Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1315738.pdf
Größe
4,5 MB
Erstellt
19.09.17, 12:00
Aktualisiert
19.10.17, 16:46
Stichworte
Inhalt der Datei
Informationsvorlage Nr. VI-Ifo-04841
Status: öffentlich
Eingereicht von
Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Betreff:
Suchtbericht 2017
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
Drogenbeirat
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Jugendhilfeausschuss
FA Umwelt und Ordnung
FA Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Ratsversammlung
Die Information wird zur Kenntnis genommen.
1/3
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
13.12.2017
Information zur Kenntnis
Information zur Kenntnis
Information zur Kenntnis
Information zur Kenntnis
Information zur Kenntnis
Information zur Kenntnis
Übereinstimmung mit strategischen Zielen:
nicht relevant
X
Finanzielle Auswirkungen
nein
wenn ja,
Kostengünstigere Alternativen geprüft
nein
ja, Ergebnis siehe Anlage zur Begründung
Folgen bei Ablehnung
nein
ja, Erläuterung siehe Anlage zur
Begründung
Handelt es sich um eine Investition (damit aktivierungspflichtig)?
nein
ja, Erläuterung siehe Anlage zur
Begründung
Im Haushalt wirksam
von
Ergebnishaushalt
bis
Höhe in EUR
wo veranschlagt
Erträge
Aufwendungen
Finanzhaushalt
Einzahlungen
Auszahlungen
Entstehen Folgekosten oder Einsparungen?
Folgekosten Einsparungen wirksam
Zu Lasten anderer OE
nein
von
wenn ja,
bis
Höhe in EUR
(jährlich)
wo veranschlagt
Ergeb. HH Erträge
Ergeb. HH Aufwand
Nach Durchführung der
Ergeb. HH Erträge
Maßnahme zu erwarten
Ergeb. HH Aufwand (ohne
Abschreibungen)
Ergeb. HH Aufwand aus
jährl. Abschreibungen
Auswirkungen auf den Stellenplan
Beantragte Stellenerweiterung:
X
nein
wenn ja,
X
nein
ja,
Vorgesehener Stellenabbau:
Beteiligung Personalrat
2/3
Anlage
Suchtbericht
3/3
Suchtbericht 2017
„Shake Star – Wettbewerb für alkoholfreie Cocktails“, Gewinnerteam Jugendparlament
© Lorenz Lenk
Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Gesundheitsamt
Impressum:
Herausgeber:
Verantwortlich:
Redaktion:
Stadt Leipzig
Der Oberbürgermeister
Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Gesundheitsamt
Dr. Regine Krause-Döring
Sylke Lein, Ina Stein, Manuela Hübner
Druck:
Redaktionsschluss:
Foto Deckblatt:
Hauptamt, Zentrale Vervielfältigung und Formularservice
30.08.2017
Lorenz Lenk
2
Vorwort
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
die Stadt Leipzig kann auf ein differenziertes und
gut funktionierendes Sucht- und Drogenhilfesystem verweisen, welches sich an bundesweiten
und internationalen Standards orientiert.
Der vorliegende Suchtbericht soll Impulse für die
Sucht- und Drogenpolitik geben und einen Beitrag zur fachlichen Diskussion leisten.
fen. Seit 2010 stieg der Anteil der Abhängigen
von illegalen Drogen kontinuierlich an. Der Anstieg von Crystal-Abhängigen ist darunter am
stärksten ausgeprägt.
Ich möchte allen am Leipziger Sucht- und Drogenhilfesystem Beteiligten für ihre engagierte
Arbeit danken. Aufgrund Ihres täglichen Einsatzes können sich viele Abhängige auf professionelle Unterstützung verlassen.
Zum Beispiel hat sich der im Juni 2017 veranstaltete Fachtag „Suchtkrankenhilfe im Wandel –
neue Herausforderungen“ maßgeblich auf Daten
und Auswertungen des Suchtberichts gestützt.
In den Suchtberatungsstellen der Stadt Leipzig
wurden im letzten Jahr 4.258 Betroffene und Angehörige betreut. Etwa die Hälfte dieser Menschen sind von einer Alkoholabhängigkeit betrof-
Prof. Dr. Thomas Fabian
Bürgermeister und Beigeordneter für Jugend,
Soziales, Gesundheit und Schule
3
Inhaltsverzeichnis
Einführung
7
Schlaglichter
8
1
Suchtprävention
11
1.1
Angebote der Stadt Leipzig
11
1.1.1
Arbeitsbereich Suchtbeauftragte
11
Hausaufgabenheft „Dein Planer“
11
1.1.2
Leipziger Reihe für Suchtprävention
12
1.1.3
HaLT – Hart am Limit
13
1.1.4
Kinder- und Jugendschutz
13
1.2
Suchtprävention an der Sächsischen Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig
(SBAL)
16
1.3
Angebote der Polizeidirektion Leipzig
18
1.4
Angebote freier Träger
18
1.4.1
Diakonisches Werk, Innere Mission Leipzig e. V. „ DRAHTSEIL - Projektarbeit“
18
1.4.2
Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Leipzig e. V.
20
1.4.3
SZL Suchtzentrum gGmbH/Drug Scouts
22
1.4.4
Jugendhaus Leipzig e. V. – Jugendberatungsstelle „jUkON“
24
1.5
Städtisches Klinikum „St. Georg“ Leipzig/„Wandelhalle Sucht“
25
2
Beratung, Behandlung und soziale (Re-)Integration
27
2.1
Suchtberatungsstellen in der Stadt Leipzig
27
2.1.1
Fachkräfte in Suchtberatungsstellen
27
2.1.2
Klienten in den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen
27
2.1.3
Diagnosen und Hauptsubstanzen
29
2.1.4
Altersverteilungen
31
2.1.5
Berufliche Situation und überwiegender finanzieller Unterhalt der Klienten
33
2.1.6
Herkunft der Klienten/Staatsangehörigkeit
34
2.1.7
Vermittlungen und Leistungen
34
2.1.8
Substitutionsbehandlung
34
2.2
Fachbereich Familienhilfe des Zentrums für Drogenhilfe
35
2.3
Jugenddrogenberatung DRAHTSEIL
36
2.4
Suchtberatung für gehörlose und hörgeschädigte Menschen
39
2.5
Stationäre Einrichtungen
40
2.5.1
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am
HELIOS Park-Klinikum Leipzig (Station Teen Spirit Island TSI)
40
4
2.5.2
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Helios Park-Klinikum
Leipzig
40
2.5.3
Soteria Klinik Leipzig - Fachklinik für Suchterkrankungen am HELIOS Park-Klinikum Leipzig
41
2.5.4
Sächsisches Krankenhaus Altscherbitz (Schkeuditz), Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie
43
2.5.5
Städtisches Klinikum "St. Georg" Leipzig, Klinik für Forensische Psychiatrie
43
2.5.6
Forensische Nachsorgeambulanz der Klinik für Forensische Psychiatrie
44
3
Schadensminimierende Angebote
45
3.1
Straßensozialarbeit
45
3.1.1
Straßensozialarbeit für erwachsene Menschen
45
3.1.2
Straßensozialarbeit für Jugendliche im Amt für Jugend, Familie und Bildung
50
3.2
Niederschwellige Angebote für drogenabhängige Menschen in der „Alternative I“ 51
3.3
Tagestreff „Insel“ (SZL Suchtzentrum gGmbH)
52
4
Schnittstellen der Sucht- und Drogenhilfe
53
4.1
Schnittstelle zum Allgemeinen Sozialdienst
53
4.2
Schnittstelle zum Themenbereich Wohnen
55
4.2.1
Drogenfreie Wohngemeinschaften der SZL Suchtzentrum gGmbH
55
4.2.2
Alkoholbereich der SZL Suchtzentrum gGmbH
56
4.2.3
Diakonisches Werk, Innere Mission Leipzig e. V.
58
4.2.4
Wohnprojekt „Haus Alt-Schönefeld“ am Zentrum für Drogenhilfe
58
4.2.5
Wohnprojekt „Domizil“ der SZL Suchtzentrum gGmbH
59
4.2.6
Verein zur sozialen Rehabilitation von Abhängigkeitskranken (VRA) e. V.
61
4.2.7
Maternus Pflegecentrum Maximilianstift
61
4.2.8
Übernachtungshaus für wohnungslose Männer
62
4.2.9
Wohn- und Nachbarschaftsprojekt Funke
63
4.3
Schnittstellen zum Themenbereich Arbeit und Beschäftigung
64
4.3.1
„Beschäftigung und Perspektive“ im „Haus Alt-Schönefeld“
64
4.3.2
„teamWENDEPUNKT“ in der Suchtberatungsstelle „Alternative II“
65
4.3.3
Beschäftigungsprojekte der SZL Suchtzentrum gGmbH
66
5
Repression
67
5.1
Maßnahmen des Ordnungsamtes der Stadt Leipzig
67
6
Rauschgiftlagebild der Polizeidirektion Leipzig 2015
72
6.1
Rauschgiftkriminalität
72
6.2
Beschaffungskriminalität
73
6.2.1
Fallentwicklung der Rauschgiftdelikte
74
5
6.2.2
Sicherstellungsmengen
74
6.3
Tatverdächtigenstruktur
76
6.4
Rauschgifttote
76
6.5
Räumliche Schwerpunkte
76
6.6
Handelsdelikte
77
6.6.1
Täterstrukturen
77
6.6.2
Tendenzen der Rauschgiftkriminalität
78
6.7
Verkehrsgeschehen
78
6.8
Gremienarbeit
79
6.9
Handlungskonzepte
79
6.10
Prognosen und Maßnahmebedarf
80
Tabellenverzeichnis
81
Abbildungsverzeichnis
82
6
Einführung
Die Stadt Leipzig legt seit 1995 jährlich einen Suchtbericht vor und informiert damit den Stadtrat, die
Fachöffentlichkeit und ein breite interessierte Leserschaft zu den aktuellen Entwicklungen auf den Gebieten der Suchtprävention, der Beratung, Behandlung und (Re-)integration, der Schadensminimierung
und der Repression.
Der Aufbau der Kapitel folgt den Sucht- und Drogenpolitischen Leitlinien der Stadt Leipzig. Auf der
Grundlage dieser Leitlinien beschreibt der Bericht die fachlichen Grundlagen der Versorgung und die
Struktur der vorhandenen Angebote. Darüber hinaus legt ein Kapitel die Schnittstellen der Sucht- und
Drogenhilfen dar.
Der Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure kommt eine besondere Bedeutung zu – nur so kann
Sucht- und Drogenpolitik wirksam sein.
In dem Bericht sind Projektbeschreibungen, Maßnahmen und die statistischen Auswertungen der Prävention, Beratung und Behandlung, der Schadensminimierung und der Repression eingeflossen.
In die Suchtberichterstattung fließen Angebote ein, die von der Stadt Leipzig finanziert und gefördert
werden.
Die Darstellung weiterführender sozialpolitischer Entwicklungen, die z. B. die Lebenslagen Wohnen,
Arbeit, Bildung intensiver beleuchten werden im Sozialreport abgebildet.
7
Schlaglichter
Prävention
Kennzeichen qualitätsvoller Präventionsarbeit sind u. a. die kontinuierliche Evaluation und Weiterentwicklung bestehender Angebote. Im Projekt Drahtseil wurden 2016 Projekte für neue Zielgruppen bzw.
für Zielgruppen, die bisher nur schwer oder selten erreicht wurden, erarbeitet. Dabei sticht das langfristig angelegte Programm „Alles Sucht oder was?“ für Förderschulen, das die Schüler über drei Jahre
hinweg begleitet und Lehrer/-innen und Schulsozialarbeiter/-innen einbezieht, hervor. Das neue Angebot wurde sehr gut angenommen und wird derzeit in zwei Förderschulen umgesetzt; weitere Schulen
haben großes Interesse signalisiert.
Workshops und Projekte zu den Themen Alkohol und Cannabis sind seit Jahren die am häufigsten gebuchten Angebote der Suchtprävention. Darüber hinaus gibt es viele Anfragen zu medienpädagogischen Angeboten. Hier gilt es, die Ressourcen zu stärken.
Die Zahl der mit einer Alkoholvergiftung in die Universitätsklinik eingelieferten Jugendlichen ist mit 87 Betroffenen nach wie vor hoch. Ein Teil der Jugendlichen (55) konnte im Projekt HaLT - Hart am Limit betreut werden.
Besonderer Wert wird auf Multiplikatorenarbeit gelegt, damit Eltern, Lehrer/-innen, Erzieher/-innen, Sozialarbeiter/-innen u. a. relevanten Personengruppen konzeptionell, methodisch und inhaltlich Unterstützung bei der Erfüllung ihres Erziehungs- bzw. pädagogischen Auftrages finden. Als Instrument hat
sich die Leipziger Reihe für Suchtprävention bewährt, in der monatlich verschiedene Themen aus den
Bereichen Sucht und Suchtprävention aufgegriffen werden.
Beratung, Behandlung und (Re-)Integration
Ambulante Suchtkrankenhilfe
2016 wurden 4.258 Klientinnen und Klienten mit Alkohol- und Drogenproblemen, mit Glücksspielsucht
und/oder übermäßigem Medienkonsum sowie deren Angehörige in den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen vorstellig.
3.755 Personen waren selbst von einer Suchterkrankung betroffen. Es handelte sich um 1.166 Frauen
und 2.589 Männer. 503 Personen kamen als Angehörige zur Beratung, darunter 372 Frauen. Darüber
hinaus wurden in der Jugenddrogenberatungsstelle 311 Klientinnen und Klienten betreut.
In den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen werden zum größten Teil alkohol- oder drogenabhängige Menschen beraten, behandelt und in Therapieeinrichtungen vermittelt.
Alle selbst betroffenen Klientinnen und Klienten wurden Hauptsubstanzgruppen bzw. der Gruppen Pathologisches Spielverhalten oder Problematischer Mediengebrauch zugeordnet. Viele konsumieren
mehr als eine Substanz und/oder gebrauchen zusätzlich Medien im missbräuchlichen Sinne. Die Mehrfachabhängigkeit wird in der Statistik der Suchtberatungs- und Behandlungsstellen nicht abgebildet.
1. Alkohol: Die größte Gruppe weist eine Alkoholabhängigkeit auf; mit fast 50 % sind sie in den
Behandlungsstellen am häufigsten vertreten.
2. Opioide (meist Heroin): Heroinabhängigkeit wird seit 2016 wieder häufiger als Hauptdiagnose
vergeben. Heroinabhängige missbrauchen meistens weitere Substanzen und werden als polytoxikoman diagnostiziert.
8
3. Cannabis: Bereits seit 2015 wird wieder von einem leichten Anstieg der Canabis-Abhängigen
berichtet. Vor allem bei sehr jungen Klientinnen und Klienten steigen die Fallzahlen; häufig
auch in Kombination mit anderen Drogen oder Medienmissbrauch.
4. Stimulanzien: Die Entwicklung zeigt auch 2016 eine deutliche Zunahme der Menschen mit Stimulanzienabhängigkeit („Crystalkonsum“). Die vielschichtigen begleitenden Problemlager dieser Klientengruppe führte zu einer vielfachen Erweiterung der Aufgabenfelder der Suchtberater/-innen und Therapeuten.
Der Trend zeigt, dass die Zahl der betreuten Menschen mit der Hauptdiagnose Alkoholabhängigkeit im
Verhältnis zu anderen Hauptdiagnosen zurückgeht.
In den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen wurden fast ausschließlich deutsche Staatsbürger betreut (rund 96 %). Personengruppen mit Migrationshintergrund und/oder ohne deutsche Sprachkenntnisse sind nicht in Suchtberatungs- und Behandlungsstellen angekommen bzw. wurden nicht erreicht.
Aussagen aus verschiedenen stationären Bereichen
Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am HELIOS Park-Klinikum Leipzig, Station für abhängigkeitserkrankte Kinder und Jugendliche, behandelte 2016 100 Patienten. Die Zahl der familiengerichtlich untergebrachten Jugendlichen nach § 1631 b BGB hat sich erhöht. Ebenfalls erhöht hat sich die Zahl der Notarzteinweisungen. Die polytox konsumierenden Jugendlichen nahmen meist Cannabis und Crystal auf Abhängigkeitsniveau. Die meisten Drogen konsumierenden Patienten missbrauchten auch Alkohol.
In der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Helios Park-Klinikum Leipzig wurden insgesamt 2.477 Patientinnen und Patienten mit einer substanzbezogenen Störung als Hauptdiagnose behandelt. Davon hatten 1.881 Patienten eine alkoholbezogene Störung, gefolgt von 210 Patienten mit einer stimulanzienbezogenen Störung als Hauptdiagnose. Insgesamt 165 Patienten litten
vordergründig an einer polytoxikomanen Störung.
In der Soteria Klinik Leipzig - Fachklinik für Suchterkrankungen am HELIOS Park-Klinikum Leipzig
wurden 552 Patientinnen und Patienten aufgenommen. Die Zahl der alkoholabhängigen Patienten war
leicht rückläufig, die der drogenabhängigen Patienten leicht zunehmend. Auch die Zahl der Patienten
mit Therapieauflage (z. B. Nach § 35 BtM oder § 57StGB) nimmt weiter zu.
Im Städtischen Klinikum "St. Georg" Leipzig, Klinik für Forensische Psychiatrie wurden 2016 101 Patientinnen und Patienten aufgenommen. 23 Aufnahmen erfolgten bei akuter psychischer Erkrankung.
78 Aufnahmen erfolgten bei Suchterkrankung zur Entwöhnungsbehandlung. Etwa 50 % der Verurteilten, die in der Klinik für Forensische Psychiatrie behandelt wurden, kamen über das Landgericht Leipzig und über das Amtsgericht Leipzig. Gut 50 % der Patientinnen und Patienten waren in Leipzig oder
im Landkreis Leipzig gemeldet.
Bezüglich der Entwicklung wurde bemerkt, dass die Zuweisung typischer alkoholabhängiger Patienten
über die letzten Jahre rückläufig war. Unter den Patienten mit polytoxikomanem Konsum ist der Konsum von Stimulanzien und hier insbesondere von Crystal häufig dominierend. Eine typische Opiatabhängigkeit findet sich bei keinem Patienten.
Schadensminimierende Maßnahmen
Durch die Veränderungen im Substanzkonsum und veränderte Konsumformen ist eine deutliche Verschlechterung der gesundheitlichen und sozialen Situation der Betroffenen zu beobachten. Die Kontaktaufnahme zum Hilfesystem muss daher frühzeitig und niederschwellig ermöglicht werden.
Aufsuchenden Angeboten kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Der Ausbau der Angebote von
Streetwork für Erwachsene hat sich bewährt.
9
Die gesundheitliche Situation suchtkranker Menschen ist über bestehende Strukturen (Krankenversicherung, niedergelassene Ärzte) gesichert. Aufgrund der Spezifika des Krankheitsbildes werden diese
Angebote von den Betroffenen nicht immer angenommen, weshalb die Entwicklung niederschwelliger
Angebote einer medizinischen Grundversorgung (z. B. Wundversorgung) empfohlen wird.
Für die Bedarfsgruppen politoxikoman Konsumierende (Mischkonsum), Crystalkonsumenten und Konsumierende mit einer psychiatrischen Begleiterkrankung müssen niederschwellige Wohnangebote weiterentwickelt werden.
Repression und Angebotsreduzierung
Im Bereich der Polizeidirektion Leipzig ist ein deutlich steigendes Niveau der Rauschgiftdelikte zu verzeichnen. Im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Leipzig wurden im Jahr 2016 2.452 Delikte
(2015: 2.112 Fälle) erfasst.
Der Anteil der Rauschgiftdelikte an der Gesamtkriminalität lag mit 2,1 % genauso hoch wie im Vorjahr.
Allerdings ist die Gesamtkriminalität um 15,8 % angestiegen; ein Anstieg, der sich auch im Bereich der
Rauschgiftkriminalität fortsetzt.
Der größte Anteil der Rauschgiftdelikte betrifft Fälle im Zusammenhang mit Cannabis, gefolgt von Fällen im Zusammenhang mit Metamphetamin. Bei Delikten mit Heroin gab es mit 114 Fällen (2015: 73),
eine deutliche Steigerung zum Vorjahr, was auf eine gestiegene Verfügbarkeit der Substanz hindeutet.
Im Bereich der Polizeidirektion Leipzig wurden im Jahr 2016 zwölf Rauschgifttodesfälle bekannt, davon
elf Fälle in der Stadt Leipzig.
10
1 Suchtprävention
Suchtpräventionsmaßnahmen haben das Ziel, durch Aufklärung über die Gefahren des Konsums von
Suchtstoffen bzw. süchtigen Verhaltens Abhängigkeitserkrankungen zu verhindern und gesundheitliche Schäden zu verringern. Sie tragen dazu bei, dass sich möglichst kein gesundheitsschädlicher Konsum oder eine Sucht entwickeln. Suchtstoffe bergen ein unterschiedlich hohes gesundheitliches Gefahrenpotential in sich. Prävention soll daher differenziert und zielgruppenspezifisch ausgerichtet sein.
Suchtprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und ein langfristiger pädagogischer Prozess,
an der viele unterschiedliche Akteure, von den Eltern, Angehörigen und Partnern bis zur öffentlich geförderten Jugendhilfe, von Ordnungsamt und Polizei bis zu Schulen, gemeinschaftlich mitwirken. 1
Dieses Kapitel stellt ausgewählte Angebote der Stadt Leipzig, der Polizeidirektion,der Sächsischen Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig und freier Träger vor.
1.1 Angebote der Stadt Leipzig
1.1.1 Arbeitsbereich Suchtbeauftragte
Hausaufgabenheft „Dein Planer“
Für das Schuljahr 2016/17 wurde erstmalig „Dein Planer“, ein Hausaufgabenheft mit gesundheitsförderlichen
Informationen, für Schüler/-innen der 7. Klassen herausgegeben. Es beinhaltet Beiträge zu den Themen Alkohol,
Rauchen (Zigaretten, E-Zigaretten, Shishas, E-Shishas),
illegale Drogen, gesunde Ernährung, Bewegung, Impfen,
Zahngesundheit, exzessive Mediennutzung, Energydrinks, Pubertät, Freundschaft, Mobbing, Kinder aus
Suchtfamilien, Essstörungen, Entspannung und selbstverletzendes Verhalten. Außerdem Hinweise zu Hilfsund Beratungsangeboten sowie offenen Freizeittreffs in
Leipzig.
3.000 Exemplare wurden den Schulen angeboten und
waren innerhalb von zwei Wochen vergriffen. Das Heft
wurde mit Hilfe der Sächsischen Landesstelle für Gesundheitsförderung und des Klett-Verlages finanziert
und wird auch im kommenden Schuljahr zur Verfügung
gestellt.
Foto: Gesundheitsamt 2017
1
s. Sucht- und Drogenpolitische Leitlinien der Stadt Leipzig, 2013
11
Foto: Gesundheitsamt, 2017
1.1.2 Leipziger Reihe für Suchtprävention
Seit 2012 bietet der Bereich Suchtbeauftragte gemeinsam mit dem Amt für Jugend, Familie und Bildung/Fachbereich Jugendschutz, Weiterbildungen für Fachkräfte der Sucht- und Jugendhilfe, des Polizeivollzugsdienstes, für Lehrer/-innen und andere interessierte Berufsgruppen an.
Tabelle 1:Themen der Leipziger Reihe 2016
29.01.16
Räuchermischungen/synthetische Cannabinoide
11.02.16
Basiswissen Sucht und Suchtprävention für Mitarbeiter/-innen der Migrantenhilfe
07.03.16
Pharmakologisches Neuroenhancement – Doping für das Hirn
13.04.16
Trauma & Sucht
19.05.16
Partys und Alkoholprävention - geht das?
15.06.16
Rauchen entspannt & Kiffen ist gesund? Mythen und Fakten zu Tabak und Cannabis
17.08.16
Alles total geheim! - Kinder aus suchtbelasteten Familien
27.10.16
Was ist verboten - was ist erlaubt?
07.11.16
Essstörungen
09.11.16
Spiel sucht Glück - Einführung Glücksspielsucht
14.12.16
Junge Menschen und Drogen – Substanzen, Konsumgründe und Unterstützung
Quelle: Gesundheitsamt, 2017
12
1.1.3 HaLT – Hart am Limit
Seit 2010 kooperieren der Bereich Suchtbeauftragte, der Fachbereich Kinder- und Jugendschutz im
Amt für Jugend, Familie und Bildung, die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Leipzig und das Projekt Drahtseil in Trägerschaft des Diakonischen Werkes, Innere
Mission Leipzig e. V. im Projekt HaLT.
Mit Kindern und Jugendlichen, die mit einer akuten Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, finden noch im Krankenhaus Gespräche statt. Der Vorfall wird reflektiert und es wird geprüft, ob weitere Hilfen notwendig sind. Auch die Eltern werden in die Gespräche einbezogen.
2016 wurden 87 Kinder und Jugendliche von 11 bis 17 Jahren eingeliefert. Die Hilfen können nur für
Familien angeboten werden, die bei einer der Krankenkassen, die die sächsische HaLT-Rahmenvereinbarung unterschrieben haben, versichert sind. Das traf auf 55 Patientinnen und Patienten zu.
Der Altersdurchschnitt lag bei 15,5 Jahren und der durchschnittliche Promillewert bei 1,9‰.
Das aufsuchende Angebot im Krankenhaus wurde weiter durch die Mitarbeiter/-innen des Projektes
DRAHTSEIL betreut. In einigen Fällen wurde eine längerfristige Betreuung durch die Beratungsstelle
des Projektes DRAHTSEIL notwendig, insbesondere dann, wenn andere Substanzen zusätzlich zum
Alkohol konsumiert wurden.
Schwer erreichbar sind Jugendliche, die nur ambulant behandelt werden. Für diese Gruppe ist eine
Mappe in Bearbeitung, die direkt in der Klinik ausgehändigt werden kann. So besteht die Möglichkeit,
dass die Beratung freiwillig in Anspruch genommen wird.
1.1.4 Kinder- und Jugendschutz
Jungen Menschen sollen gemäß § 14 SGB VIII Angebote des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes unterbreitet werden, um sie vor gefährdenden Einflüssen (u. a. durch Drogen und exzessiven
Medienkonsum) zu schützen. Dies setzt voraus, dass sie, aber auch Eltern sowie Multiplikatorinnen
und Multiplikatoren befähigt werden, Gefährdungen zu erkennen.
Die Stadt Leipzig fördert nachstehende Angebote freier Träger der Jugendhilfe im Bereich Suchtprävention, allgemeine Lebenskompetenzförderung und Jugendmedienschutz:
• Diakonisches Werk, Innere Mission Leipzig e. V.
◦
Projekt: Drahtseil
• Deutscher Kinderschutzbund OV Leipzig e. V.
◦
Projekt: Free Your Mind
◦
Projekt: Kinder- und Jugendtelefon
◦
Projekt: Wege durch den Mediendschungel
• SZL Suchtzentrum gGmbH
◦
Projekt:Drug Scouts
13
Abbildung 1: Projekte im Bereich erzieherischer Kinder- und Jugendschutz nach Themenkategorien
400
350
300
Anzahl
250
200
340
150
100
249
334
265
299
211
106
50
139
111
90
76
116
33
0
Suchtprävention
allg. Lebenskompetenzförd.
Gew altprävention
2014
Medien
2015
41
32
Sekten/Kulte
2016
Quelle: Amt für Jugend, Familie und Bildung, 2017
Im Bereich Suchtprävention wurden im Jahr 2016 340 Projekte und Veranstaltungen von freien Trägern, die von der Stadt gefördert werden durchgeführt. Die Anzahl konnte im Umfang der Projekte und
in der absoluten Teilnehmerzahl gesteigert werden. Im Bereich Medien nahmen der Umfang der Projekte
und Teilnehmerzahlen ebenfalls zu. Hintergrund des Anstieges war die weiter zunehmende elterliche Unsicherheit angesichts der schnellen digitalen Entwicklung sowie der Angst vor Gefahren im Netz durch das
mediale Nutzungsverhalten der Kinder und Jugendlichen. Eltern aber auch Lehrer/-innen versuchen den
Einfluss medialer Lebenswelten hier mit dem Wunsch nach Sicherheitsvermittlung (in der Regel durch externe Leistungserbringer) zu begegnen.
Abbildung 2: Anzahl der Teilnehmenden nach Themenkategorien und Nutzergruppen
5.000
4.500
4.000
0
Suchtprävention
allg. Lebenskompetenzförd.
2014
Gew altprävention
2015
Medien
1.870
1.240
1.127
2.609
1.654
3.477
500
2.842
1.000
2.817
1.500
3.002
2.000
4.363
2.500
4.576
3.000
3.006
Anzahl
3.500
347
449
566
Sekten/Kulte
2016
Quelle: Amt für Jugend, Familie und Bildung, 2017
Der erzieherischer Kinder- und Jugendschutz der Stadt Leipzig implementiert den gesetzlichen Auftrag
nach § 14 SGB VIII, Eltern und Erziehungsberechtigten, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren Angebote zur Befähigung zum Schutz der eigenen/anvertrauten Kinder und Jugendlichen anzubieten.
14
In den Bereichen Suchtprävention, allgemeine Lebenskompetenzförderung und Medien wurden im
Jahr 2016 insgesamt 4.935 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren durch die Freien Träger der Jugendhilfe im Leistungsbereich erzieherischer Kinder- und Jugendschutz erreicht. Die von der Stadt im Auftrag formulierte Schwerpunktsetzung im Jugendschutzbereich liegt auf der Suchtprävention, was die
hohe Teilnehmerzahl bedingt.
Abbildung 3: geschulte Multiplikatoren nach Themenkategorien
5.000
4.000
3.824
4.418
2.000
3.632
Anzahl
3.000
1.000
468
0
Suchtprävention
776 493
allg. Lebenskompetenzförd.
2014
233 530 271
458 663 618
Gew altprävention
Medien
2015
335
675 389
Sekten/Kulte
2016
Quelle: Amt für Jugend, Familie und Bildung, 2017
Projekt HaLT-Bar
Bestell-Bar:
Stadt Leipzig, Fachbereich Kinderund Jugendschutz
Roßplatz 5/6 in 04103 Leipzig
Email: jugendschutz@leipzig.de
Telefon: 0341- 26824249
Foto: Amt für Jugend, Familie und Bildung
Die mobile alkoholfreie HaLT-Cocktailbar wurde 2015 durch Teilnehmer/-innen der Produktionsschule
Schauplatz entworfen und gebaut. Mit Beginn des Jahres 2016 wurde die Möglichkeit eröffnet, die
HaLT-Bar (plus Equipment) für eigene „alkoholfreier Veranstaltungen“ kostenlos zu leihen. Sie wurde
2016 zu 22 Veranstaltungen im Bereich Jugendhilfe und Schule gebucht.
Besonderheiten im Berichtzeitraum 2016
Zum 1. April 2016 trat das Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des
Konsums von elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas in Kraft. Mit der Änderung wird die
Abgabe und der Verkauf von E-Shishas und E-Zigaretten geregelt. E-Shishas und E-Zigaretten dürfen
nicht mehr an Kinder und Jugendliche abgegeben werden, unabhängig davon, ob tatsächlich nikotinhaltige Liquids enthalten sind oder nicht. Damit wird eine wesentliche Forderung aus dem Bereich
Suchtprävention/Jugendschutz nunmehr gesetzlich reguliert.
15
Jugendschutzkontrollen
Im Jahr 2016 fanden keine Jugendschutzkontrollen mit Beteiligung des Amtes für Jugend, Familie und
Bildung statt. Anlassbezogene Kooperationen zwischen den beteiligten Ämtern und Behörden (Ordnungsamt der Stadt Leipzig und Polizeidirektion Leipzig) finden dennoch statt. So werden Anregungen
des FB Kinder- und Jugendschutz bei Komplexkontrollen des Ordnungsamtes bzw. wird die Einhaltung
des Jugendschutzgesetzes berücksichtigt.
1.2 Suchtprävention an der Sächsischen Bildungsagentur, Regionalstelle
Leipzig (SBAL)
Prävention ist ein grundsätzliches Thema für Lehrer/-innen aller Schularten. In den Lehrplänen befinden sich entsprechende Unterrichtseinheiten zur kontinuierlichen Präventionsarbeit mit den Heranwachsenden. In Sachsen können an jeder Schule Beratungslehrer/-innen bestellt werden. Ihrem Auftrag gemäß vermitteln sie u. a. Angebote zur Förderung der Lebenskompetenz von Schüler/-innen.
Sie beraten Eltern und Lehrkräfte zu unterschiedlichsten Problemlagen, geben Informationen zu spezifischen Themen weiter und vermitteln Hilfsangebote. Dabei nutzen sie die Fortbildungsangebote aus
dem staatlichen Katalog für Lehrerfortbildung und Möglichkeiten freier Träger.
In Dienstberatungen der Beratungslehrer/-innen werden neue Erkenntnisse zur aktuellen Situation aufgezeigt und der Erfahrungsaustausch befördert. Schulen können auch sogenannte schulinterne Fortbildungen zu einem selbstgewählten Thema organisieren, wofür jeder Schule Honorarmittel zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin finden Pädagogischen Tage an Schulen statt.
An jeder weiterführenden Schule gibt es eine/n Suchtbeauftragte/n, der im Schuljahr 2014/15 benannt
wurde. Alle Schulen haben den Auftrag, ein Präventionskonzept, welches individuell gestaltet ist und
sich an den Problemen der Jugendlichen orientiert, zu erstellen. Das Konzept hat die Entwicklung von
Grundfertigkeiten zur Lebensgestaltung zum Ziel und will den Einstieg in den Konsum legaler und illegaler Drogen vermeiden und/oder hinauszögern.
Die einzelnen Schulen kooperieren mit den Schulpsychologen der SBAL. Die zuständigen Schulpsychologen führen mit den Beratungslehrer/-innen schulartübergreifend Fallbesprechungen in Gruppen
durch. Dabei werden Erfahrungen weitergegeben und Ideen ausgetauscht.
Es werden Projekte initiiert und in Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern durchgeführt. Bewährt hat sich die Implementierung des Lion’s Quest-Programms von „Erwachsen handeln“ (bis 2015:
„Erwachsen werden“). Die Eltern werden durch die Klassenelternvertreter/-innen in die schulische Konzeptarbeit einbezogen und organisieren selbstständig mit Kooperationspartnern thematische Elternabende.
Große Unterstützung bieten Unterrichtsmaterialien zu Themen der Gesundheitserziehung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA), die Zusammenarbeit mit dem Landesfilmdienst Sachsen (z. B. Film „Treppe aufwärts“) und das Theater der Jungen Welt mit Angeboten von Theaterbesuchen, einschließlich Vor- und Nachbereitung.
Für die schulische Gesundheitsförderung und Prävention stehen Online-Lernportale für
• die Aufgabenfelder Ernährung- und Verbraucherbildung (www.lernportal-sachsen-geniessen.de)
• Bewegung, Sport und Spiel (www.lernportal-sachsen-bewegung.de)
• Lebenskompetenz (www.lernportal-sachsen-lebenskompetenz.de)
zur Verfügung. Sie werden durch die Landesarbeitsstelle Schule und Jugendhilfe e. V. gepflegt.
16
Tabelle 2: Projekten an Schulen in Leipzig
Projekt
Kooperationspartner
Planspiel LebensKünstler/Stationsspiel zur Lebenskompetenzförderung
Fachstelle für Suchtprävention im
Direktionsbezirk Leipzig/Free
Your Mind
Schülermultiplikatorenprojekt
Free Your Mind
Ausbildung von Schülermultiplikator/-innen für die Umsetzung eigener Ideen der Präventionsarbeit für ihre Mitschüler/-innen
Planspiel Crystal Meth
Free Your Mind
Verschiedene Projektbausteine zu den Themenschwerpunkten
Drahtseil
Sucht, Gewalt und Medien, die individuell bzw. aufbauend aufeinander gebucht werden können und sich bedarfsorientiert nach
den Problem- und Interessenlagen der Schüler/-innen ausrichten
Null Alkohol - Voll Power
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Parcours Klarsicht
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Ehrenamtlich geführtes Projekt „Wandelhalle Sucht“
Wandelhalle Sucht an der Suchtberatungsstelle Regenbogen
Es koppelt Ausstellung und Gruppenveranstaltungen und beinhaltet Informationen zum Thema Alkohol und die Möglichkeit, eigene Erfahrungen mit Suchtmitteln zu überdenken. Alle Module
des Projektes sind individuell planbar.
Drogenkabinett
Polizeidirektion
Lebenskompetenzprogramm für Grundschüler „Klasse2000“
Fachstelle für Suchtprävention
Bundesprogramm zur Gesundheitsförderung, Sucht- und Gewaltvorbeugung in der Grundschule
Eigenständig werden
Unterrichtsprogramm zur Gesundheitsförderung, Sucht- und Gewaltprävention sowie zur Persönlichkeitsentwicklung in der
Grundschule
Lions Quest Erwachsen handeln2
Unterrichtsprogramm zur Lebenskompetenzförderung für die
5. bis 8. Klasse
Sächsische Bildungsagentur Regionalstelle Leipzig
Lions Quest/Sächsische Bildungsagentur Regionalstelle
Leipzig und Fachstelle für Suchtprävention
Quelle: Gesundheitsamt, 2017
2
Bis 2015 „Erwachsen werden“
17
1.3 Angebote der Polizeidirektion Leipzig
Im Jahr 2016 führte die IZD1, Fachbereich Prävention, 317 Veranstaltungen zum Thema Drogenprävention durch. Insgesamt nahmen 7.661 Personen an diesen Veranstaltungen teil, davon 5.060 Schüler/-innen der 7. Klassen und 2.601 Eltern und pädagogische Fachkräfte. Eine Besonderheit stellen Erwachsenenschulungen bei z. B. Firmen (z. B. Automobilbranche), Ämtern und Behörden (Agentur für
Arbeit) u. a. dar.
Alleinstellungsmerkmal der Veranstaltungen sind Inhalte zu rechtlichen Aspekten sowie der Anschauungsmaterialien echter Drogen und die Wissensbreite von den Ursachen einer Drogensucht über
Maßnahmen der Repression bis zu den Interventionsmöglichkeiten. In der Polizeidirektion Leipzig werden zu Veranstaltungszwecken u. a. die Drogenkabinette Leipzig und Torgau genutzt.
Die Durchführung erfolgt nach den konzeptionellen Vorgaben des LKA Sachsen und richtet sich nach
den Lehrplaninhalten der Zielgruppe aus.
Mehrere Veranstaltungen wurden im Zusammenwirken mit anderen Anbietern gehalten. Die Grundlage für schulische Prävention durch die Polizei ist der sachsenweite Ansatz „Prävention im Team“ (PIT).
Das Aufkommen von Anfragen unterschiedlichster Erwartungen zum Thema liegt über der zur Verfügung stehenden personellen Kapazität, wobei seit mehreren Jahren ein Anstieg zu verzeichnen ist.
Hauptzielgruppe stellen die Bildungseinrichtungen sowie Eltern dar, welche nach sachsenweit verbindlichen Konzepten aufgeklärt und informiert werden.
1.4 Angebote freier Träger
1.4.1 Diakonisches Werk, Innere Mission Leipzig e. V. „ DRAHTSEIL - Projektarbeit“
Drahtseil bietet für alle Schulformen Projekte zu den Themengebieten Sucht, Gewalt und Medien an.
Projektbausteine können einzeln, aber auch aufeinander aufbauend angefordert werden. Dieses Prinzip fördert eine langfristige Zusammenarbeit und sichert die Nachhaltigkeit.
Im Jahr 2016 wurden 147 Projekte im Suchtbereich (2015: 82), 42 Projekte zum Thema Medien,
16 Projekte zur Gewaltprävention und 12 Projekte mit dem Schwerpunkt Essstörungen durchgeführt.
Im Bereich der Suchtprävention konnte ein starker Anstieg von Projekten auf 147 Projekte (2015: 82 Projekte) verzeichnet werden. Durch die Neukonzeption wurden neue Zielgruppen (Förderschulen und
Grundschulen) erreicht. Zusätzlich wurden fünf Workshops im Bereich der Suchtprävention sowie neun
Workshops für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren im medienpädagogischen Bereich durchgeführt.
Für den Anstieg sind Projekte mit den Schulformen Grundschule, Gymnasium und Förderschule verantwortlich. Hier konnten deutlich mehr Projekte als im Vorjahr durchgeführt werden.
Die Fokussierung auf bestimmte Substanzen (z. B. Crystal und Cannabis) bot ein breiteres Spektrum
für vorher bestehende Nutzergruppen (7. - 9. Klasse).
18
Foto: Drahtseil, 2017
Abbildung 4: Projekte im Rahmen der Suchtprävention nach Schulformen
70
62
60
50
39
40
33
20
2015
2016
29
28
30
16
11
10
5
3
6
1
1
0
Oberschule
Grundschule
Förderschule
Sonstiges
Gymnasium
Berufsschule
Quelle: Drahtseil, 2017
Der deutliche Anstieg bei Suchtprojekten ist mit dem neu konzipierten Projektbaustein „Alles Sucht
oder was?“ für Förderschulen zu erklären. Durch mehrerer Veranstaltungen pro Schuljahr ist es möglich, die Schüler/-innen umfassend und nachhaltig über legale und illegale Substanzen aufzuklären. In
der Projektarbeit wird Sucht als Krankheit und Verlauf erarbeitet. Mit den Schüler/-innen wird möglichst
wertfrei über verschiedene Konsumformen diskutiert. Es wird Wert darauf gelegt, einen Suchtverlauf
nicht als Bewertungsmuster gegenüber dem eigenen Konsum zu betrachten, sondern den eigenen
Konsum wertfrei, wertschätzend und zugleich authentisch und kritisch zu reflektieren.
19
Medien
Da sich in diesem Bereich nahezu täglich neue Möglichkeiten und Nutzungsmuster für Kinder und Jugendliche ergeben, werden die Projekte im Bereich Medien ständig bedarfsorientiert weiterentwickelt.
Das Nutzungsverhalten von Schüler/-innen in Bezug auf soziale Netzwerke verändert sich sehr
schnell. Daher wurden bestimmte Projektbausteine nicht mehr durchgeführt, dafür neue Projekte und
Methoden angeboten bzw. angewandt.
Die Bedeutung und Funktion des Handys bzw. Smartphone hat bei jüngeren Schüler/-innen deutlich
zugenommen. Hier wurden Methoden entwickelt, die die Selbstreflexion des Nutzungsverhaltens, konkrete Einstellungen und Gefahren sowie Chancen des Smartphones verdeutlichen. Das Angebot richtet sich hauptsächlich an Schüler/-innen der Klassenstufen 5 - 7.
Im Grundschulbereich hat sich der Medienführerschein bewährt. Durch die intensive Arbeit zu verschiedenen Medien (z. B. Internet, Fernsehen, Handy, Computerspiele) kann Wissensvermittlung, Aufklärung sowie interaktive Mitarbeit umgesetzt werden. Zusätzlich zu den 42 Projekten im Bereich Medien wurden neun Workshops für Multiplikatoren durchgeführt.
Eine besondere Sensibilität ist beim Thema Essstörungen gefordert. Im Laufe des Jahres wurde an
der Auseinandersetzung mit Schönheitsidealen gearbeitet. Um einer stigmatisierenden Auseinandersetzung vorzubeugen, wurde der Schwerpunkt auf Körperideale gelegt. Insgesamt wurden für 6. und
8. Klassen zwölf Projekte zum Thema Essstörungen durchgeführt.
1.4.2 Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Leipzig e. V.
Schülermultiplikatorenprojekt Free Your Mind
Moderne Suchtprävention will die persönlichen und sozialen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen stärken. Dabei sollen Präventionsangebote frühzeitig ansetzen, langfristig angelegt sein, kontinuierlich umgesetzt werden und möglichst interaktiv gestaltet sein. Im Schülermultiplikatorenprojekt werden interessierte Schüler/-innen zu Schülermultiplikator/-innen ausgebildet, um für ihre Mitschüler/-innen Projekte zu planen und durchzuführen.
Mit dem Peer-to-Peer-Ansatz wird das Projekt in Leipzig seit fast 20 Jahren erfolgreich an Leipziger
Schulen umgesetzt. 2016 wurden vier neue Schulen aufgenommenem. Damit kooperiert das Projekt
aktuell mit zwei Gymnasien, zwei Schulen zur Lernförderung und neun Oberschulen. Insgesamt engagierten sich 93 Schüler/-innen (2015: 95), 13 ehrenamtlichen FREE YOUR MIND-Trainer/-innen (2015:
11) bzw. 20 Lehrerkräfte und Schulsozialarbeiter/-innen (2015: 15).
Die Projektideen zeichnen sich durch eine breite Themenvielfalt aus. Mit
96 Angeboten konnten fast doppelt so viele wie im vergangenen Jahr
(2015: 51) realisiert werden. Spiel- und Mitmachangebote (n = 28) sind
besonders beliebt, darunter fallen Spielenächte/-nachmittage, Pausenaktionen oder Kreativangebote, aber auch Fasching, Weihnachts- oder
Osteraktionen.
Zur Medienkompetenzförderung wurden 28 Projekte durchgeführt. Dabei handelte es sich meist um das Angebot „Smarti Starti“. Es hat das
Ziel, die Teilnehmer/-innen für die Chancen und Risiken im Umgang mit
dem Handy zu sensibilisieren.
Um andere Schüler/-innen zu befähigen, den Workshop umzusetzen,
fanden im Juni und August 2016 Fortbildungsveranstaltungen statt. Ein Großteil der fünften (und z. T.
auch sechsten) Klassen der Kooperationsschulen konnte von diesem Angebot profitieren.
20
Die Free Your Mind-Gruppe der Oberschule Mölkau hatte sich separat dem Thema Medien(-sucht) gewidmet. Mit Unterstützung des Programms „Hoch vom Sofa!“ (Deutschen Kinder- und Jugendstiftung)
konnte eine Schülerzeitung („Game Over“) erstellt werden, die auf aktuelle Trends, aber auch Gefahren im Umgang mit Handy-/Computerspielen hinweist.
Auch im Bereich legale Drogen konnte eine Fortbildung durchgeführt werden. Die Projektbeteiligten
lernten „KlarSicht“, ein alkohol- und nikotinpräventives Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung kennen.
Die Schülermultiplikator/-innen der Werner-Heisenberg-Schule haben einen eigenen Workshop („AlkoholFREI“) zur Alkoholprävention konzipiert. Er wurde in allen drei achten Klassen der Schule durchgeführt, im Rahmen einer Facharbeit evaluiert und soll 2017 auch allen anderen Kooperationsschulen zur
Verfügung gestellt werden. Finanziert wurde das Projekt ebenfalls vom Programm „Hoch vom Sofa!“.
Eine weitere Förderung erhielt FREE YOUR MIND in diesem Jahr von der Koordinierungsstelle Kommunale Gesundheit/Gesundheitsamt Leipzig, mit deren Unterstützung das FREE YOUR MIND-Mädchencamp durchgeführt werden konnte. Es hatte zum Ziel, das Selbstbewusstsein der Teilnehmerinnen zu stärken und sie anzuregen, unter dem Motto „Starker Wind aus Leipzig – West“ eigene bewegungsfördernde Projektideen zu entwickeln.
Jugendliche, die Interesse haben, sich bei FREE YOUR MIND zu engagieren, nehmen an einer viertägigen Ausbildung teil, im Jahr 2016 waren das 27 Jungen und Mädchen der Klassenstufe 7 und 8. Drei
Schulen führten eigene schulinterne oder Camp-Ausbildungen durch.
Sie vertiefen ihr Wissen zum Thema Sucht und Drogen und lernen Moderations- und Präsentationstechniken oder Projekte kennen. Hierbei handelt es sich i. d. R. um FREE YOUR MIND-Angebote. Beispielhaft sind das Stationsspiel „Lebenskünstler“ (Förderung allgemeiner Lebenskompetenzen), das
Spiel „Mensch mobb‘ mich nicht“ der Schule am Adler zur Prävention von Cybermobbing oder auch
das Programm „Bauchgefühl“ zur Prävention von Essstörungen zu nennen.
Fachstelle für Suchtprävention im Direktionsbezirk Leipzig
Die Fachstelle für Suchtprävention ist für den Direktionsbezirk Leipzig (Stadt Leipzig, Landkreis Nordsachsen, Landkreis Leipzig) tätig und in Zusammenarbeit mit den Fachstellen Dresden und Chemnitz
sachsenweit aktiv. Das Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz will eine
landesweite Koordinierungsstelle für Suchtprävention einrichten und hat den drei Fachstellen für
Suchtprävention in Sachsen zum 30.06.2017 gekündigt.
Diese Veränderungen erfordern von der Fachstelle eine Verschiebung der Aufgabenbereiche und die
Abwicklung von bestehenden Programmen und Projekten.
Zur Förderung des Fachaustausches führte die Fachstelle drei Treffen zur Koordinierung der Suchtprävention im Direktionsbereich Leipzig mit den zuständigen regionalen Fachkräften durch.
Die Fachstelle hat auch im Jahr 2016 ausgewählte Präventiosprogramme angeboten. Das bundesweite FREUNDE-Programm zielt auf die Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen der Jüngsten
ab, um einer Sucht- und Gewaltentstehung frühzeitig vorzubeugen. Eine Leipziger Kindertagesstätte
erhielt im November 2016 die Auszeichnung für die Umsetzung des Lebenskompetenzprogrammes
„FREUNDE“. Das einjährige Projekt beinhaltete verschiedene Module wie ein zweitägiges Basisseminar, eine fachliche Begleitung, ein Reflexionstreffen und ein Aufbauseminar.
Im Rahmen des Mediationsprogramms „Kinder lösen Konflikte selbst“ (Laufzeit drei Jahre) der Unfallkasse Sachsen führte die Fachstelle ein viertägiges Basisseminar mit 20 pädagogischen Fachkräften
von Kitas, Grundschulen und Horten aus Leipzig, dem Landkreis Nordsachsen sowie dem Landkreis
Leipzig durch.
21
Für das Programm „Klasse 2000“, Gesundheitsförderung in der Grundschule, Gewaltvorbeugung und
Suchtvorbeugung ist die Fachstelle als Gesundheitsförderer aktiv. Im Berichtsjahr betreute die Fachstelle fünf Schulen in Leipzig.
Als eine Präventionsmaßnahme für den Sekundarbereich I bietet die Fachstelle das Stationsspiel „LEBENSKÜNSTLER“ an. Das Spiel wurde 2016 mit 28 Schulklassen aus zehn Schulen im Direktionsbezirk Leipzig umgesetzt. Im Zusammenhang mit dem Verleih stehen individuelle Beratungen und Schulungen zur Nutzung des Materials.
Für Fachkräfte und Multiplikatoren wurden Weiterbildungen und Workshops angeboten. Im Dezember
2016 führte die Fachstelle ein dreitägiges Seminar Kita-MOVE (Motivierende Kurzintervention bei Eltern im Elementarbereich) in Leipzig durch. Es nahmen vier Kita Leiterinnen sowie sechs Erzieherinnen von verschiedenen Einrichtungen aus Leipzig, Landkreis Nordsachsen und dem Landkreis Leipzig
teil.
Im Rahmen des Katholikentages führte die Fachstelle einen Workshop zum Thema „Kinder aus suchtbelasteten Familien“ mit 24 Teilnehmer/-innen unterschiedlicher Professionen durch. Im August wurde
im Rahmen der Leipziger Reihe für Suchtprävention zum gleichen Thema ein Tagesseminar für Erzieher/-innen durchgeführt.
Unter dem Titel „Lieber vorbeugen als nach hinten fallen“ wurden im April in Kooperation mit Sachsenmetall 32 Ausbilder/-innen in Sachsen mit Inhalten der betrieblichen Suchtprävention vertraut gemacht.
Im August 2016 wurde ein Tagesseminar für Führungskräfte, Heimerzieher/-innen, Ausbilder/-innen,
Lehrer/-innen und Ärztinnen eines Leipziger Berufsbildungswerkes angeboten, in welchem verschiedene Methoden der Suchtpräventionsarbeit vorgestellt wurden.
Die Fachstelle war 2016 in folgenden Gremien tätig:
• Landesfachausschuss zur Suchtprävention
• Arbeitskreis Schulmediation
• Arbeitskreis Suchtprävention der Stadt Leipzig
Das Angebot der Beratung zu pädagogischen Vorhaben und der Verleih von suchtpräventiven Medien
und Materialien wurde vorrangig aus den Bereichen Schule sowie dem Elementarbereich (Kita, Hort)
genutzt. Entliehen wurden Rauschbrillen, Materialien zum Basiswissen Sucht/Suchtprävention, das
Stationsspiel „LEBENSKÜNSTLER“ sowie Materialien zu den Themen Essstörungen, Alkohol- und Tabakprävention aber auch Materialien zur Lebenskompetenzförderung.
Der Newsletter der Fachstellen für Suchtprävention steht allen Interessierten zur Verfügung (www.suchtprävention-sachsen.de).
1.4.3 SZL Suchtzentrum gGmbH/Drug Scouts
Information und Beratung
Die Drug Scouts bieten an vier Nachmittagen in der Woche im Laden „Drug Store“ Informationen und
Beratung an. Im Team arbeiten drei Personen, die sich 1,73 VZÄ teilen und damit insgesamt 70 h in
der Woche tätig sind. Im Jahr 2016 nahmen 115 Menschen das Angebot an. Zentrale Themen waren
allgemeine Informationen zu psychotropen Substanzen, deren Wirkungen und Nebenwirkungen, Abhängigkeit und damit verbundene Sorgen und Ängste, Möglichkeiten den Konsum zu beenden, Gesprächsstrategien und Konsumreflexion. Die Substanzen Cannabis, Crystal und MDMA wurden am
häufigsten thematisiert.
22
Die Möglichkeit der telefonischen Beratung wurde von 455 Personen genutzt. Auch hier wurden die
meisten Gespräche wegen Cannabis geführt, mit großem Abstand folgten Crystal, Ecstasy, Speed,
Mischkonsum mit Medikamenten sowie Kokain. Hauptthemen waren Konsumnachweismöglichkeiten
und -zeiten (im Rahmen einer MPU oder wegen anderer Zusammenhänge, in denen Screenings erforderlich waren), Drogenwirkungen inkl. Nebenwirkungen, rechtliche Fragen, psychische Belastungen
sowie Umgang mit Abhängigkeit und der Wunsch, den Konsum zu beenden.
Bei Konsumentinnen und Konsumenten, die aktuell weder abstinenzwillig und/oder -fähig waren, ging
es vor allem um die Vermittlung von Risikokompetenz sowie das Aufzeigen von Möglichkeiten für eine
Konsumreduktion. In den Gesprächen wurden verschiedene Hilfsangebote der Stadt Leipzig und Zugangswege vorgestellt.
Es wurden verschiedene Veranstaltungen zur Substanzkunde, Anregungen zur Konsumreflexion, Aufklärung zu Risiken des Konsums u. a. angeboten.
Tabelle 3: Veranstaltungen 2016
Veranstaltungen
Zielgruppe
11 Präventionsveranstaltungen
Schüler/-innen, Auszubildende und Studierende
5 Präventionsveranstaltungen
unbegleitete minderjährige Asylsuchende
6 Veranstaltungen
Multiplikator/-innen
2 Veranstaltungen
Angehörige
Quelle: SZL Suchtzentrum gGmbH, 2017
Vor-Ort-Arbeit
Im Jahr 2016 wurden in Leipzig 14 Infostände auf Partys und in Clubs angeboten, inkl. eines mehrtägigen Festivals („Nachtdigital“) und zwei Infostände bei mehrtägigen Partys.
Insgesamt wurden 1.520 Kontakte und 524 Informations- und Beratungsgespräche gezählt. Darüber
hinaus wurden 1.540 Faltblätter und 1.700 Safer-Use-Materialien (Ohrstöpsel, Aktivkohlefilter, Ziehröhrchen und Sniefpaper) ausgegeben.
Am häufigsten wurden Infomaterialien zu MDMA3, Ketamin, „Drogenkonsum und Sex“, Cannabis und
Speed mitgenommen, gefolgt von Informationen zu erster Hilfe im (Drogen)Notfall, LSD, 2C-B und
Konsumreflexion. Informations- und Gesprächsbedarf gab es vor allem zu den Substanzen MDMA,
Ketamin und 2C-B, gefolgt von Crystal, Speed und Cannabis. Hierbei ging es hauptsächlich um Risiko
und Risikominimierung, Safer Use (vor allem beim nasalen Konsum) sowie Mischkonsum.
Im Jahr 2016 wurden während der Vor-Ort-Einsätze in Leipzig sechs Menschen in Krisensituationen
betreut. Diese wurden ausgelöst durch Mischkonsum (mit Alkohol), ungewollten Überdosierungen mit
MDMA, GHB/GBL, Ketamin oder Speed sowie durch Überforderung durch Erlebnisse mit LSD.
Für Club- und Securitypersonal wurden drei Schulungen (erste)Hilfe in Krisensituationen angeboten
und für junge Menschen (im Partykontext) fanden fünf Veranstaltungen statt (Drogenscreenings, Substanzkunde, „Frauen und Drogenkonsum“ sowie Konsumreflexion).
3
MDMA steht für die chirale chemische Verbindung 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin. Es gehört strukturell zur Gruppe der Amphetamine und ist insbesondere als weltweit verbreitete Partydroge bekannt
23
Informationsmaterialien
2016 wurden Infomaterialien überarbeitet. Über Bestellungen, Infostände und Veranstaltungen wurden
insgesamt 42.100 Faltblätter ausgegeben.
Webseite
2016 verzeichnete drugscouts.de insgesamt 3.227.066 Aufrufe. Ein geringer Prozentsatz der Aufrufe
erfolgt aus Sachsen, noch weniger aus Leipzig. Eine Auswertung nach abgefragten Substanzinformationen für Leipzig ist daher nicht aussagefähig. Die Internetseite wird über ehrenamtliches Personal
und die Voluntscouts betreut.
Die Rubriken „Hilfe in Leipzig“ und „Hilfe für Eltern und Angehörige“ wurden insgesamt 562 Mal aufgerufen.
Auf der Webseite werden Warnmeldungen zu einzelnen Substanzen bundesdeutscher Behörden und
Institutionen und aus anderen europäischen Ländern veröffentlicht.
Die veröffentlichten Erfahrungsberichte und Kommentare ermöglichen eine niedrigschwellige Auseinandersetzung und Reflexion mit verschiedenen Themen und Problembereichen. Für eine schnelle Verbreitung von aktuellen Informationen werden auch Facebook und Twitter genutzt.
Sonstiges
Das Projekt wird von vielen ehrenamtlichen Helfer/-innen unterstützt, die 2016 insgesamt 7.455 Stunden ins Projekt investierten. Besonders hervorzuheben ist die Erarbeitung von Audioversionen einiger
Substanzinfomaterialien und die Erstellung neuer Aufkleber mit Safer-Use-Botschaften.
Die Drug Scouts feierten im Jahr 2016 ihr 20-jähriges Jubiläum. In diesem Zusammenhang wurde eine
Veranstaltungsreihe für junge Menschen durchgeführt.
Auf Bundesebene beteiligten sich die Drug Scouts u. a. mit einem Beitrag am Alternativen Drogen- und
Suchtbericht von akzept e. V., referierten auf der internationalen Konferenz NIGHTS 2016-STADT
NACH ACHT in Berlin und beim 11. Internationalen akzept-Kongress.
Ein über das Bundesministerium für Gesundheit sowie die AOK Sachsen/Thüringen finanzierter Teil
der Arbeit ist die Moderation des Online-Selbsthilfe-Portals „breaking-meth.de“, welches vom Zentrum
für interdisziplinäre Forschung (ZIS) in Hamburg entwickelt wurde. Es bietet Crystalkonsumentinnen
und -konsumenten mit Abstinenzwunsch und ehemaligen Konsumentinnen und Konsumenten die
Möglichkeit, sich über ihre Erfahrungen und aktuelle Erlebnisse auszutauschen und zu unterstützen.
1.4.4 Jugendhaus Leipzig e. V. – Jugendberatungsstelle „jUkON“
Die Jugendberatungsstelle „jUkON“ des Jugendhaus Leipzig e. V. berät junge Menschen von 14 bis 27
Jahren, Eltern, Angehörige und Multiplikatoren.
„jUkON“ bietet ein komplexes Angebot bei sozialen, beruflichen und/oder psychosozialen Beeinträchtigungen. Hierzu zählen Hilfen bei Schul- oder Ausbildungsschwierigkeiten bzw. -abbrüchen, bei Eingliederungsproblemen in die Arbeitswelt und bei Arbeitslosigkeit. Ebenso gehören Hilfen in Problemlagen
wie Sucht und Suchtentwicklung, krisenhafte bzw. hochproblembelastete Situationen, Wohnungslosigkeit, finanzielle Schwierigkeiten/Schulden, delinquente Verhaltensweisen, familiäre Schwierigkeiten sowie seelische/psychische Beeinträchtigungen dazu.
Für suchtmittelkonsumierende bzw. -abhängige junge Menschen bietet „jUkON“ eine Orientierungsberatung an, in der die Motivation zu einem abstinenten Lebensstil und die Inanspruchnahme weiterführender Angebote der Suchthilfe gefördert werden. Dafür besitzen Mitarbeiter/-innen spezielle Weiterbildungen (MOVE-Weiterbildung).
24
2016 unterstützte die Jugendberatungsstelle „jUkON“ in insgesamt 565 Fällen. Die Jugendlichen steigen meist mit einem anderen Problem in den Beratungsprozess ein, in dessen Verlauf sich das Thema
Konsum herausfiltert. In der Beratung zu anderen Konflikten können Probleme im Konsum deutlich gemacht und auf deren Auswirkungen auf die Gesamtsituation hingewiesen werden. Mit Angeboten der
Jugendberatung kann die Zielgruppe optimal erreicht werden, auch wenn noch kein ausgeprägtes Problembewusstsein besteht.
Der Anteil suchtbetroffener Jugendlicher in der Jugendberatung liegt bei rund 24,5 % (137 Fälle). Das
entspricht einem Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (2015: 33,5 %) und bewegte sich schwerpunktmäßig im Bereich Cannabis, Alkohol und Methamphetamin. Mischkonsum von Suchtmitteln ist besonders ausgeprägt.
Selten stand bei den Jugendlichen und jungen Menschen die Veränderung des Konsumverhaltens im
Vordergrund der Beratung. Lediglich in 17 Fällen gaben Jugendliche und junge Menschen das Thema
Sucht als Hauptgrund der Beratung an. In der Jugendberatung sind Konsum und Sucht für die jungen
Menschen Themen neben vielen anderen in einem häufig komplexen Hilfebedarf. Das Thema „Sucht“
tritt daher häufig in den Hintergrund und ein Problembewusstsein bezüglich des Konsums ist in vielen
Fällen nicht vorhanden. Eine enge Kooperation mit der Jugenddrogenberatung Drahtseil (Diakonisches
Werk, Innere Mission Leipzig e. V.), welches auf Sucht im Jugendalter spezialisiert ist, ermöglichte in
der Regel eine frühzeitige Anbindung der jungen Menschen an eine weiterführende Hilfe. In den 137
Fällen wurden verschiedene Substanzen konsumiert, außerdem auch Medien exzessiv genutzt. Die
Verteilung ist in der folgenden Abbildung zusammengefasst:
Abbildung 5: Verteilung der primär konsumierten Substanzen bei Klienten mit Suchthintergrund
35
54
7
20
Cannabis
Methamphetami
n
Alkohol
Medien
polytoxikomaner
Konsum
21
Quelle: Jugendhaus Leipzig e. V., 2017
Der Eltern-Info-Treff in Kooperation mit Projekt Drahtseil ist ein Angebot für Eltern und Angehörige. Er
beinhaltet verschiedene Themengebiete und wurde 2016 sechsmal angeboten. Relevante Veranstaltungen für die Suchtprävention waren „Neue Drogen auf dem Vormarsch - Neue Psychoaktive Substanzen“
und „Soziale Netzwerke, Cybermobbing und Medienabhängigkeit“. Aufgrund der aktuellen Nachfragen
sind für 2017 wieder Veranstaltungen zu Suchtmittel- und Medienkonsum geplant.
1.5 Städtisches Klinikum „St. Georg“ Leipzig/„Wandelhalle Sucht“
Das Alkoholpräventionsprojekt „Wandelhalle Sucht“ ist Teil des Konzeptes Regenbogen. Es fördert Risikokompetenzen wie eine kritische Einstellung zum Suchtmittel, Entscheidungsfähigkeit und Problembewusstsein. Unter dem Motto „Willst du etwas lernen, frage Erfahrene nicht Gelehrte“ vermitteln Vertreter/-innen der Suchtselbsthilfe Regenbogen authentisch Informationen zum Thema Alkohol, Mischkonsum, Missbrauch und Abhängigkeit. Es ist ein rein ehrenamtlich geführtes Projekt.
25
Die Leitung, Durchführung, Organisation und Öffentlichkeitsarbeit obliegt engagierten, abstinent lebenden, suchtbetroffenen Mitarbeiter/-innen.
Von dem Projekt profitieren sowohl die Teilnehmenden als auch die suchtbetroffenen Referenten. Für
Letztere erfolgt eine wichtige Enttabuisierung der eigenen Suchterkrankung durch Transparenz und
Offenheit gegenüber Dritten. Es erfordert viel Mut, die eigene Lebensgeschichte mit dem verbundenen
Schuld- und Schamgefühl öffentlich darzustellen. Die Referenten trainieren Verantwortungsübernahme
im sozialen Kontext, erhöhen damit ihre Selbstkompetenz und steigern ihr Selbstwertgefühl. Die ständige Reflexion des eigenen Suchtverhaltens sorgt für eine nachhaltige Stabilisierung des Veränderungsprozesses. Es wird eine sachliche Darstellung des Gebrauches, des Missbrauches und der Abhängigkeit vermittelt. Das fördert einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol oder sorgt für eine
Veränderung des Konsumniveaus. Gesundheitliche Risiken werden minimiert.
Durch das Projekt können Jugendliche aus suchtbelasteten Familien durch die Enttabuisierung der elterlichen Suchterkrankung ihre Widerstandskraft fördern.
Im Jahr 2016 wurden 173 Veranstaltungen für insgesamt über 2.000 Teilnehmer/-innen durchgeführt.
68 % der Teilnehmer/-innen waren Jugendliche im Alter von 11 - 18 Jahren, 13 % waren 19-24 Jahre
alt und 17 % älter als 25 Jahre. Im letzten Jahr konnten mehr Auszubildende erreicht werden.
Auf den Rückmeldebögen wird die Präventionsveranstaltung im Durchschnitt mit 47 % als „sehr gute“
und 48 % als „gute“ Veranstaltung bewertet. Lediglich 5 % bewerten die Veranstaltung mit „befriedigend“.
26
2 Beratung, Behandlung und soziale (Re-)Integration
Um den unterschiedlichen Ursachen und Verlaufsformen von Suchterkrankungen begegnen zu können, ist ein differenziertes Angebotsspektrum zu sichern, das von Suchtberatungs- und Behandlungsstellen, ambulanten und stationären Behandlungsangeboten zu Angeboten der Nachsorge spannt.
Das übergreifende Ziel der Suchtberatung, -behandlung und -betreuung ist es, die Betroffenen darin zu
unterstützen, ein unabhängiges, von Sucht freies Leben zu führen. Dazu gehören auch die Zielsetzungen, substanz- bzw. verhaltensbezogener Störungen und Probleme zu mindern, gesundheitlicher Risiken und Folgeschäden zu minimieren, eine soziale und berufliche Wiedereingliederung zu gewährleisten.
Die Einrichtung von Suchtberatungs- und Behandlungsstellen gehört zu den kommunalen Pflichtaufgaben. Die Stadt Leipzig hat dafür Leistungsvereinbarungen bzw. Versorgungsverträge mit nachstehenden Partnern abgeschlossen.
• Städtisches Klinikum »St. Georg« Leipzig, Eigenbetrieb der Stadt Leipzig, Zentrum für Drogenhilfe mit den Suchtberatungsstellen Alternative I und II, Haus „Alt-Schönefeld, Känguruh, Regenbogen und Grünau und dem Fachbereich Familienhilfe als spezialisiertes Angebot für suchtbelastete Familien
• Diakonisches Werk, Innere Mission Leipzig e.V. mit der Suchtberatungsstelle Blaues Kreuz
• SZL Suchtzentrum gGmbH mit der Suchtberatungsstelle Impuls
abgeschlossen.
Im Suchthilfewegweiser „Angebote für Menschen mit Suchtproblemen und deren Angehörige“ können
Bürger Suchtberatungsangebote verschiedener Träger und Institutionen finden. Der Wegweiser kann
über die Internetseite der Stadt Leipzig unter www.leipzig.de/suchthilfe aufgerufen werden.
2.1 Suchtberatungsstellen in der Stadt Leipzig
2.1.1 Fachkräfte in Suchtberatungsstellen
Die Stadt Leipzig fördert sieben Suchtberatungs- und Behandlungsstellen und einen Fachbereich Familienhilfe der Träger Städtisches Klinikum „St. Georg“ Leipzig - Zentrum für Drogenhilfe, Diakonisches Werk, Innere Mission Leipzig e. V. und SZL Suchtzentrum gGmbH mit 32,3 Fachkraftstellen
(Stichtag 31.12.2016). Sie leisten einen wichtigen Teil der ambulanten Versorgung und Rehabilitation
suchtkranker Menschen außerhalb der medizinischen Versorgung der Krankenkassen.
Die Jugenddrogenberatung DRAHTSEIL ergänzte 2016 mit drei weiteren Fachkräften in der ambulanten Kinder- und Jugendberatung das ambulante Suchthilfesystem als Ansprechpartner für Minderjährige, deren Eltern und andere Angehörige.
2.1.2 Klienten in den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen
Jährlich werden etwa 4.000 Klientinnen und Klienten betreut. Die Beratungskapazitäten der Beratungsstellen sind bei dieser Nachfrage vollständig ausgeschöpft; auch 2016 mussten Bürger mit Wartezeiten von bis zu sechs Wochen rechnen, um einen Termin für eine individuelle Beratung zu erhalten.
27
Mit Sofortsprechstunden (i. d. R. Kurzberatungen), Informationsveranstaltungen in Gruppen sowie Telefonsprechzeiten für Erstgespräche versuchen die Mitarbeiter/-innen, die Wartezeiten für Klientinnen
und Klienten zu verringern.
Die Daten folgender Übersichten und Tabellen stammen aus der Basisdokumentation easy-BADO-k
(easy soft GmbH Dresden). Die Datenerhebung erfolgt in den sieben Suchtberatungs- und Behandlungsstellen sowie im Fachbereich Familienhilfe entsprechend dem Deutschen Kerndatensatz zur Dokumentation im Bereich der Suchtkrankenhilfe. Die Daten werden der Stadt Leipzig anonymisiert für
den Städtischen Suchtbericht und dem Institut für Therapieforschung München für den Suchtbericht
Deutschland zur Verfügung gestellt.
Zugang und Vermittlungswege
Der Kontakt zu den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen wurde vorwiegend durch Klientinnen und
Klienten selbst hergestellt (rund 55 %) und zu 5,1 % über Angehörige und Bezugspersonen. Die Vermittlungsrate durch professionelle Einrichtungen wie Krankenhäuser, Ambulanzen und soziale Einrichtungen lag deutlich höher als in den Vorjahren. Etwa 12,3 % der Klientinnen und Klienten wurden durch
Jugendhilfeeinrichtungen und 4,5 % durch Allgemeine Soziale Dienste vermittelt.
Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten vermittelten etwa 4 %. Über das Jobcenter Leipzig und
die Agentur für Arbeit wurden weniger als 2 % der Klientinnen und Klienten vermittelt. Alle anderen kamen über verschiedenste Einrichtungen (Justiz 3,2 %, Betriebe und Schulen 0,5 % u. a.).
2016 wurden 4.258 Klientinnen und Klienten mit Alkohol- und Drogenproblemen, mit Glücksspielsucht
und/oder übermäßigem Medienkonsum sowie deren Angehörige vorstellig. 3.755 Personen waren
selbst von einer Suchterkrankung betroffen. Es handelte sich um 1.166 Frauen und 2.589 Männer. 503
Personen kamen als Angehörige zur Beratung, darunter 372 Frauen.
In den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen werden zum größten Teil alkohol- oder drogenabhängige Menschen beraten, behandelt und in Therapieeinrichtungen vermittelt. In der folgenden Abbildung
ist der Umfang der betreuten Klientinnen und Klienten von 2010 bis 2016 dargestellt.
Abbildung 6: Betreuungszahlen 2012 bis 2016
Quelle: Gesundheitsamt, 2017
28
Unter den selbst Betroffenen befanden sich etwa 70 % in einem Betreuungsprozess mit mehr als einem Kontakt. Alle anderen führten einmalige Beratungsgespräche in den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen.
Hauptproblembereiche waren substanzbezogene Störungen (Alkohol, Medikamente und andere Drogen). 2016 wurden außerdem 135 Menschen mit verhaltensbedingten Süchten (pathologische
Glücksspielsucht und übermäßiger Mediengebrauch) beraten.
Übermäßiger Mediengebrauch fällt bei Klientinnen und Klienten mit Substanzstörungen zunehmend
als Zweitdiagnose auf.
Tabakabhängigkeit und Essstörungen treten kaum als Hauptdiagnosen auf, spielen jedoch ebenfalls
als Zweit- oder Drittdiagnosen eine große Rolle.
2.1.3 Diagnosen und Hauptsubstanzen
In den folgenden Übersichten wurden Hauptklientengruppen und Hauptproblembereiche der Klienten
und Klientinnen zusammengefasst.
Tabelle 4: Entwicklung der Klientenzahlen 2012 bis 2016 (absolut)
2012
Gesamtzahl Klienten
2013
2014
2015
2016
4.160
4.086
4.179
4.260
4.258
- davon Betroffene
3.643
3.641
3.683
3.736
3.755
- davon Angehörige
517
421
496
524
503
- davon Neuzugänge oder
Wiederaufnahmen
1.586
2.672
2.719
2.794
2.876
1.994
1.971
1.955
1.912
1.826
22
21
23
21
22
1.449
1.429
1.494
1.601
1.724
Pathologisches Glücksspiel
96
92
107
125
121
Mediengebrauch
13
11
10
8
14
5
4
2
3
2
Tabak
25
1
3
1
2
Sonstige Betroffene ohne
Angaben
52
25
99
67
52
Hauptsubstanzen und Hauptproblembereiche:
Alkohol
Medikamente
Illegale Drogen
Essstörungen
Quelle: Gesundheitsamt, 2017
29
Hauptproblembereich
Abbildung 7: Hauptproblembereiche der Klienten, bezogen auf alle selbst Betroffenen, 2016
Alkohol
1.826
darunter Crystal:
Stimulanzien
Opioide
750
783
637
Cannabinoide
289
path. Spielverhalten
121
Medikamente
22
Kokain
11
0
200
400
600
800 1.000 1.200 1.400 1.600 1.800 2.000
Anzahl der Klienten
Quelle: Gesundheitsamt, 2017
Alle selbst betroffenen Klientinnen und Klienten wurden Hauptsubstanzgruppen bzw. der Gruppen Pathologisches Spielverhalten oder Problematischer Mediengebrauch zugeordnet. Viele konsumieren mehr als
eine Substanz und/oder gebrauchen zusätzlich Medien im missbräuchlichen Sinne. Die Mehrfachabhängigkeit wird in der Statistik der Suchtberatungs- und Behandlungsstellen nicht abgebildet.
1. Alkohol: Die größte Gruppe weist eine Alkoholabhängigkeit auf; mit fast 50 % sind sie in den
Behandlungsstellen am häufigsten vertreten. Der Trend zeigt eine leichte aber kontinuierliche
Rückläufigkeit an. Er spiegelt die sich über Jahre veränderte Verschiebung der Hauptsubstanzen wider. Es kommen zunehmend mehr Menschen mit einer Drogenabhängigkeit. Die Zahl
der Alkoholabhängigen geht im Verhältnis zurück.
2. Opioide (meist Heroin): Heroinabhängigkeit wird seit 2016 wieder häufiger als Hauptsubstanz
angegeben. Über mehrere Jahre zuvor wurde Heroin weniger häufig dokumentiert. Heroinabhängige missbrauchen meistens weitere Substanzen und werden in diesen Fällen als polytoxikoman diagnostiziert.
3. Cannabis: Bereits seit 2015 wird wieder von einem leichten Anstieg berichtet. Vor allem bei
sehr jungen Klientinnen und Klienten steigen die Fallzahlen; häufig auch in Kombination mit
anderen Drogen oder Medienmissbrauch.
4. Stimulanzien: Die Entwicklung zeigt auch 2016 eine deutliche Verschiebung der Diagnosen in
den Suchtberatungsstellen zugunsten der Menschen mit Stimulanzienabhängigkeit („Crystalkonsum“). Diese Klientengruppe hat sich stark vergrößert und führte zu einer vielfachen Veränderung der Aufgabenfelder der Suchtberater/-innen. So verstärken sich für diese Klientengruppe zwingend die Kooperationsbeziehungen zu anderen Sozialdiensten (vorrangig Allgemeine Soziale Dienste) und erforderten häufig den Einbezug der Familien (Partner und Kinder)
in die Arbeit.
Die Betreuung dieser Gruppe zieht in der Regel einen enormen organisatorischen und zeitlichen Mehraufwand nach sich: Veränderte Terminvergaben, verstärkte Sozialarbeit u. a.. Die
Suchtberatungsstellen mussten ihre Konzepte an diese Herausforderungen anpassen. Längere Wartezeiten auf ein individuelles Erstgespräch, die zwei bis sechs Wochen betragen können, sind eine der Folgen.
30
2.1.4 Altersverteilungen
Menschen mit Alkoholproblemen sind im Durchschnitt älter gegenüber anderen Zielgruppen. Alkoholabhängige Menschen wurden häufig erst zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr und darüber hinaus in
Suchtberatungs- und Behandlungsstellen vorstellig. In der Altersgruppe über 60 Jahre wurden etwa
270 alkoholabhängige Menschen betreut.
Drogenabhängige, die in Suchtberatungsstellen betreut werden, sind meist zwischen 25 und 40 Jahren
alt. Ein Anstieg im Bereich der Altersgruppe 30 bis 40 Jahre zeichnete sich weiter ab. Es gab auch ältere Betroffene zwischen 40 und 50 Jahren, vor allem bei den Opioidkonsumenten.
Abbildung 8: Altersverteilung der Alkohol- und Drogenklienten
1000
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
unter 14 14-u.18 18- u.21 21- u.25 25- u.30 30- u.40 40- u.50 50- 60 über 60
Alkohol
illegale Drogen
Quelle: Gesundheitsamt, 2017
Sehr junge Klientinnen und Klienten (unter 20 Jahre) mit Substanzkonsum kommen selten in Suchtberatungs- und Behandlungsstellen an.
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Alkohol- oder Drogenmissbrauch werden vorwiegend
in der Jugenddrogenberatungsstelle „Drahtseil“ betreut und über die gemeinsame Sprechstunde der
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Helios Park Klinikum Leipzig in die weiterführende Behandlung vermittelt.
31
Abbildung 9: Klienten mit Alkoholabhängigkeit nach Alter und Geschlecht
450
400
350
300
250
200
150
100
50
0
unter 14 14-u.18 18- u.21 21- u.25 25- u.30 30- u.40 40- u.50 50- 60 über 60
Männer Frauen
Quelle: Gesundheitsamt, 2016
Unter den alkoholabhängigen Menschen in Suchtberatungs- und Behandlungsstellen befinden sich
etwa 30 % Frauen. Der Altersschwerpunkt liegt hier bei den 30- bis über 60-Jährigen.
Abbildung 10: Klienten mit Stimulanzienabhängigkeit nach Alter und Geschlecht
350
300
250
200
150
100
50
0
unter 14 14-u.18 18- u.21 21- u.25 25- u.30 30- u.40 40- u.50 50- 60 über 60
Männer
Frauen
Quelle: Gesundheitsamt, 2017
Bei den Stimulanzien (i. d. R. „Crystal“) liegt der Frauenanteil bei ca. 35 %. Betroffene sind meist zwischen 25 und 40 Jahre alt.
32
Abbildung 11: Klienten mit Opioidabhängigkeit nach Alter und Geschlecht
300
250
200
150
100
50
0
14-u.18
18- u.21 21- u.25 25- u.30 30- u.40 40- u.50
Männer
50- 60
über 60
Frauen
Quelle: Gesundheitsamt, 2017
Etwa ein Drittel der Opioidabhängigen sind Frauen.
Die meisten Betroffenen dieser Substanzgruppe in Suchtberatungs- und Behandlungsstellen sind zwischen 30 und 50 Jahre alt.
2.1.5 Berufliche Situation und überwiegender finanzieller Unterhalt der Klienten
Abbildung 12: Berufliche Situation
2.057
Arbeitslos gemeldet
Berufstätigkeit, alle Formen
1.006
Rentenbezug
222
Ausbildung, Umschulung, FSJ u.ä.
132
Unbekannt oder nicht berufstätig
338
0
500
1000
1500
2000
2500
Quelle: Gesundheitsamt, 2017
55 % der betreuten Klientinnen und Klienten in Suchtberatungs- und Behandlungsstellen waren zu Beginn ihrer Behandlungsepisode arbeitslos gemeldet. Jene, deren berufliche Situation unbekannt blieb
(9 %), verfügten zum Teil ebenfalls über kein eigenes Einkommen. Ca. zwei Drittel aller Klientinnen
und Klienten waren arbeitslos gemeldet oder ohne Einkommen. Der Anteil der beruflich Beschäftigten
unter den Betroffenen lag 2016 bei etwa 30%.
33
2.1.6 Herkunft der Klienten/Staatsangehörigkeit
Tabelle 5: Herkunft der Klienten
Nationalität/Aufenthaltsstatus
Von allen Klienten in Suchtbe-
In Prozent (gerundet)
ratungsstellen
Deutsche
4.031
94,70 %
34
0,80 %
aus einem EU-Land
60
1,40 %
aus einem Land außerhalb der EU
64
1,50 %
Asylantrag gestellt oder bewilligt
42
1,00 %
ohne Angabe, unbekannt
14
0,30 %
- darunter Spätaussiedler
Quelle: Gesundheitsamt 2017
In den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen werden fast ausschließlich deutsche Staatsbürger betreut (rund 96 %). Personengruppen ohne deutsche Sprachkenntnisse sind nicht in Suchtberatungsund Behandlungsstellen angekommen bzw. wurden nicht erreicht. Das hat verschiedene Ursachen, die
kulturell begründet sind, oder aber auch in mangelnden Sprachkenntnissen. Unter den Fachkräften in
den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen gibt es aktuell zwei Russisch sprechende Mitarbeiter/-innen.
2.1.7 Vermittlungen und Leistungen
2016 konnten deutlich mehr Klientinnen und Klienten in Drogenentwöhnungsbehandlungen (2016: 205,
2015: 145) vermittelt werden. Die Vermittlungen zur Alkoholentwöhnungsbehandlung stiegen gegenüber
dem Vorjahr wieder leicht an (2016: 215, 2015: 154).
Die Zahl der psychosozialen Begleitungen bei Patientinnen und Patienten in Substitutionsbehandlungen
nahm ebenfalls gegenüber dem Vorjahr zu. Es ist davon auszugehen, dass dies mit der wieder zunehmenden Zahl von Heroinabhängigen zusammenhängt.
2.1.8 Substitutionsbehandlung
Im Jahr 2016 wurden in Leipzig 757 Patientinnen und Patienten in Arztpraxen mit diesem speziellen
Leistungsangebot substituiert. Zum Stichtag 01.10.2016 befanden sich 364 Patientinnen und Patienten
in dieser Behandlungsform.
In Leipzig verfügten 15 Ärztinnen und Ärzte über die Qualifikation zur Substitutionsbehandlung für
opiatabhängige Patientinnen und Patienten. Das Angebot der Substitutionsbehandlung erfolgt in zwei
Arztpraxen mit dem Schwerpunkt Substitutionsbehandlung. Weitere Ärzte bieten in ihren Arztpraxen
nur wenige Plätze an und nehmen in der Regel keine neue Patienten auf.
34
Tabelle 6: Substitution
2013
Leipzig
Sachsen
2014
2015
2016
Patienten
Patienten
Patienten
Patienten
Patienten
Patienten
Patienten
Patienten
in Substi-
Stichtag
in Substi-
Stichtag
in Substi-
Stichtag
in Substi-
Stichtag
tution
01.10.2013
tution
01.10.2014
tution
01.10.2015
tution
01.10.2016
784
437
654
362
703
362
757
364
1.087
648
951
593
1.038
595
1.090
611
Quelle: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2017
Fachkräfte der Arbeitsgruppe „Psychosoziale Begleitung“ (PSB) aus Leipziger Suchtberatungs- und
Behandlungsstellen und aus Beratungsstellen des Landkreises Leipzig trafen sich zwei Mal zum Fachaustausch im Gesundheitsamt. Die Kolleginnen und Kollegen aus den Beratungsstellen beraten sich
zu inhaltlichen und formellen Fragen der Zusammenarbeit mit substituierenden Ärztinnen und Ärzten
sowie zur aktuellen Versorgungslage.
2016 wurden 444 Klientinnen und Klienten, die sich in Substitutionsbehandlung befanden, psychosozial begleitet (Vorjahr: 389). Den Hauptteil der Versorgung leisteten die Beratungsstellen „Alternative“
mit 356 und die Beratungsstelle „Blaues Kreuz“ mit 50 Betreuungsfällen. Im Fachbereich Familienhilfe
des Zentrums für Drogenhilfe stieg die Zahl der psychosozialen Betreuungsfälle auf 23.
Die Mitarbeiter/-innen in den Suchtberatungsstellen streben für eine qualitätsgerechte Versorgung eine
abgestimmte und aktive Zusammenarbeit zwischen den Beratungsstellen und Arztpraxen an. Dieses
Ziel wird durch die Netzwerkarbeit der Arbeitsgruppe “Psychosoziale Begleitung“ unter Moderation des
Gesundheitsamtes realisiert.
2.2 Fachbereich Familienhilfe des Zentrums für Drogenhilfe
Das Zentrum für Drogenhilfe des Städtischen Klinikums "St. Georg" Leipzig hat im Jahr 2009 damit begonnen, für Leipzig ambulante Hilfen für suchtkranke Mütter bzw. Väter und ihre Kinder aufzubauen.
Mit der Implementierung des Fachbereichs Familienhilfe als zusätzliches Leistungsangebot ist das
Städtische Klinikum "St. Georg" Leipzig, Zentrum für Drogenhilfe nicht nur Träger der ambulanten
Suchtkrankenhilfe, sondern auch als Träger der Kinder -und Jugendhilfe anerkannt worden und integriert beide Hilfebereiche.
Im Fachbereich sind innerhalb eines Gesamtteams sowohl Familienhelfer/-innen, begleitet durch
suchtspezifische Co-Helfer (ambulantes Team Familienhilfe), als auch Mitarbeiter/-innen der Suchtkrankenhilfe tätig. Die integrative Zusammenarbeit gewährleistet ein einheitliches Fallverständnis mit
abgestimmter Betreuungsstrategie zwischen den Fachkräften des ambulanten Teams und den Fachkräften der Suchthilfe.
Der Fachbereich Familienhilfe bietet spezifische Hilfsangebote für Kinder/Jugendliche als Angehörige
suchtbelasteter Familien und deren Eltern an:
1. Sozialpädagogische Familienhilfe „Sucht“ (SPFH nach § 31 SGB VIII)
2. Erziehungsbeistand (nach § 30 SGB VIII)
3. Gruppenangebot MUT! (Mütter/Väter-Unterstützungstraining)
35
4. Gruppenangebote für Kinder aus suchtbelasteten Familien - Förderung der Modellprojekte
„Trampolin“ und „Sprungbrett“ durch das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz bis Ende 2016
5. Rückfallpräventionsgruppe für suchtkranke Mütter und Väter
6. Suchtberatung für suchtkranke Mütter und Väter
Die Inanspruchnahme von MUT! (Mütter/Väter-Unterstützungstraining) nimmt markant zu, der 15. Kurs
(ab 2015) konnte abgeschlossen sowie der 16. und 17. durchgeführt werden.
Die Beratung und der Informationsbedarf von Kooperationspartnern zur Problematik „Sucht und Familie“ ist hoch und wird in Anspruch genommen.
Im Rahmen der Angehörigenarbeit hat der Fachbereich Familienhilfe vorrangig die Kinder aus suchtbelasteten Familien als Zielgruppe. Innerhalb der Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien (nacoa)
und dem Projekt „Natur-Kids“, einem Ferienangebot, und der Sprungbrettgruppe wurden 31 Veranstaltungen angeboten.
Im Jahr 2016 nahmen 224 Klienten die Angebote der Suchtberatung des Fachbereichs Familienhilfe in
Anspruch. Das sind im Vergleich zum Vorjahr 11 % mehr Klienten. Darunter sind 78 % Betroffene und
22 % Angehörige zu finden, wobei die Angehörigen zum größten Teil die minderjährigen Kinder der betroffenen Eltern ausmachen. Der Anteil an betroffenen Frauen ist mit 79 % wie im Vorjahr unverändert
hoch geblieben. Von den Betroffenen nahmen viele Klienten die Suchtberatung wegen Crystal ( 45%)
in Anspruch.
Die systemische Komplexität der betreuten Klienten erzeugt eine hohe Beratungsdichte. In 59 Fällen
waren die beiden Fachkräfte an Hilfeplangesprächen nach § 36 SGB VIII beteiligt. 670 Hausbesuche
wurden durchgeführt.
Im Fachbereich Familienhilfe wurden in den letzten sieben Jahren 160 Familien mit 292 Kindern stundenweise betreut. Aktuell werden 38 Familien unterstützt.
2.3
Jugenddrogenberatung DRAHTSEIL
Die Jugenddrogenberatung DRAHTSEIL ergänzt das Netz der Suchtberatungsstellen und bietet Beratung für Jugendliche und junge Erwachsene sowie deren Bezugspersonen an.Das Beratungsangebot
in Trägerschaft des Diakonischen Werkes, Innere Mission Leipzig e. V. konnte auf Grund einer Landesförderung mit Unterstützung der Stadt Leipzig um eine weitere Mitarbeiterin auf drei Fachkräfte erweitert werden.
2016 wurden 311 Klientinnen und Klienten betreut. Es wurden insgesamt 1.059 Einzelberatungen
durchgeführt, der Hauptfokus betrifft nach wie vor die Themen „Problemeinsicht“ und „Änderungsmotivation“. Der Erstkontakt erfolgt überwiegend telefonisch über Eltern oder Betreuer, ASD und die Jugendgerichtshilfe. Mit dem Amt für Jugend, Familie und Bildung finden gemeinsame Hilfeplangespräche statt.
Wartezeiten konnten auch 2016 nicht verhindert werden und lagen bei maximal vier Wochen. Hauptgründe für die hohe Nachfrage waren nicht nur eine deutliche Verlagerung der Altersgruppe in den Bereich der 13-Jährigen (im Medienbereich sogar in Richtung der 11-Jährigen), sondern auch die Wartezeiten in anderen Hilfeangeboten (z. B. Parkkrankenhaus). Um für die Jugendlichen Wartezeiten einzuschränken, wird seit 2017 eine offene Sprechstunde eingeführt, die in Akutfällen eine erste Orientierung bieten soll.
36
Im Jahr 2015 war die Anzahl drogenkonsumierender junger Mütter deutlich angestiegen. Dieser Trend
setzte sich 2016 nicht fort. Dafür kam es zu einer Zunahme von Klientinnen und Klienten, bei denen
ein Diversionsverfahren anhängig ist (d. h. Umgehung von formellen Strafverfahren mit Auflage von
Weisungen durch das Gericht). In einigen Fällen entstanden aus diesen Kontakten auch längere Beratungsprozesse.
Tabelle 7: Betreute Klienten nach Alter und Geschlecht
<14 Jahre
14-18 Jahre
19-25 Jahre
>25 Jahre
Summe
Männlich
36
126
21
2
185
Weiblich
23
78
24
1
126
Summe
59
204
45
3
311
Quelle: Projekt DRAHTSEIL, 2017
Die Anzahl der Crystalkonsumenten stagnierte auf hohem Niveau, gleichzeitig nahm die Beratung von
Jugendlichen mit einem hohen Cannabisgebrauch wieder deutlich zu. So ist täglicher Cannabiskonsum in höheren Mengen entschieden häufiger anzutreffen als in den Vorjahren. Der Einstieg erfolgt
weiterhin sehr früh, teilweise schon mit 13 Jahren. Cannabisprodukt im Jugendalter wird nach wie vor
massiv unterschätzt und bei den jugendlichen Klienten liegt häufig keine Änderungsmotivation vor.
Dies unterscheidet sich häufig zu älteren Konsumenten (Alter 18/19), die deutlich reflektierter mit der
Thematik umgehen und zunehmend auch einen Veränderungswunsch haben. Gerade die Arbeit mit
jungen Konsumenten zeigt aber deutlich, dass eine frühe Intervention einen positiven Einfluss auf den
Konsumverlauf nehmen kann.
Auffällig war, dass der Anteil konsumierender Eltern (insbesondere THC und Crystal) ein zunehmendes Thema in der Beratung ist. Häufig zeigen sich die Symptome der Kinder auch bei den Eltern, was
sich besonders bei Pubertätskonflikten schnell als problematisch erweist. Diese Eltern sind oft nicht in
der Lage, Grenzen zu setzen oder in Konflikt mit ihrem Kind zu treten.
Bei Kindern und Jugendlichen mit pathologischem Medienkonsum findet sich der größte Anteil bei Jungen im Alter zwischen 12 - 21. Der Anteil der Mädchen ist eher gering und beschränkt sich auf exzessiven Handykonsum.
In vielen Fällen konnten durch Familiengespräche und das Vereinbaren klarer Regeln und Grenzen
positive Entwicklungen angebahnt werden. Nur in wenigen Fällen war eine längerfristige Beratung oder
sogar eine Vermittlung in ambulante und stationäre Hilfsangebote notwendig.
Hauptproblembereich bleiben MOBA’s4, die sehr zeitintensiv genutzt werden. Auch Handyspiele gewinnen an Bedeutung - hier werden teilweise, meist ohne das Wissen der Eltern, immense Geldsummen
für das Spiel investiert.
Die Arbeit mit Risikogruppen wurde im Rahmen von indizierter und selektiver Prävention in den Räumlichkeiten der Jugenddrogenberatung oder bei Kooperationspartnern durchführt. Im Fokus stehen
Gruppen, die mit besonderen Risiken behaftet sind, oder eine gewisse Affinität zur Thematik haben. In
Diskussionsrunden und Gruppenveranstaltungen konnte gut gearbeitet werden und es wurden zwölf
Veranstaltungen durchgeführt. Ziel ist in erster Linie die Sensibilisierung für die Thematik und das Erarbeiten erster kritischer Gedanken zum Thema.
4
Computerspiel-Genre und eine Unterkategorie der Echtzeit-Strategiespiele
37
Veranstaltungsangebote
Schulen, Weiterbildungseinrichtungen, Behörden und Firmen nutzten die Angebote. Das Thema Drogenkonsum bleibt der Schwerpunkt, aber die Problematik des pathologischen Medienkonsums stellt
für viele Einrichtungen zusätzlich eine Herausforderung dar.
Insbesondere Fragen zu „Sozialen Netzwerken“ wurden häufig thematisiert. Gerade im Kontext der aktuellen „Fake News“-Debatte stieg die Nachfrage nach dieser Weiterbildung.
Darüber hinaus referieren die Mitarbeiter/-innen bei den Veranstaltungen im Rahmen der „Leipziger
Reihe für Suchtprävention“ und der gemeinsame Veranstaltungsreihe für Eltern mit der Jugendberatungsstelle jUkON des Jugendhaus Leipzig e.V.
Das Projekt „prev@work“ (Projekt der betrieblichen Suchtprävention) in Zusammenarbeit mit der
Stadtreinigung Leipzig wurde erfolgreich fortgeführt. Nachdem das Personal bereits 2015 geschult
wurde, fand 2016 das 2-tägige Seminar mit dem 1. Lehrjahr statt. „prev@work“ ist bei diesem Betrieb
fester Bestandteil des Ausbildungsplanes geworden. Ab 2017 erhält das 3. Lehrjahr zusätzlich eine
Auffrischungsveranstaltung.
Tabelle 8: Veranstaltungsübersicht der Jugendberatung DRAHTSEIL
Veranstaltungsart
Anzahl
Vorträge/Workshops Sucht/Drogen
65
Vorträge/Workshops Medien
19
Moderierte Elterngruppe "Eltern helfen Eltern"
12
Eltern-Infotreff (mit jUkON)
6
Quelle: Projekt DRAHTSEIL, 2017
Die Elterngruppe fand zwölfmal statt, mit in der Regel zwischen 6 - 12 Teilnehmer/-innen. Die Eltern
kommen in den meisten Fällen aus dem Beratungssetting. Somit ist die Gruppe einem permanenten
Wandel unterlegen, bleibt aber in der Gesamtzahl stabil.
Drogensprechstunde in Kooperation mit dem HELIOS Park-Klinikum Leipzig
Die Sprechstunde mit der Therapiestation für abhängigkeitserkrankte Kinder und Jugendliche des
HELIOS Park-Klinikum Leipzig findet im 14-tägigen Rhythmus statt. In begründeten Einzelfällen wurden zusätzliche Termine direkt in der Klinik vereinbart.
Im Rahmen der Sprechstunde wurden insgesamt 122 Personen betreut. Die Zahlen umfassen sowohl
die Drogensprechstunde im Setting DRAHTSEIL als auch im Setting Park-Klinikum. Der Rückgang der
Konsultationen in der Drogensprechstunde ist unter anderem darin begründet, dass die Anzahl richterlich angeordneter Einweisungen in die Klinik gestiegen ist. Leider nehmen einige der betroffenen Familien den Weg über die Drogensprechstunde im Drahtseil nicht wahr.
Tabelle 9: Anzahl der Beratungen in der Drogensprechstunde
2013
2014
2015
2016
Anzahl der Gespräche
229
265
238
193
Anzahl der betreuten Personen
126
172
155
122
Gesamtfälle im Bereich Medien
3
10
7
6
Quelle: Projekt DRAHTSEIL, 2017
38
Der Zugang zur Drogensprechstunde erfolgt in der Regel über die Beratungsstelle, in Einzelfällen direkt über Hausärzte. In allen Fällen wird ein Vorgespräch mit dem Jugendlichen und der Familie geführt.
Da die Sprechstunde nur 14-tägig stattfindet und nur wenige Termine pro Sprechstunde vergeben werden können, kommt es zu Wartezeiten von mehreren Wochen.
Auch in diesem Angebot ist eine Zunahme von sehr jungen Nutzern zu verzeichnen. Das Angebot wurde z. T. von 12- bis 13-Jährigen in Anspruch genommen. Auf Grund der fehlenden Problem- und Behandlungseinsicht fällt eine suchttherapeutische Arbeit in der Klinik schwer. Thematisch blieb die Crystalproblematik auf Vorjahresniveau, zusätzlich trat verstärkt Cannabis als Einzelsubstanz auf. Auch
hier gab es mehr Eltern, bei denen ein eigener Suchtmittelkonsum (legal oder illegal) oder eine psychische Erkrankung besteht.
Kooperation und Vernetzung
Das Projekt DRAHTSEIL ist Mitglied im Arbeitskreis Suchtprävention, dem Drogenbeirat, der Ambulanzberatung und nimmt an den Fachtreffen InsoFA und am AK § 14/Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz teil.
2.4
Suchtberatung für gehörlose und hörgeschädigte Menschen
Das Beratungsangebot für gehörlose und hörgeschädigte Suchtkranke und deren Angehörige sowie
die Selbsthilfegruppe sind ein Angebot der Suchtberatungs- und Behandlungsstelle „Blaues Kreuz“
beim Diakonischen Werk, Innere Mission Leipzig e. V.
Da die im Projekt angestellte gehörlose Mitarbeiterin eine neue Tätigkeit aufgenommen hat, wurden
die betreuten Klienten von den Mitarbeiter/-innen der SBB unter Hinzuziehung von Gebärdendolmetschern und der Hilfe einer Praktikantin, die über Gebärdensprachkenntnisse verfügt, weiter versorgt.
Mitte 2016 konnte ein hörbehinderter Sozialpädagoge befristet bis Jahresende eingestellt werden.
In verschiedenen Einrichtungen der Hörbehindertenhilfe fanden Referate zum Thema Sucht statt (u. a.
bei der Caritas Leipzig und im GLZ Chemnitz), was zu Anfragen und Rückmeldungen führte. Eine Umfrage in diesem Bereich zeigte, dass weniger als 15 % bisher Kenntnis von dem Angebot der Suchtberatung hatten. Viele Anfragen erreichten die Beratungsstelle per Telefon und per Mail. Die Erreichbarkeit über Skype wird angestrebt. Gerade die Online-Beratung per Mail hat zugenommen und nimmt in
der Anbahnung von Beratungsprozessen viel Raum ein. Zudem erfreut sich die neu eingerichtete Facebookseite zunehmenden Interesses.
Insgesamt wurden 20 Klienten (Vorjahr 18) individuell beraten und z. T. intensiv begleitet, wovon zehn
neue Klienten waren. Der Großteil wurde wegen eine Alkoholabhängigkeit betreut, je ein Klient wegen
Cannabis, Spielsucht und Medikamenten.
Neben der klassischen Suchtberatung besteht ein sehr hoher Bedarf an Sozialberatung und sozialarbeiterischer Begleitung. Die Sozialisation von gehörlos geborenen Menschen ist häufig durch übermäßige Verantwortungsübernahme der Angehörigen gekennzeichnet und damit einhergehend besteht
eine ausgeprägte Unselbständigkeit der Klienten und stark co-abhängige Verhaltensmuster im familiären Umfeld.
Aus diesem Grund gibt es ein spezifisches Angebot im Sinne des Ambulant Betreuten Wohnens mit
acht Plätzen. Zum Jahresende waren vier Gehörlose nach § 53 SGB XII in Betreuung und einer nach §
67. Der Ausbau für das Jahr 2017 ist geplant.
39
2.5 Stationäre Einrichtungen
Die folgend aufgeführten Kliniken in unterschiedlichen Trägerschaften in und um Leipzig ergänzen das
Versorgungssystem der Leipziger Bevölkerung um den stationären Teil der Behandlungskette.
Die psychiatrischen Krankenhäuser führen Akutbehandlungen, verschiedene psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungen, Rehabilitationen und Adaptionen durch.
2.5.1 Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
am HELIOS Park-Klinikum Leipzig (Station Teen Spirit Island TSI)
Tabelle 10: Aufnahmen auf der Station TSI, absolute Häufigkeiten, 2016
Hauptdiagnosen (HD)
männlich
weiblich
Alkohol
3
4
Crystal
26
18
Cannabinoide
9
9
Polytoxikomaner Konsum
20
9
Problematischer Medienmissbrauch u. sonstige
2
0
Psychische u. Verhaltensstörungen
durch psychotrope Substanzen
Quelle: HELIOS Park-Klinikum Leipzig, 2017
2016 wurden 100 Patientinnen und Patienten auf der Station für abhängigkeitserkrankte Kinder und
Jugendliche behandelt, darunter 40 Mädchen und 60 Jungen. Die Zahl der familiengerichtlich untergebrachten Jugendlichen nach §1631 b BGB hat sich erhöht. Ebenfalls stieg die Zahl der Notarzteinweisungen.
Die polytox konsumierenden Jugendlichen nahmen meist Cannabis und Crystal auf Abhängigkeitsniveau. Die meisten Drogen konsumierenden Patienten konsumierten auch Alkohol missbräuchlich.
2.5.2 Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Helios Park-Klinikum Leipzig
Die Klinik hat eine Bettenkapazität von 260 Betten. 2016 wurden insgesamt 2.477 Patienten mit einer
substanzbezogenen Störung als Hauptdiagnose behandelt. Davon hatten 1.881 Patientinnen und Patienten eine alkoholbezogene Störung als Hauptdiagnose, gefolgt von 210 Patienten mit einer stimulanzienbezogenen Störung als Hauptdiagnose. Insgesamt 165 Patienten litten vordergründig an einer polytoxikomanen Störung. Die übrigen substanzbezogenen Störungen reihen sich nachfolgend ein.
Im Entgiftungsbereich erfolgt die Akutbehandlung von vordergründig alkohol- und medikamentenabhängigen Patientinnen und Patienten. Hauptaufgaben in der Akutbehandlung sind körperliche Entgiftung, qualifizierte Entzugsbehandlung, Behandlung chronisch und mehrfach geschädigter alkoholkranker Patienten und Krisenintervention von alkohol- und/oder medikamentenabhängigen Patientinnen
und Patienten. Die Klinik betreibt seit 2009 im Gebäude der Soteria Klinik Leipzig, Fachklinik für Suchterkrankungen am HELIOS Park-Klinikum Leipzig eine geschützt geführte Drogenentgiftungsstation
40
mit 16 Betten, wo ausschließlich geplante Aufnahmen stattfinden und ausschließlich qualifizierte Entzugsbehandlungen durchgeführt werden.
Tabelle 11: Aufnahmen Park-Klinikum, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Hauptdiagnosen
Multipler
Alkohol
Opioide
CannabiSedativ
Kokain
StimulanziPsychische u.
SubstanzVerhaltensstörunnoide
Hypnotika
en
gebrauch
gen durch psychotrope Substanzen
(ICD- 10):
Geschlecht
m
w
m
w
m
w
m
w
m
w
m
w
m
w
32
16
6
2
20
9
3
2
0
0
28
25
20
4
26 – unter 40
439
96
52
24
31
7
5
9
0
0
105
43
100
26
40 – unter 60
798
221
22
3
0
1
10
4
2
0
8
1
10
4
über 60 Jahre
211
68
0
0
0
0
0
6
0
0
0
0
1
0
1.480
401
80
29
51
17
18
21
2
0
141
69
131
34
unter 26
Gesamt
Quelle: HELIOS Park-Klinikum Leipzig, 2017
2.5.3 Soteria Klinik Leipzig - Fachklinik für Suchterkrankungen am HELIOS Park-Klinikum Leipzig
Die Soteria Klinik Leipzig – Fachklinik für Suchterkrankungen am HELIOS Park-Klinikum Leipzig verfügt über eine Abteilung für qualifizierte Entgiftung (56 Betten), eine Abteilung Rehabilitation (154 Plätze) für alkohol-, medikamenten- und drogenabhängige Patientinnen und Patienten, eine Adaptionseinrichtung in der Ludwig-Erhard-Straße (mit 23 Plätzen) und sieben Apartments für Betreutes Wohnen.
Bereich Rehabilitation
Die Klinik hat 154 Betten. 2016 wurden 552 Patientinnen und Patienten aufgenommen (Fälle).
Tabelle 12: Aufnahmen im Park-Klinikum, Abteilung Rehabilitation
Hauptdiagnosen
Alkohol
Psychische u. Verhaltensstörungen durch
psychotrope Substanzen
(ICD- 10):
Geschlecht
m
Cannabinoide
Sedative oder
Stimulanzien
Multipler Sub-
Hypnotika
w
m
w
m
stanzgebrauch
w
m
w
m
w
18 – unter 26
3
0
4
1
0
0
14
7
11
2
26 – unter 40
90
17
17
4
0
1
44
10
76
8
40 – unter 60
174
29
0
0
1
0
8
0
9
1
über 60 Jahre
17
4
0
0
0
0
0
0
0
0
284
50
21
5
1
1
66
17
96
11
Gesamt
Quelle: HELIOS Park-Klinikum Leipzig, 2017
41
Im Vergleich zum Vorjahr 2015 zeigte sich ein Anstieg der Fallzahlen (von 536 auf 552). Im Einzelnen
lassen sich folgende Trends erkennen:
Trotz insgesamt steigender Fallzahlen kamen weniger Frauen zur Entwöhnung. Dies hatte Auswirkungen auf die Gruppenzusammensetzung (gemischte Gruppen möglichst mindestens zwei Frauen pro
Gruppe) und indikative Angebote (Inanspruchnahme Frauengruppe). Die Altersverteilung der Patientinnen und Patienten ist zahlenmäßig ungefähr gleichbleibend.
Die Anzahl alkoholabhängiger Patienten waren leicht rückläufig, die der drogenabhängigen Patienten
leicht zunehmend. Auch Patienten mit Therapieauflage (z.B. nach §35 BtM oder § 57 StGB) nehmen
weiter zu. Das integrative Konzept wird weitergeführt, hier wird kein Änderungsbedarf gesehen. Neue
therapeutische Angebote liegen v. a. in den Bereichen „arbeitsbezogene Leistungen für Erwerbslose“
und „Angehörigenarbeit“, weil hier mehr Bedarf gesehen wird. Zahlenmäßig zunehmende Patientinnen
und Patienten mit Drogen und mit Auflage haben Auswirkungen auf das Klima im Haus und die Außenwirkung der Einrichtung. Motivationsarbeit, Beschäftigung mit Hausordnung, Regeln und Normen,
zunehmende Instabilität in den Gruppen sowie Krisengespräche fordern mehr therapeutische Interventionen.
Bereich Adaption
Der Bereich Adaption der Klinik verfügt über 23 Betten. 2016 wurden 112 Patientinnen und Patienten
zur Adaptionsbehandlung aufgenommen. Darunter befanden sich zwei Migranten.
Tabelle 13: Aufnahmen im Park-Klinikum, Bereich Adaption
Hauptdiagnosen
Alkohol
Psychische u. Verhaltensstörungen
durch psychotrope
Substanzen (ICD10):
Geschlecht
m
Opioide
w
18 – unter 26
m
Cannabinoide Stimulanzien
w
m
w
m
Multipler Sub- Pathologi-
w
stanzgeb-
sches Spie-
rauch
len
m
w
m
w
2
0
0
0
0
8
0
3
1
1
0
26 – unter 40
18
3
1
0
0
0
13
1
27
5
0
0
40 – unter 60
13
8
0
0
0
0
1
0
5
0
1
0
über 60 Jahre
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
32
13
1
0
0
0
22
1
35
6
2
0
Gesamt
Quelle: HELIOS Park-Klinikum Leipzig, 2017
Auch im Bereich der Adaption nimmt die Zahl schwierigen Klientel zu. Inhaltlich wächst der Bedarf an alltagsstrukturierender Unterstützung, aber auch an medizinischer Versorgung vor dem Hintergrund multimorbider Folgeerkrankungen der Sucht. Tendenziell kommen mehr Patienten in die Einrichtung, die bereits in den Entwöhnungseinrichtungen rückfällig wurden. Deutlich zugenommen hat der Anteil von Patientinnen und Patienten mit der Diagnose F63 (pathologisches Glücksspiel), häufig in einer Kombination
mit Abhängigkeit von Methamphetamin (Crystal). Da der § 35 BMG für die Adaption in der Regel nicht
weiter gilt, steigt die Rate an Therapieabbrüchen an. Der Einzelgesprächsbedarf steigt ebenso wie der
Bedarf an sozialem Kompetenztraining. Positiv wirkt sich die verbesserte Arbeitsmarktlage auf die Integrationschancen der Patienten aus. Die praktischen Erprobungen der Patientinnen und Patienten dienen
der beruflichen Orientierung.
42
2.5.4 Sächsisches Krankenhaus Altscherbitz (Schkeuditz), Fachkrankenhaus für
Psychiatrie und Neurologie
Tabelle 14: Stationäre Aufnahmen Krankenhaus Altscherbitz, 2016
Hauptdiagnosen
Alkohol
Psychische u. Verhaltensstörungen durch
psychotrope Substanzen (ICD- 10):
Geschlecht
m
Opioide
Cannabinoide Sedativa u.
Hypnotika
Kokain u. a.
Multipler Sub-
Stimulanzien
stanzgebrauch
w
m
w
m
w
m
w
m
w
m
w
18 – unter 26
16
5
2
0
16
3
4
0
3
6
27
17
26 – unter 40
123
24
15
0
14
4
2
2
20
13
200
60
40 – unter 60
388
121
2
1
6
0
3
10
2
1
35
13
über 60 Jahre
80
43
2
2
0
0
6
11
0
0
5
0
607
193
21
3
36
7
15
23
25
20
267
90
Gesamt
Quelle: Sächsisches Krankenhaus Altscherbitz, 2017
2.5.5 Städtisches Klinikum "St. Georg" Leipzig, Klinik für Forensische Psychiatrie
Tabelle 15: Aufnahmen in der Klinik für Forensische Psychiatrie, 2016
HauptdiagnoAlkohol
sen
Psychische u.
Verhaltensstörungen durch
psychotrope
Substanzen
(ICD- 10):
Opioide
Geschlecht
m
18 – unter
m
Cannabi-
Stimulanzi-
Multipler
noide
en
Substanzge- (Drogen)
Psych. Erkrankung
(z.B. Schizo
phrenie, Affektive Störung, etc.)
Gesamt
brauch
w
w
m
w
m
w
m
w
m
w
m
w
3
0
0
0
1
0
0
1
5
0
9
1
1
0
12
0
0
0
3
0
8
4
26
2
49
6
16
0
5
0
0
0
0
0
4
1
3
0
12
1
4
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
2
0
20
0
0
0
4
0
12
6
34
2
70
8
23
0
26
26 – unter
40
40 – unter
60
über 60 Jahre
Gesamt
Quelle: Städtisches Klinikum "St. Georg" Leipzig, Klinik für Forensische Psychiatrie, 2017
2016 wurden 101 Patientinnen und Patienten in der Klinik aufgenommen. 23 Aufnahmen erfolgten gemäß § 126 a StPO bei akuter psychischer Erkrankung. 78 Aufnahmen erfolgten gemäß § 64 StGB bei
43
Suchterkrankung zur Entwöhnungsbehandlung. Etwa 50 % der Verurteilten, die in der Klinik für Forensische Psychiatrie behandelt wurden, kamen über das Landgericht Leipzig (31 Einweisungen) und
über das Amtsgericht Leipzig (21 Einweisungen). Gut 50 % der Patientinnen und Patienten (insgesamt
52) waren in Leipzig oder im Landkreis Leipzig gemeldet.
Bezüglich der Entwicklung wurde bemerkt, dass die Zuweisung typischer alkoholabhängiger Patientinnen und Patienten über die letzten Jahre rückläufig war. Unter den Patientinnen und Patienten mit polytoxikomanem Konsum ist der Konsum von Stimulanzien, und hier insbesondere von Crystal, häufig
dominierend. Eine typische Opiatabhängigkeit findet sich praktisch bei keinem der Patienten.
2.5.6 Forensische Nachsorgeambulanz der Klinik für Forensische Psychiatrie
Tabelle 16: Anzahl der aktuell betreuten Patienten nach Hauptsubstanzen in der Forensischen Institutsambulanz (FIA)
Alkohol
Stichtag
Opioide
Cannabi-
Sedativa
(Heroin)
noide
( GHB )
Kokain
Stimulanzi- Multipler
en (Crystal) Konsum
5
31.01.2016
102
44
14
3
2
2
15
22
31.01.2017
117
37
13
6
1
2
33
25
Quelle: Städtisches Klinikum "St. Georg" Leipzig, Klinik für Forensische Psychiatrie, 2017
Tabelle 17: Anzahl aller Patienten der Forensischen Institutsambulanz (FIA) – Stichtag 31.01.2017 im Vgl.
Stichtag 31.01.2016)
Patienten in Behandlung
Davon in Haft
Anzahl der tatsächlich Davon Patienten in
(ruhende FA)
betreuten Patienten
Rehabilitation (letzter
Behandlungsabschnitt)
Stichtag
105 (davon 11 weiblich)
3
102
10
126 (davon 10 weiblich)
9
117
9
30.01.2016
Stichtag
31.01.2017
Quelle: Städtisches Klinikum "St. Georg" Leipzig, Klinik für Forensische Psychiatrie, 2017
5
44
Gammahydroxybuttersäure (umgangssprachlich Liquid Ecstasy)
Tabelle 18: Anzahl der aktuell betreuten Patienten nach Wohnort
Wohnort vor Verurteilung
01/2016
(102 Patienten)
01/2017
(117 Patienten)
Leipzig
Wohnort nach Entlassung
46
Leipzig
67
Leipziger Umland
8
Leipziger Umland
8
Sachsen
32
Sachsen
14
anderes Bundesland
7
anderes Bundesland
13
keine Information
9
keine Information
Leipzig
53
Leipzig
73
Leipziger Umland
9
Leipziger Umland
13
Sachsen
44
Sachsen
17
anderes Bundesland
11
anderes Bundesland
14
Quelle: Städtisches Klinikum "St. Georg" Leipzig, Klinik für Forensische Psychiatrie, 2017
3 Schadensminimierende Angebote
Niederschwellige und akzeptierende Angebote der Schadensminderung oder Überlebenshilfe richten
sich an Abhängige, die in ihrer aktuellen Situation mit abstinenzorientierten Angeboten nicht erreicht
werden können, Menschen in besonderen sozialen oder gesundheitlichen Problemlagen, die aktuell
keine eindeutige Motivation zur Änderung des Konsumverhaltens haben und/oder nicht mit anderen
Leistungen erreicht werden.
Die Stadt Leipzig hält für diese Zielgruppe Überlebenshilfen oder Maßnahmen zur Schadensreduzierung vor, um deren gesundheitliche und soziale Situation zu stabilisieren. Das ist eine wichtige Voraussetzung für einen möglichen späteren Ausstieg aus der Sucht.
Neben den nachstehenden Angeboten haben auch andere Streetworkprojekte (z. B. Freie Träger der
Jugendhilfe) oder Tagestreffs haben Kontakte zu suchtmittelabhängigen Menschen. In den nachstehenden Ausführungen wurden nur die berücksichtigt, die explizit auf diese Zielgruppe ausgerichtet
sind. Weitere Angebote werden im Sozialreport beschrieben.
3.1 Straßensozialarbeit
3.1.1 Straßensozialarbeit für erwachsene Menschen
Mobile Alternative
Das Projekt Straßensozialarbeit für erwachsene Drogenabhängige ist an die Suchtberatungs- und Behandlungsstelle „Alternative I“ des Zentrum für Drogenhilfe angeschlossen. Neben Streetwork der Mitarbeiter/-innen ist der Bus „Mobile Alternative“ viermal wöchentlich im Bereich Konradstraße/Freizeitanlage Rabet im Leipziger Osten sowie am Platz an der Koehlerstraße/Dresdner Straße unterwegs.
Die Angebote umfassen u. a. Beratung, Vermittlung, Überlebenshilfe, Krisenintervention, ambulante
Notversorgung, Spritzentausch.
Das Projekt unterbreitet der Konsumentenszene Hilfeangebote, vermittelt in weiterführende Hilfen,
leistet Unterstützung zur Alltagsbewältigung und trägt dazu bei, den Anwohner/-innen des Stadtteils ein
besseres Sicherheitsgefühl zu vermitteln.
45
2016 wurden insgesamt 1.878 Kontakte gezählt (2015: 1.561 Kontakte). Die gestiegenen Zahlen sind
in der Verlagerung einer zusätzlichen Busstandzeit an den Köhlerplatz sowie der besseren Annahme
des Angebotes begründet.
Durch die Sanierung leer stehender Gebäude, dem einhergehenden Verlust von Rückzugsmöglichkeiten und Repression werden Szenetreffpunkte heute schneller verlagert und müssen durch aufsuchende Straßensozialarbeit neu eruiert werden, bevor diese gezielt aufgesucht werden können.
In aller Regel sind die Klienten Erwachsene. Hier lässt sich über Jahre ein klarer Trend zum älter wer den der Szene feststellen. Die wenigen unter 23-jährigen Personen werden an Jugendhilfeeinrichtungen vermittelt.
Tabelle 19 Zentrale Daten der „Mobilen Alternative I“
Kontakte
Gesamt
1.878
Bus
1.561
aufsuchend
SBB
Persönliche Merkmale
Aktivitäten
männlich
89
1.427
weiblich
451
Migrationshintergrund
249
Beratung
314
Begleitung
26
Vermittlung
217
Ambulante Notversorgung
53
Krisenintervention
55
Spritzentausch
Grundversorgung
Beratung Gesundheit
Alter (geschätzt)
228
330
1.544
55
0-17 Jahre
4
18-22 Jahre
23
23-27 Jahre
250
28-33 Jahre
406
34-39 Jahre
614
ab 40 Jahre
581
Quelle: Zentrum für Drogenhilfe, 2017
Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Anzahl der durchgeführten Beratungen deutlich um 86 auf 314.
Auch bei den Vermittlungen in andere Einrichtungen bzw. in weiterführende Angebote ist ein Anstieg
um 56 % zu verzeichnen.
46
Grundversorgung wurde 1.544 Mal geleistet, 330 Mal tauschten Personen Spritzen am Beratungsmobil
und es wurden 53 Wundversorgungen erbracht. Im Vergleich zum letzten Jahr ist der Anteil an Frauen
um 4 % rückläufig, der von Personen mit Migrationshintergrund um 5 % gestiegen.
Die Mitarbeiter/-innen sind Mitglied im „Aktionsbündnis Sicherheit im Leipziger Osten“, Arbeitskreis
Ost, Arbeitsgemeinschaft Jugend, Kultur, Soziales (AG JKS) sowie der AG „Aufsuchende Arbeit“. Es
gibt eine enge Zusammenarbeit mit dem Leipziger Arbeitskreis „pregnant“ und dem Allgemeinen Sozialdienst im Amt für Jugend, Familie und Bildung. Die Mitarbeit an der Vorbereitung und Begleitung des
„Gedenktages für verstorbene Drogenabhängige“ gilt als selbstverständlich.
„Safe-Straßensozialarbeit für Erwachsene“ (SZL Suchtzentrum gGmbH)
Safe – Straßensozialarbeit für Erwachsene arbeitet auf Szeneplätzen mit Menschen, die sich in
schwierigen Lebenssituationen befinden. Zu den
Zielgruppen zählen Menschen mit einem problematischen Alkohol- oder Drogenkonsum
und/oder die wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind.
Foto: SZL Suchtzentrum gGmbH
Zu den Aufgaben gehören:
•
die Kontaktaufnahme und Kontaktpflege zu Menschen die sich überwiegend im öffentlichen
Raum aufhalten und von bestehenden Unterstützungsangeboten nicht erreicht werden
•
Information und Beratung zu bestehenden Unterstützungsstrukturen, Vermittlung und Begleitung
zu Ämtern, Behörden und anderen Einrichtungen
•
Krisenintervention bei akuten Problemen
Das Team konnte bis Ende 2016 um eine Stelle erweitert werden, die durch Landesmittel gefördert
und für polytox konsumierenden Konsumentinnen und Konsumenten (mit Crystal) eingesetzt wurde.Die Steuerung der Einsatzgebiete insgesamt erfolgt über den Qualitätszirkel Erwachsenenstreetwork.
Straßensozialarbeit für Erwachsene konnte im Jahr 2016 weiter ausgebaut werden. Über zusätzliche
Mittel des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen in Deutschland
konnte das Projekt um ein Team erweitert werden, das sich schwerpunktmäßig an von Wohnungslosigkeit bedrohte oder betroffene Personen richtet. Für drei Jahre können darüber drei zusätzliche Mitarbeiter/-innen bei der SZL Suchtzentrum gGmbH arbeiten. Damit gibt es nunmehr ein „Team Konsum“ und ein „Team Wohnen“. Da sich das Team Wohnen im Jahr 2016 zunächst strukturieren musste, werden nachstehend nur die Ergebnisse des Teams Konsum beschrieben. Im Team Konsum der
SZL Suchtzentrum gGmbH arbeiteten im Jahre 2016 vier Sozialpädagoginnen und -pädagogen, die öffentliche Plätze, sogenannte Trinkplätze und andere Orte im öffentlichen Raum in den Stadtteilen Lindenau, Plagwitz, Leutzsch, Kleinzschocher und Grünau aufsuchten.
Die Einzelkontakte werden anonymisiert evaluiert. Dies ist die Grundlage für alle im Folgenden gemachten statistischen Angaben.Insgesamt trat das Team mit 635 verschiedenen Menschen (Erstkontakte) in Kontakt.Aufgeschlüsselt nach der Kontakthäufigkeit in den einzelnen Gebieten ergibt sich
nachstehendes Bild.
47
Abbildung 13: Kontakthäufigkeit nach Schwerpunktgebieten im Jahresvergleich
1000
920
900
800
700
591
600
500
713
400
200
0
296
338261
300
100
2014
2015
2016
567
216
818
780
Grünau
Lindenau und Plagwitz
94
159
261
226
247
186
Kleinzschocher
Leutzsch
Büro
226
162
sonstiges
Quelle: SZL Suchtzentrum gGmbH
Auch im Jahr 2016 wurde ein leichter Anstieg der Kontakte verzeichnet, insbesondere im Stadtteil
Grünau.
Arbeit mit Konsumentinnen und Konsumenten illegaler Substanzen
Durch die erhöhte Personalkapazität über die zusätzliche, durch Landesmittel geförderte Stelle konnte
die Ansprache von Konsumentinnen und Konsumenten illegaler Substanzen verstärkt erfolgen. Dabei
ist festzustellen, dass sich die Erreichbarkeit wesentlich schwieriger gestaltet als bei Konsumentinnen
und Konsumenten von Alkohol. Entsprechend der Wirkweise der Substanzen (vor allem Crystal) entstehen zwar Kontakte, in denen Betroffene verschiedene Anliegen äußern, eine Bearbeitung der Problemlagen und Wünsche ist allerdings in anhaltenden Konsum-/Rauschzuständen nicht oder nur sehr
bedingt möglich. Folgetermine werden nicht wahrgenommen, Vermittlungsversuche zu weiterführenden Hilfen scheinen zu hochschwellig und häufig besteht keine Abstinenzmotivation.
Seit letztem Jahr werden Informationsmaterialien zu Substanzen und Safer Use Materialien (Ziehblättchen, Kondome, vitaminreiche Fruchtsäfte, hochkalorische Riegel, Kaugummis) ausgereicht. Das Angebot wird sehr gut angenommen, nachgefragt und wirkt positiv auf die Kontaktaufnahme.
Wenn der Vertrauensaufbau fortgeschritten ist, suchen Klientinnen und Klienten bei Unterstützungsbedarf den Kontakt auch in Eigeninitiative. Sie informieren die Streetworker/-innen auch oder geben Hinweise auf Personen (Freunde, Bekannte), deren Konsumverhalten bedenkliche Formen annimmt. Vereinzelt wurden diese zur offenen Beratungs- und Kontaktzeit in das Büro des Projektes mitgebracht
und vorgestellt.
48
Abbildung 14: Kontakte zu politoxikoman konsumierenden Menschen in 2016
45
40
40
35
39
30
29
25
26
20
18
15
22
21
19
18
16
10
5
7
9
0
Februar
Januar
April
März
Juni
Mai
Juli
August
Oktober
Dezember
September
November
Quelle: SZL Suchtzentrum gGmbH
Im Jahr 2016 verschob sich die Arbeit vom Trinkplatz weg zu aufsuchender Arbeit im gesamten Stadtteil. Auffallend ist der zunehmende Anteil wohnungsloser, von Wohnungslosigkeit bedrohter und obdachloser Menschen. Diese Kontakte sind leicht angestiegen (von rund 10 % der Gesamtkontakte auf
etwas über 12 % der Gesamtkontakte).
Arbeit mit Menschen in besonders schwierigen Lebenslagen
Die Einzelfallhilfe mit Menschen in besonders schwierigen Lebenslagen nimmt weiter einen großen
Anteil im Streetwork ein. Kriseninterventionen bei Obdachlosigkeit, akuter Unterversorgung, fehlenden
Sozialleistungen (kein ALG-II-Bezug, keine Krankenversicherung etc.) binden zunehmend Kapazitäten.
Besonders die Situation von Menschen mit Migrationshintergrund ist oft perspektivlos, da die Vermittlung in weiterführende Hilfen nur sehr begrenzt bis gar nicht möglich ist. Diese Menschen sind überwiegend EU-Bürger/-innen und befinden sich oft in besonders schwierigen Lebenslagen (Obdachlosigkeit, fehlende Krankenversicherung, gesundheitliche Probleme, Perspektivlosigkeit etc.). Teilweise bestehen auch Suchtmittelmissbrauch und/oder vermutete (da nicht diagnostizierte) psychische Erkrankung.
Im Jahr 2016 wurden 309 Kontaktgespräche mit wohnungs- bzw. obdachlosen Menschen geführt, im
Jahr 2015 waren es 262.
Netzwerkarbeit
Die Teams arbeitet in verschiedenen Netzwerken der Stadt Leipzig, wie dem Qualitätszirkel Erwachsenenstreetwork und der AK wohnungslose, suchtkranke und psychisch kranke Menschen mit.
Um den bundesweiten Austausch von Streetworkprojekten zu befördern und ein überregionales Netzwerk zu gründen, organisierten die Teams der Projekte „Safe“ (Leipzig), „Gangway“ (Berlin), und
„Cresso“ (Potsdam) im September 2016 eine erste bundesweite Fachtagung in Leipzig, die sich mit
den verschiedenen Themen, Möglichkeiten, Besonderheiten und Grenzen von Streetwork mit Erwachsenen beschäftigte.
49
3.1.2 Straßensozialarbeit für Jugendliche im Amt für Jugend, Familie und Bildung
Das Amt für Jugend, Familie und Bildung hält in drei Teams des SG Straßensozialarbeit auch niedrigschwellige Angebote für Drogen konsumierende junge Menschen vor. Gemäß den drogenpolitischen
Leitlinien der Stadt Leipzig wird vorrangig im Bereich Risiko- und Schadensminimierung (risk and harm
reduction) gearbeitet. Ziel ist es, Lebenslagen zu stabilisieren, Motivation und Zugang zum System der
Gesundheits- und Jugendhilfe aufzubauen und einen Einstieg in abstinenzorientierte Angebote zu ermöglichen. Die Angebote richten sich an junge Menschen im Alter von 14 bis 26 Jahren, deren Lebensmittelpunkt die Straße ist.
Die Zielgruppe ist sowohl um den Hauptbahnhof, in der City als auch in der Eisenbahnstraße und Umgebung anzutreffen. Der Konsum mit seinen Begleit- und Folgeerscheinungen bestimmt für einige den
Alltag. Diesen jungen Menschen werden unterstützende Angebote zur Lebens- und Problembewältigung gemacht. Eine Auseinandersetzung mit den Themen Drogen und Abhängigkeit ist fester Bestandteil der sozialpädagogischen Arbeit sowohl mit Cliquen als auch mit Einzelpersonen. Dabei werden insbesondere die Aspekte der Konsumreflexion, der Risikominimierung und das Verhalten bei
Überdosierungen thematisiert.
Die Klientinnen und Klienten aller Teams weisen komplexe Problemlagen wie fehlende Schul- und Berufsabschlüsse in Verbindung mit Schulden, Delinquenz oder einen schlechten gesundheitlichen Zustand auf.
Im letzten Jahr wurden gehäuft akute, teils anhaltende Obdachlosigkeit sowie Schwierigkeiten beim
Finden einer Wohnung (im KdU-Satz) als Probleme benannt. Im Sachgebiet wird ein Anstieg an Drogenkonsumentinnen und -konsumenten ohne festen Wohnsitz verzeichnet, die aus unterschiedlichsten
Gründen die Notschlafstellen meiden bzw. ablehnen. Die lange Wartezeit auf einen Platz in der Suchtberatungsstelle „Alternative I“ erweist sich für die Einzelnen als dramatisch, da bei der sich zuspitzenden Wohnungssituation in Leipzig ein Schlafplatz in dieser Notschlaf-Einrichtung für viele zur Dauerlösung geworden ist. Trotz regelmäßiger Kooperation mit dem Sachgebiet Wohnungsnotfallhilfe des Sozialamtes führte dies in der Regel nicht zu Vermittlungen.
Die Jugendlichen praktizieren häufig einen missbräuchlichen Alkoholkonsum, zum Teil in Kombination
mit Cannabis. Ein Teil konsumiert politoxikoman, häufig in Verbindung mit Methamphetamin/Crystal
oder Heroin. Der Konsum bzw. Missbrauch legaler sowie illegaler Substanzen wird häufig thematisiert.
Ausgereichtes Aufklärungs- und Informationsmaterial zu Substanzen und deren Wirkungsweisen werden interessiert angenommen.
Das Probierverhalten bei Crystal beginnt mitunter sehr früh, oft über Tage und Wochen. Typische Abhängigkeitsmuster sind in dieser Phase nicht zu erkennen. Durch die lang andauernde Wirkung von
Methamphetamin und dem damit verbundenen Anschein drogenfreier Phasen kommt es häufig erst
nach Jahren zu einer Auseinandersetzung mit dem eigenen Konsum und den Folgen. Der Konsum
von Heroin nimmt wieder leicht zu.
Im Vergleich zum Vorjahr ist ein Rückgang der Spritzentauschvorgänge zu verzeichnen. Das ist u. a. in
konzeptionellen Änderungen begründet. Die Straßensozialarbeiter des Amtes für Jugend, Familie und
Bildung wenden sich verstärkt jüngeren Menschen zu und agieren verstärkt in der Fläche und weniger
zielgruppenspezifisch (z. B. gezieltes Aufsuchen von Drogenkonsumenten). In Anbetracht des Ausbaus von Streetwork für Erwachsene ist dies folgerichtig. Auffallend war eine zunehmende Inanspruchnahme des Spritzentausches durch junge Menschen aus dem osteuropäischen Raum, besonders im
Team OST. Auch die weiteren Angebote der Grundversorgung werden in Anspruch genommen.
50
Alkoholkonsum in Cliquen findet eher am Wochenende statt. Dabei wird häufig gezielt exzessiv getrunken. In gemischtgeschlechtlichen Gruppen unterscheiden sich die konsumierten Getränkearten (Bier
vs. Mischgetränke, Schnäpse vs. Liköre etc.), wobei Jungen und junge Männer in der Öffentlichkeit
weiterhin überrepräsentiert sind. Illegale Substanzen werden hier teilweise bis vollständig abgelehnt.
Andere thematisieren ihr Probierverhalten illegaler Substanzen im Partykontext.
Das Projekt „Gut durch Leipzig“ (bisher: „Nightlife-Streetwork“) in Kooperation mit dem Mobile Jugendarbeit Leipzig e. V. ist eine monatliche Vor-Ort-Prävention im Partykontext. Ziel ist es, durch Verteilen
von „One-Night-Stand-Packs“ und Kurzberatungen junge Menschen zu Risiken direkt im Partykontext
aufzuklären. Die jungen Menschen werden sensibilisiert und ein Problembewusstsein entwickelt mit
dem Ziel, in diesem speziellen Setting für sich und andere Verantwortung zu übernehmen. Die sich ergebenen Gespräche und Fragen zu den Themen Alkohol, Drogen und sexuell übertragbare Krankheiten verdeutlichen auf den guten Zugang zur Zielgruppe. Das Projekt wird 2017 fortgeführt.
Das Sachgebiet ist aktives Mitglied im Aktionsbündnis Leipziger Osten.
3.2 Niederschwellige Angebote für drogenabhängige Menschen in der „Alternative I“
Das bis 2015 vorgehaltene Motivationswohnen wurde aufgrund des Bedarfes an reinen Notschlafbetten und des nicht zu gewährleistenden hohen Personalbedarfs eingestellt. Die Zahl der Notschlafbetten konnte so von 10 auf 20 Übernachtungsplätze erhöht werden (7.192 Belegungstage in 2016 bzw.
98 % Auslastung). Im Rahmen der Winterregelung der Stadt Leipzig von November bis März bietet die
„Alternative I“ zusätzlich bis zu drei Notübernachtungsplätze im Kontaktbereich an. Dieses Angebot
wird durchschnittlich sieben bis acht Mal pro Woche von vorwiegend schwer in Gemeinschaftsunterkünfte dauerhaft vermittelbaren Personen in Anspruch genommen.
Der Kontaktbereich ist täglich von 11:00 bis 19:00 Uhr geöffnet und bietet neben niedrigschwelliger
Suchtberatung Möglichkeiten zur Hygiene (Duschen, Waschmaschine), die Nutzung als ladefähige
Postadresse, die Weitergabe von Lebensmittelspenden sowie ein kostengünstiges Kaffee- und Mittagsangebot.
Das Angebot niedrigschwelliger Suchtberatung beinhaltet
• 24 Stunden Krisenintervention
• Akut- und Spontanberatung
• Beratung, Information zu und Vermittlung in weiterführende Hilfeangebote
• Beratung zu sozialen Problemlagen
• Gesundheitsberatung mit Infektionsprophylaxe und Spritzentausch
• Beratung Safer Sex, Safer Use
• Gespräche zur Förderung der Veränderungsmotivation
Entsprechend der Kapazitäten des Kontakt-Cafés ist eine gleichbleibend hohe Auslastung zu verzeichnen.
Im Rahmen der Infektionsprophylaxe kann das Angebot des Spritzentauschs täglich von 06:00 bis
24:00 Uhr in Anspruch genommen werden. In den letzten Jahren ist ein immenser Anstieg der Tauschvorgänge festzustellen. So wurden 2016 bei 9.393 Kontakten 140.546 Spritzen und 163.837 Kanülen
getauscht (vgl. 2015: 8.108 Kontakte, 98.075 Spritzen, 124.315 Kanülen). Das liegt an den veränderten Konsummustern unter Crystalkonsum.
51
Bei vielen Klientinnen und Klienten ist ein hoch riskanter, exzessiver Mischkonsum zu beobachten.
Trotz intensiver Safer-Use-Beratung sind gesundheitliche Verschlechterung und Verelendung zu beobachten. Auf Grund der ständigen Veränderung von Konsummustern und neuer Substanzen werden die
Mitarbeiter/-innen kontinuierlich für die Safer-Use Beratung geschult und die Qualitätsstandards für die
Ausgabe von Konsumutensilien werden weiter entwickelt. Eine Mitarbeiterin der „Alternative I“ ist Mitglied der Arbeitsgruppe der Deutschen AIDS-Hilfe zur Erarbeitung bundeseinheitlicher Qualitätsstandards zur Vergabe von Konsumutensilien.
3.3 Tagestreff „Insel“ (SZL Suchtzentrum gGmbH)
Der Tagestreff in der Plautstraße ist wochentags von 08:00 bis 16:00 Uhr und samstags, sonntags und
feiertags von 9:00 bis 15:00 Uhr geöffnet.
Nachstehende Angebote werden unterbreitet:
• lebenspraktischen Hilfen
• Hilfe bei Ämter- und Behördenangelegenheiten
• Hilfe bei der Durchsetzung von Rechtsansprüchen
• Unterstützung bei der Haushalts- und Finanzplanung
• Angebote sinnvoller Freizeitgestaltung
• Vermittlung zu weiterführenden Angeboten
Bei allen praktischen Unterstützungen wird versucht, die Ressourcen der Klienten soweit wie möglich
einzubinden und die Eigenständigkeit zu fördern. Ein Großteil der Unterstützung erfolgt durch motivierende Ansprache. Der Tagestreff ist eine Clearing- und Kurzinterventionsstelle und damit klar abgegrenzt von Aufgaben, deren Umfang und inhaltliche Ausrichtung von Experten im Sozialsystem bewältigt werden.
Das Team wird durch mehrere ehrenamtliche Mitarbeiter/-innen sowie einem Mitarbeiter, der im Rahmen einer Teilhabeförderung arbeitet, unterstützt. Die Angebote der Freizeitgestaltung wurden weitestgehend durch sie organisiert.
Auch das gemeinsam mit anderen Projekten der SZL Suchtzentrum gGmbH koordinierte Freizeitangebot ist ein wichtiger Bestandteil des Angebotes für Nutzer/-innen des Tagestreffs. So konnten auch
2016 zahlreiche Freizeitangebote (Spiele- und Filmnachmittage, Tagesausflüge, Handarbeits-, PC-,
Fotografie-, Schreib- und Nordic-Walking-Kurse) umgesetzt werden.
Höhepunkte waren das Fest anlässlich 10 Jahre Tagestreff „INSEL“ sowie eine Faschings- und Weihnachtsfeier und eine zusammen mit anderen Projekten der SZL gGmbH durchgeführte und gemeinsam mit den Klienten vorbereitete einwöchige Urlaubsfahrt.
Im Jahr 2016 gab es einen Anstieg der Besucherzahlen des Tagestreffs auf 24.559 (2015: 21.434).
Die Inanspruchnahme der verschiedenen Angebote blieb hoch, die Anzahl der Menschen, welche in
Gesprächen Unterstützung suchten, stieg um 20 %. Eine überdurchschnittlich zunehmende und beratungsintensive Gruppe ist die Gruppe der EU-Bürger, deren Sozialleistungsberechtigungsstatus ungeklärt ist.
Der Tagestreff wird vorwiegend von Männern aufgesucht, der Anteil der Frauen liegt bei 15 %. Von
den gesprächssuchenden Klientinnen und Klienten gaben 46 % an, eine eigene Wohnung zu haben,
64% wohnen in betreuten Wohnformen, Notschlafstellen oder sind wohnungs- bzw. obdachlos.
52
Nach Einschätzung der Sozialarbeiter/-innen zeichnet sich eine Zunahme obdachloser bzw. wohnungsloser Besucher/-innen ab. Die Vermittlung in eigenen Wohnraum gestaltet sich bei den Klienten,
welche überwiegend „Vermittlungshemmnisse“ haben, zunehmend schwieriger, da mit der Verknappung des Wohnungsleerstandes auch die Anforderungen an potentielle Mieter steigen. Es zeichnet
sich ab, dass die Verweildauer in Wohnungs- bzw. Obdachlosigkeit bei vielen Klienten steigt.
Es ist auch eine Zunahme mittelloser und nicht krankenversicherter Menschen zu beobachten, insbesondere auch bei der Gruppe der EU-Bürger, deren Status zur Sozialleistungsberechtigung überwiegend ungeklärt ist bzw. welche in illegalen oder prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt und obdach-/wohnungslos sind.
4 Schnittstellen der Sucht- und Drogenhilfe
Die Umsetzung der Sucht- und Drogenpolitischen Leitlinien erfolgt auf der Grundlage einer konstruktiven Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure und Verantwortlichen. Sucht ist ein gesamtgesellschaftliches Thema und die Arbeit mit suchtkranken Menschen vollzieht sich folgerichtig in verschiedensten
Lebensbereichen. Die Kooperation und Zusammenarbeit, der Informationsaustausch und die gemeinsame Erarbeitung zielgruppenspezifischer Projekte erfolgt in Gremien und thematischen Arbeitsgruppen, die im Konzept der Leipziger Sucht- und Drogenpolitik umfänglich beschrieben und aufgelistet
sind. Nachstehendes Kapitel beschränkt sich auf Angebote, die sich ausschließlich oder primär an diese Zielgruppe richten.
4.1 Schnittstelle zum Allgemeinen Sozialdienst
Eltern, Kinder und Familien werden bei Problemen in Fragen der Erziehung, Trennung und Scheidung,
der elterlichen Sorge und bei familiären Konflikten durch den Allgemeinen Sozialdienst (ASD) unterstützt. Die sozialpädagogischen Fachkräfte des ASD informieren, beraten und prüfen bei Bedarf die
Notwendigkeit der Vermittlung an andere Fachkräfte und Hilfsangebote. Auf der Grundlage des SGB
VIII prüft der ASD auch die Notwendigkeit von erzieherischen Hilfen (HzE) mit den betroffenen Eltern,
den Kindern und den Netzwerkpartnern und entscheidet über eine geeignete Hilfe. Außerdem hat der
ASD die Aufgabe, gewichtige Anhaltspunkte einer möglichen Kindeswohlgefährdung zu prüfen.
Der Missbrauch psychotroper Substanzen sowohl bei Eltern, Schwangeren und jungen Müttern als
auch bei Kindern und Jugendlichen war auch 2016 ein zentrales Thema im Hilfeprozess und bei der
Wahrnehmung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung.
Betreute Risikogruppen im ASD
Die folgenden Abbildungen zeigen für das vergangene Jahr wieder einen Anstieg an Fällen, in denen
eine Suchtproblematik (häufig Crystal in Verbindung mit Cannabiskonsum, vereinzelt Heroin) das Handeln des ASD wesentlich bestimmte. Die Zahlen zeigen parallel einen Anstieg an Fällen, in denen psychische Erkrankungen die Erziehungsfähigkeit der Eltern zunehmend einschränken6. Hinter vielen Fällen „psychischer Erkrankung“ verbirgt sich auch eine vorangegangene oder parallele Suchtproblematik, so dass ein Zusammenhang zwischen Suchterkrankung und psychischer Erkrankung anzunehmen
ist. Der Anstieg der absoluten Zahlen in der Kategorie „andere Sucht“ korrespondiert mit der Beobachtung der Sozialarbeiter/-innen, dass verstärkt Alkoholmissbrauch bzw. Alkoholabhängigkeit sowie
6
Dabei ist zu beachten, dass es eine Schnittmenge bei den Fällen gibt, in denen die Familie zuerst
im Eingangsmanagement ohne Hilfe zur Erziehung betreut und anschließend eine Hilfe zur Erziehung gewährt wurde. Diese Familien wurden doppelt gezählt. Bei Vorliegen mehrerer Risikogruppen
ist eine Mehrfachzuordnung nicht möglich.
53
Mischkonsum mehrerer Suchtmittel zu einer Einschränkung der elterlichen Kompetenzen führt. Die zunehmenden Zahlen sind insgesamt u. a. damit zu erklären, dass es durch die Sensibilisierung der verschiedenen Berufsgruppen, die mit Familien arbeiten zu einer besseren Einschätzung von Problemlagen kommt und die Fälle eher bekannt werden.
Anzahl
Abbildung 15: Betreute Familien im Rahmen HzE (Fallmanagement)
800
700
600
500
400
300
200
100
0
739 754
612
606
501 517
2013
2014
2015
2016
514
372
168 183
illegale Drogen
251 246
andere Sucht
psychische Erkrankung
Quelle: Amt für Jugend, Familie und Bildung, 2017
Abbildung 16: Betreute Familien im Eingangsmanagement
700
600
606
Anzahl
500
527
454
400
300
374
394
364
275
200
171
170 169
100
288
2013
2014
2015
2016
92
0
illegale Drogen
andere Sucht
psychische Erkrankung
Quelle: Amt für Jugend, Familie und Bildung, 2017
Der ASD verfügt seit dem Jahr 2012 über verbindliche Standards, um den steigenden Anforderungen
im Kinderschutz im Zusammenhang mit illegalen Drogen gerecht zu werden. Zentrales Ziel des ASD in
der Arbeit mit suchtkranken bzw. auch substituierten Schwangeren und Sorgeberechtigten ist es, möglichst gemeinsam mit den sorgeberechtigten Eltern positive Bedingungen für die Entwicklung der Kinder zu gestalten und das Wohl dieser Kinder zu sichern. Individuell gestaltete Schutzkonzepte werden
in Verantwortung der fallzuständigen Sozialarbeiter/-innen mit verschiedenen Netzwerkpartnern, insbesondere der Suchthilfe geplant, organisiert, umgesetzt und kontrolliert. In der Arbeit mit dieser Zielgruppe ist in der Regel von längerfristigen Hilfeverläufen auszugehen. Gelingt es nicht, Eltern als aktiven Part in den Prozess einzubinden, werden Schutzkonzepte zunehmend durch restriktivere Kontrollverträge ersetzt.
54
Sowohl im Bereich der Hilfen zur Erziehung als auch im Bereich der Suchtberatung besteht aus Sicht
des ASD die Notwendigkeit des weiteren Ausbaus spezifischer Angebote für die Zielgruppe drogenkonsumierender Eltern, Schwangerer und junger Mütter sowie drogenkonsumierender Jugendlicher.
Gleichzeitig müssen die präventiven Angebote der Stadt weiter zielgruppengerecht angeboten und intensiviert werden.
4.2 Schnittstelle zum Themenbereich Wohnen
4.2.1 Drogenfreie Wohngemeinschaften der SZL Suchtzentrum gGmbH
In den „DROGENFREIEN WOHNGEMEINSCHAFTEN“ wurden im Jahr 2016 29 Wohngemeinschaften für abstinent lebende drogenabhängige Menschen vorgehalten. Zusätzlich werden Klientinnen und
Klienten im eigenen Wohnraum betreut. Die Aufnahme erfolgt direkt nach regulärer Beendigung einer
stationären Rehabilitationsbehandlung (Entwöhnungsbehandlung) oder aus den Kliniken für Forensische Psychiatrie (Maßregelvollzüge). Metamphetamin, Cannabis und Alkohol waren die am meisten
konsumierten Substanzen.
Ein Wohn- und Betreuungsangebot wird für drogenabhängige Mütter mit ihren Kindern vorgehalten.
Die Betreuung erfolgt in enger Kooperation mit den flankierenden spezifischen Angeboten. Das Projekt
ist Mitglied im Netzwerk der Forensischen Nachsorge. Es besteht eine enge Kooperation mit der Marianne von Weizsäcker-Stiftung (Entschuldungshilfe).
Die folgende Abbildung zeigt, dass die Gesamtzahl der betreuten Personen seit 2012 rückläufig ist.
Der Sprung in 2014 ist nicht darauf zurückzuführen, dass es eine geringere Nachfrage gibt, sondern
resultiert aus der verbesserten Haltequote und der Begrenztheit der Plätze. Seither haben sich die Betreuungszahlen kaum verändert. Der Anteil der männlichen Bewohner lag bei 78 %, der der Frauen bei
22 %.
Abbildung 17: Gesamtzahl der betreuten Personen im Jahresvergleich
200
150
182
180
142
136
138
2014
2015
2016
100
50
0
2012
2013
SZL Suchtzentrum gGmbH, 2017
Die nachstehende Abbildung zeigt, dass der Anteil der älteren Bewohner im Jahr 2016 wieder deutlich
zugenommen hat. Das widerspiegelt, wie in vielen Hilfeangeboten zu verzeichnen, das Älterwerden der
Klientinnen und Klienten.
55
Abbildung 18: Altersstruktur der betreuten Personen im Jahresvergleich
200
150
100
65
89
61
58
50
40
60
50
50
77
28
57
41
31
38
33
2012
2013
2014
2015
2016
0
über 30 Jahre
26-29 Jahre
18-25 Jahre
SZL Suchtzentrum gGmbH, 2017
4.2.2 Alkoholbereich der SZL Suchtzentrum gGmbH
Verglichen mit 2015 erhöhte sich die Zahl der zu betreuenden Klientinnen und Klienten nicht. Vor dem
Hintergrund verschiedener interner und externer Veränderungen im Hilfesystem ist vor allem auffällig,
dass die Klientenzahl im Bereich § 67 SGB XII leicht zurückging.
Die sich bereits 2015 andeutende Tendenz der multiplen Problemlagen setzte sich fort. Die Versorgung von Menschen ohne Krankheits- bzw. Problemeinsicht ist zunehmend schwerer. Das gilt besonders vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Bewerber/-innen aus der Wohnungsnotfallhilfe zugleich politoxikomanes Suchtverhalten ohne Abstinenzmotivation in Verbindung mit einer zweiten, zumeist
psychiatrischen Diagnose aufweisen. Der Anteil derer, die „nur besondere soziale Schwierigkeiten aufweisen“, sinkt kontinuierlich, während mehr als 50 % der Bewerber Komorbidität mit teilweise komple xen Krankheitsbildern (Traumata, Schizophrenie, narzisstische Persönlichkeitsstörungen u. a. m.) aufweisen.
Für wohnungslose Menschen dieser Personengruppe funktioniert das gut organisierte Leipziger Hilfesystem, in dem Wohnungs- und Suchtkrankenhilfe gut vernetzt sind, nur unzureichend. Vor dem Hintergrund des sich verändernden Leipziger Wohnungsmarktes wird deren Versorgung in den Folgejahren vermutlich noch schwieriger.
Die Ursachen hierfür erscheinen vielfältig und werden im Arbeitskreis wohnungslose, suchtkranke und
psychisch kranke Menschen wieder verstärkt diskutiert. Generell fehlen hier jedoch Wohn- bzw. Betreuungsangebote ohne große Verwaltungszwänge. Gleichzeitig erfordert die Betreuung der komorbiden Klientel verstärkte Anstrengungen und Mehraufwände, die nur teilweise finanziert werden.
Der Weiterbildungsbedarf in diesen Bereichen hat kontinuierlich zugenommen und wird ab 2017 durch
die Inanspruchnahme aktueller Veranstaltungen schrittweise abgebaut.
In der Arbeit bewährt haben sich die Freizeitveranstaltungen, die zusammen mit den internen Netzwerkpartnern der SZL gGmbH angeboten wurden. Die Zusammenarbeit mit den Partnern der Suchtkranken- und Wohnungslosenhilfe ist weiterhin sehr gut.
Statistisches
Nachstehende Übersichten geben einen Überblick über die im Alkoholbereich betreuten Klienten im
Jahr 2011 bis 2016 und vergleichen diese Jahre. Dabei wurden nur Klienten mit bestehender Kostenzusage berücksichtigt.
56
Tabelle 20: Betreute Personen nach gesetzlicher Grundlage in absoluten Zahlen
Anzahl der Klienten
2012
2013
2014
2015
2016
§ 53
91
110
109
116
121
§ 67
52
49
65
63
53
Gesamt
143
159
174
179
174
Quelle: SZL Suchtzentrum gGmbH, 2017
Tabelle 21: Betreuungsgrund nach Suchtmittel/Diagnostik (Mehrfachnennungen möglich)
Suchtmittel/Diagnostik
2012
2013
2014
2015
2016
Alkoholabhängigkeit
96
108
124
135
127
Alkoholmissbrauch bzw. ungesicherte Diagnose
21
15
16
20
9
Medikamentenabhängigkeit
4
1
10
8
4
Andere Suchtformen
3
6
32
37
24
Psychiatrische Zweitdiagnose
36
45
51
53
51
Chronisch mehrfachgeschädigte Abhängigkeitskranke
42
35
29
22
31
Andere besonderen soziale Schwierigkeiten
(ohne Sucht)
30
36
12
17
11
Quelle: SZL Suchtzentrum gGmbH, 2017
Tabelle 22: Nutzung tagesstrukturierender Angebote
2012
2013
2014
2015
2016
Ausbildung/Arbeit
16
14
14
8
26
Teilnahme an Beschäftigungsprojekten
47
35
37
43
24
Teilnahme an sonstigen tagesstrukturierenden Maßnahmen
35
56
97
72
34
Keine regelmäßige Tagesstruktur
49
57
68
59
70
Quelle: SZL Suchtzentrum gGmbH, 2016
Tabelle 23: Betreuungsverlauf
§ 53
§ 67
Gesamt
Vor 2016 laufende Hilfe
86
40
126
Neuaufnahmen 2016
23
17
40
2016 beendete Hilfe
39
34
63
Quelle: SZL Suchtzentrum gGmbH, 2017
57
4.2.3 Diakonisches Werk, Innere Mission Leipzig e. V.
Im Jahr 2016 wurden insgesamt 103 Klienten (Vorjahr: 101) betreut, davon 18 Klienten mit der Problematik Konsum illegaler Drogen. Zum Stichtag 31.12.2016 waren 75 Klientinnen und Klienten in Betreuung.
Von den sechs Mitarbeiter/-innen war eine Mitarbeiterin für russischsprachige Migranten zuständig, im
Jahr 2017 wird ein Mitarbeiter für gehörlose Klienten hinzugekommen. Kooperation besteht mit der
Wohnungslosenhilfe der Diakonie Leipzig bezüglich der nach § 67 SGB XII betreuten Klienten.
In der Einrichtung steht die Betreuung nach § 53 SGB XII im Vordergrund. Diese Klientengruppe besteht vordergründig aus Alkoholabhängigen mit fortgeschrittenem Schädigungsgrad. Die Zahl von Betreuten mit einer Drogenproblematik war zunehmend. Neben der klassischen Einzelbetreuung finden
jährlich sechs gemeinsame Gruppenveranstaltungen statt. Auch die Kooperation mit dem Ortsverein
Blaues Kreuz ist zielführend. Verschiedene tagesstrukturierende Angebote des Blauen Cafès sowie
das vielfältige Angebot an Selbsthilfegruppen und die Besinnungswochen sind für die Entwicklung der
Klienten im Ambulant betreuten Wohnen unterstützend.
Die zunehmende Verschlechterung der Lage auf dem Leipziger Wohnungsmarkt und die Knappheit
von kleinen, durch das Jobcenter finanzierbaren Wohnungen führte dazu, dass vor allem instabile Klienten oft deutliche Ablehnung durch Vermieter erfuhren.
4.2.4 Wohnprojekt „Haus Alt-Schönefeld“ am Zentrum für Drogenhilfe
Das "Haus Alt-Schönefeld" ist ein niedrigschwelliges Angebot für chronisch mehrfachgeschädigte, alkoholabhängig erkrankte wohnungslose Männer gem. § 67 SGB XII. Insgesamt stehen 35 Plätze in
Einzel- und Doppelzimmern zur Verfügung. Die Belegung erfolgt bei Hilfebedarf über das Sozialamt,
Abteilung Wohnungslosenhilfe. Für die Dauer des Aufenthaltes werden Nutzungsverträge geschlossen. Die Auslastung des Hauses liegt bei 98 %. Das Durchschnittsalter liegt gleichbleibend bei 55 Jahren.
Die Männer sind in der Regel nicht bereit und/oder in der Lage, ihren Alkoholkonsum einzuschränken
bzw. aufzugeben um ein eigenständiges Leben zu führen. Die Motivation zur (Punkt)Abstinenz bildet
einen fortlaufenden Prozess in der täglichen Arbeit.
Für tagesstrukturierende Angebote und Beschäftigung stand den Klienten im Jahr 2016 einmal wöchentlich ein Begleiter im Ehrenamt zur Verfügung.
Im Projekt „Motivierende Punktabstinenz“ konnten durch die Unterstützung des Fördervereins Zentrum
für Drogenhilfe e. V. zwei Personen finanziert und unterstützend im Wohnhaus eingesetzt werden.
In der Suchtberatungs- und Behandlungsstelle im selben Gebäude werden Gesprächstermine angeboten und Vermittlungen in Entgiftungsbehandlungen realisiert. Im Jahr 2016 konnten drei Klienten zum
Antritt einer stationären Langzeitentwöhnungsbehandlung motiviert werden. Eine Person bezog eigenen Wohnraum.
Das Fortschreiten der Folgeerkrankungen auf Grund des Alkoholmissbrauchs und die Zunahme von
psychischen Störungen machten für eine Vielzahl der Klientel die Inanspruchnahme der Pflegestufe
Null notwendig. Pflege und Hauswirtschaft wurden durch den mobilen Behindertendienst Leipzig e. V.
abgedeckt. Neun Klienten wurden von einem Menüdienst mit einer warmen Mahlzeit versorgt.
Eine Allgemeinärztin bietet alle sechs Wochen eine Arztsprechstunde im Haus an. Sie wird durchschnittlich von zehn Klienten in Anspruch genommen.
58
Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Schnittstellen zwischen Alkoholerkrankung und psychiatrischer
Auffälligkeit. Der Arbeitskreis wohnungslose, suchtkranke und psychisch kranke Menschen stand auch
im Jahr 2016 im Dialog mit den entsprechenden Hilfeprofessionen.
4.2.5 Wohnprojekt „Domizil“ der SZL Suchtzentrum gGmbH
Im Wohnprojekt „Domizil“ finden 30 nicht abstinente, chronisch mehrfach beeinträchtigten alkoholkranke Männer eine Unterkunft, existenzsichernde Maßnahmen und lebenspraktische Hilfen. Zusätzlich
werden fünf Clearingplätze bereitgestellt.
Das Wohnprojekt ist ein niedrigschwelliges Angebot für chronisch mehrfachbeeinträchtigte suchtmittelabhängige wohnungslose Männer. Hier finden Betroffene Aufnahme, die zurzeit nicht bereit bzw. in der
Lage sind, ihren Alkoholmissbrauch einzuschränken bzw. aufzugeben.
Die Bewohner leben in 19 Einzelzimmern und 8 Zweibettzimmern. Das elfköpfige Team besteht aus
Sozialarbeitern und pädagogischen Fachkräften.
Aufgenommen werden vorwiegend Klienten, die im Haus für Wohnungslose der Stadt Leipzig durch ihren Alkoholmissbrauch und andere Beeinträchtigungen auffällig wurden.
Die individuellen Zielvereinbarungen werden in gemeinsamen Hilfeplangesprächen definiert. Das
Spektrum ist weit gefasst von der Einhaltung von Hygienemaßnahmen und regelmäßigen Gesundheitskontrollen beim Hausarzt, bis hin zur Reduzierung der Trinkmenge und in Einzelfällen auch zur
Abstinenz.
Die Clearingplätze werden für Klienten vorgehalten, die in Wohn- bzw. Unterbringungsformen vermittelt werden sollen, die deren Ressourcen aber auch deren Defiziten entsprechen. Die Überprüfung der
Hilfeplanung erfolgt mit dem Sachgebiet Notunterbringung.
Wie im Vorjahr ist zu konstatieren, dass
1. die Clearingklienten sehr viel jünger als die chronisch mehrfach geschädigten abhängikeitskranken Klienten im Haus sind,
2. die bestehende Motivation sehr gering ist und sich auch nur schwer weiterentwickelt.
Für die Zielgruppe bedarf es neuer Konzepte und Absprachen.
Die Betreuung der Bewohner erfolgt in Hilfebedarfsgruppen:
•
eine Klientengruppen mit dem Schwerpunkt „exzessiver Alkoholkonsum und psychische Auffälligkeit“
•
eine Gruppe für Klienten mit Veränderungsmotivation
•
eine Gruppe für Clearing-Klienten
•
eine Gruppe für neue Hausbewohner
•
eine Gruppe für unauffällige und sich zurückziehende Hausbewohner
•
eine Gruppe für ältere und körperlich beeinträchtigte Bewohner
Jede Bedarfsgruppe wird von zwei Mitarbeiter/-innen in Einzel- und Gruppenaktivitäten betreut.
Einige Klienten arbeiten im Wohnprojekt zur Unterstützung der Gemeinschaft mit (Reinigungsarbeiten,
Einkäufe, Gartenarbeit etc.). Die Arbeitsstunden der Klienten im Wohnprojekt betrugen in diesem Jahr
1.195 Stunden.
59
Im Wohnprojekt gibt es regelmäßige Freizeitangebote (z. B. Bowling, Kochnachmittage, Ausflüge oder
gemeinsame Kaffeerunden), und einmal wöchentlich wird Hirnleistungstraining durch eine im Team
angestellte Ergotherapeutin angeboten.
Drei ehemalige Hausbewohner konnten in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft wohnen. Für
sie bedeutet die neue Wohnform mehr Lebensqualität und Selbstständigkeit. Zum Teil konnten die
WG-Bewohner ihre Trinkmenge deutlich reduzieren. Für zwei Bewohner war Ende des Jahres der
Auszug geplant, was aber bisher an fehlendem anmietbaren Wohnraum scheiterte. Eine intensive und
weiterführende Kooperation besteht mit dem Haus für Wohnungslose in der Rückmarsdorfer Straße
und der Pflegeeinrichtung für CMA-Klienten Maximilianstift. Mit dem Maximilianstift besteht seit 2015
eine Kooperationsvereinbarung, die in diesem Jahr vor allem im Freizeitbereich mit viel Leben erfüllt
wurde. Für das Jahr 2017 soll der inhaltliche Austausch weiter intensiviert werden.
Tabelle 24 : Sozial- und Leistungsdaten des Wohnprojektes „Domizil“
2012
2013
2014
2015
2016
57,7
56,5
54,6
57
55
30 - 81
30 - 82
22 - 83
29 - 84
30 - 85
Durchschnittsalter in Jahren
Alterspanne in Jahren
Anzahl der Klienten nach Einkommen (Mehrfachnennung möglich)
Arbeitslosengeld II
18 Klienten 17 Klienten 15 Klienten 12 Klienten 17 Klienten
Renten
18 Klienten 16 Klienten 16 Klienten 18 Klienten 14 Klienten
Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung
10 Klienten 9 Klienten
11 Klienten 14 Klienten 10 Klienten
Sonstiges
4 Klienten
2 Klienten
-
1 Klient
1 Klient
Beendigungen der Betreuung und Außenvermittlungen
Vermittlung zur suchtmedizini- 4 Klienten
schen Rehabilitation (Therapie)
3 Klienten
-
1 Klient
1 Klient
Umzug in eigenen Wohnraum 1 Klient
ohne Betreuung (oder Bekannte)
2 Klienten
-
2 Klienten
2 Klienten
Umzug in ambulant Betreutes
Wohnen
2 Klienten
2 Klienten
1 Klient
1 Klient
-
Vermittlung in Pflegeeinrichtung
1 Klienten
2 Klienten
4 Klienten
1 Klient
3 Klienten
Abbruch durch Klient/Einrichtung
4 Klienten
4 Klienten
3 Klienten
9 Klienten
1 Klient
Inhaftiert
1 Klient
4 Klienten
1 Klient
2 Klienten
1 Klient
Verstorben
2 Klienten
1 Klient
2 Klienten
1 Klient
2 Klienten
2 Klienten
2 Klienten
Unbekannt
KKündigung durch Einrichtung
6 Klienten
FFreiwillige Obdachlosigkeit
1 Klient
Quelle: SZL Suchtzentrum gGmbH, 2017
60
4.2.6 Verein zur sozialen Rehabilitation von Abhängigkeitskranken (VRA) e. V.
Der Verein bietet eine stationäre Langzeitbetreuung (soziale Rehabilitation) für chronisch mehrfachgeschädigte alkohol- und medikamentenabhängige Männer an. Die Bewohner sind in der Regel im Alter
zwischen 25 bis 60 Jahren. Die physischen und psychischen Beeinträchtigungen bei chronisch mehrfachgeschädigten Abhängigkeitskranken (CMA) sind weiter zunehmend.
In den Kerneinrichtungen Haus am Park und Haus Güldengossa werden 50 bzw. 48 Behandlungsplätze vorgehalten. Weitere 22 Plätze stehen in zwei Außenwohngruppen (AWG) im Haus Wachau zur
Verfügung.
Die Stammhäuser und die Außenwohngruppen werden aus dem gesamten Freistaat Sachsen belegt.
In den zwei stationären Einrichtungen gibt es Wohnmöglichkeiten in Einzel- und Doppelzimmern. In
den Außenwohngruppen sind nur Einzelzimmer vorhanden. Es werden ausreichend Gemeinschaftsräume, Speiseräume, therapeutische Werkstätten, Sport- und Gymnastikräume, eine eigene Sporthalle und ein eigener Sportplatz angeboten. Das Haus Güldengossa ist teilweise behindertengerecht ausgestattet.
Die Plätze im ambulant betreuten Wohnen konnten im Jahr 2016 weiter ausgebaut werden. Sie werden von Klienten der Außenwohngruppen bzw. der Kerneinrichtungen belegt.
Der Auslastungsgrad aller Einrichtungen lag 2016 bei 98 %.
4.2.7 Maternus Pflegecentrum Maximilianstift
Das Pflegezentrum Maximilianstift ist eine Pflegeeinrichtung im Rahmen der Versorgung des SGB XI,
in der Menschen mit einer Pflegestufe I bis III mit dem Schwerpunkt chronisch mehrfachgeschädigte
Abhängigkeitserkrankung aufgenommen werden. Die Anfragen aus der Region sind konstant hoch.
Da nicht alle Aufnahmeanfragen im Jahr 2016 bedient werden konnten, ist davon auszugehen, dass
keine bedarfsdeckende Versorgung für nicht abstinente, chronisch mehrfachgeschädigte Abhängigkeitserkrankte mit Pflegebedürftigkeit besteht.
Den Patienten werden nachstehende ergänzende Angebote unterbreitet.
•
Auf- und Ausbau tagesstrukturierender Angebote
•
Alternativen in Arbeit und Beschäftigung
•
Übergang von stationärer Einrichtung zu ambulanter Versorgung (alternative Übergangswohnformen) für Betroffene aus dem Versorgungsbereich des SGB XI, die mit Abstinenzphasen im
Rahmen eines niederschwelligen Angebotes aufgefangen bzw. weiter versorgt werden sollten.
Im Jahr 2016 war die Einrichtung zu 97,31 % ausgelastet. (17 % Frauen und 83 % Männer). Der Altersdurchschnitt lag bei 60 Jahren. Bei den Neuaufnahmen (sechs Männer) lag der Altersdurchschnitt
bei 56 Jahren.
Besonders wichtig bei der Versorgung ist die Orientierung der Hilfsangebote am individuellen Bedarf,
den Wünschen und Zielen der Person und die Vernetzung der Hilfen, um fließende Übergänge zwischen den verschiedenen Angeboten ermöglichen zu können. Die Zusammenarbeit des Maximilianstiftes mit dem SZL Suchtzentrum Leipzig wurde weiter ausgebaut.
Der Maximilianstift ist Mitglied im AK wohnungslose, suchtkranke und psychisch kranke Menschen
61
4.2.8 Übernachtungshaus für wohnungslose Männer
Das Übernachtungshaus für wohnungslose Männer der Stadt Leipzig in 04179 Leipzig, Rückmarsdorfer Straße 7 bietet 50 Notschlafplätze für volljährige wohnungslose Männer.Die Unterbringung soll so
kurz wie möglich, aber auch so lange wie nötig erfolgen. Bis zur Beendigung der Wohnungslosigkeit
durch Abschluss eines Mietvertrages für eine eigene Wohnung oder die Vermittlung in andere problemadäquate Wohnformen wird den Betroffenen ein Notschlafplatz in Einzel-, Doppel- und Dreibettzimmern zur Verfügung gestellt.
Von den insgesamt 406 Klienten, welche im Jahr 2016 im Übernachtungshaus Obdach und persönliche Hilfen erhielten, wiesen 86 Klienten einen problematischen Umgang mit Alkohol und 112 Klienten
eine Drogenproblematik auf, das sind insgesamt knapp 50 %. Davon konnten 97 Männer in spezifische Hilfeangebote (s. u.) vermittelt werden. Ausgehend von den 198 Klienten des Übernachtungshauses, welche im Jahr 2016 eine Suchtproblematik aufwiesen, wurden somit 49 % in adäquate, suchtspezifische Hilfen vermittelt. Dies geschah, je nach Verfügbarkeit freier Plätze.
Tabelle: 25 Vermittlungen aus dem Übernachtungshaus in suchtspezifische Wohnangebote
Anzahl der Personen
2013
2014
2015
2016
Stationäre Entgiftungen
5
23
20
25
Stationäre Langzeittherapien
3
10
7
8
Domizil
13
10
10
18
Haus Altschönefeld
18
10
10
19
ALTERNATIVE I (Notschlafbereich/illegale Drogen)
16
35
43
22
Pflegeheim
6
12
1
4
Vermittlungen
Haus am Park
Gesamt
1
69
100
91
97
Quelle: Sozialamt, 2017
Darüber hinaus findet eine enge Kooperation mit der Suchtberatungs- und Behandlungsstelle „Haus
Alt Schönefeld“ statt. Diese bietet für alkoholkranke bzw. -gefährdete Klienten wöchentlich Beratungen
durch einen Suchttherapeuten im Übernachtungshaus an. Gemeinsam mit dem Sozialdienst des Übernachtungshauses wird der Clearingprozess zur Vermittlung in
• die ambulante Betreuung für wohnungslose, nicht abstinente, chronisch mehrfach geschädigte
Abhängigkeitskranke im „Domizil“ und „Haus Alt-Schönefeld“
• Langzeit-Entwöhnungsbehandlungen für krankheitseinsichtige Klienten
• soziotherapeutische Einrichtungen für abstinente CMA
abgesichert.
62
Abbildung 19 Anteil wohnungsloser Klienten mit Doppeldiagnosen im Übernachtungshaus
100
90
80
22
70
60
50
40
30
51
37
66
52
20
10
21
20
16
2014
2015
2016
0
2013
Doppeldiagnose Alkohol
Doppeldiagnose ill. Drogen
Quelle: Sozialamt, 2017
Wenn die Betroffenen keine realistischen Anliegen haben, lange Zeiten ohne Krankheitseinsicht und
Behandlungsbereitschaft aufweisen, das gesundheitsspezifische Hilfesystem zum Teil aggressiv, provokant und abwertend ablehnen, eine Chronifizierung des psychiatrischen Krankheitsbildes eingetreten
ist und die Betroffenen ohne medizinische Behandlungsmöglichkeit für sich und andere situative Gefährdungssituationen verursachen, kann meist kein Hilfeprozess eingeleitet werden. Diese Verhaltensauffälligkeiten entsprechen häufig noch nicht vollumfänglich den Unterbringungskriterien des PsychKG
und eine strafrechtliche Sanktion setzt nicht zeitnah ein.
Unter den Rahmenbedingungen der Wohnungsnotfallhilfe und den allgemein geltenden Normen eines
ungefährdeten Umgangs miteinander ist die Gefahrenabwehr der unfreiwilligen Obdachlosigkeit in diesen Fällen regelmäßig schwer oder nicht mehr zu gewährleisten. Die Zunahme von (langfristigen)
Hausverboten und Kündigungen in den spezialisierten Unterkünften der Wohnungsnotfallhilfe und in
medizinischen Behandlungseinrichtungen unterstreicht und verschärft diese Problemsituation. Auch
die eingangs dargestellte Schwerpunktverlagerung von der Alkohol- auf eine Drogenabhängigkeit in
der Wohnungsnotfallhilfe unterstreicht diese Gefährdungslage ab.
In der Zukunft sollte also ein Schwerpunkt auf die Bereitstellung von Hilfe- und Versorgungsmöglichkeiten für diese spezifische Zielgruppe gelegt werden, vor allem vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf die Betroffenen selbst aber auch für die Stadtgesellschaft.
4.2.9 Wohn- und Nachbarschaftsprojekt Funke
Das Projekt (in Kooperation mit der LWB GmbH) soll den Nachbarschafts- und Gemeinschaftsgedanken im Haus stärken. Die Bewohner/-innen werden in Aktivitäten aktiv einbezogen. Es handelt sich um
ein Übergangswohnen mit dem Ziel, die Wohnkompetenz zu testen und den Hilfebedarf genau einschätzen zu können.
In dem Wohnhaus mit insgesamt 30 Wohnungen werden zwölf Ein-Raum-Wohnungen durch Klienten
aus dem ambulant betreuten Wohnen belegt. Der Anteil der Frauen lag bei 17 %.
63
Neben einem Gruppenraum steht ein Raum mit zwei vollautomatischen Waschmaschinen zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung. Die Wohnungen waren über das Jahr nahezu voll belegt.
Die meisten Klienten werden von der Adaption und aus CMA-Heimen vermittelt, einige ziehen auch direkt nach der Langzeittherapie bzw. aus dem Maßregelvollzug ein. 2016 gab es fünf Neuzugänge. Bei
Hilfebedarfen wird entsprechend weitervermittelt. 2016 ging eine Klientin noch einmal zur Langzeittherapie, ein Klient in ein CMA-Heim und ein weiterer in ein sozialtherapeutisches Wohnen für psychisch
Kranke. Zwei Klienten konnten erfolgreich in eigenen Wohnraum vermittelt werden.
Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Fallmanagement des Jobcenters gelingt es, Klienten in Arbeitsmaßnahmen mit sozialpädagogischer Betreuung zu vermitteln, wo sie vier- bis sechsstündige Tätigkeiten am Tag durchführen mit stundenweiser Steigerung je nach Durchhaltevermögen. Für kleinere
Renovierungs- und Verschönerungstätigkeiten in Haus und Hof werden Klienten mit herangezogen.
Die Projektleitung arbeitet im AK wohnunglose, suchtkranke und psychisch kranke Menschen mit.
4.3 Schnittstellen zum Themenbereich Arbeit und Beschäftigung
4.3.1 „Beschäftigung und Perspektive“ im „Haus Alt-Schönefeld“
Im Jahr 2016 wurde in der Suchtberatungsstelle „Haus Alt-Schönefeld“ wieder eine Maßnahme zur
Schaffung von Arbeitsgelegenheiten (AGH) nach § 16 d SGB II (sog. „Ein-Euro-Jobs“) begonnen. Insgesamt konnten von Januar bis März 2016 und von August bis Dezember 2016 elf Teilnehmerplätze
für Betroffene bereitgehalten werden. Auf die elf Plätze wurden insgesamt 13 (Januar bis März) bzw.
22 (August bis Dezember) verschiedene Teilnehmer/-innen durch das Jobcenter zugewiesen. Häufige
Teilnehmerwechsel und Fehlzeiten waren in psychiatrische Doppeldiagnosen und Mehrfachabhängigkeiten begründet.
Mit der Kombination des Arbeitsprojektes in enger Anbindung an die Suchtberatungsstelle „Haus AltSchönefeld“ werden nachstehende Ziele verfolgt:
• Steigerung der Chancen zur Wiedereingliederung auf dem ersten Arbeitsmarkt
• Verbesserung der arbeitsmarktrelevante Basisvariablen (z. B. Pünktlichkeit, Teamfähigkeit, Zuverlässigkeit)
• Erwerb und Ausbau handwerklicher Fähigkeiten und Fertigkeiten
• Erweiterung der sozialen Kompetenzen
• Schaffung einer Tagesstruktur
• Stabilisierung und Rückfallprophylaxe
Im Rahmen der Arbeitsgelegenheiten wurden in den Werkbereichen Holz, Ton/Keramik und Garten u. a.
Vogelhäuser für Kindertagesstätten gefertigt. Die Sammlung an Kunstobjekten für das Projekt „Der
Kunst ein Obdach geben“ auf dem Gelände und in den Angeboten der Einrichtung und einer weiteren
Suchtberatungsstelle des Zentrum für Drogenhilfe wurde erweitert. Die Innenräume und der Eingangsbereich des Wohnhauses „Haus Alt-Schönefeld“ wurden mittels künstlerisch gestalteter Elemente
(große selbstgestaltete Bilder, Etagenschilder zur besseren Orientierung der Bewohner, Tonrelief, Gestaltung der Etagengruppenräume) aufgewertet. Wie in den vergangenen Jahren wurden Obst und
Gemüse für die Bewohner des Wohnhauses „Haus Alt-Schönefeld“ angebaut.
64
4.3.2 „teamWENDEPUNKT“ in der Suchtberatungsstelle „Alternative II“
Das Beschäftigungsprojekt „teamWENDEPUNKT“ konnte für drogenabhängige Menschen, die Abstinenz erreicht haben, diese stabilisieren wollen und Unterstützung beim Einstieg in das Erwerbsleben in
Form von Training arbeitsmarktrelevanter Fähigkeiten und Fertigkeiten benötigen, zehn Plätze zur Arbeitserprobung vorhalten. Im Vergleich zum Vorjahr lässt sich mit insgesamt 31 Teilnehmer/-innen
(2015: 28 Teilnehmer/-innen) eine stabil hohe Annahme feststellen (die zehn Plätze werden bei Ausstieg oder Vermittlung nachbesetzt).
Den Teilnehmer/-innen wurden Tätigkeiten in den Bereichen Siebdruck, Fahrradselbsthilfewerkstatt,
Holz- und Metallbearbeitung, Gartenarbeit, Maler- und Kreativbereich, Büro und Neue Medien, Haushaltsführung sowie Öffentlichkeitsarbeit angeboten. Das Projekt wird mit Unterstützung des Fördervereins Zentrum für Drogenhilfe e. V. in der Suchtberatungsstelle „Alternative II“ des Zentrums für Drogenhilfe am Städtischen Klinikum „St. Georg“ Leipzig umgesetzt.
In allen Arbeitsbereichen werden Kleinprojekte und -aufgaben konzipiert, die durch die Klienten unter
Anleitung eines im jeweiligen Bereich erfahrenen, stabil abstinent lebenden ehrenamtlichen Mitarbeiters (unter Fachaufsicht eines Fachmitarbeiters) zu bearbeiten sind. Der Einsatz ehrenamtlicher Abstinenter in Anleiterfunktion fördert Selbsthilfepotentiale und das Lernen am Modell und bietet auch andererseits geeigneten Teilnehmenden Möglichkeiten der Entwicklung und Verantwortungsübernahme.
Im Auftrag der Stadt Leipzig fertigte das Arbeitsprojekt „teamWENDEPUNKT“ zwei Spritzenabwurfbehälter zur Entsorgung benutzter Konsumutensilien. Diese wurden an von intravenös Drogen konsumierenden Menschen stark frequentierten Orten in der Stadt Leipzig aufgestellt.
Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit wurde im Jahr 2016 am „Connewitzer Straßenfest“, am „FeinkostFlohmarkt“ (3 x) und am „Tag der Angehörigen“ in der SBB „Regenbogen“ mit einem Infostand teilgenommen. Bei allen Aktionen wurden von den Teilnehmer/-innen gefertigte Produkte gegen Spende an
Interessenten abgegeben.
In der Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt wurden 18 Fahrräder repariert, umgebaut, gepflegt und gereinigt.
Die Teilnehmer/-innen organisierten darüber hinaus einmal wöchentlich eine gemeinschaftlich durchzuführende Freizeitaktivität für die Klienten der SBB „Alternative II“, um Impulse und Anregungen zu einer suchtmittelfreien Freizeitgestaltung zu geben und die Motivation zur eigenständigen Umsetzung zu
fördern. In diesem Zusammenhang wurden z. B. Museumsbesuche, Paddeln, Wanderungen, Fotospaziergang, Radtouren, Kinobesuche, die Weihnachtsfeier und ein Sommerfest geplant und durchgeführt.
Zur bedarfsgerechten Modifikation und Erweiterung konnte bis 31.08.2016 eine Förderung für ein gezieltes Angebot zur Arbeitserprobung und Stabilisierung an zum Ausstieg motivierte crystalabhängige
Menschen ermöglicht werden. Das „Crystal-Projekt“ wurde in das Gesamtkonzept der SBB „Alternative
II“ integriert. Das Projekt setzte sich aus zwei Teilgruppen zusammen, die aus vier Anleitern und zwölf
Projektteilnehmer/-innen bestand. Im Ergebnis konnten u. a. Teilnehmende aus der Gruppe der Anleiter/-innen in Ausbildung, Tätigkeiten auf dem 1. Arbeitsmarkt bzw. in sozialversicherungspflichtige
Maßnahmen des Jobcenters vermittelt werden.
Auf Grund der hohen Akzeptanz seitens der Zielgruppe und der nachgewiesenen Wirksamkeit wurde
die Fortführung der Finanzierung des Projektes bereits beantragt.
65
4.3.3 Beschäftigungsprojekte der SZL Suchtzentrum gGmbH
Die Beschäftigungsprojekte der SZL Suchtzentrum gGmbH (Handwerkliche Dienste, Reinigung, Wäscherei, Küche, Fahrdienst, Arbeitsprojektes S.W.I.N.G.) unterstützten ehemalige abhängige Menschen, die den Ausstieg geschafft haben und abstinent leben bei ihrem Ziel, ein geregeltes Leben zu
führen und zu arbeiten. Diese sind großteils entweder als ehrenamtliche Helfer/-innen bzw. als Mitarbeiter/-innen mit Teilzeitverträgen oder auf Zuverdienstbasis beschäftigt.
Tabelle 26: Beschäftigung SZL Suchtzentrum gGmbH
Gesamtbeschäftigte
2012
2013
2014
2015
2016
Alle Küchenprojekte
41
43
45
57
57
Handwerkliche Hilfsdienste
12
15
14
44
gesamt*:
Reinigung
12
12
13
21
74
Wäscheprojekt
4
4
4
5
7
Fahrdienst
2
2
2
2
2
Quelle: SZL Suchtzentrum gGmbH, 2017
* Wertung für 2016: Handwerkliche HD und Reinigung zusammen genommen.
Die Beschäftigungsprojekte wurden über eine Mischfinanzierung aus Eigenmitteln der SZL Suchtzentrum gGmbH, externen Aufträgen sowie einer Förderung der „Aktion Mensch“ finanziert und konnten
sogar ausgebaut werden.
Die Arbeitsbereiche kooperieren eng mit den sozialen Projekten. So haben Teilnehmer/-innen der Beschäftigungsprojekte 2016 das erste Mal die handwerkliche Versorgung der Wohngemeinschaften sichergestellt. Erfolg dieser Zusammenarbeit war ein im ersten Halbjahr 2016 stetig ansteigendes Auftragsvolumen und die Akquise mehrerer externer Aufträge in den Bereichen Reinigung und Wäscherei. Damit konnten u. a. vier befristete Stellen neu geschaffen bzw. erweitert werden.
Abbildung 20: Beschäftigte im Jahresvergleich
80
74
70
65
57
60
50
Küchenprojekt
Handwerkliche
Dienste/Reinigung
Wäscheprojekt
Fahrdienst
45
43
41
57
40
30
27
24
27
20
10
4 2
4 2
4 2
5
7
2
2
0
2012
2013
2014
Quelle: SZL Suchtzentrum gGmbH, 2017
66
2015
2016
5 Repression
Repression hat zum Ziel suchtgefährdendes Verhalten zu verhindern. Das Ordnungsamt der Stadt
Leipzig gewährleistet als zentrale Bußgeld- und Fahrerlaubnisbehörde Kontrollen zur Einhaltung der
gesetzlichen Bestimmungen im Bereich allgemeiner Verbote und Angebotsreduzierung. Daneben hat
der Polizeivollzugsdienst die Aufgabe der Kontrolle der Einhaltung der Gefahrenabwehr und strafrechtlicher Bestimmungen. Ein abgestimmtes Tätigwerden und eine gute Vernetzung dieser Akteure mit
dem Bereich der Suchtprävention ist Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung der Sucht- und Drogenpolitik.
5.1 Maßnahmen des Ordnungsamtes der Stadt Leipzig
Durch die in den letzten zwei Jahren veränderten örtlichen Infrastrukturbedingungen, insbesondere die
hohe Anzahl von rekonstruierten und bebauten Grundstücken, gab es weniger „Rückzugsgebiete für
Betäubungsmittel-Konsumenten“ und damit eine zunehmende Verlagerung in den öffentlichen Raum.
Ein Hauptansatz repressiver Maßnahmen besteht in der Verhinderung einer offenen Rauschgiftszene
in Leipzig. Zu den Schwerpunkten dieses repressiven Handelns zählt vor allem der innere Leipziger
Osten gehört. Verstärkte Kontrolldruck bestand besonders im Kreuzungsbereich Eisenbahn-/Ecke
Hermann-Liebmann-Straße, im Bereich Koehlerstraße/Marcusgemeinde sowie im Rabet und in der
Konstantinstraße/Elsapark.
Im Jahr 2016 wurden allein durch das Ordnungsamt, Sachgebiet Operativ 2.551 Stunden für präventive und repressive Maßnahmen zu diesem Thema aufgebracht.
Es gab eine deutlich erhöhte Präsenz der Ordnungskräfte und einen verstärkten Verfolgungsdruck in
den Parkanlagen, in der Nähe von öffentlichen Einrichtungen wie Schulen und Kitas. Ein koordiniertes
Handeln der Außendienstkräfte verschiedener Ämter und Behörden (Ordnungsamt, Amt für Stadtgrün
und Gewässer, Amt für Jugend, Familie und Bildung, Stadtreinigung Leipzig, Mobile Alternative) ist unentbehrlich. Die Abstimmung wurde durch die Erstellung eines Begehungsplanes der Gebiete durch
die verschiedenen Bereiche sicher gestellt. Ziel dieser „ständigen“ Präsenz ist es, der Verfestigung einer offenen Szene entgegenzuwirken. Das hat aber auch zur Folge, dass es ständig zu lokalen Verschiebungen dieser Szene in Leipzig kommt.
Trotz intensiver Begehungen und Reinigungen, besonders der vorgenannten gefährdeten Bereiche,ist
eine Entspannung nur bedingt spürbar.Die Bereitstellung eines Spritzenentsorgungsbehälters schaffte
Entspannung am Standort. Über die Mitglieder des Aktionsbündnis Leipziger Osten wird geprüft, welche weiteren Standorte sich anbieten.
Um ein Bild der angemessenen Sauberkeit zu erreichen, sind die Reinigungsmaßnahmen der Teilnehmer/-innen am geförderten Sauberkeitsprojekt "Blau-Gelbe Engel" (Förderform Arbeitsgelegenheit mit
Mehraufwandsentschädigung - AGH-MAE) und dem "Sauberkeitsprojekt50" (in der Förderform "Förderung von Arbeitsverhältnissen" - FAV) unter Berücksichtigung der jeweiligen Förderbedingungen ein
wirkungsvolles und bewährtes Instrument.
Im Rahmen des Qualitätszirkels „Erwachsenenstreetwork“ finden unter Leitung der Suchtbeauftragten
regelmäßig Arbeitstreffen mit Vertreter/-innen der Polizeidirektion Leipzig, des Sozialamtes, den
Streetworkprojekten der Stadt und freier Träger, dem Ordnungsamt und dem Amt für Stadtsanierung
und Wohnungsbauförderung statt. Der Stadtordnungsdienst bringt sich aktiv in diese Arbeit ein und
pflegt regelmäßig Kontakt zu den Streetworkern. Die Qualitätszirkel arbeiten sehr erfolgreich.
67
Tabelle 27: Repressive Maßnahmen des Ordnungsamtes 2016
Anzahl
Vorgang/Sachverhalt/Maßnahmen
24
Kontrollen zu leerstehenden Grundstücken
9
offene Gebäude
8
Anordnungen von Auflagen an Eigentümer
7
Sicherungsmaßnahmen an den Gebäuden; Abfallberäumungen durch Eigentümer nach Aufforderung durchgeführt
7
von Grundstücken durch Eigentümer
0
Ersatzvornahmen
720
Spritzenfunde im gesamten Stadtgebiet durch OA/KEE
51
Personenkontrollen/Identitätsfeststellungen
21
Platzverweise
2
zur Fahndung ausgeschriebene Personen
Quelle: Ordnungsamt der Stadt Leipzig, 2017
Maßnahmen gegen Beschaffungsprostitution
In Kooperation mit der Polizeidirektion Leipzig wurden Kontrollen zur Einhaltung der Sperrbezirksverordnung zum Schutz des öffentlichen Anstandes und der Jugend (Jugendschutzgesetz) sowie der Polizeiverordnung der Stadt Leipzig im Hinblick auf das Ansprechverbot zur Anbahnung der Prostitution
umgesetzt. Die Kontrollpräsenz im Bereich der Nordstraße und deren angrenzenden Straßen wurde
aufrecht erhalten. Die Kontrollen durch Kräfte der Inspektion Zentrale Dienste, des Polizeivollzugsdienstes der Polizeidirektion Leipzig, dem Polizeirevier Zentrum und des Ordnungsamtes zeigen positive Ergebnisse bzw. erzielten Wirkung.
Im Jahr 2016 wurden durch die Operativgruppe 2.742 Stunden für präventive und repressive Maßnahmen in diesem Themenfeld und zum Jugendschutz aufgebracht. 2016 wurden 15 Frauen (2015: 16)
im Alter zwischen 18 und 65 Jahren festgestellt, von denen über 90 % Drogenkonsumenten sind. Es
mussten 14 Platzverweise ausgesprochen werden.
Im Ergebnis der Kontrollen wurden 22 Verstöße zur Sperrbezirksverordnung der Stadt Leipzig festgestellt und 13 Vorgänge als Verstöße zum § 3 Polizeiverordnung der Stadt Leipzig (Ansprechverbot)
konsequent zur Anzeige gebracht.
Spezielle Jugendschutzaktivitäten
Durch die Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes werden Verkaufseinrichtungen und Standorte,
an denen sich Menschen treffen, um gemeinsam Alkohol zu konsumieren, regelmäßig kontrolliert.
Hauptaugenmerk sind hier der Jugendschutz und Verstöße gegen die Polizeiverordnung.
2016 war das Netz von Spielhallen und Spielecafés in Leipzig Schwerpunkt. In 700 Arbeitsstunden
wurden 51 Gewerbeobjekte durch das Sachgebiet Operativ kontrolliert. Neben technischen und gewerberechtlichen Feststellungen bestand ein Hauptaugenmerk auf den Schutzbestimmungen der §§ 4, 5,
6, 7, 9 ff. Jugendschutzgesetz. Hier wurden auch gemeinsame Kontrollen mit der Landesdirektion und
dem Finanzamt durchgeführt. Verstöße und festgestellte Mängel wurden bei der Bußgeldbehörde der
Stadt Leipzig zur Anzeige gebracht.
68
Das Ordnungsamt schöpft seine Möglichkeiten als Verfolgungsbehörde im Rahmen seiner Zuständigkeiten und den Drogenpolitischen Leitlinien der Stadt Leipzig aus. Es gewährleistet Kontrollen zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen im Bereich allgemeiner Verbote sowie zur Angebotsreduzierung (z. B. Nichtraucherschutzgesetz, Jugendschutzgesetz) und stellt den Informationsaustausch mit
anderen Verfolgungsbehörden wie Bundes- und Landespolizei oder Zoll sicher.
Suchterkrankungen, Drogenkonsum und deren Begleiterscheinungen bleiben eine Herausforderung in
der repressiven wie auch angebotsorientierten Arbeit an bzw. mit Betäubungsmittelkonsumenten. Veränderte Konsummuster und veränderte Substanzen müssen in der Diskussion der Hilfemaßnahmen
zu neuen Ansätzen und Lösungen in der Drogenproblematik berücksichtigt werden.
Die Arbeit basiert auf dem vertrauensvollen und koordinierten Zusammenwirken von Polizei, Ordnungsamt, Suchtberatungsstellen und Amt für Jugend, Familie und Bildung. Auch die die stärkere Einbindung des Kommunalen Präventionsrates Leipzig (KPR) hat sich in den letzten zwei Jahren sehr positiv ausgewirkt.
Beim KPR handelt es sich nicht um eine Organisationseinheit, sondern um ein Netzwerk, in dem fallund situationsbezogen die ressort-, ämterübergreifende und interdisziplinäre Zusammenarbeit - unter
Einbindung der Bürger, Vereine etc. - auf der Agenda steht. Dadurch können Maßnahmen infolge neu
erkannter Schwerpunkte schneller innerhalb der Stadtverwaltung bzw. zwischen der Stadtverwaltung
und der Polizeidirektion Leipzig koordiniert und abgestimmt werden.
Fahrerlaubnisbehörde
Die Fahrerlaubnisbehörde der Stadt Leipzig wurde im Jahr 2016 entsprechend den gesetzlich vorgeschriebenen Mitteilungspflichten von Polizei, Staatsanwaltschaften und dem Kraftfahrt-Bundesamt in
626 Fällen über Betäubungsmitteldelikte informiert. Ursachen für den Fallzahlenanstieg sind die noch
immer wirkenden Änderungen der gesetzlichen Regelungen aus dem Jahr 2014, wonach das Kraftfahrt-Bundesamt verpflichtet ist, den Fahrerlaubnisbehörden alle Entscheidungen zu Verstößen gegen
das Betäubungsmittelgesetz mitzuteilen.
Die Mitteilungen zu Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sind gegenüber dem Vorjahren
deutlich angestiegen und haben sich seit 2011 mehr als verdoppelt. Im Jahr 2016 betrafen 383 dieser
Mitteilungen Inhaber einer Fahrerlaubnis. Das entspricht 61 % aller mitgeteilten Zuwiderhandlungen
mit Betäubungsmitteln und führte nach festgestelltem Besitz sogenannter harter Drogen und dem Konsum von Cannabis in 22,4 % der Fälle zu insgesamt 140 Anordnungen von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten. Gegenüber dem Jahr 2011 hat sich diese Zahl fast verdreifacht.
243 Mitteilungen führten zu keiner fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahme, weil entweder kein Zusammenhang zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeuges und einem Cannabiskonsum bestand oder lediglich der Besitz von Cannabis festgestellt wurde.
Bei nachgewiesener Einnahme sogenannter harter Drogen erfolgte in 113 Fällen, also in 18 % aller
Mitteilungen, ohne die vorherige Anordnung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis. Dies entspricht annähernd der Fallzahl des Jahres
2015.
Ein Vergleich der Fallzahlen der letzten sechs Jahre ist aus der nachfolgenden Darstellung ersichtlich:
69
Abbildung 21: Mitteilungen zu Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und Maßnahmen
700
600
626
570
500
498
497
400
376
300
285
200
100
0
49
75 84
75
2011
2012
74
2013
97
114
66
2014
88
110
2015
140
113
2016
Anzahl der eingegangenen Mitteilungen der Polizei
Anzahl der eingeleiteten Verfahren (Gutachten)
Anzahl der Fahrerlaubnisentziehungen
Quelle: Ordnungsamt der Stadt Leipzig, 2017
Zentrale Bußgeldbehörde
In der Zentralen Bußgeldbehörde wurden im Jahr 2016 341 Anzeigen zu Fahren unter Alkohol bzw.
Betäubungsmitteln bearbeitet. 122 Verstöße entfielen dabei auf das Führen eines Fahrzeuges unter
Alkoholeinfluss und 219 auf das Führen eines Fahrzeuges unter Einfluss von Betäubungsmitteln.
Der Zentralen Bußgeldbehörde lagen im Jahr 2016 acht Anzeigen zu Ordnungswidrigkeiten gegen
Freier wegen der Kontaktaufnahme zur Vereinbarung sexueller Handlungen gegen Entgelt vor. In fünf
Fällen erfolgten Anzeigen wegen der Ausübung der Prostitution im Sperrgebiet. Im Rahmen der Anzeigenbearbeitung dieser 13 Vorgänge wurden bisher acht Bußgeldbescheide erlassen, die rechtskräftig
sind.
70
Abbildung 22: Anzeigen wegen Fahrens unter Alkohol oder Betäubungsmittel im Jahresvergleich
400
350
300
66
250
96
200
150
168
219
Fahrer unter BtM
128
Fahren unter
Alkohol
273
100
175
169
2013
2014
50
109
122
2015
2016
0
2012
Quelle: Ordnungsamt der Stadt Leipzig, 2017
71
6 Rauschgiftlagebild der Polizeidirektion Leipzig 2015
Am 20. März 2017 wurde die Polizeiliche Kriminalstatistik 2016 für Sachsen vorgestellt. Der Jahresüberblick 2016 steht im Internet als Download zur Verfügung (https://www.polizei.sachsen.de/de/dokumente/LKA/PKS-JahresXberblick2016ohneVS.pdf). Das nachstehende Kapitel wurde durch die Polizeidirektion Leipzig primär für die Situation in der Stadt Leipzig erstellt.
6.1 Rauschgiftkriminalität
Im Bereich der Polizeidirektion Leipzig ist ein deutlich steigendes Niveau der Rauschgiftdelikte zu verzeichnen. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) sind im Jahr 2016 im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Leipzig 2.452 Delikte (2015: 2.112 Fälle) erfasst worden. Von den registrierten Fällen wurden 2.218 mit insgesamt 2.079 Tatverdächtigen aufgeklärt. Die Aufklärungsquote sank auf 90,5 %
(2015: 93,7 %).
Der Anteil der Rauschgiftdelikte an der Gesamtkriminalität lag 2016 mit 2,1 % genau so hoch wie im
Vorjahr. Allerdings ist die Gesamtkriminalität um 15,8 % angestiegen; ein Anstieg, der sich auch im
Bereich der Rauschgift-Kriminalität fortsetzt. Es wurden 1.855 (2015:1.654 Fälle) allgemeine Verstöße
und 365 (2015: 251 Fälle) Straftaten des illegalen Handels/Schmuggels mit BtM erfasst.Die Anzahl der
Delikte des unerlaubten Handels/Schmuggels liegt absolut betrachtet auf einem Fünf-Jahres-Hoch.
Die Anzahl sonstiger Verstöße (z. B. illegaler Anbau, illegaler Handel/Besitz in nicht geringer Menge)
ist mit 232 Fällen gegenüber 2015 (207 Fälle) angestiegen.
Tabelle 28: Rauschgiftdelikte insgesamt und ihr prozentualer Anteil an der Gesamtkriminalität
PD Leipzig
gesamt
Anteil in %
Stadt Leipzig
gesamt
Anteil in %
LK Nordsachsen
gesamt
Anteil in %
LK Leipzig
gesamt
Anteil in %
2016
2.452
2,1
1.432
1,9
339
2,5
381
2,4
2015
2.112
2,1
1.432
1,9
313
2,6
367
2,3
Quelle: Polizeidirektion Leipzig, 2017
Tabelle 29: Aufgeklärte Fälle und Aufklärungsquoten im Jahresvergleich
PD Leipzig
Stadt Leipzig
LK Nordsachsen
aufgeklärt
AQ
aufgeklärt
AQ
2016
2.218
90,5
1.531
88,4
321
94,7
366
96,1
2015
1.978
93,7
1.329
92,8
297
94,9
352
95,9
Quelle: Polizeidirektion Leipzig, 2017
72
aufgeklärt
AQ
LK Leipzig
aufgeklärt
AQ
Der zahlenmäßig größte Anteil der Rauschgiftdelikte ist auf Fälle mit Cannabisprodukten und ihren Zubereitungen sowie Fälle mit Metamphetamin zurückzuführen. Delikte mit Heroin haben wieder zugenommen.Dieses Bild zeigt sich auch im Stadtgebiet Leipzig. Insgesamt kann eingeschätzt werden,
dass in der Stadt Leipzig Cannabisprodukte und Amphetamin (Crystal) weiterhin den Schwerpunkt darstellen. Die Feststellungen von Cannabisprodukten sind um 29,2 % gestiegen. Gleichfalls wurde ein
Anstieg von Straftaten mit Methamphetamin (10,5 %) und Amphetamin (10,3 %) registriert. Heroin
(58,5 %) und Kokain (34,5 %) gewinnen auch hier wieder zunehmend an Bedeutung.
Abbildung 23: Rauschgiftdelikte nach Substanzen in der Stadt Leipzig
Heroin; 103
Kokain; 39
Methamphetamin;
528
LSD; 2
Cannabis und
Zuber.;
849
Amphatamin;
64
Quelle: Polizeidirektion Leipzig, 2017
6.2 Beschaffungskriminalität
Unter dem Begriff Beschaffungskriminalität werden alle kriminellen Handlungen zum Erwerb oder zur
Finanzierung von Betäubungsmitteln zusammengefasst. Beschaffungskriminalität wird dem Deliktsbereich der Rauschmittelkriminalität zugeordnet. Dabei wird zwischen der direkten7 und der indirekten
Beschaffungskriminalität8 unterschieden.
In der Polizeilichen Kriminalstatistik sind 103 Delikte (2015: 96) der direkten Beschaffungskriminalität,
d. h. Diebstahl, Raub von Betäubungsmitteln, Rezeptformularen bzw. Rezeptfälschungen zuzuordnen.
Dies ist ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Fälle der indirekten Beschaffungskriminalität werden von
der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht als solche explizit erfasst und sind nur mit hohem Aufwand und
am Einzelfall darstellbar. Die Zahlen der gestellten Tatverdächtigen geben bei weitem nicht das gesamte Bild der Beschaffungskriminalität wieder, da die Polizeiliche Kriminalstatistik als Täter lediglich
die „Konsumenten harter Drogen“ erfasst, nicht jedoch die weiteren Täter mit Betäubungsmittel-Bezug
(z. B. Händler, Konsumenten). Ferner sind erfahrungsgemäß nicht alle Tatverdächtigen, welche Betäubungsmittelkonsumenten sind, auch tatsächlich als solche erkennbar und im polizeilichen Datensystem erfasst.
Jedoch ist grundlegend aufgrund polizeilichen Erfahrungswissens, insbesondere aus Vernehmungen
von Tatverdächtigen bekannt, dass Konsumenten harter Drogen ihre Sucht durch die Begehung von
7
8
Delikte, die zum direkten Erwerb von Betäubungsmitteln führen
Delikte, die die der Beschaffung von Geld oder Wertgegenständen dienen, um den anschließenden
Erwerb von Betäubungsmitteln finanzieren zu können
73
Delikten der Eigentumskriminalität wie Ladendiebstahl, Diebstahl in/aus Kfz, Fahrraddiebstahl, Wohnungseinbruch, Diebstahl von Betriebsstoffen und Buntmetallen sowie Raub oder auch Prostitution finanzieren.
Als Schwerpunkte indirekter Beschaffungskriminalität gelten im Stadtgebiet Leipzig Raub, Wohnungseinbruch und besonders schwerer Diebstahl an/aus Kraftfahrzeugen. Die Raubdelikte sowie die Wohnungseinbrüche bewegen sich auf einem gleichbleibend hohen Niveau. Nach wie vor ist die Belastung
der Polizeidirektion Leipzig mit Straftaten des besonders schwerer Diebstahls an/aus Kfz ebenfalls
hoch.
Einzelne Aussagen aus Vernehmungen geben Aufschluss auf die statistisch im Einzelnen nicht belegbaren Finanzierungsvarianten, der Verwendung barer und unbarer Eigenmittel, des Haus- und Familiendiebstahls, der Verwendung diverser Sozialleistungen sowie verschiedener Formen von Eigentumsund Vermögensdelikten. Schäden entstehen zunächst in privaten Gefügen, zunehmend in den staatlichen Sozialbereichen und letztlich durch Straftaten gegenüber Unbeteiligten.
Es kann davon ausgegangen werden, dass Konsumenten harter Drogen, welche chronisch stark abhängig sind, im Raum Leipzig unverändert 50 bis 80 Euro pro Tag benötigen, um den BtM-Erwerb zur
Befriedigung ihrer Sucht zu finanzieren. Aufgrund der ungenügenden finanziellen Ausstattung von Konsumenten harter Drogen im Raum Leipzig ist weiterhin davon auszugehen, dass dieser Bedarf in erster Linie durch die Begehung von Straftaten der indirekten Beschaffungskriminalität gedeckt wird. Der
direkte wirtschaftliche Schaden wird sehr hoch eingeschätzt, beachtet man, dass sich der Hehlpreis für
gestohlene Güter bei weit unter 50 % des Zeitwerts bewegt und daher entsprechende Mengen entwendet werden müssen, um ausreichend Geldwert zu erhalten, alternativ direkt Betäubungsmittel.
Zudem entstehen hohe Schadensummen durch die Beifügung von Personen- und Sachschäden zur
Erlangung des Gutes.
6.2.1 Fallentwicklung der Rauschgiftdelikte
Tabelle 30: Fallentwicklung Rauschgiftdelikte Polizeidirektion Leipzigim Jahresvergleich
Rauschgift-Delikte
Allgemeine Verstöße
Unerlaubter
Handel/Schmuggel
2012
2013
2014
2015
2016
2.199
2.203
2.663
2.112
2.452
1.754
1.717
2.034
1.654
1.855
267
285
303
251
365
Quelle: Polizeidirektion Leipzig, 2017
6.2.2 Sicherstellungsmengen
Bei der statistischen Erhebung der Einzelsicherstellungen ist zu beachten, dass bei einer polizeilichen
Maßnahme auch zeitgleich mehrere Betäubungsmittel sichergestellt und die Einzelsicherstellungen pro
Betäubungsmittelart erfasst werden.
74
Tabelle 31: Sicherstellungsmengen der Polizeidirektion Leipzig im Jahresvergleich
BtM
2012
2013
2014
2015
2016
Marihuana
18.440 g
64.027 g
30.566 g
25.000 g
91.791 g
Haschisch
361 g
0
0
0
0
Nicht erfasst
1.152
719
422
2.079
Heroin
449 g
3.001 g
195 g
382 g
203 g
Kokain
268 g
348 g
20.834 g
2.580 g
1.144 g
GHB
292 ml
897 ml
1.084 ml
920 ml
3.358 ml
Amphetamin
284 g
6.747 g
522 g
112.855 g
440 g
Crystal
2.350 g
6.048 g
6.489 g
3.254 g
3.824 g
Ecstasy
185 Stück
450 Stück
314 Stück
344.817 g
534 Stück
0
29
0
45.122
18
Pflanzen
LSD
Quelle: Polizeidirektion Leipzig, 2017
Die hohen Sicherstellungsmengen im Bereich der synthetischen Drogen und Haschisch im Jahr 2015
resultieren aus der Großsicherstellung im Ermittlungsverfahren „Shiny Flakes“.
Aus der nachfolgenden Tabelle ist die Anzahl der polizeilichen Maßnahmen in den einzelnen Revierbereichen in der Stadt Leipzig ersichtlich, bei denen Betäubungsmittel sichergestellt wurden. Weiterhin
sind auch die Anzahl der Sicherstellungen erfasst, die im Rahmen von Ermittlungsverfahren durch die
Kriminalpolizeiinspektion bearbeitet wurden.
Tabelle 32: Polizeiliche Maßnahmen der Leipziger Revierbereiche im Jahresvergleich
Anzahl der Maßnahmen mit BtM
Dienststellen
2013
2014
2015
2016
Kriminalpolizeiinspektion
318
291
202
330
PR9 Leipzig Nord
186
198
129
150
PR Leipzig SO
278
275
236
253
PR Leipzig SW
205
305
245
283
PR Leipzig Zentrum
295
392
278
60510
Quelle: Polizeidirektion Leipzig, 2017
9
10
Polizeirevier
Der Schwerpunkt der Rauschgiftkriminalität liegt im Bereich des Reviers Zentrum. In den Sicherstellungszahlen ab 2016 ist dieses jedoch gegenüber den Revieren des Ballungsraumes Leipzig
überrepräsentiert.
75
6.3 Tatverdächtigenstruktur
Den größten Anteil der Tatverdächtigen machen männliche Erwachsene aus. Im Stadtgebiet Leipzig
wurden aber auch fünf tatverdächtige Kinder erfasst, davon zwei männlichen und drei weiblichen Geschlechts. Allerdings muss davon ausgegangen werden, dass das Dunkelfeld vor allem auch im Bereich der Minderjährigen deutlich höher liegt. Indizien hierfür sind Aussagen aus verschiedenen Hilfebereichen und Untersuchungen. Aufgrund des Vorranges der Hilfeleistung und der Erziehung gegenüber Minderjährigen wird in einer Anzeige kaum ein wirksames, sondern gegenteilig wirkendes Mittel
gesehen. Insofern werden diesbezügliche Fälle äußerst selten bekannt.
Abbildung 24: Tatverdächtige nach Alter und Geschlecht
1200
1.034
1000
800
600
400
200
0
2
3
Kinder
82
142
138
28
Jugendliche
männlich
15
Heranwachsende
Erwachsene
weiblich
Quelle: Polizeidirektion Leipzig, 2017
6.4 Rauschgifttote
2016 wurden zwölf Rauschgift-Todesfälle im PD-Bereich bekannt, davon elf Fälle in der Stadt Leipzig
und einer in Oschatz.
Sieben Menschen verstarben in Folge einer Heroinintoxikation, ein Todesfall ist auf eine Intoxikation
nach Mischkonsum synthetischer Cannabinoide (Kräutermischung) und Alkohol zurückzuführen. Desweiteren verstarben zwei Menschen nach Unfallgeschehen (einmal im Zusammenhang mit Cannabiskonsum und einmal mit Crystalkonsum). Zwei Menschen verübten Suizid.
6.5 Räumliche Schwerpunkte
Der illegale Handel und Erwerb/Besitz von Betäubungsmittel und die damit verbundene Begleitkriminalität stellen weiterhin zentrale Schwerpunkte der Kriminalität im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Leipzig dar. Betäubungsmittel werden flächendeckend in der kreisfreien Stadt Leipzig und
im Umland angeboten und konsumiert.Die nachfolgend beschriebenen Schwerpunkte der Rauschgiftkriminalität resultieren aus den Ergebnissen der schwerpunktorientierten Kontrolldichte für das Stadtgebiet Leipzig.
76
Strafbare Handlungen nach dem BtMG wie der Handel und Konsum finden grundsätzlich an vielen Örtlichkeiten statt. Schwerpunkte sind dabei Diskotheken, Partymeilen und Wohnungen ebenso wie Parkanlagen, Magistralen, Gewerbegebiete oder infrastrukturelle Knotenpunkte.
Die nachfolgend beschriebenen Schwerpunkte der Rauschgiftkriminalität resultieren aus den Ergebnissen der schwerpunktorientierten Kontrolldichte für das Stadtgebiet Leipzig.
Im Bereich des Leipziger Hauptbahnhofes besteht auf Grund der günstigen Verkehrsanbindung und
der Nähe zur Innenstadt eine teils offene Anbieterszene in unübersichtlichen und schlecht einsehbaren
Bereichen, insbesondere dem Schwanenteich und dem Bereich um das Wintergartenhochhaus.
Durch gezielte Observationsmaßnahmen im Umfeld der Spielothek „Fairplay“ wurde festgestellt, dass
nichtdeutsche Tatverdächtige Betäubungsmittel an Personen offen verkauften. Bei nachfolgenden
Kontrollen konnten in mehreren Fällen bei den Abnehmern und Verkäufern Betäubungsmittel sichergestellt werden. Dabei nutzen Händler von Betäubungsmitteln auch Verstecke im Freien. Vor diesem
Hintergrund wird auf die regelmäßige Zusammenarbeit zwischen der Polizeidirektion Leipzig und der
Stadt Leipzig verwiesen. So standen insbesondere das Revier Leipzig-Zentrum im engen Kontakt mit
dem Amt für Stadtgrün und Gewässer. Ziel war es, die Beleuchtung um den Bereich des Schwanenteiches zu verbessern und die Beschneidung der Gehölze vorzunehmen, um Versteckmöglichkeiten zu
minimieren.
Ein weiterer örtlicher Schwerpunkt der Rauschgiftkriminalität, insbesondere des Handels mit Heroin
und Crystal, ist nach wie vor der Bereich in und um die Eisenbahnstraße in der Stadt Leipzig. Um in
diesem Bereich die offene Anbieterszene weiterhin wirksam und nachhaltig einzudämmen bzw. zu zerschlagen, führte die Polizeidirektion Leipzig mit Unterstützung verschiedener Einheiten der Polizei zahlreiche präventive und repressive Maßnahmen durch.
Für den Bereich des „Rabet“ ist eine Etablierung verschiedener Formen der Rauschgiftkriminalität bis
hin zu den damit einhergehenden Problemen der Ordnung und Sauberkeit festzustellen. Allein der
Standort der Sozialarbeiter/-innen der Streetworker kann dies perspektivisch nicht verbessern. Um den
Beschwerden der Anwohner/-innen mit Besserungen nachzukommen, wurde die polizeiliche Kontrolltätigkeit in diesem Bereich mit gleicher Intensität fortgesetzt.
Die in der Vergangenheit wiederholt aufgeworfene Frage der Verunreinigungen durch weggeworfene
Spritzen muss auf ihre Ursache hin betrachtet werden. In den letzten Jahren hat die Anzahl der Spritzenfunde kontinuierlich zugenommen. Das indiziert einen deutlichen Handlungsbedarf. Die Polizeidirektion empfiehlt, dass die verschiedenen Beratungsangebote Spritzen einsetzen, welche farblich gekennzeichnet sind und dadurch eindeutig den einzelnen Projekten/Standorten zugeordnet werden können. Darüber ließe sich erkennen, ob die gefundenen Spritzen aus Tauschprogrammen oder aus einem anderem Bezug stammen, um entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
6.6 Handelsdelikte
6.6.1 Täterstrukturen
In der Stadt Leipzig sowie in den Landkreisen Leipziger Land und Nordsachsen agieren Tätergruppierungen verschiedener Nationalitäten. Im Bereich Hauptbahnhof-Schwanenteich bieten oft nichtdeutsche Tatverdächtige, vorwiegend tunesische Staatsangehörige, Cannabisprodukte an. Bei polizeilichen
Maßnahmen werden regelmäßig bei Personen bzw. in angelegten Depots Marihuana und Haschisch
festgestellt. Im Jahr 2016 wurden im Kommissariat 22 insgesamt 41 Haftsachen bearbeitet (in 20 Fällen gegen Tunesier), im Jahr zuvor waren es 23 Haftakten.
77
Neben deutschen Gruppierungen gibt es eine Vielzahl Personen anderer Nationalitäten (Albaner, Serben, Türken, Iraker, Russen), die mit allen Betäubungsmitteln Handel treiben.
6.6.2 Tendenzen der Rauschgiftkriminalität
Auffallend ist die Verflechtung der Rauschgiftkriminalität mit anderen Phänomenbereichen wie
Raubstraftaten, Bedrohungen und Erpressungen, Eigentumskriminalität, Körperverletzungen, Tötungsdelikte, die über die bekannte Beschaffungskriminalität hinausgeht.
Neben den Verfahren mittels Cannabisprodukten spielen die Delikte mittels Methamphetamin (Crystal)
eine wachsende Rolle. Das im örtlichen Zuständigkeitsbereich der PD Leipzig angebotene Crystal
stammt vorwiegend aus Tschechien. Crystal gelangt durch so genannten Ameisenhandel nach Leipzig.
Das Phänomen des Vertriebs von Betäubungsmitteln über das Internet und der Versand von Betäubungsmitteln auf dem Postweg sind im Ansteigen begriffen. Es werden vorwiegend Portale im TORNetzwerk genutzt. Ermittlungen bezüglich der Betreiber gestalten sich schwierig. Die Bezahlung wird in
der Regel über die Internetwährung „Bitcoin11“ abgewickelt.
6.7 Verkehrsgeschehen
Im Jahr 2016 wurden im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Leipzig insgesamt 912 toxikologische Gutachten zu Blutuntersuchungen zum Nachweis von Betäubungsmitteln registriert, welche anlässlich eines Verkehrsgeschehens beantragt wurden. Der Nachweis von Betäubungsmitteln war in
753 Fällen positiv. Von den 912 Blutuntersuchungen wurden 774 wegen eines Verkehrsgeschehens
beantragt. Davon hatten 670 ein positives Ergebnis, was 86,56 % entspricht. 12
Bei 101 Verkehrsunfällen wurden 77 positive Gutachten (76,23 %) erstellt. In 665 Fällen handelte es
sich beim Fahrzeugführer um eine männliche und in 109 Fällen um eine weibliche Person. Im überwiegendem Teil spielten Crystal und Cannabis eine Rolle.
Die Altersstruktur bewegt sich zwischen 13 und 65 Jahren. In 211 der positiv begutachteten 753 Fällen
(28,02 %) lag Mischkonsum vor.
Kontrollaktivitäten im Rahmen der verkehrspolizeilichen Aufgaben stellen ein wirksames und niederschwelliges Mittel zur Aufklärung dar. Demnach soll nicht nur der Besitz von BtM ermittelt werden. In
Einzelfällen ergeben sich mitunter auch Hinweise auf den Handel und Schmuggel von Betäubungsmitteln. Zudem wird durch weitere Maßnahmen ein wesentlicher Beitrag zur Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit geleistet.
11
12
78
digitale Geldeinheit
Zur Erläuterung: Bei Verdacht wird vor Ort mit einem Vortest geprüft, ob der/die Verkehrsteilnehmer/-in BtM konsumiert haben könnte. Reagiert der Vortest positiv, ist dies ein Indiz für Fahren unter BtM. Anschließend erfolgt die Blutentnahme und damit verbunden das Erstellen eines Gutachtens. Dies wiederum kann negativ ausfallen, weil kein BtM im Blut nachgewiesen wurde oder der
Wert unter den Grenzbereich fällt. Ausgehend von 912 Gutachten wurden diese in 774 Fällen aufgrund eines Verkehrsgeschehens beantragt, wovon tatsächlich in 670 Fällen BtM im Blut nachgewiesen werden konnte.
6.8 Gremienarbeit
Die Polizeidirektion Leipzig steht im regelmäßigen Fachaustausch intern, mit anderen Behörden und
Institutionen sowie mit freien Trägern.
In folgenden Gremien und Arbeitskreisen mit Bezug auf das Thema Sucht und Betäubungsmittel der
Stadt Leipzig arbeiten Vertreter/-innen der PD Leipzig mit:
• Drogenbeirat (sechs Mal/Jahr)
• Drogenrapport (monatlich)
• AK Suchtprävention (quartalsweise)
• AK Leipziger Osten (aller zwei Monate)
• Qualitätszirkel Erwachsenenstreetwork (quartalsweise)
6.9 Handlungskonzepte
Die Polizeidirektion Leipzig verfolgt weiterhin langfristig das Ziel, einer Ausweitung der Anbieter- und
Konsumentenszene illegaler Betäubungsmittel durch permanenten Einsatz entgegenzuwirken. Durch
einen angemessen hohen Verfolgungsdruck sollen der Handel und der Konsum von Betäubungsmitteln im öffentlichen Raum, insbesondere an den Verkehrsknotenpunkten der PD Leipzig, der Leipziger
Innenstadt, im Umfeld von Bildungseinrichtungen, in Wohngebieten sowie an bedeutenden touristischen Zielen konsequent unterbunden werden. Die Verhinderung einer offenen Rauschgiftkonsumentenszene mit nachteiligen ordnungs- und sicherheitsbeeinträchtigenden Auswirkungen bleibt eine
Schwerpunktaufgabe. Hierfür werden kontinuierlich die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft.
Die Durchführung entsprechender Kontrolltätigkeit wird von ausreichender Informationsvermittlung,
Fachschulung und Arbeitsunterstützung sowie allgemeiner Aufklärung der Mitarbeiter/-innen motiviert
(Kontrolldelikt). Besonderes Augenmerk wird auf die notwendige Transparenz und Vermittlung gelegt.
Hierzu dienen Teilnahmen an externen Fortbildungsmaßnahmen, Fachtagungen, regelmäßige Sachbearbeiterschulungen und die allgemeine bzw. integrierte Fortbildung der Mitarbeiter/-innen des Polizeivollzugsdienstes.
Der wahrscheinlichen Zunahme der Beschaffungskriminalität muss durch kontinuierliche Präventionsmaßnahmen entgegengewirkt werden, um günstige Tatgelegenheiten zu minimieren. Vor allem in diesem Punkt ist eine Netzwerkarbeit mit themenbetrauten Einrichtungen grundlegend. So beteiligt sich
die Polizeidirektion Leipzig am Projekt „Sicheres Handwerk“ für mehr Eigentumsschutz und zur Gewährleistung eines sicheren Wirtschaftsstandortes.
Das Konzept des Maßnahmenbündels von strafprozessualen und gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen stellt auch in Zukunft einen ganzheitlichen Arbeitsansatz dar. Dieses Konzept wurde auch
2016 fortgeführt. Neben der Verhinderung einer offenen Konsumentenszene im Stadtgebiet sowie einem Entgegenwirken einer massiven Ausweitung des Phänomens Crystal ist es wichtig, sowohl intern
als auch extern sachgerechte und kontinuierliche Aufklärungsarbeit zu den Themen Sucht und Betäubungsmittel zu betreiben und dies gemeinsam mit anderen Verantwortlichen.
Da prognostisch festzustellen bleibt, dass die Stadt Leipzig auch in Zukunft durch Straftaten der
Rauschgiftkriminalität belastet sein wird, werden die bisherigen Anstrengungen mindestens gleichbleibend notwendig sein. Es kann sogar eher von einer Zunahme des BtM-Aufkommens ausgegangen
werden, welche sich primär aus der Verbreitung der Droge Crystal und folgender Erscheinungen, auch
i. V. m. anderen Betäubungsmitteln sowie Arzneimitteln, ergibt.
79
Die Polizeidirektion Leipzig verfolgt die weitere konsequente Umsetzung der Bekämpfungskonzeption
Crystal, um das politische Handeln entsprechend der aktuell schnellen Entwicklung der Betäubungskriminalität kontinuierlich auszurichten.
6.10 Prognosen und Maßnahmebedarf
Insgesamt ist von einer Zunahme der Rauschgiftkriminalität und einem steigenden Umfang der hier
anfallenden Aufgaben auszugehen. Maßgeblich für die strategische Ausrichtung der Bekämpfung der
Betäubungsmittelkriminalität im Bereich der PD Leipzig sind insbesondere
• 10-Punkte-Plan der Sächsischen Staatsregierung
• Bekämpfungskonzeption Crystal
• Konzeption zur Neuausrichtung der polizeilichen Prävention
• Drogenpolitische Leitlinien der Stadt Leipzig
Folgende Maßnahmen dienen der Umsetzung des langfristigen Ziels, einer Ausweitung der BtM-Händler- und -Konsumentenszene dauerhaft entgegenzuwirken:
• Interner und externer Fachaustausch auf Leitungs- und Arbeitsebene
• Effiziente und optimierte Kontroll- und Ermittlungsmaßnahmen
• Bedarfsorientierte Fortbildungen von Einsatzbeamten
• Ausbau und Pflege der Wissensangebote zum Thema Drogen
• Modifizierung und Verwendung des Flyers „Hilfe für Erstkonsumenten“
• Fortführung der polizeilichen Drogenprävention
80
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:Themen der Leipziger Reihe 2016
12
Tabelle 2: Projekten an Schulen in Leipzig
17
Tabelle 3: Veranstaltungen 2016
23
Tabelle 4: Entwicklung der Klientenzahlen 2012 bis 2016 (absolut)
29
Tabelle 5: Herkunft der Klienten
34
Tabelle 6: Substitution
35
Tabelle 7: Betreute Klienten nach Alter und Geschlecht
37
Tabelle 8: Veranstaltungsübersicht der Jugendberatung DRAHTSEIL
38
Tabelle 9: Anzahl der Beratungen in der Drogensprechstunde
38
Tabelle 10: Aufnahmen auf der Station TSI, absolute Häufigkeiten, 2016
40
Tabelle 11: Aufnahmen Park-Klinikum, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
41
Tabelle 12: Aufnahmen im Park-Klinikum, Abteilung Rehabilitation
41
Tabelle 13: Aufnahmen im Park-Klinikum, Bereich Adaption
42
Tabelle 14: Stationäre Aufnahmen Krankenhaus Altscherbitz, 2016
43
Tabelle 15: Aufnahmen in der Klinik für Forensische Psychiatrie, 2016
43
Tabelle 16: Anzahl der aktuell betreuten Patienten nach Hauptsubstanzen in der Forensischen Institutsambulanz (FIA)
44
Tabelle 17: Anzahl aller Patienten der Forensischen Institutsambulanz (FIA) – Stichtag 31.01.2017 im
Vgl. Stichtag 31.01.2016)
44
Tabelle 18: Anzahl der aktuell betreuten Patienten nach Wohnort
45
Tabelle 19 Zentrale Daten der „Mobilen Alternative I“
46
Tabelle 20: Betreute Personen nach gesetzlicher Grundlage in absoluten Zahlen
57
Tabelle 21: Betreuungsgrund nach Suchtmittel/Diagnostik (Mehrfachnennungen möglich)
57
Tabelle 22: Nutzung tagesstrukturierender Angebote
57
Tabelle 23: Betreuungsverlauf
57
Tabelle 24 : Sozial- und Leistungsdaten des Wohnprojektes „Domizil“
60
Tabelle: 25 Vermittlungen aus dem Übernachtungshaus in suchtspezifische Wohnangebote
62
Tabelle 26: Beschäftigung SZL Suchtzentrum gGmbH
66
Tabelle 27: Repressive Maßnahmen des Ordnungsamtes 2016
68
Tabelle 28: Rauschgiftdelikte insgesamt und ihr prozentualer Anteil an der Gesamtkriminalität
72
Tabelle 29: Aufgeklärte Fälle und Aufklärungsquoten im Jahresvergleich
72
Tabelle 30: Fallentwicklung Rauschgiftdelikte Polizeidirektion Leipzig im Jahresvergleich
74
Tabelle 31: Sicherstellungsmengen der Polizeidirektion Leipzig im Jahresvergleich
75
Tabelle 32: Polizeiliche Maßnahmen der Leipziger Revierbereiche im Jahresvergleich
75
81
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Projekte im Bereich erzieherischer Kinder- und Jugendschutz nach Themenkategorien
Abbildung 2: Anzahl der Teilnehmenden nach Themenkategorien und Nutzergruppen
Abbildung 3: geschulte Multiplikatoren nach Themenkategorien
Abbildung 4: Projekte im Rahmen der Suchtprävention nach Schulformen
Abbildung 5: Verteilung der primär konsumierten Substanzen bei Klienten mit Suchthintergrund
Abbildung 6: Betreuungszahlen 2012 bis 2016
Abbildung 7: Hauptproblembereiche der Klienten, bezogen auf alle selbst Betroffenen, 2016
Abbildung 8: Altersverteilung der Alkohol- und Drogenklienten
Abbildung 9: Klienten mit Alkoholabhängigkeit nach Alter und Geschlecht
Abbildung 10: Klienten mit Stimulanzienabhängigkeit nach Alter und Geschlecht
Abbildung 11: Klienten mit Opioidabhängigkeit nach Alter und Geschlecht
Abbildung 12: Berufliche Situation
Abbildung 13: Kontakthäufigkeit nach Schwerpunktgebieten im Jahresvergleich
Abbildung 14: Kontakte zu politoxikoman konsumierenden Menschen in 2016
Abbildung 15: Betreute Familien im Rahmen HzE (Fallmanagement)
Abbildung 16: Betreute Familien im Eingangsmanagement
Abbildung 17: Gesamtzahl der betreuten Personen im Jahresvergleich
Abbildung 18: Altersstruktur der betreuten Personen im Jahresvergleich
Abbildung 19 Anteil wohnungsloser Klienten mit Doppeldiagnosen im Übernachtungshaus
Abbildung 20: Beschäftigte im Jahresvergleich
Abbildung 21: Mitteilungen zu Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und Maßnahmen
Abbildung 22: Anzeigen wegen Fahrens unter Alkohol oder Betäubungsmittel im Jahresvergleich
Abbildung 23: Rauschgiftdelikte nach Substanzen in der Stadt Leipzig
Abbildung 24: Tatverdächtige nach Alter und Geschlecht
82
14
14
15
19
25
28
30
31
32
32
33
33
48
49
54
54
55
56
63
66
70
71
73
76
83
84
Prüfkatalog
Prüfung der Übereinstimmung mit dem strategischen Ziel: Schaffung von Rahmenbedingungen für den Erhalt bzw.
die Neuschaffung von Arbeitsplätzen
Wenn relevant angekreuzt wurde, dann bitte alle folgenden Indikatoren bewerten:
verbessert
gesichert
verschlechtert
Begründung
keine
in Vorlage
Auswirkung
1
Seite
1 Arbeitsplatzsituation
☐
☐
☐
☒
2 Ausbildungsplatzsituation
☐
☐
☐
☒
3 finanzielle Situation der
Unternehmen: sie wird
durch städtische
Entscheidung (z. B. zu
Steuern, Gebühren,
Preisen für Gas-WasserStrom)
☐
☐
☐
☒
negative
Auswirkung
keine
Auswirkung
4 Bedeutung des
Vorhabens für
wirtschaftliche
Entwicklung
positive Auswirkung
☐ hoch ☐ mittel
☐ niedrig
☐
☒
private Mittel
Drittmittel/
Fördermittel
finanzielle
Folgewirkungen
für die Stadt
keine
Auswirkung
☐ ja
☐ ja
☐ ja
5 Finanzierung
tadt Leipzig
1.15/016/01.12
1
☐ nein
☐ nein
) Das Ausfüllen der Seitenangabe ist dem Einreicher freigestellt.
☐ nein ☒
Prüfkatalog
Prüfung der Übereinstimmung mit dem strategischen Ziel: Schaffung von Rahmenbedingungen für eine
ausgeglichenere Altersstruktur. Das Handeln der Stadt richtet sich auf Kinder, Jugendliche und Familien
mit Kindern aus.
Wenn relevant angekreuzt wurde, dann bitte alle folgenden Indikatoren bewerten:
Indikatoren
verbessert
auf
bisherigen
Niveau
verschlechtert
keine
Auswirkung
1 Vorschulische Bildungs-
☐
☐
☐
☒
2 Schulische
Bildungsangebote,
Ausbildung und Studium
(Qualität, Vielfalt,
Erreichbarkeit,
Quantität/Umfang)
☐
☐
☐
☒
3 Wohnbedingungen für
Kinder, Jugendliche und
Familien (Angebot,
Attraktivität, Vielfalt,
Infrastruktur)
☐
☐
☐
☒
☐
☐
☐
☒
5 Gesundheit und Sicherheit
von Kindern und
Jugendlichen/Schutz vor
Gefahren
☐
☐
☐
☒
6 Integration von Kindern
und Jugendlichen mit
Behinderungen oder
Migrationshintergrund
☐
☐
☐
☒
7 Finanzielle Bedingungen
von Familien
☐
☐
☐
☒
hat stattgefunden
ist
vorgesehen
ist nicht vorgesehen
☐
☐
☒
und Betreuungsangebote
(Qualität, Vielfalt,
Erreichbarkeit,
Quantität/Umfang)
4 Kultur- und
Freizeitangebote,
Möglichkeiten zum Spielen,
Sporttreiben und Treffen
sowie Naturerfahrungen
für Kinder, Jugendliche
und Familien
Indikator
8 Beteiligung von Kindern,
Jugendlichen und Familien
bei der zu treffenden
Entscheidung
Stadt Leipzig
01.15/016/01.12
1
) Das Ausfüllen der Seitenangabe ist dem Einreicher freigestellt.
Begründung in
1
Vorlage Seite
Begründung in
1
Vorlage, Seite