Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1065437.pdf
Größe
75 kB
Erstellt
09.06.16, 12:00
Aktualisiert
15.02.18, 14:21
Stichworte
Inhalt der Datei
Antrag Nr. VI-A-02947
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Ratsversammlung
Zuständigkeit
Verweisung in die Gremien
Eingereicht von
Migrantenbeirat
Betreff
Einrichtung von Beteiligungsmöglichkeiten und Schaffung eines
Beschwerdemanagements für Bewohner/-innen von Asylunterkünften und
Unterkünften für unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Leipzig
Beschlussvorschlag:
1.
Die Stadtverwaltung wird beauftragt, gemeinsam mit Vertreter/-innen des
Migrantenbeirates und zivilgesellschaftlicher Initiativen, ein Konzept für
Beteiligungsverfahren und ein Beschwerdemanagement für Bewohner/-innen von
Asylunterkünften und Unterkünften für unbegleitete minderjährige Geflüchtete zu erarbeiten.
1.1
Als Modell für ein Beteiligungsverfahren wird die Einführung so genannter Heimbeiräte
erwogen. Mit diesem - auch in § 18 der EU-Aufnahmerichtlinie vorgesehenen - Instrument können
die Geflüchteten an der Verwaltung und Gestaltung ihrer Wohnbedingungen beteiligt werden.
1.2
Das Beschwerdemanagement soll mittels einer Anlaufstelle (Beschwerdestelle) zentral für
alle Unterkünfte eingerichtet werden. Die Beschwerdestelle wird bei einem freien Träger, der
Erfahrung in der Arbeit mit Geflüchteten einerseits und Schlichtungsprozessen / Ombudsverfahren
andererseits hat, angesiedelt. Die Beschwerden werden unter Wahrung der Anonymität des
Absenders in einem Beirat bearbeitet, in dem jeweils ein/-e Vertreter/-in des Referats für Migration
und Integration, des Sozialamtes und des Migrantenbeirates beteiligt sind.
1.3
Die Geflüchteten können bei der Beschwerdestelle mündlich und schriftlich und anonym
mögliche Probleme und Missstände in den Unterkünften anzeigen, sich über ihre Rechte informieren
und diese geltend machen. Vertreter/-innen der Beschwerdestelle können auch aufsuchend tätig
werden, wobei ihnen der Zugang zu den Unterkünften gewährt werden muss. Bei Ankunft in Leipzig
werden die Geflüchteten in geeigneter Weise über die Existenz und Aufgaben der Beschwerdestelle
informiert. Dem Stadtrat wird einmal jährlich über die Arbeit der Beschwerdestelle berichtet.
Prüfung der Übereinstimmung mit den strategischen Zielen:
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Sachverhalt:
Sowohl bundes- als auch landesgesetzlich ist die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften als
Regelunterbringung formuliert. Auch in Leipzig leben weit über die Hälfte der Geflüchteten in
Sammelunterkünften. Ist diese Form aus Verwaltungssicht die organisatorisch einfachere Form der
Unterbringung vieler Menschen, birgt sie vor allem auch Nachteile in sich. So positiv sie auch
ausgestaltet sein kann, schränkt die Sammelunterbringung die Selbstbestimmung der Bewohner/innen ein, ist mit dem Verlust von Privatsphäre verbunden und befördert vor allem mit einer Lage
jenseits des städtischen Lebens die Isolation. Auch die engagierte Arbeit von Sozialarbeiter/-innen
kann diese strukturellen Probleme nicht beheben, zumal in Leipzig die weitestgehende Koppelung
von Betreibung und sozialer Betreuung in den Gemeinschafts- und sonstigen Sammelunterkünften
aus fachlicher Sicht zu kritisieren ist, da sie keine Unabhängigkeit und Klientenzentriertheit der
sozialen Arbeit gewährleistet.
Um die Perspektiven und Rechte der untergebrachten Personen zu stärken, wird die Einführung
einerseits von Beteiligungsmöglichkeiten, andererseits eines Beschwerdemanagements gefordert.
Mit Heimbeiräten in den Asylunterkünften könnte der strukturell benachteiligten Gruppe der
Geflüchteten eine minimale Möglichkeit der Partizipation und Gestaltung ihrer eigenen
Lebensbedingungen eingeräumt werden.
Beschwerdestellen sind essentieller Bestandteil der sozialen Arbeit. Für die Jugendhilfe, im Bereich
der Altenpflege und der Integration behinderter Menschen sind solche Stellen vorgeschrieben.
Aufgabe der vorgeschlagenen Beschwerdestelle sollte es sein, als Anlaufpunkt für in
Gemeinschaftsunterkünften untergebrachte Geflüchtete zu fungieren und eine unabhängige
Bearbeitung von Beschwerden über Aspekte der Unterbringung zu gewährleisten. Dabei ist die
Anonymität der Betroffenen zu wahren. Die Beschwerdestelle ist finanziell auskömmlich
auszustatten und muss Zugriff auf den SprInt-Sprachmittler/-innenpool bekommen. Zahlreiche
Flüchtlingsräte und Wohlfahrtsverbände fordern die Einrichtung eines Beschwerdemanagements in
Asylunterkünften. Dies ist nicht als Misstrauensbekundung gegenüber den Heimbetreiber/-innen
oder Sozialarbeiter/-innen zu verstehen, sondern soll für alle Beteiligten Transparenz und
Problemlösungen ermöglichen. Genau wie die Beteiligung über Heimbeiräte kann die Möglichkeit,
sich beschweren zu können, helfen, die Geflüchteten an den demokratischen Strukturen /
Prozessen der Gesellschaft teilhaben zu lassen.
Der Migrantenbeirat ist der Überzeugung, dass der finanzielle Aufwand für solch eine
Beschwerdestelle nicht nur aus der humanistischen Sicht eine Notwendigkeit ist, sondern auch
ökonomisch Sinn machen würde. In der Wirtschaft, in Großunternehmen sind solche Stellen sehr
häufig zu finden. Im Bundesland Nordrhein-Westfalen wird derzeit ein dezentrales
Beschwerdemanagement für Geflüchtete eingerichtet.
Anlagen:
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