Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1271786.pdf
Größe
115 kB
Erstellt
25.04.17, 12:00
Aktualisiert
06.06.17, 13:47
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Verwaltungsstandpunkt Nr. VI-A-03785-VSP-01
Status: öffentlich
Eingereicht von
Dezernat Stadtentwicklung und Bau
Betreff:
Sozialen Wohnungsbau unterstützen
Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten):
Gremium
voraussichtler
Sitzungstermin
Zuständigkeit
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
FA Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
FA Stadtentwicklung und Bau
Ratsversammlung
08.06.2017
20.06.2017
21.06.2017
Bestätigung
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
Rechtliche Konsequenzen
Der gemäß Ursprungsantrag gefasste Beschluss wäre
Rechtswidrig und/oder
x Nachteilig für die Stadt Leipzig.
Zustimmung
Ablehnung
Zustimmung mit Ergänzung
Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln
x Alternativvorschlag
x Sachstandsbericht
Alternativvorschlag:
1. Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen soll durch städtebauliche Verträge mit den
Planungsbegünstigten sichergestellt werden, dass 30 % der Bruttogeschossfläche,
die für Wohnen im Geschosswohnungsbau vorgesehen sind, als mietpreis- und
belegungsgebundener Wohnungsbau entsprechend der jeweils geltenden
Förderrichtlinie des Freistaates Sachsen (aktuell RL gebundener Mietwohnraum - RL
gMW vom 22.11.2016) errichtet werden.
2. Diese Bindung gilt für Bebauungspläne, in denen die planungsrechtliche Zulässigkeit
für mindestens 5.000 qm Bruttogeschossfläche für den Geschosswohnungsbau
begründet wird und bei denen noch kein Aufstellungsbeschluss gem. §2 Abs. 1
BauGB gefasst wurde.
3. Sofern im Einzelfall ein Verzicht auf die Bindung nach Ziffer 2 zweckdienlich ist, ist
dies in der Begründung zum Aufstellungsbeschluss umfassend darzulegen.
4. Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, ob und in welchem Umfang die
Bindung auch bei Bebauungsplänen angewandt werden kann, bei denen ein
Aufstellungsbeschluss bereits gefasst wurde, aber die öffentliche Auslegung gem. § 3
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Abs. 2 BauGB noch nicht erfolgt ist. Das Prüfergebnis ist spätestens jeweils mit dem
Auslegungsbeschluss vorzulegen.
5. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, dem Stadtrat zum ersten Quartal 2018
Ausführungsregelungen für Ziffer 1 vorzulegen.
6. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im Sinne einer zielorientierten Steuerung bei
der Vergabe von Wohnungsbauförderung in bestehenden Bebauungsplangebieten
und in den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen nach § 34 BauGB bei
entstehenden Projekten in Verhandlung mit den Vorhabenträgern zur
Inanspruchnahme der Wohnungsbauförderung zu treten.
Sachstandsbericht und Begründung
Ziel des Antragstellers ist es, angesichts der zunehmenden Anspannung auf dem Leipziger
Wohnungsmarkt den Neubau von mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnraum
entsprechend der aktuell geltenden Förderrichtlinie des Freistaates Sachsen zu forcieren
bzw. darüber hinaus neuen Wohnraum entsprechend der Eckwerte für die Kosten der
Unterkunft für Leistungsberechtigte gemäß SGB II und SGB XII zu schaffen.
Diese Ziele entsprechen den wohnungspolitischen Zielstellungen der Stadt Leipzig.
Bevor auf das hierfür notwendige Instrumentarium und die Beschlussvorschläge
eingegangen wird, werden im Folgendem die Rahmenbedingungen der aktuellen Situation
des Leipziger Wohnungsmarktes sowie die Zielstellung des WoPoKo kurz beleuchtet.
Aktuelle Situation des Leipziger Wohnungsmarktes
Der Wohnungsmarkt ist von einer starken Dynamik gekennzeichnet. Im Jahr 2016 hatten
579.530 Einwohner ihren Hauptwohnsitz in Leipzig und die Stadt hat 11.684 Einwohner
hinzugewonnen, was einem Bevölkerungswachstum von knapp 2,1 % entspricht. Für 2030
wird ein Bevölkerungswachstum auf 722.000 Einwohner prognostiziert. Der marktaktive
Leerstand geht weiter zurück und es ist eine zunehmende Marktanspannung zu verzeichnen.
Auch die Bau- und Sanierungstätigkeit hat sich intensiviert. Dabei haben die
Baufertigstellungen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern spürbar zugenommen.
Aufgrund der hohen Baukosten und des vergleichsweise niedrigen Mietniveaus im Bestand
entstehen Neubauwohnungen ausschließlich im höherpreisigen Segment. Insbesondere die
Angebotsmieten sind - von einem niedrigen Niveau kommend - in den letzten Jahren deutlich
angestiegen. Gleichzeitig ist das Einkommensniveau der Bevölkerung im
bundesdurchschnittlichen Vergleich trotz vergangener Lohnsteigerungen immer noch gering.
Wohnungspolitische Zielstellung der Stadt Leipzig
Aus den im Wohnungspolitischen Konzept, Fortschreibung 2015, (Beschluss VI-DS-01475
vom 16.09.2015) festgelegten wohnungspolitischen Leitlinien der Stadt kann abgeleitet
werden, welche Ziele mit dem Einsatz von Wohnungsbauförderung verfolgt:
- preisgünstigen Wohnraum vor allem im Bestand für die Versorgung von
einkommensschwacher Haushalte schaffen
- bezahlbaren Wohnraum im Bestand sowie im Neubau für Haushalte mit geringem und
mittlerem Einkommen schaffen
- bedarfsgerechte Wohnungsgrößen und -qualitäten für Haushalte mit geringen bis mittleren
Einkommen sowie für Haushalte mit Familien, Senioren und Menschen mit Behinderung
schaffen
- sozial, demographisch, ethnisch und nutzungsstrukturell gemischte Stadtteile erhalten und
entwickeln. Benachteiligungen in Stadtteilen und Segregationstendenzen dämpfen und
Wohnbauförderung im Schwerpunkt in den Stadtteilen realisieren, deren Anteil an
Wohnraum im preisgünstigen Segment unterdurchschnittlich ist.
Zum ursprünglichen Beschlussvorschlag 1:
Der Antragsteller bringt den Vorschlag ein, im Zuge sämtlicher Bauleitplanungen mit
geplanter Wohnbebauung zu prüfen, inwiefern und in welcher Größenordnung
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Festsetzungen in Bebauungsplänen nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB getroffen werden können,
um angemessenen Wohnraum für Leistungsberechtigte nach SGB II und SGBXII realisieren
zu können.
Der § 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB ermöglicht, die Flächen festzusetzen, auf denen nur
"Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten,
errichtet werden dürfen." Ein Zwang, hier geförderten mietpreis- und belegungsgebundenen
Wohnungsbau zu realisieren, ist damit nicht gegeben. Es werden im Bebauungsplan die für
sozialen Wohnungsbau geeignete Flächen räumlich festgesetzt. Eine verbindliche
Realisierung kann nur über einen städtebaulichen Vertrag abgesichert werden.
Eine dementsprechende Festsetzung zwingt die Betroffenen selbst dann nicht zur
Inanspruchnahme von Mitteln der sozialen Wohnraumförderung, wenn diese zum Zeitpunkt
der Errichtung der Wohnungen zur Verfügung stehen. Städte wie München und Münster
verzichten deshalb auf diese Festsetzung. Der Investor müsste sich im Verfahrensschritt der
Offenlage nach § 3 Abs. 2 BauGB festlegen, wo er den sozialen Wohnraum verorten will.
Der dazugehörige städtebauliche Vertrag, der den geförderten Wohnungsbau dann rechtlich
absichert, wird aber später, kurz vor dem Satzungsbeschluss unterzeichnet. Der Investor
verliert damit Handlungsspielraum für sein Vorhaben.
Das Ziel, angemessenen Wohnraum für Leistungsberechtigte nach SGB II und SGBXII zu
bauen, ist auf Grundlage des aktuellen Förderprogramms (RL gebundener Mietwohnraum RL gMW vom 22.11.2016) im Neubau nicht zu erreichen. Mit dem Förderprogramm können
Belegungsrechte über 15 Jahre und Mietpreise 35 % unterhalb der festgesetzten
durchschnittlichen Angebotsmiete vergleichbarer Wohnungen festgelegt werden. Dies ist zu
begrüßen, da so bezahlbarer Wohnraum für die betroffenen Gruppen gebaut und angeboten
werden kann. Im Neubau ist der KdU - Richtwert trotz Förderung aber nicht zu erreichen. Bei
einer marktüblichen Neubaumiete von ca. 10 €/ qm netto kalt, werden 3,50 €/ qm gefördert,
die Miete läge damit bei 6,50 €/ qm netto kalt.
Der KdU-Richtwert liegt aktuell zwischen 4,51 - 4,72 €/ qm netto kalt. Mieten in dieser Höhe
können nur im Rahmen einer geförderten Sanierung bestehender Wohnungen erzielt
werden.
Alternativvorschlag - Begründung
Vor diesem Hintergrund schlägt die Verwaltung - auch in Anlehnung an das Vorgehen
vergleichbarer Städte - einen Grundsatzbeschluss vor, für alle neu aufzustellenden
Bebauungspläne 30 % geförderten Wohnungsbau über einen städtebaulichen Vertrag zu
sichern.
Dieser Weg wird einer Untersuchung des deutschen Städtetages zur Folge von 19 der 22
befragten Städte verfolgt.
Diese verbindliche Quote zur Realisierung sozial geförderten Wohnraums ab einem auch
von vergleichbaren Städten verwendeten Schwellenwert von 5.000 qm Bruttogeschossfläche
(entspricht ca. 50 Wohneinheiten) sichert einen in der Verwaltung vertretbaren Aufwand zur
Erzielung einer Mindestmenge geförderter Wohneinheiten. Dieses Vorgehen bewirkt die
Gleichbehandlung der Vorhabenträger und bringt Planungs- und Rechtssicherheit für
Vorhaben.
Mit dem vorliegenden alternativen Beschlussvorschlag wird langfristig gesichert, dass die zur
Verfügung stehenden Fördermittel genutzt werden. Der Investor wird zur Inanspruchnahme
verpflichtet, wenn er Baurecht über einen Bebauungsplan erzielen will.
Es soll für den geförderten Wohnungsbau eine stadtweit einheitliche Quote des Anteils an
gefördertem Wohnungsbau von 30 Prozent gelten, um eine soziale Mischung möglichst in
allen Quartieren zu gewährleisten. Also auch Quartiere mit hohen Mietpreisen, in denen eher
eine Neubautätigkeit zu erwarten ist, sowie ganz neu aufgeschlossenen Gebiete sollen mit
sozialem Wohnungsbau belegt und sozial durchmischt werden. Eine stadtweit einheitliche
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Quote erleichtert den Umgang mit dem Bauherren, sichert eine Gleichbehandlung im
Verfahren für die Planbegünstigten und stärkt die Rechtssicherheit des Verfahrens.
Im Einzelfall sind Fallkonstellationen möglich, bei denen eine strikte Bindung der Aufstellung
eines Bebauungsplanes an die verpflichtende Bindung zur Inanspruchnahme von Mitteln der
sozialen Wohnraumförderung zur Erreichung der jeweiligen städtebaulichen Ziele der
Bebauungsplanung nicht geeignet sind. Als Beispiele können genannt werden: Die
Aufstellung eines Bebauungsplanes zur Steuerung oder Begrenzung der zulässigen
baulichen Nutzung oder eine Bebauungsplanung zur Umnutzung von Baudenkmalen, bei
denen die innere Grundrissstruktur nicht den förderfähigen Flächenvorgaben entspricht. In
derartigen Fällen ist der Ausnahmetatbestand in der Begründung zum Aufstellungsbeschluss
darzulegen.
Um die o.g. Regelung möglichst nicht nur auf neu aufzulegende Bebauungsplanverfahren
anzuwenden, sondern auch auf bereits begonnene Verfahren auszuweiten, ist zu prüfen, ob
der Investor auch erst nach Beginn des Verfahrens (Aufstellungsbeschluss) aber noch vor
dem Verfahrensschritt der Offenlegung an die Inanspruchnahme der Fördermittel der jeweils
geltenden Förderrichtlinie des Freistaates Sachsen gebunden werden kann.
Um diese Regelungen praktisch umzusetzen, bedarf es eines einheitlichen
Verwaltungshandelns. Auch muss dem Vorhabenträger das hierfür notwendige Verfahren
transparent und nachvollziehbar vermittelt werden. Deshalb wird die Verwaltung dem
Stadtrat bis zum 1. Quartal 2018 Ausführungsbestimmungen zur einheitlichen Anwendung
der Regelungen vorlegen.
Zum ursprünglichen Beschlussvorschlag 2
Im zweiten Punkt beantragt der Antragsteller, dass bei sämtlichen Bauanträgen zu
Wohnungsbauvorhaben im Zusammenhang bebauter Ortsteile gem. § 34 BauGB bei den
Bauherren darauf hingewirkt werden soll, Wohneinheiten im Sinne der Vorlage DS-0687/14
(angemessene Kosten der Unterkunft für Leistungsberechtigte) zu errichten. Eine von drei
neuen Wohneinheiten soll die Eckwerte der angemessenen Kosten einhalten.
Zunächst ist festzuhalten, dass gegenwärtig ein Rechtsanspruch zu Gunsten des
Vorhabenträgers auf Erteilung einer Baugenehmigung auch ohne Sozialbindung besteht,
soweit das Vorhaben im Zusammenhang bebauter Ortsteile gem. § 34 BauGB liegt.
Auf dem Beratungswege könnte versucht werden, den Investor davon zu überzeugen, jede
dritte Wohnung im Sinne der Vorlage DS-0687/14 zu errichten. Dieser
Überzeugungsprozess ist jedoch schwierig und hat wenig Aussicht auf Erfolg:
1. Argumentativ kann der Investor erst einmal nur inhaltlich im Sinne einer gemischten
Einwohnerstruktur überzeugt werden, auch Neubauten miet- und belegungsgebunden
anzubieten. Es gibt keine rechtliche Grundlage, auf deren Basis der Stadt die Möglichkeit an
die Hand gegeben wird, in einem gem. § 34 BauGB bestimmten Gebieten Bauherren zu
zwingen, Neubauwohnungen in dem gewünschten Preissegment herzustellen. Der Bauherr
nutzt nur bereits bestehendes Baurecht und hat Anspruch auf eine Baugenehmigung, wenn
sich sein Vorhaben gem. § 34 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.
Insoweit würde der Vorhabenträger derzeit ohne Not eine Rechtsposition aufgeben, die aus
Sicht eines institutionellen Vorhabenträgers dessen Gremien aus wirtschaftlichen Gründen
(Einschränkung der Flexibilität bei Wiederverkauf, geringere Marktadaption) nicht
vermittelbar sein dürfte.
2. Eine Neubauwohnung mit marktüblicher Rendite (von derzeit etwa 5 %) lässt sich bei den
aktuellen Baupreisen am Markt nur in einer Größenordnung ab ca. 10 €/ qm netto kalt
errichten. Der Zuschuss gem. "Richtlinie gebundener Mietwohnraum RLgMW vom
22.11.2016" beträgt in der Regel 35 Prozent, aber maximal 3,50 €/ qm gerechnet auf 15
Jahre, auf die anrechenbare Wohnfläche in Quadratmetern. Ein KdU-fähiges Niveau lässt
sich derzeit nicht erreichen.
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Deshalb wird mit dem neuen Beschlusspunkt 5 ein Alternativvorschlag formuliert. Die
Stadtverwaltung wird mit einer intensiven Beratung und Information der Bauherren und
Eigentümer zur Vorbereitung von Förderanträgen und Umsetzung der
Wohnungsbauförderung auch in Gebieten mit einem rechtskräftigen Bebauungsplan und im
Zusammenhang bebauter Ortsteile nach § 34 BauGB auf die Inanspruchnahme der sozialen
Wohnungsbauförderung hinwirken (vgl. Vorlage "Neufassung Nr. VI - DS - 03384 - NF - 01
Konzeption zum Antrag der Stadt Leipzig auf Wohnungsbauförderung für das Jahr 2017
gemäß Richtlinie gebundener Mietwohnraum RLgMW vom 22.11.2016".)
Die Verwaltung wird regelmäßig über den Fortschritt im sozial geförderten Wohnungsbau
berichten.
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