen.
Mit dem Staatsziel sind Tiere weder dem Menschen gleichgestellt noch ist deren Nutzung
verboten. Es geht darum, den Umgang mit Tieren in ethisch verträgliche, tierschutzgerechte
Bahnen zu lenken.
Daher vereinbaren die Stadt Leipzig und die Universität Leipzig auf dem Gebiet des
Tierschutzes eng zusammenzuarbeiten und die jeweiligen sächlichen und personellen
Ressourcen aufeinander abgestimmt zu nutzen.
Projekte, die einerseits von wissenschaftlichem Interesse sind und deren Erkenntnis
gleichzeitig als Entscheidungsgrundlage für die Stadt Leipzig in behördlicher Funktion dienen
können, sind hier von besonderem Interesse. Diese Projekte können entwickelt werden und
die Themen definiert werden. Eine personelle Unterstützung der Forschung auf dem Gebiet
des Tierschutzes könnte durch eine Mitarbeit eines/r städtischen Angestellten im Institut für
Tierhygiene umgesetzt werden. Zudem wird die gemeinsame Einwerbung von
forschungsrelevanten Drittmitteln bei öffentlichen wie privaten Fördermittelgebern vereinbart.
Soweit nötig und in Beachtung des Haushaltsvorbehalts der jeweiligen Haushaltsplanung
geplant bzw. dargestellt, können ggf. für Einzelprojekte auch städtische Haushaltsmittel,
analog dem Projekt "Tiergesundheit von freilebenden Katzen" in Beachtung der
Rahmenrichtlinie oder als gemeinsames Kooperationsprojekt zur Verfügung gestellt werden.
3/8
Folgende konkrete und aktuelle Projekte können in diesem Sinne gemeinsam bearbeitet
werden. Die Auswahl stellt eine Themenzusammenstellung, keine verbindliche Zusage dar:
1 Projekt Tiergesundheit von freilebenden Katzen
Gemäß § 13b Tierschutzgesetz (TierSchG) sind Landesregierungen ermächtigt durch
Rechtsverordnung Gebiete festzulegen, in denen Schmerzen, Leiden und Schäden an
freilebenden herrenlosen Katzen festzustellen sind, die auf eine hohe Anzahl dieser Katzen
in dem Gebiet zurückzuführen sind und bei denen die Verminderung von Schmerzen, Leiden
und Schäden durch Verminderung der Anzahl dieser Katzen in dem Gebiet erreicht werden
kann. In diesen Gebieten könnten u. a. auch Maßnahmen festgelegt werden, mit denen der
freie Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen in Privatbesitz beschränkt oder verboten werden
kann sowie die Einführung von Kennzeichnungs- und Registrierungspflichten. An den Erlass
einer solchen Regelung sind hohe Hürden geknüpft.
Die Stadt Leipzig realisiert seit 25 Jahren ein Kastrationsprogramm für freilebende Katzen.
Festzustellen ist aber auch, dass zur Thematik unzählige Bürgeranfragen oder - anzeigen
rund um die Thematik "Fundkatze" oder "herrenlose Katze" bzw. Abgrenzungsfragen dazu in
nicht unerheblicher Anzahl nahezu täglich gegenüber dem VLA sowie während des
amtstierärztlichen Rufbereitschaftsdienstes nachts und an Wochenenden/Feiertagen
formuliert werden.
Der Tierschutzbeirat und der Stadtrat beschäftigten sich mit dem Thema. Bürger der Stadt
engagieren sich für den Schutz herrenloser Katzen. Sie forderten u. a. eine Kastrationspflicht
für privat gehaltene Katzen mit Freilauf. Bisher fehlt es an einer wissenschaftlichen
Datenbasis über Zahl und Zustand freilebender Katzenpopulationen in Leipzig.
Mit dem Kooperationsprojekt "Tiergesundheit freilebender Katzen" sollen Anzahl,
Populationsstruktur und Gesundheitszustand freilebender herrenloser Katzen in der Stadt
valide ermittelt und Schlussfolgerungen für die Verwaltung abgeleitet werden. Am Ende steht
eine wissenschaftlich fundierte Aussage, ob in Leipzig die Voraussetzungen zum Erlass
einer Rechtsregelung vorliegen. Sofern dies nachgewiesen werden sollte, ist zu klären, ob
und wenn ja, in welcher Art und Weise Eingriffe in die Eigentumsrechte von Katzenhaltern in
der Stadt erforderlich sind. Mit den Daten aus der Studie ist es möglich, konkrete Aussagen
darüber zu treffen, ob und in welcher Form Handlungsbedarf für die Verwaltung besteht, ggf.
Schmerzen oder Leiden herrenloser Katzen aus ethischen oder ordnungsrechtlichen
Gründen zu lindern, zu beseitigen oder durch vorbeugende Maßnahmen zu verhindern. Das
Ergebnis soll veröffentlicht werden. Mittel in Höhe von 40.000 EUR stehen für zwei Jahre zur
Verfügung (VI-DS-03490).
Nutzen für die Stadt:
valide Datenbasis zu Größe, Struktur und Gesundheit freilebender
Katzenpopulationen als Grundlage für Verwaltungsentscheidungen
Klarheit zur Frage, ob in Leipzig die Voraussetzungen und die Notwendigkeit zum
Erlass einer rechtlichen Regelung gemäß § 13b TierSchG (Rechtsverordnung
Landesregierung) besteht
Klarheit, ob die Notwendigkeit zur Regulierung des Freilaufs von Katzen in
Privatbesitz (Kennzeichnung, ordnungsrechtliche Registrierung, Kastration) besteht
Ableitungen über den Bedarf zur medizinischen Behandlung im Fall von
Infektionskrankheiten, Parasitosen oder Verletzungen unter freilebenden Katzen aus
ordnungsrechtlichen Gründen ("leidendes Tier im öffentlichen Raum")
4/8
Aussagen zur Wirksamkeit und Perspektive der bisher durchgeführten
populationsregulatorischen Maßnahmen (Kastrationsprogramm) der Stadt
Erkenntnisse über die Populationsdynamik (Einflussfaktoren auf die
Vermehrungsrate? Welche Rolle spielen ausgesetzte, zurückgelassene oder
entlaufene Hauskatzen oder die Migration von außen?) als Grundlage für eine
eventuelle Steuerung
2 Tierschutz, Tierhaltung und Tierhygiene in Tierheimen
Angestrebt wird ein bundesweiter Vergleich über die finanzielle und materielle Ausstattung
von Großstadttierheimen (Städte mit 600.000 bis 800.000 Einwohnern) zur Zahl der
erforderlich vorzuhaltenden Tierheimplätze je nach Tierart (Hunde, Katzen, Vögel,
Kleinsäuger, Reptilien, sonstige) und der Kosten für Unterbringung, Pflege und der
tiermedizinischen Behandlung.
Die Stadt Leipzig verfügt über eines der modernsten und größenmäßig respektabelsten
Tierheime in Deutschland (150 Hunde-, 120 Katzenplätze, drei Räume für Kleinsäuger, ein
Raum für Vögel, zwei Räume für Terrarientiere - Schlangen/Reptilien - , zwei Räume mit
Aquarien für Fische).
Aufgrund von verändertem Kaufverhalten und nahezu unbegrenzter Verfügbarkeit exotischer
Tiere aller Arten im Internet landen viele dieser Tiere im Tierheim, offenbar vor allem, weil
sich ein Teil der Käufer im Vorfeld die Konsequenzen eines solchen Kaufs nicht klar macht.
Diese Entwicklung wird sich in Zukunft fortsetzen. Räume im Tierheim, die für die
Unterbringung von Katzen, Kleinsäugern oder Vögel konzipiert wurden, müssen
notgedrungen für die oft längerfristige Unterbringung von nicht einheimischen Tieren
(Schlangen, Echsen, Schildkröten, Spinnentiere oder exotische Vögel) umgerüstet werden.
Einige dieser Tiere unterliegen artenschutzrechtlichen Bestimmungen oder sind als
Gefahrtiere im ordnungsrechtlichen Sinn einzustufen. Für die Vermittlung solcher Tiere sind
bestimmte gesetzlich fixierte Voraussetzungen zu erfüllen oder sie ist gemäß
Artenschutzrecht grundsätzlich untersagt. Die Weitergabe mittels Überlassungsvertrag ist ein
Verwaltungsakt, der erst mit Vorhandensein eines sachkundigen Abnehmers veranlasst
werden kann. Die Abgabe bestimmter Tierarten, die als sog. Biotopverfälscher einzustufen
sind, ist aussichtslos.
Einige Tiere befinden sich über längere Zeit im Tierheim, in Einzelfällen über Jahre, wodurch
die Plätze für andere Tiere fehlen. Kommt das Tierheim an seine Kapazitätsgrenze, ist eine
artgerechte Unterbringung von Tieren, wozu die Stadt gesetzlich verpflichtet ist, nicht mehr
gewährleistet. Pflege, Unterbringung und tierärztliche Behandlungen sog. exotischer Tiere
sind z. T. aufwendiger und kostspieliger als von Hund, Katze oder Kaninchen.
Die Vermittlung traditioneller Heimtierarten wird, insbesondere bei älteren oder kranken
Tieren, auch zunehmend schwieriger. Die Aufenthaltsdauer im Tierheim verlängert sich
dadurch.
Trotz beachtlichem Engagement des betreibenden Vereins trägt die Stadt im Wesentlichen
die Kosten dieser besorgniserregenden Entwicklung. Der das Tierheim betreibende Verein
beantragte die bauliche Erweiterung des Tierheimes Leipzig.
Im Zuge einer wissenschaftlichen Vergleichsstudie zu Größe, Ausstattung,
Vermittlungspraxis und den Hygienebestimmungen in Tierheimen deutscher Großstädte
wären folgende Fragen zu klären:
5/8
Welche Größe und Ausstattung benötigt ein Tierheim einer Stadt mit 720.000
Einwohnern? Wie sollte ein "Mustertierheim" konzipiert und ausgestattet sein? Wie
hoch sind die laufenden Kosten?
Wie ist das Tierheim Leipzig im Hinblick auf Größe (Tierverwahrplätze, Freigelände)
und materieller Ausstattung im bundesdeutschen Vergleich einzustufen? Sollten
Bedarfe festgestellt werden, wie viele Tierheimplätze sind erforderlich (Zahl nach
Tierarten)?
Wie viele Quarantäneplätze werden in anderen deutschen Großstadttierheimen
vorgehalten, für welche Tierarten und mit welcher Ausstattung?
Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, um die Kosten für die Stadt Leipzig zu
begrenzen? Wie kann die Vermittlung von Tieren aus einem Tierheim verbessert
werden (Aufzeigen von Vermittlungsstrategien anderer Tierheime)?
Wie gehen vergleichbare Tierheime mit eintretender kurzfristiger Überbelegung um
(ungeplanter Anfall einer größeren Zahl aufzunehmender Tiere unterschiedlicher
Arten, z. B. bei animal hoarding Fällen) im Hinblick auf eine art- und verhaltensgerechte Unterbringung i. S. d. Tierschutzgesetzes und im Hinblick auf die Hygienebestimmungen in der Einrichtung?
Hinterfragen der bestehenden artenschutzrechtlichen Vorgaben zur Abgabe von
Tieren und Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten innerhalb der gesetzlichen
Vorgaben und Diskussionen zur möglichen Anpassung der gesetzlichen Vorgaben
innerhalb der Behörden.
Nutzen für die Stadt:
Mittels der erhobenen Ergebnisse wäre die Stadt Leipzig in der Lage, mit validen Daten zu
einer sachgerechten Entscheidung zur Perspektive des Leipziger Tierheimes zu kommen. Es
bestünde Klarheit, ob und in welchem Maß nachgebessert und in der Zukunft erweiterte
Ressourcen vorgehalten werden müssten. Die Haushaltsplanung könnte rechtzeitig und
sachgerecht darauf eingestellt werden.
Durch eine öffentliche Informationskampagne sollten den Bürgern die Konsequenzen des
Anschaffens von nicht einheimischen Tieren nahegebracht werden mit dem Ziel, die Zahl der
Tierheimeinweisungen zu senken.
Die Abgabe von artgeschützten Tierheimtieren an Privatpersonen, die die Tiere aufnehmen
und artgerecht halten, sollte das Ziel sein. Eine Diskussion der bestehenden gesetzlichen
Grundlagen und die Spielräume, die die Kommunen in ihrer Auslegung haben, sollte geführt
werden. Dies könnte zu einer Erleichterung der Abgabe an interessierte Tierhalter führen
und die Zahl der Vermittlungen erhöhen.
Haltung exotischer Tiere in Zirkussen, Zoos und in privater Hand
Bei diesen Fragestellungen spielt die Beurteilung der Tierhaltung eine große Rolle,
insbesondere die Beurteilung der Tierhaltung im Hinblick auf eine tiergerechte und
artgerechte Haltung. Hier ist die Untersuchung und Definition von Parametern, die zu einer
Beurteilung des Wohlbefindens von Tieren herangezogen werden können, ein zentraler
Punkt.
6/8
3 Tierwohl und Zirkushaltung von Wildtieren
Veranlasst durch eine Einwohnerpetition beschloss der Leipziger Stadtrat am 24.02.2016
(VI-P-01752), Zirkusunternehmen, die Wildtiere mit sich führen, keinen städtischen
Standplatz mehr zur Verfügung zu stellen. Hintergrund sind zwei Bundesratsbefassungen
der vergangenen Jahre zur Frage, ob reisende Zirkusunternehmen trotz Erlaubnis gemäß
§ 11 TierSchG die Voraussetzungen zur artgerechten Haltung bestimmter Tierarten
entsprechend des Tierschutzgesetzes überhaupt erfüllen können. Eine Reihe von Städten in
verschiedenen Bundesländern beschlossen ebenfalls solche Verbote. Gemäß dem
Beschluss des OVG Lüneburg vom 02.03.2017 (10 ME 4/17) sind derartige Beschlüsse
rechtswidrig. Die Landesdirektion Sachsen forderte die Stadt Leipzig mit Schreiben vom
11.04.2017 auf, den Stadtratsbeschluss zurückzunehmen.
Die Entscheidungen des OVG Lüneburg und anderer Gerichte in ähnlich gelagerten Fällen
basierten jedoch nicht auf dem Tierschutzgesetz.
Zirkusunternehmen unterliegen strengen Kontrollen der Veterinärbehörden. Die Erlaubnis
gemäß § 11 TierSchG für das gewerbliche Zurschaustellen von Tieren wird erteilt, wenn die
Unternehmen die tierschutzrechtlichen Mindestanforderungen erfüllen, die in den sog.
Zirkusleitlinien bzw. dem sog. Säugetiergutachten des Bundesministeriums für Ernährung
und Landwirtschaft (BMEL) festgehalten sind. Bei Erfüllung der Mindeststandards hat das
Unternehmen einen Rechtsanspruch auf die Erlaubnis.
Die Kritik eines Teils der Öffentlichkeit, der sich der Stadtrat Leipzig durch seinen o. g.
Verbotsbeschluss anschloss, unterstellt, dass trotz Erfüllung dieser Mindestanforderungen
an die Haltung bei den Tieren tierschutzrelevante Schmerzen, Leiden und Schäden
verursacht werden.
Es ist wissenschaftlich zu klären, ob und wenn ja, wie die Mindestanforderungen angepasst
werden müssen. Für welche Tierarten?
Nutzen für die Stadt:
Die wissenschaftliche Untersuchung klärt, ob die unterstellte Tierschutzwidrigkeit von
Zirkustierhaltung objektiv besteht. Die Ergebnisse bilden die Basis für politische Entscheidungen des Stadtrates, fachspezifische Entscheidungen des Fachamtes und, sofern diese in
die Rechtssetzung eingeflossen sind, auch für die justiziablen Verwaltungsentscheidungen.
Insbesondere die Arbeit der unteren Veterinärbehörde würde in Anbetracht der intensiven
Diskussionen mit interessierten Bürgern und Initiativen fachlich wissenschaftlich begleitet
und könnte zu einem Mehr an Akzeptanz behördlicher Entscheidungen führen.
Deutschlandweit würden zudem die Bemühungen der Stadt Leipzig um eine objektivierte
Diskussion zur Kenntnis genommen.
4 Zootierhaltung und Tierschutz
Tierschutzorganisationen und engagierte Bürger kritisieren die Haltungsbedingungen für
Tiere in Zoologischen Gärten. Einige stellen die Einrichtung Zoo als solches in Frage weil sie
nach deren Auffassung per se tierschutzwidrig sei. Der Zoo Leipzig steht, obwohl er in seiner
Ausgestaltung als Zoo der Zukunft weltweit Maßstäbe in der Tierhaltung setzt, oft in der
Kritik. Er macht sich im Artenschutz durch seine Erhaltungszuchtprogramme verdient.
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Die Bereitschaft der Zoo Leipzig GmbH als 100%-ige Tochter der Stadt Leipzig mittels
Kooperation zwischen der Universität und der Stadt zur wissenschaftlichen Klärung von
Tierschutzfragen beizutragen, besteht. Unter Federführung des Verbandes der Zoologischen
Gärten (VdZ) e. V., deren Vizepräsident der Geschäftsführer des Zoos Leipzig, Herr Prof. Dr.
Jörg Junhold ist, läuft bereits eine Untersuchung im Zoo Nürnberg, die möglicherweise im
Herbst 2017 beendet ist und aus der sich Folgefragen ergeben werden. Der Zoo Leipzig hat
bereits entschieden, am Folgeprojekt aktiv mitzuwirken.
Ein Thema dabei ist z. B. die Fragestellung des Flugunfähigmachens von Vögeln in
Zoologischen Gärten und zooähnlichen Einrichtungen. Diese Frage wird öffentlich und sehr
emotional diskutiert. Auch in Fachkreisen herrschen kontroverse Auffassungen, ob die Tiere
z. B. durch das Federnstutzen (Kürzen nachwachsender Federn an nur einem Flügel, so
dass gesteuertes Fliegen nicht mehr möglich ist) tierschutzrelevant ist. Leiden die Tiere
darunter? Verursacht das Stress? Gibt es tierartliche Unterschiede? Wiederholt mussten der
Zoo Leipzig und das Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt zur Frage des Flugunfähigmachens gegenüber den Medien Stellung nehmen. Das Federnstutzen wird im Zoo laufend
praktiziert. Anderenfalls wäre das Halten einer Reihe von Vogelarten in einem Zoo nicht
möglich. Die Stadt ist zuständig für die tierschutzrechtliche Überwachung und hat
einzuschreiten, wenn im Zoo gesetzwidrig gehandelt wird. Niemand hat aber bisher
wissenschaftlich untersucht, ob das Federnstutzen in der Folge Stress für das Tier
hervorruft.
Der Zoo Leipzig und die Universität Leipzig arbeiten auf dem Gebiet der Zootierhaltung und
der Zootiermedizin eng zusammen. Verschiedene Projekte werden bearbeitet und in
gemeinsamen Dissertationen durchgeführt. Da insbesondere die Fragestellung der
Parameter von Tierwohlkriterien in einem hohen Maße tierspezifisch ist, ist auf diesem
Gebiet eine weitere Vertiefung möglich.
Nutzen für die Stadt:
Durch wissenschaftliche Klärung der Frage, ob die Haltung von bestimmten Tierarten unter
den Bedingungen des Zoos oder konkret durch das Federnstutzen bei im Zoo gehaltenen
Vögeln tierschutzrelevant ist oder nicht, entsteht Rechtssicherheit für die zuständige
Tierschutzbehörde (VLA) als Voraussetzung für den Verwaltungsvollzug. Gleichzeitig erwirkt
die Untersuchung eine Versachlichung der öffentlichen Diskussion, da die Stadt Leipzig sich
auf wissenschaftlich erhobene Daten in ihrer Arbeit stützen könnte.
Deutschlandweit würden wiederum die Bemühungen der Stadt Leipzig um eine objektivierte
Diskussion zur Kenntnis genommen.
Anlagen:
keine
8/8