Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1344489.pdf
Größe
137 kB
Erstellt
01.12.17, 12:00
Aktualisiert
14.05.18, 12:49
Stichworte
Inhalt der Datei
Verwaltungsstandpunkt zur Petition Nr. VI-P-03798-VSP-03
Status: öffentlich
Eingereicht von
Dezernat Stadtentwicklung und Bau
Betreff:
Petition zum Problem der starken Zunahme der Lärm- und Schadstoffbelastung
durch LKW-, Bus- und PKW-Verkehr in der Karl-Tauchnitz-Straße
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
Ratsversammlung
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Petitionsausschuss
02.02.2018
Vorberatung
☐
Zustimmung und Abhilfe
☐
Alternativvorschlag
☐
Berücksichtigung
☐
Erledigt
☒
Ablehnung
Beschlussvorschlag:
Der Petition kann nicht abgeholfen werden. Die Voraussetzungen für Maßnahmen im Zuge
der Fortschreibung des Lärmaktionsplans und für die Anordnung von
verkehrsregelnden Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und
Abgasen nach § 45 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sind nicht gegeben.
Unabhängig davon ist die Aufstellung einer Tafel zur Anzeige der Geschwindigkeit aus
Lärmschutzgründen in der Karl-Tauchnitz-Straße denkbar.
Die Verkehrssituation in der Karl-Tauchnitz-Straße wird im Rahmen des EU-Projektes
„DEMO-EC“ (vgl. VI-DS-04118) betrachtet und wird Bestandteil des „Verkehrskonzeptes
Erweiterte Innenstadt“ sein, welches bis Ende 2019 erarbeitet wird.
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Begründung und Sachverhalt:
Aus Anlass der Petition wurden sowohl die Ergebnisse der Geschwindigkeitskontrollen als
auch die Ergebnisse der Verkehrszählungen der jüngeren Zeit nochmals ausgewertet.
1. Geschwindigkeitskontrollen
Die Karl-Tauchnitz-Straße wird regelmäßig bei der Einsatzplanung für
Geschwindigkeitskontrollen mit mobilen Messfahrzeugen berücksichtigt. Im Jahr 2016
wurden 34 Kontrollen vorgenommen. Dabei wurden insgesamt 274 Überschreitungen
der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h registriert. In diesem Jahr betraf
dies sechs Kontrollen mit insgesamt 32 Überschreitungen.
Zur Feststellung des Geschwindigkeitsniveaus in der Karl-Tauchnitz-Straße zwischen
Telemannstraße und Beethovenstraße für beide Fahrrichtungen, wurde im Jahr 2016
im Zeitraum 04.03.2016 bis 09.03.2016 das Verkehrsmessgerät im betreffenden
Straßenabschnitt angebracht. Die durchschnittliche Geschwindigkeit aller Fahrzeuge wurde
mit 42 km/h ermittelt. Dabei waren 85 % der Fahrzeuge mit maximal 51 km/h unterwegs.
Die Messergebnisse aus dem Jahr 2016 und 2017 sind diesem Verwaltungsstandpunkt
beigefügt.
Die Errichtung einer stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlage ist grundsätzlich
möglich, erscheint hier aber nicht sinnvoll. Die örtlichen Gegebenheiten in der KarlTauchnitz-Straße ermöglichen Geschwindigkeitskontrollen mit mobilen Messfahrzeugen.
Selbstverständlich wird die vergleichsweise hohe Kontrollfrequenz beibehalten.
2. Verkehrszählungen
2016 wurde das Verkehrsaufkommen in der Karl-Tauchnitz-Straße – wie in Zusammenhang
mit der Petition VI-P-01636-P-001 zugesagt – erneut untersucht. Im Ergebnis ergaben sich
im Vergleich zu den vorangegangenen Verkehrszählungen 2011 und 2015 keine
wesentlichen Änderungen, weder bei der Kfz-Belastung noch beim Anteil des
Schwerverkehrs.
Nach der Lärmkartierung 2012 und den auf Grundlage der Verkehrszählungen 2016 neu
berechneten Werten, treten am Gebäude Karl-Tauchnitz-Straße 35 im Tageszeitraum an
der lautesten Ecke Lärmpegel in Höhe von 66 dB (A) auf. Diese Werte sind in der
zurückliegenden Korrespondenz mit Frau Krüger und auch in der erwähnten Petition VI-P01636-P-001 seitens der Verwaltung jeweils benannt worden. Es wurde wiederholt
ausgeführt, welche Schlussfolgerungen die Verwaltung daraus zieht und wie diese zu
Stande kommen. An diesem Sachstand hat sich nichts geändert.
Im Hinblick auf die Unterschreitung der Auslösewerte für Lärm sind im Zuge der
Fortschreibung des Lärmaktionsplans weder Maßnahmen für die Karl-Tauchnitz-Straße
vorgesehen, noch ergibt sich eine Grundlage für verkehrsregelnde Maßnahmen nach § 45
Abs. 3 StVO. Auch bei einer höheren Verkehrsbelastung der Karl-Tauchnitz-Straße durch
das als Interimslösung bis zum Wirksamwerden der Maßnahmen des Luftreinhalteplans
vorzunehmenden Fahrverbotes für Kraftfahrzeuge über 3,5 t für die Harkortstraße, werden
die maßgeblichen Werte 70/60 dB(A) zumindest im Abschnitt der Karl-Tauchnitz-Straße von
der Wundtstraße bis zur Friedrich-Ebert-Straße nicht überschritten.
Die von der Petentin vorgeschlagene Verlagerung des Schwerverkehrs auf die
Harkortstraße wäre ohnehin nicht möglich, da hier auf Grundlage des gültigen
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Luftreinhalteplans der Stadt Leipzig ein Durchfahrtverbot für LKW mit einer Gesamtmasse
von mehr als 12 t und nunmehr 3,5 t angeordnet werden musste.
Auf die richtige Dimensionierung des Schallschutzes eines zu errichtenden Gebäudes, wozu
auch die Fenster zählen, hat die Stadtverwaltung keinen direkten Einfluss. Dafür ist der
jeweilige Bauherr verantwortlich. Diesbezügliche Mängel sind dementsprechend gegenüber
dem Vermieter, Besitzer oder Eigentümer der betreffenden Immobilie vorzutragen.
Auch aus Sicht der Luftreinhalteplanung gibt es nach wie vor keine Hinweise darauf, dass in
der Karl-Tauchnitz-Straße die nach der 39. BImSchV zum Schutz der menschlichen
Gesundheit geltenden Immissionsgrenzwerte für Luftschadstoffe überschritten werden. Die
Grundlage dieser Einschätzung ist die im Zuge der Fortschreibung des Luftreinhalteplans
durchgeführte Modellierung der Luftschadstoffbelastung an Straßen (Stand 04/2016). Dabei
wurden die Luftschadstoffe Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10) berücksichtigt. Die
Ergebnisse beziehen sich auf das Jahr 2015 als Ausgangsbewertung und auf das Jahr 2018
als Prognose (unter Berücksichtigung der realen Meßergebnisse an den
Luftgütemeßstationen) und noch ohne Berücksichtigung von neuen (weiter
belastungssenkenden) Maßnahmen zur Luftreinhaltung.
Aus den entsprechenden Modellierungsergebnissen ergibt sich für die Karl-Tauchnitz-Straße
die in der nachfolgenden Tabelle angegebene Luftschadstoffbelastung:
Abschnitte der KarlTauchnitz-Straße
Wundtstraße bis
Telemannstraße
Telemannstraße bis
Wilhelm-Seyfferth-Straße
Wilhelm-Seyfferth-Straße
bis Harkortstraße
Jahresgrenzwert
NO2 in µg/m³
2015
PM10 in
µg/m³
2018
32
26 - 27
26 – 29
24 – 25
34
27
40
40
Bewertung
2015
NO2 in µg/m³
PM10 in
µg/m³
2018
erhöhte
Belastung
mittlere
Belastung
erhöhte
Belastung
30
25 - 26
25 – 28
23 - 24
33
26
40
40
Bewertung
2018
erhöhte
Belastung
mittlere
Belastung
erhöhte
Belastung
Insgesamt befinden sich alle Immissionswerte der Karl-Tauchnitz-Straße unterhalb des für
PM10 und NO2 gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwertes von jeweils 40 µg/m³ im
Jahresmittel. Hinsichtlich des Tagesgrenzwertes für PM10 in Höhe von 50 µg/m³, welcher
maximal an 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf, gibt es einen statistischen
Zusammenhang mit dem Jahresmittelwert. Nach dem ist bei Jahresmittelwerten
kleiner/gleich 30 µg/m³ (vgl. dazu LRP 2009, S. 25) eine Überschreitung an 35 Tagen im
Jahr wenig wahrscheinlich. Von einer Einhaltung der zulässigen Anzahl an Tagen mit
Überschreitung des Grenzwertes für das Tagesmittel an PM10 ist daher auszugehen. Auch
bei einer höheren Verkehrsbelastung der Karl-Tauchnitz-Straße durch das als Interimslösung
bis zum Wirksamwerden der Maßnahmen des Luftreinhalteplans vorzunehmenden
Fahrverbot für Kraftfahrzeuge über 3,5 t für die Harkortstraße, werden die entsprechend der
§§ 3, 4 und 5 der 39. BImSchV zum Schutz der menschlichen Gesundheit für Stickstoffdioxid
und Feinstaub (PM10/2,5) geltenden Grenzwerte an der Wohnbebauung der Karl-TauchnitzStraße unterschritten.
Aufgrund der Einhaltung der Grenzwerte sind deshalb im Zuge der Fortschreibung des
Luftreinhalteplanes keine Maßnahmen für die Karl-Tauchnitz-Straße geplant. Allerdings
können wir informieren, dass eine umweltorientierte Steuerung des Verkehrs aus Richtung
Süden (B 2) eine mögliche Maßnahme und Option für die Fortschreibung des
Luftreinhalteplans ist. Das würde auch perspektivisch zu einer wirksamen Entlastung sowohl
der Harkortstraße als auch der Karl-Tauchnitz-Straße führen. Die Wirkung und etwaige
Ausgestaltung einer derartigen Maßnahme bedarf aber noch der näheren Prüfung.
3/5
Im Vorgriff auf die vom Bundesminister für Verkehr, Wohnungsbau und digitale Infrastruktur
angekündigten Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) mit dem Ziel, eine
erleichterte streckenbezogene Anordnung von Tempo-30 auch an innerörtlich klassifizierten
Straßen (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) sowie auf weiteren Vorfahrtstraßen vor
Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und
Pflegeheimen oder Krankenhäusern zu ermöglichen, hatte die Verwaltung im Jahr 2016
begonnen, dies an Schulen und Kindertagesstätten in Leipzig bereits umzusetzen.
Die Änderung der StVO, welche die Verwaltung in den genannten Fällen vom Nachweis
einer besonderen Gefahrenlage entbindet, ist nunmehr seit 23.12.2016 in Kraft. Unabhängig
davon ist aber bei jeder straßenverkehrsbehördlichen Entscheidung der Nachweis der
Erforderlichkeit notwendig, so dass auch weiterhin aufwändige Einzelfallprüfungen erfolgen
müssen.
Die für die rechtskonforme Umsetzung der StVO-Änderung erforderliche Anpassung der
Verwaltungsvorschrift zur StVO erfolgte erst Ende Mai 2017. Nach deren Bestimmungen
kommt für die an oder in unmittelbarer Nähe der Karl-Tauchnitz-Straße gelegenen
Einrichtungen die erleichterte Ausweisung einer streckenbezogenen Reduzierung der
zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h nicht in Betracht, da weder die Kitas noch
das Telemann-Gymnasium über den hierfür erforderlichen direkten Zugang zur KarlTauchnitz-Straße verfügen. Tempo 30 darf folglich in der Karl-Tauchnitz-Straße auch
weiterhin nur angeordnet werden, sofern eine besondere Gefahrenlage nachgewiesen
werden kann. Dieser Nachweis kann nicht geführt werden, da praktisch an jeder
einmündenden Straße eine gesicherte Querungsstelle vorhanden ist und keine
Unfallauffälligkeit, insbesondere für den Unfalltyp "Überschreiten" besteht. Es sind auch
keine sonstigen Umstände gegeben, die eine besondere Gefahrenlage begründen könnten.
Zusammengefasst muss festgestellt werden, dass die Anordnung von
Verkehrsbeschränkungen rechtswidrig wäre.
Das ist der Tatsache geschuldet, dass die Anordnung von Verkehrszeichen auf Grundlage
der bundeseinheitlich geltenden Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) erfolgt.Die Ausführung
dieser Verordnung obliegt den Straßenverkehrsbehörden im übertragenen Wirkungskreis
und unterliegt der Fachaufsicht der oberen Straßenverkehrsbehörde (Landesamt für
Straßenbau und Verkehr). Somit ist die StVO kein Mittel der kommunalen Selbstverwaltung.
Eine Anweisung durch einen Stadtratsbeschluss ist daher nicht möglich. Die Gemeinde ist
insoweit in ihrer Entscheidungskompetenz eingeschränkt.
Unabhängig davon ist die Aufstellung von digitalen Geschwindigkeitsanzeigetafeln in der
Karl-Tauchnitz-Straße denkbar, welche die Kraftfahrer für das Thema Lärmschutz
sensibilisieren soll. Dies wird von der Verwaltung derzeit geprüft.
Mit Beschluss der Ratsversammlung vom 21.06.2017 (vgl. VI-DS-04118) wurde die
Teilnahme am EU-Projekt „DEMO-EC“ bestätigt. Im Rahmen dieses Projektes wird durch
das Verkehrs- und Tiefbauamt ein Verkehrskonzept für die erweiterte Innenstadt gemäß den
aktuellen Entwicklungen der Verkehrssituation einer wachsenden Stadt erstellt. Das Konzept
soll dazu beitragen, das Ziel der Steigerung des Umweltverbund-Anteils an den täglichen
Wegen der Leipziger zu erreichen.
Im Rahmen der Untersuchung bzw. des Projektes werden u. a. auch Mängelanalysen
vorgenommen. Handlungsschwerpunkt ist einerseits die Validierung des Konzeptes
„autoarme Innenstadt“ für den Bereich innerhalb des Promenadenrings, mit welchem bereits
verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Erreichbarkeit der Innenstadt durch
Verkehrsmittel des Umweltverbundes und zur besseren Nutzbarkeit der Innenstadt für den
Fuß- und Radverkehr umgesetzt wurden. Andererseits wird angestrebt, ein Konzept
nunmehr für die erweiterte Innenstadt zu entwickeln. Der Untersuchungsraum schließt auch
die Bereiche Harkortstraße und K.-Tauchnitz-Straße mit ein.
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Das Projekt erstreckt sich über eine Gesamtlaufzeit von 5 Jahren, wobei die Erarbeitung
eines „Verkehrskonzeptes erweiterte Innenstadt“ bis Dezember 2019 andauern soll.
Während der zweite Projektphase (Januar 2020 bis Dezember 2021) sollen erste Schritte zur
Umsetzung des Konzeptes eingeleitet werden.
Anlagen:
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