Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1300385.pdf
Größe
2,0 MB
Erstellt
14.08.17, 12:00
Aktualisiert
06.12.18, 17:10
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Beschlussvorlage Nr. VI-P-03798-DS-02
Status: öffentlich
Eingereicht von
Petitionsausschuss
Betreff:
Petition zum Problem der starken Zunahme der Lärm- und Schadstoffbelastung durch
LKW-, Bus- und PKW-Verkehr in der Karl-Tauchnitz-Straße
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
Ratsversammlung
20.09.2017
Beschlussfassung
Beschlussvorschlag:
Der Petition kann nicht vollumfänglich abgeholfen werden. Die Voraussetzungen für
Maßnahmen im Zuge der Fortschreibung des Lärmaktionsplans und für die Anordnung
von verkehrsregelnden Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und
Abgasen nach § 45 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sind nicht gegeben.
Für KiTa- und Schulstandorte wird die Anordnung von Tempo 30 von der Stadtverwaltung
geprüft.
Unabhängig davon ist die Aufstellung einer Tafel zur Anzeige der Geschwindigkeit aus
Lärmschutzgründen in der Karl-Tauchnitz-Straße denkbar.
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Übereinstimmung mit strategischen Zielen:
nicht relevant
Sachverhalt:
Aus Anlass der Petition wurden sowohl die Ergebnisse der Geschwindigkeitskontrollen als
auch die Ergebnisse der Verkehrszählungen der jüngeren Zeit nochmals ausgewertet.
1. Geschwindigkeitskontrollen
Die Karl-Tauchnitz-Straße wird regelmäßig bei der Einsatzplanung für
Geschwindigkeitskontrollen mit mobilen Messfahrzeugen berücksichtigt. Im Jahr 2016
wurden 34 Kontrollen vorgenommen.Dabei mussten insgesamt 274 Überschreitungen
der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
von 50km/h registriert werden. In diesem Jahr betraf dies bereits sechs Kontrollen
mit insgesamt 32 Überschreitungen.
Zur Feststellung des Geschwindigkeitsniveaus in der Karl-Tauchnitz-Straße zwischen
Telemannstraße und Beethovenstraße für beide Fahrrichtungen, wurde im Jahr 2016
im Zeitraum 04.03.2016 bis
09.03.2016 das Verkehrsmessgerät im betreffenden Straßenabschnitt angebracht. Die
durchschnittliche Geschwindigkeit aller Fahrzeuge wurde mit 42 km/h ermittelt. Dabei waren
85 % der Fahrzeuge mit 51 km/h unterwegs.
Die Messergebnisse aus dem Jahr 2016 und 2017 sind diesem Verwaltungsstandpunkt
beigefügt.
Die Errichtung einer stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlage ist
grundsätzlich möglich, erscheint hier aber nicht sinnvoll. Die örtlichen Gegebenheiten
in der Karl-Tauchnitz-Straße
ermöglichen Geschwindigkeitskontrollen mit mobilen Messfahrzeugen.
Selbstverständlich wird die vergleichsweise hohe Kontrollfrequenz beibehalten.
2. Verkehrszählungen
2016 wurde das Verkehrsaufkommen in der Karl-Tauchnitz-Straße – wie in Zusammenhang
mit der Petition VI-P-01636-P-001 zugesagt – erneut untersucht. Im Ergebnis ergaben sich
im Vergleich zu den vorangegangenen Verkehrszählungen 2011 und 2015 keine
wesentlichen Änderungen, weder bei der Kfz-Belastung noch beim Anteil des
Schwerverkehrs.
Nach der Lärmkartierung 2012 und den auf Grundlage der Verkehrszählungen 2016
neu berechneten Werten, treten am Gebäude Karl-Tauchnitz-Straße 35 im
Tageszeitraum an der lautesten Ecke Lärmpegel in Höhe von 66 dB (A) auf. Diese
Werte sind in der zurückliegenden Korrespondenz mit Frau Krüger und auch in der
erwähnten Petition VI-P-01636-P-001 seitens der Verwaltung jeweils benannt worden. Es
wurde wiederholt ausgeführt, welche Schlussfolgerungen die Verwaltung daraus zieht und
wie diese zu Stande kommen. An diesem Sachstand hat sich nichts geändert.
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Im Hinblick auf die Unterschreitung der Auslösewerte für Lärm sind im Zuge der
Fortschreibung des Lärmaktionsplans weder Maßnahmen für die Karl-Tauchnitz-Straße
vorgesehen, noch ergibt sich eine Grundlage für verkehrsregelnde Maßnahmen nach § 45
Abs. 3 StVO. Auch bei einer höheren Verkehrsbelastung der Karl-Tauchnitz-Straße durch
das als Interimslösung bis zum Wirksamwerden der Maßnahmen des Luftreinhalteplans
vorzunehmenden Fahrverbotes für Kraftfahrzeuge über 3,5 t für die Harkortstraße, werden
die maßgeblichen Werte 70/60 dB(A) zumindest im Abschnitt der Karl-Tauchnitz-Straße von
der Wundtstraße bis zur Friedrich-Ebert-Straße nicht überschritten.
Die von der Petentin vorgeschlagene Verlagerung des Schwerverkehrs auf die
Harkortstraße wäre ohnehin nicht möglich, da hier auf Grundlage des gültigen
Luftreinhalteplans der Stadt Leipzig ein Durchfahrtverbot für LKW mit einer Gesamtmasse
von mehr als 12 t und nunmehr 3,5 t angeordnet werden musste.
Auf die richtige Dimensionierung des Schallschutzes eines zu errichtenden Gebäudes, wozu
auch die Fenster zählen, hat die Stadtverwaltung keinen direkten Einfluss. Dafür ist der
jeweilige Bauherr verantwortlich. Diesbezügliche Mängel sind dementsprechend gegenüber
dem Vermieter, Besitzer oder Eigentümer der betreffenden Immobilie vorzutragen.
Auch aus Sicht der Luftreinhalteplanung gibt es nach wie vor keine Hinweise darauf,
dass in der Karl-Tauchnitz-Straße die nach der 39. BImSchV zum Schutz der
menschlichen Gesundheit geltenden Immissionsgrenzwerte für Luftschadstoffe
überschritten werden. Die Grundlage dieser Einschätzung ist die im Zuge der
Fortschreibung des Luftreinhalteplans durchgeführte Modellierung der
Luftschadstoffbelastung an Straßen (Stand 04/2016). Dabei wurden die Luftschadstoffe
Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10) berücksichtigt. Die Ergebnisse beziehen sich
auf das Jahr 2015 als Ausgangsbewertung und auf das Jahr 2018 als Prognose ohne
Berücksichtigung von neuen Maßnahmen zur Luftreinhaltung.
Aus den entsprechenden Modellierungsergebnissen ergibt sich für die Karl-Tauchnitz-Straße
die in der nachfolgenden Tabelle angegebene Luftschadstoffbelastung:
Abschnitte der KarlTauchnitz-Straße
Wundtstraße bis
Telemannstraße
Telemannstraße bis
Wilhelm-Seyfferth-Straße
Wilhelm-Seyfferth-Straße
bis Harkortstraße
Jahresgrenzwert
NO2 in
µg/m³
2015
PM10 in
µg/m³
2018
32
26 – 27
26 – 29
24 – 25
34
27
40
40
Bewertung
2015
erhöhte
Belastung
mittlere
Belastung
erhöhte
Belastung
NO2 in
µg/m³
2018
PM10 in
µg/m³
2018
30
25 – 26
25 – 28
23 – 24
33
26
40
40
Bewertung
2018
erhöhte
Belastung
mittlere
Belastung
erhöhte
Belastung
Insgesamt befinden sich alle Immissionswerte der Karl-Tauchnitz-Straße unterhalb des
für PM10 und NO2 gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwertes von jeweils 40 μg/m³ im
Jahresmittel. Hinsichtlich des Tagesgrenzwertes für PM10 in Höhe von 50 μg/m³, welcher
maximal an 35 Tagenim Jahr überschritten werden darf, gibt es einen statistischen
Zusammenhang
mit dem Jahresmittelwert. Nach dem ist bei Jahresmittelwerten kleiner/gleich 30 μg/m³ (vgl.
dazu LRP 2009, S. 25) eine Überschreitung an 35 Tagen im Jahr wenig
wahrscheinlich. Von einer Einhaltung der zulässigen Anzahl an Tagen mit Überschreitung
des Grenzwertes für das Tagesmittel an PM10 ist daher auszugehen. Auch bei einer höheren
Verkehrsbelastung der Karl-Tauchnitz-Straße durch das als Interimslösung bis zum
Wirksamwerden der Maßnahmen des Luftreinhalteplans vorzunehmenden Fahrverbot für
Kraftfahrzeuge über 3,5 t für die Harkortstraße, werden die entsprechend der §§ 3, 4 und 5
der 39. BImSchV zum Schutz der menschlichen Gesundheit für Stickstoffdioxid und
Feinstaub (PM10/2,5) geltenden Grenzwerte an der Wohnbebauung der Karl-TauchnitzStraße unterschritten.
Aufgrund der Einhaltung der Grenzwerte sind deshalb im Zuge der Fortschreibung
des Luftreinhalteplanes keine Maßnahmen für die Karl-Tauchnitz-Straße geplant. Allerdings
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können wir informieren, dass eine umweltorientierte Steuerung des Verkehrs aus Richtung
Süden (B 2) eine mögliche Maßnahme und Option für die Fortschreibung des
Luftreinhalteplans ist. Das würde auch perspektivisch zu einer wirksamen Entlastung sowohl
der Harkortstraße als auch der Karl-Tauchnitz-Straße führen. Die Wirkung und etwaige
Ausgestaltung einer derartigen Maßnahme bedarf aber noch der näheren Prüfung.
Im Vorgriff auf die vom Bundesminister für Verkehr, Wohnungsbau und digitale
Infrastruktur angekündigten Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) mit dem
Ziel, eine erleichterte streckenbezogene Anordnung von Tempo-30 auch an innerörtlich
klassifizierten Straßen (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) sowie auf weiteren
Vorfahrtstraßen vor Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen,
Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern zu ermöglichen, hatte die
Verwaltung im Jahr 2016 begonnen, dies an Schulen und Kindertagesstätten in Leipzig
bereits umzusetzen.
Die Änderung der StVO, welche die Verwaltung in den genannten Fällen vom
Nachweis einer besonderen Gefahrenlage entbindet, ist nunmehr seit 23.12.2016 in
Kraft. Unabhängig davon ist aber bei jeder straßenverkehrsbehördlichen Entscheidung
der Nachweis der Erforderlichkeit notwendig, so dass auch weiterhin aufwändige
Einzelfallprüfungen erfolgen müssen.
Gleichzeitig wurde nunmehr der Entwurf der Verwaltungsvorschrift StVO veröffentlicht, in
welchem die Kriterien der erforderlichen Einzelfallprüfung benannt sind. Danach kommt die
streckenbezogene Absenkung der Geschwindigkeit auf Tempo-30 im unmittelbaren
Bereich der genannten Einrichtungen in Betracht, soweit die Einrichtungen über einen
direkten Zugang zur Straße verfügen oder im Nahbereich der Einrichtungen starker Zielund Quellverkehr mit all seinen kritischen Begleiterscheinungen vorhanden ist. In die
Entscheidung sind etwaige negative Auswirkungen auf den ÖPNV (z.B. Taktfahrplan)
einzubeziehen. In die Gesamtabwägung sind zudem die Größe der Einrichtung und
Sicherheitsgewinne durch Sicherheitseinrichtungen und Querungshilfen (z.B.
Fußgängerüberwege, Lichtsignalanlagen, Sperrgitter) einzubeziehen.
Für die besondere Situation in der Karl-Tauchnitz-Straße ist die Verwaltungsvorschrift
zu der geänderten StVO von Bedeutung. Sobald diese inkraft ist, wird schnellstmöglich
auch die Anordnung vom Tempo 30 im Bereich der o. g. Einrichtungen in der KarlTauchnitz-Straße geprüft.
Mit Stand vom 04.07.2017 ist noch keine geänderte Verwaltungsvorschrift in Kraft, sodass
weiterhin keine eindeutige Rechtsgrundlage zur Anordnung von Tempo 30 besteht.
Unabhängig davon ist die Aufstellung von digitalen Geschwindigkeitsanzeigetafeln in der
Karl-Tauchnitz-Straße denkbar, welche die Kraftfahrer für das Thema Lärmschutz
sensibilisieren soll. Dies wird von der Verwaltung derzeit geprüft.
Anlagen:
- Petition
- Messdaten
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