Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1293495.pdf
Größe
2,8 MB
Erstellt
27.06.17, 12:00
Aktualisiert
03.09.17, 15:40
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Beschlussvorlage Nr. VI-DS-04515
Status: öffentlich
Eingereicht von
Dezernat Kultur
Betreff:
Planungsbeschluss Naturkundemuseum
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
FA Kultur
FA Stadtentwicklung und Bau
FA Finanzen
Ratsversammlung
voraussichtlicher
Sitzungstermin
Zuständigkeit
20.09.2017
Bestätigung
Vorberatung
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
Beschlussvorschlag:
1. Der Planungsbeschluss für das Naturkundemuseum in der Halle 7 / Baumwollspinnerei
wird gefasst.
2. Die Planungskosten bis zur Vorlage des Baubeschlusses (Leistungsphase 3 HOAI)
betragen ca. 700.000 €. Die Mittel sind in den Haushaltsjahren 2017/2018 in Höhe von
700.000 € im PSP-Element 7.0000736.700 „Baumaßnahme Naturkundemuseum“
veranschlagt.
3. Das "Museumskonzept Naturkundemuseum Leipzig" wird als Grundlage der Planung
bestätigt.
1/3
Übereinstimmung mit strategischen Zielen:
nicht relevant
Hinweis: Finanzielle Auswirkungen
Folgekosten in 2017
Folgekosten in 2018
Finanzielle Auswirkungen
nein
x
Kostengünstigere Alternativen geprüft
nein
x
ja, Ergebnis siehe Anlage zur Begründung
ja, Erläuterung siehe Anlage zur
Folgen bei Ablehnung
nein
X Begründung
Handelt es sich um eine Investition (damit aktivierungspflichtig)?
nein
X Begründung
Im Haushalt wirksam
von
Ergebnishaushalt
bis
wenn ja,
ja, Erläuterung siehe Anlage zur
Höhe in EUR
wo veranschlagt
700.000
7.0000736.700
Erträge
Aufwendungen
Finanzhaushalt
Einzahlungen
Auszahlungen
2017/2018
x
Entstehen Folgekosten oder Einsparungen?
Folgekosten Einsparungen wirksam
Zu Lasten anderer OE
nein
von
wenn ja,
bis
Höhe in EUR
(jährlich)
wo veranschlagt
Ergeb. HH Erträge
Ergeb. HH Aufwand
Nach Durchführung der
Ergeb. HH Erträge
Maßnahme zu erwarten
Ergeb. HH Aufwand (ohne
Abschreibungen)
Ergeb. HH Aufwand aus
jährl. Abschreibungen
Auswirkungen auf den Stellenplan
Beantragte Stellenerweiterung:
x
nein
wenn ja,
x
nein
ja,
Vorgesehener Stellenabbau:
Beteiligung Personalrat
Anlage 1 - HAUSHALTSVORLAGE
Planungsbeschluss Naturkundemuseum
Anlage 2 - Museumskonzept Naturkundemuseum Leipzig
2/3
3/3
HAUSHALTSVORLAGE
Planungsbeschluss Naturkundemuseum
Naturkundemuseum am Standort Baumwollspinnerei (Halle 7)
Bauvorhaben:
Teilumbau der denkmalgeschützten Immobilie der
Halle 7 auf dem Areal der ehemaligen Baumwollspinnerei zum neuen Standort des Naturkundemuseums
Bauherrenamt:
Stadt Leipzig
Dezernat Kultur
Kulturamt
Vertretung Baufachamt:
Stadt Leipzig
Dezernat Stadtentwicklung und Bau
Amt für Gebäudemanagement
Stand:
01.08.2017
Stadt Leipzig, Kulturamt
Haushaltsvorlage: Planungsbeschluss Naturkundemuseum
Stand vom: 26.06.2017
Inhaltsübersicht
1
2
Grundlagen .................................................................................................................... 3
1.1
Ausgangssituation / Ziel- und Entwicklungskonzeption............................................ 3
1.2
Beschlüsse/ Handlungsgrundlagen ......................................................................... 4
Beschreibung der beabsichtigten Investition .................................................................. 4
2.1
Ist-Zustand .............................................................................................................. 4
2.2
Alternativlösungen ................................................................................................... 6
2.3
Folgen bei Nichtbeschlussfassung .......................................................................... 6
2.4
Nutzungsverbesserung durch beabsichtigte Investition ........................................... 6
2.5
Eigentumsverhältnisse ............................................................................................ 6
2.6
Planerisches Konzept.............................................................................................. 6
2.6.1
Grundsatz ........................................................................................................ 6
2.6.2
Flächenbedarf .................................................................................................. 6
2.6.3
Bauliche Anforderungen ................................................................................... 7
2.6.4
Haustechnik- und Energiekonzept .................................................................... 7
2.6.5. Museumskonzept
2.7
Barrierefreies Bauen ............................................................................................... 8
3
Investitionsaufwand ....................................................................................................... 8
4
Finanzierungsplan und Einordnung in die Haushaltsplanung ........................................10
4.1
Nutzungskosten .....................................................................................................10
4.2
Aufwandsvergleiche ............................................................................................... 11
5
Zeitplan......................................................................................................................... 11
6
Planungsbeteiligte ........................................................................................................ 11
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Stadt Leipzig, Kulturamt
Haushaltsvorlage: Planungsbeschluss Naturkundemuseum
1
Grundlagen
1.1
Ausgangssituation / Ziel- und Entwicklungskonzeption
Stand vom: 26.06.2017
Das Naturkundemuseum Leipzig, das 2006 auf sein 100-jähriges Bestehen zurückblicken
konnte, ist ein Bildungs-, Ausstellungs- und Sammlungszentrum, das sich als „Archiv der
Natur und Erlebnislabor Umwelt“ versteht.
Das Museum verfügt über große und teilweise einzigartige Sammlungsbestände in den Bereichen Geologie/Paläontologie, Botanik, Zoologie und Archäologie. Von besonderer Bedeutung sind die Dermoplastiken von Herman Heinrich ter Meer, die Vogelsammlung u. a. mit
Präparaten von Eduard Friedrich Poeppig sowie die Nasssammlung mit den Originalbelegen
der Ersten Deutschen Tiefseeexpedition „Valdivia“.
Bereits wenige Jahre nach seiner Gründung gehörte das Naturkundemuseum Leipzig zu den
fortschrittlichsten und innovativsten Museen seiner Art in Deutschland.
Bereits unmittelbar nach dem Umzug 1923 in das Gebäude der ehemaligen II. Höheren Bürgerschule am Schulplatz, dem heutigen Standort Lortzingstraße 3, erfolgten immer wieder
Um- und Ausbauarbeiten, um die Bedingungen für das Museum in dem ehemaligen Schulgebäude zu verbessern. Nach einer fast zweijährigen Schließung des Museums 1985 zur
Untersuchung der Bausicherheit und Planung von investiven Maßnahmen erfolgte 1987 die
Wiedereröffnung als „Naturkundemuseum Leipzig“. Im September 1993 wurde das Museum
zur Durchführung umfangreicher Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen am Standort
für fünf Monate erneut geschlossen. Trotz zahlreicher weiterer investiver Maßnahmen in den
Folgejahren konnten die baulichen Mängel, insbesondere im Bereich Brandschutz nach laufend aktualisierten Gutachten nicht vollumfänglich behoben werden, so dass im IV. Quartal
2011 Teile des Museums für die Öffentlichkeit geschlossen werden mussten. Zurzeit ist der
Besuch der Dauerausstellung in den Obergeschossen des Gebäudes auf zeitgleich 30 Personen begrenzt.
Infolge dieser unbefriedigenden baulichen Situation, die im Wesentlichen die außerordentliche Strahlkraft der Institution „Naturkundemuseum Leipzig“ verhindert hat, wurde die Standortfrage zur Etablierung des neuen Naturkundemuseums gestellt.
Nach Prüfung zahlreicher Standorte wurde mit dem Ratsbeschluss „Naturkundemuseum
Leipzig – Grundsatzbeschluss und Standortentscheidung“ (DS-00517/14-NF-06) vom
20.01.2016 die Halle 7 auf der ehemaligen Baumwollspinnerei als zukünftiger Standort festgelegt.
Abbildung 1: Lageplan (Quelle Studie AGM)
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Stadt Leipzig, Kulturamt
Haushaltsvorlage: Planungsbeschluss Naturkundemuseum
Stand vom: 26.06.2017
Abbildung 2: Luftbild (Quelle Studie AGM)
Mit dem o. g. Ratsbeschluss wurde der Masterplan als Grundlage zur Neuausrichtung des
Museums bestätigt. Der Masterplan prognostiziert für das künftige Museum steigende Besucherzahlen. Das Museum soll generationsübergreifende Angebote vorhalten und besondere
Stärken im Bereich der kulturellen Bildung aufweisen.
Der Masterplan sieht in den im Museum vorhandenen Sammlungen und Ausstellungsstücken hervorragende Substanz für die Neuausrichtung des Museums. Durch eine zeitgemäße
Präsentation wird ein spannendes und bedeutendes Museum entstehen. Die Anreicherung
der Dauerausstellung durch einzigartige Inszenierungen sollen das Museum als Marke und
Besuchermagnet etablieren.
In diesem Sinne ist eine markante Neukonzeption der Dauerausstellung unter Berücksichtigung veränderter Rezeptionsgewohnheiten der Besucher sowie eine Vergrößerung der Sonderausstellungsfläche zur Etablierung zeitgemäßer Sonderausstellungen von essentieller
Bedeutung.
1.2
Beschlüsse / Handlungsgrundlagen
Die Ratsversammlung hat mit dem Beschluss „Naturkundemuseum Leipzig – Grundsatzbeschluss und Standortentscheidung“ (DS-00517/14-NF-06) auf der Sitzung am 20.01.2016
bestätigt, dass der zukünftige Standort des Naturkundemuseum die Halle 7 der Baumwollspinnerei sein wird. Mit dieser Vorlage werden die Beschlusspunkte 4 und 5 (Vorlage Museumskonzeption und Planungsbeschluss) des o. g. Grundsatzbeschlusses umgesetzt.
Die Halle 7 der Baumwollspinnerei wird durch die Eigentümerin, die Leipziger Baumwollspinnerei Verwaltungsgesellschaft mbH, auf der Grundlage eines Überlassungsvertrages mit der
Stadt Leipzig für die Unterbringung von gemeinnützigen, kulturellen Einrichtungen saniert
und umgebaut (Nutzungsüberlassungsvertrag zur Halle 7 zwischen der Stadt Leipzig und der
Leipziger Baumwollspinnerei Verwaltungsgesellschaft mbH vom 18.01.2017).
2
Beschreibung der beabsichtigten Investition
2.1
Ist-Zustand
Ableitung des Sanierungsbedarfs
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Stadt Leipzig, Kulturamt
Haushaltsvorlage: Planungsbeschluss Naturkundemuseum
Stand vom: 26.06.2017
Auf der Grundlage des o. g. Nutzungsüberlassungsvertrages wird die Gebäudehülle bis zum
Jahr 2018 saniert. Im Gebäudeinneren werden im Zuge der Umsetzung des Nutzungsüberlassungsvertrages nur die Bereiche für das zukünftige Theaterhaus (3. Obergeschoss und
Teile des 2. Obergeschosses) saniert und ausgebaut (Bauherr: Leipziger Baumwollspinnerei
Verwaltungsgesellschaft mbH).
Abbildung 3: Bauzustand Erdgeschoss am 13.06.2017 (Quelle LESG)
Für das Naturkundemuseum werden das Erdgeschoss, das erste Obergeschoss und Teile
des Kellergeschosses und des zweiten Obergeschosses zur Verfügung stehen. Die Flächen
des zukünftigen Naturkundemuseums verbleiben im Rohbauzustand. Der Ausbau dieser
Flächen zum Naturkundemuseum ist eine Bauaufgabe der Stadt Leipzig.
Abbildung 4: Bauzustand Erdgeschoss am 13.06.2017 (Quelle LESG)
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Stadt Leipzig, Kulturamt
Haushaltsvorlage: Planungsbeschluss Naturkundemuseum
2.2
Stand vom: 26.06.2017
Alternativlösungen
Auf Basis des Grundsatzbeschlusses wurden die alternativen Standortvarianten untersucht
und der Baumwollspinnerei/Halle 7 der Vorzug gegeben. Weitere Alternativlösungen stehen
nicht zur Disposition.
2.3
Folgen bei Nichtbeschlussfassung
Der Grundsatzbeschluss hat mit dem Beschlusspunkt 3 das Ziel vorgegeben, dass das Naturkundemuseum in der Halle 7 im Jahr 2020 eröffnet werden soll. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Planungen zeitnah beginnen. Ohne Planungsbeschluss kann die Maßnahme nicht umgesetzt werden.
2.4
Nutzungsverbesserung durch beabsichtigte Investition
Am neuen Standort des Naturkundemuseums lässt sich eine herausragende, zeitgemäße,
moderne Museumskonzeption umsetzen, bei der zugleich die konservatorischen Bedingungen für die Museumsobjekte in Ausstellung und Depot, sowie die allgemeinen Anforderungen an die Sicherheit der Museumsbesucher deutlich verbessert und die Anforderungen
gemäß dem Stand der Technik erfüllt werden.
2.5
Eigentumsverhältnisse
Eigentum:
Gemarkung:
Flurstücks-Nr.:
Baumwollspinnerei Verwaltungsgesellschaft mbH
Lindenau
771/9
Die Rechte zur Nutzung und zum Um-/Neubau sind dinglich (Grund- u. beschränkt persönliche Dienstbarkeit) bzw. über den Nutzungsüberlassungsvertrag über 31 Jahre gesichert.
Nach Ablauf des Nutzungsüberlassungsvertrags nach 15 Jahren besteht für die Stadt Leipzig
die Möglichkeit einer Verlängerung des Vertrags bzw. zum Ankauf der Immobilie inkl. der
dazu gehörigen Teilfläche aus dem Flurstück 771/9. Die Vereinbarung zum Vorkaufsrecht
liegt notariell beglaubigt vor.
2.6
Planerisches Konzept
2.6.1 Grundsatz
Das Museumskonzept liegt in einer dreidimensionalen Visualisierungen (Virtual Reality) vor.
Daher wird angestrebt, die Gesamtmaßnahme ebenfalls auf Basis moderner Rechentechnik
durch BIM (Building Information Modelling) umzusetzen. Ziel dieser Planungsmethode ist es,
effizienter und kostengünstiger zu planen und zu bauen und Gebäude effektiver zu verwalten
und instandhalten zu können.
2.6.2 Flächenbedarf
Der durch den Masterplan ermittelte notwendige Flächenbedarf des Naturkundemuseums
wird durch die Nutzung des Erd- und des ersten Obergeschosses sowie von Teilen des Keller- und des zweiten Obergeschosses erfüllt.
Es steht eine Fläche von ca. 5.600 m² zur Verfügung. Die Flächen für Flure/Wände und
sonstige Nebenflächen sind inkludiert.
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Stadt Leipzig, Kulturamt
Haushaltsvorlage: Planungsbeschluss Naturkundemuseum
Stand vom: 26.06.2017
2.6.3 Bauliche Anforderungen
Mit der zu planenden Maßnahme werden die Voraussetzungen geschaffen, den vorhandenen Rohbauzustand in den genannten Geschossen des zukünftigen Naturkundemuseums in
einen vollumfänglich funktionsbereiten und modernen Museumsbau umzuwandeln, der auch
der Größe und Bedeutung der Stadt Rechnung trägt und ebenso überregionale Bedeutung
erlangen wird. Durch die Museumsleitung wurden eine Aufgabenstellung und der Entwurf
eines Museumskonzeptes entwickelt, auf deren Grundlage nun die Planung erfolgt.
Im Prozess der Planung werden die wesentlichen Elemente zur inhaltlichen Umsetzung der
Konzeption geschärft und die Qualitäten und Quantitäten der baulichen und technischen
Umsetzung unter den Bedingungen der zur Verfügung stehenden Mittel differenziert und priorisiert.
Wesentliche Punkte des Entwurfs der Museumskonzeption sind
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Implementierung des konzeptionellen Gedankens in das vorhandene historische Bestandsgebäude – Verbindung von Altem und Neuem unter Berücksichtigung nutzungsorientierter wie auch ästhetischer Gesichtspunkte
Integration der Dauerausstellungen als überregional wahrnehmbaren Anker und Ausgangspunkt für die weitere Anordnung der zahlreichen vorhandenen Exponate; die
Räume sollen als Bühne inszeniert werden, die den Raumeindruck zum unverwechselbaren Erlebnis machen – Installation von etagen-(raum)-übergreifenden übergroßen Exponaten mit Alleinstellungscharakter und ikonographisch Potential
Schaffung eines transparenten Gebäudes durch die Verbindung von AusstellungsSchaudepot- und Werkstattbereichen
Berücksichtigung des Bildungsgedankens im Naturkundemuseum und Bereitstellung
der dafür zwingend notwendigen räumlich-technischen Infrastruktur, barrierefreier
Zugang zu allen Museumsbereichen und größtmögliche Inklusion
Anordnung eines zentralen Zugangs- und Eingangsbereich am Westgiebel des Gebäudes als gemeinsames Entree des Naturkundemuseums und der Theater sowie
Etablierung der Marke „Westtor“ als neuer kultureller Zugang zur pulsierenden Großstadt
Schaffung einer Verbindung des Innen- und Außenbereichs mit hoher Aufenthaltsqualität, u. a. durch ein Café, das sowohl innen als auch außen betrieben werden kann
(die Art der Betreibung und damit die Finanzierung der Ausstattung wird bis zum
Baubeschluss geklärt)
In Erwartung zukünftig stärkerer nationaler wie internationaler Wahrnehmung, Schaffung ausreichender Vortragsflächen und Workshopräume zur Planung und Durchführung von Konferenzen und Fachtagungen
Erarbeitung eines umfassenden Gestaltungskonzeptes
Schaffung der notwendigen Verwaltungsräume, Werkstätten, Magazine, Labore etc.
2.6.4 Haustechnik- und Energiekonzept
Die Planung der technischen Anlagen erfolgt unter den Gesichtspunkten einer effizienten
Haustechnikkonzeption im Einklang des noch zu bestätigten Nutzungskonzepts mit dem Fokus:
•
der Minimierung Betriebskosten,
•
ausgewogener Investitionskosten im Hinblick auf die notwendigen Einsatz von technischen Anlagen,
•
hohe Funktionalität,
•
wirtschaftliche Betriebsführung,
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Stadt Leipzig, Kulturamt
Haushaltsvorlage: Planungsbeschluss Naturkundemuseum
•
Stand vom: 26.06.2017
eines ganzheitlichen Sicherheitskonzepts.
Prinzipiell ist für die Planung die Vorgabe der aktuellen Energieeinsparverordnung (ENEV)
zu Grunde zu legen. Abweichungen sind diesbezüglich durch die vorgezogenen Fassadenarbeiten im Einklang mit den denkmalpflegerischen Anforderungen und den Einbau der
Fenster durch die Baumwollspinnerei gesetzt.
Die Vorgaben der ENEV werden durch die Wärmeversorgung über ein Blockheizkraftwerk
gesichert. Mittelfristig wird geprüft, ob eine Lieferung von Fernwärme über die Stadtwerke
Leipzig wirtschaftlich und technisch darstellbar ist.
Die Lüftung und Klimatisierung des Gebäudes wird maschinell erfolgen. Die erforderliche
Kälte ist auf Basis der gesetzlichen Gegebenheiten ebenfalls aus der Kraft-Wärme-Kopplung
zu generieren.
Der Bedarf der Elektroenergie wird durch entsprechende technische Lösungen auf ein Minimum reduziert. Der Einsatz von Niedrigenergietechnologien (z.B. LED) wird untersucht.
2.6.5 Museumskonzept
Was ist die Berechtigung und die Aufgabe eines Naturkundemuseums im 21. Jahrhundert?
Was macht das neue Naturkundemuseum der Stadt Leipzig aus? Wie lässt sich das Potential des Hauses voll ausschöpfen?
Die Beantwortung dieser Fragen gibt die zentrale Zielrichtung für die Museumskonzeption
vor und zeigt, wohin sich ein zeitgemäßes Museum entwickeln muss. Leitidee des neuen
Naturkundemuseums der Stadt Leipzig ist es, wissenschaftliche Einrichtung und Vermittlungsstation wissenschaftlicher Erkenntnisse, Archiv des regionalen Naturraumes, wie auch
wichtige, den Bürgern, Schulen und Hochschulen zur Verfügung stehende Bildungseinrichtung der Stadt Leipzig zu sein. Es sollte sich dabei in das kunstaffine Umfeld der Leipziger
Baumwollspinnerei einfügen und als starkes, selbstbewusstes und eigenständiges Element
der Marke Spinnerei etablieren. Darüber hinaus wird sich das Museum am neuen Standort
auch stärker ins Zentrum des gesellschaftlichen Lebens der Stadt, vor allem im Leipziger
Westen rücken. Das Museum wird als Forum der Generationen auftreten und allen Altersgruppen von 0 bis 100 einen Platz zum Verweilen und Innehalten, Lernen und Staunen bieten.
Eine ganz wesentliche Komponente im Museum stellt das zentrale Forum dar, das als gesellschaftlicher Platz im Sinne eines „Meet and Greet“ funktioniert. Dem schließt sich der
modulare Aufbau der Dauerausstellung aber auch der regelmäßig neu zu bespielende Sonderausstellungsbereich an. Das neue Naturkundemuseum tritt ganz im Sinne der ausgegebenen Maxime des Deutschen Museumsbundes auf: Sammeln, Bewahren, Forschen und
Vermitteln. Erweitert wird dies durch die Elemente Inklusion, Bildung und Unterhaltung (Museumskonzept Naturkundemuseum Leipzig, s. Anlage).
2.7
Barrierefreies Bauen
Der Um-/Neubau erfolgt barrierefrei und wird einen inklusiven Ansatz verfolgen.
3
Investitionsaufwand
Kosten nach DIN 276 – Bruttokosten in EUR
Mehrwertsteuersatz:
19 %
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Stadt Leipzig, Kulturamt
Haushaltsvorlage: Planungsbeschluss Naturkundemuseum
Kostenermittlungsstufe:
Stand vom: 26.06.2017
Kostenüberschlag
KG-Nr. Kostengruppe
angenommene Kosten
100
Grundstück
200
Herrichten / Öffentliche Erschließung
300
Bauwerk – Baukonstruktion
2.500.000 €
400
Bauwerk – Technische Anlagen
2.450.000 €
500
Außenanlagen
600
Ausstattung
2.500.000 €
700
Baunebenkosten
2.300.000 €
Summe
0€
50.000 €
300.000 €
10.100.000 €
Die Kosten setzen sich wie folgt zusammen:
•
KG 100: Da sich das bestehende Gebäude einschließlich Grundstück im Besitz der
Baumwollspinnerei befindet und die Nutzungsentgelte und die Kaufoption außerhalb
dieser Maßnahme geregelt sind, fallen im Bereich der KG 100 keine weiteren Kosten
an.
•
KG 200: Die für die öffentliche Erschließung notwendigen Baumaßnahmen sind aufgrund der bereits stattfindenden Maßnahme und der vorgenommen Medienanbindung im Zuge des Theaterhauses relativ gering.
•
KG 300: Die Kostenkalkulation für die Baukonstruktion orientiert sich am Funktionsund Raumprogramm und berücksichtigt normal erforderliche Bau- und Ausbaumaßnahmen für die Sanierungs- und Umbauarbeiten. Mit Ausnahme der Westseite (zukünftiger zentraler Eingangsbereich) ist die äußere Hülle (Fassade mit Fenstern)
denkmalgerecht hergestellt. Es fallen insoweit „nur“ Kosten für den konstruktivensowie raumbildenden Ausbau und Innenausbau an.
•
KG 400: Im Bereich der Haustechnik wird von einer nutzungskonformen Ausstattung
ausgegangen (Heizungs- / Sanitärausstattung, Alarmanlage, Lüftungs- und Klimaanlage,) Die Wärmeversorgung erfolgt als Nahwärmelösung (BHKW). Die Auswahl des
Wärmeerzeugers hat unter den Voraussetzungen Einhaltung der gesetzlichen Forderungen (EnEV 2016 und Erneuerbare Energien Wärmegesetz (EEWärmeG)) zu erfolgen.
•
KG 500: Die vorhandenen „Freispielbereiche“ bieten ausreichend Platz für eine
Erhöhung der Aufenthaltsqualität in den Außenanlagen am Standort.
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Stadt Leipzig, Kulturamt
Haushaltsvorlage: Planungsbeschluss Naturkundemuseum
Stand vom: 26.06.2017
•
KG 600: Die Kosten der Kostengruppe 600 beinhalten die museale Ausstattung, die Kosten für die allgemeine Ausstattung für Verwaltung, Werkstätten, die öffentlich genutzten Bereiche sowie für das Café.
•
KG 700: Die Baunebenkosten werden mit ca. 23 % der Gesamtmaßnahme
angenommen.
4
Finanzierungsplan und Einordnung in die Haushaltsplanung
Der Grundsatzbeschluss sieht unter Beschlusspunkt fünf eine Finanzierung mit Eigenmitteln
der Stadt Leipzig über die Jahre 2017 bis 2020 für die bauliche Herrichtung, für die Ausstellung und Ausstattung von insgesamt 10,1 Mio € vor.
Verbindliche Werte können erst nach Vorlage der Entwurfsplanung benannt werden. Ziel ist
die Einhaltung des mit Grundbeschluss geplanten Budgets.
Die Finanzierung der Maßnahme ist derzeit vollständig durch die Stadt Leipzig sicherzustellen.
Ungeachtet dessen wird das Kulturamt/Naturkundemuseum zusätzliche aktive Fördermittelakquisition betreiben, um weitere Drittmittel für die Umsetzung des Museumskonzeptes einwerben.
Einordnung im Finanzhaushalt
Haushaltsjahr
PSP-Element:
7.0000736.700
2017
2018
2019
400.000,00 € 700.000,00 € 4.000.000,00 €
2020
Summe
5.000.000,00 € 10.100.000,00 €
Die geschätzten Kosten für die Planung der LP 1 bis LP 3 der HOAI, für die Durchführung
der des VgV-Verfahrens sowie weiterer planungsrelevanter Studien und Gutachten betragen
ca. 700.000 €.
Diese bilden die Grundlage zur Erarbeitung des Baubeschlusses. Der hier vorliegende Planungsbeschluss stellt die hierfür notwendigen Mittel bereit.
Diese stehen in den Jahren 2017 und 2018 unter dem PSP-Element: 7.0000736.700 zur
Verfügung.
4.1
Nutzungskosten
Die Höhe der Folgekosten kann erst in der Vorlage „Bau- und Finanzierungsbeschluss Naturkundemuseum“ eingeschätzt werden. Erst dann liegt eine Entwurfsplanung vor, die die
Grundlage für die Erstellung des Energiebedarfsausweises und die Ermittlung der Betriebsund Folgekosten bildet.
Gegenwärtig wird gemäß Anlage 5 des Beschlusses „Bestätigung von überplanmäßigen
Auszahlungen nach § 79 (1) SächsGemO im HH-Jahr 2016 und einer überplanmäßigen Verpflichtungsermächtigung gemäß § 81 SächsGemO im HH Jahr 2016 (kw 2017) zur Kofinanzierung der Ertüchtigung, Sanierung und des Umbaus der Halle 7 auf dem Gelände der
Baumwollspinnerei mit dem Ziel der Schaffung einer kulturellen Gemeinbedarfseinrichtung“ (VI-DS-01580) vom 20.01.2016 mit Betriebskosten für die Betreibung des Naturkundemuseums von ca. 115.000 € ausgegangen. Hinzu kommen Kosten für die Bewachung
(Museumsaufsicht), die Reinigung und den Bauunterhalt.
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Stadt Leipzig, Kulturamt
Haushaltsvorlage: Planungsbeschluss Naturkundemuseum
4.2
Stand vom: 26.06.2017
Aufwandsvergleiche
Die Stadt Leipzig hat kein vergleichbares Objekt im Kontext einer neuen Museumskonzeption und dem Bauen im Bestand und den sich daraus abzuleitenden Rahmenbedingungen
umgesetzt.
Damit liegen keine schlüssigen Erfahrungswerte vor.
5
Zeitplan
09/2017
Planungbeschluss
2017/2018
VgV-Verfahren zur Vergabe der Planungsleistung
2018
Vorplanung und Entwurfsplanung
anschließend
Bau- und Finanzierungsbeschluss
2019/2020
Umsetzung der Baumaßnahme
2020
Eröffnung des Naturkundemuseums
6
Planungsbeteiligte
Konzeptionelle Arbeit
Stadt Leipzig/Naturkundemuseum und im
Auftrag KOCMOC.NET GmbH Leipzig
Objektplanung nach § 33 HOAI
wird noch festgelegt
Freianlagenplanung nach § 38 HOAI
wird noch festgelegt
Technische Ausrüstung nach § 53 HOAI
wird noch festgelegt
Tragwerksplanung nach § 49 HOAI
wird noch festgelegt
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Das NATURKUNDEMUSEUM 4.0
Kurzweilig unterhaltende wissenschaftliche Einrichtung und Vermittlungsstation,
Archiv des regionalen Naturraumes, wie auch wichtige,
den Bürgern, Schulen und Hochschulen zur Verfügung stehende
Bildungsstätte der Stadt Leipzig.
Museumskonzept Naturkundemuseum Leipzig
Das Naturkundemuseum 4.0
Herausgeber: Dr. Ronny Maik Leder – Direktor Naturkundemuseum der Stadt Leipzig
Im Auftrag der Stadt Leipzig
Fachliches Beratungsgremium:
Dipl. Biol. Astrid Faber - Head of Education MfN Berlin
Dipl. Biol. Matthias Hartmann - NKM Erfurt
Prof. Dr. Jörg Junhold - Zoo Leipzig
Prof. Dr. Arnold Müller - GPS Uni Leipzig
Prof. Dr. Harald Meller - LMfV Halle/Saale
Prof. Dr. Johannes Vogel - MfN Berlin
© Naturkundemuseum Leipzig, 2017
Einrichtung der Stadt Leipzig Lortzingstraße 3, 04105 Leipzig
Phone: +49 (0)341 9822 10
Fax: +49 (0)341 9822 122
naturkundemuseum@leipzig.de
www. naturkundemuseum.leipzig.de
Der Rote Faden
Leitidee des Leipziger Naturkundemuseums 4.0
4
1. Wissenschaftliche Ausrichtung 5
2. Vermittlungsstation wissenschaftlicher Erkenntnisse 7
3. Kooperationen unter einem Dach – Chancen und Perspektiven
8
Schwerpunkte der zukünftigen Dauerausstellung 9
1. Dermoplastiken und Dioramen 9
2. Fossilien, Steine, Scherben 9
3. Unterrepräsentierte Sammlungsbestände 10
4. Wissenschaftshistorie 11
Das Museums am neuen Standort und Umsetzung der Leitidee
13
1. Das Raumkonzept 13
2. Die Zentralinszenierungen 25
Das Mammut von Borna – Eine Geschichte aus Eis und Feuer
25
Valdivia – Von Leipzig in die Tiefen der Weltmeere
28
Tour de ter Meer – Präparationskunst im Spannungsfeld der Generationen
31
3
Leitidee des Leipziger Naturkundemuseums 4.0
Was ist die Berechtigung und die Aufgabe eines Naturkundemuseums im 21. Jahrhundert?
Was macht das neue Naturkundemuseum der Stadt Leipzig aus? Wie lässt sich das Potential des Hauses voll ausschöpfen?
Die Beantwortung dieser Fragen gibt die zentrale Marschroute für die Museumskonzeption
vor und zeigt, wohin sich ein zeitgemäßes Museum entwickeln muss. Letztlich äußert sich
diese thematische Auseinandersetzung mit dem Wesen des zukünftigen Museums in der
Entwicklung und Definition seiner Leitidee. Leitidee des neuen Naturkundemuseums der
Stadt Leipzig ist es, wissenschaftliche Einrichtung und Vermittlungsstation wissenschaftlicher Erkenntnisse, Archiv des regionalen Naturraumes, wie auch wichtige, den Bürgern,
Schulen und Hochschulen zur Verfügung stehende Bildungseinrichtung der Stadt Leipzig
zu sein. Es sollte sich dabei an die Gegebenheiten des stark kunstaffinen Umfeldes der
Leipziger Baumwollspinnerei einfügen und als starkes, selbstbewusstes und eigenständiges Element der Marke Spinnerei etablieren. Darüber hinaus wird sich das Museum am
neuen Standort auch stärker ins Zentrum des gesellschaftlichen Lebens der Stadt, vor allem
im Leipziger Westen rücken. Das Museum wird als Forum der Generationen auftreten und
allen Altersgruppen von 0 bis 100 einen Platz zum Verweilen und Innehalten, Lernen und
Staunen bieten.
Besonderes Augenmerk im Hinblick auf den generellen Charakter des neuen Hauses sollte
hierbei auf die ästhetische, hoch kreative, stets spannende und jederzeit dem Zeitgeist
anpassbare Inszenierung gelegt werden, ohne in eine Themenpark ähnliche Banalität abzugleiten. Eine ganz wesentliche Komponente stellt hierbei das zentrale Forum dar, das als
gesellschaftlicher Platz im Sinne eines „Meet and Greet“ funktioniert. Dem schließt sich der
modulare Aufbau der Dauerausstellung aber auch der regelmäßig neu zu bespielende Sonderausstellungsbereich an. Erstmalig sollen darüber hinaus für das Leipziger Naturkundemuseum auch Themen der Inklusion aufgegriffen und konsequent umgesetzt, sowie innerhalb der Dauerausstellung als pädagogischer Leitfaden eine spezielle didaktische Ebene
4
geschaffen werden, die auf die Bedürfnisse aller Bürger Bezug nimmt. Das neue Naturkundemuseum tritt ganz im Sinne der ausgegebenen Maxime des Deutschen Museumsbundes
auf: Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln. Erweitert wird dies durch die Elemente
Inklusion, Bildung und Unterhaltung.
1. Wissenschaftliche Ausrichtung
Grundsätzlich sollte die bestehende wissenschaftliche Ausrichtung des Naturkundemuseums fortgeführt werden. Wesentliche Elemente sind hierbei die Arbeiten zu den Schmetterlingsfaunen in Nordwestsachsen und die entomologischen Forschungen im Allgemeinen.
Schon allein die Größe der entomologischen Sammlung, mit weit über 300000 Objekten,
legt die Konzentration auf diesen Forschungsbereich nahe. Ausgebaut werden sollte die
Arbeit an Mollusken, da dieser Fachbereich bereits auf eine lange Tradition am Haus blicken kann. Perspektivisch ist hier mit personellem Mehrbedarf zu rechnen und auf längere
Sicht entsprechende zusätzliche Stellen einzuplanen. Ein weiteres gut funktionierendes Forschungsgebiet ist die Arbeit an den Orchideen- und Nachtkerzenfloren Mitteldeutschlands.
Gerade mit dem Hintergrund der zunehmenden Gefährdung der Bestände ist die Fortführung dieser Forschung dringend angeraten. In diesem Zusammenhang ergeben sich
aber auch neue Themenfelder die zum einen die urbanen Ruderalflächen und Brachen
behandeln als auch die Sukzessionsfolge der verschiedenen Bergbaufolgelandschaften im
Leipziger Umfeld. Die Untersuchung und wissenschaftliche Begleitung dieses Montan-Kultur-Naturraumes, seine Entwicklung und Veränderung, stellt eine weltweite Einzigartigkeit
dar und hat Modellcharakter. Hier strebt das Naturkundemuseum eine enge Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig, iDiv, und dem UFZ an. Auf verschiedenen Untersuchungsflächen kann sowohl die natürliche Entwicklung einer Sukzessionsfolge als auch deren kulturelle Beeinflussung, etwa durch Vieh und Weidehaltung, über Jahrzehnte dokumentiert
werden. Die entsprechenden Monitoringverfahren werden gemeinsam mit den Partnerinstituten ausgewertet und publiziert. Ist der wissenschaftliche Bereich der Wirbellosenzoologie
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und der Botanik vergleichsweise gut besetzt, ergibt sich im Bereich der Wirbeltierzoologie
dringender Handlungsbedarf. Hier ist neben dem zoologischen Präparator ein zusätzlicher
Vertebratenzoologe dringend nötig und eine entsprechende Stelle einzuplanen. Das Naturkundemuseum muss seine Rolle als erste Ansprechstation für Fragen der regionalen
Wirbeltierfauna zurückgewinnen. Gerade die Datenaufnahme und das Monitoring der Wirbeltierbestände in der Region sind, gemeinsam mit den entsprechenden Daten aus Botanik
und Wirbellosenzoologie, von entscheidender Bedeutung für einen sinnvollen Natur- und
Landschaftsschutz. Der Datenaustausch mit Partnerinstituten wie der Universität Leipzig
oder dem UFZ muss diesbezüglich ausgebaut werden. Wiederaufgenommen werden sollte
auch der Fachbereich Geologie/Paläontologie, zumal die entsprechenden Forschungs- und
Sammlungseinrichtungen der Universität Leipzig zunehmend im Abbau begriffen sind und
an Bedeutung verlieren. Auch auf diesem Gebiet kommt dem neuen Naturkundemuseum eine steigende Verantwortung zu. Alle Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeiten am
Naturkundemuseum müssen anschließend in geeigneter Form publiziert werden, wobei
drei verschiedene und eigenständige Formate notwendig sind. Ein Format für komplexe
wissenschaftliche Arbeiten und Monografien, ein Format für kompakte wissenschaftliche
Artikel und Kurzmitteilungen und ein Format für populärwissenschaftliche Beiträge. Hierfür
ist es zunächst notwendig die lange ruhende wissenschaftliche Hauszeitschrift wieder zu reaktivieren und in moderner Form zu präsentieren. Die weiteren Formate folgen in regulären
Abständen. Dies hilft auch im Schriftentausch mit anderen Häusern, der über viele Jahre
recht einseitig verlaufen ist, da es schlichtweg in den letzten Jahren keine wissenschaftlichen
Veröffentlichungen des NKM mehr gegeben hatte. Die Wiederbelebung der Schriftenreihe
des NKM leitet direkt zum zukünftigen Charakter der Museumsbibliothek über. Diese muss
einer Präsenzbibliothek entsprechen, die sich der Öffentlichkeit öffnet. Mit einer neuen
Schriftenreihe wird auch die wissenschaftliche Expertise des Naturkundemuseums wieder
gestärkt werden und das Ansehen, national wie international, steigen. Dies ist auch damit
zu untermauern, als Austragungsort für wissenschaftliche Tagungen und Konferenzen aufzutreten um in dieser Hinsicht ebenfalls stärker ins Blickfeld der Wissenschaftsgemeinde zu
rücken. Konsequenter Weise werden letztendlich sämtliche Sammlungsbestände digital erfasst und inklusive Bild- und/oder 3D-Daten den großen internationalen Sammlungsdaten-
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banken wie iDigBio oder Gbif angegliedert. Die Veröffentlichung der Sammlungsbestände
hilft zusätzlich das neue Naturkundemuseum der regionalen, nationalen und internationalen Forschungsgemeinde näher zu bringen und dafür zu werben, mit den bestehenden
Sammlungen wissenschaftlich zu arbeiten und Wissenschaftler aus aller Welt einzuladen an
diesem Hause tätig zu werden und zu kooperieren.
2. Vermittlungsstation naturwissenschaftlicher Erkenntnisse
Im Zuge der Neugestaltung des NKM ist besondere Rücksicht auf das zukünftige pädagogische Konzept zu nehmen. Eine spezielle Herausforderung stellt hierbei die Inklusion mit den
verschiedenen Anforderungen im Bezug auf allgemeine Barrierefreiheit dar. Dies schließt
sowohl die bauliche Anpassung des Museums im Generellen und der Ausstellungen im
Speziellen mit ein, aber auch das museumspädagogische Angebot. Um der zu erwartenden
zunehmenden Besucherzahl auch ein angemessenes pädagogischen Programm gegenüber zu stellen, dass auch das Thema Inklusion als zentrales Leitmotiv mit berücksichtigt,
ist es unumgänglich mindestens zwei volle Stellen für die Museumspädagogik zu besetzen,
sowie eine weitere Stelle im Bereich Bildung und Vermittlung zu schaffen. Grundlage einer
erfolgreichen und nachhaltigen museumspädagogischen Arbeit ist es, neben ausreichend
Personal auch ausreichend Räumlichkeiten zu schaffen, in denen die entsprechenden Programme separat stattfinden und somit den allgemeinen Museumsbetrieb nicht behindern
können. Letztlich ist eine direkte Koordinierung des museumspädagogischen Angebotes
mit dem Lehrplan der Schulen, sowie mit den Leitlinien und Maßnahmenkatalogen der verschiedenen Interessenvertreter im Bezug auf Barrierefreiheit zu gewährleisten.
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3. Kooperationen unter einem Dach – Chancen und Perspektiven
Um einen guten Start in einem von vielen Akteuren bereits erfolgreich bespielten Umfeld
zu gewährleisten, ist es wichtig ein von Anfang an gutes Verhältnis zu schaffen. Das betrifft
sowohl die ebenso in Halle 7 beheimateten freien Theater als auch die verschiedenen Protagonisten der Kunst- und Kulturszene die auf dem gesamten Gelände der Spinnerei verteilt
sind. Mögliche Kooperationen und Synergien sind vor allem durch die offene Kommunikation zu gewährleisten, was auf lange Sicht auch ganz wesentlich für den erfolgreichen Betrieb
aller Institutionen sein wird. Der gemeinsame Auftritt ist ein Faktor, der auch für potentielle
Drittmittelgeber essentiell sein wird wenn es um die Frage zukünftiger Investitionen geht.
Um nachhaltig erfolgreich zu sein, ist es ausschlaggebend die Attraktivität für Investoren
derart zu erhöhen und aufrecht zu halten, dass auch Projekte, die über die Neukonzeption
des NKM hinaus gehen und den Charakter des Hauses ständig am Puls der Zeit halten,
verwirklicht werden können. Im synergetischen Miteinander sind gemeinsame wie individuelle Ziele besser vermittel- und durchsetzbar. Darüber hinaus kann man sich die Besucher
gegenseitig zuspielen und Interesse am Nachbarn wecken.
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Schwerpunkte der zukünftigen Dauerausstellung
1. Dermoplastiken und Dioramen
Die bisherige Dauerausstellung setzte auf die nach wie vor unvermindert vorhandene ästhetische Wirkung der historischen Dioramen und die herausragenden Dermoplastiken
von Hermann Heinrich ter Meer als wesentliche identitätsstiftende Merkmale. Wann immer
man Besucher des Naturkundemuseums nach den besonderen Elementen der Ausstellung
fragt, werden die Tierpräparate und die naturräumlichen Darstellungen in den Dioramen
genannt. Selbstverständlich ist die Präsentation der Dioramen und der Dermopräparate in
den gegebenen Vitrinen und mit der eingesetzten Lichttechnik nicht mehr zeitgemäß, die
Rolle dieser Elemente als wichtige Identifikationsmittel ist aber ungebrochen. In der zukünftigen Ausstellung wird die historisch-ästhetische Charakteristik konserviert und in eine
moderne Interpretation des Themas Dermopräparate und Dioramen überführt. Das dabei
entstehende kreative Spannungsfeld wird dazu führen, dass der von vielen Besuchern lieb
gewonnene Charakter des alten NKM erkennbar bleibt, es aber trotzdem, modern und
nachhaltig interpretiert, eine Wirkung entfalten kann, die auf viele Jahre anziehend auf
neue Besucher wirkt.
2. Fossilien, Steine, Scherben
Die Themenfelder Geologie/Paläontologie, Archäologie und allgemeine Landschaftsentwicklung werden durch den Sammlungsbestand des Museums sehr gut repräsentiert und
bieten enormes Potential, um in entsprechend moderner Form der Darstellung und Vermittlung als enorm spannendes und pädagogisch wertvolles Thema der Ausstellung zu
agieren. Dieser Komplex wird in einer zweiten zentralen Inszenierung behandelt werden.
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Rekonstruktionen der fossilen Lebewelt, etwa zur Zeit des Oligozän (Darstellung Entelodon, Megalodon angustidens etc.) oder der Glaziale (Mammut, Riesenhirsch, menschliche
Besiedlung) vermitteln wesentliche Komponenten der Landschaftsprägung des Leipziger
Raumes und haben einen hohen Bildungswert in Bezug auf Vermittlung zum Verständnis einer sich stetig verändernden Umwelt. Ähnlich verhält es sich mit der stadt- und naturräumlichen Entwicklung, die in diesem Zusammenhang mit den für Nordwestsachsen einmaligen
archäologischen Objekten in einem angegliederten Handlungsstrang thematisch aufgegriffen wird. Die Inszenierung des naturraum- und landschaftsverändernden Einflusses des
Menschen wird die Sensibilisierung für mehr Umweltbewusstsein fördern und den Besucher
zur Selbstreflexion animieren. Dieses Thema kann somit hervorragend in pädagogische
Konzepte der Umweltbildung von Schulen und Umweltbildungseinrichtungen integriert
werden und wird in direkter Zusammenarbeit mit diesen Einrichtungen entwickelt.
3. Unterrepräsentierte Sammlungsbestände
Betrachtet man sämtliche Komponenten der Sammlung des NKM, so fällt auf, dass in Folge
der eingeschränkten Begehbarkeit des Hauses, wesentliche Ausstellungselemente vergangener Tage nicht mehr gezeigt werden konnten. An erster Stelle ist hierbei die Kollektion an
Vogelpräparaten zu nennen, die unter anderem auch eine enorm seltene und äußerst wertvolle Sammlung an Paradiesvögeln beinhaltet. Der ehemalige Bereich der Dauerausstellung
„Vögel der Welt“ wird hierbei schmerzlich vermisst. Das gleiche gilt für die Dermopräparate der Primaten mit den zugehörigen Hominiden, eines der Hauptwirkungsfelder von H.H.
ter Meer und damit auch eindrucksvoller Beweise der Kunstfertigkeit jenes herausragenden
Präparators. Vergleichbare ter Meer Präparate sind an anderen Museum, die sich glücklich
schätzen dürfen solche Preziosen zu besitzen, zentrale Ikonen der Dauerausstellungen. Im
Zuge der Neukonzipierung und Neudefinition der Dauerausstellung werden diese Schätze
ausdrucksstark in die szenische und thematische Gestaltung integriert. Zusätzlich werden
die Wirbellosensammlung und das Herbar stärker in die Ausstellungsgestaltung mit ein-
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gebunden. Beide Fachbereiche stellen wesentliche Stützen der wissenschaftlichen Arbeit
des Hauses dar. Objekte dieser Sammlungen lassen sich ohne Weiteres wirkungsvoll entweder als untermalende Komponenten in die Gestaltung der Zentralinszenierungen mit
integrieren oder können als eigenständige Themenbereiche präsentiert werden. Hierbei
spielt unter ästhetischen Gesichtspunkten vor allem auch die Sammlung an Tagfaltern und
Käfern, wie auch die Kollektion an Orchideen eine hervorzuhebende Rolle. Mollusken und
Echinodermata sollten vor allem in die zu errichtenden Zentralinszenierungen der Tiefsee,
auf die im Folgenden gesondert eingegangen werden wird, eingebracht werden.
4. Wissenschaftshistorie
Ein weiteres, für das Naturkundemuseum als ein Alleinstellungsmerkmal geltendes Feld, ist
die naturwissenschaftliche Historie der Stadt Leipzig. Leider findet sich in der gegenwärtigen Ausstellung hierzu nur ein sehr untergeordneter Bezug, voranging in Verbindung mit
H.H. ter Meer. In diesem Sinne ganz besonders bedeutsam erscheint die Geschichte der
ersten Deutschen Tiefseeexpedition „Valdivia“, initiiert und unter der Leitung des Leipziger Zoologieprofessors Carl Chun. Dessen Persönlichkeit ein museales Denkmal zu setzen
ist ohnehin längst überfällig, nicht nur weil es auch Ihm zu verdanken ist, dass ter Meer
als Präparator nach Leipzig ans Zoologische Museum der Universität kam. Das Abenteuer
„Valdivia“, das seinen Ursprung in Leipzig hatte, bietet in zahlreichen Handlungssträngen
einzigartige Möglichkeiten zur musealen Präsentation, Gestaltung und Vermittlung. In den
Sammlungsbeständen des NKM befinden sich Präparate jener Expedition, die von unschätzbarem Wert sind aber nie dauerhaft der Öffentlichkeit präsentiert wurden. Auch hat
eine Vermittlung dieser Facette Leipzigs, als Ausgangspunkt einer einmaligen wissenschaftlichen Sternstunde, bisher nicht stattgefunden. Gerade im Hinblick auf die Einzigartigkeit
dieser Unternehmung, wie auch hinsichtlich der enorm publikumswirksamen Interpretationsmöglichkeit des Themas in einer Dauerausstellung, wird das Themenfeld „Valdivia“ das
dritte zentrale Element der zukünftigen Dauerausstellung werden.
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Die Tiefsee stellt für Jedermann ein Faszinosum dar und gerade mit Hilfe der modernen
audiovisuellen Möglichkeiten ergibt sich hierbei eine äußerst spannende Komponente des
Ausstellungskonzeptes, ein Highlight der Dauerausstellung. In diesem Zusammenhang
muss auch verstärkt auf die Leipziger Geschichte der Naturwissenschaft im Allgemeinen,
die mit zahlreichen Namen wie Poeppig, Credner, Kossmat, Reichenbach, Meyer, Naumann u.v.m. verbunden ist, eingegangen werden. Leipzig ist und war nicht nur die Stadt
der Musik und Künste, sondern über viele Jahrhunderte hinweg auch Hort und Wiege der
Naturwissenschaft. Gerade im museumspädagogischen Angebot des Neuen Naturkundemuseums der Stadt Leipzig sollte dieses Thema eine schwergewichtige Rolle spielen.
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Das Museums am neuen Standort und Umsetzung der Leitidee
1. Das Raumkonzept
Bei der Auseinandersetzung mit dem Raumkonzept des neuen Naturkundemuseums wurde
deutlich, dass sich dieses nicht ausschließlich auf das Gebäude der Halle 7 konzentrieren darf,
sondern auch das städtische Umfeld mit in die Überlegungen mit einbezogen werden muss. In
erster Linie befindet man sich in der Umgebung eines ehemaligen und zum Teil noch aktiven
Industrieviertels. Der vorhandene industrielle Charme gereicht dort zum Vorteil, wo er dem
Leben und Wohnen Platz gemacht hat und wo Kunst und Kultur Einzug gehalten haben. Das
Gelände der Baumwollspinnerei legt in dieser Hinsicht deutliches Zeugnis ab. Stadtteilveranstaltungen wie WESTKULTUR oder WESTPAKET sind zu festen Größen im kulturellen Angebot
der Stadt erwachsen und Ausdruck eines neuen Selbstverständnisses seiner Bewohner.
Blickt man nun aber aus Halle 7 gen Westen, so bietet sich eher ein Bild der Ernüchterung und
auch das Gebäude an sich versprüht nicht gerade eine lebensbejahende Charakteristik und
wird es auch nicht im sanierten Zustand. Es bleibt, auch nach denkmalgerechter Rekonstruktion,
ein halbwegs nüchterner Industriebau der Gründerzeit.
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So wie sich nun aber der Leipziger Westen in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich im Wandel
befand und die Stadtteile Plagwitz und Lindenau zu den aufstrebenden Vierteln der Stadt gehören, so muss nun ein ebenso klares Signal vom zukünftigen Gebäude des Naturkundemuseums ausgehen. Es muss unmissverständlich als klar definierte Marke wahrgenommen werden
und soll dies auch nach außen tragen dürfen. All dies in enger Partnerschaft mit den Theatern.
Ganz Wesentlich für das Erscheinungsbild eines modernen Museum verantwortlich ist das
Hauptportal und das Atrium. Die Halle 7 der Baumwollspinnerei bietet mit der Westfassade
die Möglichkeit, dem Naturkundemuseum einen großzügigen und einladenden Zugang mit
scharf definierter Identität zu schaffen. Es gilt, das Gefühl vor den Toren der Stadt zu stehen, zu
transformieren und sich zum WEST-TOR, zum zentralen Zugang in die Kulturmetropole Leipzig, aufzuschwingen. Halle 7 wird zum Torhaus und die West-Zufahrt in die Spinnerei zu ihrer
Magistrale. So wie Stadttore zu allen Zeiten Plätze der Begegnung waren, so wird auch dem
Vorplatz vor dem Naturkundemuseum die Rolle eines Brodeltopfes zukommen, ein Ort wo die
Menschen zusammenkommen, ein Ort der Kommunikation und des Austausches, ein Ort der in
seiner Szenerie eher an ein römisches Forum denn an ein Museumsvorplatz erinnern soll.
Abbildung oben: Räumliche Situation auf dem Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei & Verkehrsanbindung
Abbildung Seite 13: Karte der kulturellen Vielfalt im Leipziger Westen – Protagonisten der Leipziger Westkultur
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Das optische Highlight des WEST-TORes und im Sinne der architektonischen Aufwertung auch
identitätsstiftendes Element, wird gebildet durch den Zweiklang aus vor die Fassade gesetzter, vertikal gegliederter Glasfront und darin symbolhaft aufgeladener Treppenkonstruktion in
Form einer Doppelhelix. In der Fassade bilden die ehemaligen Fensterflächen, zusammen mit
der Einnischung im zentralen Bereich, die senkrechten Strukturelemente des Portals, die sich
mit den gläsernen Bruchkanten des Vorbaus wie gekreuzte Klingen zu duellieren scheinen. Zur
Basis gehen die Fensterfronten in die Eingangstüren des Museums über. Entscheidende Bedeutung als Kommunikationsmedium kommt der Glaskonstruktion zu, die via LED-Paneel als
digitale Leinwand, sowohl die Besucher als auch den Durchgangsverkehr, tagesaktuell über
die Programmhighlights des Museums und der Theater informiert, darüber hinaus aber auch
für Freilichtveranstaltungen, wie Sommertheater oder als Kino eine Kulisse bietet.
Abbildung oben: Visualisierung des zukünftigen Erscheinungsbildes der Westfassade Halle 7 mit Glasvorbau und Doppelhelix-Treppenkonstruktion, Wirkung der LED-Panele als Projektionsfläche, Illumination bei Nacht
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Der Zugang ins Gebäude gestaltet sich spektakulär. Über die vier Doppelflügeltüren betritt
man das lichtdurchflutete Atrium mit etwa 9 Metern lichter Höhe. Café und zentraler Empfangsbereich heißen willkommen. Galerien und zahlreiche Blickachsen vermitteln Transparenz und Leichtigkeit. Spielerisch wird die filigrane Skelettbauweise des Gebäudes vom
gewaltigen Skelett eines Pottwales aufgenommen. Das hell-luftige und beschwingte Ambiente lädt ein zum Verweilen im Café oder einfach nur das illustre Treiben zu beobachten.
Der großzügige Charakter soll aber nicht nur dem Museum zu Gute kommen.
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Das Entrée gemeinsam mit den Theatern zu nutzen versprüht Charme und Offenheit, zumal
dieser Bereich für Publikum aller Couleur frei zugänglich ist. Die kostenpflichtigen Eintrittsareale beginnen fürs Museum erst direkt hinter der gemeinsam genutzten Kasse und führen
im Fall der Theater zurück in den Glasvorbau und über die expressive Außentreppe in die
oberen Geschosse. Der Auf- und Abgang über die transparente Freitreppe verleiht dem
Theaterbesuch wesentlich mehr Stil und Esprit als über das recht beengt wirkende historische Treppenhaus und lässt den Besucher aktiv mit seinem Umfeld kommunizieren.
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Folgende Szenarien stellen die drei thematischen Eckpfeiler des Neuen Naturkundemuseums dar und sind jeweils über das Erdgeschoss erreichbar:
•
Das Mammut von Borna – Eine Geschichte aus Eis und Feuer
•
Valdivia – Von Leipzig in die Tiefen der Weltmeere
•
Tour de ter Meer – Präparationskunst im Spannungsfeld der Generationen
Die drei Eckpfeiler haben jeweils den Charakter einer Zentralinszenierung mit eigenständigem Profil. Zwischen den drei Hauptsträngen verlaufen inhaltliche Nebenstränge. Die
Hauptinszenierungen verbinden jeweils mehrere Themen aus allen Fachbereichen des Museums zu einem ganzheitlichen Gebilde. Das Museum wird hierbei als eigenständiger Organismus begriffen. Die Architektur bildet das Skelett, die interaktiven Handlungsstränge
das Nervensystem, der Besucher ist schließlich Muskel und Impulsgeber. In Gänze erwacht
das Museum zum Leben. Realisiert wird dieses Prinzip über eine umfassende Vernetzung
des Hauses und seiner Ausstellungselemente. Der Besucher entscheidet im Eingangsbereich, ob er dem klassischen Leitsystem folgt oder ob er an einer Art interaktiver Landkarte
des Museums, in Form eines Touchscreens, Route und Verweildauer selbst bestimmt. Er
greift aktiv und selbstbestimmt ein und findet seinen individuellen Weg, den er sowohl
speichern und nachverfolgen aber auch via Social Media teilen kann.
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Für andere Besucher sind diese Entscheidungen direkt und in Echtzeit als Lichtimpuls wahrnehmbar. Je mehr Menschen einem Strang folgen desto höher ist die Frequenz in der er
pulst. Von Station zu Station trifft man Entscheidungen wie der Weg fortgesetzt werden
soll. Hauptstränge bilden Verknüpfungen ähnlich jenen in unserem Gehirn, wenig genutzte
Bereiche verkümmern. Schließlich bildet sich über die Zeit ein Muster heraus, der Charakter und die Seele des Museums. Die anonymen Daten werden gesammelt und geben wie
in einem Nervensystem Auskunft über Haupt- und Nebenstränge, Vorlieben und Schwächen. Auf diese Art kann das Museum sich beständig selbst evaluieren. Was funktioniert,
was muss angepasst werden. Nichts bewegt sich schneller als Zeitgeist. Diesem Tempo
zu folgen ist Herausforderung und Chance zugleich. Nie zuvor hatte man die Möglichkeit
das Besucherverhalten direkt zu übersetzen, in Ausstellungen, Inszenierungen und pädagogische Programme. Das Museum als dynamischen und fließenden Prozess zu begreifen
und diesem Organismus ein Wesen zuzugestehen, welches vom Besucher beeinflusst und
geprägt wird, stellt ein absolutes Novum in der globalen musealen Landschaft dar. Es zeigt
eine neue Qualität der Interaktion auf und wandelt den Besucher vom reinen Konsumenten
zum interaktiven Gestalter. Als Teil dieses Organismus wird er zum kreativen Organ ohne
welches das wahre Herz des Museums nicht zu schlagen im Stande wäre.
Die Ganzheitlichkeit des Hauses spiegelt sich auch thematisch wieder. Zoologie, Botanik,
Geologie, Paläontologie und Archäologie werden nicht getrennt voneinander abgehandelt, sondern soweit wie möglich integrativ behandelt. So bedingt die Geologie etwa das
Gesicht von Landschaft, Flora und Fauna. Der Mensch wiederum verändert diese. Das Eine
beeinflusst, durchdringt und manipuliert das Andere. Dieses beständige Wechselspiel als
das zentrale Element unserer Welt, gilt es in den Inszenierungen sowohl unter ästhetischen
Gesichtspunkten, als auch fachlich korrekt und authentisch dem Besucher nahe zu bringen.
Neben den Zentralthemen, die vor allem auch unter ästhetischen Gesichtspunkten Alleinstellungsmerkmale darstellen, spielen die Nebenstränge eine gewichtige Rolle. Hier werden
eminent wichtigen Themen wie Umweltbildung, naturräumliches Verständnis, Grundprinzipien der Biologie, Geologie, Paläontologie und Archäologie sowie die allgemeinen Na-
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turgesetze vermittelt. Im ersten Themenbereich sammeln sich um die Zentralinszenierung
„Mammut von Borna“, die erdgeschichtlichen Aspekte der Leipziger Region. Beginnend
bei der Entstehung der Leipziger Grauwacke vor gut 600 Millionen Jahren, geht die Ausstellung über zur Zeit als die tertiäre Nordsee die Leipziger Region prägte, die Gletscher
der großen Eiszeiten das Gesicht der Landschaft prägten und auch der Mensch erstmals in
Erscheinung trat und letztlich im Anthropozän die Herrschaft übernahm und das Gesicht der
Erde nachhaltig veränderte. Von der ersten Themenwelt geht es direkt über in die Welt der
Tiefsee und die sehr spannende entsprechende Zentralinszenierung. Über ein Treppenhaus
wird man in diesem Bereich schrittweise „abtauchen“ in die Tiefen des ewigen Dunkel und
Kontakt aufnehmen zur bizarren Lebewelt des Abyssal. Das umfassende Thema beschäftigt
sich aber neben der Tiefseeforschung hauptsächlich mit Leipziger Wissenschaftshistorie
und den damit im Zusammenhang stehenden herausragenden Persönlichkeiten. Wissenschaftlern wie Eduard Poeppig, der seinerzeit in seiner Bedeutung ebenbürdig war zu Alexander von Humboldt, über die Zeit aber zusehends in Vergessenheit geraten ist, oder
Hermann Credner, der Vater der modernen Geologie und dem mit Sachsen die weltweit
erste geologische Kartierung eines Landes gelang. Nicht zu vergessen Heinrich Naumann
und Bernhardt von Cotta, die Väter der deutschen Eiszeitforschung. Zahlreich sind die Namen denen endlich ein adäquates Denkmal gesetzt werden sollte und deren Geschichte
erzählt werden muss. Eine Geschichte welche die Leipziger Bürger mit Stolz erfüllen und
für unzählige Aha-Momente sorgen wird. Die Dauerausstellung setzt sich im Erdgeschoss
in der kolossalen Skulptur des Tour de ter Meer fort. Auch hier leitet ein Treppenaufgang
über, in diesem Fall aber nicht in den Keller, sondern ins erste Geschoss und damit auch in
den Bereich der Sonderausstellung. Im, die Zentralinstallation umgebenden Themenfeld,
beschäftigt sich die Ausstellung mit der Präparationskunst im Allgemeinen. Vom Kuriositätenkabinett bis in moderne Sammlungsmagazine, vom einfachen Ausstopfen hin zur Kunst
der Taxidermie und Dermopräparation. Zu sehen sein wird außerdem eine detailgetreue
Nachbildung der Werkstatt von Hermann Heinrich ter Meer, wie sie in seinem Atelier in der
Leipziger Kochstraße existierte und Schöpfungsort der zahlreichen weltberühmten Exponate gewesen ist. Weitere Themenfelder betreffen vor allem den Leipziger Naturraum von
heute. So wird umfänglich berichtet vom Auwald und allen damit in Verbindung stehenden
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Habitaten und Lebensformen, von Teich, Moor, Feld und Wiese aber auch von den urbanen
Lebensräumen der Stadt. Das erste Obergeschoss ist neben den doppelgeschossigen Zentralinszenierungen vor allem dem Sonderausstellungsbereich und der Pädagogik vorbehalten. Ganz besondere Bedeutung hat hier der Multi Purpose Bereich, der als heller Arbeitsraum separat zugänglich ist und vom allgemeinen Besucherbetrieb getrennt, ausreichend
Platz für Veranstaltungen aller Art, wie Konferenzen, Workshops oder Fachgruppentreffen
aber auch, durch seine modular anpassbaren Raumkonzepte der Museumspädagogik neue
Freiheiten und Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Potentiale die den meisten Museen völlig
fehlen. Zusätzlich bietet diese räumliche Aufteilung die Möglichkeit die Museumsbibliothek
öffentlich nutzbar und vom Museumsbetrieb unabhängig zu machen.
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Im Kellergeschoss und dem zweiten Obergeschoss finden die Arbeitsräume der Museumsmitarbeiter und das Magazin Platz. Diese Bereiche sind somit klar vom öffentlichen
Besucherbereich getrennt und separat zugänglich. Das Magazin im Kellergeschoss beinhaltet auch die Arbeits-, Labor-, und Präparationsräume, die an der Fensterfront der Souterrain Südseite entsprechend der Arbeitsstättenverordnung gerecht unter kommen können.
Durch die räumliche Nähe von Magazin und Arbeitsräumen wird auch ein unnötiges Bewegen von Sammlungsobjekten verhindert und einer damit verbundenen Gefährdung vorgebeugt. Zusätzlich zu dem alle Geschosse versorgenden Personenaufzug zwischen „Valdivia“ und „Tour de ter Meer“, erschließt ein weiterer Lastenaufzug nahe der Verladerampe
alle Ebenen. Das zweite Obergeschoss bietet Büroflächen für Verwaltung, Pädagogik und
Direktorat, sowie einen Vortragssaal für über 200 Gäste, der über das Treppenhaus des
„Tour de ter Meer“ aber auch separat über das Treppenhaus der Südseite zugänglich ist.
Über einen Glasboden kann man zusätzlich in die Szene des „Tour de ter Meer“ blicken.
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2. Die Zentralinszenierungen
Das Mammut von Borna – Eine Geschichte aus Eis und Feuer
Die Geschichte des „Mammut von Borna“ ist stark im Bewusstsein vieler Leipziger verwurzelt
und war bereits in vielen Planungen Element des Dauerausstellungsbereiches. 1908 in einer
Lehmgrube am Wyhra-Ufer entdeckt, wurde das nahezu vollständig erhaltene Mammutskelett seit Ende 1909 in der Prähistorischen Abteilung des Leipziger Museums für Völkerkunde als zentrale Inszenierung präsentiert und war dort bis zur Zerstörung in der Bombennacht
vom 4. Dezember 1943 die Attraktion. Teile sind noch im Fundus des Naturkundemuseums
gelagert, weitere Teile lagern zusammen mit Brandschutt in Kisten in Museen in Berlin. Theoretisch könnte es dank moderner Technik rekonstruiert werden, der Leipziger Paläontologe
Johannes Felix (1859–1941) hatte es einst millimetergenau vermessen und mittels zahlreicher
Fotografien und Zeichnungen dokumentiert. Dies sollte aber nicht der Weg sein diese faszinierende Geschichte zu erzählen. Das besondere Momentum und der wesentlich stärker zu
vermittelnde und aufs Äußerste fesselnde Spannungsbogen steckt in der Geschichte jener
Knochen vom verendenden Tier der Eiszeit und Fossilwerdung, zur Bergung und Präsentation Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur letztendlichen Zerstörung in der Bombennacht 1943.
Abbildung oben: Das Skelett des Mammuts von Borna wie es bis 1943 in der prähistorischen Abteilung im Grassimuseum für Völkerkunde stand
Abbildung Doppelseite 16/17: Visualisierung des zukünftigen Eingangsbereiches Halle 7 – Das Atrium
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Die verkohlten Reste und infolge der Hitzeeinwirkung verbogenen Armierungen werden
in der ersten Zentralinszenierung Ihren Platz wiederfinden. Der Schrecken des Krieges und
der Zerstörung wird aber erstmals auch Teil dieser Geschichte sein. Das Mammut von Borna
wird in einem feinen, äthergleichem Nebel aus Wasserdampf wiederauferstehen in einem
Theater aus Eis. Ein riesiger begehbarer Eisblock symbolisiert jene Zeit der Kälte und des
vorrückenden Inlandeises. Das Innere des Gletschers wird zur nicht greifbaren surrealen
Bühne und dient als Projektionsfläche für eine holografischen Darstellung des zotteligen
Tieres, wie es einst durch die Eiszeitlandschaft des Elsterglazials schritt, als Fossil konserviert wurde und als Highlight der prähistorischen Ausstellung des Grassimuseums die Besucher vor gut 100 Jahren faszinierte und schließlich in der Bombennacht von 1943 im Feuersturm unterging. Die zeitliche Komponente des Entstehen und Vergehen wir durch die
wabernden Nebelschwaden auf eindrucksvolle Weise vermittelt. Der Betrachter versteht,
was Zeit bedeutet, Sie ist niemals greifbar, unaufhaltsam. Die perfekte Illusion, jederzeit
mit der Hand durchdringbar und verletzbar, entsteht immer wieder aufs Neue. Die Kulisse beschreibt jene Eislandschaft mit all den fossilen Zeugen der Flora und Fauna, die in
den Sammlungsbeständen des Museums darauf warten Ihre Geschichte zu erzählen. Etwa
die Geschichte vom Riesenhirsch, von Höhlenbär und Höhlenlöwe und deren beständiger
Kampf ums Überleben, bei dem auch der Mensch eine erste gewichtige Rolle spielt. In der
genannten Inszenierung werden Geologie, Paläontologie, Zoologie, Botanik und Archäologie auf beeindruckende und fesselnde Art und Weise miteinander verknüpft. In den abzweigenden Nebensträngen wird die erdgeschichtliche Vergangenheit des Leipziger Raumes präsentiert, von der Entstehung der Leipziger Grauwacke im Präkambrium, über die
Geschichte der Nordsee in der Leipziger Tieflandsbucht im Känozoikum, bis in die bereits
beschriebene Zeit der quartären Eisvorstöße. Neben der eiszeitlichen Lebewelt übt hierbei
vor allem die tertiäre Lebensgemeinschaft der Leipziger Küstenregion eine gewaltige Faszination aus. Rekonstruktionen von Schreckschwein und Riesenzahnhai stellen eindrucksvolle
Zeugnisse jener Zeiten dar und werden den Besucher in Ihren Bann ziehen.
Abbildung Seite 27: Visualisierung der Zentralinszenierung Mammut von Borna – Eine Geschichte aus Eis und Feuer
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2. Valdivia – Von Leipzig in die Tiefen der Weltmeere
Ein weiteres Highlight der Ausstellung wird die Wissenschaftshistorie Leipzigs. Ganz zentrales Thema ist hierbei die Erste Deutsche Tiefseeexpedition, die der Leipziger Zoologie-Professor Carl Chun 1898 mit dem Forschungsschiff Valdivia startete. In der zweiten
Zentralinszenierung taucht der Besucher ein in die faszinierende Welt des Abyssal. Szenische Kulisse ist der Trichter aus Licht, der dem Charakter des Tiefengradienten entspricht.
Je tiefer man unter Wasser vordringt, desto enger wird der umgebende Trichter aus Licht.
An der Oberfläche sieht man schemenhaft den Bug der Valdivia und ein Trichternetz mit
dem die Wissenschaftler auf der Jagd nach den Wesen der Tiefe waren. Das Skelett eines
Pottwales liegt auf einem Felsvorsprung am Boden und wird von weißen Tiefseekrabben
und Serpuliden zersetzt. Die Inszenierung durchbricht den Boden des Erdgeschosses und
begibt sich in das Kellergeschoss. Dort erwartet den Besucher ein Platz zum Verweilen
mit Liegemöglichkeiten. Man soll den Raum auf sich wirken lassen und das Spiel aus Licht
und Farben verfolgen. Die Wesen der Tiefsee werden auf besondere audiovisuelle Art und
Weise zum Leben erweckt. Kommunikation im Dunkel erfolgt über Licht und Ton. Ähnlich
wird sich die Szene präsentieren. Tiefseekalmare, Rippenquallen, Drachenköpfe und andere biolumineszente Lebewesen werden „via Licht und Sound ins Gespräch“ treten.
Abbildung oben: Glaskopffisch oder Gespensterfisch, Abbildung aus „Aus den Tiefen des Weltmeeres“ C. CHUN
Abbildung Seite 29: Visualisierung der Zentralinszenierung Valdivia – Von Leipzig in die Tiefen der Weltmeere
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Der Besucher bekommt die Möglichkeiten selber Lichtsignale auszusenden und in die Kommunikation mit einzustimmen. Sensoren empfangen die Signale und antworten. Auf diesem
Wege entsteht ein interaktives Spannungsfeld aus „Call and Response“ das den Teilnehmer fasziniert und die Gesetze der Tiefsee erleben lässt. Spezielle Geschichten sind jene
der Tiefseestaatsquallen, die aus fluoreszierendem Glas rekonstruiert werden und durch
das Positionslicht des als Tauchglocke getarnten Aufzuges energetisch aufgeladen werden
und somit „biolumineszent“ zu leuchten beginnen. Beobachtet werden die riesigen Nesseltiere durch die teleskopartigen Augen eines Glaskopffisches, der nur darauf wartet den
fragilen Geschöpfen ihre Beute zu entreißen. Entdeckt wurde dieser Fisch während der
Valdivia Expedition und in Folge im Jahre 1900 auch erstmalig dokumentiert. Lange wusste
man nicht so recht was es mit diesem eigenartigen Geschöpf auf sich hatte. Erst im Jahre
2009 schwamm auf einer Tauchexpedition ein sonderbares, beinahe unwirkliches Tier vor
die Linse des Tauchroboters. Es war ein Vertreter eben jener Gespensterfische (Opistoproctidae), die auf sonderbare Weise in der Lage sind, Ihre Augen wie ein Teleskop nach oben
zu drehen und durch ihre völlig transparente glasklare Schädelkapsel gen Restlichtzone
zu blicken, um dort nach den besagten Staatsquallen Ausschau zu halten. Einmal erspäht,
schwimmen die bizarren Fische zur Qualle, schwenken ihre Augen nach vorne und entreißen die erbeuteten Fische den Tentakeln. Mundraub in der Tiefsee – Nichts ist spannender
als die Geschichten der Natur und das Leben der Tiefsee ist voller bizarrer Geschöpfe. Sich
mit diesen auseinanderzusetzen, inne zu halten und einen speziellen Moment der Ruhe zu
genießen, ist die große Stärke dieser Inszenierung.
Als Kernelement konzentriert sich schließlich der Blick auf eine Wand aus gläsernen Bullaugen, die in dunkelblauem Licht den Raum begrenzt. Hier blickt der Besucher auf die originalen
Objekte der Valdiviaexpedition, die Präparate der Nasssammlung in Glasbehältern, die sich in
den Sammlungsbeständen des Museums befinden. Dieses Schaufenster in das Magazin der
Museumssammlung, stellt ein weiteres Highlight der Dauerausstellung dar und funktioniert als
optisch und ästhetisch wirkungsvolles Schaumagazin, das beide Bereiche des Museums auf
spezielle Art und Weise verbindet. Als Nebenstränge werden die Forschungsreise der Valdivia
und Ihrer Teilnehmer erzählt und die weiteren Geschichten der Leipziger Wissenschaftshistorie
vermittelt. Ein Stück authentisches Leipzig, das beinahe in Vergessenheit geraten ist.
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3. Tour de ter Meer – Präparationskunst im Spannungsfeld der Generationen
Die dritte und letzte Zentralinszenierung beschäftigt sich mit der Geschichte der Dermopräparation, die ganz wesentlich mit dem Namen Hermann Heinrich ter Meer und seiner Wirkungsstätte in Leipzig verbunden ist. Hierbei werden die historischen Dioramen von ter Meer als begehbarer Turm präsentiert. Die Wände des Turmes bestehen aus den ter Meer‘schen Dioramen
die in Ihrer statischen Anmutung ins Innere des Turmes blicken und auf die im Zentrum sich
erhebende Skulptur aus Tierkörpern blicken. Diese trophische Pyramide stellt die Elemente der
natürlichen Nahrungskette dar mit all Ihrer Dramatik und Dynamik. Sie ist zugleich Ausdruck
der modernen Möglichkeiten der Taxidermie, die in der Lage ist die natürliche Bewegung und
Dynamik einzufangen. Das Spannungsfeld aus historischer und moderner Präparation ermöglicht dem Besucher den direkten Kontakt zum Verständnis musealer Darstellung vor 100 Jahren
und heute. Der Besucher kann schließlich über eine spiralige Treppe im Turm um die Pyramide
gehen und jedes Detail erfassen. Studenten der Biologie werden hier ebenso Skizzen der Anatomie anfertigen wie Vertreter der Fine Arts Bewegungsstudien anfertigen. Der Besucher wird
in den Bann der Bewegung gezogen, die vor seinen Augen erstarrt zu sein scheint. Über die
Treppe steigt er auf in der Nahrungskette und erreicht somit auch die nächste Geschossebene.
Abbildung Seite 31: „Die Erde“ Gemälde der Spätrenaissance von Giuseppe Arcimboldo, 1566
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Thematisch ist die Skulptur aus Präparaten in die verschiedenen Lebensräume der Kontinente
unterteilt. Von der Basis bis zur Spitze werden die unterschiedlichen Habitate vom Flussufer,
den Urwald-, Wüsten- oder Gebirgsregionen dargestellt. Lateral gehen Afrika, Südamerika,
Nordamerika und Eurasien ineinander über. Australien und Madagaskar scheinen als schwere-
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lose Inseln im Raum zu schweben. Der Besucher erhält einen Eindruck von der Mannigfaltigkeit
der Tier- und Pflanzenwelt unseres Planeten und versteht warum nichts voneinander trennbar
ist. Entfernt man einen Spieler, so stoppt das ganze Spiel, das Kartenhaus stürzt zusammen. Das
Verständnis für unsere Welt vermittelt durch die Kraft der Ästhetik. Hier schließt sich der Kreis.
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Abbildung Doppelseite 32/33: Entwurfszeichnung der Zentralinszenierung „Tour de ter Meer – Präparationskunst im
Spannungsfeld der Generationen“
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Abbildung Doppelseite 34/35: Visualisierung der Zentralinszenierung „Tour de ter Meer – Präparationskunst im Spannungsfeld der Generationen“
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© Naturkundemuseum Leipzig, 2017