Politik bei uns wird nicht mehr aktiv betreut, eine Datenaktualisierung findet genausowenig statt wie Support.

Wir würden gerne weitermachen. Aber die Ansprüche an die Plattform passen nicht zum vollständig ehrenamtlichen Betrieb. Hintergründe und Ideen zur Rettung finden Sie in diesem Blogartikel.

Vorlage-Sammeldokument

Daten

Kommune
Leipzig
Dateiname
1054837.pdf
Größe
11 MB
Erstellt
02.05.17, 12:00
Aktualisiert
10.05.17, 18:59

öffnen download melden Dateigröße: 11 MB

Inhalt der Datei

Informationsvorlage Nr. VI-DS-02442 Status: öffentlich Eingereicht von Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport Betreff: Lebendig grüne Stadt am Wasser - Freiraumstrategie der Stadt Leipzig Beratungsfolge (Änderungen vorbehalten): Gremium Dienstberatung des Oberbürgermeisters FA Umwelt und Ordnung FA Stadtentwicklung und Bau Ratsversammlung voraussichtlicher Sitzungstermin Zuständigkeit 21.06.2017 Information zur Kenntnis Information zur Kenntnis Information zur Kenntnis Information zur Kenntnis Die Freiraumstrategie „Lebendig grüne Stadt am Wasser“ wird zur Kenntnis genommen. 1/8 Übereinstimmung mit strategischen Zielen: nicht relevant 2/8 Sachverhalt: 1. Anlass, Motivation und Entstehungsprozess Zu Beginn des Jahres 2012 hat sich das Amt für Stadtgrün und Gewässer, veranlasst und motiviert durch die damaligen strategischen Ziele der Kommunalpolitik, die Handlungsschwerpunkte des SEKO 2009 sowie die Vorzeichen des Bevölkerungswachstums und das bereits damals formulierte Leitbild „Leipzig wächst nachhaltig“ auf den Weg gemacht, sein gesamtes Aufgabenfeld vor diesem Hintergrund zu betrachten. „Leipzig wächst nachhaltig“ ist somit mittlerweile nicht nur Titel des Arbeitsprogramms des Oberbürgermeisters geworden, sondern war von Beginn an auch Leitmotiv der vorliegenden Freiraumstrategie für die grün-blaue Entwicklung der Stadt. Es liegt im Wesen dieser Strategie, die politischen Ziele des Arbeitsprogrammes 2020 (AP 2020) mit dem fachlichen Fokus entsprechend zu untersetzen und auszudifferenzieren. Dies gilt im Kern natürlich für die Handlungsfelder der grün-blauen Infrastruktur und die im AP 2020 dazu formulierte Zielsetzung der Qualitätsverbesserung im Bestand und der gezielten Ergänzung. Hier wird für alle einzelnen Bestandteile dieser Infrastruktur, wie z. B. Parkanlagen, Grüne Stadtplätze und die Gewässer, aber auch für Kleingartenanlagen und Spielplätze aufgezeigt, was Qualitätsverbesserung im Bestand und eine gezielte Ergänzung jeweils bis 2030 heißt, welche Handlungsansätze dazu verfolgt und welche Anforderungen an das Management damit verbunden werden. Aber auch zu anderen Handlungsfelder aus dem AP 2020, die für das Amt für Stadtgrün und Gewässer aufgrund seines ständigen und vielfältigen Kontaktes mit den Nutzerinnen und Nutzern des Freiraums von großer Bedeutung sind, wie z. B. Inklusion, Anerkennungskultur für das Ehrenamt, Förderung von Freiraum und Kreativität, Gesunde-Städte-Netzwerk oder Infrastrukturpolitik für benachteiligte Stadtteile oder Sportförderung formuliert die Freiraumstrategie einen Beitrag und entsprechende Ziele. Intention des Amtes für Stadtgrün und Gewässer war es vor allem, den Beitrag von Stadtgrün und Gewässern für eine auch zukünftig attraktive und lebendige Stadt zu analysieren und daraus fachliche Ziele mit dem Zeithorizont des Jahres 2030 abzuleiten. Eine weitere Intention war es, im Amt selbst einen umfassenden Austausch- und Diskussionsprozess zu vollziehen. Im Ergebnis ist ein gemeinsames Selbstverständnis zum fachlich zielgerichteten Umgehen mit zukünftigen Herausforderungen erarbeitet worden, mit dem auch für die Politik und Öffentlichkeit valide Grundhaltungen des Amtes nachvollziehbar und als Grundlage für zukunftsorientierte Diskussionen zur Entwicklung der Stadt Leipzig insgesamt offengelegt werden. Die Erarbeitung erfolgte somit im ersten Schritt im Wesentlichen im Rahmen eines amtsinternen Beteiligungsprozesses mit mehreren Workshops und zahlreichen Abstimmungen. Die Zwischenergebnisse wurden mit den städtischen Partnern, aber auch mit Blick auf andere Städte sowie die gegenwärtige, bundesweite Fachdiskussion weiter entwickelt. Im nächsten Schritt wurden sie gemeinsam mit den korrespondierenden Aufgabenfeldern der Landschaftsplanung im Stadtplanungsamt, der Landwirtschaft im 3/8 Liegenschaftsamt und dem Eigenbetrieb Stadtreinigung weiter ausformuliert und mit den weiteren vom Themenfeld berührten Ämtern und Dezernaten abgestimmt. 2. Inhalte und Kernaussagen Das Ergebnis dieses Prozesses, in dem auch aktuelle Entwicklungen und Diskussionen (Integration bzw. Inklusion, Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements) sowie jüngste Erfahrungen (Clara-/ Johanna-Park-Prozess) zuletzt noch einmal aufgenommen wurden, wird hiermit in Form der Freiraumstrategie „Lebendig grüne Stadt am Wasser“ vorgelegt. Darin wird erstmals eine umfassende Standortbestimmung zur Ausprägung und Struktur, zu Funktionen und zur Nutzungsvielfalt der grünen und blauen Infrastruktur Leipzigs unter dem Titel „Leipzig heute“ erarbeitet. Diese Standortbestimmung bietet die Basis und eröffnet die Chance, den Blick nach vorn zu richten. Unter dem Motto „Leipzig im Jahr 2030“ werden die mittelfristigen fachlichen Zielvorstellungen entwickelt. In diesen Zielvorstellungen werden die angesprochenen Grundhaltungen und das zukunftsgerichtete Selbstverständnis zur Freiraumentwicklung der Stadt deutlich. Sie geben eine Orientierung und sollen für die kommenden Jahre handlungsleitend sein. Horizontal zu dieser dargestellten und für alle behandelten Themen angelegten Struktur von „Leipzig heute“ und „Leipzig im Jahr 2030“, ist die Freiraumstrategie in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil werden die „Freiraumkategorien der Stadt“ vom übergreifenden Gesamtsystem der grünen und blauen Infrastruktur bis hinunter zu seinen kleinsten Bestandteilen, etwa den grünen Stadtplätzen oder den Kleingärten, behandelt (siehe Inhaltsverzeichnis in der Anlage 1 „Lebendig grüne Stadt am Wasser“). Aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum System des Stadtgrüns und der Gewässer sowie aufgrund diverser Aufgabenverzahnungen werden hier sämtliche Kategorien unabhängig von Zuständigkeiten thematisiert, so etwa auch das private Grün im Wohn- und Arbeitsumfeld oder die Außenräume von Kindergärten und Schulen. Im zweiten Teil werden die „übergreifenden Handlungsfelder“ behandelt. So unter der Überschrift „Stadtgrün und Gewässer für die Menschen“ die soziokulturellen Aspekte, unter „Stadtgrün und Gewässer für Klima und Umwelt“ ökologische Aspekte und unter „Stadtgrün und Gewässer als Wirtschaftsfaktor“ auch ökonomische Aspekte. Damit werden alle Säulen der Nachhaltigkeit in die Betrachtung und Positionierung einbezogen. Der dritte Teil widmet sich dem „Management von Stadtgrün und Gewässern“ und damit vor allem den Aufgaben der Erhaltung und Verbesserung der Funktions- und Nutzungsfähigkeit im Bestand und ihrer zielgerichteten Erweiterung bzw. Weiterentwicklung. Zum Management des Aufgabenfeldes gehören aber auch die Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung, der Wissenstransfer, das Kompensationsflächenmanagement oder die interkommunale Zusammenarbeit. Unter dem Leitmotiv der nachhaltig wachsenden Stadt, die den prognostizierten gesellschaftlichen und umweltbedingten Veränderungen gerecht werden muss, zeichnet sich in der Summe der formulierten Zielvorstellungen der Strategie insgesamt ein gut vernetztes, 4/8 in gestalterischer und funktionaler Qualität weiter verbessertes Freiraumsystem aus Stadtgrün und Gewässern als handlungsleitend ab. Die dafür erforderliche Qualitätssicherung und -entwicklung basiert auf zwei Säulen: Zum Einen ist eine erhöhte Aufmerksamkeit auf den Bestand zu richten, mit dem Fokus vorhandene Werte zu erhalten und die Funktions- und Nutzungsfähigkeit des Bestandes zu sichern und weiter zu verbessern. Zum Anderen bleibt die gezielte Ergänzung des Freirauminkl. des Gewässersystems, synchronisiert mit dem Wachstum insgesamt, eine wichtige Aufgabe. Beispielhaft sollen hier aus Teil I der Strategie einige Zielformulierungen für „Leipzig im Jahr 2030“ herausgegriffen werden, die diese qualitätsorientierte Entwicklungslinie in einzelnen Kapiteln untersetzen: „Grün-blaue Infrastruktur“: • • Höchste Aufmerksamkeit auf die Vernetzung und Erreichbarkeit der Erholungsangebote unter dem Motto „Stadt der kurzen Wege“ (Freiraumversorgung) Stellung von Flächen im Freiraumsystem als maßgebliche Entscheidungsgrundlage für oder gegen bauliche Inanspruchnahme (Freiraumvernetzung) „Parks“: • • • Erfüllung beachtlicher sozialer Funktionen, Garanten der Offenheit und Gastlichkeit Leipzigs, frei und unentgeltlich zugänglich Entwicklungskonzeptionen für besonders intensiv genutzte Parkanlagen Neue Parkanlagen mit teilweise extensiven Formen der Gestaltung bei hoher Gestaltqualität „Stadtbäume“: • Gesund und vital aufgrund bestmöglicher Standort- und Wachstumsbedingungen „Wald“: • • Nachhaltige Sicherung einer großen Baumartenvielfalt und eines hohen Strukturreichtums Gesamtkonzept des Auenerhaltes und der Auenentwicklung „Gewässer“: • • • Gewässerverbund in der Stadt und mit dem Umland prägt und gliedert die Stadtlandschaft Gewässer als attraktive, gut zugängliche Erholungs- und Erlebnisräume Gewässer mit gewässertypischen Lebensräumen mit gutem ökologischen Zustand bzw. Potenzial „Friedhöfe“: • • • Orte der Bestattung und der Trauerbewältigung, zugleich Ruhe- und Erholungsraum für alle sowie Entfaltungsraum der Stadtnatur Stärkung der Einbindung in das städtische Freiraumsystem Gesamtkonzeption für den Südfriedhof unter dem Motto „Friedhof im Park“ 5/8 „Kleingärten“: • • Entwicklung offener und attraktiven Anlagen weckt Interesse bei neuen Nutzergruppen Erhöhung der Funktion für die Allgemeinheit durch verstärkte Einbindung in das Freiraumsystem „Spielräume“: • • • Die Stadt als Ganzes als attraktives Lebensumfeld für Kinder und Jugendliche Konzept „Spielen in der Stadt“ und quartiersbezogene Spielpässe als obligatorische Entscheidungsgrundlage in allen Planungsprozessen Spielangebote generationsübergreifend nutzbar „Sondergärten und Gedenkorte“: • Gedenkorte als zeitgemäße Antwort zur Erinnerung im öffentlichen Raum „Brachflächen“: • Revitalisierung im ausgewogenen Verhältnis zwischen baulicher und freiraumbezogener Nutzung „Landwirtschaft und Gartenbau“: • • 3. Wichtiger Wirtschaftszweig für die Versorgung der Stadt mit regionalen Produkten Erhalt und Entwicklung der Kulturlandschaft Weitere Schritte Mit der vorliegenden Freiraumstrategie „Lebendig grüne Stadt am Wasser“ möchte die Stadt ihr Selbstverständnis sowie ihre Grundhaltungen und damit ihr fachliches Leitbild im Kontext des übergeordneten Leitbildes „Leipzig wächst nachhaltig“ und die damit verbundenen Herausforderungen der Zukunft offen darlegen. Darüber hinaus möchte die Stadt damit aber auch eine Grundlage legen, für fachübergreifende und durchaus öffentliche Diskussionen über die zukünftige, gesamtstädtische Entwicklung der grünen und blauen Infrastruktur in Leipzig sowie deren Wert und zukünftige Funktionen. Gleichzeitig strebt die Stadt unter Federführung des Amtes für Stadtgrün und Gewässer eine räumliche Konkretisierung ihrer Strategie an, um mittel- bis langfristig das Freiraumsystem flächenbezogen sichern und entwickeln zu können. Entsprechend sind als weitere Schritte die • Veröffentlichung der Freiraumstrategie sowie • räumliche Konkretisierung in Form eines Entwicklungskonzeptes für die grün-blaue Infrastruktur (Arbeitstitel „Masterplan Grün Leipzig 2030“) unter Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen. 6/8 3.1 Veröffentlichung Nur mit einer Veröffentlichung wird es möglich, das erarbeitete Selbstverständnis und die entsprechenden fachlichen Grundhaltungen sowie die herausgearbeiteten Potenziale der grünen und blauen Infrastruktur für eine nachhaltig wachsende Stadt Leipzig für alle nachvollziehbar vorzustellen und diese Erkenntnisse aus dem fachlich fokussierten Diskussionsprozess für weitere, gesamtstädtische und querschnittsorientierte, trans- und interdisziplinäre Diskussions-, Beteiligungs- und Entwicklungsprozesse zur Verfügung zu stellen (siehe 3.2). Aktuell kann eine Veröffentlichung vor allem auch den laufenden Prozess zur Fortschreibung des INSEK befruchten, nicht nur im Fachkonzept Freiraum und Umwelt auch zum Beispiel im Fachkonzept Sport. 3.2 Räumliche Konkretisierung durch ein entsprechendes Entwicklungskonzept Auch der Bund, speziell das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), arbeitet derzeit intensiv am Thema Stadtgrün und wird dazu im laufenden Jahr ein Handlungsprogramm mit konkreten Maßnahmen zur Stärkung des Stadtgrüns vorlegen. Es ist bereits angekündigt, dass in Zukunft entsprechende Förderprogramme zur Stadtentwicklung insbesondere die grün-blaue Infrastruktur gezielt einbeziehen werden. Der Erarbeitungsprozess zur vorliegenden Freiraumstrategie hat die großen Potenziale eines über Jahrhunderte angelegten Grün- und Gewässersystems, aber auch offenkundige Defizite - begründet durch unterbliebene Investitionen in die Substanz und die Komplettierung des Freiraumsystems, durch gestiegene Nutzungsintensitäten und intensivere Nutzungsformen, durch klimatische Veränderungen und andere Umwelteinflüsse - deutlich gemacht. Die vorliegende Freiraumstrategie hat bereits während des Bearbeitungsprozesses aktuelle Anknüpfungspunkte für die Fortschreibung des INSEK, insbesondere im Fachkonzept Freiraum und Umwelt geliefert. Um zukünftig auch außerhalb der Schwerpunkträume des INSEK für anstehende Entscheidungen zur räumlichen Entwicklung der Stadt, d. h. als raumkonkrete Untersetzung von INSEK und Freiraumstrategie, ein gesamträumliches Konzept zur Sicherung und Ergänzung von zukunftsrelevanten Freiraumfunktionen zur Verfügung zu haben, soll bis zum Jahr 2019 ein entsprechend flächenbezogenes Entwicklungskonzept für die grün-blaue Infrastruktur (Arbeitstitel „Masterplan Grün Leipzig 2030“) erarbeitet werden. Dazu ist ein entsprechender Beteiligungsprozess vorgesehen. Ein solches Freiraumentwicklungskonzept soll als beständiges, GIS-gestützes Managementinstrument entwickelt werden, das vor allem auch eine Bewertung der Freiraumfunktionen in Verschneidung mit den sozialräumlichen Daten der Quartiere ermöglicht. Um auf entsprechende Herausforderungen und Veränderungen in der wachsenden Stadt adäquat, d. h. stringent, fokussiert und nachhaltig reagieren und dauerhaft eine hohe Lebensqualität garantieren zu können, muss dieses System alle in der Freiraumstrategie thematisierten Freiraumkategorien und Handlungsfelder abbilden. Es wird angestrebt, damit mittelfristig ein einheitliches Basissystem für das Amt für Stadtgrün und Gewässer, den Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig sowie die Bauhöfe zur 7/8 querschnittsorientierten Steuerung Freiraumqualitäten zu entwickeln. der Freiraumentwicklung sowie Sicherung der Zur Erarbeitung einer ersten Fassung dieses „Masterplan Grün Leipzig 2030“ bis zum Jahr 2019 konnte vom Amt für Stadtgrün und Gewässer Ende des Jahres 2016 eine Projektskizze in den kurzfristigen Projektaufruf des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) für ein neues ExWoSt-Forschungsfeld „Green Urban Labs“ eingebracht werden. Kurz vor Jahresfrist erfolgte die Rückmeldung, dass diese Projektskizze als förderfähig beurteilt worden ist, so dass am 06.12.2016 noch eine konkrete Antragstellung erfolgen konnte. Mit Eingang eines Schreiben des BBSR am 05.01.2017 liegt dem Amt für Stadtgrün und Gewässer dazu nunmehr ein Zuwendungsbescheid in Höhe von 158.000 € für die Konzeptentwicklung inkl. Beteiligungsprozess und Managementansatz im Zeitraum von 2017 bis 2019 vor. Der zusätzlich erforderliche Eigenanteil in gleicher Größenordnung kann aus dem vorhandenen Budget des ASG durch Finanzmittel in Höhe von 75.000 € sowie entsprechende „unbare“ Eigenleistungen (Personaleinsatz) in den Jahren 2017 bis 2019 gedeckt werden. Anlage: 8/8 LEBEndig Grüne stadt am wasser Freiraumstrategie Der Stadt Leipzig Lebendig grüne Stadt am Wasser Freiraumstrategie der Stadt Leipzig Redaktion: Torsten Wilke und Peter Fibich INHALT ZWEITER TEIL: Übergreifende Handlungsfelder Stadtgrün und Gewässer für die Menschen - soziokulturelle Aspekte 101 Passive Erholung 101 Aktive Erholung 104 Vorwort 2 Veranstaltungen und Gastronomie 108 Einleitung 5 Inklusion 110 Planungs- und Baukultur 112 ERSTER TEIL: Die Freiraumkategorien der Stadt Grün-blaue Infrastruktur und Landschaftsplanung 15 Stadtgrün und Gewässer für Klima und Umwelt - ökologische Aspekte 117 Parks 23 Daseinsvorsorge 117 Grüne Stadtplätze und Grünanlagen 29 Biodiversität 118 Stadtbäume 33 Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel 121 Wald 37 Stadtgrün und Gewässer als Wirtschaftsfaktor - ökonomische Aspekte 125 Gewässer 43 Tourismus 125 Erholungsgebiete 49 Wertschätzung und wirtschaftlicher Ertrag 128 Friedhöfe 55 DRITTER TEIL: Das Management von Stadtgrün und gewässern Kleingärten 59 Grünflächenmanagement und Monitoring 135 Gemeinschaftsgärten 65 Gewässermanagement 141 Wohnumfeld 67 Partizipation und bürgerschaftliches Engagement 145 Arbeitsumfeld 71 Öffentlichkeitsarbeit 149 Spielräume 75 Wissenstransfer, Forschung und Kooperation 153 Freiräume an Kindertageseinrichtungen und Schulen 81 Kompensationsflächenmanagement 157 Sondergärten und Gedenkorte 85 Interkommunale Kooperationen 163 Brachflächen 89 Fazit 167 Landwirtschaft und Gartenbau 95 Kommentar 168 1 vorwort Wir haben Förderprogramme von EU, Bund und Land gezielt genutzt, die Gewässer bis ins Stadtzentrum ans Licht geholt und diese Grundstrukturen planvoll ergänzt, wo sich Möglichkeiten dazu ergaben, etwa wenn Nutzungen aufgegeben wurden und neue Freiräume, Grün- und Gewässerachsen entwickelt werden konnten. Heute haben sich die Vorzeichen geändert. Die in Zeiten der Schrumpfung sehr erfolgreiche und bundesweit beachtete Freiraumpolitik der Stadt muss neu ­justiert werden. Flächeninanspruchnahme und der Nutzungsdruck auf unsere grüne und blaue Infrastruktur steigen mit dem Bevölkerungszuwachs. Die Auswirkungen des Klimawandels werden fühlbar, etwa wenn Extremereignisse wie Starkregen, aber auch Hitzebelastungen zunehmen. Liebe Leipzigerinnen und Leipziger, verehrte Gäste, Leipzig ist eine attraktive und derzeit überaus dynamische Stadt. Dass das Stadtgrün und die Gewässer dazu einen wesentlichen Beitrag leisten, zeigen uns unter anderem die Ergebnisse der Bürgerumfragen, die regelmäßig hohe Zufriedenheitswerte über das Angebot und die Qualität von Grünflächen belegen. Gleiches gilt bezüglich der Entwicklung der Gewässerlandschaft in Stadt und Umland. „Leipzig wächst nachhaltig“ – das ist nicht nur der Lohn langjähriger Anstrengungen, sondern auch Verpflichtung und Aufgabe. Nie waren unsere Parkanlagen und Gewässer, die allen Menschen unentgeltlich offen stehen, so vielfältig und intensiv genutzt wie heute. Wir erleben eine Renaissance der öffentlichen städtischen Räume. „Wenig andere Städte des Kontinents können eine ähnlich günstige Grundlage für ihre Grünpolitik aufweisen“, schrieb Stadtbaurat Hubert Ritter über Leipzig bereits vor 90 Jahren. Er spielte dabei insbesondere auf die ausgedehnten Flächen des Leipziger Auwaldes an, welche die Stadt von Nordwesten nach Süden im breiten Band durchziehen. Diese Grundstrukturen der Landschaft sind bis heute in unserer Stadt ablesbar. Sie genießen einen hohen, in weiten Teilen sogar europäischen Schutzstatus. 2 Unsere grüne Infrastruktur ist durch die in Art und Umfang neuen Anforderungen der Freizeit- und Erholungsnutzung vielfältig gefordert. Um dem gerecht zu werden, muß die Stadtentwicklung noch stärker als bisher auch vom Freiraum, das heißt von den landschaftlichen Grundstrukturen her, gedacht werden. Nur mit einem entsprechenden Vorsorgeansatz wird es uns gelingen, Leipzig auch in Zukunft in jeder Hinsicht lebenswert zu gestalten. Angesichts dieser neuen Herausforderungen, die das erfreuliche Wachstum der Stadt und die neue Lust der Menschen am Aufenthalt im städtischen Freiraum, aber auch der Klimawandel mit sich bringen, ist zuerst einmal eine konsequente Bewahrung des Bestehenden erforderlich, damit die Versorgung der Stadtbevölkerung mit dem für Erholung und Gesunderhaltung so grundlegenden „Grün“ und „Blau“ aufrechterhalten werden kann. Um aber dem Anstieg von Nutzungsdruck und Nutzungsvielfalt gerecht werden zu können, stellt darüber hinaus auch die weitere Qualifizierung der vorhandenen Freiräume, auch in Bezug auf die Stärkung ihrer ökologischen Funktionen, eine zentrale Herausforderung dar. Letztlich geht es künftig auch um räumliche Erweiterungen dort, wo Lücken im bestehenden Freiraumverbund zu schließen sind. Die Freiraumstrategie der Stadt Leipzig „Lebendig grüne Stadt am Wasser“ gibt eine umfassende Standortbestimmung zur Ausprägung und Struktur, zu Funktionen und zur Nutzungsvielfalt des Leipziger Grün- und Gewässersystems. Im ersten Schritt ist hiermit eine strukturierte Analyse und strategisch-konzeptionelle Betrachtung vorgelegt worden, um darauf aufbauend Ziele für die Zukunft zu definieren und an die veränderten Rahmenbedingungen angepasste Schwerpunktsetzungen und Handlungsansätze zu entwickeln. Die Freiraumstrategie thematisiert das Stadtgrün und die Gewässer in soziokultureller, ökologischer und ökonomischer Hinsicht und arbeitet auf diese Weise deren Bedeutung für die Stadtgesellschaft heraus. Schließlich zeigt sie die Bemühungen, welche die Stadt zur Erhaltung und Weiterentwicklung ihrer grünblauen Infrastruktur in der Vergangenheit bis in die Gegenwart aufgebracht hat. Denn wie der Baumeister Fritz Schumacher bereits im Jahr 1932 treffend feststellte: „Freiflächen verschwinden, wenn man sich nicht um sie kümmert!“ Es bedarf eines großen Aufwandes an Investitionen, an Werterhaltungs- und Pflegemaßnahmen wie auch an Managementaufgaben, um das Freiraumsystem der Stadt allein in seiner heutigen Form und Größe aufrecht zu erhalten. Mit der Freiraumstrategie zeigen wir die Bedeutung der vielfältigen Formen und Funktionen von Stadtgrün und Gewässern auf und legen die Prämissen zum zukünftigen Umgang mit dieser für die Umwelt- und Lebensqualität in Leipzig wichtigen, grün-blauen Infrastruktur dar. Auf dieser Basis werden wir nun bei der Erarbeitung des „Masterplan Grün Leipzig 2030“, jeweils räumlich konkretisiert, den Dialog mit der Bürgerschaft suchen. Lassen Sie uns im Gespräch bleiben und das mittlerweile fest verankerte Motto für das gemeinsame Engagement Vieler für den Clara-Zetkin- und Johannapark: „Unser Park“ auf die gesamte Stadt übertragen und weiterentwickeln zu einem gemeinsamen Entwicklungsziel für „Unsere Lebendig grüne Stadt am Wasser“. Nachhaltiges Wachstum einer Stadt bedeutet auch, dass die für die Umwelt- und damit Lebensqualität wichtige grün-blaue Infrastruktur entsprechend mitwachsen muss, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Es braucht dazu Schwerpunktsetzungen im Ausgleich zwischen unterschiedlichen Nutzungsansprüchen, aber auch Rückzugsräume, die hier und da auch zu Nutzungseinschränkungen und Schutzmaßnahmen führen können. Ihr Heiko Rosenthal Es braucht eben so sehr einen wohl abgewogenen Ausgleich zwischen baulicher Innenentwicklung und Nachverdichtung auf der einen und der Freihaltung von Flächen, die wir für die künftige Freiraumentwicklung benötigen, auf der anderen Seite. Diese Strategie wird mit dem Schlagwort „Doppelte Innenentwicklung“ beschrieben. Bürgermeister und Beigeordneter für Umwelt, Ordnung, Sport In der vorliegenden Strategie werden dafür Leitbilder und Qualitätsziele mit Perspektive auf das Jahr 2030 entwickelt. Sie sollen zukünftig Maßstab für Entscheidungen im Umgang mit Freiflächen, deren Planungen und für konkrete Aufgabenstellungen sein. Damit ist der Prozess der Auseinandersetzung mit aktuellen Herausforderungen nicht abgeschlossen. Nun steht die Aufgabe an, das hier Dargelegte in die Tat umzusetzen. Zuvorderst ist – nicht zuletzt aufgrund der großen Bautätigkeit in der Stadt – eine Übersetzung der Freiraumstrategie in konkrete räumliche Schwerpunktsetzungen und Entwicklungsvorstellungen vonnöten. Die aktuellen Arbeiten am Integrierten Stadtentwicklungskonzept INSEK 2030 und das darin enthaltene Fachkonzept Freiraum und Umwelt liefern dafür wichtige Ansatzpunkte. Wir haben uns vorgenommen, in einer Art „Masterplan Grün Leipzig 2030“ die Entwicklungsvorstellungen räumlich für die Gesamtstadt zu konkretisieren, um Leipzig weiter als lebendig grüne Stadt am Wasser zu entwickeln. 3 4 Einleitung Zielstellung und Methodik Die vorliegende Freiraumstrategie nimmt einerseits eine Standortbestimmung vor. Wie steht es um das Stadtgrün und die Gewässer in Leipzig heute? Welche Kategorien werden betreut, welche Aufgaben zu ihrer Erhaltung und Weiterentwicklung übernimmt die Stadt? Diese Bestimmung und Einordnung des Status quo unter dem Titel „Leipzig heute“ erfolgt sowohl nach innen – als Selbstvergewisserung der Aufgabenfelder in der Verwaltung – als auch nach außen als Instrument der so wichtigen Öffentlichkeitsarbeit in diesem Themenfeld, dessen Wahrnehmung und Wertschätzung nicht immer selbstverständlich ist. Leipzig ist eine grüne Stadt! Der Blick von einem der Türme der Stadt bietet dem Betrachter das Bild einer in dichtes Grün eingebetteten Bebauung. Insbesondere der große, in Innenstadtnähe zur Parklandschaft ausdifferenzierte Grünzug des Auwaldes, der Leipzig von Süden nach Nordwesten durchzieht, tritt als kräftiges grün-blaues Rückgrat der Stadt in Erscheinung. Hinzu gesellen sich zahlreiche Parks, grüne Plätze und Grünanlagen, Friedhöfe, Kleingartenanlagen und viele weitere Freiräume, welche das Leipziger Stadtgrün zu einem engmaschigen und vielgestaltigen Netz verweben. Andererseits, und hier liegt das inhaltliche Gewicht dieses strategischen Papiers, werden mittelfristige Zielvorstellungen formuliert. Diese Ziele, wie wir uns Leipzig, sein Stadtgrün und die Gewässer im Jahr 2030 vorstellen, sind in vielen Fällen übergreifender Natur. Sie betreffen aber auch zahlreiche Details des so vielseitigen Agierens in den jeweiligen Handlungsfeldern. Wo wollen wir hin? Was wollen wir künftig erreichen? In den Zielstellungen, entwickelt aus der zukünftigen Sicht des Jahres 2030, werden Grundhaltungen und das künftige Selbstverständnis festgelegt. Die Zielvorstellungen geben eine Orientierung und sollen für die kommenden Jahre handlungsleitend sein. Aus der Vielzahl von Handlungsoptionen werden vor dem Hintergrund begrenzter Mittel Ziele fokussiert und die zukunftsfähigen unter ihnen ausgewählt. Leipzig ist eine lebendig grüne Stadt! Das Titelbild dieser Broschüre, aufgenommen im Richard-Wagner-Hain am Ufer des Elsterbeckens an einem Sonntag im Frühjahr, ist dafür typisch. Die städtischen Freiräume sind offen für alle. Sie laden jeden Menschen unabhängig seines Alters, seiner sozialen, nationalen oder religiösen Herkunft, seiner Neigungen, seines Gesundheitszustandes und seines Geschlechtes zum Besuch. Die etwa seit Mitte der 1990er Jahre wiederentdeckte und stetig wachsende Urbanität mitteleuropäischer Städte spielt sich in hohem Maße im Freiraum ab: auf den Straßen und Plätzen, insbesondere aber auch in den grünen Stadträumen und auf den Gewässern. Die Einladung zur „Besitzergreifung des Rasens“ und des Wassers wurde nach 1990 neu ausgesprochen und wird vom Publikum seither tausendfach angenommen. Die Kreativität und Offenheit bei der Nutzung der öffentlichen Freiräume durch die Bürgerinnen und Bürger der Stadt und ihre Gäste hat ungeahnte Dimensionen und überaus vielgestaltige Formen angenommen. Dieser Prozess, eine internationale Erscheinung im Zuge der Reurbanisierung unserer Städte, ist sehr zu begrüßen und stellt zugleich eine große Herausforderung an die Planung, Verwaltung und Werterhaltung der Grünflächen und der Gewässer dar. Und schließlich: Leipzig ist eine lebendig grüne Stadt am Wasser! Der „Leipziger Gewässerknoten“, über Jahrhunderte künstlich überformt und schließlich im Zuge der Industrialisierung und des Braunkohlenbergbaus devastiert und überwölbt, wird seit 1990 ans Licht geholt, saniert und der neuerlichen Nutzung und Wirkung im Stadtraum zugeführt. Leipzig ist zudem Bestandteil des Leipziger Neuseenlandes, das sich im weiten Radius vom Norden (BitterfeldWolfen) über die westlichen Regionen an der Saale bis nach Süden an die thüringische Landesgrenze erstreckt. Horizontal zu dieser, alle behandelten Themen betreffenden Vertikalstruktur ist „Lebendig grüne Stadt am Wasser“ in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil werden die Freiraumkategorien vom übergreifenden System bis hinunter zu den kleinsten Bestandteilen, etwa den grünen Stadtplätzen oder den Kleingärten, behandelt. Die Typologie dieser Kategorien orientiert sich an den in der Profession gängigen Einordnungen sowie an den Leipziger Besonderheiten. So werden etwa Brachflächen, die andere Städte nicht in diesem Umfang besitzen, als eine gesonderte Kategorie thematisiert. Nicht berücksichtigt sind allerdings vereinsgebundene Sportflächen, die vom Amt für Sport betreut werden und ganz speziellen Anforderungen unterliegen. Foto Seite 4: Der Blick von oben offenbart die enge Verzahnung von Auwald, Parks und Siedlungsstrukturen in Leipzig. Wichtig ist der Hinweis, dass die im ersten Teil behandelten Freiraumkategorien in der Zuständigkeit unterschiedlicher Ämter liegen und nicht allein vom Amt für Stadtgrün und Gewässer verantwortet werden. Aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum System des Stadtgrüns als Ganzes und wegen diverser Aufgabenüberschneidungen werden sie hier unabhängig von Zuständigkeiten thematisiert. Die Rede ist von Freiräumen des zumeist privaten Wohn- und des Arbeitsumfeldes, von den Flächen der Landwirtschaft und des Gartenbaus (verantwortet durch 5 das Liegenschaftsamt), von grünen Sportfreiflächen (in Verwaltung des Amtes für Sport) sowie den Außenräumen von Kindertageseinrichrtungen und Schulen (Amt für Jugend, Familie und Bildung). Letztere werden bei Neu- und Umgestaltungsmaßnahmen häufig durch das Amtes für Stadtgrün und Gewässer als Baufachamt vertreten. Im Kern behandelt die Strategie aber die Arbeitsgebiete des Amtes für Stadtgrün und Gewässer der Stadt Leipzig. Themenbezogen gibt es jedoch viele Schnittmengen zu benachbarten Arbeitsfeldern, die zum Stadtgrün und den Gewässern in Sach- und Arbeitszusammenhängen stehen. So gibt es viele Berührungspunkte zur Landschafts- und Grünordnungsplanung (Stadtplanungsamt), welche in einem Exkurs thematisiert wird, zur Sport- und Sportstättenplanung (Amt für Sport) sowie zur Grünflächenunterhaltung (Eigenbetrieb Stadtreinigung). Die Freiraumstrategie argumentiert im ersten Teil vielfach mit den Schlagworten „Grün“ und „Blau“. Dennoch sind keineswegs nur Grünräume und Gewässer gemeint, sondern in ihrem Kontext stets auch das „Grau“ der Stadt: die Wege und Verkehrsflächen in den Grünanlagen, der Außenraum in seiner gesamten Vielfalt und Komplexität. Gleichwohl spielen die von Vegetation und vom Wasser geprägten Freiräume hier eine zentrale Rolle. Im zweiten Teil werden übergreifende Arbeitsfelder der Freiraumsicherung und -entwicklung behandelt: soziokulturelle Aspekte wie Erholung und Veranstaltungen, gesundheitliche Aspekte wie Bewegung und Sport, ebenso das Thema der zunehmend an Bedeutung gewinnenden Inklusion. Weiterhin gehört das Interesse dieses Teils der Freiraumstrategie ökologischen und ökonomischen Aspekten der grün-blauen Infrastruktur. Im dritten Teil schließlich sind Fragen des Managements des Stadtgrüns und der Gewässer behandelt, außerdem Sonderthemen wie das Kompensationsflächenmanagement und die interkommunale Kooperation mit den Umlandgemeinden. Die Behandlung der vielfältigen Themen erfolgt maßnahmen- und zielorientiert. Für Aufgaben, welche sich aus den sozialen, funktionalen, verkehrstechnischen, klimatischen und weiteren Veränderungen der Stadt und ihrer Grünflächen und Gewässer ergeben, werden übergreifende wie auch konkrete Ziele formuliert. Im Zuge der Darstellung des Status quo, mehr aber noch bei der Formulierung der Ziele, stellt sich die Frage nach nachvollziehbaren und „abrechnungsfähigen“ Indikatoren. Es wurde weitgehend darauf verzichtet, dies in Zahlen und Fakten widerzuspiegeln. Zahlreiche Parameter in diesem Themenfeld sind nicht exakt 6 zähl- oder messbar; derartige Versuche scheitern immer wieder oder sie sind ohne Auswirkung auf das tatsächliche Leben. Selbst der Versorgungsgrad der Bewohner mit Freiräumen ist - an der Realität gemessen - ein überaus kritisch zu bewertender Indikator. Die durchschnittliche Versorgung mit öffentlichem Grün liegt in Leipzig derzeit bei 15,9 Quadratmetern pro Einwohner. Dies ist im Bundesvergleich ein durchschnittlicher Wert. Doch ist die Freiraumversorgung stark von der Lage der Stadtteile zum Auwald und anderen großen Freiräumen, von der Zugänglichkeit und tatsächlichen Nutzbarkeit abhängig, was in derartigen Gesamtzahlen keine Berücksichtigung findet. Indikatoren werden daher nur aufgeführt, wenn sie sinnvoll erscheinen und überprüfbar sind. Alle weiteren Zielstellungen sind verbaler Natur und enthalten Perspektiven und Lösungsansätze, genährt aus der täglichen Erfahrung bei der Verwaltung, Planung, Bau und Unterhaltung des Stadtgrüns und der Gewässer. Die Erarbeitung der Freiraumstrategie erfolgte auf der Basis eines Beteiligungsprozesses im Amt für Stadtgrün und Gewässer mit mehreren Workshops und zahlreichen Gesprächen. Die Zuarbeiten aus den Abteilungen wurden durch die Redakteure nicht zuletzt mit Blick auf andere Städte und die aktuellen Fachdiskussionen ausdifferenziert sowie in einem Abstimmungsprozess zunächst innerhalb des Amtes für Stadtgrün und Gewässer, mit den korrespondierenden Aufgabenfeldern der Landschaftsplanung im Stadtplanungsamt und der Landwirtschaft sowie dem Eigenbetrieb Stadtreinigung diskutiert. Geschichte des Leipziger Stadtgrüns und der Gewässer Ihre entscheidende Prägung als eine grüne, moderne Großstadt hat Leipzig im Zuge der Industrialisierung und des sprunghaften Stadtwachstums seit Mitte des 19. Jahrhunderts erfahren. Zu dieser Zeit wurde der Grundstock des heutigen Grünsystems angelegt. Entscheidende Weichenstellungen wie die weitblickende Freihaltung des Auwaldes von Bebauung oder die Anlage von Parks und begrünten Stadtplätzen erfolgten zu dieser Zeit. Doch reichen die Kulturleistungen zur Gestaltung des Stadtgrüns und der Gewässer selbstverständlich weiter zurück. Das natürliche Gewässersystem Leipzigs wurde mit Beginn des 11. Jahrhunderts durch die Anlage von Gräben zum Betreiben von Mühlen und später zur Wasserversorgung der Siedlungen ergänzt. Die Anlage schützender Stadtgräben und später von Gerbergräben vervollständigte das künstliche Gewässersystem. Auch hat die Stadt eine lange Entwicklung ihres Grüns vorzuweisen. Ein Kranz reich ausgestatteter Bürgergärten umgab seit dem 17. Jahrhundert das seinerzeit noch auf die Fläche der heutigen Innenstadt beschränkte, durch Wallanlagen befestigte Leipzig und kündete vom Reichtum seiner Bürgerschaft. Das Gohliser Schlösschen ist ein letztes bis heute ­erhaltenes Beispiel dieser Phase. Einst weit über die Stadtgrenzen hinaus berühmte Anlagen wie der Großbosische Garten oder der Apelsche Garten wurden später überbaut. Letzterer ist nur noch durch den Verlauf von Straßenzügen und Kopien barocker Skulpturen im Stadtraum ablesbar. Die barocke Tradition begründete den damaligen Ruf Leipzigs als Stadt der großbürgerlichen Gärten. Denn stets entstanden diese Gartenkunstwerke nicht dank fürstlicher Auftraggeber, sondern aus der Kraft des Leipziger Bürgertums. Pläne des Regenten August des Starken, im Rosental einen höfischen Park anzulegen, scheiterten hingegen an der geschickten Weigerung der Stadt, die Kosten für das Vorhaben zu tragen. Allein in der bereits freigeschlagenen großen Wiese des Rosentals und einiger barocker Strukturen sind heute noch Spuren dieses absolutistischen Großprojektes ablesbar. In Kompensation zur forschen Bebauung der alten Bürgergärten im Zuge des Stadtwachstums verstand es Leipzig als eine der ersten deutschen Städte, die ab 1777 geschliffenen Wallanlagen zu öffentlichen Parkanlagen umzugestalten. Bereits um 1700 waren öffentliche Promenaden mit Alleepflanzungen auf den Wällen angelegt worden. Nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763), in dem sich die Befestigungsanlagen überwiegend als nutzlos erwiesen hatten, entledigte sich Leipzig als eine der ersten deutschen Städte seiner einengenden Mauern. Die frei werdenden Flächen wurden nicht wie andernorts bebaut, sondern es entstanden öffentliche gärtnerische Anlagen. Möglicherweise kann die Stadt damit den ersten kommunalen Landschaftspark ihr eigen nennen. Er wurde zum Grundstock des nun schrittweise weiterentwickelten Promenadenringes mit seinen vielfältigen Schmuckanlagen. Der Promenadenring ist bis heute, wenngleich durch Verkehrsanlagen und Bauprojekte immer wieder beschnitten, ein Gartendenkmal von europäischem Rang. Alte wie neue Parks zählen zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt, im Bild der historische Johannapark. zuvorderst wirtschaftlichen Interessen dienten, beeinflussten die weitere Stadtentwicklung stark. Diese Siedlungsentwicklung verlief ab 1870 überaus stürmisch. Auen, Teiche, Lehmgruben, Flussmäander, Verbindungs- und Entwässerungsgräben verschwanden. Einzelne Persönlichkeiten wie der Industrielle Dr. Karl Heine (18191888) prägten durch Planung und Bau eines künstlichen Gewässersystems aus der Innenstadt in das westliche Umland die Stadt nachhaltig. Neben der Umgestaltung des Leipziger Wasserknotens, der infrastrukturellen Erschließung der Vorstädte und der Schaffung von Bauland, verfolgte er bis zu seinem Tod die große Vision des Anschlusses der Stadt Leipzig an die Weltmeere. Widrige Umstände insbesondere im Baugrund hinderten ihn daran, die Saale zu erreichen. Der bis 1863 ebenfalls nach Plänen Lennés geschaffene Johannapark geht wiederum auf die private Initiative eines Leipziger Bürgers zurück. Für die heutige Freiraumstruktur war damit eine weitere bedeutende Grundlage geschaffen. Östlich der Innenstadt zeugt zudem bis heute eine Teilfläche des Alten Johannisfriedhofes von der frühesten Begräbnisfläche der Stadt außerhalb der Befestigungsanlagen. Die Idee, die Randbereiche des Auwaldes in Stadtnähe gartenkünstlerisch auszuformen, setzte sich mit dem Gelände der 1897 eröffneten Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung (später König-Albert-Park, heute Clara-Zetkin-Park) in Richtung der Rennbahn Scheibenholz fort. Bedeutende städtische Flächen waren damit weitblickend der Bebauung einer rapide anwachsenden Großstadt entzogen. Mit dem Ziel der Entsumpfung der natürlichen Überschwemmungsgebiete legten ab 1850 die Ingenieure Kohl und Georgi Pläne für die Begradigung und die Anlage neuer Flussläufe vor. Die umfangreichen Flussregulierungen, welche Der radikale Umbau des Leipziger Gewässersystems wurde zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts nach den Plänen von Kohl und Georgi weiter vorangetrieben, etwa mit dem Bau des Elsterbeckens und des Palmengartenwehres. Die 7 Mühlgräben wurden zudem ab 1879 bis 1961 schrittweise überwölbt oder verrohrt und das alte Flussbett der Weißen Elster 1930 zugeschüttet. Bereits die Hochwasserereignisse zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeigten indes, dass das neue Gewässersystem nicht funktionierte. In der Folge verschwanden dennoch fünf Kilometer innerstädtische Gewässer aus dem Stadtbild. Die letzten verbliebenen Mühlgräben wurden in den 1950er Jahren überdeckelt, weil von den Kloaken Gesundheitsgefahren ausgingen. Die Entwicklung des Bergbaus und der braunkohleverarbeitenden Industrie beeinflusste die Qualität und Quantität der Gewässer in der Leipziger Tieflandsbucht stark. Das Gewässersystem verlor seine natürliche Funktionalität und bedarf seither der Steuerung durch den Menschen. Die Entwicklung des Leipziger Stadtgrüns zu einem Netz funktionsfähiger und zugleich schöner Freiräume verschiedenster Kategorien war eng mit der Etablierung einer leistungsfähigen Gartenverwaltung verknüpft. In der Verpflichtung des ersten Leipziger Ratsgärtners Carl Friedrich Kühns im Jahr 1796 sowie seines Nachfolgers Hermann Rudolph Siebeck von 1846 bis 1858 drückte sich frühzeitig die Wahrnehmung des öffentlichen Grüns als wichtige kommunale Aufgabe aus. War Siebeck nur für den Promenadenring und das Rosental zuständig, wuchs für seinen Nachfolger, den von Lenné empfohlenen Gartenkünstler Carl Otto Wittenberg, das Themenspektrum seit 1858 bis hin zu stadtplanerischen Aufgaben an. Im Zuge des rasanten Stadtwachstums waren vielfältige Fragen von der Platz- über die Parkgestaltung bis hin zur Planung des Südfriedhofes zu lösen. Die Anlage großer Parks wie des Volksgartens Sellerhausen (1893-1895) und des Volkshains Stünz (1896), des Südteils des Eutritzscher Parks (1896) und des König-Albert-Parks im gleichen Jahr gehen auf Wittenberg zurück. Es handelte sich um „Spazierparks“ im Geiste dieser Zeit mit ausgewiesenen Funktionsbereichen, etwa für das Kinderspiel und die freie Bewegung. Im Jahr 1900 wurde Wittenberg, der sechs Jahre zuvor den Titel des Stadtgartendirektors erhalten hatte, pensioniert. Mit Carl Hampel (1849-1930) folgte ihm von 1901 bis 1920 wiederum ein Gartenkünstler ersten Ranges. Hampel hinterließ formale Stadtplätze und Schmuckanlagen, so am westlichen Promenadenring, sowie die weiträumigen Freiräume am Völkerschlachtdenkmal (heute WilhelmKülz-Park). Zudem machte er sich um den weiteren Ausbau des Stadtgartenamtes in Leipzig zu einer über die Stadtgrenzen hinaus bedeutenden Institution verdient. Nachdem Hampels engster Mitarbeiter Nikolaus Molzen (1881-1954) im Jahr 1920 das Amt des Stadtgartendirektors übernahm, gehörten die Fertigstellung des 8 Mariannenparks unter Weiterentwicklung des Entwurfs des Gartenarchitekten Leberecht Migge sowie die Anlage des Volksparks Kleinzschocher zu den bedeutendsten Werken dieser Ära. Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als sozialreformerische Idee entstandene Volkspark-Bewegung hat damit in Leipzig zwei bedeutende Beispiele hinterlassen. Bereits im 19. Jahrhundert finden sich Beispiele des Bemühens, unterprivilegierte Bevölkerungsschichten mit dem für Erholung und Gesundheit so notwendigen Stadtgrün zu versorgen. Der in den 1860er Jahren geschaffene Schreberplatz und die daraus entstandene Kleingartenbewegung, die ab 1888 errichteten Meyerschen Höfe mit ihren großzügigen wohnungsnahen Freiräumen, durchgrünte Wohngebiete wie die Gartenstädte Marienbrunn und Mockau oder der Rundling als Siedlung des Neuen Bauens mit seinem Wohngrün zeugen bis heute von der sozialen Verantwortung, welche die Stadt im Hinblick auf das Stadtgrün wahrnahm. Aus der Zeit des Nationalsozialismus ist der Richard-Wagner-Hain – wenngleich noch in der Weimarer Republik als Bauaufgabe und Entwurf konzipiert – die prägendste Hinterlassenschaft. Nikolaus Molzen wurde 1948 im Zuge der Entnazifizierung der öffentlichen Verwaltung entlassen. Vier Jahre kappte man die Tradition einer eigenständigen Grünflächenverwaltung. Die Aufgaben des früheren Garten- und Friedhofsamtes fielen an die neu gegründeten volkseigenen Betriebe für Garten- und Landschaftsgestaltung bzw. für Friedhofswesen. Als Ausführungsbetriebe waren sie der Planwirtschaft unterworfen und Auftraggeber und –nehmer in einem. Nach einer Phase der „Trümmerbegrünung“ und der Gestaltung zahlreicher Stadtplätze und Grünanlagen in den 1950er und 60er Jahren machte sich Leipzig die zentral verfügte Anlage von „Kulturparks“ zu eigen. Der Clara-Zetkin-Park zeugt bis heute von dieser Ära. Innerstädtische Neuanlagen wie die Grünanlagen am Ringcafé, die Fritz-von-Harck-Anlage, der „Sachsenplatz“, die Grimmaische Straße oder die Grünanlage zwischen Marktplatz und Thomaskirchhof waren Bestandteil des Wiederaufbaus. Der umfangreiche Einsatz von Wechselflorpflanzungen und von Wasserspielen zeichnete diese Anlagen aus. Ab den 1970er Jahren wurde die Schaffung des Wohnumfeldes in den Neubaugebieten zur Hauptaufgabe in der Freiraumgestaltung. Die Gestaltung mehrerer neuer Parkanlagen (Friedenspark, Landschaftspark Lößnig-Dölitz, Rabet, Park der Freundschaft/Etzoldsche Sandgrube, Einrichtung des Wildparks), die Anlage von Naturbädern und wichtiger Grünverbindungen (Plastikkgarten am Neuen Rathaus), die Aufforstung von Landwirtschaftsflächen und die Einrichtung stadtnaher Erholungsgebiete (Kulkwitzer See) konnten trotz großer materieller Einschränkungen in den 1970er und 80er Jahren geplant und umgesetzt werden. Die großzügige Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten sollte weiteren Substanzverlusten durch Bebauung und schädigenden Umwelteinflüssen aus Industrie und Bergbau entgegen wirken. Aufgrund der offensichtlichen Defizite des Stadtgrüns kam es 1979 in Leipzig wie in anderen Großstädten der DDR zur Wiedereinrichtung eines städtischen Gartenamtes, wenngleich mit eingeschränktem Handlungsspielraum. Nach der von Leipzig ausgegangenen Friedlichen Revolution im Herbst 1989, die neben den politischen Verhältnissen entscheidende Beweggründe in den Umweltsünden und der vernachlässigten Bausubstanz Leipzigs besaß, erfuhr auch die städtische Grünanlagenverwaltung eine baldige Neustrukturierung. Am 1. November 1990 wurde vom Stadtrat die Einrichtung eines Grünflächenamtes mit neuer Struktur und erweitertem Aufgabenbereich beschlossen. Dem seit 1991 existierenden Grünflächenamt wurde auch die Verantwortung über die Stadtforsten übertragen. Bedeutende Maßnahmen zur Sanierung und Erweiterung des Freiraumsystems konnten unter der Amtsleitung von Inge Kunath umgesetzt werden. Bezüglich des Gewässernetzes wurden Entwicklungskonzepte und Umsetzungen seit 1992 in Verantwortung des Amtes für Umweltschutz vorangetrieben, bevor diese Aufgaben im Jahr 2008 an das neu gebildete Amt für Stadtgrün und Gewässer übergingen (siehe unten). Im Zuge einer abrupt einsetzenden Entindustrialisierung gewannen die entstehenden Freiräume einen besonderen Stellenwert bei der Transformation der industriell geprägten Viertel. Die Freiraumentwicklung wurde zum Vorreiter der Stadtentwicklung in diesen Gebieten. Die Revitalisierung des Karl-Heine-Kanals, die Neuanlage des Stadtteilparks Plagwitz und des Henriettenparks, die neu geschaffenen Freiraumverbindungen auf Grundlage der städtebaulichen Idee der „Grünen Finger“ waren bedeutende Projekte, welche der Stadterneuerung im Leipziger Westen den Boden bereiteten. Im Ostteil der Stadt entsprachen der Neubau des Lene-Voigt-Parks und der sich anschließenden Anger-Crottendorfer Bahnschneise, die Erweiterung und Neuanlage des Stadtteilparks Rabet, die Einrichtung des Grünen Bogens Paunsdorf auf Konversionsflächen des Militärs wie auch die Besetzung von Brach- und Zwischenflächen durch Freiraumgestaltungen unter dem Titel „Lichter Hain“ und „Dunkler Wald“ diesem Anspruch. Die Mühlgräben sind als charakteristisches Moment des Stadtraumes in der Leipziger Innenstadt wieder wahrnehmbar geworden. Die erste Flussöffnung vollzog Der Pleißemühlgraben als Teil der (nächtlichen) Stadt. sich 1996–1998 am Dittrichring; der Pleißemühlgraben wurde nun wieder erlebbar. Seither wurden mehr als 2.000 Meter Gewässer ans Licht geholt. Die offengelegten Flüsse dienen als innerstädtische Leitlinien, als wichtige Verbindungen zwischen der Innenstadt und den Grünräumen. Die Gewässer sind nicht nur sichtbar, sondern erlebbar geworden: Aus städtischen Brachen sind neue Kulturräume entstanden. Großprojekten wie dem Bau der Neuen Messe samt anspruchsvoller Freianlagen, die Landschaftsgestaltung im Inneren wie im Umfeld von Industrieansiedlungen im Leipziger Norden traten kleinteilige, stark an Nutzerinteressen orientierte Wohnumfeldverbesserungen im Süden gegenüber, etwa in der Südvorstadt und im Stadtbezirk Grünau. Die Gestaltung und Einbindung des Cospudener Sees in das Leipziger Freiraum- und Gewässersystem konnten einer bergbaulich geprägten, geschundenen Landschaft im Südraum ein positives Image verleihen. Die landschaftsarchitektonischen Projekte der Zeit nach 1990 standen unter dem Anspruch, stets das große Ganze im Blick zu behalten und die einzelnen Projekte im Freiraumverbund der Stadt zu vernetzen. Die vormals im Grünflächenamt angesiedelte Landschafts- und Grünordnungsplanung erfolgt seit dem Jahr 2002 im Stadtplanungsamt. Außerdem wurde mit der Übetragung der Pflege und Unterhaltung der öffentlichen Freiräume auf den 9 Auf strategischer und gesamtstädtischer Ebene sind wichtige Ziele, welche das Stadtgrün und die Gewässer betreffen, bereits im Integrierten Stadtentwicklungskonzept (SEKo) im dortigen Fachkonzept „Freiraum und Umwelt“ abgebildet. Die Entwicklung des öffentlichen Grüns ist dabei eng an die Stadtentwicklung gekoppelt und spielt sowohl in konzeptionellen Stadtteilplänen eine wichtige Rolle, als auch in der Bauleitplanung. Hier werden entsprechende Festsetzungen zum öffentlichen Grün und zur Bebauungsdichte getroffen. Grün und Blau sind im Leipiger Freiraumsystem eng miteinander verknüpft. Im Bild das Palmgartenwehr mit dem Elsterbecken. Eigenbetrieb Stadtreinigung im Jahr 2003 die bis dato bewährte Vereinigung von Grünflächenplanung und -bewirtschaftung unter einem Dach aufgegeben. Durch Eingemeindungen und die Neuordnung von Flächenzuständigkeiten wuchs allein der Flächenanteil des öffentlichen Grüns, für dessen Erhaltung und Entwicklung das Grünflächenamt zuständig zeichnet, zwischen 1990 und 2000 um 50 Prozent. Allerdings obliegt die Pflege und Unterhaltung der eingemeindeten Flächen bis heute den in den Ortsteilen ansässigen Bauhöfen. Im Jahr 2008 wurde das Grünflächenamt zum Amt für Stadtgrün und Gewässer. Anlass war eine Verwaltungs- und Funktionalreform des Freistaates, in deren Folge das Amt für Umweltschutz eine Reihe landesbehördlicher Aufgaben übernahm. Im Gegenzug dieser Aufgabenerweiterung wurden die Aufgabenbereiche Gewässerentwicklung, Gewässerunterhaltung, Flächenmanagement und Interkommunale Zusammenarbeit, die bis dahin ebenfalls im Amt für Umweltschutz angesiedelt waren, dem damiligen Grünflächenamt übertragen, das seither als Amt für Stadtgrün und Gewässer fungiert. Seit 2008 ist somit die strategische Entwicklung der grün-blauen Infrastruktur in einem Amt konzentriert, was zu Synergien und qualitativen Vorteilen gereichte. Vorliegende Planungen und Strategien Die vorliegende Freiraumstrategie wurde auf Grundlage des Arbeitsprogramms des Oberbürgermeisters erarbeitet. Dessen Titel „Leipzig wächst nachhaltig“ ist das Leitmotiv dieser Konzeption für die grün-blaue Entwicklung der Stadt. Es liegt dabei im Wesen dieser Strategie, die politischen Ziele des Arbeitsprogramms entsprechend zu untersetzen und auszudifferenzieren. 10 Die vorliegende Freiraumstrategie steht zudem im Kontext zahlreicher vorliegender Planwerke und Konzeptionen der Stadt Leipzig sowie des Grünen Ringes Leipzig. Dazu gehören: Integriertes Stadtentwicklungskonzept 2020 (SEKo) der Stadt Leipzig Flächennutzungsplan (2015) Landschaftsplan (2013) Integriertes Gewässerkonzept (2004) Mittelfristiges Programm zu Hochwasserschutz- und ausgewählten Gewässerentwicklungsmaßnahmen für Gewässer II. Ordnung in der Stadt Leipzig (2014) Tourismuswirtschaftliches Gesamtkonzept (TWGK) für die Gewässerlandschaft im mitteldeutschen Raum (2014) Wassertouristisches Nutzungskonzept (WTNK) für das Leipziger Neuseenland (2007) Regionales Handlungskonzept 2014 des Grünen Rings Leipzig (2015) „Spielen am Wege“ - Spielraumkonzept Innenstadt Leipzig (2008) Entwicklungskonzept zur Erschließung touristischer Potenziale des Landtourismus im Bereich Wandern (2014) Sportprogramm 2024 Radverkehrsentwicklungsplan 2010 -2020 (2012) Touristischer Entwicklungsplan (TEP) der Stadt Leipzig bis 2019 (2015) Forsteinrichtung.für den Wald der Stadt Leipzig 2014 - 2023 (2015) Die genannten Konzeptionen stehen wiederum im Kontext entsprechender Planungen auf räumlich oder fachlich übergeordneter Ebene (zum Beispiel Regionalplan Westsachsen, Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme nach europäischer Wasserrahmenrichtlinie EG-WRRL). Die vorliegende Freiraumstrategie reflektiert die Ergebnisse dieser Planwerke und Konzeptionen und leitet aus ihnen Schlussfolgerungen für die jeweilige Thematik ab. LANDSCHAFTSPLAN DER STADT LEIPZIG LANDSCHAFTSPLAN DER STADT LEIPZIG LAND LANDSCHAFTSPLAN Flächennutzung Grünfläche Stadt Stadt Leipzig LAN LANDSCHAFTSPLAN K WASS GRÜNFLÄCHEN Maßstab: 1:30.000 Stand: Maßstab: 16.10.2013 Datum / Unterschrift Bearbeitung: Planfassung gemäß: § 1(5), (6) Nr. 7 u. 8 BauGB, § 2, 2a, 3, 4 BauGB, §§ 1, 1a, 1b, 2, 3 SächsNatSchG, insbes. §§ 4, 6 SächsNatSchG Stadtplanungsamt Leipzig, SG Landschafts- und Grünordnungsplanung: Leipziger Stadtgrün (ohne Wald). 1:30.000 Dezernat S Stadtplanu Abteilung G Sachgebiet Dezernat Stadtentwicklung und Bau Stadtplanungsamt Abteilung Generelle Planung und Projekte Sachgebiet Landschafts- und Grünordnungsplanung Stadtplanungsamt Leipzig, SG Landschafts- und Grünordnungsplanung: Leipziger Gewässersystem. 11 12 ERSTER TEIL: Die Freiraumkategorien der Stadt 13 14 LANDSCHAFTSPLAN DER STADT LEIPZIG LAN Grün-blaue Infrastruktur unD landschaftsplanung GESA RADIAL NÖRDLICHE AGRARLANDSCHAFT LINDENTHALER WÄLDCHEN Z U E FUCHSBERG Seehausen I E T Das Leitbild des Leipziger Grünsystems kann als Ring-Radial-System beschrieben werden, das im Landschaftsplan der Stadt Leipzig ausführlich dargestellt ist. Drei grüne Ringe gliedern die Stadt und werden durch radiale Grünachsen ergänzt. Diese radialen Achsen orientieren sich zumeist entlang von Fließgewässern und ihren ehemaligen Auen. Das Gewässersystem Leipzigs folgt zumindest in seiner groben Struktur noch heute dem ursprünglichen Verlauf der landschaftsprägenden Fließgewässer. A - -- E H K C S R --- U E E EICHBERG H R T I C P A P A L U --- A R T L E P --HAINICHER HOLZ T H A --- R P A R E D BURGAUE E N GRÜNER BOGEN PAUNSDORF --- U E Leutzsch E A Ö R H --BIENITZ P E U Thekla --- Wahren T --- S E L H E A U EN B UR SCHÖNAUER LACHEN GE R STÜNZER PARK BH Paunsdorf E EIL ZSCHAMPERTAUE F. Grünrin Altstadt G Ü Leipzig heute Grünrad ÖSTLICHE RIETZSCHKE R Connewitz N Z Waldflä U E Grünau U G ETZ`OLDSCHE SANDGRUBE Wasser A P KULKWITZER SEE --- L E LÖSSNIG / DÖLITZ NATURBAD SÜDWEST I --- Autoba Liebertwolkwitz S Ü D R O T S Stadtgr E E U L ELSTER STAUSEE T E S Haupts Markkleeberg A Stadtplanungsamt Leipzig, SG Landschafts- und Grünordnungsplanung. Knauthain --- Das Leitbild des Leipziger Freiraumsystems mit seiner Radial-Ring-Struktur Bahn E WESTLICHE AGRARLANDSCHAFT S AGRA LANDSCHAFTSPARK COSPUDEN S Auf Grundlage der naturräumlichen Situation und der historischen Stadtentwicklung verbinden die grünen Radialen entlang der Flüsse, Bachläufe und Kanäle sowie auf ehemaligen Verkehrstrassen heute das Stadtzentrum mit dem Umland. Unter ihnen ist der Leipziger Auwald in der Flussniederung von Luppe, Pleiße und Weißer Elster der bedeutendste und größte Grünzug. Er erstreckt sich als Rückgrat des Leipziger Freiraumsystems von Nordwesten bis nach Süden und tangiert die Innenstadt – in deren Nähe er durch städtische Parkanlagen ersetzt und ergänzt wird. Mit der direkten Verbindung zum Umland über das Gewässernetz, insbesondere zum Cospudener und Zwenkauer See, ist die Bedeutung des Auwaldes als Schwerpunkt des Leipziger Freiraumsystems weiter gestiegen. Knautnaundorf E R O B B E R G B A U F O L G E L A N D S C H A F T M A U S Ü D R H O L Stad Z LAN GES Maßstab: G Z I I P L E Planfassung gemäß: 0 0,5 1 2 3 4 5 Kilometer und setzen gegenüber der gebauten Umgebung, mit der sie über zahlreiche Verbindungen vernetzt sind, stadträumliche Zäsuren. Neben dem Auwald zählen die Parthe- und die nördliche Rietzschkeaue, der Grünzug Südost (vom Friedenspark über die Alte Messe, den Wilhelm-Külz-Park, den Südfriedhof und den Erholungspark Lößnig-Dölitz samt seinem Arboretum über die Weinteichsenke bis hinaus zum Störmthaler See), ferner die neu geschaffene Achse vom Lene-Voigt-Park über die Anger-Crottendorfer Bahnschneise zu den bedeutendsten Radialen im Leipziger Freiraumsystem. Mit den Parks am Bayerischen Bahnhof sowie am Plagwitzer Bahnhof sind derzeit weitere Grünzüge auf ehemaligem Gleisgelände in Planung. Zudem ist die gewässerbezogene Radiale zum Markkleeberger und Störmthaler See von großer Bedeutung – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Vernetzung von Stadt und Umland. Foto Seite 14: Die zum Stadtzentrum orientierten Grünkeile finden in drei grünen Ringen ihre stadträumlich wirksame Ergänzung. Sie sind aus Freiräumen unterschiedlichster Kategorien zusammengesetzt, machen das historische Stadtwachstum ablesbar Der Plastikgarten aus den 1980er Jahren verknüpft den Promenadenring direkt mit dem Johannapark. 1:40.000 Dezernat Stadtplan Abteilung Sachgeb Der gartenhistorisch bedeutsame Promenadenring, entstanden auf der Fläche der alten Wallanlagen, umschließt als innerer Ring das Stadtzentrum. Im Landschaftsplan der Stadt Leipzig heißt es weiter: „Der mittlere Ring liegt als Stadtring zwischen der zusammenhängend bebauten Kernstadt und randlich liegenden Siedlungsschwerpunkten (ehemalige Dorfkerne, Großsiedlung Grünau etc.). Er verbindet verschiedene größere Grünräume miteinander (z. B. Südlicher und Nördlicher Auwald, Agra Park, Cospudener See, Partheaue, Schönauer Lachen).“ Der äußere Ring besitzt wiederum für die Vernetzung von Stadt und Umland eine hohe Bedeutung. Er besteht vorwiegend aus Landwirtschaftsflächen und kleineren Waldungen außerhalb des städtischen Siedlungsgebietes. Er grenzt die Stadt räumlich vom ländlich geprägten Umland ab und wirkt so einer Zersiedelung des Stadtrandes entgegen. 15 § 1(5), (6 §§ 1, 1a, Zahlen und Fakten zum Grünsystem der Stadt Leipzig 896 ha Quelle: Stadt Leipzig: Statistisches Jahrbuch 2015. öffentliche Grünanlagen (Parks, Stadtplätze und weitere) 2450 ha Wald 1229 ha Kleingärten 182 ha Friedhöfe (121 ha davon städtisch, 61,5 ha kirchlich) 1101 ha Wasserflächen 61.063 * Straßenbäume 179,5 km Fließgewässer II. Ordnung 10297 ha Landwirtschaftsfläche Neben dieser stadtgliedernden Großstruktur auf der Makroebene findet das Leipziger Freiraumsystem in zahlreichen Freiräumen auf der Meso- und Mikroebene seine weitere Differenzierung. Das Mesosystem enthält stadtgliedernde, in der Regel radial auf das Stadtzentrum orientierte Grünkeile. Das Mikrosystem wird durch Grünverbindungen im Straßenraum, durch Stadtplätze und quartiersbezogene Grünanlagen gebildet. Das Leipziger Stadtgrün setzt sich somit aus einem Netz von Freiräumen unterschiedlichster Kategorien zusammen, welche das Stadtbild prägen und die Stadt interessant und vielseitig machen. Von den großen extensiven Wald- und Erholungsgebieten sowie den Landwirtschaftsflächen über die intensiver gestalteten und genutzten Parks und Friedhöfe, die kleineren grünen Stadtplätze und Grünanlagen, die Kleingartenanlagen bis hin zu den wohnungsnahen Freiräumen oder mit Zwischennutzungen und unterschiedlichen Sukzessionsstadien belegten Brachflächen ist dieses Netz der grünen Infrastruktur überaus vielfältig. Leipzig liegt zwar nicht an einem großen Strom, dennoch ergänzt ein weitläufiges Netz unterschiedlicher Fließ- und Stillgewässer das Grünsystem und ist intensiv mit diesem verwoben. Pleiße, Weiße Elster, Parthe, Luppe, Rietzschke und Zschampert, Batschke, Paußnitz, Nahle sowie zahlreiche weitere Fließgewässer bildeten einstmals ein weit verzweigtes Binnendelta. Leipzig war somit von jeher von Gewässern geprägt. Heute vereinigen sich diese Flüsse, meist stark künstlich überformt, mit zahlreichen von Menschenhand angelegten Kanälen zum „Leipziger Gewässerknoten“. Dieser Gewässerknoten ist durch zahlreiche Offenlegungen in den vergangen Jahren, die in ihrem Zusammenwirken vor 16 * Eine Korrektur in der Flächenzuweisung von Baumstandorten in der Kategorie Straßenbäume hat im Jahr 2016 dazu geführt, dass der Straßenbaumbestand in der Statistik von Ende 2016 mit 55.900 angegeben wird. allem dem präventiven Hochwasserschutz dienen, bis in Innenstadtnähe wieder mehr und mehr für die Leipzigerinnen und Leipziger sowie ihre Gäste sicht- und erlebbar. Gewässer stehen mittlerweile in einigen Leipziger Stadtquartieren für eine besondere Wohn- und Lebensqualität. Hinzu kommen die vorhandenen Stillgewässer bis hin zu den bestehenden oder sich derzeit füllenden Seen des Südraumes. Eine lebendige, urbane Stadt zeichnet sich durch Vielfalt aus – diese bildet sich in Leipzig auch im Reichtum des Stadtgrüns und der Gewässer ab. Im Sinne der Vernetzung von Stadtgrün und Gewässern über die Stadtgrenzen hinaus wird das regionale Grünsystem bereits heute durch erste Bausteine (Kurse) des touristischen Gewässerverbundes ergänzt, dessen Ziel darin besteht, die neuen Seen der Bergbaufolgelandschaft mit den Fließgewässern und Kanälen der Stadt Leipzig und der Region bootsgängig zu verknüpfen und wassertouristisch zu entwickeln. Funktionen Das Freiraumsystem mit seinen Grünzügen, Wasserstraßen und Wegeverbindungen bis hin zu den kleinteiligen Mosaiksteinen des Meso- und Mikrosystems dient der räumlichen Strukturierung des Stadtgefüges. Freiräume prägen das Leipziger Stadtbild mindestens ebenso wie bedeutende Gebäude und setzen Zäsuren zwischen dicht bebauten Quartieren und Stadtteilen. Besonders wirksam tritt in dieser Hinsicht in Leipzig der Auwald in Erscheinung, der die Stadt in einen West- und einen Ostteil gliedert. Das Leipziger Freiraumsystem gibt Orientierung und verleiht Stadtteilen ihre Identität. Als Beispiel genannt sei der Grünzug der Alten Salzstraße, der dem Stadtteil Grünau eine identitätsstiftende Mitte gibt oder die Stadtelster im Zusammenspiel mit dem Karl-Heine-Kanal, die die hohe Attraktivität der Stadtteile Schleußig und Plagwitz begründen. Die Grünzüge und Gewässer haben zudem eine hohe Bedeutung für das Stadtklima. Insbesondere die radialen Freiraumverbindungen sorgen für Frischluftzufuhr aus den Kaltluftentstehungsgebieten in der Peripherie hinein in die Stadt. Aber auch kleinräumig wirken innerstädtische Freiräume klimatisch positiv in die umgebenden, bebauten Quartiere. Darüber hinaus dienen Grün- und Gewässerverbindungen dem Biotopverbund. Im Gewässersystem des Leipziger Gewässerknotens wird der Fokus vor allem auf die Wiederherstellung der Funktion für den Hochwasserschutz und die Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie gelegt. Grundlagen diverser Offenlegun- gen und Revitalisierungen an den Leipzigern Fließgewässern liefern neben der EG-WRRL und den Hochwasserschutzkonzepten auf übergeordneter Ebene vor allem das in den Jahren 2003/2004 erarbeitete Integrierte Gewässerkonzept. Darauf bauen weitere Konzepte insbesondere für die wassertouristische Nutzung in Stadt und Region auf. Rad- und Fußwege in der Anger-Crottendorfer Bahnschneise im Leipziger Osten. Darüber hinaus kommt dem Freiraumsystem insgesamt die bedeutende Funktion zu, den Menschen Mobilität abseits der motorisierten Verkehrswege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Boot zu ermöglichen. Es ist damit für die Entwicklung zukunftsfähiger, nachhaltiger Verkehrssysteme in der Stadt von großer Bedeutung. Das System vernetzt sowohl die Freiräume untereinander, als auch die Freiräume mit der gebauten Stadt. Die Fuß- und Radwege entlang der Flüsse, durch den Auwald und die größeren Parks sind die attraktivsten, führen sie doch durch eine grüne, erholsame Umgebung. Die Verbindungen werden zu ausgedehnten Touren, zur erholsamen Fortbewegung zwischen entlegenen Zielen innerhalb der Stadt sowie zwischen Stadt und Umland genutzt, oder auch für sportliche Aktivitäten - vor allem aber als Alltagsrouten zwischen den Wohn- und Arbeitsstätten und den Zielen der Freizeitgestaltung. che den sich hier Bewegenden ein eigenes, vom motorisierten Verkehr unabhängiges System bieten. Die postindustrielle Stadt bietet zu einem Ausbau dieser Bewegungsachsen gute Grundlagen, wie die zu Freiraumverbindungen umgewandelten Gleise und Kanäle des Leipziger Westens zeigen. Doch bestehen noch viele Fehlstellen und Lücken im System. Auch ist die Versorgung der Stadtteile mit derartigen Vernetzungen unterschiedlich. In der Realität sind es nicht selten die zarten, im Stadtgrundriss kaum sichtbaren Elemente, die für das Leipziger Freiraumsystem charakteristisch und von großer Bedeutung sind: die Rad- und Fußwege entlang der Verkehrswege oder durch Kleingartenanlagen hindurch, die engen Kanäle und Pfade durch die Stadt, wel- Neben den verschiedenen Fortbewegungsformen zu Fuß (Gehen, Joggen, Nordic Walking) oder mit dem Rad, gewinnt der Verbund der Leipziger Gewässer eine zunehmende Bedeutung. Zum Ausbau dieses Fließgewässerverbundes wurden seit 1990 große Anstrengungen unternommen. Durch Öffnung von Fließgewässerabschnitten und die Verbindung mit der Seenlandschaft im Süden soll die durchgängige Befahrbarkeit ausgewählter Wasserwanderkurse hergestellt werden (siehe. Kap. Gewässer). Auf Grundlage eines von 2005 bis 2007 entwickelten „Wassertouristischen Nutzungskonzepts“ entsteht ein Netz aus acht wassertouristischen Kursen, welches sowohl touristische als auch Umweltbelange berücksichtigt. Die Bewegung im Netz der grün-blauen Infrastruktur erfreut sich großer Beliebtheit. Freiraumversorgung der Stadtteile Die räumliche Nähe zum Wohnen ist ein entscheidender Faktor für die Wirksamkeit des städtischen Freiraumsystems. Durch eine kluge Vernetzung, durch eine barrierefreie und Verkehrswege gefahrlos überwindende Anbindung können auch räumlich weiter entfernte 17 Das Luftbild aus dem Jahr 2010 zeigt neben Teilen des Leipziger Auwaldes die vom Bergbau beeinflussten Qualitätsunterschiede im Gewässersystem, hier am Zusammenfluss von Weißer Elster und Pleiße (rechts) mit ihrer hohen Eisensulfatfracht. Aufgrund ihrer naturräumlichen Lage und ihrer historischen Entwicklung weisen die einzelnen Stadtteile einen sehr unterschiedlichen Versorgungsgrad mit öffentlichem Grün auf. Allein die Nähe zum großen Grünzug des Leipziger Auwaldes beeinflusst die Lagegunst der angrenzenden Stadtteile gravierend. Entsprechend steht die Verbesserung des Freiraumangebotes in den mit Grün schlechter versorgten Quartieren auch auf der Agenda des Fachkonzeptes „Freiraum und Umwelt“ des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (SEKo), das im Jahr 2009 verabschiedet und seither sukzessive fortgeschrieben bzw. durch Fachkonzepte ergänzt wurde. Trotz großer Anstrengungen in der jüngeren Vergangenheit bleibt beispielsweise die Minderung der Grünflächendefizite in den stark verdichteten Quartieren des Leipziger Ostens weiterhin ein wesentliches Ziel, um einen konkurrenz- und zukunftsfähigen Stadtteil zu entwickeln. Entwicklungsimpulse im Sinne des im SEKo verankerten Schwerpunktes zur Freiraumvernetzung gingen dabei in den letzten Jahren von der Umsetzung bedeutender Projekte im Leipziger Osten aus. Hier hatte bereits im Jahr 2002 der Konzeptionelle Stadtteilplan mit seinem Leitbild „Grüne Räume vernetzen“ die Grundlage dafür gelegt. Das „Grüne Rietzschkeband” bietet heute mit abwechslungsreichen Aufenthaltsräumen Platz für verschiedene Freizeitaktivitäten. Zentrales Element des Grünzuges, der insbesondere entlang der Wurzner Straße mit experimentellen Baumpflanzungen („Dunkler Wald“ und „Lichter Hain“) stadträumlich wirksam wurde, ist der knapp zehn Hektar große Stadtteilpark Rabet. Der Lene-Voigt-Park auf dem Gelände des ehemaligen Eilenburger Bahnhofes ist die größte Investition in das innerstädtische Grün seit 1990 und folgt derselben Zielsetzung. Die Rad- und Fußwegverbindung entlang der Anger-Crottendorfer Bahnschneise führt die Nutzer des Parkes bis an den äußeren Grünen Ring hinaus. Die aktuell diskutierte Vision zu einem „Parkbogen Ost“ zielt auf eine weitere Verbesserung des Freiraumangebotes im Leipziger Osten. Grünflächen und Gewässer näher an die Wohnquartiere rücken und der Unterversorgung einiger Stadtteile entgegen wirken. 18 Aktuelle Herausforderungen Eine lebendige, zukunfts- und wettbewerbsfähige Stadt, die auch unter den Bedingungen von Zuzug und vielfältigen Nutzungsansprüchen auf ein nachhaltiges Wachstum setzt, muss sich auch unter diesen geänderten Vorzeichen durch Vielfalt im Erscheinungsbild und in den Angeboten für die Bürger und Gäste auszeichnen. Zu dieser Vielfalt trägt in Leipzig heute das Stadtgrün in all seinen Facetten, vom Einzelbaum über Stadtparks bis zu Wäldern bei. Im Zusammenspiel mit den sie prägenden Gewässern bilden die Fluss- und Bachauen das Rückgrat einer vielfältigen und verzweigten Erholungslandschaft, zu der auch die Seenlandschaft infolge des Bergbaus zählt. Sie steht für passive wie für aktive Erholungsformen zur Verfügung. Die Entwicklung einer eng vernetzten grün-blauen Infrastruktur hat in den letzten zwei Jahrzehnten komplementär zum Gebauten entscheidend zur Attraktivität und Unverwechselbarkeit der Stadtlandschaft Leipzigs beigetragen. Die Erfahrungen zeigen, dass Stadtgrün und Gewässer wichtige soziale, ökologische, kulturelle, sportliche und ökonomische Funktionen erfüllen und in diesem Sinne auch Initialzündungen für eine positive Quartiersentwicklung sein können. Diese Qualitäten gilt es in Zukunft, aufbauend auf den Erfahrungen in der Vergangenheit, unter den geänderten Vorzeichen von Bevölkerungswachstum und Nutzungsintensivierung nachhaltig zu sichern sowie beständig weiter zu verbessern und auszubauen. Es wird dabei mehr und mehr auf eine ausgewogene Mischung von baulicher (Nach-)Verdichtung und einer begleitenden Freiraumentwicklung ankommen. Eine in diesem Sinne „doppelte Innenentwicklung“ belebt attraktive innerstädtische Quartiere und hilft damit gleichzeitig, die weitere Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke am Stadtrand zu reduzieren. Aktuell wird deutlich, dass das erfreuliche Wachstum der Stadt Leipzig bereits zu einem spürbaren Bebauungs- und Nutzungsdruck nicht zuletzt auf bestehende oder potenzielle Grünflächen führt. Letzterer macht sich auch auf und an den Gewässern bemerkbar. Freiraumpolitische Argumente müssen daher weiter geschärft und kommuniziert werden! Potenzielle Flächen des zukünftigen Freiraumsystems, welche die Lebensqualität einer sich zunehmend verdichtenden Stadt bestimmen werden, müssen von Bebauung freigehalten, Gewässer weiter geöffnet und mit hohem Gestaltungsanspruch in das Stadtbild integriert werden. Entsprechend ist auch die wachsende Stadt Leipzig weiterhin verstärkt vom Freiraum her zu denken und zu planen. Der erfolgreich beschrittene Weg, Leipzig durch Investitionen in die grüne und blaue Infrastruktur als Wohn- und Wirtschaftsstandort attraktiv zu machen, darf auch in Zukunft nicht verlassen werden. Es gilt, Freiraumqualitäten weiter zu entwickeln, zu ergänzen und Erreichtes zu sichern. Dabei kann auf Gedanken zurückgegriffen werden, die sich auch in Leipzig selbst in Zeiten der „schrumpfenden Stadt“ bestätigt haben. So schrieb Fritz Schumacher bereits im Jahr 1932 bezogen auf Hamburg: „Bauflächen entstehen, auch wenn man sich nicht um sie kümmert. Freiflächen verschwinden, wenn man sich nicht um sie kümmert. Nur durch systematische städtebauliche Pflege können sie als dauerndes Gut gewonnen werden.“ Dazu bedarf es mehr denn je der gesamtstädtischen Perspektive, wie sie in der kommunalen Landschaftsplanung erarbeitet und regelmäßig fortgeschrieben wird. Exkurs: Landschaftsplanung Parallel zur baulichen Entwicklung ist es also mindestens ebenso wichtig, die Freiräume der Stadt strategisch zu betrachten und zu planen. Dies bedarf zunächst einer regelmäßigen Analyse der Freiraumsituation mit all ihren Facetten. Auf dieser Basis sind Ziele und Maßnahmen zu Natur und Landschaft wie auch zu den innerstädtischen Freiräumen abzuleiten. Das kann in der Konsequenz zu Veränderungen in der Stadtentwicklung führen. Derartige Betrachtungen erfolgen auf den unterschiedlichsten Ebenen. Besonders bedeutsam ist der Blick auf die gesamtstädtische Entwicklung und damit die Stadt- und die Landschaftsplanung. Wie bereits einführend erläutert, ist letztere im Stadtplanungsamt der Stadt Leipzig angesiedelt. Ein klares gesamtstädtisches Leitbild und übergeordnete Entwicklungsziele, an denen sich konkrete Planungen und Maßnahmen orientieren, sind unabdingbar für eine nachhaltige Entwicklung der Stadt mit ihren vielfältigen Themen und Funktionen. Insbesondere für die städtischen Freiräume, die Natur und das Gewässersystems übernimmt die kommunale Landschaftsplanung für Leipzig eine zentrale Funktion auf gesamtstädtischer Ebene. Sie liefert Schlüsselinformationen zu Natur und Umwelt und dient als Maßstab für die Umwelt- und Raumverträglichkeit von Vorhaben und Planungen der Stadtentwicklung. Zudem formuliert sie klare Ziele und Maßnahmen zur Sicherung, Pflege und Entwicklung von Natur, Landschaft und Freiraum. Mit der vorliegenden Freiraumstrategie, welche die Handlungsfelder des Amtes für Stadtgrün und Gewässer in räumlicher und funktionaler Hinsicht sowie die Ausrichtung des künftigen Managements anspricht, ist die Landschaftsplanung eng verknüpft. Der Landschaftsplan ist ein „Wegweiser“ für die städtische Entwicklung. Er macht vorhandene räumliche Qualitäten sichtbar. steckt die notwendigen Ziele zur Entwicklung des Naturhaushaltes ab. verweist auf die Entwicklungsmöglichkeiten für das landschaftliche Umfeld der Stadt. leitet die dafür notwendigen und empfehlenswerten Maßnahmen ab und zeigt konkrete Umsetzungswege auf. bündelt und koordiniert das Zusammenspiel der vielen verschiedenen Instrumente und Regelungen. 19 wickelt. Diese werden im weiteren Planungsprozess untereinander abgewogen und im sogenannten Integrierten Entwicklungskonzept zusammengeführt. Dieses stellt das zentrale Ergebnis des Landschaftsplanes dar und bildet die wichtigsten Planungsziele ab. Im Mittelpunkt stehen dabei die Entwicklung, Erhaltung und nachhaltige Sicherung eines funktionsfähigen Naturhaushaltes, der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen für die Menschen und eine lebenswerte Stadtlandschaft. Deshalb enthält der Landschaftsplan teilräumliche Leitbilder für alle typischen Stadt- und Landschaftsräume Leipzigs. Mit seinen Daten und Umweltbewertungen dient er auch als Entscheidungshilfe für eine umweltverträgliche Planung von Standorten für den Wohnungsbau, die Entwicklung von Gewerbe und Industrie, für Verkehrs- und Infrastrukturbaumaßnahmen. Der Landschaftsplan thematisiert Konfliktsituationen hinsichtlich der Umweltbelange und zeigt Handlungsbedarf auf, wo es einer weiteren planerischen Bearbeitung bedarf. Der Landschaftsplan behält als Planungsinstrument die gesamte Stadt mit ihren Freiräumen im Blick. Die aktuelle Version des Landschaftsplanes der Stadt Leipzig wurde im Jahr 2013 durch den Stadtrat beschlossen. Dieser Landschaftsplan ist jedoch nicht als ein abgeschlossenes, nur periodisch fortzuschreibendes Planwerk zu verstehen. Vielmehr ist er ein modulares Instrument, das ständig auf aktuelle Bedürfnisse reagiert und als querschnittsorientierter Planungsansatz laufende Planungen, Programme und Verfahren mit Schlüsselinformationen zu Umweltbelangen versorgen kann. Landschaftsplanung ist somit eine Daueraufgabe für Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit. Die kontinuierliche Aktualisierung der Informationen und Analysen, die Weiterentwicklung der Inhalte des Landschaftsplanes werden in Abständen von etwa zehn Jahren in einer förmlichen Fortschreibung zusammengeführt. Die Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange werden beteiligt und das Planwerk den politischen Gremien zur Entscheidung vorgelegt, so dass seine ökologischen Grundlagen und Planaussagen die Stadtentwicklung mitbestimmen können. Im Zuge der Erarbeitung des kommunalen Landschaftsplanes werden für die einzelnen Schutzgüter wie Boden, Wasser, Klima/Luft, Arten und Biotope, Biodiversität, Kulturlandschaft, Landschaftsbild und Erholung aktuelle Bestandserhebungen und -bewertungen erstellt und auf dieser Grundlage Zielkonzepte ent20 Mit seinen Inhalten und planerischen Aussagen stellt der Landschaftsplan für die konkrete Entwicklung von Freiräumen und Gewässern wichtige Grundlagen für die konkrete raum- oder objektbezogene Planung zur Verfügung und gibt Ziele für den angestrebten Zustand von Natur und Landschaft vor. Die Landschaftsplanung ist damit die gesamträumlich konkretisierte und regelmäßig politisch legitimierte planerische Konzeption zur langfristigen Steuerung der Stadtentwicklung unter den Gesichtspunkten des Naturhaushaltes und wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge der Stadt. Eine enge Verzahnung und eine gutes Zusammenwirken der Aufgaben der gesamträumlich angelegten Landschaftsplanung mit jenen, die in der vorliegenden Freiraumstrategie dargelegt sind, ist für deren erfolgreiche Umsetzung unabdingbar. Dies gilt andersherum aber auch für die Umsetzung der Leit- und Zielvorstellungen des Landschaftsplanes mit Hilfe konkreter Schutz-, Pflegeund Entwicklungsansätze für einzelne Gebiete. Für die Umsetzung von Maßnahmen zur Sicherung, Pflege und Entwicklung sind sowohl ergänzende Konzepte der Landschafts- und Freiraumplanung unerlässlich (Spielraumkonzept, Kleingartenkonzeption etc.), als auch projektbezogene Planungen zur Entwicklung von konkreten Freiräumen und von Gewässern, wie sie im Amt für Stadtgrün und Gewässer erarbeitet werden. Ebenso ist ein entsprechendes Pflegeregime der Flächen, wie es in Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Stadtgrün und Gewässer und dem Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig entwickelt und umgesetzt wird, von großer Bedeutung. Der Grünzug Alte Salzstraße ist das grüne Rückgrat des Stadtbezirkes Grünau. Der Ausbau des Leipziger Freiraumsystems wurde auf allen Ebenen weiter vorangebracht. Freiräume sind umso wirksamer und bedeutsamer im Stadtgefüge, je besser sie in das Freiraumsystem eingebunden sind. Die verstärkte Vernetzung der bestehenden Freiräume und Gewässer untereinander erwies sich daher als eine der zentralen Aufgaben und bleibt es auch in Zukunft. Der Vernetzung und Erreichbarkeit der Erholungsangebote wurde unter dem Motto der „Stadt der kurzen Wege“ höchste Aufmerksamkeit zuteil. Die in Leipzig durchschnittliche Freiraumversorgung pro Kopf der Bevölkerung von 15,9 Quadratmetern ist vergleichsweise hoch, in den verschiedenen Stadtteilen (insbesondere durch die Lage zum Auwald) jedoch weiterhin sehr unterschiedlich. Durch Lage, Vernetzung, Qualität und Zugänglichkeit jedem Bürger die Möglichkeit zu geben, die Potenziale des städtischen Freiraumsystems nutzen zu können, blieb das übergeordnete Ziel. Eine nachhaltige Stadtentwicklung kann nur mit einer nachhaltigen Sicherung und Entwicklung der grün-blauen Infrastruktur gelingen. Dafür ist das enge Zusammenspiel und Zusammenwirken der Landschaftsplanung mit dem konkreten Management zur Erhaltung und Entwicklung von Freiräumen, Grünstrukturen und Gewässern unter Berücksichtigung aller Interessen notwendig. Leipzig im Jahr 2030 Entscheidungen zur Neuanlage und Vernetzung von Grünflächen in Leipzig folgten stets dem im Landschaftsplan festgelegten Ring-Radial-System, um dessen Lücken weiter zu schließen. Die Revitalisierung des Gewässersystems vollzog sich im vergleichbaren Sinne auf Grundlage entsprechender Gesamtkonzepte (vor allem des Integrierten Gewässerkonzeptes und des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes) unter strikter Berücksichtigung der Anforderungen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Bei der Beschäftigung mit Freiräumen unterschiedlichster Kategorien blieb daher - ungeachtet ihrer Größe, Funktion und Gestalt – stets das große Ganze, das gesamtstädtische Freiraum- und Gewässersystem im Blick. Die im Zuge des Wachstums einiger Stadtteile notwendige bauliche Innenverdichtung wurde durch eine Sicherung bestehender oder gezielte Entwicklung zuvor brachliegender Freiraumpotenziale in den Quartieren begleitet. Bei der Entscheidung für oder gegen die Bebauung oder bauliche Nachverdichtung von Grundstücken war und bildet insbesondere deren Stellung im Freiraumsystem eine maßgebliche Entscheidungsgrundlage. Damit konnte in Leipzig den Anforderungen an eine „Doppelte Innenentwicklung“ mit entsprechender Freiraumversorgung und –qualität umfassend Rechnung getragen werden. Im Zusammenhang von Vernetzung, Verbesserung von Versorgungsgraden und doppelter Innenentwicklung haben gesamträumliche, freiraumorientierte Planungsinstrumente wie die Landschafts- und Grünordnungsplanung, aber auch ergänzende Planungen wie Spielraum- oder Sportplanungen wieder mehr an Bedeutung gewonnen. Die kommunale Landschaftsplanung ist, gestützt auf das geografische Informationssystem (GIS), als Koordinierungsinstrument zu einer wichtigen Grundlage der Entscheidungsfindung und Steuerung der grünen und blauen Stadtentwicklung geworden. Sie ist eng verzahnt mit einem gesamtstädtischen, nutzung- und funktionsbezogenen Freiraumkonzept sowie untersetzt durch ein Grünflächeninformationssystem, dem nicht nur die konkrete Pflege und Entwicklung zu entnehmen ist, sondern das dem Management der gesamten grün-blauen Infrastruktur dient. 21 22 PARKS Leipzig ist eine Stadt urbaner Parks. Es gibt eine Vielzahl von Anlagen aus mehreren Epochen von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Die Innenstadt ist vom Promenadenring als einem der ältesten kommunalen Landschaftsparks in Deutschland umgeben. Ebenso prägen die großen Parks in unmittelbarer Nähe der Innenstadt das Image Leipzigs als eine lebendig grüne Stadt am Wasser im besonderen Maße. Die alten Zeugnisse des Leipziger Stadtgrüns bilden gemeinsam mit den neuen Resultaten grüner Stadterneuerung das so leistungsfähige wie auch attraktive Netz der hiesigen Parkanlagen. Definition Parks sind die „klassischen“, bis heute überaus wichtigen Elemente des städtischen Grüns. Es handelt sich um landschaftsarchitektonisch gestaltete, überwiegend von Vegetation geprägte Freiräume von mindestens einem Hektar Größe. Aufgrund ihrer Ausmaße, ihrer funktionalen Vielfalt und ihrer gestalterischen Qualität zählen sie zweifellos zu den bedeutendsten und effektivsten Freiräumen der Stadt. Der Lene-Voigt-Park hat sich als beliebter Erholungsraum ­etabliert. dauerhaft aufrecht zu erhalten. Die Übernutzung der Wege und Rasenflächen, Gehölzbestände und Ausstattungen beanspruchen die Substanz der Parks in den intensiv genutzten Bereichen stark. Verschmutzung, Vandalismus und Hundekot, ebenso der mitunter entstehende Lärm bergen für benachbarte Anwohner und für ruhesuchende Nutzer der Parks Konfliktpotenzial. Es entsteht ein erhöhter Sanierungsbedarf; der Aufwand für die Werterhaltung ist gestiegen. Diese Leipzig heute Die Leipziger Parkanlagen bieten überaus zahlreichen und unterschiedlichen Aktivitäten Raum. Sie sind bereits heute Garanten eines urbanen, lebendigen Stadtgrüns. Funktionen und Nutzung Angezogen auch durch die vielerorts wieder reaktivierten oder neu geschaffenen kulturellen und gastronomischen Angebote, finden viele tausende Leipziger und deren Gäste den willkommenen Freiraum für unterschiedlichste Aktivitäten in unseren Parks. Die passive, ruhige Erholung ist die Kernfunktion unserer Parks (siehe Kap. Passive Erholung). Gleichzeitig ist ein zunehmender Trend zu aktiven Erholungsformen zu verzeichnen. Die neuen Nutzungen sind vielfältig und erweitern sich stetig (siehe Kap. Aktive Erholung). So ist in den Parks der Stadt Leipzig, insbesondere in Innenstadtnähe und nahe von dicht besiedelten Wohngebieten, seit mehreren Jahren eine starke Zunahme intensiver Betätigungsformen zu verzeichnen. Die Leipziger Parks sind dabei auch überregional beliebt; dies spiegelt sich in stetig wachsenden Besucherzahlen wider. Diese positive Entwicklung einer Reurbanisierung der Parks bringt aber auch Probleme mit sich, die zu lösen sind, um die Attraktivität des städtischen Grüns Die Sachsenbrücke im Clara-Zetkin-Park übt als Treffpunkt und städtische Bühne eine enorme Anziehung aus. Foto Seite 22 : Der Clara-Zetkin-Park muss zahlreichen Nutzungsinteressen genügen. 23 Entwicklung ist Anlass, für ausgewählte Anlagen auf der Grundlage von Analysen Zukunftskonzeptionen und konkrete Maßnahmenpläne zu entwickeln und schrittweise umzusetzen. Trotz dieser Probleme und Konflikte ist die intensive Inanspruchnahme der Leipziger Parks eine erfreuliche Entwicklung. Besonders junge Menschen nehmen die Freiräume mit großer Kreativität und Intensität in Anspruch. Die Parkanlagen entfalten dabei eine hohe soziale und gesundheitsfördernde Bedeutung, sind sie doch kostenlose und jederzeit frei zugängliche Aufenthalts- und Betätigungsorte für alle Menschen. Der Richard-WagnerHain gehört zu den hoch frequentierten Parks mit Aufenthaltsqualität und als gewässerbegleitende Wegeachse für Rad- und Fußverkehr. Neben der Nutzung durch die Menschen erfüllen die Parkanlagen wichtige Funktionen innerhalb der Stadtnatur. Sie beeinflussen das Stadtklima positiv, indem sie zur Abkühlung, Staubbindung und Erhöhung der Luftfeuchtigkeit beitragen. Die Grünanlagen sind Heimat zahlreicher Pflanzen- und Tierarten und erhöhen die Biodiversität in der Stadt. In dieser Eigenschaft sind sie Orte der intensiven Naturerfahrung und Umweltbildung für die Menschen. gesamt 896 Hektar. Wald, Kleingärten und Friedhofsflächen sowie Sportplatzanlagen der Sportvereine sind in ­dieser Größenangabe nicht enthalten. Parks, begrünte Stadtplätze und Grünanlagen nehmen damit einen Anteil von 3,4 Prozent der Gesamtfläche der Stadt ein. Zahlen und Fakten Die Stadt Leipzig verfügt gegenwärtig über Parkanlagen mit einer Gesamtfläche von 516 Hektar. Hinzu treten kleinere Grünanlagen und von Grün dominierte Stadtplätze mit einer Fläche von 380 Hektar (siehe Kap. Grüne Stadtplätze und Grünanlagen). Gemeinsam bilden sie das Netz des intensiver gestalteten und genutzten öffentlichen Stadtgrüns mit einer Fläche von ins- Rund 50 Prozent dieser Grünflächen sind als Kulturdenkmale erfasst. Es sind dies vor allem die Stadtparks aus der Blütezeit der Leipziger Stadtentwicklung von der Gründerzeit bis zum Zweiten Weltkrieg, aber auch einige frühere Gutsparks sowie zum Park umgewandelte Friedhöfe. Die Erhaltung dieser Gartendenkmale ist eine Pflichtaufgabe der Stadt. Es wurden bereits große Anstrengungen unternommen, diese Parks zu sanieren und fortlaufend zu pflegen. Dennoch gibt es weiterhin wichtige Anlagen mit einem hohen Sanierungsbedarf, etwa der Richard-Wagner-Hain, der Mariannenpark, der Abtnaundorfer Park oder der Volks­hain Stünz. Die Leipziger Parks sind Aufenthaltsund Betätigungsort in überaus vielfältiger Art und Weise. 24 Aus der Erkenntnis des starken Bedarfs an Naherholungsflächen für Leipzig begann man bereits in der DDR-Zeit, neue Parks anzulegen (Friedenspark, „Park der Freundschaft“ - heute Park an der Etzoldschen Sandgrube, Landschaftspark Lößnig-Dölitz als Ersatzmaßnahme für die Folgen des Braunkohlenbergbaus). Seit 1990 sind zahlreiche Parkanlagen im Prozess der Stadterneuerung neu entstanden, insbesondere im Zuge der Umstrukturierung von ehemaligen Industrie-, Militär- und Infrastrukturflächen: Lene-Voigt-Park, Henriettenpark, Stadtteilpark Plagwitz und Grüner Bogen Paunsdorf. Die Stadtparks der jüngeren Vergangenheit trugen spürbar zur Aufwertung von bislang mit Freiräumen LANDSCHAFTSPLAN DER STADT LEIPZIG LANDSCHAFTSPLAN öffentliches Grün Stadt Leipzig LANDSCHAFTSPLAN K ÖFFENTLICHES GRÜN Stadtplanungsamt Leipzig, SG Landschafts- und Grün­ ordnungsplanung: Maßstab: 1:30.000 Stand: 31.12.2010 Dezernat Stadtentwicklung und Bau Stadtplanungsamt Abteilung Generelle Planung und Projekte Sachgebiet Landschafts- und Grünordnungsplanung Öffentliche und Grünanlagen im Stadtgebiet Leipzig. Datum / Unterschrift Bearbeitung: 25 Der Staudengarten des Mariannenparkes bildet einen Raum für passive Erholung und die Freude an Pflanzenbildern. Alltag im Rosental. unterversorgten Wohngebieten bei. Anlieger können das Grün vor der Haustür für Sport und Bewegung nutzen. In den von Umbrüchen gezeichneten Stadtteilen gaben Parks und Grünflächen entscheidende Initialzündungen für die jeweilige ­Quartiersentwicklung und haben zu Nachfolgeinvestitionen und Zuzug geführt. Die Immobilien in der Nähe der Parks konnten einen deutlichen Wertzuwachs verzeichnen. Städtisches Leben wuchs, wo vormals Brachen waren; Kreative und gemeinnützige Vereine siedelten sich an. So haben sich Parks als bedeutende Instrumente der Stadterneuerung erwiesen. Die Leipziger Stadtparks sind Bestandteile des übergreifenden städtischen Freiraumsystems (siehe Kap. Grün-blaue-Infrastruktur). Dieser Vernetzungsgedanke, welcher die lange bestehenden wie auch die seit den 1990er Jahren neu angelegten Parks bestimmt, erhöht die Nutzbarkeit, aber auch die ökologische Leistungsfähigkeit der jeweiligen Freiräume immens. 26 Leipzig im Jahr 2030 Die Hauptaufgabe der Jahre 2016-2030 war die qualitative Sicherung, Werterhaltung und Weiterentwicklung der bestehenden Parks. Dabei wurde dem Druck zunehmender Nutzungsintensität, neuen Nutzungsformen sowie drohenden Qualitätsverlusten im Bestand entsprochen. Die Schaffung neuer Parks hat sich als Instrument der Leipziger Stadtentwicklung weiter bewährt, um sowohl bestehende, mit Stadtgrün unterversorgte, als auch neu zu entwickelnde Gebiete mit Freiräumen auszustatten und das Netz des Leipziger Grünsystems auszubauen. Die Parkanlagen erfüllen beachtliche soziale und gesundheitsfördernde Funktionen in der Stadt, sie sind Garanten der Offenheit und Gastlichkeit Leipzigs und üben Anziehungskraft auch auf die Besucher der Stadt aus. Die Parks sind frei und unentgeltlich zugänglich. Gastronomie-Einrichtungen sowie Spiel- und Sportgelegenheiten in den Parks erwiesen sich weiterhin als wichtige Garanten ihrer Attraktivität. Art und Umfang dieser Einrichtungen wurden entsprechend der Gegebenheiten und der Definition gestalterischer, funktionaler und quantitativer Vorgaben zugelassen. Mit abgestuften Pflegeintensitäten wurde in den Parkanlagen nicht nur der Nutzungsvielfalt und unterschiedlichen Nutzungsdichte entsprochen, sondern auch neue Lebensräume für Flora und Fauna geschaffen. Die Pflege erfolgt so naturverträglich, wie es mit der Zweckbestimmung, Gestaltung und Nutzung sowie der kulturellen und historischen Bedeutung der Anlagen vereinbar ist. In den neuen Parkanlagen wurden teilweise extensive Formen der Parkgestaltung entwickelt und mit hoher Gestaltqualität umgesetzt, um mit geringerem Investitions- und Unterhaltungsaufwand relativ große Areale für die Erholungsnutzung bereit zu stellen. Auch in bestehenden Parks und Erholungsgebieten werden Offenlandbereiche in Kooperation mit Landwirten extensiv bewirtschaftet. Gleichzeitig wurde damit ökologischen Anforderungen weitergehend entsprochen. Fragen der Freiraumvernetzung innerhalb der Stadt sowie mit dem Umland behielten bezüglich der Parks besondere Bedeutung, da sie deren Nutzbarkeit und Effektivität auch ohne Flächenzuwachs wesentlich steigern. Denkmalgeschützte Parks als bedeutender Teil des vorhandenen Bestands wurden als Kulturgut behandelt und erhalten. Aktualisierte denkmalpflegerische Zielstellungen bildeten die Grundlage der Werterhaltung und Entwicklung. Die Zielstellungen beinhalten Kompromissvorschläge zu einer verträglichen Integration neuer Nutzungen. Neuen Trends der Freiraumnutzung wurde in den Parkanlagen Raum gegeben. Für besonders intensiv genutzte Parks wurden Entwicklungskonzeptionen erstellt, welche die nachhaltige Funktions- und Nutzungsfähigkeit der Anlagen sichern. Die Konzepte enthalten Maßnahmenpläne zu notwendigen Investitionen, zur Pflege und Werterhaltung sowie zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Parks. Sie wurden in Beteiligungsprozessen erarbeitet. 27 28 Grüne Stadtplätze und Grünanlagen Grünanlagen im hier thematisierten Sinne kommen typologisch den begrünten Plätzen nahe, besitzen stadträumlich jedoch nicht den Rang eines Platzes. Vielmehr besetzen sie oft Nebenflächen, welche in vielen Fällen ursprünglich bebaut waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg zerstörte und nicht wieder bebaute Grundstücke, aber auch dezidiert für öffentliche Freiräume vorgesehene Flächen werden von Grünanlagen eingenommen. Ein prominentes innerstädtisches Beispiel ist die Grünanlage am Thomaskirchhof, ein seit der Nachkriegszeit von Bebauung freigehaltenes, früheres Baufeld zwischen Marktplatz und Thomaskirche. Die Fläche wurde trotz eines starken Interesses zur Neubebauung als Grünanlage erhalten und bietet in seiner hochwertigen Gestaltung mit Wasserspiel, Vegetation und zahlreichen Sitzplätzen heute einer intensiven Nutzung Raum. Die Stadt Leipzig verfügt über eine Vielzahl hochwertiger grüner Stadtplätze und Grünanlagen. Sie zeugen von der vielschichtigen Vergangenheit ebenso wie von den Anstrengungen der letzten Jahrzehnte, diesen Bestand zu erhalten und auszubauen. Definition Im Einzelnen sind die Freiräume dieser Kategorie in der Regel nicht größer als ein Hektar; dennoch zählen sie zu den bedeutendsten Bestandteilen des Leipziger Stadtgrüns. Ihre große Zahl und Vielfalt, ihre funktionale Intensität sowie ihre Nähe zu den Stätten des täglichen Lebens - zur Wohnung, Arbeitsstelle und zu öffentlichen Einrichtungen - verleiht ihnen ihre jeweilige Bedeutung. Leipzig heute Stadtplätze – das sind räumliche, funktionale und gestalterische Höhepunkte einer Stadt. Dabei ist hier – im Unterschied zu den vorrangig befestigten Plätzen - von den überwiegend vegetativ geprägten Stadtplätzen die Rede. Befestigte Plätze können selbstverständlich auch Baumbestand aufweisen, der wie jener entlang der Straßen durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer betreut wird (siehe Kap. Stadtbäume). Die grünen Stadtplätze und Grünanlagen, hier der Steinplatz in der Südvorstadt, sind bedeutende Bausteine der „Stadt der kurzen Wege“. Foto Seite 28: Die Grünfläche zwischen Marktplatz und Thomaskirche ist ein äußerst beliebter Aufenthaltsort und Treffpunkt in der Innenstadt. Rolle und Wertschätzung Grünanlagen und Plätze stehen meist in einem engen Zusammenhang zur umgebenden Bebauung. Selbst sind sie jedoch zum überwiegenden Teil von Vegetation geprägt. Trotz ihrer oft geringen Größe ist ihre soziale Rolle bedeutsam: Nicht selten ist es der unspektakuläre Freiraum unweit der Haustür, ausgestattet mit einer Bank, vielleicht einem Spiel- oder Sportgerät und dem so wichtigen „Stück Natur“, der den Bürgern ans Herz gewachsen ist und zur Verbundenheit mit dem heimatlichen Stadtraum beiträgt. Größe und historische Bedeutung sind dabei weniger ausschlaggebend als Aspekte der Nähe zur Wohnung, der Einbindung in das Freiraumsystem sowie der räumlichen und gestalterischen Qualität. Insbesondere in den baulich verdichteten, mit Freiräumen geringer versorgten Stadtgebieten kommt den Freiflächen dieser Kategorie eine überragende Bedeutung zu. Wohnungsnahe Plätze und Grünanlagen erhöhen die Wertschätzung eines Wohnstandortes. Funktion und Nutzung Die funktionale Dichte und die Frequenz der Nutzung ist auf begrünten Stadtplätzen und in Grünanlagen stets besonders hoch. Zahlreiche Funktionen finden hier Raum zur Entfaltung. Sie dienen der aktiven und passiven Erholung, sie sind Orte der Begegnung und Kommunikation. Kinder, Jugendliche und Erwachsene spielen und betätigen sich hier. Stadtplätze und Grünanlagen bieten Möglichkeiten zum Verweilen im Grünen und den Stadtraum abseits der motorisierten Verkehrswege zu durchqueren. Sie sind Zeugnisse der Stadtgeschichte bis in die Gegenwart. Auch die Repräsentation der Stadtgesellschaft, etwa im Kontext wichtiger Gebäude oder Denkmäler, kann eine Funktion grüner Stadtplätze sein. 29 Begrünte Stadtplätze und Grünanlagen übernehmen trotz geringer Größe sowohl für den Freiraumverbund als auch für die Stadtnatur (Biotopverbund) wichtige Aufgaben als Trittsteine und Korridore. Sie sind Heimat der städtischen Tier- und Pflanzenwelt und erhöhen damit die Biodiversität in der Stadt. Sie bieten den Bürgern Naturerlebnisse, etwa Blütenduft und Vogelstimmen. Sie verbessern das Mikroklima der Stadt, fördern Gesundheit und Wohlbefinden ihrer Bürger. Wasserspiel in der Von-Harck-Anlage mit Blick auf das Neue Rathaus. In Leipzig existieren derzeit begrünte Stadtplätze und Grünanlagen mit insgesamt 380 Hektar Fläche. Insbesondere in den 1990er Jahren ist den Freiräumen dieser Kategorie, durch die hohen Sanierungsdefizite aus der DDR-Zeit begründet, eine größere Aufmerksamkeit zuteil geworden. Investitionen sind in die Restaurierung denkmalgeschützter Anlagen geflossen, aber auch in die Neugestaltung von funktional und gestalterisch überholungsbedürftigen Freiräumen. Besonders große Anstrengungen wurden und werden den Spiel- und Bewegrungsangeboten auf den Plätzen und in den Grünanlagen zuteil (vgl. Kap. Spielräume). In der jüngeren Vergangenheit hat die Stadt Leipzig zudem eine Reihe von Plätzen und Grünanlagen neu geschaffen oder bestehende umgestaltet. Quartiersplätze wie der Robert-Koch-Platz folgen in der Regel der traditionellen Funktionsmischung aus Ruhe- sowie Spiel-, Sport- und Bewegungsbereichen in zeitgenössischer Formensprache. Ein prominentes innerstädtisches Beispiel ist die Fritz-vonHarck-Anlage zwischen dem Reichsgerichtsgebäude und dem Neuen Rathaus, die Aufenthaltsqualität und repräsentative Ausstrahlung verknüpft. Probleme und Konflikte Bei einem großen Teil der Plätze und Grünanlagen ist nach wie vor ein Sanierungsbedarf zu verzeichnen, der die erneute Zuwendung zu diesem vielfältigen Aufgabenbereich begründet. Auf zahlreichen begrünten Plätzen und Grünanlagen sind die Oberflächenbefestigungen, die Bepflanzung und Ausstattung sanierungsbedürftig. Gemeinschaftliches Picknick in der Grünanlage am Johannisplatz. 30 Wie Parks und andere Freiräume sind auch die Plätze und Grünanlagen einer gestiegenen Beanspruchung ausgesetzt. Die Menschen halten sich häufiger im Freien auf und frequentieren den öffentlichen Raum mit neuen, vielfältigen ­ utzungen. Gleichzeitig besteht der Wunsch nach ungestörtem Aufenthalt in N natürlich geprägter Umgebung. Beide Ansprüche sind einander widersprechend und gerade in räumlich begrenzten Freiräumen nur schwer zu erfüllen. Erhöhte Ansprüche an die Werterhaltung der Plätze und Grünanlagen sind eine Folge dieser Entwicklung. Brunnen und Wasserspiele erhöhen die Aufenthaltsqualität von Grünanlagen und Plätzen, hier in der Stuttgarter Allee in Leipzig-Grünau. Da die Einwohnerdichte in mehreren Stadtteilen inzwischen stark gestiegen ist, ist aktuell auch ein verstärkter Bebauungsdruck auf Grünflächen zu verzeichnen. Der schmerzliche Verzicht auf Grünanlagen ist nicht immer abzuwenden. Entscheidend ist jedoch die Sicherung von Flächen, die für die Freiraumversorgung im Wohnumfeld und den Grünverbund von unersetzlicher Bedeutung sind. Exkurs: Brunnen und Wasserspiele Stadtplätze und Grünanlagen werden in starkem Maße von ihren Ausstattungen geprägt. Brunnen und Wasserspiele sind dabei Gestaltungselemente von besonderem künstlerischen und technischen Wert, die ebenfalls in der Verantwortung des Amtes für Stadtgrün und Gewässer liegen - unabhängig davon, ob sie auf begrünten oder befestigten Plätzen stehen. Aktuell existieren 37 Brunnenanlagen im öffentlichen Grün und auf den Plätzen der Stadt. Im Jahr 2015 waren davon 31 Anlagen in Betrieb. Zwei Brunnen waren aufgrund von Baumaßnahmen im Umfeld nicht aktiviert. Fünf Anlagen mussten aufgrund von baulichen und technischen Schäden außer Betrieb gesetzt werden, ein Brunnen (Jungfernstiege) war wegen Sanierungsarbeiten nicht aktiv. Die Brunnen-Saison dauert in Leipzig von Ostern bis zum 3. Oktober. Täglich laufen die Fontänen von 11 bis 20 Uhr, in der Innenstadt je nach Standort bis maximal 22:00 Uhr. Leipzig im Jahr 2030 Begrünte Stadtplätze und Grünanlagen sind trotz ihrer geringen Größe Höhepunkte des Leipziger Stadtgrüns. Als Mosaiksteine sehr unterschiedlicher Form und Größe ergänzen sie überaus wirksam das lebendige Netz des Leipziger Freiraumsystems. Die Plätze und Grünanlagen sind aufgrund ihrer Aufenthaltsqualität wichtige Treffpunkte und Orte der Kommunikation; sie bieten Raum für vielfältige Nutzungen. Sie sind grundsätzlich frei und unentgeltlich zugänglich. Die quantitative und qualitative Sicherung des Bestehenden wurde auch bei den Freiräumen dieser Kategorie ein zentrales Ziel der städtischen Freiraumpolitik. Ein Programm zur Sanierung der Stadtplätze und Grünanlagen wurde umgesetzt. Die Wasserspiele bereichern wirkungsvoll das Stadtbild, unter ihnen sind bedeutende Kunstwerke. Sie sind überregional bekannt und daher auch von touristischer Bedeutung. Für die Leipziger Bürgerinnen und Bürger sowie die Besucher der Stadt stellen sie beliebte Treffpunkte dar und stiften Identität - davon zeugt nicht zuletzt die hohe Aufmerksamkeit, welche die Öffentlichkeit den gelegentlichen Problemen und Defekten an den Brunnen entgegen bringt. Die Neuanlage von begrünten Stadtplätzen und Grünanlagen blieb ein Instrument der Leipziger Stadtentwicklung, das der Aufwertung bestehender, mit Stadtgrün unterversorgter oder neu zu entwickelnder Wohngebiete diente. Der Aufwand zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit ist hoch. Die vorhandenden Mittel zur baulichen Instandhaltung und zum Betreiben sind in Bezug zu den kostenintensiven Aufwendungen relativ begrenzt. Probleme bereitet dabei vor allem der zunehmende Vandalismus. Begrünte Stadtplätze und Grünanlagen wurden stets mit Blick auf ihre gesamtstädtische Lage angelegt und entwickelt. Ihre Einbindung in das städtische Freiraumsystem erhöhte ihre Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit entscheidend. 31 32 Stadtbäume Mit Stadtbäumen sind einerseits die Bäume auf Straßen und Plätzen (Straßenbäume) sowie andererseits jene in Parks und Grünanlagen gemeint. Bäume sind bedeutende Elemente des Stadtgrüns im Kontrast zur baulichen Substanz. Die Pflege und Entwicklung des Baumbestandes in der Stadt unter den Aspekten der Erhaltung ihrer Vitalität, aber auch der Verkehrssicherheit sind bedeutende Aufgaben des Amtes für Stadtgrün und Gewässer. Leipzig heute StraSSenbäume Während man im Jahr 1932 in Leipzig bei deutlich kleinerer Stadtfläche 38.200 Straßenbäume zählte, waren es Ende 2015 an Leipzigs Strassen 60.913 Bäume. Dabei handelt es sich um rund 12.000 Bäume in der Altersklasse bis zwanzig Jahre. Im Bestand sind ferner etwa 34.000 Straßenbäume mittleren Alters zwischen zwanzig und fünfzig Jahren. Die verbleibenden 15.000 Straßenbäume schließlich sind über fünfzig Jahre alt. Die Allee am Cottaweg enthält sehr alte Exemplare neben neu gepflanzten Straßenbäumen. bäume in grünflächen Die in Leipzigs Grünflächen wachsenden Bäume sind aktuell noch nicht detailliert erfasst. Die Zahl dieser Bäume wird auf rund 100.000 geschätzt. Jährlich werden etwa 250 Bäume in Parks und Grünanlagen sowie auf kommunalen Friedhöfen neu gepflanzt. In den öffentlichen Räumen der Kleingartenanlagen existieren zudem aktuell etwa 2.000 Bäume. Aufgrund des großen Nachholbedarfs wurden in den Jahren von 1995 bis 2003 jährlich 2.000 Neu- und Nachpflanzungen an Straßen und Plätzen vorgenommen. Die Zahl gepflanzter Bäume ging in den Folgejahren zurück und stabilisierte sich seit 2010 bei rund 1.000 Straßenbäumen pro Jahr, im Jahr 2015 waren es 680. Funktionen und Nutzungen Die Funktion der Stadtbäume reicht unabhängig von ihrem Standort weit über ihre ästhetische und städtebauliche Bedeutung hinaus. Für jede Stadt sind Bäume als raumbildende Gestaltungselemente unverzichtbar. Zudem sind sie in hohem Maße mitverantwortlich für die Aufenthaltsqualität im städtischen Raum; sie spenden Schatten, absorbieren Schall und sorgen für eine Verbesserung des Stadtklimas. So sorgen sie bei hohen Temperaturen für Abkühlung und tragen durch die staubbindende Wirkung ihrer Blätter zur Luftreinhaltung bei. Darüber hinaus sind sie wichtige Garanten der städtischen Biodiversität, indem sie selbst zum Artenreichtum beitragen und Lebensraum zahlreicher Tierarten sind. Die Pflanzung eines Straßenbaumes kostet einschließlich Planung aktuell durchschnittlich 1.660 Euro, das Setzen eines Parkbaumes 900 Euro. Die Folgekosten für die Pflege eines neu gepflanzten, jungen Straßenbaumes betragen aktuell im Jahr durchschnittlich 55 Euro. In der Artenzusammensetzung der Straßenbäume trägt die Stadt ihrer Tradition Rechnung, als „Stadt der Linden“ zu gelten. So gehören 36 Prozent aller Straßenbäume der Gattung Tilia in verschiedenen Arten an. Ahorn, Esche und Platane machen zusammen einen annähernd gleich großen Anteil aus. Das verbleibende Drittel wird durch rund 35 weitere Baumarten gebildet, zum Beispiel Zierformen der Birne und Kirsche, durch Eichen, Rosskastanien oder Robinien. In aller Regel sind die Straßenbäume als Alleen oder Baumreihen gepflanzt. Sie entfalten dadurch eine stadtgliedernde und raumbildende Wirkung. Unter den Leipziger Alleen befinden sich mehrere von hoher historischer und städtebaulicher Bedeutung, für deren Schutz und Erhaltung große Anstrengungen unternommen werden. Foto Seite 32: Die Lindenallee an der Friedrich-Ebert-Straße beschattet einen bedeutenden Grünzug am Waldstraßenviertel. Erfassung der Stadtbäume Die genaue Kenntnis des Baumbestandes ist eine wesentliche Voraussetzung, um gezielte Maßnahmen hinsichtlich der Bestandsentwicklung, Sanierung und Gesunderhaltung (Baumpflege) ableiten zu können. Deshalb wurde 1992 begonnen, ein Straßenbaumkataster mit präzisen Angaben zu jedem Exemplar aufzubauen. Bereits 1994 wurde das Kataster für das damalige Stadtgebiet fertig gestellt und mit jeder neuen Eingemeindung fortgeschrieben. Der Schwerpunkt bei den Erfassungen lag bislang auf den Straßenbäumen. Deren Lebenserwartung ist wegen der extremen Standortbedingungen ­wesentlich 33 Vorhandene Straßenbäume und ihre Baumscheiben sind grundsätzlich geschützt. Bei anstehenden Baumaßnahmen werden Schutzregelungen gegenüber Bäumen wirksam - sowohl im sichtbaren Bereich als auch im Tiefbau. Zwischen Baumpflanzungen und Versorgungstrassen müssen Mindestabstände eingehalten werden. geringer ist als die der Bäume in den Grünflächen. Mit deren Erfassung wurde wiederum im Jahr 2013 begonnen. Derzeit sind im neuen Grünflächenbaumkataster rund 37.000 Standorte erfasst. Probleme und Konflikte Durch Oberflächenversiegelung und Verdichtung, Einschränkungen des Wurzelraumes, hohe Temperaturunterschiede und Trockenheit sowie durch die winterliche Belastung durch Streusalz sind insbesondere die Straßenbäume äußerst extremen Belastungen ausgesetzt. Damit sie sich dennoch vital entwickeln können, müssen bereits bei der Planung besondere Voraussetzungen berücksichtigt werden. Dazu hat das Amt für Stadtgrün und Gewässer Standards für die Planung und Ausschreibung von Straßenbegleitgrün erarbeitet und schreibt sie entsprechend neuer Erkenntnisse fort. Viele Bürgerinnen und Bürger engagieren sich für den Erhalt der Baumsubstanz ihrer Stadt auf finanziellem Wege. Mit Baumpatenschaften tragen sie dazu bei, den Bestand an Straßen- und Parkbäumen zu verjüngen. Die Spenden- und Pflanzaktion „Für eine baumstarke Stadt“ wurde 1996/97 auf Beschluss des Stadtrates eingerichtet. Heute existieren annähernd 4.000 Patenbäume an den Straßen und Plätzen sowie in den Parks und öffentlichen Friedhöfen Leipzigs. Die Bedeutung, welche die Bäume und das Grün im Straßenraum für die Stadtbewohner haben, wird auch in den von Anwohnern initiierten Bepflanzungen von Baumscheiben deutlich. Damit durch dieses im Grunde zu begrüßende Engagement für eine grüne Stadtgestaltung keine Probleme für die Bäume selbst verursacht werden, sind „Tipps für die Bepflanzung von Straßenbaumscheiben“ erarbeitet worden, die im Internet zur Verfügung stehen. Ferner muss die Auswahl der Baumarten auf die extremen Standortbedingungen abgestimmt werden. Die sich abzeichnenden Klimaveränderungen haben Anpassungen in der Artenauswahl der künftigen Straßenbäume zur Folge. Hier ist die Straßenbaumliste der GALK (Gartenamtsleiterkonferenz) eine wichtige Entscheidungshilfe zur Festlegung der jeweils zu pflanzenden Baumarten und -sorten. Auch in den Parkanlagen sind die Bäume einem zunehmenden Nutzungsdruck ausgesetzt – einerseits durch die intensive Inanspruchnahme der Wege, Wiesenund Rasenflächen, andererseits durch die direkte Nutzung der Bäume zum Spielen und Klettern. Der aktuelle Trend, Slacklines an Parkbäumen zu befestigen, führt beispielsweise zu hoher Beanspruchung und mitunter gravierenden Schäden. Mit Mitteln der Information, Aufklärung und Bewusstseinsbildung, weniger durch Anordnungen und Verbote wird versucht, auf solche neuen, konfliktträchtigen Nutzungen zu reagieren (vgl. Kap. Öffentlichkeitsarbeit). In Umsetzung des Landesrechts mussten Einschränkungen des Geltungsbereiches der kommunalen Baumschutzsatzung hingenommen werden. Infolge der gelockerten Regelungen ist insbesondere auf privaten Grundstücken eine schmerzhafte Verringerung des Baumbestandes zu verzeichnen. Wertschätzung Die Leipzigerinnen und Leipziger wissen den Wert ihrer Stadtbäume sehr zu schätzen. Dies wird nicht zuletzt anhand der Proteste bei unvermeidbaren Baumfällungen im öffentlichen Raum deutlich. Rechtzeitige Information und Aufklärung über die Gründe der anstehenden Maßnahmen sind hier besonders wichtige Elemente der Öffentlichkeitsarbeit So werden im Internet aktuelle Listen zu Baumpflanzungen und -fällungen für alle einsehbar zur Verfügung gestellt. 34 Seit 1990 wurden zahlreiche Straßenbäume in Leipzig neu gepflanzt, um Defizite und Verluste auszugleichen. Im Bild: Richard-LehmannStraße. Leipzig im Jahr 2030 Das Straßenbaumkonzept als erster Teil des Konzeptes „Baumbestand im öffentlichen Raum“ wurde ab dem Jahr 2017 Grundlage der Erweiterung des Bestandes und des Umganges mit Straßenbäumen. Die Straßenbäume der Stadt sind gesund und vital. Sie haben auf Grundlage der geltenden Normen und Richtlinien bestmögliche Standort- und Wachstumsbedingungen erhalten, so dass die Wirkungen der Bäume für Stadtklima, Luftreinhaltung und Gestaltung voll zum Tragen kommen und zugleich ihre Langlebigkeit erzielt wird. Ihre Zahl ist infolge des Stadtwachstums proportional zur Zunahme der Wohnbauflächen und der Infrastruktur auf rund 70.000 gestiegen. Die Stadt hat sich kontinuierlich zum Nutzen des Stadtbildes, stadtklimatischer und ökologischer Aspekte erfolgreich für Verbesserungen der Rechtsgrundlagen im Baumschutz eingesetzt, um die Verluste von Stadtbäumen durch private Grundstückseigentümer zu reduzieren. In unterversorgten, baulich stark verdichteten Stadtteilen werden in enger Zusammenarbeit mit anderen Fachämtern neue strukturbildende Pflanzungen geschaffen. Neu angelegte Straßen wurden stets mit Straßenbäumen besetzt. Im Bestand wurden abgehende Bäume ersetzt und Lücken geschlossen. Um eine hohe Qualität der Stadtbäume zu sichern, wurden meist größere Abstände als im historischen Bestand gewählt. Das Engagement der Bürgerinnen und Bürger für die Stadtbäume führte im Rahmen von Spendenaktionen zur Finanzierung von zahlreichen Baumpflanzungen. Das seit März 2013 im Aufbau befindliche Grünflächenbaumkataster mit schätzungsweise 100.000 Bäumen wurde 2018 abgeschlossen. Der Bestand an Parkbäumen blieb im Verhältnis zur Fläche der Parkanlagen weitgehend unverändert. Für eine ausgewogene Entwicklung offener Räume und raumbildender Pflanzungen in den Parks und Grünanlagen wurde Sorge getragen. In denkmalgeschützten Anlagen orientiert sich der Umgang mit dem Baumbestand an den jeweiligen denkmalpflegerischen Zielstellungen. Bei Neupflanzungen wurden standortgerechte Arten und Sorten verwendet, die auf der Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse den Anforderungen des Klimawandels genügen. In der Baumpflege und Unterhaltung wurde stets zugunsten des Baumes gearbeitet. Neben dem bedeutenden Aspekt der Verkehrssicherheit wurden lebenserhaltende Maßnahmen unter möglichst weitgehender Wahrung des artspezifischen Habitus durchgeführt. Die Bedeutung alter Bäume für das Stadtbild und als Lebensraum für viele Organismen wurde bei der Pflege verstärkt berücksichtigt. Hain der Friedenslinden im Park LößnigDölitz, gepflanzt zum 200. Jahrestag der Völkerschlacht 2013. 35 36 Wald Obwohl seine tatsächliche Fläche relativ gering ist, spielt der Wald für Leipzig eine überaus wichtige Rolle. Die Stadt ist insbesondere wegen der günstigen Lage des Leipziger Auwaldes intensiv mit ihrem Wald verbunden. Als größter, zusammenhängender städtischer Auwald in Europa ist er von überragender Bedeutung. Definition Unter Wald versteht man nach dem Sächsischen Waldgesetz jede mit Forstpflanzen (Waldbäumen und –sträuchern) bestockte Fläche, die durch ihre Größe geeignet ist, eine Nutz-, Schutz- oder Erholungsfunktion auszuüben. leipzig heute Der nördliche und südliche Auwald, die Wälder im Naherholungsgebiet Lößnig– Dölitz, aber auch kleinere Waldflächen wie das Stötteritzer, das Mölkauer und das Plaußiger Wäldchen ergeben zusammen die Waldfläche Leipzigs von 2.450 Hektar. Dies sind lediglich ca. acht Prozent der gesamten Stadtfläche. Das Territorium Leipzigs gehört damit zu den waldärmsten Gebieten des Freistaates Sachsen, ist jedoch mit weiteren Waldgebieten im Umland vernetzt. Trotz dieses relativ geringen Anteils an der Gesamtfläche gehören die Wälder zu den wichtigsten Erholungsräumen der Stadt. Insbesondere ihre Lage im Stadtgebiet verleiht den Waldgebieten eine hohe Bedeutung und Wirkung. Ein großer Teil der Wälder liegt im Auenbereich der Flüsse Elster, Pleiße und Luppe. Diese Wälder, die gemeinsam den „Leipziger Auwald“ bilden, befinden sich inmitten des dicht besiedelten Stadtgebietes. Aufgrund dieser Lage haben sie eine enorme Bedeutung für die Erholungssuchenden als Aufenthalts- und Bewegungsraum. Zudem gehören die Wälder aufgrund ihres Artenreichtums und ihrer vielfältigen Struktur zu den wertvollsten Biotopen im Stadtgebiet. Spätsommer im Leipziger Auwald nahe dem Rosental. Etwa 75 Prozent der Wälder auf dem Territorium der Stadt Leipzig befinden sich im Eigentum der Stadt Leipzig (Stadtwald). Die verbleibenden 25 Prozent sind Eigentum des Freistaates Sachsen (Landeswald), von privaten Waldbesitzern und der Kirchen. Im Eigentum der Stadt Leipzig sind darüber hinaus Waldflächen in den Gemeinden Zwenkau, Markkleeberg und Taucha. Foto Seite 36: Artenzusammensetzung und Altersstruktur Rund 40 Baumarten kommen in den Leipziger Wäldern flächig vor. Die ökologisch und ökonomisch wichtigsten Baumarten sind die Stieleiche (zur Zeit 20 Prozent), die Gemeine Der Leipziger Auwald ist zu jeder Jahreszeit, hier im Frühjahr zur Bärlauchblüte, ein reizvolles Erholungsgebiet. Esche (35 Prozent) und Ahorne (20 Prozent). Relativ geringfügige Reinbestände werden durch Gemeine Esche, Ahorne und Pappeln gebildet. Ungünstig ist derzeit die Altersstruktur der wichtigsten Baumarten. Es gibt noch viele alte, ökologisch wertvolle Stieleichen, aber nur wenig mittelalte und junge Stieleichenbestände. Bei den Gemeinen Eschen haben viele Bestände ihr natürliches Abgangsalter erreicht. Als Ersatz gibt es relativ wenig Verjüngung – ein 37 Umstand, der durch das Eschentriebsterben aktuell noch verstärkt wird. Bei den Ahornen gibt es hingegen kaum Altbestände, dafür viele Bestände im mittleren und jüngeren Alter. Viele ökologisch wertvolle Bäume werden ihr natürliches Höchstalter bald erreichen, Nachwuchs ist von diesen Baumarten zu wenig vorhanden. Außerdem gibt es viele Flächen, die von einer oder wenigen Baumarten im gleichen Alter dominiert sind, die aber ein hohes Entwicklungspotenzial in Richtung baumartenreicher, gut strukturierter, ungleichaltriger Mischbestände aufweisen. Durch die ungünstige Altersverteilung sind der Artenreichtum und eine hohe Biodiversität nur gesichert, wenn forstliche Maßnahmen ergriffen werden. Funktionen des Waldes Aufgrund ihrer Lage in der Stadt, ihres Baumarten- und Strukturreichtums sowie der Lage eines Großteils in den Leipziger Auen erfüllen die Wälder eine große Zahl von Funktionen. So wurden 75 Prozent der Wälder im Stadtgebiet als Erholungswald eingestuft. Jedes Waldgebiet hat bis zu sieben Funktionen gleichzeitig zu erfüllen, die einander überlagern. Die meisten Waldflächen sind mit mindestens drei Naturschutzfunktionen bzw. entsprechenden Schutzkategorien belegt (Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet, besonders geschützter Biotop etc.) Die Bevölkerung der Stadt Leipzig liebt den Wald! Besonders die baumartenreichen und reich strukturierten Wälder in den Flussauen, am Bienitz oder im Umfeld des Cospudener Sees sind für viele Leipziger und Besucher der Stadt nicht nur beliebt als Ausflugsziel und Bewegungsraum, sondern darüber hinaus ein Aspekt der Identifikation mit der Stadt. Die Akzeptanz für den Wald in der Stadt ist hoch; auftretende Bestrebungen zur Umwandlung von Wald in andere Nutzungsformen stoßen auf Widerstand in der Bevölkerung. Die Neupflanzung von Wald wird von den Bürgern nicht nur begrüßt, sondern aktiv unterstützt. Die in den Flussauen wachsenden Hartholzauenwälder stellen zugleich einen seltenen und artenreichen Biotop von überregionaler, internationaler Bedeutung dar. Sie sind Habitat für seltene und vom Aussterben bedrohte Arten. Aufgrund der vielen verschiedenen Baumarten gewinnen die Wälder zunehmend an Bedeutung als Lieferant für den nachwachsenden Rohstoff Holz. Besonders wichtig ist zudem die positive Wirkung der Stadtwälder auf das regionale Klima. Perspektivisch nimmt ihre ökonomische und ökologische Bedeutung bezüglich der Reduktion des Kohlendioxids in der Atmosphäre zu. 38 Zur Sicherung der vielen Funktionen des Stadtwaldes ist die Bewirtschaftung unerlässlich. Hier Holzeinschlag im Leipziger Auwald. Nutzung des Waldes Je nach Waldfunktion gibt es unterschiedliche Nutzergruppen. Aufgrund des relativ hohen Holzzuwachses von über sechs Kubikmeter pro Hektar und Jahr kann im Stadtgebiet von den Waldbesitzern eine relativ große Menge Holz (ca. 10.000 Kubikmeter) nachhaltig genutzt werden. Ein großer Teil dieses Holzes wird von gewerblichen Forstdienstleistern eingeschlagen. In den letzten Jahren ist aber auch die Zahl der Bürger, die Brennholz für ihren privaten Haushalt in Leipzigs Stadtwäldern aufarbeiten, enorm gestiegen. Gegenwärtig sind dies über 300 Personen pro Jahr. Ebenfalls nicht unbedeutend für die Waldnutzung ist die Gruppe der Jäger. Das sind sowohl die Mitarbeiter der Landes- und Stadtforstverwaltung als auch Gastjäger und private Jagdpächter. Ordnungsgemäße Forstwirtschaft und Jagd sind wesentliche Voraussetzungen für eine nachhaltige Sicherung aller Waldfunktionen und der Biodiversität. LANDSCHAFTSPLAN DER STADT LEIPZIG LANDSCHAFTSPLAN Waldflächen Stadt Leipzig LANDSCHAFTSPLAN K WALDFLÄCHEN Maßstab: 1:30.000 Stadtplanungsamt Leipzig, SG Landschafts- und Grün­ ordnungsplanung: Stand: 31.12.2010 Dezernat Stadtentwicklung und Bau Stadtplanungsamt Abteilung Generelle Planung und Projekte Sachgebiet Landschafts- und Grünordnungsplanung Datum / Unterschrift Bearbeitung: Waldflächen in Leipzig. 39 stark in lokale Konzepte eingebunden, welche die Lebensqualität der Stadtteile und die Erholungsvorsorge zum Ziel haben. Finanzierung Während sich die Arbeiten zur Bewirtschaftung des Waldes und zur Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität in der Regel aus sich selbst finanzieren, ist der finanzielle Aufwand zur Erhaltung und Entwicklung der Erholungsfunktion beträchtlich. Verglichen mit der Gesamtfläche der Wälder im Stadtgebiet und dem Erlebniswert, also dem tatsächlichen Nutzen für die Bevölkerung, ist dieser Aufwand allerdings relativ, so dass die Wälder in Leipzig in Bezug auf Aufwand und Nutzen sehr effizient zur Erholungsvorsorge beitragen. Pflanzarbeiten zur Waldverjüngung. Die meisten und größten Nutzergruppen aber resultieren aus der Erholungsfunktion. Je nach Art dieser Nutzung schwankt die Zahl ihrer Vertreter von einigen hundert, wie zum Beispiel bei den rund 500 Reitern bis zu geschätzten einigen tausend Nutzern bei den beliebten Aktivitäten Wandern, Radfahren, Ausdauerlauf und Nordic Walking. Erforderliche Bewirtschaftungs- und Erhaltungsmaßnahmen einschließlich der Jagd stoßen wiederum oft auf wenig Akzeptanz bei den erholungssuchenden Bürgern. An die Waldbesitzer im Stadtgebiet werden hohe Ansprüche gestellt, die weit über die forstliche Notwendigkeit hinausgehen. In den Nutzungsansprüchen sind große Schwankungen und Veränderungen zu verzeichnen. So haben sich jüngst die Ansprüche der Tagestouristen und Wanderer stark gewandelt. Das Wanderpublikum hat sich in den letzten Jahren deutlich verjüngt, der Wunsch nach Erlebnissen und Abenteuern hat sich vergrößert. Der Wildpark als Teil des Auwaldes besitzt in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung. Vernetzung des Waldes im Freiraumsystem Der Leipziger Auwald ist das Rückgrat des städtischen Freiraumsystems und gibt ihm als ein von Süden und Nordwesten zur Innenstadt verlaufender Grünzug dessen radial-konzentrische Grundstruktur vor. Er ist überdies, zumeist entlang der Gewässer, weit in das Umland hinein vernetzt. Seine Betrachtung in naturräumlichen Abgrenzungen hat stets Vorrang gegenüber administrativen und Eigentumsgrenzen; dies gilt ebenso für die Jagd oder auch für wissenschaftliche Forschungen. Aufgrund ihrer Lage mitten in den dicht besiedelten Räumen des Stadtgebietes sind die Wälder eng mit den bebauten Gebieten und anderen, für die Erholungsvorsorge wichtigen Bestandteilen des Stadtgrüns verbunden. Die Wälder sind 40 Probleme und Konflikte Die Lage der Wälder mitten im urbanen Raum, die starke Funktionsüberlagerung und Nutzungsdichte führt auch zu erheblichen Konflikten und Problemen. Eine der größten Herausforderungen ist die Verkehrssicherung entlang von Eisenbahnlinien, öffentlich gewidmeten Straßen und Nachbargrundstücken. Häufiges Konfliktpotenzial birgt die starke Frequentierung im Rahmen der Erholungsnutzung und die damit verbundene Störung der Biotope. „Urbaner Wald“: im Rahmen eines Erprobungsund Entwicklungsvorhabens experimentiert die Stadt mit der Pflanzung von Wald auch auf kleineren Brachflächen. Leipzig im Jahr 2030 Die Waldfläche konnte leicht vergrößert werden. Die in Umweltqualitätszielen der Stadt Leipzig vorgesehene Erhöhung des Anteils des Waldes von ca. 8 Prozent auf ca. 10 Prozent des Gesamtterritoriums bleibt weiterhin das langfristige Ziel. Eine Schlüsselrolle kam der Schaffung von Wäldern im direkten urbanen Kontext zu. Die in Leipzig geprägte Flächenkategorie des „urbanen Waldes“ auch auf kleineren, vormals brachliegenden Arealen inmitten von Siedlungsstrukturen hat einen hohen Wert für die Erholungsvorsorge, für das Klima und die Biodiversität, langfristig aber auch wirtschaftlichen Nutzen. Im Gegensatz zu anderen Erholungsarealen sind sie relativ kostengünstig in der Anlage und Unterhaltung. Bei den vorhandenen Wäldern konnte die Biodiversität durch forstliche Bewirtschaftungsmaßnahmen in Kombination mit einer angemessenen Bejagung gesichert und in Teilen verbessert werden. Eine wichtige Rolle spielte dabei die nachhaltige Sicherung einer großen Baumartenvielfalt und eines hohen Strukturreichtums der Gehölze durch forstliche Nutzung der Wälder. Durch eine konstante Verjüngung wurde eine lineare Altersverteilung bei allen Baumarten angestrebt. Zugleich wurde der Anteil an ökologisch wertvollem Totholz im Wald flächendeckend erheblich gesteigert. kungen auf die auentypische Biodiversität. Die länderübergreifende und interkommunale Zusammenarbeit hat sich dabei als maßgeblicher, befördernder Faktor erwiesen. Durch die stärkere Lenkung des Besucherverkehrs und die Konzentration auf bestimmte Erlebnisbereiche und Strecken wurde die Frequentierung in anderen Bereichen verringert. Auf diese Weise konnte der Erholungs- und Erlebniswert der Wälder verbessert sowie zum Schutz störungsempfindlicher Arten beigetragen werden. Lokale und überregionale Wanderrouten und Reitwege wurden auf Grundlage eines überregional vernetzten Wegekonzeptes gekennzeichnet. Für bestimmte Flächen setzte die Stadt Leipzig spezifische, interkommunal vernetzte Entwicklungskonzepte um, etwa zur Schaffung von historischen Waldbewirtschaftungsformen. Sondernutzungen wie Mittel-, Nieder- oder Hutewald trugen zur Erhaltung und Vergrößerung der Biodiversität bei, erhöhten den Erlebniswert und die Breite des wirtschaftlichen Nutzens der jeweiligen Areale. Um die Bewirtschaftungs- und Erhaltungsmaßnahmen im Wald verständlich zu machen, wurde eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt. Die konkrete, flächenbezogene Bewirtschaftung erfolgte auf der Grundlage der „Forsteinrichtung“ für den Zeitraum 2014-2023 sowie im Besonderen nach der „Konzeption zur forstlichen Pflege des Leipziger Auenwaldes“. Neben der Bewirtschaftung spielte vor allem im Auwald die Wiederherstellung der ursprünglichen hydrologischen Verhältnisse, zum Beispiel hartholzauentypische Überschwemmungen und Wiederbespannung von Altarmen, eine wichtige Rolle. Konfliktpotenzialen bei der uneingeschränkten Erholungsnutzung wurde durch Öffentlichkeitsarbeit begegnet. In Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen führte die Stadt zahlreiche Forschungsprojekte durch, etwa zum Monitoring auf Beweidungsflächen, zur Brutvogelkontrolle im Auwald oder zur Erfassung von Käfer- und Falterarten. Die Realisierung des Projektes Lebendige Luppe als ein Baustein im Gesamtkonzept des Auenerhaltes und der Auenentwicklung zeigt erste positive Wir41 42 Gewässer Das Gewässersystem, hier auch als „blaue Infrastruktur“ bezeichnet, bildet einen bedeutenden Bestandteil des Leipziger Freiraumsystems. Es dient nicht nur der Daseinsvorsorge, sondern es bietet auch eine in dieser Region noch nie da gewesene Nutzungsvielfalt und abwechslungsreiche Erholungsmöglichkeiten. Die Wasserwege werden zum Wasserwandern genutzt, entlang der Kanäle und Flüsse erstrecken sich die meisten Radialen des Leipziger Grünverbundes von der Innenstadt bis ins Umland, geprägt von den mehr oder weniger noch vorhandenen Auen und dem Leipziger Auwald. LEIPZIG HEUTE Nach Sächsischem Wassergesetz werden die Gewässer auf dem Territorium der Stadt in Gewässer I. Ordnung und II. Ordnung unterschieden. Zu den Gewässern I. Ordnung, für deren Unterhaltung der Freistaat Sachsen zuständig ist, gehören die Parthe, die Pleiße, die Weiße Elster, die Kleine Luppe, die Neue Luppe und die Nahle. Bei Gewässern II. Ordnung ist die Stadt Leipzig für Unterhalt und Ausbau zuständig. Zum Zuständigkeitsbereich der Stadt gehören somit 96 Fließgewässer mit einer Länge von insgesamt 179,55 Kilometern. Hinzu kommen 105 Standgewässer II. Ordnung, die zusammen eine Wasserfläche von 156 Hektar einnehmen. Standorte am Wasser wie hier in Wahren sind begehrte Wohnlagen, in denen auch ehemalige Industriebauten eine Sanierung erfahren. nach Sächsischer Fischgewässerverordnung und können deshalb im gesamten Stadtgebiet als Angelgewässer genutzt werden. Die vielfältigen Funktionen der Gewässer können hier nur kurz beleuchtet werden. Im Vordergrund stehen die Ziele und Herausforderungen, die zur Aufrechterhaltung und zukünftigen Verbesserung dieser Funktionen von besonderer Bedeutung sind. Viele Ziele sind gesetzlich fixiert und nicht immer widerspruchsfrei bzw. ohne umfassende Abwägung untereinander umzusetzen. Es wurden in diesem Sinne bereits zahlreiche übergeordnete Konzepte (zum Beispiel gemäß der EG-WRRL, Hochwasserschutzkonzepte, Regionales Handlungskonzept des Grünen Rings Leipzig, Integriertes Gewässerkonzept, Wassertouristisches Nutzungskonzept) erarbeitet, die eine umfassende und detaillierte Grundlage für die avisierte nachhaltige Entwicklung des Leipziger Gewässersystems liefern. Nach Jahrzehnten der extremen Belastung durch Industrie und Bergbau, in deren Kontext auch zahlreiche Gewässer in der Stadt verrohrt oder verfüllt worden sind, hat sich der Zustand der Leipziger Gewässer seit 1990 stark zum Positiven gewandelt. Gleichwohl sind die Folgen der Industrie-Epoche im Gewässernetz und bei der Wasserqualität noch immer anhaltend spürbar. Insgesamt aber birgt das weitgehende Aufgeben des aktiven Bergbaus in der Region für die Zukunft große Potenziale zu einer günstigen Entwicklung der Gewässer. Das Ziel, das Leipziger Gewässernetz weitgehend wieder in seiner ursprünglichen Eigenschaft als Lebensader der Region und Leipzig wieder zu einer Stadt am Wasser zu entwickeln, bestimmt aktuell unser Handeln auf verschiedenen Ebenen. Dabei befinden sich die von der Stadt Leipzig unterhaltenen Gewässer aktuell auf Grund der urbanen Überprägung in einem nach Wasserrahmentrichtlinie eingestuften schlechten oder mäßigen Zustand. Sie werden turnusgemäß nach wasserwirtschaftlichen und gesetzlichen Erfordernissen unterhalten und gepflegt (siehe Kap. Gewässermanagement). Sie erfüllen die Gewässerqualitätsparameter Foto Seite 42: Der Karl-Heine-Kanal ist seit seiner Revitalisierung in den 1990er Jahren eine der ersten Adressen für Wasserwanderer. FUNKTIONEN UND NUTZUNG Anforderungen an die Gewässer und deren Nutzungen sind sehr vielfältig. Intakte und saubere Gewässerlandschaften bereichern die Lebens- und Erholungsqualität im Stadtgebiet wesentlich und eröffnen auch neue Möglichkeiten für Sport und Bewegung, für Kunst, Kultur und Tourismus oder die Durchführung von wasserbezogenen Veranstaltungen. Mit der Offenlegung der Mühlgräben erhalten die anliegenden Stadtviertel nicht nur ein neues Gesicht, Wohn- und Lebensqualität steigen merklich. Damit werden auch überregional Akzente gesetzt. Die innerstädtischen Gewässer entfalten mittlerweile große Außenwirkung auch über das Stadtgebiet hinaus. 43 Im Innenstadtgebiet, wie hier am Mendelssohnufer des Pleißemühlgrabens, hat die Öffnung der Gewässer zu einer enormen Steigerung stadträumlicher Qualität geführt. Dabei können Gewässer im Sinne des Gemeingebrauchs nach Sächsischem Wassergesetz von allen Menschen genutzt werden. Unsere Gewässerlandschaften im urbanen Stadtgebiet sind aber auch Lebensräume und Rückzugsgebiete für geschützte Tier- und Pflanzenarten. Die vielfältigen Nutzungen der Leipziger Gewässer, die sich hauptsächlich auf die Sommermonate konzentrieren, üben auf die Gewässerstandorte einen hohen Nutzungsdruck aus. Dieser führt daher immer wieder zu Konflikten und Problemen mit anderen genannten Funktionen und bleibt z. B. nicht ohne Auswirkungen auf die Wasser- und ruhige Erholungsqualität oder auf die Rückzugsgebiete von Tier- und Pflanzenarten. Gewässer enden nicht an den Grenzen der kommunalen Zuständigkeit, so dass ihre Funktionen von übergeordneter Bedeutung sind. Entsprechend unterliegen Schutz und Entwicklung vielfältigen Anforderungen von der europäischen bis hin zur kommunalen Ebene. Durch die im Jahr 2000 verabschiedete europäische Wasserrahmenrichtlinie (EGWRRL) besteht erstmalig die Verpflichtung, für alle wichtigen Gewässer einen Zielzustand (guter ökologischer Zustand oder gutes ökologisches Potenzial) zu definieren und mit entsprechenden Maßnahmenprogrammen zu verfolgen. Für die in der Zuständigkeit der Stadt Leipzig liegenden Gewässer II. Ordnung bilden in diesem Zusammenhang Floßgraben, Pösgraben und Zschampert sowie der Elstermühlgraben die Schwerpunktgewässer. Die Gewässer im Stadtgebiet sind Bestandteil des unmittelbaren, städtischen Lebensumfeldes und erfüllen dabei vielfältige Funktionen: Sie dienen der Rückhaltung oder schadlosen Ableitung von Niederschlagswasser in besiedelten Ortslagen. Dorfteiche sind oftmals auch Löschwasserteiche und übernehmen damit in den betroffenen Ortslagen Funktionen für den Brandschutz. Gewässer sind Orte der Naherholung. Sie bieten Ruhe, Entspannung und Naturerlebnisse, stehen aber auch für aktive Erholungsformen und Freizeitgestaltung zur Verfügung. 44 Technische Bauten gehören zur blauen Infrastruktur, im Bild das Palmengartenwehr. LANDSCHAFTSPLAN DER STADT LEIPZIG LAND W Stadt L LAND Stadtplanungsamt Leipzig, SG Landschaftsund Grünordnungs­ planung: WASSE Maßstab: 1:30.000 Dezernat Stad Stadtplanung Abteilung Ge Sachgebiet L Gewässer im Stadtgebiet Leipzig. Bearbeitung: 45 Zur Umsetzung der Ziele ist insbesondere der Ausgleich unterschiedlicher Nutzungsinteressen von Bedeutung, so dass hier ein Grundkonsens über die ­Entwicklung der Gewässer im Raum Leipzig nur in Kooperation und Koordination unterschiedlicher Akteure zu erreichen ist. Von grundsätzlicher Bedeutung bleibt das Thema Hochwasserschutz. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht sind zur Gewährleistung des öffentlichen Hochwasserschutzes im Stadtgebiet aktuell 39 wasserbauliche Maßnahmen als dringend erforderlich identifiziert worden, um bestehende hydraulische Defizite an Gewässern II. Ordnung schrittweise abzubauen. Durch zielgerichtete Renaturierung von Gewässerabschnitten, zusätzliche Grabentaschen und Schaffung von Stauraum kann das Rückhaltevermögen an den Gewässern II. Ordnung weiter erhöht werden. Dadurch werden bei exponierten Wetterlagen die Gewässer I. Ordnung im Stadtgebiet entlastet. Auf den künstlichen Gewässern des Leipziger Neuseenlandes, entstanden durch die Flutung ehemaliger Braunkohletagebaue, ist landschaftliche Weite spürbar. Darüber hinaus müssen die Gewässer nicht nur hydraulisch in der Lage bleiben und in diese versetzt werden, die Niederschlagswasserableitungen des Siedlungsraumes sicher zu stellen, sondern auch qualitativ die Mischwasserentlastungen verkraften und kompensieren zu können. Zunehmend wichtige Funktionen bekommen die Gewässer auch im Kontext mit einem sich entwickelnden Wassertourismus in Leipzig und der Region (siehe Kap. Tourismus). Naturschutzes unterliegen. Insbesondere die wassertouristische Nutzung der Gewässer muss mit diesen Belangen in Einklang gebracht werden, um zum einen den gesetzlichen Anforderungen Rechnung zu tragen und zum anderen eine nachhaltige wassertouristische Nutzung zu ermöglichen, die selbst auf die Erhaltung des Naturraumes angewiesen ist, weil die stadtnahe Auenlandschaft die Attraktivität der Leipziger Gewässer ausmacht. Eingriffe durch große Wasserbaumaßnahmen sind grundsätzlich zu vermeiden. Unvermeidbare Eingriffe müssen durch entsprechenden Ausgleich kompensiert werden. Gerade entlang der Gewässer haben sich in der Stadt Leipzig vielfältige und schutzwürdige Lebensräume entwickelt, die entsprechenden Kategorien des PROBLEME UND KONFLIKTE Alle Fließgewässer im Stadtgebiet wurden von Menschen gegenüber dem natürlichen Zustand in den letzten Jahrhunderten erheblich verändert. Diese Veränderungen sind unter den gegebenen, berechtigten Nutzungsansprüchen in absehbarer Zeit und mit vertretbarem Aufwand nicht wieder rückgängig zu machen. Ein großer Teil der Leipziger Gewässer ist für die Menschen nutzund erlebbar. In einigen Abschnitten hat aber der Schutz der wertvollen Auenlebensräume Vorrang. 46 WERTSCHÄTZUNG Die öffentliche Aufmerksamkeit für die Leipziger Gewässer ist groß. Die Besucher, Erholungssuchenden, Bootsnutzer, Anwohner oder Gastronomen sind hoch sensibilisiert, was den Zustand der Gewässer angeht. Sie melden der Gewässerunterhaltung auffällige Ereignisse jeder Art, wie Abfallablagerungen, tote Fische, unnatürliche Wasserschwankungen, Überflutungen oder umgestürzte Bäume. Der jährliche Mitteleinsatz der Stadt Leipzig zur Gewässerunterhaltung und auch die Investitionen für den Ausbau und zur Revitalisierung des vorhandenen Gewässernetzes sind erheblich. Dabei haben Revitalisierungsmaßnahmen, wie LEIPZIG IM JAHR 2030 Leipzig ist eine Stadt am Wasser. Der Gewässerverbund in der Stadt und mit dem Umland prägt und gliedert die Stadtlandschaft wesentlich. Über 80 Prozent der ehemals verrohrten Gräben und Fließgewässer sind geöffnet. Das Projekt "Lebendige Luppe" verfolgt das Ziel, ehemalige Wasserläufe zu einer neuen Lebensader der Auenlandschaft und ihrer typischen Biodiversität zu verbinden. etwa Gewässeröffnungen, Schaffung von neuen Gewässerverbindungen oder die Beseitigung von Querbauwerken in Gewässern oberste Priorität. Mit diesen Wasserbaumaßnahmen werden Gewässerdurchgängigkeit, die Vernetzung von Gewässerstandorten und der Hochwasserschutz für das Stadtgebiet nachhaltig verbessert. Die Maßstäbe und Qualitätsanforderungen an die Sanierung und Entwicklung werden dabei von der genannten WRRL gesetzt. Mit der Instandsetzung und Erweiterung des innerstädtischen Gewässernetzes werden bestehende Defizite weiter zielgerichtet abgebaut. Allerdings setzen diese Erweiterungen auch neue Maßstäbe an das vorhandene Unterhaltungsbudget und das Gewässerunterhaltungsmanagement, damit im gesamten Stadtgebiet flächendeckend die erforderlichen Gewässerunterhaltungsarbeiten umgesetzt und die Erwartungshaltungen erfüllt werden können (siehe Kap. Gewässermanagement). Die Gewässer bieten attraktive und an vielen Stellen gut zugängliche Erholungs- und Erlebnisräume. Sie haben sich zum prägenden Element des Stadtbildes entwickelt, Wohnquartiere wurden durch revitalisierte Fließgewäser und Gräben weiter spürbar aufgewertet. Die innerstädtischen Wasserbauprojekte (Offenlegung der Mühlgräben) genügen nicht nur höchsten stadtgestalterischen Aspekten. Es wurde, soweit bautechnisch umsetzbar, auch der Zugang zum Wasser durch hochwertig gestaltete, abgesenkte Uferbereiche ermöglicht. Trotz des weiter gestiegenen Nutzungsdruckes ist es gelungen, artenreiche Gewässer mit typischen Lebensräumen in kulturlandschaftlicher Ausprägung zu entwickeln und zu erhalten, welche die vielfältigen Funktionen des Gewässers für das menschliche Dasein nachhaltig übernehmen. Im Sinne der WRRL weisen alle Fließgewässer ein gutes ökologisches Potenzial oder einen guten ökologischen Zustand auf. Innerhalb der Grenzen durch die Nutzung als Vorfluter, Kühl- und Brauchwasserspeicher, gestaltendes Landschaftselement und Wasserweg ist ein gutes ökologisches Potenzial oder ein guter ökologischer Zustand gekennzeichnet durch einen guten chemischen Zustand und das Vorhandensein einer gewässertypischen Artengemeinschaft, die freie Durchwanderbarkeit für Fische und andere Fließgewässerorganismen, eine der Referenz-Fischzönose und der Ausprägung als verzweigte Flussaue entsprechende, typische Fischartenzusammensetzung, eine Sedimentdynamik in Längs- und Querrichtung, die natürlichen Verhältnissen nahe kommt und verhindert, dass der Leipziger Gewässerknoten wieder zur Sedimentfalle im Gesamtsystem wird. 47 48 ERholungsgebiete Erholungsgebiete haben einen übergeordneten Charakter, beinhalten sie doch stets andere hier besprochene Freiraumkategorien wie den Wald, Landwirtschaftsflächen, Parks sowie – in den meisten Fällen – Gewässer. Letztere sind für den Status eines Erholungsgebietes nahezu von ausschlaggebender Bedeutung, weil die Seen und Flüsse mit ihren vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten besonders große Anziehungskraft für Erholungssuchende besitzen. Als Erholungsgebiete werden dementsprechend großräumige Freiräume von gesamtstädtischer Bedeutung bezeichnet. Aus Waldgebieten und Gewässern, offenen Landschaftsräumen und Parks bestehend, sind sie beliebte Aufenthaltsorte auch über einen längeren Zeitraum (halbe, ganze oder mehrere Tage). In der Regel weisen Erholungsgebiete landschaftliche Bezüge auf oder liegen selbst außerhalb des bebauten Siedlungsgebietes. Eine besondere Rolle spielt dabei der Cospudener See, der zur Seenlandschaft im Süden Leipzigs überleitet. Die im Jahr 2000 am Cospudener See etablierten und seitdem kontinuierlich ausgebauten Freizeit- und Erholungsangebote sind direkt in das Leipziger Freiraumsystem eingebunden. Die überaus hohe Besucherfrequenz an diesem stadtnahen See hat mittlerweile zur Notwendigkeit von Neuordnungs- und Sanierungsmaßnahmen geführt. Das Erholungsgebiet Kulkwitzer See ist Teil einer Bergbaufolgelandschaft. LEIPZIG HEUTE Leipzig verfügt über eine Reihe attraktiver Erholungsgebiete, die im Stadtgebiet oder in dessen unmittelbarer Nähe liegen. Sie geben den Menschen Gelegenheit, ihr Bedürfnis nach aktiver und passiver Erholung zu befriedigen, ohne weite Fahrten zu unternehmen. Wiederum ist es der Leipziger Auwald, welcher aufgrund seiner zentralen Lage, seiner Gewässer und seiner intensiven Vernetzung im Leipziger Freiraumsystem als Erholungsgebiet von hoher Wirksamkeit hervorzuheben ist. In unmittelbarer Verbindung zum Auwald stehen große Parks mit intensivierten Erholungsfunktionen. Innerhalb des (südlichen) Auwaldes ist der ca. 45 Hektar umfassende Wildpark eines der für die Naherholung interessantesten Gebiete. Der Wildpark ist nicht nur ein beliebter Erholungsraum, sondern er bietet darüber hinaus mit seinen rund 250 Tieren die Möglichkeit zu kostenfreier Bildung und Information. Mit dem Leipziger Neuseenland ist eine große Erholungslandschaft im Entstehen, welche die historisch gewachsenen Defizite im Erholungsangebot dieser Stadt, die durch Industrie und Bergbau verursacht wurden, entscheidend verringert und in das Gegenteil verkehrt. Hatte Leipzig mit zunehmender Industrialisierung und Nutzung der Braunkohlevorkommen bis in die 1990er Jahre einen regelrechten „Erholungsnotstand“ zu beklagen, wird die Stadt nunmehr im Stadtgebiet und im unmittelbaren Umland mit einer Erholungslandschaft von großer Anziehungskraft verknüpft. Foto Seite 48: Der Cospudener See ist ist seit seiner Freigabe als Außenstandort der Expo 2000 eines der wichtigsten Erholungsgebiete Leipzigs. Das Erholungsgebiet Kulkwitzer See in Leipzig-Grünau, der Auensee in Wahren oder das Naturbad Nordost im Stadtteil Thekla besitzen als ältere Erholungsgebiete im Abbau von Bodenschätzen ihren Ursprung. Der Kulkwitzer See mit seinem Umfeld ist seit 1973 ein beliebtes Erholungsgebiet, das wie der Cospudener See aus einem aufgegebenen Braunkohlentagebau entstand. Mit seinen Stränden, einem Campingplatz und zahlreichen Freizeitmöglichkeiten auf einer Fläche von rund 450 Hektar ist das Erholungsgebiet Kulkwitzer See von großer Bedeutung für alle Leipziger und die Nachbargemeinde Markranstädt. Auch das Erholungsgebiet um den in den 1980er Jahren landschaftlich gestalteten Erholungspark Lößnig-Dölitz mit seinen benachbarten Flächen – etwa dem großen Waldarboretum, einer begehbaren Altdeponie sowie ausgedehnten Kleingarten- und Sportflächen – befindet sich auf einer Fläche früherer bergbaulicher Aktivitäten. Ein Erholungsgebiet, das noch hohe Entwicklungspotenziale besitzt, ist die Parthenaue. Sie ist zugleich eine wichtige Radiale im Leipziger Freiraumsystem, die über den Grünen Ring in die Peripherie hinausreicht. 49 SCHWERPUNKTE FREIRAUM UND ERHOLUNG IM GRÜNSYSTEM DER STADT LEIPZIG Stadtplanungsamt Leipzig, SG Landschaftsund Grünordnungs­ planung: Erholungsgebiete (rot umrandet) im Grünsystem der Stadt Leipzig. 50 Freiraumkategorien Freiraumsystem Räume Hinzuweisen ist zudem auf die Landschaft im Leipziger Norden, die in ihrer Verbindung zwischen Industrie und offener Landschaft sowie in ihrer infrastrukturellen Ausstattung für bestimmte Erholungsformen attraktiv ist, insbesondere für Sport und Bewegung, etwa das Radfahren oder Inline-Skaten. Zunehmend gewinnen auch devastierte Flächen (Deponien, Brachflächen, brachliegende Gleisanlagen usw.) mit ihren botanisch wie ästhetisch interessanten Sukzessionen für die Naherholung an Bedeutung. PLANUNG Zur Erholungsplanung liegt der Stadt eine detaillierte Konzeption aus dem Jahr 2002 vor, welche noch immer gültige Argumente liefert. Mit den auf der Erholungskonzeption aufbauenden Aussagen des Landschaftsplanes verfügt die Stadt zudem über ein aktuelles gesamtstädtisches Instrumentarium zur Erholungsvorsorge. Das Freiraumsystem mit seiner Radial-Ring-Struktur vernetzt die Erholungsräume, wobei der Verbindung zwischen dem Stadtinneren und der Peripherie entlang der Radialen der „grün-blauen Infrastruktur“ besondere Bedeutung zukommt. Die Vernetzung von Erholungsgebieten untereinander und ihre Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Nahverkehr, per Fahrrad oder zu Fuß sind neben ihrer Erhaltung und Weiterentwicklung zentrale Themen. Der Touristische Gewässerverbund Leipziger Neuseenland mit seinen acht Kursen bietet als ein Schlüsselprojekt die Chance, urbane, naturnahe und kulturelle Landschaften zu verbinden. Kurs 1 vom Stadthafen Leipzig über den Auwald bis zum Cospudener See ist bereits durchgängig befahrbar. Der Wildpark in Connewitz ist ein besonders gut besuchter Teil des Leipziger Auwaldes. Wasserwanderkurse sind wichtige Komponenten der Leipziger Erholungslandschaft. 51 Um die genannten Gebiete für die Naherholung nutzbar zu machen, sind große Aufwendungen vonnöten. Rund 132 Kilometer Waldwege im Stadtwald, einerseits für die Bewirtschaftung des Forstes notwendig, müssen andererseits für die Erholungsnutzung hergestellt und gepflegt werden. Zahlreiche Sitzgelegenheiten, Schutzhütten, Picknickplätze und Aussichtsmöglichkeiten werden bereitgestellt. Waldspielplätze sind das Ziel für Familien mit Kindern, drei öffentliche Grill- und Lagerfeuerplätze im Auwald stehen nach Beantragung zur Nutzung bereit. Dieses Angebot wird seit 2015 auch außerhalb des Waldes ergänzt durch weitere fünf neue Grillplätze in Leipziger Parkanlagen. Verschiedene Lauf­­­­strecken und ein Fitnesspfad dienen dem Freizeit- und Breitensport. Interessierten Waldbesuchern vermitteln zwei Naturlehrpfade im Küchenholz und im Rosental Wissenswertes über Flora und Fauna. Die „Auwald-Erlebnispfad-App“, entwickelt von der Auwaldstation Leipzig, begleitet seit 2013 Nutzerinnen und Nutzer auf einem vier Kilometer langen Rundweg durch die Natur und seit 2014 interaktiv auch durch den Schlosspark Lützschena. Der Leipziger Auwald ist eines der wichtigsten Erholungsgebiete der Stadt. FUNKTIONEN Erholungsgebiete dienen der passiven und der aktiven Erholung. Sportliche Aktivitäten wie das Joggen, Radfahren, Nordic Walking oder Inline-Skating, Fitness und Gymnastik sind auch in den Erholungsgebieten auf dem Vormarsch. Im Verein wie auch zunehmend individuell erfolgt das Reiten auf dafür ausgewiesenen Wegen. In den Gewässern sind neben dem Baden und Angeln aktivere Erholungsformen wie das Freiwasserschwimmen Bootfahren, das Surfen, Segeln sowie das Tauchen beliebt. Die intensive Nutzung zieht einen erhöhten Pflegeaufwand nach sich und Sanierungen sind häufiger nötig. Aufgrund Ihrer Großräumigkeit bieten die Erholungsgebiete aber auch Raum für experimentelle und zukunftsweisende Bewirtschaftungsansätze, etwa Beweidungsprojekte oder andere extensive Landschaftspflegemethoden. Sie eröffnen zudem Möglichkeiten für neue Erlebnisse und Naturerfahrungen, die diese Räume von den großen Parkanlagen unterscheiden. Entsprechend dieser Funktionen sind in den Erholungsgebieten Wege in verschiedener Oberflächenqualität, Badestellen, Campingplätze, Spiel- und Sportmöglichkeiten, gastronomische Einrichtungen und vieles mehr notwendig. Nutzbarkeit und Attraktivität des Gewässerverbundes sind abhängig von einer intakten Beschilderung sowie von Schleusen, Steg- und Slipanlagen und Umtrageeinrichtungen, die auch gestalterisch ansprechend entwickelt und erhalten werden müssen. Die Erholungsgebiete sind in unterschiedlicher Qualität durch Linien des öffentlichen Nahverkehrs angebunden und besitzen Parkplätze in ihrer Nähe. PROBLEME UND KONFLIKTE Die Erholungsnutzungen stehen teilweise mit Schutzausweisungen und Nutzungsbeschränkungen (Restriktionen) im Konflikt. Aufgrund des großen Andranges gibt es in bestimmten Erholungsgebieten zu Spitzenzeiten zudem Konflikte zwischen den verschiedenen Nutzungs- und Fortbewegungsarten, beispielsweise zwischen Spaziergängern und Radfahrern bzw. Inline-Skatern. 52 Der Aussichtsturm an der Bistumshöhe und das Bisongehege an seinem Fuß sind Höhepunkte des Erholungsgebietes am Cospudener See. LEIPZIG IM JAHR 2030 Für Nutzungen, die auf ein Netz an Wegen und Strecken angewiesen sind, wie das Radfahren, Wanden, Walken, Joggen und Reiten sowie für entsprechende Nutzungen im Gewässerverbund, wurde auf konzeptioneller Grundlage ein dichtes Netz von Angeboten entwickelt. Vernetzung, auch mit kleineren Freiräumen, war im Sinne der Nutzungsoptimierung der Erholungsgebiete ein Erfolgsrezept. Die Verbesserung der Infrastruktur der Erholungsgebiete und der mit ihnen verbundenen Bereiche einschließlich der Gewässer erfolgte durch die Neuanlage von Wegen, Beseitigung von Barrieren und Einordnung von Querungsmöglichkeiten, Beschilderung von Erholungszielpunkten, Schaffung und Betonung öffentlicher Zugänge und mehr. Die Chancen zum Knüpfen überregionaler Verbindungen, zum Beispiel auf stillgelegten Bahntrassen, wurden konsequent genutzt. Die vorhandenen Erholungsgebiete zu erhalten und weiter zu entwickeln, ist zentrales Ziel der städtischen Freiraumpolitik geblieben. Sie mussten einem steigenden Besucheransturm gewachsen sein, ohne ihre naturräumlichen Qualitäten zu verlieren. Es erfolgte die Entwicklung neuer Erholungsgebiete. Seit 2018 sind mit dem verknüpften Cospudener und Zwenkauer See 16 Quadratkilometer Wassersportfläche nutzbar. Weil hier zumeist Stadtrandlagen bzw. der Erholungsverbund im Mittelpunkt standen, war die interkommunale Zusammenarbeit in diesem Themenfeld von besonderer Bedeutung. Durch räumliche Konzentration der Erholungsinfrastruktur auf ausgewählte Bereiche, bei Konflikten mit Schutzzielen auch durch räumliche und/oder zeitliche Einschränkungen, konnten Konflikte zu den Lebensräumen für Tiere und Pflanzen abgemildert werden. Eine entsprechende Besucherlenkung auf Basis spezieller Konzepte erfolgt so, dass die Besucher selbst diese Lenkung möglichst wenig wahrnehmen. Pflege und Bewirtschaftung von Erholungsgebieten erfolgen so naturverträglich wie möglich. Insbesondere die durch Beweidungsprojekte offengehaltenen Landschaftsräume konnten erweitert werden und bieten besondere Eindrücke und Naturerfahrungen. Ebenso konnten durch den Einsatz historischer Bewirtschaftungsformen im Wald (Mittelwald, Niederwald, Waldweide) in Kooperation mit landwirtschaftlichen Partnern besonders interessante Waldbilder kostengünstig entwickelt werden. Dies trug zur Attraktivität der Erholungsgebiete bei. Für alle Bevölkerungs- und Nutzergruppen wurden innerhalb der Stadt (bzw. im Einzugsbereich des öffentlichen Nahverkehrs) Erholungsmöglichkeiten in quantitativ und qualitativ ausreichender Form geschaffen. Die dabei bestehenden Defizite einer öffentlichen Verkehrsanbindung wurden schrittweise abgebaut, so dass die Freizeit- und Sportinfrastruktur von stadtweiter Bedeutung auf möglichst kurzem Wege oder mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann. Die Inhalte des Tourismuswirtschaftlichen Gesamtkonzeptes zur intermodularen Entwicklung des mitteldeutschen Raumes erzeugten auch in der Stadt Leipzig eine völlig neue Qualität für die Erholungsnutzung. Die im Prozess der „Charta Leipziger Neuseenland“ geäußerten Wünsche der Bürgerinnen und Bürger nach Vielfalt und Umweltverträglichkeit der Angebote bildeten die Grundlage der Entwicklung von Erholungsgebieten, die meist über den Stadtrand hinaus reichen. Mit dem neu geschaffenen Durchstich des Karl-Heine-Kanales zum Lindenauer Hafen hat sich die Nutzbarkeit der Erholungslandschaft erneut erweitert. Auf veränderte Nutzungsgewohnheiten und Trends erfolgte eine flexible Anpassung der Gestaltung und Ausstattung (Spiel- und Sportangebote, Sitzgelegenheiten, Geo-Caching usw.). Die Wahrung des Gebietscharakters blieb dabei stets Maßstab und begrenzender Faktor der Anpassungsfähigkeit. 53 54 LANDSCHAFTSPLAN Friedhöfe DER STADT LEIPZIG LANDSCHA Friedhöfe Friedhöfe sind Gedenk- und Erinnerungsorte, welche der Würde des Menschen, den allgemeinen sittlichen Vorstellungen und den anerkannten gesellschaftlichen Regeln entsprechen. Der hiesigen Bestattungskultur folgend, werden auch die Leipziger Friedhofsanlagen vom Grün dominiert. Sie sind somit bedeutsame Bestandteile des öffentlichen Stadtgrüns und dienen damit auch der Erholung. Friedhöfe haben darüber hinaus als Lebensräume für Tiere und Pflanzen eine hohe Bedeutung für die Stadtnatur ebenso wie für das Stadtklima. Der Arbeit zur Bewirtschaftung der Friedhöfe und der Durchführung der Bestattung liegt das Positionspapier des Deutschen Städtetages zur Strukturdebatte im Friedhofswesen sowie seine Handlungsempfehlungen von 2004 zu Grunde. Als Bestattungsplätze dürfen Friedhöfe die Gesundheit der Allgemeinheit nicht beeinträchtigen. Boden- und Grundwasserverhältnisse müssen für einen Friedhof geeignet sein. Ebenso ist die Totenruhe zu gewährleisten. Es sind die Belange der Landschafts- und der Denkmalpflege in den zumeist kulturgeschichtlich und gartenkünstlerisch bedeutsamen Friedhöfen zu berücksichtigen. Ihre Anlage und Unterhaltung ist eine Pflichtaufgabe der Kommune. Sie sollen in einer ruhigen Lage, aber verkehrsgünstig gelegen sein. In geeigneter Weise sind sie nach außen hin abzuschirmen. Leipzig heute Auf dem Gebiet der Stadt Leipzig befinden sich 49 Friedhöfe, davon sind sieben Friedhöfe in städtischem Besitz. Zwei Friedhöfe gehören der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig, alle übrigen unterstehen der evangelischen Kirche. Der Anteil an Friedhofsflächen in Leipzig ist jedoch überwiegend kommunal. So wird von der Abteilung Friedhöfe im Amt für Stadtgrün und Gewässer eine Friedhofsfläche von 121 Hektar bewirtschaftet, von den Religionsgemeinden hingegen etwa die Hälfte. Alle kommunalen Friedhöfe sind nach dem Sächsischen Denkmalschutzgesetz als Kuturdenkmale geschützt. Zahlen und Fakten Auf den städtischen Friedhöfen finden ca. 2.700 Bestattungen im Jahr statt, davon ca. 2.560 Urnenbeisetzungen und 160 Erdbestattungen. Damit werden 54 Prozent der in Leipzig verstorbenen Menschen auf kommunalen Friedhöfen beigesetzt, bei den Kremationen beträgt der Anteil 56 ­Prozent. Aktuell gibt es auf den städtischen Friedhofsflächen ca. 120.000 Grä- Stadtplanungsamt ­L eipzig, SG Landschafts- und Grün­ ordnungsplanung: Stadt Leipzig LANDSCH FRIEDHÖFE Maßstab: Friedhöfe in Leipzig; sieben von 49 sind in städtischer Hand. Bearbeitung: ber. Nach derzeitigen Prognosen unter Berücksichtigung eines anhaltenden Bevölkerungswachstums in Leipzig lässt die vorhandene Fläche eine Nutzung der bestehenden Friedhöfe bis zum Jahr 2045 zu. Es gibt größere Grabfeldbereiche, die aufgrund von Problemen in der Standsicherheit in Zukunft nicht wieder neu belegt werden können.. Foto Seite 54: Hauptachse des Südfriedhofes mit dem Turm des Kapellenkomplexes. 1:30.000 Dezernat Stadtentwicklung und Stadtplanungsamt Abteilung Generelle Planung u Sachgebiet Landschafts- und G Da über 50 Prozent der Verstorbenen der Stadt Leipzig auf kommunalen Friedhöfen bestattet werden, haben diese Flächen Bedeutung für ca. zwei Drittel der Leipziger Bevölkerung. Sie besuchen diese als Angehörige, Freunde und Bekannte der Bestatteten. Für die anliegenden Wohngebiete sind die Friedhöfe zudem beliebte Ziele von Spaziergängen; sie dienen der passiven Erholung. Südfriedhof Der bedeutendste unter den städtischen Begräbnisplätzen ist der Südfriedhof, der im Juni 1886 eröffnet wurde und durch Erweiterungen zum 55 Im Jahr 2009 wurde die Möglichkeit geschaffen, Urnen an einem Baum beizusetzen. Ihr Anteil ist rund 0,4 Prozent an den Gesamtbeisetzungen nahezu konstant geblieben. Hingegen sind seit 1996 die anonymen Beisetzungen wieder rückläufig. Ihr Anteil in Urnengemeinschaftsanlagen ging von 52,4 Prozent auf 17,2 Prozent im Jahre 2015 zurück. Bei den Erdreihengräbern ist eine relative gleichbleibende Nutzung seit 1996 zu verzeichnen, sie liegen bei 1,27 Prozent aller Bestattungen. Die Nutzung von Erdwahlgrabstätten ist hingegen seit 1996 (4,67 Prozent) rückläufig (2,9 Prozent im Jahr 2015). Die Entwicklung der neu erworbenen Urnenwahlgräber zeigt seit 1996 einen Rückgang von 13,61 Prozent auf 9,4 Prozent. Der Anteil der Beisetzungen in Urnenreihengräbern blieb dagegen fast gleich (ca. 13 Prozent). heute drittgrößten Friedhof in Deutschland wuchs. Der mit geschwungenen Wegen und umfangreichem Baumbestand landschaftlich angelegte Friedhof ist ein bundesweit bedeutendes Gartendenkmal. Er findet zudem aufgrund seiner reichen Rhododendronbestände, seiner bemerkenswerten historischen Grabanlagen sowie des großen Trauerhallenkomplexes überregionale Beachtung. Wegen seiner großzügigen Gestaltung als Parkfriedhof sowie wegen der Tendenz von der Erd- zur Feuerbestattung seit 1970 werden aktuell nur zirka 60 Prozent der Fläche für Gräber genutzt. Beisetzungsarten Die kommunalen Friedhöfe geben die Möglichkeit zu vielfältigen Grabformen. Für die Urnenbeisetzung, welche mit 93 Prozent am meisten gewünscht wird, kann man zwischen einem Wahlgrab (Familiengrab), einem Reihengrab (Einzelgrab) und den Gemeinschaftsanlagen mit und ohne Namen wählen. Die 1996 eingeführte Urnenbeisetzung in einer Urnengemeinschaftsanlage mit namentlicher Nennung hat deutliche Steigerungsraten. So wuchs ihr Anteil von 4,5 Prozent im Jahr 1996 auf 23,8 Prozent im Jahr 2001 und liegt 2015 bei 25 Prozent. Wirtschaftliche Aspekte Für dem Betrieb der kommunalen Friedhöfe werden jährlich mehrere Millionen Euro ausgegeben. Diese Summe refinanziert sich über die Einnahme von Gebühren. Der Schwerpunkt ist und bleibt die rentable Betrieb der Friedhöfe unter dem gleichzeitigen Anspruch, dass diese ihren vom Grün geprägten, parkartigen Charakter bewahren. Die Fläche von 121 Hektar wird vollständig gepflegt, da die Gesamtfläche für Bestattungshandlungen ständig zur Verfügung stehen muss. Der Pflegeumfang der Grabanlagen und des rahmenden Grüns wird differenziert nach der Menge der in Nutzung befindlichen Gräber. Außerdem ist die Urnenbeisetzung im Kolumbarium und als Baumbestattung möglich. Bei der Erdbestattung (sieben Prozent) gibt es Erdwahlgräber mit unterschiedlicher Zahl von Grabplätzen (bis zu zwanzig Bestattungen) und Erdreihengräber für nur eine Bestattung. Auch die Nutzung einer Gruftanlage ist möglich. Die beiden Bestattungsarten werden seit etwa zwanzig Jahren mit unveränderten Anteilen auf den kommunalen Friedhöfen gewählt. In der Abteilung Friedhöfe des Amtes für Stadtgrün und Gewässer sind 67 Mitarbeiter beschäftigt, davon 42 in der Pflege der Friedhofsflächen. Probleme und Konflikte Nicht für die Bestattung genutzte Flächen auf den Friedhöfen stellen eine große Herausforderung im Hinblick auf einen wirtschaftlichen Betrieb dieser städtischen Einrichtungen dar. Dringende Investitions- und Baumaßnahmen sind im Bereich der Mauern und Einzäunungen, der Eingangstore, der Straßen- und Wegeflächen, der Wasserleitungen und an den Gebäuden notwendig. Der Anteil an hochwertigen Pflanzungen (Wechselflor und Stauden) ist wegen des Pflegeaufwandes zurück gegangen. Die Unterhaltung und Verkehrssicherung der denkmalgeschützten Grabmale muss dauerhaft erfolgen. Hier werden sich Aufwand und Kosten in den nächsten Jahren erhöhen, weil viele der vorhandenen großen Wahlgrabstätten und Erbbegräbnisse aus dem privaten Nutzungsrecht an die Stadt fallen werden. Der Südfriedhof ist der größte und bedeutendste der Leipziger Friedhöfe. Im Bild eine Abteilung mit Erdgräbern. 56 Probleme bereitet auch die Tatsache, dass Bürger vielfältige Materialien in die Friedhöfe einbringen, welche die Gestaltung der Grabflächen und auch den grünen, landschaftsbezogenen Gesamteindruck der Friedhöfe beeinträchtigen. chen Themen statt. Im Zentrum steht dabei meist die Information zu den Möglichkeiten der Bestattung. Seit Oktober 2009 können Fragen von interessierten Bürgern und Gästen rund um die städtischen Friedhöfe und zu einem Sterbefall im dafür eingerichteten Infocenter auf dem Südfriedhof beantwortet werden. Zahlen und Fakten zu den kommunalen Friedhöfen Leipzigs 121 Hektar städtische Friedhofsfläche 120.000 Grabstätten im Bestand (Gesamt) 8.102 Kriegsgräber 2.560 Urnenbestattungen pro Jahr 160 Erdbestattungen pro Jahr 9 Trauerhallen Leipzig im Jahr 2030 Leipzigs Friedhöfe sind Orte der Bestattung und der Trauerbewältigung. Sie bieten Trauernden eine pietätvolle und besinnliche Umgebung. Zugleich stehen die Friedhöfe allen Bürgerinnen und Bürgern als Ruhe- und Erholungsraum zur Verfügung und sind Entfaltungsraum der Stadtnatur. Öffentlichkeitsarbeit und Akzeptanz Es wird darum geworben, mit Hilfe von Patenschaften für Grabmale diese Aufgabe der öffentlichen Hand durch bürgerschaftliches Engagement zu unterstützen. Auch Baumpatenschaften auf den städtischen Friedhöfen im Rahmen der Aktion „Baumstarke Stadt“ sind beliebt. Ihre Einbindung in das städtische Freiraumsystem wurde mit Hilfe neuer Zugänge und Durchwegungen gestärkt. Die Friedhöfe öffneten sich im Zuge eines gewandelten gesellschaftlichen Umganges mit Trauer und Tod vorsichtig neuen Funktionen, ohne ihren Charakter und ihre Hauptaufgabe aufzugeben. Die städtischen Friedhöfe sind Bestattungsplätze, auf denen neue Bestattungsformen und Grabarten sowie die moderne Gestaltung von Trauerhandlungen entsprechend der gewandelten gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Bedürfnisse eine Heimat finden. Neue Bestattungsformen wurden in den erhaltenswerten Charakter der Friedhöfe integriert, so dass der Gesamteindruck und denkmalpflegerische Aspekte gewahrt bleiben. Die kommunalen Friedhöfe erfahren in der Bevölkerung eine hohe Wertschätzung. Sie werden nicht nur als Bestattungsfläche, sondern auch als Ruhe- und Erholungsräume geschätzt. Entsprechend vielfältig sind auch die Nutzergruppen auf den städtischen Friedhöfen. Neben den Hinterbliebenen der Verstorbenen und den Ruhe- und Erholungsuchenden gehen Bürgerinnen und Bürger mit speziellen Interessen auf die Friedhöfe, beispielsweise Dendrologen, Ornithologen und historisch Interessierte. Mit einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit werden den Besuchern vielfältige Informationen zu den Friedhöfen angeboten. Die Resonanz auf diese Angebote ist groß. So finden regelmäßig Führungen zu unterschiedli- Im Zusammenhang mit der zwischenzeitlich erfolgten Liberalisierung gesetzlicher Grundlagen für Urnenbeisetzungen wurden neue Konzepte entwickelt, um die öffentlichen Bestattungsplätze weiterhin konkurrenzfähig zu machen. Für den Südfriedhof wurde eine Gesamtkonzeption unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer, bestattungskultureller, verkehrstechnischer, ökonomischer und ökologischer Belange erarbeitet. Die Neuausrichtung des Friedhofes unter dem Motto „ Friedhof im Park“ wurde entsprechend der Konzeption umgesetzt. Auf den Friedhöfen finden sich nicht zuletzt Kriegsgräber und Gedenkstätten als bedeutende Zeugnisse der Zeitgeschichte. Die als Kulturdenkmale geschützten städtischen Friedhöfe werden nach den Prämissen des Denkmalschutzes behandelt und gepflegt. Die Friedhöfe bieten zahlreichen Pflanzen und Tieren einen Rückzugsraum. Diese ökologischen und stadtklimatischen Aspekte wurden durch Planung, Nutzung und Werterhaltung bewahrt und gezielt gefördert. 57 58 Kleingärten des Lehrers Ernst Innocenz Hauschild gegründet (KGV „Dr. Schreber“ e. V. 1864, KGV „Schreber-Hauschild“ 1884). Leipzig ist seit Beginn des Industriezeitalters eine Stätte der Kleingartenkultur. Diese ist aus verschiedenen Ideen und Bedürfnissen hervorgegangen. Die heute noch erhaltenen historischen Vereinsnamen legen – besonders in Leipzig – Zeugnis über die Vielschichtigkeit der Entstehungsgeschichte ab. Eine weitere Ursprungslinie war das Bemühen der Naturheilreformer im 19. Jahrhundert, ein Gegengewicht zur wachsenden Industrialisierung und Urbanisierung sowie der damit verbundenen (ungesunden) Lebensweise zu schaffen. Ausgangspunkt waren häufig Luft-, Sonnen- und Schwimmbäder, die im Umfeld durch kleine Gärten erweitert wurden (KGV „Priessnitz-Morgenröthe“ e. V. 1908, KGV „Verein für naturgemäße Gesundheitspflege“ e. V. 1886). Geschichte Als älteste Kleingartenanlagen sind bereits im frühen 19. Jahrhundert Armengärten entstanden. Die im Jahr 1832 begründete Kleingartenanlage im Johannistal ist dafür ein noch heute existierendes Beispiel. Gesellschaftliche Veränderungen haben stets auch das Kleingartenwesen geprägt. Besonders in Kriegszeiten spielten die Gärten als Versorgungsquelle eine wichtige Rolle und dienten teilweise als Behelfsheime. Auch in der DDR-Zeit waren die Gärten als Obst- und Gemüselieferanten wichtig. Zudem waren sie private Rückzugsorte und wurden häufig zum Lebensmittelpunkt. Ein weiterer Ursprung der Kleingartenbewegung sind jene Gartenanlagen, die Fabrikanten und Grubenbesitzer für ihre Arbeiter und Angestellten anlegen ließen, um deren Loyalität gegenüber dem Unternehmen zu sichern und einen AusDas Kleingärtnermuseum in der Schreber-Anlage gibt einen Einblick in die Geschichte der Kleingartenbewegung, auch anhand historischer Lauben. 1989/90 veränderten sich die Rahmenbedingungen erneut. Das Kleingartenwesen stellt nun stärker als zuvor eine Freizeitaktivität neben vielen anderen Möglichkeiten dar. Mit der Pacht eines Kleingartens verbundene Verpflichtungen und die Teilnahme am Vereinsleben werden zunehmend als Belastung empfunden. Der Erhalt und die Stärkung der Attraktivität des Kleingartenwesens ist heute eine wichtige Aufgabe, der sich vorrangig die Kleingartenvereine und -verbände stellen müssen. Kleingärten können Refugien der Stadtnatur und Orte der Gartenkultur sein, hier in der KGA Partheland. gleich für die oft schwere und monotone Arbeit zu schaffen (1891 Arbeitergärten der Maschinenfabrik Karl Krause, heute KGV „Kultur“ e. V.). Zu dieser Gruppe gehört auch die große Zahl der Eisenbahnlandwirte. Bis heute fallen entlang von Schienen- und Gleisanlagen die zahlreichen Kleingartenanlagen auf (KGV „Reichsbahn Connewitz“ e. V. 1908, KGV „Eisenbahn Leipzig Plagwitz“ e. V. 1946). Mit den Schrebergärten, die aus einer schulischen Spielplatzinitiative hervorgegangen waren, liegt in Leipzig der wohl bekannteste Ursprung der deutschen Kleingartenbewegung. Im Jahr 1864 wurde der erste Schreberverein auf Initiative Foto Seite 58: Kleingartenanlagen sind Teil des Stadtgrüns, hier in kleinteiliger Ergänzung des Friedensparks. 59 PLA N DER STADT LANDSCHAFTSPLAN DER L E I PL EZI PI ZGI G STADT LANDSCHAFTSPLAN LANDSCHAFTSPLAN Kleingärten Kleingärten Kleingärten sonstige Gärten / Wochenendgärten sonstige Gärten / Sonstige Gärten/ Wochenendgärten Wochenendgärten ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! Stadt Leipzig LANDSCHAFTSPLAN K ! ! ! ! KLEINGÄRTEN/SONSTIGE GÄRTEN Stadtplanungsamt Leipzig, SG Landschafts- und Grünordnungsplanung: Maßstab: ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! Kleingärten im Stadtgebiet Leipzig. Bearbeitung: ! ! ! ! ! ! ! ! 60 ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! 1:30.000 Stand: 31.12.2010 Dezernat Stadtentwicklung und Bau Stadtplanungsamt Abteilung Generelle Planung und Projekte Sachgebiet Landschafts- und Grünordnungsplanung ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! Datum / Unterschrift Öffentliche Räume in Kleingartenanlagen können wichtige Funktionen im Freiraumsystem der Stadt übernehmen, hier im Johannistal. Zahlen und Fakten In Leipzig gibt es aktuell 276 Kleingartenvereine, die eine Fläche von insgesamt rund 1.200 Hektar nutzen (Stand 2015). Auf Grundlage der Festlegungen des Bundeskleingartengesetzes sowie der Kleingartenordnung der Verbände sind sie gemeinnützig tätig und folgen einem dort festgelegten Reglement in Bewirtschaftung und Gestaltung. Die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen sichert den Kleingärtnern im Gegenzug einen gesetzlich geregelten Pachtzins (derzeit 0,12 Euro pro Quadratmeter und Jahr) für ihre Gartenflächen. 235 dieser Vereine liegen zumindest teilweise auf kommunalen Flächen (rund 800 Hektar). Insgesamt gibt es rund 38.000 Parzellen in der Stadt – dies entspricht rund sieben Kleingärten pro 100 Einwohner. Darüber hinaus gibt es rund 1000 „Freizeit- und Erholungsgärten“ in Obhut des Amtes für Stadtgrün und Gewässer, die nicht dem Bundeskleingartengesetz unterliegen. Probleme und Konflikte Bereits in der Kleingartenkonzeption aus dem Jahr 2005 wird konstatiert, dass aufgrund der rückläufigen Einwohnerzahl der Bedarf an Kleingärten statistisch mehr als gedeckt ist. Obwohl sich Leipzig bezüglich der Einwohnerzahlen inzwischen wieder eines Anstieges erfreut, besteht das Problem des Leerstandes von Kleingärten in einigen Anlagen weiterhin und wird aufgrund der hohen Altersstruktur der Pächter mancherorts weiter zunehmen. Einzelne Anlagen können vom Einwohnerzuwachs hingegen bereits heute profitieren. Neben der Leerstandsproblematik sind Einbruchskriminalität und Brandstiftungen nicht zu unterschätzende Probleme in manchen Kleingartenanlagen. Leipzig heute Mit rund 25 Quadratmetern Kleingartenfläche je Einwohner nimmt Leipzig heute nach wir vor einen Spitzenwert im deutschen wie auch im europäischen Maßstab ein. Die Stadt wird deshalb auch „Hauptstadt der Kleingärtner“ genannt. Funktionen und Nutzung Kleingärten sind mit rund 30 Prozent Flächenanteil ein sehr bedeutender Bestandteil des Leipziger Stadtgrüns. Sie dienen der Erholung und sinnvollen Freizeitgestaltung wie auch der Eigenversorgung der Pächter. Sie sind darüber hinaus bedeutende bioklimatische Ausgleichsräume. Gärten erfüllen wichtige soziale Funktionen im Sinne der Integration, Kommunikation und des Zusammenlebens in lebendigen Vereinen. Veränderungen im sozialen Miteinander und gesellschaftlichen Gefüge werden hier besonders deutlich. Außerdem gibt es in vielen Gartenanlagen öffentlich nutzbare Wege, Spielplätze und Grünflächen sowie Vereinshäuser mit Gaststätten. Im Rahmen der Erfüllung ihrer gemeinnützigen Aufgaben dienen die Gemeinschaftsanlagen der Kleingartenvereine nicht nur der Erholung der einzelnen Gartennutzer, sondern darüber hinaus gesellschaftlichen Interessen wie der Freiraumvernetzung und der öffentlichen Nutzung. In ausgedehnten „Kleingartenparks“ haben diese Aspekte besondere Relevanz. Vernässung und Überschwemmungen sind Probleme zahlreicher Kleingärten in Leipzig. 61 Die Gestaltung von Kleingärten unterliegt Regeln, lässt aber auch Raum zu Individualität. Aktuell werden in Leipzig 1.573 ungenutzte Parzellen gezählt. Es gibt dabei starke Unterschiede zwischen den Kleingartenanlagen - abhängig von der Erschließung und der Lage im Stadtgebiet. Die Ermittlung einer gesicherten Bedarfszahl von Gärten für Leipzig ist von hoher Bedeutung, um die künftige Entwicklung besser einschätzen und planerische Schlüsse ableiten zu können. Die Förderung der Kleingärtnervereine muss sich stärker an den in der Kleingartenkonzeption dargestellten Zielen ausrichten und dem Erhalt und der weiteren Gestaltung der Gemeinschaftsflächen dienen. Für die Umsetzung weiterer Ziele der Kleingartenkonzeption sind zusätzliche finanzielle Aufwendungen nötig. Vernässungen und Überflutungen sind weitere aktuelle Probleme, die aus Starkregenereignissen und Veränderungen der Grund- und Oberflächenwasserverhältnisse für die Gärten resultieren. Viele Anlagen reichen weit in ehemalige Auenbereiche hinein. Die Freilenkung vernässter Gärten muss als naheliegende Schlussfolgerung aus der Leerstandsproblematik angegangen werden. Kleingärten sind sehr kleinteilige und vielgestaltige Bestandteile des Stadtgrüns. Die Durchquerung der Anlagen muss möglich sein, um dieses Potenzial allen zu erschließen. 62 Kommunale Aufgaben Mit dem Fachbereich Gärten im Amt für Stadtgrün und Gewässer verfügt die Stadt über eine Anlaufstelle für Fragen der Verpachtung gärtnerisch genutzter Flächen und die Förderung des Gartenwesens. Der Fachbereich vertritt die Stadt gegenüber den Verbänden, Vereinen und dem Kleingartenbeirat. Als Untere Kleingartenbehörde obliegt dem Fachbereich Gärten zudem die Prüfung der Gemeinnützigkeit der Vereine nach dem Bundeskleingartengesetz. Außerdem sind die nicht dem Bundeskleingartengesetz unterliegenden „Freizeitund Erholungsgärten“ Gegenstand der Arbeit. Der Fachbereich ist zudem auch als Anlaufstelle für neue Gartenformen in der Stadt (vgl. Kap. Gemeinschaftsgärten). Neben dem bereits entstandenen Kleingartenpark Nord wurden konkrete Schritte unternommen, um die Kleingartenparks West, Rosental und Südost zu entwickeln. Letzterem kam im Zusammenhang mit der Etablierung des „Parkbogen Ost" Priorität zu. Mit Zuwendungen an die Vereine unterstützt die Stadt das Kleingartenwesen. Wettbewerbe wie „Soziale Stadt – Soziale Gärten“ und „Naturnaher Kleingarten“ dienen der Öffentlichkeitsarbeit zur Gartenkultur in Leipzig. Zudem sorgt das von einem Verein getragene Deutsche Kleingärtnermuseum mit seiner Ausstellung, seinen Publikationen und Veranstaltungen stark für die Popularisierung des Themas. In Anbetracht des Leerstandes von Parzellen in einigen Anlagen war hier eine Neuordnung und Lenkung unumgänglich. In vernässten und zeitweise überfluteten Bereichen wurden gezielt Gartenflächen aufgegeben, um sie in eine naturnahe Entwicklung zu überführen. Wenn diese Anlagen Fließgewässer einschlossen, wurde die Etablierung eines Gewässerrandstreifens von 10 bis 15 Meter Breite umgesetzt. Die beste Öffentlichkeitsarbeit hingegen sind – wie in anderen Kategorien des Stadtgrüns und der Gewässer auch – attraktive und lebendige Gartenanlagen, die nicht nur für die Pächter selbst, sondern für die Menschen ein durchwegbares, interessantes und erholsames Lebensumfeld bieten. Durch die Unterstützung bei präventiven Maßnahmen, inbesondere gegenüber Einbruchskriminalität, und durch gestärkte Eigenverantwortung der Vereine und Pächter konnten entsprechende Delikte eingeschränkt werden. Der erstmals im Jahr 2014 ausgelobte Wettbewerb „Naturnaher Kleingarten“ hat sich etabliert. Flankiert von einer wirksamen Öffentlichkeitsarbeit hat er dazu beigetragen, dass sich ein verstärktes Bewusstsein für die ökologische Bedeutung von Kleingärten entwickelt hat. Leipzigs Kleingärtnerinnen und Kleingärtner engagieren sich in ihren Vereinen, Anlagen und auf ihren Parzellen verstärkt für die Bewahrung und Nutzung der ökologischen Vielfalt. Leipzig im Jahr 2030 Um neben den neuen Formen des Gärtnerns bestehen zu können, hat sich das Kleingartenwesen geöffnet und durch attraktive Anlagen mit öffentlichen Räumen und Kinderspielplätzen, durch Kooperationen mit Schulen, Kindertageseinrichtungen und anderen Partnern für sich und um neue Gärtner geworben. Neue Gestaltungs- und Nutzungsvorstellungen, die insbesondere für junge Menschen Anziehungskraft besitzen, machten die Kleingartenanlagen für neue Nutzergruppen interessant. Die Stadt regte die Vereine weiter an, ihren gemeinnützigen Aufgaben vielfältig gerecht zu werden. Das Amt für Stadtgrün und Gewässer ist für die Verpachtung und bedarfsorientierte Entwicklung aller Gartenflächen der Stadt Leipzig verantwortlich. Als Basis wurde dafür eine aktualisierte gesamtstädtische (Klein-)Gartenkonzeption erarbeitet, welche auf Grundlage einer Bedarfsprognose konkrete Schwerpunkte setzt und Antworten auf aktuelle und künftige Probleme gibt. Vorhandene Planungen wurden unter Akquirierung von Fördermitteln umgesetzt. Die Nutzbarkeit dieser flächenmäßig erheblichen Kategorie des Stadtgrüns für die Allgemeinheit wurde erhöht durch die weitere Öffnung der Anlagen und ihre Einbindung in das städtische Freiraumsystem (Grünverbund, Wegevernetzung, äußeres Erscheinungsbild). Kleingärten können Stätten ökologischer Vielfalt sein. 63 64 Gemeinschaftsgärten Im Zuge ihres sozialen Anspruchs können Gemeinschaftsgärten, wie mehrere Leipziger Projekte demonstrieren, soziokulturelle Zentren im Freien sein. Einige von ihnen stehen der Öffentlichkeit zum Besuch und zum Mitmachen offen, sie organisieren kulturelle und kulinarische Veranstaltungen und sind offene Orte der Kommunikation. Aktuell gehen auch von Leipzig Impulse zu neuen Gartenformen aus, die das gemeinschaftliche Gärtnern in der Stadt zum Inhalt haben. Urban gardening ist ein Trend, der sich in vielen Großstädten abzeichnet und einer neuen Gartenlust unter den Menschen Ausdruck gibt. Es spiegeln sich hier der Wunsch nach Natur und Betätigung im Freien, nach Inanspruchnahme des städtischen Raumes, das Streben nach Nachhaltigkeit sowie Eigenversorgung mit gesunden und in ihrer Herkunft bekannten Lebensmitteln. Die ebenso selbst initiierten Projekte der „solidarischen Feldwirtschaft“ oder „Food-COOPs“ sind vorrangig auf die Produktion gesunder, selbst hergestellter Nahrungsmittel ausgerichtet. Auch Selbsterntegärten mit mehr oder weniger abgegrenzten Parzellen entwickeln sich. Es gibt derzeit drei solche Initiativen in und um Leipzig. Auch hier besteht neben den Aspekten der nachhaltigen Flächennutzung und Nahrungsmittelherstellung und der Gesundheitsvorsorge ein starkes soziales Moment des Gemeinschaftlichen. Ähnlich wie in den Kleingartenvereinen ist bei den Gemeinschaftsgärten das gemeinschaftliche Handeln im urbanen Raum ein wesentlicher Aspekt der Motivation. Die soziale Komponente des gärtnerischen Engagements steht bei einigen dieser Projekte sogar stark im Vordergrund. Dabei sind hier aufgrund geringer Reglementierung größere Handlungsspielräume gegeben als in klassischen Kleingärten, die dem Bundeskleingartengesetz und entsprechenden Kleingartenverordnungen unterliegen. Probleme und Konflikte Ein Garten verlangt nach einer gewissen Kontinuität, welcher vor dem Hintergrund des Stadtwachstums Leipzigs in Widerspruch zu konkurrierenden Flächennutzungen treten kann. Der Drang zum Fortbestand der Gemeinschaftsgärten stellt ebenso wie das schwindende Angebot an geeigneten wohnungsnahen, quartiersbezogenen Flächen ein zunehmend wachsendes Problem für derartige alternative Zwischennutzungen dar. Eine Gruppe von Menschen nimmt sich einer meist brachliegenden Fläche an, regelt mit den Eigentümern im Rahmen eines Gestattungsvertrages oder einer Pacht den rechtlichen Rahmen, nutzt diesen in Anspruch genommenen Stadtraum zum gemeinschaftlichen Aufenthalt und gestaltet ihn nach eigenem Gusto, ohne dabei gestalterischen Regeln unterworfen zu sein. Meist wird Gartenbau betrieben, auch Kleintiere werden gehalten. Auf interne Abgrenzungen zwischen Pächtern, welche die Kleingartenanlagen prägen, wird hier verzichtet. LEipzig im jahr 2030 In Leipzig haben neue neben traditionellen Formen der Gartenkultur ihren Platz. Sie sind Teil der lebenswerten, lebendigen und zukunftsfähigen Stadt und tragen durch die Schaffung neuer Aneignungsmöglichkeiten zur Belebung und Differenzierung des Stadtgrüns bei. Flächen für derartige Nutzungen konnten trotz des Baumbooms in vielen Fällen erfolgreich freigehalten werden. Neue, kreative Formen der Flächennutzung erfahren städtische Unterstützung (siehe Kap. Brachflächen). LEipzig heute Gegenwärtig existieren in Leipzig sieben derartige Projekte. Ihre Wirkung und ihre Bedeutung reicht trotz der relativ geringen Zahl (etwa im Vergleich zu den Kleingärten) jedoch weit über das Gärtnerische oder Gestalterische hinaus. Es entstehen neue Formen des Zusammenlebens im urbanen Umfeld, die nicht selten dazu beitragen, ein Viertel wieder zu beleben. Bis dahin brach liegende Flächen werden selbstbestimmt in Nutzung genommen, was eine verstärkte Bindung und Identifikation mit dem Viertel bewirken und schließlich auch aktiv zu dessen Imagewandel beitragen kann. Gemeinschaftsgärtner wirken als „Raumpioniere“ in der Stadtentwicklung, wie sich dies in Leipzig bereits mehrfach gezeigt hat. Auch fügen die Gartenprojekte der Stadt neue, bereichernde Mosaiksteine des Stadtgrüns hinzu und können unter Umständen dazu beitragen, Flächen als Freiräume zu sichern. Foto Seite 64: Gemeinschaftsgärten sind Orte der Begegnung und des Austausches (nicht zuletzt von Pflanzen). Im Bild der Garten Anna Linde. Weitere innovative Konzepte der Gartennutzung sind entstanden. Die Stadt übernahm als Impulsgeber und bei der Etablierung konkreter Projekte in Zusammenarbeit mit den Initiatoren Mitverantwortung. Das Sachgebiet Gärten des Amtes für Stadtgrün und Gewässer hat sich als zentrale Anlaufstelle für Kleingärten wie auch für Gemeinschaftsgärten und ähnlich ausgerichtete Initiativen der solidarischen Feldwirtschaft etabliert und trägt damit zum Austausch zwischen den Akteuren bei.. 65 66 Wohnumfeld Ob eine Wohnung von Grün umgeben ist, ob dieses Umfeld nutzbar und zugleich ästhetisch ansprechend ist – dies sind überaus bedeutsame Indikatoren für die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner. Insbesondere für die weniger mobilen Menschen, für Senioren, Kinder oder Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen ist die Präsenz und Funktionalität sowie die Erreichbarkeit der im unmittelbaren Umfeld der Wohnung liegenden Freiräume von enormer Wichtigkeit. Dabei sind die Ansprüche an dieses Wohnumfeld so verschieden wie die Lebensentwürfe der in den Wohnungen lebenden Menschen; entsprechend vielfältig sind seine Erscheinungsformen. rinnen und Anwohner bis in die Wohnungen spürbaren mikroklimatischen Effekten wie der Minderung der Baumassenaufheizung, der Reduzierung der nächtlichen Wärmeabstrahlung und sommerlichen Hitzebelastung. Zum Wohnumfeld gehören auch die individuell gestalteten Balkone, die für die Menschen überaus wichtige Freiräume von hoher Aufenthaltsqualität sein können, die zudem ins Stadtbild wirken. Definition Wohnumfeld – dies sind die Freiräume in unmittelbarer Nähe der Wohnung und in direkter Beziehung zum Haus sowie in wenigen Gehminuten Entfernung. Die Formen des Wohnumfeldes sind so unterschiedlich wie die Typologie der Häuser und des Stadtraumes, die Funktion der Freiräume sowie die Ansprüche der Besitzer und Bewohner. In den Blockstrukturen aus der Bauzeit von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er Jahre sind andere, halböffentlich oder privat nutzbare Gärten und Wohnhöfe entstanden als an den Zeilenbauten der Nachkriegsjahre, deren Wohnumfeld eher einen öffentlichen Charakter trägt. In Wohnvierteln wie Leipzig-Grünau sind aufgrund der historischen Entwicklung weite Teile des Wohnumfeldes in städtischer Verantwortung. Die zahllosen Privatgärten in der Stadt sowie die halböffentlichen, gemeinschaftlich genutzten Wohnhöfe und –gärten zählen zu den am intensivsten gestalteten und genutzten Freiräumen der Stadt. Sie ergänzen insbesondere in den dicht bebauten gründerzeitlichen und innerstädtischen Quartieren die öffentlichen Freiräume. Aufgrund ihrer Abschirmung nach außen sowie ihres privaten oder halböffentlichen Charakters sind sie im öffentlichen Stadtraum hingegen nur eingeschränkt wirksam. Das „grüne“ Wohnumfeld kann sich auf einen individuell gestalteten und bepflanzten Balkon beschränken, der für die Menschen dennoch ein überaus wichtiger Freiraum von hoher Aufenthaltsqualität sein kann. Leipzig heute Leipzig ist wieder eine wachsende Stadt. Im Jahr 2030 wird aktuellen Prognosen zufolge mit bis zu 720.000 Einwohnern zu rechnen sein. Bei der bereits begonnenen baulichen Verdichtung der Stadt sind es immer wieder auch Grünflächen, die das Interesse baulicher Nutzung auf sich lenken. Im Sinne des Konzeptes der „Doppelten Innenentwicklung“ darf das unmittelbare Wohnumfeld mit seinen Grünflächen jedoch nicht ins Hintertreffen geraten. Denn bei der Umsetzung der Idee von der Stadt der kurzen Wege genießt die Erholung in Wohnungsnähe einen ganz besonderen Stellenwert. Eine qualitätvolle Gestaltung des Wohnumfeldes, insbesondere mit Großgrün und entsprechender Schattenwirkung, führt zu relevanten und für die Anwohne- Foto Seite 66: Vorgarten an einem Plattenbau in LeipzigGrünau. Das unmittelbare Wohnumfeld befindet sich in der Regel in Obhut der Eigentümer der Wohnungen, also meist der Wohnungsgesellschaften oder -genossenschaften sowie von privaten Hausbesitzern. Baugruppen, also der gemeinschaftliche Besitz eines Hauses von mehreren Eigentümern, Vereine und freie Zusammenschlüsse von Bürgern bringen aktuell neue – gemeinschaftlich gebaute und genutzte – Formen des Wohnumfeldes hervor, die sich nicht zuletzt äußerlich von den gewohnten, althergebrachten Erscheinungsformen unterscheiden. Im Rahmen von städtebaulichen bzw. Grünordnungsplanungen, von Sanierungszielen, Stadtteilplänen sowie von Bebauungsplänen und Baugenehmigungen 67 Die Meyerschen Häuser sind ein bedeutender Beleg für die Bedeutung, welche dem Wohnumfeld bereits in der Geschichte zuteil wurde. Charakter und Nutzbarkeit des Wohnumfeldes steht zur städtebaulichen Typologie der Wohnbebauung in einem engen Zusammenhang. Während die Blockrandbebauung der gründerzeitlichen Quartiere in der Regel räumlich gefasste Innenhöfe und –gärten hervorbringt, die sich einer hohen Nutzungs- und Gestaltungsintensität erfreuen, hat die offene Zeilenbebauung seit den 1920er Jahren ein im öffentlichen Raum wirksameres, jedoch weniger nutzungsintensives Wohnumfeld zur Folge. Leipzig verfügt aufgrund seiner ausgedehnten gründerzeitlichen Stadtgebiete über zahllose Beispiele individuell gestalteter, intensiv genutzter Innenhöfe. Mit den Meyerschen Häusern gibt es darüber hinaus Beispiele eines planvoll gestalteten Wohnumfeldes aus reformorientiertem Ansatz in der Geschichte. Als herausragendes Beispiel der Gartenstadt-Bewegung zeigt die Gartenvorstadt Marienbrunn ein differenziertes System aus privaten und halböffentlichen Wohn- und Nutzgärten, im öffentlichen Raum wirksamen Vorgärten und öffentlichen Freiräumen. nimmt die Stadt auf die Lage und Größe der Bauten wie auch auf die verbleibenden Außenräume Einfluss. Grünordnerische Vorgaben können etwa die Lage von städtebaulich relevanten Großgehölzen, übergeordnete Wegebeziehungen, die Einordnung von Spiel- und Bolz- oder Streetballplätze sowie den Charakter der Bepflanzung ­bestimmen. Da sich das Wohnumfeld überwiegend in nichtöffentlicher Hand befindet, beschränkt sich der Einfluss der Stadt bezüglich der weiteren Gestaltung des Wohnumfeldes auf punktuelle Fragen im Zuge genehmigungspflichtiger Baumaßnahmen. Auf der Grundlage der Sächsischen Bauordnung kann etwa Einfluss auf Lage und Maße von Abstandsflächen genommen werden. Paragraph 8 regelt zudem, dass nicht überbaute Flächen der bebauten Grundstücke „wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen“ sowie „zu begrünen oder zu bepflanzen“ sind, „soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Flächen entgegenstehen.“ Durch Festlegungen im Bebauungsplan oder andere Satzungen kann die Stadt darüber hinausreichende Festsetzungen zu den Freiräumen treffen. Bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen schreibt die Sächsische Bauordnung zudem vor, auf dem Baugrundstück oder in unmittelbarer Nähe einen ausreichend großen Spielplatz für Kleinkinder anzulegen, sofern nicht in unmittelbarer Nähe eine Gemeinschaftsanlage oder ein Spielplatz vorhanden ist. Neben diesen gesetzlichen Vorschriften erkennen Vermieter zunehmend selbst die große Bedeutung eines attraktiven Wohnumfeldes für die Zufriedenheit ihrer Mieter. 68 Die historische Entwicklung des Wohnumfeldes lässt sich ferner in den modernen genossenschaftlichen Siedlungen der 1920er und 30er Jahre (Rundling) ebenso ablesen wie in den Bauten der DDR-Zeit. Die in industrieller Bauweise errichteten Wohngebiete und Großsiedlungen (Schönefeld, Lößnig-Dölitz, Grünau) erhielten wohnungsnahe Freiräume, die im Vergleich zum Wohnumfeld der Vergangenheit einen extensiveren Charakter trugen. Ihre Großzügigkeit hat dennoch bis heute im Geschosswohnungsbau seine Berechtigung und leistet wichtige Beiträge zum Die Vorgärten, Höfe und Privatgärten in der Gartenvorstadt Marienbrunn stehen ebenfalls für den hohen Rang des Wohnumfeldes und seine vielseitige Ausformung in Leipzig. Stadtgrün, etwa im Sinne der stadträumlichen Strukturierung, Freiraumvernetzung und zur Feinstaubbindung. In der Gegenwart findet die Pluralität der Wohn- und Lebensformen der Menschen in einer neuen Vielfalt der Erscheinungs- und Nutzungsformen des Wohnumfeldes ihren Ausdruck. Das Wohnumfeld gewinnt in dem Maße, in dem die Menschen wieder stärker den Außenraum in Anspruch nehmen, als Begegnungsund Kommunikationsraum an Bedeutung. Private wie auch gemeinschaftliche Freiräume bilden den Wunsch ab, das Lebensumfeld selbst zu gestalten und zu nutzen. Aktuelle Trends wie das Urban Gardening (Gärtnern in der Stadt) erfüllen das Wohnumfeld mit neuem Leben (siehe Kap. Gemeinschaftsgärten). Das Wohnumfeld muss heute möglichst viele Funktionen in unmittelbarer Nähe abdecken. Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Erholung sollen im Sinne der Stadt der kurzen Wege nah beieinander liegen. An die Freiraumvernetzung und den Abbau von Barrieren im Wohnumfeld sind daher hohe Anforderungen gestellt. Nicht zuletzt die Immobilienwirtschaft ist dabei, die Bedeutung eines qualitätvoll gestalteten Wohnumfeldes zu erkennen. Dem Wohnumfeld ist beim Bau und der Sanierung einer Wohnung eine ebensolche Beachtung zu schenken wie den Aufgaben im Hochbau. Fragen der Zonierung und Abschirmung, der Raumbildung und pflanzlichen Ausstattung, der Bereitstellung von Sitzgelegenheiten und Spielmöglichkeiten, aber auch die schlüssige Integration von Nebenanlagen wie Fahrradstellplätzen oder Mülltonnenstandorten erfordern individuelle planerische Antworten. Probleme und Konflikte Konkurrierende Ansprüche bei Gestaltung und Nutzung des Wohnumfeldes haben auch in Leipzig vielfach zu dessen Einschränkung, Verringerung bis hin zur kurzsichtigen Beseitigung geführt. Bebauung und insbesondere die Bereitstellung von Stellplätzen für Autos dezimierten das grüne Wohnumfeld. Das Schaffen von Orten für Kinderspiel und Kommunikation auf der einen Seite sowie fehlendes Verständnis für die Bedürfnisse der Mitmenschen auf der anderen Seite führen zu Konflikten im Wohnumfeld. Bei der Neugestaltung oder Sanierung sowie bei der Unterhaltung des Wohnumfeldes wird die immense Bedeutung der wohnungsnahen Freiräume für die Wohnzufriedenheit der Mieter noch nicht ausreichend erkannt. Leipzig im Jahr 2030 Ausreichend große, gut bepflanzte und funktional ansprechend ausgestattete wohnungsnahe Freiräume prägen das Lebensgefühl in Leipzig. Dabei werden die Interessen aller Altersgruppen berücksichtigt und eine generationsübergreifende Nutzung gefördert. Eine neue Vielfalt an Wohn- und Lebensformen stellte neue Anforderungen an das Wohnumfeld. Trends wie gemeinschaftliche Wohnformen und die neu entdeckte Hinwendung zum Gärtnern gaben dem wohnungsnahen Freiraum einen neuen Aufschwung. Die zunehmende Zahl älterer Menschen sowie von Bürgerinnen und Bürgern aus anderen Kulturkreisen hatten Anpassungen und Neuerungen im Wohnumfeld zur Folge. Sitzgelegenheiten und neue Betätigungsmöglichkeiten bis hin zum Gemüseanbau in Wohnungsnähe waren Schlussfolgerungen aus der demografischen Entwicklung. Der Erhaltungs- und Pflegezustand zahlreicher Freiräume des Wohnumfeldes in Leipzig wurde verbessert. Die Stadt regte die Wohnungseigentümer durch das Vorbild öffentlicher Grünflächen, durch Öffentlichkeitsarbeit und Wettbewerbe dazu an. Parzellenübergreifende Spielkonzepte und eine gute Vernetzung mit dem öffentlichen Freiraumsystem erhöhen die Qualität des Wohnumfeldes insbesondere für Kinder und Jugendliche. Die städtische Freiraumpolitik trug daher für eine gesamtheitliche Betrachtung des Freiraumsystems unabhängig von Besitz- und Zuständigkeitsgrenzen Sorge. Nach dem Vorbild anderer Städte (z. B. Hamburg) wurden in dicht besiedelten Stadtgebieten Regelungen getroffen, um Innenhöfe und Mietergärten der Freiraumnutzung anstelle dem Parken vorzubehalten. Flachdächer, Fassaden und andere ungenutzte Freiflächen wurden in hoch verdichteten Stadtgebieten als Flächenressource für das grüne Wohnumfeld erschlossen. Die Wohnlagen am Wasser sind heiß begehrt. Die wassergeprägten Stadträume leben mit dem Wasser. Die Menschen genießen die Zugänge zum sauberen Wasser und beobachten die Lebendigkeit der Wasserwege bei unterschiedlichen Wasserführungen. Am Lindenauer Hafen entstandene Wohn- und Gewerbequartiere sind Musterbeispiele für den in der Charta Leipziger Neuseenland formulierten Anspruch nach Wohnen, Arbeiten und Erholung an einem Ort bzw. in einem Quartier. 69 70 Arbeitsumfeld Einen großen Teil ihrer Lebenszeit verbringen die meisten erwachsenen Menschen an der Arbeitsstätte. Die Außenräume der Büro-, Industrie- und Gewerbestandorte dienen daher keineswegs nur deren Repräsentation und als „Aushängeschild“, sondern sie sind Aufenthaltsort und Lebensumfeld für die dort Tätigen und die Besucher. Zudem prägen auch sie den Stadtraum und komplettieren das Leipziger Freiraumsystem auf vielgestaltige Art und Weise. Besitzer, sie dienen dem Wohlbefinden der Angestellten, Kunden oder Patienten. Viele Bauherren haben dies erkannt und investieren in die Außenräume - mitunter über die Grenzen ihres Grundstückes hinaus. In anderen Fällen stehen private Grundstücke als Hybridräume zur öffentlichen Nutzung zur Verfügung. Arbeitspause in der Spinnerei. Leipzig heute Großräumigen Anlagen mit vielbeachteter landschaftsarchitektonischer Gestaltung wie den Parkanlagen der Neuen Messe, den Freiräumen an den Autowerken im Leipziger Norden oder dem MDR-Gelände stehen vielfältige kleinere Grünflächen gegenüber. In den meisten Fällen sind sie in privater Hand, häufig aber öffentlich zugänglich und nutzbar. Eine besondere Rolle spielen die Freiräume von Krankenhäusern und Kliniken, welche zusätzlich für die Genesung der Patienten an der frischen Luft sowie als Aufenthaltsraum für die Besucher bedeutende Funktionen im medizinischen Alltag besitzen. Außenanlagen wie wie jene an den Klinikstandorten in Probstheida und in der Liebigstraße dienen in unterschiedlicher Art und Weise der Rekonvaleszenz und dem Aufenthalt, nicht zuletzt auch für das Klinikpersonal. Wie das Wohnumfeld und die Außenräume an Büro- und Gewerbestandorten befinden sich diese Freiräume in der Regel nicht in städtischer Verantwortung, stehen aber dennoch als öffentliche oder halböffentliche Räume vielen Menschen zur Erholungsnutzung zur Verfügung. Die genannten Freiräume leisten wie das Wohnumfeld wichtige Beiträge zur Aufwertung der Stadt. Erst die Mischung aus öffentlichen, halböffentlichen und privaten Außenräumen unterschiedlichster Kategorien erzeugt jene Urbanität Flachdächer von Industrie- und Gewerbebauten sind Flächenressourcen für Grün, aber auch für Nutzungen. Die in eine Landschaft neuen Typs eingebundenen Industrie- und Gewerbestandorte im Leipziger Norden machen deutlich, welche Bedeutung insbesondere größere Ansiedlungen und deren Außenräume für das Freiraumsystem der Stadt und das Umland besitzen. Ebenso nimmt der Gewerbe- und Wissenschaftsstandort der Alten Messe eine wichtige Stellung als Bindeglied in einem radialen Grünzug aus der Innenstadt bis ins Leipziger Neuseenland ein. Wie das Wohnumfeld sind die Außenräume der Betriebe, Büros, Institute und Kliniken äußerst vielgestaltig und stark abhängig von der städtebaulichen Struktur und Bauform der Gebäude, von den Funktionen und nicht zuletzt vom Selbstverständnis und Anspruch der ansässigen Firmen und Einrichtungen. Die Gestaltung und der Pflegezustand der Außenanlagen sind gleichsam Visitenkarten der Foto Seite 70: Die Baumwollspinnerei wird nicht zuletzt wegen ihrer inspirierenden Freiräume geschätzt. 71 Firmen wie „Leipziger Leuchten“ haben die Rolle der Außenanlagen als positives Arbeitsumfeld und „Visitenkarte“ erkannt. Bei Kliniken besitzt die Qualität der Außenräume eine besondere Bedeutung. Im Bild der Zugang zum ­Elisabeth-Krankenhaus in ­Connewitz. des öffentlichen Raumes, für die Leipzig bekannt und beliebt ist. Zudem leistet das Umfeld der Gewerbe-, Industrie- und Wissenschaftsstandorte Beiträge zur Abmilderung von Staub-, Lärm- und Geruchsemmissionen und zur Verbesserung des Stadtklimas. Wie alle begrünten Freiräume tragen auch diese im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Erhöhung der städtischen Biodiversität bei. Wie beim Wohnumfeld kann die Stadt im Rahmen von städtebaulichen Planungen und Bebauungsplänen sowie im Zuge genehmigungspflichtiger Baumaßnahmen auf die Lage und Größe der Außenräume Einfluss nehmen. In Zuge der Grünordnungsplanung werden konzeptionelle Vorgaben etwa zur Berücksichtigung von übergeordneten Wegebeziehungen oder von Dach- und Fassadenbegrünung gemacht. Auch hier kann auf Grundlage der Sächsischen Bauordnung Einfluss auf Lage und Maße von Abstandsflächen, in eingeschränktem Maße auch auf Wasseraufnahmefähigkeit der Befestigungen und auf Begrünung genommen werden. Probleme und Konflikte In der Realität bleiben die Freiräume bei den betreffenden Bautypen häufig sowohl quantitativ als auch qualitativ hinter den steigenden Anforderungen zurück. Technologische Voraussetzungen, Flächenkonkurrenz der Nutzungen und die Notwendigkeit effektiver Baulandausnutzung schränken die zur Begrünung vorgesehenen Flächen ein und die Begrünung und Gestaltung des Arbeitsumfeldes ist nur in Einzelfällen beispielhaft. 72 Leipzig im Jahr 2030 Die Bauten des Gewerbes, der Industrie, von Büros, Instituten und Kliniken in Leipzig haben in der Qualität ihrer Außenräume stark hinzugewonnen. Aufgrund ihrer staub- und lärmemissionsmindernden Wirkung wurde Gehölzen, insbesondere in Gestalt von Laubbäumen, an Industrie- und Gewerbebauten besondere Bedeutung zuerkannt. In den zum Teil großflächigen Standorten wurde der Anteil versiegelter Flächen minimiert, Flachdächer nach Möglichkeit als Gründächer ausgeführt, Fassaden im Eignungsfall begrünt. Einrichtungen zur Pausengestaltung wie Sitzgelegenheiten und Pflanzungen wurden in diese Freiräume integriert. Der Erhaltungs- und Pflegezustand von Freiräumen dieser Kategorie wurde verbessert. Die Stadt regte die Eigentümer durch das Vorbild ihrer öffentlichen Grünflächen, durch Öffentlichkeitsarbeit und Wettbewerbe dazu an. Die Außenräume des Eigenbetriebes Stadtreinigung zeigen Materialkreisläufe, aber auch Stauden zur Verwendung im öffentlichen Raum. Freiräume dieser Kategorie sind wichtige Bestandteile des städtischen Grünsystems. Mit der Landschafts-, städtebaulichen und Grünordnungsplanung machte die Stadt Vorgaben hinsichtlich ihrer Positionierung, Struktur und Gestaltung. Die Stadt hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, bislang ungenutzte und mit Kompensationsmaßnahmen belegte Flächen im Kontext von Gewerbeansiedlungen der öffentlichen Nutzung zugänglich zu machen. 73 74 Spielräume Der Steinplatz in der Südvorstadt ist ein beliebter Spielraum für alle Altersstufen. Spielen ist die natürliche Art und Weise von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, sich mit sich selbst und ihrer Umwelt auseinander zu setzen: zu begreifen - in körperlicher wie geistiger Hinsicht -, zu erkennen, auszuprobieren, zu erforschen und dabei auch zu verändern. Kinder und Jugendliche spielen überall – nicht nur auf Spiel- oder Bolzplätzen, Streetball- oder Skateanlagen, sondern im gesamten bebauten und unbebauten Stadtraum. Familie, Schule und Betreuungseinrichtungen sind für Kinder und Jugendliche die wesentlichen Sozialisationsinstanzen. Und gleichfalls hat das nähere Wohnumfeld eine große Bedeutung. Hier sind insbesondere Höfe, Straßen, Plätze, Parks und Grünanlagen zu nennen. Für eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung von Kindern und Jugendlichen müssen daher wohnungsnahe Freiräume, die unterschiedliche Erfahrungs-, Spiel- und Bewegungsräume umfassen, so gestaltet sein, dass sie anregend, vielseitig und gut erreichbar sind. Kinder und Jugendliche sind selbst Experten, wenn es um die Bewertung und Verbesserung ihrer Spielsituation geht. Für Kinder ist nicht erstrangig der Ort entscheidend, sondern was man dort tun kann. Spielorte sind prinzipiell überall. Sie sind dort, wo man sich bewegen kann und es etwas Interessantes, Verlockendes, Veränderbares zu entdecken gibt – auf vielen Flächen der Stadtlandschaft. Leipzig Heute Ungeplante Spielräume in der Stadt sind für Kinder von besonderem Reiz. Foto Seite 74: Spielplätze wie jener am Auensee gehören zum Repertoire, sind jedoch nur ein Teil der kinderfreundlichen Stadt. Die Stadt richtet ihr Handeln stärker auf Kinder, Jugendliche und Familien aus. Freiraumpolitisch bedeutet dies, dass die Bestandteile des Stadtgrüns für diese Gruppen besonders attraktiv zu gestalten sind. Neben einem Zuhause mit einem kinderfreundlichen Wohnumfeld, neben Betreuungs- und Bildungseinrichtungen mit Freiräumen in ausreichender Quantität und Qualität benötigen Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern öffentliche Räume, die zur aktiven Freizeitgestaltung, zu Spiel, Sport und Erholung im Freien, zur Kommunikation und zum Erproben körperlicher Fähigkeiten einladen. Spielraum Stadt Wichtig sind für Kinder und Jugendliche nicht nur speziell ausgestattete, ihnen vorbehaltene Freiräume, wie Spielplätze, Ballspielfelder oder Skate-Anlagen – vielmehr ist die Stadt als Ganzes in ihrer vielfältigen Raumund Erlebniswelt der Lebensraum! Spielen soll überall dort erlaubt und möglich sein, wo es nicht mit Gefahren verbunden ist. Die Stadt Leipzig verfolgt beim Thema „Spielen in der Stadt“ daher einen umfassenden, integrierten Ansatz, der schon dem 1999 veröffentlichten „Kinder- und Familienbericht der Stadt Leipzig“ zugrunde liegt. Mit Spielangeboten in der City nach dem Spielraumkonzept Innenstadt „Spielen am Wege“ hat Leipzig öffentlichkeitswirksame Schritte in diese Richtung unternommen. 75 Die Skater-Anlage auf dem Richard-WagnerPlatz geht in der Gesamtkonzeption der Platzgestaltung auf, ohne als Sondereinrichtung zu wirken. Sand etc.) zu gewähren. Hier liegt der Schwerpunkt darin, Gefahrenpotenziale (etwa zum motorisierten Verkehr) zu reduzieren. Spielplätze Öffentliche Spielplätze spielen nach wie vor eine wichtige Rolle. Viele Kinder und Jugendliche suchen täglich einen solchen, eigens zum Spielen eingerichteten und ausgestatteten Freiraum auf. Sie verbringen dort oft einen großen Teil ihrer Freizeit, da Spielplätze die an anderer Stelle oft verloren gegangene Eignung des öffentlichen Raumes zum Spielen kompensieren. Insbesondere die Straße ist mit der Entwicklung des motorisierten Verkehrs seit hundert Jahren Jahren den Kindern als Spiel- und Lebensraum weitgehend verloren gegangen. Zahlen und Fakten Öffentliche Spielplätze werden daher weiterhin in hoher Zahl und guter Qualität gebraucht. Sie behalten in der Freiraumversorgung der Bevölkerung einen festen Platz. In Leipzig gibt es rund 300 öffentliche Spielplätze im Stadtgebiet. Diese werden ergänzt durch einige spezielle Ballsport- und Skateanlagen. Viele dieser Spielräume sind in Parks, in den Wald, in Stadtplätze und öffentliche Grünanlagen integriert. So bleibt das Spiel nicht auf den ausgewiesenen Platz begrenzt, sondern es können umliegende Bereiche in das Spiel einbezogen werden. Außerdem gibt es zahlreiche Spielplätze in Kleingartenanlagen, die jedoch teilweise nur eingeschränkt zugänglich sind. Für Spielplätze ist die Nähe zur Wohnung von besonderer Bedeutung. Neben der räumlichen Entfernung sind es Fragen wie die Notwendigkeit der Querung gefährlicher Straßen, die distanzierend wirken können. Mitunter befinden sich Mit der Studie „Spielen in der Stadt“ liegt eine konzeptionelle Grundlage vor, um Leipzig als Ganzes zu einem für Kinder und Jugendliche attraktiven ­Lebensumfeld zu entwickeln. Basis ist eine flächendeckende Analyse für das Stadtgebiet. 353 „Spielpässe“ berichten über das Spielpotential der einzelnen Quartiere. Diese dienen als Entscheidungsgrundlage, um im Rahmen der Stadtentwicklung sowie bei konkreten Planungen das Thema Spielen zu berücksichtigen. Freiflächen wie der Wald stehen als große, unreglementierte Spielräume allen zur Verfügung. Parks und Grünflächen in ihren vielfältigen Funktionen sind auch abseits der eigens eingerichteten Spielplätze für die Kinder da. Diese Freiräume kommen meist ohne spezielle Ausstattungen aus, um dem Nachwuchs ein vielseitiger Spielraum zu sein und Zugang zu elementaren Elementen (Wasser, Erde, 76 Spielplätze wie auf dem Buddeplatz sind im Idealfall Teil einer Grünanlage, in der freies Spiel möglich ist. LANDSCHAFTSPLAN DER STADT LEIPZIG LANDSCHAFTSPLAN Freiflächen Symbole Parkanlage / öffentl, Grün- und Erholungsfläche Spielplätze Flächennutzung Grünfläche Stadtplanungsamt Stadt Leipzig ­L eipzig, SG LandschaftsLANDSCHAFTSPLAN und GrünordnungsplaÖffentliches Grün nung: Maßstab: 1:30.000 Spielplätze im Stadtgebiet Leipzig vor dem Hintergrund des Stadtgrüns (gesamt). K Stand: Dezernat Stadtentwicklung und Bau Stadtplanungsamt Abteilung Generelle Planung und Projekte Sachgebiet Landschafts- und Grünordnungsplanung Datengrundlage: DSK 5 Stadt Leipzig Amt für Geoinformation und Bodenordnung Stand: 02 / 2009 Herausgeber: Stadtplanungsamt Datum / Unterschrift Planfassung gemäß: § 1(5), (6) Nr. 7 u. 8 BauGB, § 2, 2a, 3, 4 BauGB, §§ 1, 1a, 1b, 2, 3 SächsNatSchG, insbes. §§ 4, 6 SächsNatSchG 77 Bolzplätze im öffentlichen Raum sind bedeutsame Bestandteile der städtischen Spiel- und Sportangebote. Ihre Neuplanung ist aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen schwieriger geworden. Wertschätzung Die meisten Spielangebote im Stadtgebiet werden sehr gut angenommen. Die Intensität dieser Nutzung ist freilich stark von der aktuellen Bevölkerungsdichte sowie der Altersstruktur des jeweiligen Wohngebietes, auch vom Zustand, der Zugänglichkeit, der Nähe zur Wohnung und nicht zuletzt von der Gestaltung abhängig. So ist ein besonders hoher Nutzungsdruck auf den Spielplätzen der dicht besiedelten Stadtteile mit jüngerer Altersstruktur zu verzeichnen, etwa in der Südvorstadt, in Connewitz oder Schleußig. Auf ihre Weise stehen Spielplätze für die Attraktivität eines Quartiers, für seine Familienfreundlichkeit. Auch macht die Lage in Erholungsgebieten oder in beliebten städtischen Parks die Spielangebote zu besonderen Anziehungspunkten. Spiellandschaften wie jene im Clara-Zetkin-Park sind hoch frequentierte Ausflugsziele für Familien mit ihren Kindern. Spielplätze aber auch bewusst weitab der Wohnviertel, etwa in Erholungsgebieten. Die Spielplätze sind in diesen Fällen Ausflugsziele für Familien mit Kindern und Treffpunkte von hoher Anziehungskraft, besonders für junge Leute – so im Auwald, an den Seen oder in den großen Parks. Funktionen und Nutzung Die Zugänglichkeit der öffentlichen Spielplätze in Leipzig ist ebenso wenig eingeschränkt wie die der Parks und Grünanlagen, in denen das Spielen auf vielseitige Weise möglich ist. Spielräume und -plätze erfüllen umfassende soziale und pädagogische Funktionen. Sie versammeln Menschen aller sozialen Schichten und nationaler Identität. Sie fördern die soziale, geistige, körperliche und emotionale Entwicklung der jungen Generation; für Kinder wie Erwachsene sind sie Treffpunkte und Stätten der Kommunikation. Sie sind Orte des sozialen Lernens und der generationenübergreifenden Begegnung. Spielplätze sind vielleicht die am intensivsten genutzten Orte unserer Parks und Grünflächen - nirgendwo sonst finden auf der gleichen Fläche so zahlreiche, vielfältige Aktivitäten statt. Spielräume dienen auf vielseitige Weise der Förderung der Gesundheit – besonders natürlich der Kinder. Wie kaum ein anderer Freiraum unterbreitet der Spielplatz gleichwohl ein altersübergreifendes Angebot: an die Jüngsten adressiert, schließt er die älteren Generationen keineswegs aus. Ausgewiesene Spielplätze sind im Idealfall so gestaltet, dass sie die körperlichen, kognitiven und geistigen Fähigkeiten der Kinder auf besondere Weise 78 fordern und fördern. Die eigens für das Spiel verschiedener Altersgruppen entwickelten, aufeinander abgestimmten Oberflächenformen und -beläge, Spielgeräte und deren Kombinationen bieten den Heranwachsenden eine inspirierende, Körper und Geist herausfordernde Erfahrungswelt. Zugleich sind Spielplätze für Erwachsene erholsame Aufenthaltsorte. Die Bandbreite der vielfältigen Körperund Sinneserfahrungen, welche diese Orte offerieren, ist hoch. Eigens für den jeweiligen Spielplatz konzipierte Kombinationen, in Zusammenarbeit zwischen Landschaftsarchitekten, Spielgestaltern und der interessierten Öffentlichkeit geplant, sorgen in vielen Fällen für unverwechselbare Spiellandschaften von hohem Identifikationswert. Die beiläufige Integration von Spielmöglichkeiten im öffentlichen Raum ist unter dem Motto „Spielen am Wege“ in der Grimmaischen Straße umgesetzt worden. Zustand und Form der Spielplätze werden in der Bevölkerung intensiv wahrgenommen. Neu und gut gestaltete Spielplätze werden wertgeschätzt, Defizite umgehend reflektiert. Planungen begegnet man mit hoher Erwartungshaltung, Veränderungen gewohnter Spielplätze stehen die Nutzer wiederum mit hoher Sensibilität gegenüber. Der Bürgerbeteiligung im Planungsprozess, ­insbesondere auch der Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen, kommt bei Spielplätzen eine besondere Bedeutung zu. (siehe Kap. Partizipation und bürgerschaftliches Engagement). Um den Bewohnern und Gästen der Stadt dieses reiche Angebot nahe zu bringen, wurden Informationen zu den öffentlichen Spielplätzen im Internet publiziert. Angaben zur Lage im Stadtgebiet, zur Ausstattung, Gestalt und Größe sind dort abrufbar. (siehe Kap. Öffentlichkeitsarbeit) Die Stadt hat in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, zahlreiche Spielplätze umzugestalten oder instand zu setzen. So kann der Zustand der Spielplätze im Allgemeinen als befriedigend eingeschätzt werden. Unter den 300 Spielplätzen gibt es gleichwohl noch zahlreiche, die als sanierungsbedürftig gelten müssen. Eine besonders hohe Frequentierung von Spielplätzen führt zu starkem Verschleiß und dies wiederum zu einer Erhöhung des Instandhaltungsund Investitionsdruckes. bieten neu zu planen. Lärmschutzgutachten müssen angefertigt werden, bevor besonders geräuschintensive Anlagen, wie beispielsweise Ballsportfelder, gebaut werden können. Andererseits sind Kinderspielplätze oft unzureichend vor Verkehrslärm geschützt. Leipzig im Jahr 2030 Die Stadt Leipzig hat sich zu einem für Kinder und Jugendliche attraktiven Lebensumfeld als Ganzes entwickelt. Die zur Umsetzung des Konzeptes „Spielen in der Stadt“ erarbeiteten Spielpässe sind eine obligatorisch zu berücksichtigende Entscheidungsgrundlage in allen auf den Stadt- und Freiraum bezogenen Planungsprozessen. Das Konzept selbst unterliegt einer regelmäßigen Fortschreibung, die sich vor allem aus den Erfahrungen der Praxis und den durchgeführten Beteiligungsverfahren ergibt. Öffentliche Spielplätze sind weiterhin die wichtigsten Elemente, um Spielangebote in den Stadtraum zu integrieren. Maßnahmen zu Ihrer Erhaltung und Erneuerung bleiben laufend erforderlich. Ihre Gestaltung und Ausstattung wird individuell an die jeweiligen Orte angepasst. Zur Aufrechterhaltung der Spielfunktionen auf den Plätzen und der Sicherheit der Kinder werden die Spielplätze regelmäßig kontrolliert und gewartet. Ein Ersatz der Geräte ist oftmals nach Ablauf einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von ca. 15 Jahren notwendig. Ein großer Teil der Spielplätze wurde in den 1990er Jahren neu gestaltet. Diese Spielplätze sind nun häufig wieder Sanierungsfälle. Durch einen stärkeren Ausbau des Angebotes für Jugendliche wurde diese Nutzergruppe besser berücksichtigt und ins Freie gelockt. Trends und Interessen Jugendlicher wurden frühzeitig aufgegriffen und in Spiel-, Sport- und Bewegungsangeboten berücksichtigt. Die Idee von Naturerfahrungsräumen wurde aufgegriffen und konnte bereits mehrfach umgesetzt werden. Die Stadt hat ein „Programm zur Instandhaltung und Entwicklung öffentlicher Spielpätze in Leipzig“ aufgelegt, um diesem Sanierungsbedarf zu begegnen. Spiel-, Sport- und Bewegungsangebote wurden in der Regel generationsübergreifend nutzbar gemacht, da alle Altersgruppen mehr denn je gesundheitsfördernde Angebote zur Bewegung, Begegnung und Erholung benötigen. Konflikte und Probleme Die in nahezu allen Kategorien des Stadtgrüns und der Gewässer auftretenden Probleme wie Vandalismus, Hundekot und Müll treten auch auf den Spielplätzen auf. Der zunehmende Abfall, den die Nutzer in die Anlagen mitbringen, stellt die Bewirtschafter vor immer größere Herausforderungen. Viele Spielgelegenheiten in der Stadt sind nur eingeschränkt zugänglich, etwa in Kleingartenanlagen und auf Schulhöfen. Weitere Probleme bilden zunehmend die Lärmemissionen, die von Freizeitanlagen ausgehen. So erschwert es die Rechtssituation, Freizeitanlagen für Jugendliche in der Nähe von Wohnge- Das Flächenpotenzial von Spielplätzen wurde gesichert. Insbesondere in unterversorgten Stadtteilen mit hohem Zuzug junger Familien wurden die Spielangebote ausgebaut. Dabei stand die Gestaltung, welche Spielfunktionen für alle Zielgruppen gewährleistet, genauso im Fokus wie Maßnahmen zur Verbesserung der Erreichbarkeit für alle Menschen (inklusiver Grundsatz). Spielräume und –plätze wurden vornehmlich offen in zusammenhängende Grün- und Freiräume integriert. Eingefriedete Plätze, etwa zur Abgrenzung des Stadtverkehrs, blieben die Ausnahme. 79 80 Freiräume an KinderTageseinrichtungen und Schulen vier bis sechs Quadratmetern pro Kind zu Grunde gelegt. Neben der Dimensionierung von ausreichendem Aufenthalts- und Bewegungsraum auf dem Grundstück sind darüber hinaus Fragen wie die Nähe weiterer nutzbarer Freiräume und Spielplätze, die Lage im städtischen Raum und im Freiraumsystem wichtig. Und schließlich spielen qualitative Fragen wie die Gestalt und Funktionalität der Außenanlagen von Kindertageseinrichtungen und Schulen, die in Grundschulen in der Regel zugleich als Hortgelände genutzt werden, eine entscheidende Rolle. Die Außenräume der Betreuungs- und Bildungseinrichtungen haben für die Kinder und Jugendlichen eine mindestens gleichberechtigte Bedeutung wie die Gebäude. Dort ist Bewegung im Freien, der Aufenthalt außerhalb geschlossener Räume an der frischen Luft, Erfahrungen der Pflanzen- und Tierwelt bis hin zum Eindruck der Tages- und Jahreszeiten oder des Wetters möglich. Die Außenanlagen der Schulen und Kindertageseinrichtungen mit ihren Gehölzen, Rasen- und befestigten Flächen, ihren Spielgeräten, Sport- Bewegungsmöglichkeiten und Freiraumausstattungen haben demzufolge einen besonderen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Entwicklungsfortschritte der Heranwachsenden. Der vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales im Jahr 2006 herausgegebene „Sächsische Bildungsplan“ gibt für die Gestaltung und Ausstattung einige Anregungen. Eine von der „Kindervereinigung Sachsen e. V.“ im Jahr 2009 herausgegebene Broschüre „Bildung und Freiraumqualität. Ein Leitfaden“ macht auf der Grundlage des Bildungsplanes weiter reichende Aussagen zur frühkindlichen Förderung durch kindgerechte Freiraumgestaltung. Kinder und Jugendliche halten sich zu einem gewichtigen Teil des Tages in den Betreuungs- und Bildungseinrichtungen auf. Ihnen ausreichend dimensionierte und ansprechend gestaltete Außenräume zu geben, muss daher Anspruch städtischer Bildungspolitik sein. Diesen Freiräumen ist mindestens ebensolche Bedeutung beizumessen wie dem Wohnumfeld. Qualität und Quantität Gesetzliche Festlegungen zur Bemessung und Gestaltung von Kindertageseinrichtungen sind Ländersache. Im sächsischen Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (SächsKitaG) wird zur Quantität und Qualität der Außenräume jedoch keine nähere Aussage getroffen. Laut einer Empfehlung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales zu den räumlichen Anforderungen an Kindertageseinrichtungen aus dem Jahr 2005 soll für jedes Kind eine Freispielfläche von zehn Quadratmetern zur Verfügung stehen. Leipzig heute Nimmt man eine kindgerechte körperliche, geistige, seelische Entwicklung und soziale Ziele zum Maßstab, so ergibt sich in den Leipziger Schulen und Kindertageseinrichtungen eine Bandbreite von ausreichend großer bis hin zu einer sehr geringen Freiflächenbereitstellung im Einzelfall. Der Bedarf an Schulsportflächen wird in den Einrichtungen ebenfalls sehr unterschiedlich abgedeckt. Schulen benötigen wie Kindergärten intensiv gestaltete Bereiche. Im Bild Eröffnung der neuen Freiräume der Ernst-Pinkert-Schule (2012). Da für Kinder nach dem 1. Geburtstag seit dem 1. August 2013 ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz besteht und die Geburtenrate in Leipzig erfreulicherweise wieder steigt, hat die Stadt auf diesem Gebiet große Aufgaben zu bewältigen. Plätze für Kindertageseinrichtungen müssen darüber hinaus „in einem bedarfsgerechten Umfang“ zur Verfügung gestellt werden. Die Verantwortung für die Sicherstellung des Angebotes trägt die Stadt. Die aktuellen gesetzlichen Mindeststandards für Kindertageseinrichtungen liegen, gemessen an den tatsächlichen Anforderungen für eine gesunde Entwicklung der Kinder, relativ niedrig. So wird bei der Planung von Grundschulen gegenwärtig eine Pausenfreifläche von zehn, bei Oberschulen und Gymnasien von Foto Seite 80: Eröffnung eines sanierten Schulgeländes in Leipzig-Leutzsch. 81 Kinder verbringen einen beträchtlichen Teil des Tages in den Betreuungs- und Bildungseinrichtungen. Der Nutzungsdruck auf deren Freiräume ist besonders hoch. Auch hinsichtlich der Qualität der Freiraumgestaltung ist die Bandbreite groß. Es gibt zahlreiche Schulstandorte mit professionell geplanten, attraktiven und funktionierenden Freianlagen. Andere wiederum sind veraltet, gering ausgestattet oder sanierungsbedürftig. Probleme und Konflikte Insbesondere in dicht besiedelten, von Zuzug geprägten Stadtgebieten stellt es eine große Herausforderung dar, die erforderlichen Flächen für Kindertageseinrichtungen und Schulen bereit zu stellen. Die aktuell intensiv betriebene Schaffung von zusätzlichen Betreuungsplätzen durch Neu-, An- oder Umbau von Einrichtungen trägt zur Verkleinerung der Freiflächen der bestehenden Einrichtungen bei. Daher ist eine Anpassung der Zuschüsse für die Werterhaltung der Freiflächen erforderlich, um nicht nur die Qualität der verbleibenden Freiflächen trotz des erhöhten Nutzungsdrucks zu sichern, sondern auch den quantitativen Flächenverlust durch Qualitätssteigerung im Sinne einer erhöhten Funktionalität der verbleibenden Freiflächen ausgleichen zu können. Bei der Erneuerung der Freiräume an Kindertageseinrichtungen und Schulen konnten in den letzten Jahren mit Hilfe von Förderprogrammen bereits Verbesserungen erzielt werden. Der Umfang der noch zu sanierenden Freianlagen und die langfristige Sicherung ihrer Instandhaltung stellen allerdings weiterhin eine große Herausforderung dar. Bereits in der Netzplanung besteht der Bedarf einer vorsorgenden Flächenbevorratung und Flächensicherung, um befriedigende Flächengrößen, -zuschnitte und -benachbarungen in Bezug auf die erforderlichen Freiraumfunktionen zu erhalten. Dies gilt ebenso für den Bereich Schulsport. In der Regel werden die Außenräume den Einrichtungen durch entsprechende Einzäunungen unmittelbar zugeordnet und sind daher für eine öffentliche Nutzung nicht zugänglich. 82 Leipzig im Jahr 2030 Die Freiräume an Kindertageseinrichtungen und Schulen haben sich weiter zu einer attraktiven, lehrreichen und nach Möglichkeit naturnahen Umgebung für Spiel, Sport und Bildung entwickelt. Es wurde verstärkt darauf Wert gelegt, dass die Außenräume der Kindertageseinrichtungen und Schulen ausreichend bemessen und ausgestattet sind. Ein Katalog städtischer Standards für Freiräume an Kindertageseinrichtungen und Schulen war hilfreich, um die Quantität und Qualität dieser Freiräume zu sichern und weiter zu entwickeln. Das Amt für Stadtgrün und Gewässer stellte den zuständigen Ämtern seine Fachkompetenz in diesen Fragen zur Verfügung. Die Bereitstellung ausreichend großzügiger Freiräume, der für eine positive Entwicklung der Kinder und Jugendlichen so wichtig ist, wurde anderen Ansprüchen übergeordnet, etwa der Bebauung oder der Nutzung für Stellplätze. In den Grundschulen ist der Außenraum in der Regel nicht nur Schul-, sondern auch ­Hortgelände. Im Zuge einer allgemeinen Nutzungsintensivierung des öffentlichen Freiraumes und der Verdichtung der Stadt wurde die Öffnung der Sport- und Spielanlagen für die öffentliche Nutzung an mehreren Standorten erfolgreich umgesetzt. Insbesondere beim Neubau von Einrichtungen wurde die Fläche auch für eine Nutzung aus dem Quartier heraus ausgerichtet und als solche zeitweise den Anwohnern als Erholungs- und Freizeitfläche zur Verfügung gestellt. Die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen wurden geschaffen. Aktivitäten der freien Träger und der Elternschaft zur Verbesserung der Freiräume an Schulen und Kitas wurden von der Stadt aktiv unterstützt. Der Schulhof der 57. Oberschule in Leutzsch wurde im Frühjahr 2015 neu gestaltet. 83 84 Sondergärten und Gedenkorte Der Apothekergarten im Friedenspark ist als Einrichtung der Universität ein Ort der Bildung und Erholung. In der Stadt Leipzig gibt es eine Perlenkette besonderer Freiräume und Gärten, die speziellen Themen und Funktionen verpflichtet sind. Sie bilden Höhepunkte des städtischen Raumes von besonderer Qualität. In der Regel sind diese Sonder- oder Themengärten in öffentliche Grünanlagen integriert und Teil des städtischen Freiraumsystems. In ihrer räumlich oft geschlossenen Wirkung sind sie zugleich Rückzugsorte und vermitteln besondere ästhetische Erfahrungen. Oft handelt es sich um Freiräume, in denen dem Publikum darüber hinaus historisches, gartenkulturelles oder naturkundliches Wissen vermittelt wird. Unter den Themengärten sind die Gedenkorte von spezifischer Eigenart. Sie erinnern an historische Ereignisse und Persönlichkeiten. Im Unterschied zum bildkünstlerisch gestalteten Monument bedienen sie sich vordergründig landschaftsarchitektonischer Gestaltungsmittel, die oft durch Schrift, bildkünstlerische Darstellungen und mitunter sogar Klänge ergänzt werden. jahr hinweg verschiedene Blühaspekte im öffentlichen Stadtraum präsentieren. Aufgrund des hohen Unterhaltungsaufwandes sind sie nur wenigen, besonderen Orten vorbehalten. Die Pflanzungen erzielen überaus positive Effekte, sie dienen der Repräsentation der Stadt und dem Wohlbefinden ihrer Bürger und Gäste. Ihre Wirkung im Stadtraum ist groß; Wechselflorpflanzungen sind damit sozusagen Öffentlichkeitsarbeit für das öffentliche Grün. Der Dahliengarten im Clara-Zetkin-Park etwa vermittelt einen Eindruck von großer Farbkraft und Vielfalt. Leipzig heute Sondergärten Die besonderen Freiräume präsentieren oft spezielle Pflanzensammlungen und –zusammenstellungen. Herausragend ist der Botanische Garten, welcher wie der Apothekergarten im Friedenspark eine Einrichtung der Universität Leipzig ist. Der Duft- und Tastgarten im Friedenspark ist vor allem für Menschen mit Sehbehinderungen bestimmt, die dort Pflanzenerfahrungen jenseits der optischen Wahrnehmung machen können. Der Garten steht zu seinen Öffnungszeiten selbstverständlich auch allen Besuchern offen. Die Bewirtschaftung erfolgt ebenfalls durch die Universität Leipzig, Fachbereich Botanischer Garten. Diese Kooperation garantiert eine dauerhafte und intensive Pflege. In Staudengärten wie jenen im Clara-Zetkin-Park, im Mariannenpark oder im Richard-Wagner-Hain sind winterharte Stauden zu sehen. Aufgrund ihres hohen Pflegeaufwandes sind sie im öffentlichen Raum ansonsten nur noch selten anzutreffen. Rosengärten wie im Volkspark Kleinzschocher und im Mariannenpark präsentieren die beliebte Pflanze in großzügigen Flächen. Ebenfalls in diese Kategorie zu zählen sind die Wechselflorpflanzungen im Stadtgebiet. Es handelt sich um Blumenpflanzungen, die in ein- bis zweimaligem Wechsel über das Garten- Der Dahliengarten im Clara-Zetkin-Park erfreut alljährlich durch seine Pracht. Solche Sondergärten erfordern intensive, fachgerechte Pflege. Foto Seite 84: Der Rosengarten im Volkspark Kleinzschocher. 85 Staudenpflanzungen wie am Ringcafé gehören zum ­Repertoire des Stadtgrüns an besonderen Orten. Der Botanische Garten als eine Einrichtung der Universität Leipzig ist ein bedeutsamer Bestandteil des Leipziger Stadtgrüns. spiel dieser Kategorie, genauso der am Rande des Friedhofes befindliche Gedenkort für die Opfer der Gewaltherrschaft nach 1945. An verschiedenen Orten der Stadt werden Wildblumenmischungen im öffentlichen Raum eingesetzt, die Blühaspekte bei einer relativ extensiven Pflege gewähren. Hier sind verschiedene Pflanzenzusammenstellungen in Erprobung. Weiterhin zählen in diese Kategorie die Gehölzsammlungen oder Arboreten. (siehe Kap. Wald und Stadtbäume). Der „Hain der Jahresbäume“ in ­Kleinzschocher zeigt den jährlich bundesweit gekürten „Baum des Jahres“ in kleinen Gruppen. Die Anlage findet im „Weg der Jahresbäume“ im Grünen Bogen Paunsdorf seit 2015 eine Fortsetzung. Der „Tertiärwald“ im Landschaftspark Cospuden sowie der wiederbelebte „Braunkohlewald“ im agra-Park enthalten Baumarten, welche zur Zeit der Braunkohlebildung in der Region wuchsen. Im großen Waldarboretum im Norden des Erholungsparkes Lößnig-Dölitz sind Baumarten verschiedener Kontinente zu besichtigen. Aus der Zeit nach 1990 ist die Gedenkstätte für die zerstörte Synagoge in der Gottschedstraße ebenso hervorzuheben wie das unweit gelegene Mahnmal für den früheren Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler am Neuen Rathaus. Beide Anlagen bedienen sich nicht zuletzt landschaftsarchitektonischer Gestaltungsmittel, um ihre Aussage zu unterstreichen und im Stadtraum zu verankern. Der Gedenkort für die verstorbenen Kinder der Stadt ist ein stiller Ort der Trauer im Friedenspark. Neben der Wissensvermittlung bieten die Themengärten ästhetische Reize und dienen der Erholung. Der alte gärtnerische Leitsatz, dass Gärten in erster Linie schön zu sein haben, trifft bei den Freiräumen dieser Kategorie in ganz besonderer Weise zu. Gedenkorte Landschaftsarchitektonisch geprägte Gedenkorte haben in Leipzig eine lange Tradition. Die Außenanlagen des Völkerschlachtdenkmals mit dem zugehörigen Wilhelm-Külz-Park sind hier ebenso anzuführen wie die Ehrenhaine für die Toten von Kriegen, die auf verschiedenen Friedhöfen existieren. Der in der DDR-Zeit unter propagandistischer Zielsetzung entstandene „Ehrenhain der Sozialisten“ in der zentralen Achse des Südfriedhofes ist ein vielschichtiges Bei86 Der Gedenkort in der ehemaligen Etzoldschen Sandgrube erinnert an die zerstörte Paulinerkirche. Probleme und Konflikte Aufgrund ihrer oft separaten, räumlich umgrenzten Lage und der Sensibilität ihrer Gestaltungsmittel sind die Themengärten und Gedenkorte in besonderer Weise Erscheinungen wie Vandalismus, Diebstahl und unsachgemäßer Nutzung ausgesetzt. Mitunter entspricht der Erhaltungs- und Pflegezustand nicht dem gestalterischen Anspruch dieser besonderen Orte. Beispielsweise trifft dies für einige Staudengärten zu. Teilweise unterstützen Interessengruppen und Vereine die Existenz von Themengärten in der Ausstattung und Pflege. Leipzig im Jahr 2030 Ebenfalls gartenkünstlerisch gestaltet sind jene Erinnerungsstätten, die in jüngerer Zeit im Friedenspark entstanden - der „Gedenkort für die verstorbenen Kinder unserer Stadt“ sowie der Gedenkort für die Opfer der KindereuthanasieVerbrechen der Nationalsozialisten. Im Park an der Etzoldschen Sandgrube weist ein Gedenkort auf die hier verschütteten Reste der zerstörten Paulinerkirche hin. Funktion und Nutzung Die Themengärten und Gedenkorte im Stadtgebiet sind in der Regel uneingeschränkt zugänglich; in einigen Fällen bestehen zeitliche und saisonale Begrenzungen. Sie dienen der Verbreitung und Förderung der Kultur, insbesondere der Gartenkultur. Das Publikum kann hier besondere ästhetische, naturkundliche und historische Erfahrungen sammeln. Die Gartenanlagen dienen vorrangig der passiven Erholung; sie sind Rückzugsräume und Orte der Identifikation. In besonderer Weise sind sie Gegenstand des bürgerschaftlichen Engagements. Themengärten und Gedenkorte sind feste Bestandteile des Leipziger Stadtgrüns, wenngleich sie Ausnahmen bleiben. Als spezielle Nische für Interessierte und als besondere Elemente unserer Grünanlagen wurden die Themengärten erhalten und teilweise behutsam ausgebaut. Neben die unabdingbare kontinuierliche Werterhaltung und die Wiederherstellung sanierungsbedürftiger Sondergärten trat - im Einzelfall - die Neuanlage von Themengärten und Gedenkorten. Sie bereichern das Angebot öffentlicher Räume und sind Alleinstellungsmerkmale im Hinblick auf die Außenwirkung der Stadt. Gedenkorte erwiesen sich nach wie vor als zeitgemäße Antwort auf das nach wie vor existierende Bedürfnis, an historische Ereignisse und Persönlichkeiten im öffentlichen Raum zu erinnern. Landschaftsarchitektonische Mittel lenken die Konzentration auf die räumliche Erfahrung, verankern den Ort im Stadtraum und sind abstrahierender Natur. Sie üben eine überregionale Anziehungskraft aus und fördern den Tourismus der lebendig grünen Stadt Leipzig. Wechselflorpflanzungen blieben ebenso wie Staudenflächen ein Instrument der städtischen Freiraumgestaltung in ausgewählten Fällen. Die besondere Wirkung, die allein mit arten- und formenreichen Blühaspekten erreicht werden kann, rechtfertigt den erhöhten Aufwand. Themengärten und Gedenkorte werden vorrangig von interessierten Bürgern aufgesucht sowie von jenen, die sie wegen ihrer Ruhe und besonderen Ausstrahlung schätzen. Die Anlagen ziehen das Fachpublikum an, sie sind das häufige Ziel von Führungen. Vereine und Fachverbände wissen ihr Potenzial zu schätzen. Für eine blütenreichere Gestaltung der Stadt wurden mit Erfolg spezielle blütenreiche Saatgutmischungen eingesetzt, die mit zusätzlichem Nutzen für blütenbesuchende Insekten verbunden sind und die dadurch biologische Vielfalt der Stadtnatur fördern. 87 88 Brachflächen Gegenüber vielen anderen deutschen Großstädten ist Leipzig in einer besonderen Situation: Aufgrund der Tatsache, dass die Stadt von der Gründerzeit bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen unvergleichlichen Aufschwung erlebte, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges jedoch einen gravierenden Bevölkerungsverlust erlitt, gibt es hier noch immer eine große Zahl an ungenutzten Bauten und Flächen. Diese Situation birgt für die zukünftige Stadt- und Freiraumentwicklung zugleich Probleme und Chancen, wobei letztere im Zuge des aktuell wieder einsetzenden Stadtwachstums klar überwiegen. Die große Brache des ehemaligen Gleisgeländes in Plagwitz wird künftig in eine extensive Freiraumnutzung überführt, die deren Charakter bewahrt. Definition Brachflächen im hier behandelten Zusammenhang sind Freiflächen in der Stadt, auf denen keine Nutzung stattfindet oder deren ursprüngliche Nutzung aufgegeben worden ist. Leer stehende Häuser gehören nicht zum Aufgabenfeld des Brachflächenmanagements, das im Amt für Stadtgrün und Gewässer angesiedelt ist. Aber auch Brachen an sich bieten durchaus Qualitäten, die der Stadtbevölkerung zugute kommen. Fehlende menschliche Nutzung einer Fläche bedeutet nicht, dass dieses Gelände ohne Nutzen ist. Gerade Stadtbrachen entwickeln sich durch natürliche Sukzessionen häufig zu ökologischen Nischen und können dadurch für den urbanen Naturschutz hohe Bedeutung erlangen. Leipzig heute Für viele Menschen besitzen Brachen als informelle Grünflächen und Naturerfahrungsräume einen Wert. Darüber hinaus kommt ihnen als klimatische Ausgleichsräume in verdichteten Stadtquartieren Bedeutung zu. Mit diesen Funktionen können Stadtbrachen durchaus „von allein“ zu erhaltenswerten Freiräumen werden. Im Stadtraum können Brachflächen auch ohne bewusste Gestaltung wichtige Zäsuren in baulich verdichteten Quartieren sein. Anspruch des Brachflächenmanagements der Stadt Leipzig ist es im Sinne der übergeordneten Strategie der „doppelten Innenentwicklung“, durch Nutzung der urbanen Brachflächenpotenziale neuen Flächenversiegelungen am Stadtrand entgegenzuwirken. Brachen sind Flächenreserven für die Stadtentwicklung, welche eine Alternative zur Neuinanspruchnahme bisher unversiegelter Flächen darstellen, die beispielsweise der Landwirtschaft dienen. Durch eine bauliche Entwicklung auf innerstädtischen Brachen kann die Flächeninanspruchnahme im suburbanen und ländlichen Raum reduziert werden, so dass wertvolle Böden geschützt und deren Funktionen dauerhaft gesichert werden können. Gleichzeitig bieten Brachen aber auch Potenziale als zukünftige Freiräume, die es auch bei der Innenentwicklung zu erhalten gilt. Neu- oder Nachnutzungen folgen damit der Strategie der „doppelten Innenentwicklung“. Das bedeutet, dass die Entwicklung ehemaliger Brachflächen mit dem Ziel der baulichen Nachverdichtung auf der einen Seite mit unterschiedlich gestalteten Freiraumkategorien bis hin zu akzeptierter Stadtnatur gekoppelt wird. Nur in dieser Kombination aus baulicher und Freiraumentwicklung kann Nachverdichtung erfolgreich sein und eine innerstädtische Lebensqualität erhalten und etabliert werden, welche die Stadt als Wohn- und Arbeitsort attraktiv macht. Foto Seite 88: Der Kran auf dem „Jahrtausendfeld“ in Plagwitz zeigt an, dass für einen Teil dieser Brache eine bauliche Nutzung ansteht. Stadtentwicklung In städtebaulicher Hinsicht bergen Brachen das Potenzial für Entwicklungen jeglicher Art. Sie sind der Flächenpool Leipzigs, um der Stadtentwicklung – sowohl für zukünftige Wohn- und Gewerbestandorte, aber eben auch für die Freiraumentwicklung – nach innen Raum zu geben. Im Jahr 2015 wurde durch die Stadtverwaltung im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (INSEK) ein Fachteil Brachen erarbeitet, welcher diese Potenziale aufgreift und die Revitalisierung besonders raumwirksamer Brachflächen in exponierten Lagen forcieren soll. Auch als Kompensationsflächen sind Brachen ein Potenzial für die Stadtentwicklung (siehe Kap. Kompensationsflächenmanagement). Auf ihnen können bauliche Eingriffe in der Stadt oder direkt in dem vom Eingriff betroffenen Quartier kompensiert werden. Die Kompensationsmaßnahmen wiederum tragen nicht nur 89 Brachflächen Brachflächen IKOBRA - Brachflächenkataster Brachflächen IKOBRA - Brachflächenkataster Stand 20.1.2015 IKOBRA - Brachflächenkataster Brachflächen Stand 20.1.2015 Brache Brache Stand 20.1.2015 Brache IKOBRA - Brachflächenkataster Revitalisierung Brache Revitalisierung Revitalisierung Stand 20.1.2015 Bautätigkeit Revitalisierung BautätigkeitBrache Bautätigkeit Bautätigkeit Revitalisierung Bautätigkeit Stadtplanungsamt StadtplanungsamtLeipzig, Leipzig SG LandschaftsundGrünordnungsplanung GrünLandschaftsund Stadtplanungsamt Leipzig ordnungsplanung: Landschaftsund Grünordnungsplanung Stadtplanungsamt Leipzig Maßstab: 1:85.000 Stadtplanungsamt Leipzig Landschaftsund Grünordnungsplanung Brachflächen im Stadtgebiet Landschaftsund Grünordnungsplanung Maßstab: 1:85.000 Leipzig. Maßstab: 1:85.000 Maßstab: 1:85.000 90 dazu bei, die durch Eingriffe gestörte Natur und Landschaft wiederherzustellen. Gleichzeitig leisten sie Beiträge zur Verbesserung der Funktionen des Naturhaushaltes, zur Aufwertung der Quartiere sowie zur Biotopvernetzung im Stadtgebiet. Die Entwicklung von Brachen als Kompensationsflächen wird in Kooperation mit den Umlandgemeinden im Grünen Ring Leipzig auch interkommunal vorangetrieben (siehe Kap. Interkommunale.Kooperation). nung für Besucher und Veranstaltungen übernehmen sie wichtige Aufgaben im Sinne der sozialen Integration und Kultur. Sie dienen der Selbstversorgung mit zumeist biologisch angebauten Lebensmitteln, übernehmen aber auch bedeutende soziale Funktionen dadurch, dass hier das gemeinschaftliche Gärtnern im Vordergrund steht. Zwischennutzungen bereiten langfristige Nutzungen durch Interimslösungen vor und werten Stadtquartiere auf. In der Öffentlichkeit werden Brachen zum Teil aber auch als störende Elemente im Quartier und als Zeichen städtebaulicher Defizite wahrgenommen. Das städtische Ziel besteht daher vielerorts darin, den Brachen durch eine – zumeist extensive – Gestaltung eine positive Ausstrahlung zu geben. Allerdings befinden sich 80 Prozent der Brachflächen in Privateigentum. Zahlen und Fakten Das Mosaik der Brachflächen ist über das gesamte Stadtgebiet von Leipzig verteilt, wobei bestimmte Ortsteile besonders hohe Anteile aufweisen. Besonders viele Brachen gibt es im Leipziger Osten sowie im Südwesten, also in den ehemals stark von industrieller Nutzung geprägten Quartieren. Zwischennutzungen Brachen sind nicht nur ruhendes Potenzial. Sie stehen zudem für vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und Gestaltungsspielräume in der Stadt: Sie sind Freiräume im doppelten Wortsinn. Sie werden daher von Teilen der Bevölkerung für kreative Nutzungen nachgefragt. Die Zwischennutzungen tragen zur Bereicherung der Stadt bei, machen sie interessant und im besten Sinne urban. Brachen stehen für die Tatsache, dass in Leipzig im Unterschied zu vielen anderen deutschen Städten nicht jeder Quadratmeter fest mit Funktionen und Restriktionen belegt ist, sondern noch Raum für kreative Lösungen und Nutzungen besteht. Der aktuell zu verzeichnende Zuzug gerade von jungen Leuten ist zweifellos auch in diesen Handlungsspielräumen begründet. Mit Stand vom 2. Oktober 2015 werden im Brachflächenkataster der Stadt Leipzig, welches gleichzeitig Bestandteil des interkommunalen Kompensationsflächenkatasters IKOBRA ist, 3.903 brachliegende Flurstücke geführt. Die Brachen Leipzigs nehmen eine Fläche von ca. 1.050 Hektar ein, was 3,54 Prozent der Stadtfläche entspricht. Die Fläche der Brachen gleicht damit aktuell annähernd Rund 170 Brachflächen in Leipzig sind aktuell von Zwischennutzungen belegt. Gemeinschaftliche Formen des Gartenbaus und der Landwirtschaft sind in der Stadt auf dem Vormarsch. Als Initiativen von unten entstanden, existieren zahlreiche Projekte des Urban Gardening in verschiedenen Stadtgebieten (vgl. Kap. Gemeinschaftsgärten). Zwischennutzung spielt eine aktive Rolle als Interimsbegrünung von Baugrundstücken, die in absehbarer Zeit keine Bebauung erwarten lassen. Sie stellt damit eine Möglichkeit dar, um flexibel auf aktuelle Entwicklungen auch im Freiraumsystem zu reagieren. Als „grünes Instrument“ des Stadtumbaus beschäftigt sie die Leipziger Stadtplanung seit Jahren und ist in strategischen Konzepten enthalten. Den Grundstückseigentümern kommt die Stadt dabei im Rahmen von Gestattungsverträgen mit einem Erlass der Grundsteuerbeträge entgegen. Gruppen von Bewohnerinnen und Bewohnern aus dem Viertel nehmen die Brachflächen in Anspruch, geben ihnen zeitweilige Gestalt und Funktion. Durch zeitweise Öff- Brachen sind „wilde Orte“ und damit nicht zuletzt Refugien der Stadtnatur. 91 jener, welche die gestalteten Parks, begrünten Stadtplätze und Grünanlagen insgesamt einnehmen! Aktuell finden auf 61 Hektar dieser Flächen Baumaßnahmen statt. Damit schreitet die Reduzierung der Brachflächen weiter voran. Das Brachflächenkataster enthält heute bereits 4.312 Flurstücke mit einer Fläche von ca. 658 Hektar, welche seit 1997 revitalisiert worden sind. Nach derzeitigem Datenstand wurden an die 20 Prozent aller revitalisierten Brachflächen einer freiraumrelevanten, sprich „grünen“ Nutzung zugeführt. Dies entspricht ca. 110 Hektar. Die anderen Revitalisierungsarten sind dem „grauen“ Bereich, sprich einer erneuten baulichen Nutzung zuzuordnen. Mit der positiven Bevölkerungsentwicklung der Stadt Leipzig durch Zuzug und eine hohe Geburtenrate hat das Management der Brachflächen weiter an Bedeutung gewonnen. Nach den Jahren der „schrumpfenden Stadt“ ist seit 2012 wieder eine deutlich erhöhte Nachfrage nach Bauflächen zur Schaffung von privatem Wohneigentum zu verzeichnen. So sind spätestens seit 2013 verstärkte Nutzungskonkurrenzen bei Brachflächen zu beobachten. War Mitte bis Ende der 1990er Jahre unter den privaten Eigentümern noch viel eher die Bereitschaft vorhanden, Flächen für Zwischennutzungen zur Verfügung zu stellen, so sehen sich diese mittlerweile einem starken Investitionsdruck durch die Immobilienbranche ausgesetzt. Insbesondere alternative Nutzungen können den monetären Erwartungen der Eigentümer oft nicht mehr gerecht werden. Dies führt dazu, dass Brachflächen zwar noch vorhanden sind, sich soziale Initiativen, Gemeinschaftsgärten und ähnliches immer schwerer realisieren lassen. Verdrängungsprozesse werden in einigen Quartieren bereits sichtbar. Dies ist unter anderem an der unterschiedlichen Anzahl bereits revitalisierter ehemaliger Brachflächen in den einzelnen Ortsteilen ablesbar. Grundsätzlich ist das Bestreben der Stadtverwaltung darauf ausgerichtet, Gentrifizierungs- und Segregationsprozesse durch Aufwertungen des öffentlichen Raumes, insbesondere in benachteiligten Quartieren, abzumildern. Hierfür können vorhandene Brachflächen eine wesentliche Rolle spielen. 92 Die Begrünungen in der Wurzner Straße unter den Titeln „Lichter Hain“ (oben) und „Dunkler Wald“ (unten) waren Versuche, im Zuge der schrumpfenden Stadt Lücken zu schließen. Leipzig im Jahr 2030 Die verstärkte Revitalisierung von Brachflächen in der Stadt Leipzig hat erfolgreich dazu beigetragen, das Ziel des Freistaates Sachsen zur Reduzierung der täglichen Flächeninanspruchnahme zu erreichen. Damit konnten hochwertige Böden vor Versiegelungen bewahrt werden und in ihrer naturnahen Ausprägung weiterhin positive Wirkungen für den Naturhaushalt entfalten. Auf einem Großteil der ehemaligen Brachflächen ist im Sinne der doppelten Innenentwicklung ein ausgewogenes Verhältnis an qualifizierten Nachnutzungen entstanden. Es wurden sowohl erneute bauliche Nutzungen als auch unterschiedlich gestaltete Freiraumkategorien bis hin zu akzeptierter Stadtnatur (Stadtwildnis) etabliert. Die Verbindung von Wohn- und Freizeitfunktionen, welche durch die Reaktivierung von Flächenpotenzialen ehemaliger Brachen erreicht wurde, hat zu einer erheblichen Steigerung der Lebensqualität für die Einwohner der Stadt Leipzig geführt. Durch die Renaturierung von versiegelten Brachflächen wurden Klimakomfortinseln geschaffen, die in besonders überhitzten klimatischen Bereichen die Entstehung von Kaltluftzonen unterstützt und somit eine qualitative Verbesserung des Stadtklimas bewirkt haben. Im Amt für Stadtgrün und Gewässer wurde auf Grundlage eines qualifizierten Brachflächenentwicklungskonzeptes ein entsprechendes interkommunales Brachflächenmanagement als Basis für die strategische Entwicklung der Flächen etabliert. Es wird von der Stadtverwaltung übergreifend eingesetzt und sowohl von Eigentümern als auch zukünftigen Nutzern nachgefragt. Die Entwicklung eines Teiles der Brachflächen als Rückzugsraum für wilde Stadtnatur ermöglicht das spontane individuelle Entdecken und Erleben der Natur im Wohnumfeld. Durch Öffentlichkeitsarbeit wurde die Akzeptanz von „Stadtwildnis“ und einer dynamischen und weitgehend ungesteuerten Naturentwicklung auf einem Teil der Flächen gestärkt. Auf einzelnen Brachflächen entstanden Naturerfahrungsräume. Auf den naturbelassenen Freiflächen können Kinder aktiv werden, selbstbestimmt spielen und Entdeckungen machen. Brachfläche mit Begrünung durch eine Staudenmischung in Plagwitz. 93 94 Landwirtschaft und Gartenbau Die Biomasseproduktion zur Energiegewinnung hat auf den Leipziger Landwirtschaftsflächen in der jüngeren Vergangenheit zu vergleichsweise geringen Veränderungen geführt. Die Nahrungsmittelproduktion steht hier weiterhin eindeutig im Vordergrund. Vor allem Betriebe der Tier- und Milchproduktion mit entsprechendem Gülleaufkommen haben ihre Kreislaufwirtschaft im Sinne der Düngemittelverordnung auf die energetische Nutzung der anfallenden Biomasse (Biogasanlagen) umgestellt und speisen auch Pflanzenproduktionsreste in diese Anlagen ein. In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Tatsache wenig verankert, dass es in Leipzig beträchtliche Landwirtschaftsflächen gibt. Mehr als ein Drittel - rund 35 Prozent - des Stadtgebietes werden landwirtschaftlich genutzt; dies sind rund 10.300 Hektar. Die administrative Verwaltung dieser Flächen erfolgt durch das Liegenschaftsamt der Stadt. Die Landwirtschaftsflächen sind auch in historischer Hinsicht typische Kulturlandschaftselemente der Leipziger Tieflandsbucht. Die Bodenfruchtbarkeit ist relativ hoch. Aus diesem Grund sowie infolge der Industrialisierung und Ent­ privatisierung der Landwirtschaft seit Mitte des 20. Jahrhunderts gibt es große, zusammenhängende Schläge, denen es häufig an gliedernden Feldgehölzen, Waldclustern, extensiven Ackerrandstreifen, Hecken und großen Einzelbäumen zur Aufwertung ihres Landschaftsbildes und zur Verbesserung der klimatischen Eigenschaften mangelt. So sind Erosionserscheinungen durch Wind zu verzeichnen. Meliorationsmaßnahmen haben recht homogene Standortbedingungen herbeigeführt. Aktuell verlieren diese wegen mangelnder Instandhaltung in einigen Bereichen mehr und mehr ihre Wirksamkeit, was wiederum zu zunehmender Vernässung führt. Die Landwirtschaftsflächen werden nach den Prinzipien der guten fachlichen Praxis bewirtschaftet. Landwirtschaft hat für die Stadt nicht nur als Wirtschaftszweig Bedeutung. Sie spielt als Bewirtschafter auch für die Landschaftspflege, das heißt für die Pflege und Entwicklung der urban geprägten Landschaft und noch vorhandener Bestandteile der historischen Kulturlandschaft, eine wichtige Rolle. Die großflächigen, agrarisch geprägten Offenlandschaften konzentrieren sich in Leipzig vor allem im Südwesten sowie im Norden und Nordosten der Stadt. LEIPZIG HEUTE Gegenwärtig haben 41 Landwirtschaftsbetriebe ihren Sitz in Leipzig. Die Größe und Struktur dieser Betriebe ist auch in der Landschaft ablesbar. Aufgrund ihrer Betriebsstruktur sind die einzelnen Landbewirtschafter in unterschiedlicher Weise in der Lage, mit zunehmenden Nutzungskonkurrenzen umzugehen. Deshalb ist die Kenntnis dieser Strukturen von großer Bedeutung. Entsprechend dem bundesweiten Trend herrscht seit 1990 auch in Leipzig ein hoher Umnutzungsdruck auf landwirtschaftliche Flächen. Bebauung und Versiegelung haben im Zuge von Großprojekten die Leipziger Landwirtschaftsflächen reduziert (Weidenweg, Neue Messe, Paunsdorf-Center und andere). Andere haben Kompensationsmaßnahmen neu entstandener Gewerbegebiete aufnehmen müssen. Der prozentuale Anteil der Landwirtschaft im Stadtgebiet ist daher im Rückgang begriffen. Die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke und der Vorrang der Innenentwicklung des Siedlungsraumes dient damit vor allem auch dem Erhalt von landwirtschaftlichen Produktionsflächen und der Sicherung entsprechender Flächenpotenziale. 31 Betriebe mit jeweils unter 100 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche bewirtschaften im Leipziger Stadtgebiet insgesamt rund 690 Hektar. Unter ihnen sind 16 Kleinbetriebe, die unter 10 Hektar nutzen. Sieben Betriebe wirtschaften in einer Größenordnung zwischen 100 und 1.000 Hektar auf insgesamt 2.700 Hektar. Drei Betriebe arbeiten schließlich auf jeweils über 1.000 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche und bewirtschaften zusammen 6.092 Hektar. Die Struktur der in Leipzig ansässigen Landwirtschaftsbetriebe ist also recht differenziert. Ackerland, auf dem vorwiegend Weizen, Mais, Gerste, Raps und Zuckerrüben angebaut werden, bildet mit 87 Prozent der Landwirtschafsflächen deren Hauptnutzung. Dauergrünland (Wiesen und Weiden) nimmt hingegen 13 Prozent der genutzten Flächen ein. Die Tierhaltung bewegt sich auf einem stabilen Niveau und wird in Leipzig von der Rinderhaltung dominiert. Foto Seite 94: Große Schläge, im Bild ein Feld in LeipzigProbstheida, dominieren die Landwirtschaftsflächen der Stadt. Dass es im Umfeld einer wachsenden Großstadt trotz dieser grundsätzlichen Zielrichtung immer wieder zur Inanspruchnahme von landwirtschaftlich genutzten Flächen kommen kann, ist dabei allen Akteuren bewusst. Um in diesen Fällen, wo es unvermeidbar ist, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen anderen Nutzungsansprüchen weichen müssen, eine für die betroffenen Betriebe möglichst verträgliche Lösung zu finden, hat sich in den letzten Jahren eine ­frühzeitige 95 Andererseits sind Landwirtschaft und Gartenbau in der Stadt auch als produzierende Wirtschaftszweige und als Unternehmen von Bedeutung, die der Sicherung von Arbeitsplätzen dienen. In diesem Sinne kommen der Landwirtschaft und dem Gartenbau unter Beachtung des Naturhaushaltes die Aufgaben zu, nachhaltig zur Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Nahrungsmitteln, zur Wirtschaft mit Rohstoffen, zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen wie auch zur Gewinnung von erneuerbaren Energien sowie zur Kulturlandschaftspflege und Erholungsvorsorge beizutragen. Beteiligung der betroffenen Akteure etabliert. Dieser Ansatz und die darauf aufbauende Kooperation, auch für die verbleibenden Flächen eine Struktur gemeinsam zu entwickeln, die den Anforderungen der landwirtschaftlichen Bewirtschafter gerecht wird, sind bewährte Instrumente geworden. Weiterhin hat sich von kommunaler Seite ein strategisches Flächenmanagement zur Lösung derartiger Probleme als entscheidend erwiesen, um Spielräume auf Flächen im kommunalen Eigentum (strategischer Flächenerwerb) entwickeln zu können. Wichtig in diesem Zusammenhang ist zudem die Kooperation auf regionaler Ebene. Die Flächenstruktur der Betriebe ist nicht an kommunalen Gebietsgrenzen orientiert; zudem ist nur auf diesem Wege Flächenkonkurrenzen anderer Anforderungen zu begegnen. Hier ist insbesondere das interkommunale Kompensationsflächenmanagement von großer Bedeutung. Außerdem bietet die Struktur im Grünen Ring Leipzig mit der AG Landwirtschaft für die Belange der Landwirtschaft eine wichtige Kommunkations- und Kooperationsplattform. Wie überall in Großstädten und deren Umfeld ist im Kontext dieses Themas auch die Entwicklung des Reitsportes sowie die Nutzung von Grünlandflächen zur Pferdehaltung von Bedeutung. Reiterhöfe haben sich auch in Leipzig aus vormals landwirtschaftlichen Standorten (Stadtgütern und Hoflagen) entwickelt und sind in Bezug auf den Pferdebesatz der Flächen auch weiterhin an die (Förder-) Richtlinien des Agrarsektors gebunden. Als Pächter kommunaler Flächen unterliegen sie denselben Rechten und Pflichten wie die entsprechenden Landwirtschaftsbetriebe. Konfliktpotenzial besteht dabei weniger auf den Weide- und Wiesenflächen selbst, als vielmehr mit der eigentlichen Freizeitnutzung der umgebenden Landschaft für den Reitsport, da hier häufig landschaftlich attraktive Bereiche aufgesucht werden, die auch für den Naturschutz oder andere Erholungssuchende von Bedeutung sind. Funktionen Die Landwirtschafts- und Gartenbauflächen prägen die Lebens- und Umweltqualität der Stadt entscheidend mit. Mit ihrer Infrastruktur sowie ihrem ästhetischen und ökologischen Potenzial dienen auch die landwirtschaftlich und gartenbaulich genutzen Landschaftsräume in Leipzig vielen Menschen als Erholungsraum. So werden die Wege entlang der Wiesen und Felder zum Wandern, Radfahren und Joggen genutzt; die Menschen genießen die Weite der offenen Landschaft im Kontrast zur urbanen Dichte. Die Landwirtschaft sowie der Obst- und Gemüseanbau haben einen Anteil am Image eines lebendig grünen Leipzig. 96 Flächen des Gartenbaus, im Bild eine gemeinschaftlich betriebene Nutzfläche in Stüntz, können bereits durch ihr vielfältiges Erscheinungsbild zur Aufwertung der Stadt beitragen. Im Rahmen dieser Aufgaben sind die Landwirte wichtige Partner, um die Kulturlandschaft zu erhalten und zu entwickeln. Vor allem die Beweidung hat für die Bewahrung der Kulturlandschaft, historischer Landschaftsstrukturen und -bilder, aber auch für die naturschutzorientierte Bewirtschaftung großflächiger Kompensationsmaßnahmen eine hohe Bedeutung. Im Grünen Bogen Paunsdorf, rund um die Standorte der Autoindustrie im Leipziger Norden und Nordosten oder im Landschaftspark um den Cospudener See finden sich solche Beispiele. Nur mit dieser Kooperation und einer angemessenen Honorierung gelingt es, die hier prägenden Offenlandbiotope zu erhalten, historische Waldnutzungsformen (Hutewald) zu reaktivieren oder die Beweidung von Deichanlagen sicher zu stellen. Darüber hinaus werden auch weitere, teilweise kommunale Aufgaben von den Landwirten mit übernommen, so bei der Instandhaltung der Wege und Pflege der Flurgehölze. Landwirtschaftsflächen dienen insbesondere dort, wo sie über ausreichende Feldgehölze und Randstreifen verfügen, dem Arten- und Biotopschutz. Weitere wichtige Funktionen sind der Bodenschutz, der Wasser- bzw. Grundwasserschutz sowie der Klimaschutz. So sind die offenen Landschaftsräume jene Gebiete, an denen Kaltluft entsteht, die dem Siedlungsraum zuströmen kann. LEIPZIG 2030 Landwirtschaft und Gartenbau sind für eine funktionierende und lebenswerte Stadt und ihre Bewohner auch in Zukunft unverzichtbar. Sie erhöhen die Lebensqualität, tragen zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen bei. Ihr Anteil an der Versorgung der Stadt durch regionale Produkte wächst, befördert durch ein etabliertes Netzwerk „Landwirtschaft und Ernährung“ und den Ausbau der ökologisch orientierten Landwirtschaft im Stadtgebiet. Durch intensive Kommunikation, Kooperation und frühzeitige Einbindung der Unternehmen in struktur- und raumrelevante Planungs- und Entwicklungsentscheidungen ist es gelungen, die Agrarstruktur zu sichern und entsprechend der aktuellen Anforderungen zu entwickeln. Die Konzentration auf eine bauliche Innenentwicklung, qualifiziert durch eine entsprechende Freiraumentwicklung („Doppelte Innenentwicklung“), hat dazu beigetragen, die Flächeninanspruchnahme von Landwirtschaftsflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke sowie für entsprechende, hinzukommende Kompensationsflächen deutlich zu verringern. Grundlegende Ziele zum Erhalt und zur Entwicklung, wie die weitgehende Erhaltung von Offenlandbereichen, Strukturanreicherungen und der Schutz vor Zersiedelung sind im Landschaftsplan der Stadt Leipzig verankert. Landschaftsplanung, agrarstrukturelle Entwicklungsplanung und auch die Erholungsplanung der Stadt Leipzig greifen heute eng ineinander. Auch auf Projektebene werden diese Belange miteinander betrachtet und weisen vielfältige Synergien auf. Im Sinne dieser Synergien ist es einerseits gelungen, an vielen Stellen linienhafte Landschaftsstrukturen und gliedernde Pflanzungen zu reaktivieren, die nicht nur die Erlebnisqualität der landwirtschaftlich geprägten Freiräume, sondern auf den Nutzflächen auch die Bodenfruchtbarkeit erhöhen. Andererseits konnten auch bei der Sicherung und Entwicklung eines funktionsfähigen Wegesystems im Zusammenspiel von Erholungsnutzung und Landwirtschaft Fortschritte erzielt werden. Die Erhaltung, Pflege und Entwicklung der Kulturlandschaft gelingt nur in Kooperation mit der Landwirtschaft. Es ist gelungen, die Bedeutung, Wertschätzung und auch Honorierung des Beitrages der Landwirtschaft für eine attraktive und lebenswerte Stadtlandschaft zu erhöhen. Zusätzlich konnten neue „Standbeine“ bzw. Wertschöpfungsketten für die Bewirtschafter der historischen wie auch der neuartigen Kulturlandschaft (Bergbaufolgeund moderne Industrielandschaft) etabliert werden - so zum Beispiel im Freizeit-, Erholungs- und Tourismussektor oder im Bereich der Umwelt- und Gesundheitsbildung. Es ist gelungen, europäische Fördermöglichkeiten stärker zu nutzen, um auch die Landschaftspflegeleistungen, welche landwirtschaftliche Betriebe im Stadtgebiet erbringen, nachhaltig zu sichern. Die stärkere Ausrichtung der Agrarförderung auf nachhaltige und ökologische Flächenelemente (Feldgehölze, Dauergrünland, Blühstreifen und andere) hat das Erscheinungsbild der großflächigen, intensiven Landwirtschaft verändert. Es werden extensive parkartige Strukturen („Landwirtschaftsparks“) am Stadtrand entwickelt, welche Waldgebiete, Streuobstbestände und Landwirtschaftsflächen als Bestandteile des städtischen Freiraum- und Biotopverbundsystems einbeziehen. Durch ein strategisches, planerisch untersetztes Flächenmanagement ist es gelungen, einen Pool auch für zukünftige Landwirtschafts- und Gartenbauflächen vorzuhalten. Dabei konnten der regionale Ansatz und die entsprechenden Stadt-Umland-Beziehungen, gestützt auf die Strukturen des Grünen Ringes Leipzig, weiter ausgebaut werden. Wichtigster Anlass dafür ist die anhaltende Nachfrage nach unbelasteten Böden für die gartenbauliche und landwirtschaftliche Nutzung, sowie die weiterhin steigende Nachfrage nach regionalen und den Kriterien des ökologischen Landbaus genügenden Flächen. 97 98 zweiTER TEIL: Übergreifende Handlungsfelder 99 Stadtgrün und Gewässer für die Menschen: SozioKulturelle Aspekte 100 In Leipzig heißt es: Willkommen in unseren Grünanlagen und auf unseren Gewässern! Die herzliche Einladung ist Programm, die Funktionen unseres Stadtgrüns und der Gewässer sind in erster Linie sozialer Natur. Das Stadtgrün bietet den Menschen Orte der Ruhe und Entspannung. Die vielfältigen Nutzungen als Ort der Kommunikation und als Treffpunkt, als Stätte der ruhigen, passiven Erholung wie auch der aktiveren Nutzungsformen, so des Freizeit-, Breiten- und Leistungssportes und des Spieles wie auch die grundsätzliche Eigenart der Freiräume, für jeden jederzeit und frei zugänglich zu sein – diese und viele weitere Funktionen machen das Stadtgrün und die Gewässer zu überaus bedeutenden Elementen der sozialen Versorgung. Durch ihr Vorhandensein im unmittelbaren Wohnumfeld erlangen Grünräume und Gewässer auch unter gesundheitlichen Aspekten Bedeutung. Darüber hinaus sind die Freiräume samt der Gewässer in ihren vielfältigen Formen Orte der Kultur. Gemeint sind hier zunächst die Arten der kulturellen Nutzung, etwa durch Veranstaltungen. Ferner ist von den Formen des Zusammenlebens bis hin zu den Herausforderungen die Rede, welche die Inklusion an die öffentlichen Räume stellt. Fragen der Sicherheit und Ordnung sind ebenso als soziokulturelle Aspekte zu begreifen wie schließlich die Planungs- und Baukultur: Wie stellt sich die Gesellschaft mit ihren Formvorstellungen und Nutzungsansprüchen in den landschaftsarchitektonisch geformten Räumen dar? Diese Frage interessiert sowohl hinsichtlich der neuen oder umzugestaltenden Freiräume als auch im Hinblick auf den Umgang mit denkmalgeschützten Anlagen. Das Stadtgrün ist Ort der Begegnung und Kommunikation. Passive Erholung Foto Seite 100: Es gibt zahllose Formen der passiven wie auch der aktiven Erholung im Stadtgrün und auf den Gewässern. Die Menschen finden sowohl in ruhigen als auch in aktiven, bewegungsbetonten Formen im öffentlichen Freiraum Erholung. „Passive Erholung“ meint jene sanften Nutzungsformen, von denen keine Störungen für andere Erholungssuchende ausgehen und die selbst die Ruhe und natürlich geprägte Umgebung suchen. Passive Erholung spielt nach wie vor, trotz der Zunahme und Vielseitigkeit aktiver Nutzungsformen, eine zentrale Rolle unter den Funktionen des Stadtgrüns und der Gewässer! Viele Menschen erwarten von den grünen und blauen Freiräumen insbesondere, dass sie in ihnen Ruhe, naturnahe Eindrücke und Entspannung finden. Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Dynamik im Leben vieler Menschen unserer Gesellschaft, von Erscheinungen wie Stress und psychischen Belastungen kommt der passiven Erholung im Grünen oder an und auf den Gewässern besondere, kaum auf anderem Wege kompensierbare Bedeutung zu. 101 Das Angeln ist ebenfalls zu den passiveren Erholungsformen zu zählen. Passive Erholung beinhaltet den ruhigen, von geringer Aktivität geprägten Aufenthalt im Freien. Wenn Menschen spazieren gehen, gemächlich radeln oder mit dem Boot fahren, geben sie sich der passiven Erholung hin. Sie halten stehend inne, sitzen auf Bänken oder lagern auf dem Rasen. Sie nehmen ihre Umgebung, die vorwiegend von Vegetation und der in ihr lebenden Tierwelt geprägt ist, mit allen Sinnen wahr: Sie lauschen den Vogelstimmen und dem Rauschen des Windes, sie riechen die Blüten und Aromen der Blätter, sie schmecken Früchte der Natur und erfahren die Vielgestalt ihrer Umgebung. Die städtischen Freiräume sind damit auch wichtige Orte der Umweltbildung. Darüber hinaus genießen die Bürgerinnen und Bürger die frische Luft und die Abkühlung, welche die Pflanzen und Gewässer an heißen Tagen erzeugen. Sie nehmen Wettereinflüsse und den Wandel der Jahreszeiten auf. Für diese Art der Erholung bieten grüne und blaue Freiräume ein einzigartiges, durch nichts zu ersetzendes Potenzial. Ansonsten sind derartige Erfahrungen erst außerhalb der Stadt, in den landschaftlich geprägten Räumen des Umlandes, wieder möglich. Die städtischen Freiräume sind daher eine unverzichtbare Grundlage für die Gesundheit und die Rekreation der Bevölkerung und diesbezüglich auch von hoher wirtschaftlicher Bedeutung. Gesundheit Die städtischen Freiräume wirken sich in vielerlei Hinsicht positiv auf die Gesundheit aus. Das Stadtgrün und die Gewässer leisten nicht nur durch die beschriebenen Möglichkeiten zur ruhigen Erholung wie zur aktiven, oft sportlichen Betätigung einen Beitrag zur Gesundheitsförderung (siehe Kap. 102 Aktive Erholung). Sie tragen darüber hinaus in der Stadt auch durch Staubfilterung und -bindung sowie kleinklimatische Effekte zu gesunden Umwelt- und Lebensbedingungen bei. Dieser Aspekt ist in der Geschichte des Städtebaues eine entscheidende Motivation gewesen, die Entwicklung öffentlicher Grünflächen voranzutreiben. Insbesondere im Zuge der Industrialisierung mit der einhergehenden Urbanisierung seit der Gründerzeit wurden mit Fokus auf die sozialen und gesundheitlichen Funktionen von Grün- und Freiräumen bahnbrechende Konzepte für die Stadtentwicklung erarbeitet und umgesetzt. Es entstanden Grüngürtel, Stadtplätze, Parks und Gärten in den Quartieren. Unter dem Stichwort „Hygiene“ rückten sanitäre und funktionale Aspekte des Stadtgrüns und der Gewässer in den Vordergrund. Auch die Errichtung von Gartenstädten, die Schaffung der großflächigen Volksparks mit Spiel- und Sportanlagen sowie Kleingartenanlagen geschah im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert unter der Motivation, den ungesunden Lebensverhältnissen vor allem der Arbeiter entgegen zu wirken. Heute stehen die Themen Gesundheit, gesunde Lebenbedingungen und Gesundheitsförderung wieder im Fokus der Gesellschaft, insbesondere der städtischen Bevölkerung. Sie sind wichtige Aspekte der Stadt- und Freiraumentwicklung, auch unter den Vorzeichen des Klimawandels. Aus diesem Grund hat sich das Amt für Stadtgrün und Gewässer aktiv diesen Themen gewidmet und am Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „Grün, natürlich, gesund: Die Potenziale multifunktionaler städtischer Räume“ mitgearbeitet und ist intensiv in die Arbeiten zur „gesundheitsförderlichen Umwelt“ in Leipzig im Rahmen des GesundeStädte-Netzwerkes eingebunden. Lärmimmissionen Ruhe und Abschirmung vor Lärm, der etwa von den Verkehrswegen, aber auch von aktiven Erholungsformen ausgehen kann, ist dabei eine entscheidende Voraussetzung für passive Erholung. Neben raumbildenden und lärmschützenden Maßnahmen ist dazu in vielen Fällen eine ausreichende Flächengröße vonnöten. In Leipzig sind daher vor allem der Wald, die Gewässer und die Erholungsgebiete, die großen Parks, Friedhöfe und Kleingartenanlagen jene Orte, die zur passiven Erholung am besten geeignet sind. Hier haben die sanften Erholungsformen einen Schwerpunkt. Im Rahmen der Lärmaktionsplanung wurden vom Amt für Umweltschutz ruhige Gebiete in unterschiedlichen Kategorien identifiziert. Sofern es sich um größere Parkanlagen handelt, in denen der Nutzungsdruck durch Erholungssuchende und Sporttreibende zu Lärmentwicklungen führt, ist die Schaffung von Ruhezonen eine sinnvolle Maßnahme, die auch der Lärmaktionsplan herausgearbeitet hat. Leipzig im Jahr 2030 Städtische Freiräume sind Orte der passiven Erholung geblieben. Ausgedehnte ruhige Gebiete wurden konsequent erhalten, Ruheräume und –inseln wurden gezielt geschützt und ergänzt. Damit die Menschen auch in den wohnungsnahen Freiräumen Ruhe und Entspannung finden, wurde auch im kleinen Maßstab der Schaffung von Rückzugsbereichen Sorge getragen. Diese Elemente des Stadtgrüns haben vor allem für Menschen besondere Bedeutung, die weniger mobil sind. Der Barrierefreiheit für diese Art der Nutzung in Wohnungsnähe wurde daher besonderes Augenmerk gewidmet. Durch die Schaffung und Ausweisung von Ruhe- und Aktivzonen in den hoch frequentierten Parks und Grünanlagen und durch die gezielte Lenkung von Besucherströmen und Veranstaltungen in bestimmte Bereiche konnte auf Grundlage einer entsprechenden Rahmenplanung das Konfliktpotenzial verringert werden. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit wurde für gegenseitige Rücksichtnahme in den städtischen Freiräumen und auf den Gewässern geworben. Durch die Kennzeichnung von sogenannten Fairnesszonen wurde vor Ort zur gegenseitigen Rücksichtnahme aufgefordert, wo sich konfliktträchtige Nutzungen räumlich nicht separieren lassen. Den Aspekten der Selbstbindung und Selbstkontrolle bei der Einhaltung der geltenden Regeln wurde ein hoher Stellenwert gegeben. Wo dies nicht erfolgreich war, wurde unter Bezugnahme auf die kommunizierten Regeln deren Einhaltung eingefordert, so durch die Erhöhung der Präsenz in den öffentlichen Anlagen. Die ersten Sonnenstrahlen des Jahres locken zahllose Menschen in die Parks der Stadt, im Bild die Lenné-Anlagen des Promenadenringes. 103 Das Balancieren auf Slacklines gehört zu den neu aufgekommenen Betätigungen, die nicht ohne Risiko für die Vegetation sind. Aktive Erholung - dies umfasst die überaus vielseitigen und sich immer weiter entwickelnden Betätigungsformen im öffentlichen Freiraum. Eine Aufzählung dieser aktiven Erholungsformen muss daher stets unvollständig bleiben. Die häufigsten Aktivitäten sind aktuell: Spazierengehen, Wandern Joggen Nordic Walking Radfahren in verschiedensten Varianten Inline-Skating, Rollerski, Rollstuhlsport Boule, Vikingerschach Ballsportarten (Fußball, Handball, Volleyball, Basketball und andere) Aktive Erholung Tischtennis, Federball, Frisbee Dass die vielfältigen Elemente des Stadtgrüns und der Gewässer für die aktive Erholung freigegeben und bestimmt sind, hat in Leipzig eine lange Tradition. So besitzt die Stadt mit dem Mariannenpark ein bedeutendes Beispiel der Volksparkbewegung, die bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts die sozialen Aspekte des Stadtgrüns hervorhob. Die Stadt ist dieser Tradition heute mehr denn je verpflichtet, da ihre Freiräume und Gewässer in hohem Maße der Betätigung der Menschen im Freien dienen. Yoga, Gymnastik, Meditation Kraftsport, Fitness Akrobatik, Jonglieren Rodeln, Skilanglauf, Schlittschuhlauf Balancieren (Slackline), Klettern Rudern, Paddeln, Segeln, Surfen, Kiten Baden, Schwimmen, Tauchen, Angeln. Die aktiven Formen der Freiraumnutzung haben in den letzten Jahren in Leipzig einen großen Aufschwung und Wandel erfahren. Dies ist eine Entwicklung, die in vielen deutschen und europäischen Großstädten beobachtet wird. Nie wurden städtische Freiräume und Gewässer derart intensiv als aktiver Erholungsraum genutzt wie heute! Auch das Schlittschuhlaufen ist eine der (selteneren) Betätigungen im Park, hier: temporäre Spritzeisbahn im erholungsgebiet DölitzDösen. 104 Dies ist eine positive Entwicklung, ist sie doch eine Folge der Renaissance des urbanen öffentlichen Raumes. Zudem muss sie als Kompensation zur starken Veränderung der Arbeits- und Lebenswelt im Zuge der Digitalisierung verstanden werden. Die Menschen einschließlich der Kinder bringen mehr Zeit denn je vor Bildschirmen zu. Hierzu finden sie einen willkommenen Ausgleich in den öffentlichen Freiräumen der Stadt. Bevorzugt liegen diese Erholungsräume heute in der Nähe des Wohn- und Arbeitsortes. Entgegen früheren städtebaulichen Trends der Funktionstrennung besteht das Ziel heute darin, Wohnen, Arbeiten und Freizeit räumlich zu vereinen. Der Begriff der Naherholung gewinnt vor diesem Hintergrund neue Bedeutung – er bezeichnet das Ziel, dass die Menschen ihre Freizeit in oder in der Nähe der Stadt verbringen, ohne dafür große Strecken überwinden zu müssen. Abendliches Fußballmatch im Volkspark Kleinzschocher. Sportliche Aktivitäten Sport und Bewegung haben bei der Freiraumnutzung stark an Bedeutung gewonnen. Zugleich ist eine starke Differenzierung und Spezialisierung der Betätigungen zu beobachten. Allein der Radverkehr hat zahlreiche Sonderformen hervorgebracht, die besondere Anforderungen an die Freiräume stellen. Montainbiker, Rennradfahrer oder Downhill-Sportler stellen spezielle Anforderungen an den öffentlichen Raum. So haben sich die sportlichen Aktivitäten im öffentlichen Grün in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt und intensiviert. Sport wird in zunehmendem Maße individuell oder in freien Gruppen in den öffentlichen Freiräumen getrieben. Neben dem Freizeit- und Breitensport findet auch der Leistungssport in Leipzig im öffentlichen Grün und auf den Gewässern ein gern genutztes Trainingsgebiet. Rund zehn Prozent des Vereinssports finden schon heute im frei zugänglichen, öffentlichen Raum statt. In der Regel stellen diese Nutzungen kein Problem für die Anlagen dar. Auf einigen Flächen und bei kontinuierlicher Nutzung durch Mannschaftssportarten wie Fußball ist die Nutzungsintensität allerdings mittlerweile so hoch, dass diese Sportnutzungen deutliche Spuren hinterlassen. Die Flächen und deren Unterhaltung sind nicht auf derartige Dauerbelastungen ausgelegt, oder es kommt zu Nutzungskonflikten zwischen unterschiedlichen Nutzergruppen. Dies betrifft auch die Gewässer, wo Konflikte der aktiven Erholungsformen zur Fahrgastschifffahrt, zum Leistungssport sowie zu Zielen des Naturschutzes zu verzeichnen sind. Einige Nutzergruppen haben selbst die Nachhaltigkeit Ihrer Aktivitäten im öffentlichen Grün thematisiert und sich entsprechende Regeln auferlegt (z.B. Charta des City Boot Camps). Sie beteiligten sich bereits aktiv an der Erhaltung des von ihnen genutzten Grüns. Die demographische Entwicklung mit immer mehr älteren Menschen in der Gesellschaft hat ebenfalls veränderte Erholungsformen zur Folge. So sind sportliche Aktivitäten immer stärker mit Gesundheitsaspekten verknüpft. Bewegungs- und Betätigungsformen sind einem Wandel unterworfen, wie das Aufkommen des Nordic Walking gezeigt hat. Diese Funktionswandlungen haben wiederum Auswirkungen auf das Stadtgrün und die Gewässer, auf deren Anlage und Werterhaltung. Dass es nicht nur um die sportliche Betätigung an sich, sondern zugleich um die Aktivität in landschaftlich reizvoller Umgebung geht, ist im gegenwärtigen Trend zum Wandern ablesbar. Dieser Trend hat keineswegs nur die älteren Generationen erfasst, sondern begeistert durchaus auch jüngere Menschen und führt die Menschen weit bis in das Leipziger Umland. Die gegenwärtigen Betätigungsformen im öffentlichen Freiraum sind stärker erlebnisorientiert als früher. Die stillen Formen der passiven Erholung haben weiterhin ihre Daseinsberechtigung (siehe Kap. Passive Erholung). Das starke Bedürfnis danach ist vorhanden – vermehrt demgegenüber jedoch auch der Drang zum Erlebnis. Der soziale Kontakt und die Kommunikation werden zur Party, das Picknick wird durch das Grillen ergänzt; das Wandern erhält durch Geo-Caching neue Anreize. Auch diese Trends führen mitnunter zu Konflikten gegenüber dem Charakter der in Anspruch genommenen Flächen oder zwischen den Wünschen verschiedener Nutzergruppen. Besondere Aufmerksamkeit muss daher der Vernetzung unterschiedlicher Räume, Flächen und Angebote und damit dem Wegesystem gewidmet werden. Gerade Sportarten wie Radfahren und Joggen sind darauf angewiesen. Aber auch für platz- oder anlagengebundene Sportarten, für die unsere Grünanlagen zahlreiche Möglichkeiten bieten, ist die Vernetzung unter dem Aspekt der Erreich105 Parks sind die attraktivsten, führen sie doch durch eine grüne, erholsame Umgebung fernab des motorisierten Verkehrs, auch wenn ihre Wegeoberflächen noch nicht überall hohen Anforderungen genügen. barkeit von großer Bedeutung. Mit einer guten Verknüpfung und Anbindung an die Quartiere steigt der Einzugsbereich dieser speziellen Angebote, die mitunter nicht in jedem Stadtteil vorhanden sind. Gleichzeitig tragen Sport- und Freizeitangebote in Wohnungsnähe, die Grünanlagen und Bolzplätze vor der Haustür, deutlich zur Entlastung der stark frequentierten Freiräume bei. Für flächengebundene, das heißt auf bestimmte Plätze, Geräte oder Infrastruktur angewiesene Sportarten, kann das öffentliche Grün nur begrenzt Räume zur Verfügung stellen. Die Integration dieser Angebote bedarf einer gezielten Rahmenplanung. Das Radfahren entlang der Gewässer ist von besonderem Reiz, hier im Richard-Wagner-Hain. Gleichzeitig erlangen Radwege auch zunehmend touristische Bedeutung, sie erschließen touristische Höhepunkte und landschaftliche Besonderheiten der Stadt, aber auch der Region, verbinden damit umliegende Städte und Gemeinden und tragen so auch dazu bei, das Heimatgefühl und die Verbundenheit der Bewohner der Region selbst zu stärken. Hier ist insbesondere auf die Bedeutung des Wegesystems, aber auch die weit darüber hinaus gehende Kooperation der Städte und Gemeinden in der Organisationsstruktur des Grünen Rings Leipzig hinzuweisen. Das Leipziger Radwegenetz ist über den inneren und äußeren Ringradweg sowie radiale Verbindungen intensiv mit dem Umland verknüpft. Zudem sind die Leipziger Radwege in regionale und überregionale Netze eingebunden. (siehe Kap. Interkommunale Kooperation). Der enorme Zuspruch birgt Konfliktpotenzial gegenüber anderen Erholungsund Fortbewegungsformen. Er verlangt allen Verkehrsteilnehmern Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme ab. In hochfrequentierten Bereichen sind planerische Antworten der Verkehrslenkung, der Separierung des Radfahr- und des Fußgängerverkehrs sowie der Wegeverbreiterung notwendig. Radverkehr Das Fahrradfahren gewinnt in Leipzig eine immer größere Bedeutung. Sein Anteil wird sich künftig weiter erhöhen. Im „Radverkehrsentwicklungsplan 2010 – 2020“ sind drei messbare Ziele zur Förderung des Radverkehrs festgelegt. So soll der Radverkehrsanteil an den täglichen Wegen der Menschen durchschnittlich von 14,4 Prozent (2008) auf 20 Prozent bis 2020 steigen. Zudem soll die Verkehrssicherheit für Radfahrer verbessert und die Attraktivität des Radverkehrssystems insgesamt gesteigert werden. Die Förderung des Radverkehrs ist ein wichtiger Bestandteil der integrierten Verkehrsplanung in Leipzig. Die Radwege im öffentlichen Verkehrsraum haben sich seit dem Jahr 1990 von 74 Kilometer auf über 400 Kilometer mehr als vervierfacht. Darüber hinaus sind die meisten der Leipziger Grünverbindungen für den Radverkehr freigegeben. Die Fuß- und Radwege entlang der Flüsse, durch den Auwald und durch die größeren 106 Der Radverkehr auf den öffentlichen Wegen des Grünsystems führt zudem zu erhöhtem Verschleiß und damit einem steigenden Pflege- und Unterhaltungsaufwand sowie zu verkürzten Intervallen der grundhaften Sanierung. Der Investitions- und der Unterhaltungsaufwand steigen. Im Besonderen betreffen dies die weniger befestigten Oberflächen (sandgeschlämmte Schotterdecken, wassergebundene Decken oder unbefestigte Waldwege). Diese haben jedoch im Leipziger Freiraumsystem weiterhin ihren festen Platz, da sie zum Charakter bestimmter Anlagen und Landschaftsräume gehören und bei entsprechender Unterhaltung gut nutzbar sind. Leipzig im Jahr 2030 Die öffentlichen Räume in Leipzig stehen aktiven Erholungsnutzungen stets frei und unentgeltlich zur Verfügung. Die städtische Freiraumpolitik stellt den Bürgern und Gästen eine vielseitige und funktionsfähige grün-blaue Infrastruktur bereit, die das Image einer lebendig grünen Stadt am Wasser prägt und die Stadt mit dem Umland verbindet. Das bestehende Erholungsangebot wurde in hoher Qualität gesichert und ausgebaut. In diesem Kontext wurden für bestimmte Nutzungen auch Flächen im Umfeld der öffentlichen Grünanlagen einbezogen, um alternative Angebote in Verbindung mit dem öffentlichen Grün zu entwickeln. Eine Diskussion über die Mehrfachnutzung von Sport- und Schulflächen, wie Sie zum Beispiel in der Stadt Wien seit Jahren unter dem Motto „einfach - mehrfach“ stattfindet, erwies sich als unumgänglich. Sie führte zu einer Entlastung der durch Mannschaftssportarten stark strapazierten Parks und Grünanlagen. Nicht jeder Freiraum muss alles leisten. Die Lenkung auf geeignete, gegebenenfalls auch bislang nicht beanspruchte, „unentdeckte“ Flächen oder Anlagen auch über die Stadtgrenzen hinaus war hilfreich im Sinne einer konfliktarmen Nutzung. Den intensivierten Bereichen wurden an anderer Stelle Gebiete mit extensiver Nutzung und entsprechender Pflege gegenüber gestellt. Für die Wasserflächen wurden weitere Differenzierungen für verschiedene Nutzungsarten vorgenommen, orientiert an Gewässermorphologie, Wasserqualität, Einzugsgebiet und Naturschutzbelangen. Maßnahmen zur räumlichen Gliederung, zur Schaffung von Themenbereichen sowie von getrennten Wegeführungen wurden geprüft und umgesetzt. Nutzer wurden „sanft“ von Räumen ferngehalten, indem sie durch besondere Attraktivität (gastronomische Einrichtungen, Spiel- und Sportangebote) in andere Freiräume gelenkt wurden. Trotz des Konfliktpotentials bleibt das Radfahren in unseren Anlagen grundsätzlich auf den Wegen zugelassen. Zum Schutz anderer Nutzungen oder um anderen Nutzungen wie Spazierengehen, Spielen etc. den Vorrang zu geben, wurde im Einzelfall das Radfahren auf bestimmten Wegen bzw. in bestimmten Räumen durch bauliche Maßnahmen (Schwellen, „schlafende Polizisten“) gelenkt und in Ausnahmefällen auch untersagt. Die Differenzierung der Wegebeläge je nach Nutzungsintensität trug zu einer Verbesserung des Zustandes bei. In Extremfällen hoher Verkehrsdichte (z. B. Cospudener See) war die räumliche Trennung langsamer und schneller Fortbewegungsarten eine planerische Option. In besonderen Bereichen, wo sich durch Nutzungsüberlagerungen Probleme ergeben könnten, wurde durch sogenannte „Fairnesszonen“ auf die gegenseitige Rücksichtnahme besonders hingewiesen. Gleiches galt für die Gewässer, wo die Ströme der Erholungssuchenden, des Breiten- und des Leistungssports wie die Fahrgastschiffe zu lenken und zu harmonisieren waren, so dass auch die bedeutsamen sportlichen Entwicklungen weiter verfolgt werden konnten. Entscheidende Grundlage war hier der interkommunale bzw. regionale Ansatz und das Wassertouristische Nutzungskonzept mit seinen räumlichen und zeitlichen Empfehlungen, wo und wann welche Nutzungsarten erlaubt sind. Von rund 225 Kilometern Wasserwegen werden ca. 200 Kilometer durch die Menschen differenziert genutzt. Der Bau von Steganlagen an den Gewässern, die den Bürgerinnen und Bürgern freien Zugang mit Booten ermöglichen und die Nutzung auf verträgliche Bereiche lenken, wurde weiter vorangebracht. Nicht für jede (Trend-)Sportart können öffentliche Flächen zur Verfügung gestellt werden. Sobald aber aus der Bürgerschaft heraus eine mittel- bis langfristige Lösung zum Betreiben derartiger Angebote entwickelt und ein Bedarf in der Bevölkerung deutlich wird, ist es Aufgabe des Amtes für Stadtgrün und Gewässer, die Flächensuche in enger Kooperation mit dem Amt für Sport und in Absprache mit anderen Ämtern und Dritter zu unterstützen. Die Leipziger Gewässer sind nicht zuletzt Orte des Sports und der aktiven Erholung, im Bild Triathleten am Kulkwitzer See. 107 Veranstaltungen und Gastronomie Die städtischen Freiräume – es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen – sind die Orte, an denen die Stadt per se als Gemeinwesen, als städtische Bühne und öffentlicher Raum wahrgenommen wird. Die Parks und Plätze, die großen Erholungsgebiete wie die kleineren Grünanlagen sind jene städtischen Räume, in denen die Menschen einander begegnen, wo sie sich treffen, miteinander kommunizieren. Orte wie die Sachsenbrücke oder der Richard-Wagner-Hain, der Lene-Voigt-Park oder das Mendelssohnufer haben sich als stark frequentierte Treffpunkte etabliert. Die zentralen Parkanlagen wie der Johannapark und der Clara-Zetkin-Park sind bedeutende städtische Orte für Jung und Alt. Die Besucherzahl dieser beiden Parks wird aktuell jährlich auf rund zwei Millionen geschätzt. Die Parks sind begehrte Veranstaltungsorte unterschiedlichster Formate, hier: Übertragung eines Fußballspiels. Die Begegnung der Menschen, ihre Kommunikation und ihr soziales Miteinander sind zentrale Funktionen des Stadtgrüns und der Gewässer. Es ist das Anliegen der Stadt, die Freiräume in diesem Sinne für alle nutzbar und zugänglich zu machen. Vorrangig erfolgt diese Nutzung individuell; man trifft sich im Park allenfalls in kleineren Gruppen. Die Möglichkeit und Freiheit, sich im öffentlichen Grün ungezwungen zu treffen, hier zu sein und zu kommunizieren, gilt es auch in Zukunft zu gewährleisten und wo immer machbar zu ermöglichen. Die Erhaltung und Entwicklung beruhigter Rückzugsräume innerhalb der Anlagen hat hier hohe Bedeutung. Spezielle Räume, die diese Funktion in Verbindung mit Aufenthalt und Begegnung im Grünen befördern, entwickeln sich dynamisch und zunehmend auch aus bürgerschaftlicher Initiative. Insbesondere die neuen gemeinschaftsorientierten Gartenprojekte (Urban gardening, Urban farming) entfalten wichtige soziale Funktionen: Sie sind Treffpunkte, Orte der Identifikation und Integration, leisten wichtige Beiträge zur Umweltbildung und zur Gesundheitsvorsorge. Sie sind auch aufgrund dieser Funktionen von der Stadt zu unterstützen (siehe Kap. Gemeinschaftsgärten sowie Brachflächen). Darüber hinaus bewilligt die Stadt jährlich rund 200 Anträge zu Veranstaltungen in den Anlagen des öffentlichen Grüns. Das Stadtgrün ist ein wichtiger Kulturund Sportstandort. Konzerte, Freilichtkino- und Theateraufführungen, Kunstinstallationen und –ausstellungen, Feste, Tanzveranstaltungen, Turniere und vieles mehr findet vorrangig in den Sommermonaten „im Grünen“ statt. In der Regel tragen diese Kulturveranstaltungen zur Erhöhung der Attraktivität der Anlagen bei, sie steigern deren Akzeptanz und ihren Bekanntheitsgrad. So haben beliebte 108 Formate wie der „Hörspielsommer“ zur öffentlichen Wahrnehmung des zunächst wenig beachteten Richard-Wagner-Hains immens beigetragen. Unsere Grünanlagen, aber auch das Gewässernetz werden dabei immer häufiger auch zum Ort von kulturellen, sportlichen und anderen Großveranstaltungen unterschiedlicher Veranstalter mit oft kommerziellem Interesse und zum Teil hohen Besucherzahlen. Diese Entwicklung gilt es konstruktiv zu steuern, um die Hauptfunktion der Anlagen für den öffentlichen und möglichst ungestörten Nächtliche Theater­ aufführung im WilhelmKülz-Park im Oktober 2013. Gebrauch, vor allem zu Erholungszwecken, nicht zu beeinträchtigten. Dem seit einigen Jahren international zu beobachtenden Trend der „Eventisierung“ und der Kommerzialisierung des öffentlichen Grüns in den Großstädten sind daher Grenzen zum Schutz des Bestandes und der alltäglichen Nutzungen zu setzen. Gastronomische Einrichtungen können sehr zur Erhöhung der Attraktivität und Nutzungsintensität von öffentlichen Freiräumen beitragen. Sie werden von der Bevölkerung stark nachgefragt und genutzt. Mit Erfolg werden auch alternative Formen der gastronomischen Versorgung (Kaffeefahrrad, Imbisswagen) im Freiraum zugelassen. Problematisch ist mitunter die Tatsache, dass aus dem privilegierten Standort ortsfester gastronomischer Betriebe im Grünen kaum unmittelbar Mittel zu diesem Grün zurückfließen, um den erhöhten Pflegeaufwand im Umfeld der Einrichtungen zu kompensieren. Die Bereitstellung von öffentlichen Toiletten ist bei Veranstaltungen, aber auch im alltäglichen Gebrauch der Grünanlagen von großer Bedeutung. Erreichbarkeit und Barrierefreiheit der Toiletten sind insbesondere in den großen Parks und in den Erholungsgebieten zu berücksichtigen. Hier gibt es Nachholbedarf. Leipzig im Jahr 2030 Es sind großzügige städtische Freiräume erhalten geblieben, die von ökonomischen Erwägungen und Großveranstaltungen weitgehend ausgenommen sind, wie zum Beispiel der Mariannenpark oder der Palmengarten. Andere ausgewählte Freiräume und auch Parkanlagen, wie zum Beispiel das Rosental, der Clara-Zetkin-Park oder der Agrapark, bieten dagegen regelmäßig Platz und Kulisse für Großveranstaltungen, von denen auch eine touristische Wirkung ausgeht. Die öffentliche Nutzbarkeit ist das höchste Gut der öffentlichen Grünflächen und des Gemeingebrauchs der Gewässer. In diesem Sinne werden Events nur genehmigt, wenn sie nicht zu Lasten dieser öffentlichen Nutzbarkeit gehen und diese höchstens kurzfristig beeinträchtigen und keine irreversiblen Schäden im Bestand zu erwarten sind. Die Nachsorge wurde weiterreichend in die Verantwortung der Veranstalter gelegt. Dazu wurden strikte Modelle der Kooperation und Finanzierungsübernahme mit Sicherheitshinterlegungen entwickelt, die diese Nachsorge so gewährleisten, dass eine nachhaltige Sicherung der Funktionen unserer Anlagen garantiert ist. Der Imbisswagen im Richard-Wagner-Hain hat nicht unwesentlich zu dessen Wiederentdeckung beigetragen. Die Ansiedlung und der nachhaltige Betrieb gastronomischer Einrichtungen in den Grünanlagen und an den Gewässern wird weiterhin begrüßt. Entsprechenden Genehmigungen liegt eine umfassende Abwägung im Verhältnis zu Charakter und Größe der Anlage sowie denkmalpflegerischen und funktionalen Interessen der öffentlichen Nutzung zugrunde. Die Empfehlung des Tourismuswirtschaftlichen Gesamtkonzeptes, wassertouristische Anlagen mit gastronomischen und kulturellen Einrichtungen zu vernetzen und somit Besucher zu lenken, hat sich bewährt. Diese wird mittlerweile auch umgesetzt, um die touristische Attraktivität der vielfältigen, von historischer wie auch von zeitgenössischer Landschaftsarchitektur geprägten Leipziger Parks und Gärten zu erhöhen. Neben bleibenden Niederlassungen hat sich die Vergabe von Lizenzen für temporäre Gastronomieangebote (Imbiss-Stände, Kaffeefahrräder und anderes) weiter erfolgreich etabliert. Um Gastronomie und Stadtgrün sowie Gewässer zum gegenseitigen Nutzen zusammenzuführen, haben sich zeitlich angemessene Laufzeiten von Pachtverträgen sowie konkrete Auflagen hinsichtlich der möglichen Ausdehnung und Gestaltung als wichtige Instrumente erwiesen. Die Betreiber habe ihre Lagegunst in und nahe von attraktiven Grünanlagen und Gewässern schätzen gelernt und leisten einen regelmäßigen freiwilligen Beitrag zur Unterhaltung und Entwicklung des öffentlichen Raumes. Kinder- und seniorengerechte Planungen beziehen öffentliche Toiletten im Stadtgrün und an den Gewässern ein. Wo gastronomische Einrichtungen Kundentoiletten anbieten, sind diese gegen eine geringe Nutzungsgebühr grundsätzlich auch der Allgemeinheit zugänglich. 109 inklusion Inklusion, also die gleichberechtigte Bereitstellung von Lebensbedingungen für alle Menschen unabhängig von individuellen Fähigkeiten, ethnischer wie sozialer Herkunft, Geschlecht oder Alter, ist ein für das öffentliche Grün überaus bedeutsames Thema. Definition Inklusion beschreibt die Vision gesellschaftlicher Akzeptanz, Wertschätzung und Teilhabe aller Menschen in ihren Individualitäten, Möglichkeiten und Fähigkeiten. Dabei müssen sich die Menschen nicht gesellschaftlichen Strukturen anpassen, sondern vielmehr passt die Gesellschaft ihre Strukturen so an, dass sich alle Menschen mit ihren individuellen Merkmalen darin frei bewegen können und die Teilhabe jedes Einzelnen möglich ist. Ein solches Konzept der Inklusion wird abgegrenzt vom Ansatz der Integration, welche die Annahme der Andersartigkeit beibehält und festigt, indem „die Anderen“ in „das Normale“ eingefügt werden. Mit dem Ziel der Inklusion ist eine Änderung unserer Alltagskultur verbunden, das heißt von Werten, Normen, Vorschriften, Techniken, Strukturen usw. In diesem Sinne gilt es auch Gestaltung und Nutzbarkeit der öffentlichen Grünräume und Gewässer diesem Ziel entsprechend auszurichten. Fragen der Barrierefreiheit der Erschließung, der Orientierbarkeit und der Bereitstellung von Freizeitund Erholungsmöglichkeiten für alle Bevölkerungsgruppen stellen große Herausforderungen an die Planung und Unterhaltung von öffentlichen Freiräumen und Gewässern. Letztere sind unter anderem mit barrierefreien Zugängen, Steganlagen und Einstiegstellen sowie mit der Information und Öffentlichkeitsarbeit über Nutzungsmöglichkeiten und Angebote betroffen. Zentrales Thema der Teilhabe an der Nutzung des öffentlichen Grüns ist aktuell vor allem die „Barrierefreiheit“. Dieses Thema wiederum fokussiert vor allem auf Menschen mit Behinderungen sowie auf die steigende Zahl an älteren und hochbetagten Menschen. Über 20 Prozent der deutschen Bevölkerung sind älter als 65 Jahre, Tendenz steigend. Eine „altersgerechte“ Planung und Ausstattung des öffentlichen Raumes muss dieser Entwicklung Rechnung tragen. Die barrierefreie Nutzbarkeit der Freiräume ist dabei ein zentrales Thema, aber auch Fragen der Orientierbarkeit, des Sicherheitsaspektes und der Gesunderhaltung durch altersgerechte Formen der Erholung spielen eine große Rolle 110 Alltag in der Grünanlage am Thomaskirchhof Der alle Menschen umfassende Anspruch der Inklusion geht aber weit über diese Gruppen hinaus, die aktuell im Fokus der Diskussionen stehen. Die Freiräume sind so zu gestalten und zu unterhalten, dass jeder Mensch die Möglichkeit erhält, das Angebot gleichberechtigt zu nutzen und sich an allen gesellschaftlichen Prozessen ungehindert zu beteiligen. Die Beteiligungsprozesse zur Planung, Umsetzung und Nutzung sind so zu organisieren, dass alle Bevölkerungsgruppen Zugang und Gehör (auch sprachlich) finden. Bei der Planung von Spielbereichen sind die besonderen Belange von Kindern mit Beeinträchtigungen ebenso zu berücksichtigen wie bei der Auswahl von Sitzgelegenheiten und anderen Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten. Kulturelle Herkunft bestimmt das Freizeit- und Nutzungsverhalten im öffentlichen Raum und damit auch die Anforderungen an dessen Gestaltung. In vielen Kulturen findet das familiäre und gesellschaftliche Leben viel weitreichender als in unserem Kulturkreis draußen statt. Öffentliche Freiräume sind Orte der Begegnung und für Zusammenkünfte. Das bedeutet, es müssen auch Möglichkeiten und Flächen für derartige Nutzungen und Funktionen bereit gehalten werden und in der Diskussion von Regelungen und gewünschten Beschränkungen müssen entsprechende Auswirkungen auf diese Anforderungen berücksichtigt werden. In Bezug auf Menschen mit Behinderungen gilt es, das 2006 von der UNO-Generalversammlung in New York verabschiedete und im Jahr 2008 in Kraft getretene Leipzig im Jahr 2030 Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen umzusetzen. Der von der Bundesrepublik und der Europäischen Union ratifizierte Vertrag konkretisiert die Menschenrechte für die Lebenssituation behinderter Menschen, um ihnen die gleichberechtigte Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Hier finden sich neben grundlegenden Festlegungen zu allgemeinen Menschenrechten wie dem Recht auf Leben oder dem Recht auf Freizügigkeit viele spezielle Bestimmungen, die auf die Lebenssituation behinderter Menschen eingehen. Die vielfältig nutzbaren Grün- und Gewässerstrukturen der Stadt stehen allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern sowie Ihren Gästen zur Verfügung, d. h. Menschen aller Bevölkerungsgruppen können Ihre Freizeit hier nach persönlichen Vorlieben und Interessen verbringen. Das Angebot an grüner und blauer Infrastruktur wird von allen intensiv angenommen und trägt wesentlich zur Durchmischung der Stadtbevölkerung in sozialer Hinsicht bei. Der öffentliche Freiraum mit seinen Grün- und Gewässerstrukturen ist der Ort, an dem sich Arm und Reich, Jung und Alt, Menschen mit unterschiedlich ausgeprägten Fähigkeiten, Angehörige verschiedenster Kulturkreise, Mobilität, Bildungsgrade und Berufe begegnen und Ihre Freizeit individuell oder in Gruppen verbringen können. Unter den Grundsätzen der Konvention sind für die Außenräume der Stadt insbesondere von Belang: die Nichtdiskriminierung; die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft; die Chancengleichheit; die Zugänglichkeit; die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechtes auf Wahrung ihrer Identität. Universal Design verfolgt das Ziel, Freiräume so zu gestalten, dass sie für die größtmögliche Vielfalt von Menschen gleichberechtigt genutzt werden können. Diesen Ansatz verfolgen wir mit Blick auf das Gesamtnetz der grünen und blauen Infrastruktur. Auch wenn es aufgrund der vorhandenen räumlichen Rahmenbedingungen nicht in jedem Fall gelingen wird, Barrierefreiheit beim Zugang zu Grün und Gewässern umzusetzen, so ist dieser Aspekt immer mit höchster Priorität zu prüfen und darf nur im Ausnahmefall unberücksichtigt bleiben, wenn an anderer Stelle im Gesamtnetz der grünen und blauen Infrastruktur ausreichend barrierefreie Zugänge zur Verfügung stehen, welche die Nutzbarkeit gewährleisten. Das Informationsangebot des Amtes für Stadtgrün und Gewässer vor allem im Internet ist barrierefrei, das heißt die wesentlichen Informationen sind auch blinden und sehschwachen Nutzern zugänglich. Der Spielplatz am Auensee besitzt Elemente, die auch für Kinder mit Behinderungen gut nutzbar sind. Sprachbarrieren wurden durch die intensive Nutzung von Sprachmittlern in Beteiligungsprozessen sowie im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit (Informationsmaterialien) abgebaut. 111 Planungs- und Baukultur Das Stadtgrün wie auch die Gewässer einer Stadt sind wie die Gebäude Spiegel ihrer Planungs- und Baukultur. Leipzig verfügt in dieser Hinsicht über große Traditionen, von denen zahlreiche Parks, Gewässer und ihre Ufer, viele Plätze, Friedhöfe und andere Freiraumkategorien bis hin zu Sondergärten bis heute Zeugnis ablegen. Leipzig heute Auch in der jüngeren Vergangenheit, inbesondere seit 1990, sind von Leipzig starke Impulse für die zeitgenössische Landschaftsarchitektur ausgegangen, die weit über die Grenzen der Stadt hinaus wahrgenommen und rezipiert wurden. Zahlreiche Preise bei nationalen und internationalen Wettbewerben sowie eine starke Resonanz in den fach- und populärwissenschaftlichen Medien sind sprechende Beweise dieser Tatsache. In erster Linie jedoch ist es die selbstverständliche und wohlwollende Nutzung der grün-blauen Infrastruktur durch die Menschen, welche dieser ihre Anerkennung verleiht. Denn die gelungensten Projekte sind nach Leipziger Selbstverständnis jene, welche durch die Bewohnerinnen und Bewohner angenommen, genutzt und geachtet werden. Die Von-Harck-Anlage am Bundesverwaltungsgericht stellt dem historischen Gebäude einen zeitgenössischen Außenraum zur Seite. Aus Konversionsflächen früherer Industrie-, Bahnverkehrs- und Militärareale sind neue Parks wie der Lene-Voigt-Park und der Grüne Bogen Paunsdorf im Leipziger Der Aids-Abeba-Platz zwischen Brüder- und Leplaystraße ist einem hohen baukulturellen Anspruch verpflichtet. 112 Osten, der Henriettenpark und der Stadtteilpark Plagwitz im Westen als vielbeachtete Park-Neuschöpfungen entstanden. Im Umgang mit den Problemen der zeitweise „schrumpfenden Stadt“ entstanden innovative Lösungsansätze unter dem Titel „Dunkler Wald“ und „Lichter Hain“ entlang der Wurzner Straße. Vielfältige Freiraumvernetzungen wurden entlang früherer Gleisanlagen unter anderem in Plagwitz und Schleußig sowie in Anger-Crottendorf entwickelt. Bereits bestehende Parks, Plätze und Grünanlagen wurden einer Sanierung, Umgestaltung und Erweiterung unterzogen. Große Beispiele dieser Arbeit sind der Stadtteilpark Rabet an der Eisenbahnstraße sowie die vielfältigen Grünflächen im Wohngebiet Leipzig-Grünau, aber auch innerstädtische Grünanlagen (von-Harck-Anlage, Adis-Abeba-Platz zwischen Brüder- und Leplaystraße, Grünfläche am Thomaskirchhof). Die Offenlegung verrohrter oder überwölbter Gewässer in der Innenstadt Leipzigs mit anspruchsvoll gestalteten Zugängen zum Wasser waren wie die Sanierung von Still- und Fließgewässern im Stadtgebiet von großer Wirkung für die Stadtentwicklung. Bei der Bewältigung der Hinterlassenschaften des Braunkohlenbergbaues am Cospudener See wurden ebenso wie mit der Einbindung der Gewerbeansiedlungen im Leipziger Norden Landschaften neuen Typs an der Peripherie Leipzigs geschaffen. Aktuelle Projekte zielen auf die Ergänzung und Erweiterung der gesamtstädtischen grün-blauen Infrastruktur wie auch auf Binnenentwicklung der Quartiere (Parks am Plagwitzer und am Bayerischen Bahnhof, Parkbogen Ost, Durchstich Karl-Heine-Kanal und andere). Der Anspruch bei der Offenlegung verrohrter Gewässer ist es, diese erreichbar und erlebbar zu machen. Die kurze, unvollständige Aufzählung jüngerer Projekte steht für eine hohe Bandbreite landschaftsarchitektonischer Aufgaben in Leipzig, bei denen kreative Lösungen für die spezifischen städtebaulichen oder landschaftlichen Herausforderungen des Ortes, für ökologische und funktionale, denkmalpflegerische und ästhetische Belange sowie Fragen der Werterhaltung gefunden wurden. Jeder der neu entstandenen oder umgestalteten Seen und Flussläufe, Parks, Gärten, Erholungsgebiete und Grünverbindungen gibt individuell Antwort auf die jeweilige Umgebung und die Ansprüche der im Planungsprozess frühzeitig eingebundenen Bürgerinnen und Bürger. Trotz des Trends zu weniger „durchgestalteten“, nutzungsoffeneren Arealen bedürfen städtische Freiräume stets auch raumbildender, funktionaler und gestalterischer Rahmenbedingungen, die durch landschaftsarchitektonische Eingriffe zu setzen sind. Zum urbanen Repertoire gehören nach wie vor Freiräume, deren Gestalt und Funktion spezifisch und deren Ausstattungsgrad und Pflegezustand hoch ist. Urbane Außenräume müssen erschlossen, zu Räumen unterschiedlichster Größe und Eignung geformt und – je nach städtebaulichem Zusammenhang und Funktion - in mehr oder minder starker Intensität auch gestaltet werden. Die Ästhetik städtischer Freiräume, ihre räumliche, materielle und pflanzliche Qualität ist eine wichtige Komponente, die zu den sozialen und kulturellen Aufgaben des Stadtgrüns und der Gewässer zu zählen ist. Landschaftsarchitektur in Leipzig ist grundsätzlich einem hohen planungsund baukulturellen Anspruch verpflichtet. Hohe Qualitätsstandards sind auch auf interkommunaler Ebene vereinbart und mit Kriterienkatalogen untersetzt. So wurde zuletzt auch in der „Charta Leipziger Neuseenland 2030“ die These „Höchste Baukultur als Bestandteil des Landschaftsumbaus verwirklichen“ mit dem Ziel verankert, Alleinstellungsmerkmale zu erzielen, die dem Leipziger Neuseenland ein unverwechselbares Gesicht mit hohem Wiedererkennungswert verschaffen. Gartendenkmale wie der Palmengarten unterliegen einem gesetzlichen Schutz. In aktuellen Planungsprozessen zeichnet sich dabei ab, dass die Nutzungsinteressen so individuell und wandelbar sind, dass in den Partizipationsverfahren zunehmend nutzungsoffene, nicht bis ins letzte Detail fixierte Anlagen gewünscht werden. Der Trend zu extensiver gestalteten und gepflegten Anlagen resultiert nicht allein aus den Möglichkeiten und Grenzen der Werterhaltung, sondern auch aus dem Wunsch der Menschen nach nutzungsoffenen, naturnahen und ökologisch vielseitigen Arealen. Die große, vielseitig nutzbare Wiese, der weite ungestörte Raum ist gerade in der Stadt von besonderem Wert. Historische Beispiele in Leipzig wie das Rosental, der Mariannenpark oder der Palmengarten zeigen ebenso wie jüngere Projekte (Lene-Voigt-Park), von welcher sozialen, funktionalen und auch ästhetischen Bedeutung die schlichte Weite ist. 113 Das Amt für Stadtgrün und Gewässer der Stadt Leipzig betreut die Sanierungs- und Neubauprojekte der im ersten Teil dieser Freiraumstrategie genannten Flächenkategorien von der Projektvorbereitung über die Planung, Genehmigung, Vergabe, den Bau bis hin zur Abrechnung und Projektdokumentation. Das Amt verfügt über eigene Kapazitäten zur Freiraum-Objektplanung in der Abteilung Planung und Bau, vergibt zudem zahlreiche Planungsleistungen an Landschaftsarchitekturbüros. Die Wiederherstellung des Rosengartens im Mariannenpark gelang mit Hilfe privater Spenden. Neben den Neugestaltungsaufgaben, die in der gewachsenen Stadt naturgemäß auf wenige, wegweisende Projekte beschränkt sind, besteht bereits in der Gegenwart die Hauptaufgabe im Umgang mit dem Bestand. Sanierungsmaßnahmen mit notwendigen Umgestaltungen und partiellen Erweiterungen sind der Alltag der landschaftsarchitektonischen Praxis in Leipzig. In diesem Zusammenhang ist der große Bestand an denkmalpflegerisch relevanten Objekten hervorzuheben, die dabei eine besondere Sensibilität erfordern. Über 500 Hektar der Leipziger Freiflächen unterliegen als Kulturdenkmale des Freistaates Sachsen einem besonderen Schutz. An der Erhaltung der Gartendenkmale besteht aufgrund ihrer städtebaulichen, geschichtlichen und gartenkünstlerischen Bedeutung ein öffentliches Interesse; Eingriffe bedürfen laut dem Sächsischen Denkmalschutzgesetz der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Die Stadt Leipzig hat im Jahr 2006 den Schwerpunkt „Unterhaltung Gartendenkmal“ folgerichtig als eine Pflichtaufgabe eingestuft. Im Amt für Stadtgrün und Gewässer der Stadt widmet sich das Sachgebiet Gartendenkmalpflege in der Abteilung Planung und Bau dieser besonderen Aufgabe. Gartendenkmale im städtischen Rahmen sind als historische Zeugnisse stets nutzbar, wobei ihrer Belastbarkeit je nach Art durchaus Grenzen gesetzt sind. Ein Volkspark wie der Mariannenpark, von Beginn an als vielfältig nutzbares, soziales Grün konzipiert, besitzt eine andere Strapazierbarkeit als ein feingliedriger Landschaftspark aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts oder ein Schmuckplatz. Probleme und Konflikte Der hohe bau- und planungskulturelle Anspruch an Bauprojekte im Außenraum kann aufgrund des finanziellen Budgets, konkurrierender Interessen und Gegebenheiten (Versorgungsleitungen, Verkehr, Hochbaumaßnahmen und anderes) nicht immer umgesetzt werden. Eine besondere Problematik bildet die Tatsache, dass Investitionen und entsprechende Förderprogramme die Herstellung, nicht aber die laufende Werterhaltung von Freiräumen betreffen. Ein Park oder Garten jedoch bedarf der ständigen Pflege. Das Unterbleiben kontinuierlicher Maßnahmen der Werterhaltung im Außenraum kann zu dessen Wertverlust führen. Die Fördermittelkulisse erlaubt es leider nicht, den Mehraufwand in der Werterhaltung von Gartendenkmalen zu finanzieren. Wechselflorfläche im Promenadenring, einem Gartendenkmal von besonderer Bedeutung. 114 Denkmalgeschützte Grünflächen im Kontext öffentlicher Gebäude sind mitunter vernachlässigte Bereiche im Hinblick auf denkmalschutzrechtliche Belange. Eine besondere Problematik sind zudem langfristige Erbpachtverträge für gastronomische und andere Einrichtungen in historischen Parks, welche die Restriktionen und Grenzen der Nutzung nicht hinreichend fixieren. Leipzig im Jahr 2030 Leipzig hat sich im Hinblick auf baukulturelle Belange des Stadtgrüns und der Gewässer weiter profiliert. An städtische Freiräume in Leipzig werden höchste gestalterische Anforderungen gestellt. Für neue Bauvorhaben und Umgestaltungen sowie für die laufende Werterhaltung der jeweiligen Freiraumkategorien wurden bindende Qualitätsstandards erarbeitet und angewendet. Die Behandlung ausgewählter Anlagen erfolgte auf Grundlage denkmalpflegerischer Zielstellungen in enger Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden. Die Erhaltung des Überkommenen in seiner Vielschichtigkeit und Authentizität ist das Kernziel der denkmalpflegerischen Bemühungen. Bildende Kunst hat im öffentlichen Freiraum Leipzigs wieder Einzug gehalten und Anziehungspunkte sowohl für die Bewohnerinnen und Bewohner als auch für Touristen geschaffen. Die frühzeitige Partizipation der künftigen Nutzer hat sich als unabdingbar und ausschlaggebend für den Erfolg von Projekten erwiesen. Wichtige Projekte wurden über das Instrument des Wettbewerbes zu hoher Qualität geführt. Auf gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen – Interkulturalität, demografischer Wandel, Klimawandel - wurden kreative, wissenschaftlich fundierte Lösungen gefunden. Das Funktionsprogramm der Freiräume wurde angesichts neuer Trends und Gewohnheiten neu überdacht; neue Formen wurden neben den bewährten Nutzungen in den Freiräumen zugelassen. Neben den Investitionskosten bei Neuerrichtung rückten die Aufwendungen für die nachfolgende Werterhaltung in den Fokus der Planung. Bestimmte Freiraumtypen und Ausstattungen in der Stadt tragen eine wiederkehrende Gestalt, um ihre Wiederkennbarkeit zu gewährleisten und Nutzung zu vereinfachen (z.B. Schleusen). Dieser Ansatz wurde über die Stadtgrenzen hinaus auch in der interkommunalen Zusammenarbeit für das Leipziger Neuseenland verwirklicht. Die Kooperation der Kommunen im Grünen Ring hat dabei Maßstäbe gesetzt. Die Stadt Leipzig wandte sich weiter dem Wasser zu. Vielfach wurde Zugang zum Wasser gewährt und die Erlebbarkeit der Gewässer verbessert. Die Menschen erfahren die Dynamik des Wassers, seine natürliche Besonderheit, Kraft und auch seine Gefährlichkeit – stets unter der Maßgabe des Hochwasserschutzes. Die Stadt Leipzig bekennt sich zu ihrem gartenkulturellen Erbe, das zugleich Verpflichtung wie auch großes Potenzial im Sinne der Bewahrung hoher Lebensqualität der Bewohner und Anziehungspunkt für Besucher ist. Werke der bildenden Kunst können dem öffentlichen Freiraum besondere Akzente geben . Im Bild: Kunstobjekt am Stöckelplatz in LeipzigSchönefeld. 115 Stadtgrün und Gewässer für Klima und Umwelt: Ökologische Aspekte 116 Daseinsvorsorge Deren Aussagen sollen hier nicht im Detail wiederholt werden. Vielmehr sind hier nur die grundsätzliche Ausrichtung des Handelns des Amtes für Stadtgrün und Gewässer vor diesem Hintergrund sowie darüber hinausgehende Aktivitäten zu thematisieren. Das Stadtgrün und die Gewässer sind für die Umwelt- und damit auch die Lebensbedingungen in der Stadt von grundlegender Bedeutung. Nur wenn die Lebensgrundlagen gesichert sind kann darauf aufbauend die Lebensqualität verbessert werden. Der Erhaltung natürlicher Lebensgrundlagen kommt damit auch in der Stadt höchste Priorität zu. Definition Unter der öffentlichen Daseinsvorsoge werden Tätigkeiten der öffentlichen Hand verstanden, die einer grundlegenden Versorgung der Bevölkerung mit wesentlichen Gütern und Dienstleistungen dienen. Klassische Aufgabenbereiche sind die Versorgung mit Wasser, Gas, Strom, die Bereitstellung von Schulen, Friedhöfen, Feuerwehr, öffentlichem Personennahverkehr, Abfallentsorgung etc. Auch wenn Grün-, Freiraum- und Gewässerentwicklung in der Definition nicht benannt sind, so leistet dieses Aufgabengebiet im urbanen Kontext doch einen wichtigen Beitrag zur existentiellen Versorgung der Bevölkerung und zur Verpflichtung eine angemessen sowie gesundheitserhaltende und -fördernde Wohn- und Lebensqualität zu garantieren. Leipzig im Jahr 2030 Das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen hat für uns die höchste Bedeutung und ist Grundlage unseres Handelns. Der Slogan: „Leipzig – lebendig grüne Stadt am Wasser“ ist zum Sinnbild unseres aufgabenbezogenen Beitrages zur Daseinsvorsorge geworden. „Lebendig“ steht dabei für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, die höchste Priorität besitzt. „Lebendig“ steht aber darüber hinaus auch für eine hohe Lebensqualität, welche die grüne und blaue Infrastruktur in Leipzig garantiert. Leipzig heute Schon bei der Planung, insbesondere aber beim Bau, der Pflege und Bewirtschaftung unserer Anlagen finden die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz und zur Erhaltung aller Umweltgüter (Boden, Wasser, Klima, Luft etc.) umfassende Berücksichtigung. Monitoringansätze sichern die Einhaltung beim Bau und Betrieb der Anlagen und sind Grundlage für regelmäßige Nachsteuerung. Bei komplexen Baumaßnahmen sowie bei Maßnahmen in vorbelasteten oder geschützen Gebieten ist eine ökologische Baubegleitung zum Standard geworden. Die Bedeutung diese Themas in Leipzig wird im aktuellen Arbeitsprogramm 2020 des Oberbürgermeisters unter dem strategischen Entwicklungsziel „Leipzig setzt auf Lebensqualität“ formuliert. Neben den relevanten Themen „Gesunde und sichere Stadt“ und „Vorsorgende Klima-, Umwelt- und Energiepolitik“ wird dort explizit auch der „Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen“ thematisiert. Als zentrale Handlungsfelder werden dabei sowohl die „Grüne Infrastruktur“ als auch die „Blaue Infrastruktur“ in ihrer Bedeutung und Zielsetzung erläutert. Durch Lage und Gestaltung der Grün- und Gewässerstrukturen ist gewährleistet, dass sie Feinstaub an Straßen binden, Kaltluftentstehung begünstigen und Frischluftbahnen garantieren, womit sie auch zur Anpassung an den Klimawandel beitragen. Außerdem übernehmen sie Lärmschutz- und Hitzeschutzfunktionen. Insbesondere für die Luftreinhaltung und den Lärmschutz, aber auch für den Bodenschutz, den Grundwasserschutz, die Grundwasserneubildung und den Gewässerschutz in der Stadt leisten Freiräume, Grünflächen und –strukturen sowie die Gewässer einen entscheidenden Beitrag. Unter den Vorzeichen des Klimawandels wird diesbezüglich die Bedeutung dieser Flächen und Strukturen in Zukunft weiter wachsen. In Leipzig kommt den Auenbereichen von Pleiße, Elster, Luppe und Parthe zudem auch für den Hochwasserschutz eine hohe Bedeutung zu. Diese Themen sind in Fachplänen zum Lärmschutz, zur Luftreinhaltung, zum Bodenschutz, zum Hochwasserschutz sowie in raum- und flächenbezogener Hinsicht auch im Landschaftsplan der Stadt dargestellt. Foto Seite 116: Geschützte Langgraswiese auf dem Südfriedhof. Die Projekte und Maßnahmen zur Erhaltung und Entwicklung der blau-grünen Infrastruktur sind so angelegt, dass sie nicht nur die gesetzlich geforderte Daseinsvorsorge berücksichtigen, sondern darüber hinaus möglichst umfangreiche Beiträge zur Verbesserung der Umweltbedingungen und der Lebensqualität in der Stadt leisten. Auf eine derartige Multifunktionalität wird schon bei der Planung großen Wert gelegt. 117 Biodiversität Das öffentliche Grün und die Gewässer sind nicht nur Lebensraum der Menschen in der Stadt, sondern auch für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Die Vielfalt der Freiräume und Gewässer, ihre Struktur und Vernetzung untereinander, die Art ihrer Bewirtschaftung und Nutzung bestimmen die Vielgestaltigkeit der Lebensräume und Ökosysteme, die Vielfalt der hier lebenden Arten (Artenvielfalt), aber auch die Vielfalt innerhalb der Arten (genetische Vielfalt), sprich die städtische Biodiversität. Städte weisen durch die vielfältige Mischung bzw. das enge Nebeneinander von verschiedenen Nutzungen unterschiedlichste ökologische Nischen und damit eine hohe Biodiversität auf. Hier haben viele Tier- und Pflanzenarten einen Rückzugs- und Ersatzlebensraum gefunden. Zugleich ist die Artenvielfalt in der Stadt äußerst fragil und durch die Intensität und Dichte der Nutzungen, des Verkehrs und durch Überbauung gefährdet. Die anhaltende Flächeninanspruchnahme von bisher nicht für Siedlungs- und Verkehrszwecke vorgesehenen Freiflächen bedroht nicht nur diese Lebensräume innerhalb der Stadt, sondern vor allem durch die Ausdehnung der Flächeninanspruchnahme an den Siedlungsrändern auch die bisher „freie“ Landschaft. Die Biodiversität ist heute weltweit gefährdet. Der Schutz der biologischen Vielfalt ist somit eine weltweite Aufgabe und gehört neben dem Klimaschutz zu den großen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte, der sich auch die Städte weltweit stellen müssen. Mit dem Ziel, die biologische Vielfalt weltweit zu erhalten, ist im Jahr 1992 das „Übereinkommen über die biologische Vielfalt“ von der Weltgemeinschaft auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro verabschiedet worden. Die Völkergemeinschaft macht darin deutlich, dass das Problem des irreversiblen Verlustes der biologischen Vielfalt sehr komplex ist und nicht durch isolierte Naturschutzaktivitäten gelöst werden kann. Das Übereinkommen ist daher keine reine Naturschutzkonvention und fokussiert damit nicht nur auf den Schutz der Vielfalt, sondern insbesondere auch auf die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile sowie eine gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung genetischer Ressourcen ergebenden Vorteile zwischen den Staaten bzw. den Menschen. Für Deutschland hat die Bundesregierung im Jahr 2007 die „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“ beschlossen. Darin werden auch die Städte und Gemeinden in unterschiedlichen Themenfeldern in die Verantwortung genommen, ein Themenfeld widmet sich unter anderem speziell den „Urbanen Landschaften“ und formuliert entsprechende Ziele. 118 Totholz als Lebensraum im Volkspark Kleinzschocher. Die Erhaltung der Biodiversität im öffentlichen Grün und den Gewässern ist im Sinne von Ökologie und Nachhaltigkeit zwingend erforderlich und in vielen Fällen rechtlich verankert. Zugleich dient sie den Menschen, die in der Stadt Naturerfahrungen machen wollen. Ohne ein Lebensumfeld, das von Pflanzen und Tieren geprägt ist, wäre dem Menschen ein Leben schlichtweg nicht möglich. Gerade in Städten, die bisweilen trocken, überhitzt und staubig sind, haben diese Ökosystemleistungen, die die Natur bereitstellt, wie Luftreinigung, Kaltluftentstehung, Grundwasserneubildung etc. immense Bedeutung für die Menschen und spürbare Auswirkungen auf Lebensqualität, Wohlbefinden und Gesundheit. Um diese Funktionen zu erhalten, entsprechende Ziele gemeinsam anzugehen und sich dabei über Lösungsansätze und sinnvolle Maßnahmen auszutauschen, haben sich im Jahr 2010 Städte und Gemeinden in Deutschland zum Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ zusammengeschlossen. Diesem Bündnis ist auch die Stadt Leipzig im Jahr 2012 beigetreten. Alle Bündniskommunen haben gleichzeitig – wie auch zahlreiche weitere Kommunen – die Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ unterzeichnet und sich damit eine Selbstverpflichtung gegeben, die in dieser Deklaration konkretisierten Ziele in den Themenfeldern „Grün- und Freiflächen im Siedlungsbereich“, „Arten- und Biotopschutz“, „Nachhaltige Nutzung“ sowie „Bewusstseinsbildung und Kooperation“ zu unterstützen. Gerade die wilde Stadtnatur zieht die Menschen an, sie wollen nicht nur von ­gestaltetem Stadtgrün umgeben sein. Leipzig heute In Leipzig sind heute ca. 1000 Gefäßpflanzenarten nachgewiesen, zu den Tierarten gibt es keine abgesicherte Gesamtzahl. Nur von ausgewählten Tierarten sind Zahlen für das Stadtgebiet bekannt. So sind aktuell 139 Brutvogelarten, 47 Libellenarten, 35 Heuschreckenarten und 53 Tagfalterarten nachgewiesen. achsen und Trittsteine auch im besiedelten Stadtbereich die Ausbereitung und den Gen-Austausch zu gewährleisten. Die Stadt bleibt nur so auch für wandernde Spezies und Arten, die auf das Zusammenspiel unterschiedlicher Biotoptypen angewiesen sind, als Lebensraum geeignet. Dieser Aspekt der Vernetzung spielt neben speziellen Flächenansprüchen bestimmter Arten eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung und Unterhaltung von Grünflächen und Gewässern. Dabei wird es nur so viel biologische Vielfalt geben, wie die Bewirtschafter der Flächen es zulassen und die Eigentümer der Flächen es nachhaltig durchsetzen. Für die biologische Vielfalt in Leipzig sind dabei nicht nur die naturschutzrechtlich geschützten Flächen oder Naturelemente von Bedeutung, vielmehr bedingt gerade das Mosaik unterschiedlicher Flächen die Vielfalt an Lebensräumen in der Stadt. Auch auf Brachflächen oder in neu entstandenen Anlagen sowie bei Planungsprozessen muss daher diesem Aspekt Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das Grün- und Gewässersystem insgesamt ist dabei insbesondere unter Aspekten der Vernetzung, das heißt des Biotopverbundes von Bedeutung. Unterschiedliche Grünflächenkategorien tragen im Zusammenspiel dazu bei, durch VerbundDie Stadt ist Lebensraum von Tier- und Pflanzenarten auch auf kleinen Flächen, hier: Wildlumen der „Leipziger Mischung“ am Bayerischen Platz. Eine Reihe von deutschen Städten hat zur Erhaltung der biologischen Vielfalt eigene Strategien erarbeitet und verabschiedet. Für die hier im ersten Teil der vorliegenden Strategie dargestellten Flächenkategorien haben wir entsprechende Ziele in die Zielformulierungen aufgenommen. Auch in Teil II und III dieser Freiraumstrategie sind diese Aspekte in unsere Aufgabenbestimmung für die Zukunft eingeflossen. Darüber hinaus wurden unter dieser Zielsetzung bereits zahlreiche besondere Ansätze der extensiven Unterhaltung und Entwicklung erarbeitet und Maßnahmen umgesetzt, zum Beispiel in Form von Beweidungskonzepten, die gerade für größere Landschaftsräume wie am Cospudener See, im Industriepark Nord oder im Grünen Bogen Paunsdorf von Bedeutung sind. In aktuellen Großprojekten wie der „Lebendigen Luppe“ oder auch dem Projekt „Stadt-Parthe-Land: Kulturlandschaftsmanagement als Brücke zwischen Metropole und ländlichem Raum“ spielen Erhaltung und Entwicklung der Biodiversität in Stadt und Umland eine entscheidende Rolle. 119 In Kooperation mit dem Amt für Umweltschutz, dem Leipziger Gartenprogramm und der Deutschen Umwelthilfe hat das Amt für Stadtgrün und Gewässer begonnen, die Bedeutung von „Wildnis“ für die Stadt und speziell für Leipzig zu thematisieren. Gerade mit zunehmenden Nutzungsdruck geraten auch bisher vergessene Flächen, auf denen sich eine neue Art von Stadtnatur mit einer ganz eigenen Artenvielfalt entwickelt hat, wieder in den Fokus. Hier sind Konzepte und Maßnahmen zu entwickeln, wie zumindest ein Teil dieser Entwicklungs- bzw. Sukzssionsprozesse gesichert werden kann. Steigender Erholungsbedarf und das starke Bevölkerungswachstum sind nicht zuletzt im Leipziger Auwald spürbar und resultieren aus der europaweit einzigartigen Situation eines großflächigen Auwaldgürtels inmitten einer Großstadt. Um hier mittel- bis langfristig die typischen Strukturen und Prozesse der Auenlandschaft zu erhalten und zu revitalisieren und gleichsam die wichtige Funktion nachhaltig zu entwickeln, die dem Auwald in Leipzig als Erholungsraum zukommt, wird ein Gesamtkonzept erforderlich, aus dem einzelne Maßnahmen resultieren. Dieses ist eng mit den Konzepten zur Gewässerentwicklung, insbesondere des Hochwasserschutzes, zu verzahnen. Somit stellt die vorliegende Freiraumstrategie für die hier abgebildeten Handlungsfelder gleichsam unsere kommunale Strategie zur Sicherung und Entwicklung der biologischen Vielfalt in Leipzig dar. Die Ziele sind dabei – wie beschrieben – in alle dargestellten Themenfelder integriert und werden hier nicht noch einmal zusammengefasst. Stattdessen werden hier die übergeordneten Ansprüche formuliert, die wir unserem Handeln auch zukünftig zugrunde legen wollen. Leipzig im Jahr 2030 Die Zielsetzung des Erhaltes der biologischen Vielfalt spielt in allen Entscheidungen zum Stadtgrün und den Gewässern eine wichtige Rolle. Die Erhaltung und Entwicklung von ruhigen, naturnahen Bereichen sowie eine entsprechende Nutzungsdifferenzierung und –lenkung in unseren Grünanlagen, in den Erholungsgebieten, im Wald und auf den Gewässern haben auch für die Biodiversität eine besondere Bedeutung und konnten zum Schutz dieser beitragen. 120 Für ausgewählte, besonders bedeutende Stadt- und Landschaftsräume wie den Cospudener See oder den Auwald wurden zukunftsorientierte Gesamtkonzepte entwickelt, in denen Erholungs- und Schutzansprüche gleichermaßen berücksichtigt sind. Für die Parthenaue konnte auf Grundlage des Projektes „Stadt-Parthe-Land“ ein dauerhaftes, nachhaltiges Landmanagement­konzept entwickelt und umgesetzt werden. Ebenso konnte auf Basis der Erkenntnisse und Praxiserfahrungen aus dem Projekt „Lebendige Luppe“ eine Gesamtstrategie für die Entwicklung des Leipziger Auwaldes, flankiert von einem breiten Beteiligungsprozess, erarbeitet werden. Um naturnahe Bereiche zu unterhalten werden weiter innovative Ansätze der extensiven oder kulturlandschaftsgerechten Bewirtschaftung erprobt. Dabei wird auf langjährige Erfahrungen und eine ausgezeichnete Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen in Leipzig und darüber hinaus zurückgegriffen und es können entsprechende Förderprogramme in Anspruch genommen werden. Die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und das Leitbild der „doppelten Innenentwicklung“ haben sich unter dem Vorzeichen des Stadtwachstums als entscheidende Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität erwiesen. Intelligente Lösungen, die den Erhalt der Lebensqualität, die Schaffung von Ruhe-, Rückzugs- und Erholungsräumen mit Anforderungen an den Erhalt und die Förderung der biologischen Vielfalt verknüpfen, konnten für viele Flächen gefunden werden. Die Lenkung von Kompensationsverpflichtungen zur Schaffung neuer Nischen für Mensch und Natur war in diesem Sinne ein Schlüssel zum Erfolg. Wo es zum Schutz von Natur und Landschaft erforderlich war, konnten bestehende Schutzgebiete weiter qualifiziert werden. Im Einzelfall wurden Schutzgebiete auch erweitert oder neu ausgewiesen. Gesetzliche Anforderungen und fachliche Erkenntisse bildeten die Grundlagen, so das Vorkommen besonderer Arten und Lebensräume, ein zunehmender Nutzungsdruck oder der notwendige Ausgleich eines erhöhten Nutzungsdrucks in anderen Räumen. Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel Wärmebild vom Leipziger Osten, rot die wärmsten Bereiche (Baugebiete). Städte tragen aufgrund ihres hohen Energieverbrauches und Kohlendioxid-Ausstoßes zur Beschleunigung des Klimawandels bei und haben damit auch eine besondere Verantwortung, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Gleich­ zeitig sind Städte aufgrund ihrer Struktur mit verdichteter Bauweise und hoher Flächenversiegelung schon heute im Vergleich zum Umland besonders warme, trockene Standorte und aufgrund der hohen dichte an Infrastruktur auch besonders durch Extremereignisse gefährdet. Gerade diese Verhältnisse werden sich im Zuge des Klimawandels weiter verschlechtern, so dass sich in Städten die Auswirkungen des Klimawandels frühzeitig und intensiver auswirken werden und entsprechende Anpassungsstrategien an den Klimawandel zeitnah zu entwickeln sind. Leipzig heute Klimaschutz Leipzig hat sich verpflichtet, die Treibhausgase langfristig auf ein nachhaltiges Niveau von 2,5 Tonnen pro Einwohner und Jahr zu senken. Mit dem beschlossenen Energie- und Klimaschutzprogramm 2014-2020 wurden Energieeinsparung, Energieeffizienz und Einsatz von umweltfreundlicher Energie als zentrale Themenfelder herausgearbeitet. Die Maßnahmen konzentrieren sich insbesondere auf technische, organisatorische und kommunikative Lösungsansätze. Sie berühren das hier behandelte Thema vor allem in Bezug auf die energetische Verwertung von Biomasse, die auch bei der Bewirtschaftung von Grün- und Gewässerstrukturen in Leipzig anfällt. Außerdem ist die Bindung von Treibhausgasen durch das Stadtgrün von Bedeutung. Auch das Thema der ressourcenschonenden und energieeffizienten Flächeninanspruchnahme bei der Revitalisierung von Brachflächen wird dabei thematisiert. Urbanes Grün kann im weiteren Sinne aber auch aufgrund seiner Verschattungswirkungen und der Schaffung wohnungsnaher „Klimakomfortinseln“ zum Klimaschutz beitragen. Diese Effekte können wiederum den Einsatz von Klimatisierungstechnik verringern und den Strombedarf bei zunehmender Hitze in der Stadt drosseln helfen. Die hier behandelten Themen der Grün- und Gewässerstrukturen in Leipzig und ihrer Funktionen sind im Hinblick auf faktische und potenzielle Beiträge zum Kli- maschutz, ergänzend aber auch unter umweltwissenschaftlichen, ökosystemaren Zusammenhängen zu berücksichtigen. Insbesondere die Art der Grün- und Freiflächen sowie die Gewässer, d. h. ihre Vegetationsstruktur, ihre Nutzung und die Art der Pflege tragen in unterschiedlichem Maße zum Klimaschutz bei. Je nach dem werden dabei unterschiedliche Mengen an klimarelevanten Treibhausgasen freigesetzt oder gebunden. Das heißt, auch mit einer entsprechenden standortangepassten, ressourcenschonenden Ausrichtung der Flächennutzung kann ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Im Rahmen der Vulnerabilitätsanalyse der Region Westsachen im Klima-MORO sind diese Aspekte intensiv untersucht worden. Die nachfolgenden Ausführungen gründen sich auf die Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens und liefern wichtige Hinweise für eine Klimaschutzorientierung. Als Ausgangpunkt werden in der Analyse drei wesentliche, klimarelevante Wirkfaktoren von Landnutzungen, Ökosystemen und Böden benannt, die gleichzeitig Steuerungsmöglichkeiten für die Planung und das Management der Flächen und Ihrer Nutzungen aufzeigen. Die Landnutzungsformen sowie die Art und Struktur von Ökosystemen haben Einfluss auf die Bindung von Kohlendioxid in organischen Kohlenstoffverbindungen durch fotosynthetische Prozesse und damit auf die Senkung der Kohlendi121 oxid-Konzentration der Luft; ferner auf den Aufbau von Kohlenstoffvorräten in Form von Biomasse oder organischer Substanz im Boden. So können sie organisch gebundenen Kohlenstoff speichern (Speicher- bzw. Rückhaltepotenzial für Treibhausgase), Sie können im Umkehreffekt aber auch Zersetzungs- und Mineralisierungsprozesse von organischer Substanz befördern und damit über das natürliche Maß hinaus zum Emittieren von Treibhausgasen beitragen (Emissionsrisiken). Grundsätzlich binden Böden die größten terrestrischen Kohlenstoffvorräte, wobei vor allem Böden feucht-nasser, kühler Standorte ein hohes Speicherpotenzial aufweisen. Gerade diese Böden sind entsprechend empfindlich gegenüber nutzungsbedingten Änderungen und bergen ein erhöhtes Emissionsrisiko. Die Bewirtschaftung ist daher darauf auszurichten, die Bodenwasserverhältnisse zu stabilisieren und hat standortverträglich zu erfolgen, bzw. ist durch Extensivierung und ggf. Nutzungsaufgabe oder naturnahe Eigenentwicklungen anzupassen. Das höchste Senkenpotenzial in der Region besitzen neben dauerhaft nassen Boden (Gleye), die im Stadtgebiet eher selten sind, vor allem Böden mit wechselnden Nässe- und Trockenverhältnissen, in Leipzig insbesondere die Auenböden. Intensive Bodenbearbeitung, -umbruch oder Melioration erhöhen die Kohlenstoff-Umsatzrate in Böden erheblich und führen zu Kohlendioxid-Emissionen aus den Böden, ebenso bewirken steigende Bodentemperaturen und sinkende Bodenfeuchte erhöhte Kohlendioxid-Freisetzungen. Die Art der Nutzung kann aber auch die Kohlendioxid-Bindefähigkeit in Ökosystemen oder die Anreichung von organischer Substanz befördern. Dies ist vor allem bei naturnaher, extensiver Bewirtschaftung der Fall. Sehr hohe Kohlenstoffvorräte in Biomasse, Streu und Totholz befinden sich in Leipzig vor allem in den Wäldern. Die Wälder in den Flussauen haben diesbezüglich die größten Vorräte und gleichzeitig das höchste Senkenpotenzial. Vitale Wälder mit struktur- und artenreichen Beständen sind auch unter Klimaschutzaspekten von großer Bedeutung. Waldmehrung ist daher auch als Klimaschutzziel zu sehen. Eine erstes, konkret darauf ausgerichtetes Projekt stellt zum Beispiel der Klimaschutzwald dar. Hohe Kohlenstoffvorräte in Biomasse und Böden weisen vor allem Feuchtgebietskomplexe, Röhrichte, feucht-nasse Ruderalfluren sowie feuchte und nasse Grünländer auf. Hier sind geringe Nutzungsintensitäten (extensives Dauergrünland, Wiesen und Weiden; Abbau von Düngeüberschüssen) und Bewirtschaftungsturni, bzw. längere Umtriebszeiten sinnvoll. 122 Insgesamt muss der Beitrag zu einer wirksamen Kohlendioxid-Minderung, der mit den im ersten Teil behandelten Flächenkategorien und der Art Ihrer Bewirtschaftung erreicht werden kann, eher als gering eingeschätzt werden. Einen zusätzlichen Beitrag leisten gut erreichbare Parks, Grünanlagen, Stadtplätze und Erholungsgebiete dabei auch, indem sie vielen Stadtbewohnern Raum für Erholung, Naturerfahrung und Sport in Wohnungsnähe bieten und im Sinne der „Stadt der kurzen Wege“ für eine Reduzierung des Verkehrs sorgen. Anpassung an den Klimawandel Grün- und Gewässerstrukturen können aber nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Sie sind relevante Einflussfaktoren auf das Stadtklima selbst, wobei ihnen eine zentrale Bedeutung bei der Anpassung der Stadtstrukturen an den Klimawandel zukommt. Dabei gilt es, die Grün- und Gewässerstrukturen zum Beispiel durch entsprechende Pflanzenauswahl, Landnutzungen und Pflegemanagements selbst an diese verschärften Rahmenbedingungen in Bezug auf Trockenheit, Wärme und Extremereignisse anzupassen, damit sie sich auch unter diesen Bedingungen vital und funktionsfähig entwickeln können. So reduzieren gehölzbestandene Flächen die Hitzebelastung durch Schattenwurf und Verdunstung am Tage sowie durch Kaltluftbildung und Luftaustausch in der Nacht. Hier geht vor allem von Wiesenflächen eine kühlende Wirkung aus. Diese Funktionen des Stadtgrüns werden unter den verschärften Bedingungen des Klimawandels immer wichtiger. Dabei kann es durch die Freihaltung von Bebauung, durch Reduzierung von Versiegelung und Verdichtung grundsätzlich zu Zielkonflikten mit anderen Maßnahmen zum Klimaschutz kommen, wenn etwa unter dem Motto der „Doppelten Innenentwicklung“ andererseits kompakte, verdichtete Bauweisen angestrebt werden, die flächen-, verkehrs- und damit auch energiesparend sind (siehe Kap. Brachflächen). Hier muss das richtige Maß an Nachverdichtung und Innenentwicklung auf der einen sowie Erhaltung von Grünflächen und Gewässerstrukturen auf der anderen Seite gefunden werden. Die Straßenraumbegrünung durch Straßenbäume, aber auch Dach- und Fassadenbegrünungen sind unter diesem Aspekt besonders zu fördern. Besondere Bedeutung kommt dabei Grünanlagen und grünen Stadtplätzen zu. Gerade diese kleinen Flächen und ihr Zusammenwirken - ihre Verteilung, Vernetzung und Gestaltung - spielen für kühlende Effekte im Quartier eine besondere Rolle. Die Sicherung und Entwicklung von Wasserflächen auch im innerstädtischen Bereich bewirkt ebenfalls eine ausgleichende Wirkung auf die Lufttemperatur. Die weitere Öffnung von Gewässern bleibt auch unter diesem Aspekt ein Ziel der Zukunft. Neben der sich verstärkenden Hitzebelastung sind im Kontext des Klimawandels und der vorsorgenden Anpassung vor allem Strategien zur Verringerung der Auswirkungen von Extremereignissen von Bedeutung. In der Stadt geht es dabei vor allem um die Anpassung an Starkregenereignisse und die notwendige Schaffung von natürlichen Rückhalte- und Versickerungsflächen, die naturgemäß vor allem mit dem Grün- und Gewässersystem im Zusammenhang stehen. Leipzig im Jahr 2030 Extensive Landnutzungs- und Bewirtschaftungsmethoden, insbesondere im Leipziger Auwald sowie auf den auengeprägten Grünlandstandorten, tragen dazu bei, dass das Senkenpotenzial dieser Ökosysteme optimal genutzt wird. Das Bedürfnis der Stadtbewohner nach Abkühlung in den Sommermonaten steigt weiterhin und erhöht damit den Nutzungsdruck auf das Grün- und Gewässersystem. Dem gestiegenen Bedarf an schattenspendender Vegetation und an Gewässern (Badegewässern) kann mit dem weiterhin verfolgten Ansatz der Neu- und Nachpflanzung von Straßen- und Parkbäumen und durch vitale Waldflächen sowie durch das ausgebaute Gewässernetz mit gestiegener Wasserqualität begegnet werden. Besonders von Überhitzung betroffene Quartiere können durch regelmäßige Stadtklimauntersuchungen identifiziert werden, ebenso wie die relevanten Kaltluftenstehungsgebiete und Frischluftbahnen, die differenziert zu betrachten sind. Die daraus gewonnen Erkenntnisse werden stadtplanerisch umfassend berücksichtigt und entsprechender Handlungsbedarf identifiziert und umgesetzt. So wurden erste zusätzliche sogenannte Klimakomfortinseln in Form von begrünten Stadtplätzen und urbanen Waldinseln auf ehemaligen Brachflächen gezielt entwickelt. Die notwendige Anpassung an den Klimawandel hat starke Auswirkungen auf die Pflanzenauswahl in der Stadt. Die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Auswirkung des Klimawandels auf die städtische Vegetation werden intensiv verfolgt. Die Auswahl stadtklimaverträglicher Baum- und Pflanzenarten wird entsprechend erprobt und bei Bedarf angepasst. Dabei wird auch der Anspruch zur Verwendung heimischer Arten berücksichtigt, so dass eine vielfältige, anpassungsfähige Pflanzenzusammensetzung und Baumartenwahl gewährleistet ist. Auch bei der Auswahl von Bodenbelägen für Wege und Plätze im öffentlichen Grün und entlang der Gewässer werden Anpassungen unter Berücksichtigung der Gestaltqualität der Anlagen vorgenommen, so zum Beispiel durch die vorrangige Verwendung von hellen Bodenbelägen, wasserdurchlässigen Materialien sowie die Versickerung des Oberflächenwassers in angrenzende Vegetationsflächen. Der Rückbau von versiegelten Flächen wird auch im öffentlichen Grün, insbesondere aber im Rahmen des Kompensations- und Brachflächenmanagements, weiter betrieben. Dabei wird wiederum ein ausgewogenes Verhältnis von Nachverdichtung unter Klimaschutzaspekten und Freiraumsicherung auch auf Brachflächen mit dem Ziel der Anpassung an den Klimawandel, sprich eine doppelte Innenentwicklung angestrebt. Waldmehrung findet weiterhin statt und es ist gelungen, die Grünlandflächen in den Auen zu erhalten bzw. teilweise sogar von ackerbaulicher Nutzung wieder in eine extensive Grünlandnutzungzurückzuführen. Wo es Nutzungsart und -intensitäten sowie gestalterischer Anspruch und Werterhaltungsmaßnahmen zulassen, wird auch in Parkanlagen und Erholungsgebieten eine extensive Nutzung verfolgt und organisches Material (Laub, Äste etc.) in den Flächen belassen. Weiterhin anfallendes Landschaftspflegematerial, d. h. die Biomasse, die insbesondere bei Gehölzpflege, Waldbewirtschaftung, Wiesenmahd und in der Gewässerunterhaltung anfällt, wird zu 100 Prozent verwertet. Aufbauend auf den Erfahrungen aus dem 2015 etablierten interkommunalen Modellgebiet zum Kulturlandschaftsmanagement in der Parthenaue konnten ökonomisch tragfähige Wertschöpfungsketten mit unterschiedlichen, auch energetischen Nachnutzungspfaden aufgebaut werden. Um Extremereignissen besser zu begegnen, sind auch an den Gewässern II. Ordnung Retentionsräume geschaffen worden, die die Wasserrückhaltung in der Landschaft verbessern und damit nicht nur dem Menschen dienen, sondern wichtige Funktionen für Flora und Fauna erfüllen. Auch über das Jahr anderweitig genutzte Flächen (z. B. Platzflächen) konnten, dort wo keine Flächen zur Wasserrückhaltung zur Verfügung stehen, zum Teil so umgebaut werden, dass sie bei Starkregenereignissen gezielt geflutet werden können, ohne Schaden zu nehmen. 123 Stadtgrün und Gewässer als Wirtschaftsfaktor: Ökonomische Aspekte 124 tourismus Die grün-blaue Infrastruktur der Stadt dient in erster Linie der Erhaltung der Lebensgrundlagen, der Herstellung lebenswerter Umweltbedingungen sowie der Verbesserung der Lebensqualität für die Bevölkerung. Darüber hinaus tragen Struktur und Qualität sowie die Nutz- und Erlebbarkeit des Stadtgrüns und der Gewässer in einem hohen Maße zur Außenwirkung der Stadt bei. „Grün“ und „Blau“ haben das Potenzial, wichtige Magneten für die Besucher Leipzigs zu sein. Eine lebendig grüne Stadt am Wasser sendet positive Signale nach außen und zieht Touristen an. Der Zoo als einer der touristischen Magneten der Stadt ist über das Zoofenster im Rosental mit dem öffentlichen Stadtraum verknüpft. Leipzig heute Große Anziehungskraft geht heute von den starken Elementen des Naturraumes Leipziger Auwald und des Leipziger Neuseenlandes sowie von der Kombination der Reize der kulturvollen Stadt Leipzig mit dem kulturlandschaftlich, in Folge des Bergbaues aber gleichzeitig neu geprägten Umland aus. Auch die Profilierung der Themen Landschaftswandel und Industriekultur bieten weitere touristische Potenziale. Diese Zusammenhänge sind am eindrucksvollsten über die grüne und blaue Infrastruktur zu erleben. Alleinstellungsmerkmale Auch für die verschiedenen Sonderinteressen bietet die Stadt geeignete Ziele. Das gartenkulturell interessierte Publikum findet historisch bedeutsame Anlagen wie den Promenadenring und den Johannapark, den Alten Johannisfriedhof, den Südfriedhof oder die Schreber-Anlage vor. Touristen, die Beispiele innovativer Stadtentwicklung der jüngeren Vergangenheit suchen, finden in Leipzig Freiräume von hoher Aussagekraft – etwa im Leipziger Westen. „Notenspur“ und „Notenrad“ locken musikinteressierte Menschen nicht zuletzt in die Freianlagen. Eine nachhaltige Nutzung und Erschließung dieser Potenziale gelingt nur, wenn sie zugleich erhalten werden können. In Bezug auf die Grün- und Gewässerstrukturen heißt dies insbesondere, dass nur solche Strategien zum Erfolg führen, welche das Landschafts- und Naturraumpotenzial schonen und auf nachhaltige Weise touristisch nutzen. Wassertourismus Die touristische Entwicklung der Leipziger Gewässer erfolgt auf Grundlage des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes (WTNK) und im Kontext des Tourismuswirtschaftlichen Gesamtkonzeptes für die Gewässer im mitteldeutschen Raum (TWGK). Mit der Umsetzung der ersten von insgesamt acht Wasserwanderkursen und der Errichtung der Schleusen Cospuden und Connewitz, welche die Verbindung mit dem Leipziger Neuseenland herstellen, hat die wassertouristische Nutzung die gewollte enorme Entwicklung aufgenommen. Dies sind die ersten Schritte im Rahmen der Umsetzung des WTNK. Weitere Baumaßnahmen wie der Ausbau des Stadthafens, die Anbindung des Saale-Elster-Kanals an den Lindenauer Hafen und die Errichtung der MARINA Leipzig-Lindenau sollen folgen. Unter Jugendlichen haben sich wiederum andere Anziehungspunkte im Freien etabliert. Stadträume wie die Sachsenbrücke, der Stadthafen, der Fockeberg oder die Außenanlagen an der Moritzbastei sind weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Aufenthalts- und Betätigungsräume, besonders in den Sommermonaten. Foto Seite 124: Infolge der Sanierung der Gewässer ist das Erlebnis der Wasserseite Leipzigs eine touristische Attraktion geworden. Aus der touristischen Bedeutung erwachsen wiederum besondere Anforderungen an den Erhaltungs- und Pflegezustand der Grünflächen und Gewässer. Entsprechend existieren eine Reihe weiterer Anlagen, die Potenziale für einen Park- und Gartentourismus bieten, wenn ihre ursprüngliche Formensprache, Attraktivität und Qualität durch entsprechende Pflanzungen und Pflege wieder in Szene gesetzt werden könnte. 125 In touristischer Hinsicht gibt es aber gerade hinsichtlich der grünen und gewässerreichen Stadt nicht nur Qualitätsanforderungen an Gestalt und Unterhaltung, die zu erfüllen sind, sondern auch bezüglich der Steigerung von Bekanntheitsgrad und Vermarktung sind weitere Potenziale vorhanden. Es ist über die Stadtgrenzen und die Region hinaus zu wenig publik, dass Leipzig über ein attraktives Grünsystem und zahlreiche Gewässer in der Stadt und im Umland verfügt. Das Image einer grünen Stadt am Wasser spielt bei der Außenwahrnehmung Leipzigs bislang keine große Rolle. Dabei gilt es in diesem Bereich auch zukünftig weniger auf große „Events“ im Grünen oder Großereignisse zu setzen, die sich in Ihrer Nachhaltigkeit bisher nur selten bewährt haben. Vielmehr muss die Beständigkeit und Erlebbarkeit im authentischen Kontext des Lebens in Leipzig dargestellt werden. Die Neuen Medien spielen im Zuge dieser Außendarstellung eine besondere Rolle, sind sie es doch, in denen das Image von Städten und Regionen heute geprägt wird - insbesondere bei jungen Menschen. Der Karl-Heine-Kanal ist aus dem touristischen Angebot der Stadt nicht mehr wegzudenken. Die grün-blaue Infrastruktur im Leipziger Westen ist für Bewohner wie Gäste der Stadt gleichermaßen attraktiv. 126 Leipzig im Jahr 2030 Leipzig wird international als eine lebendig grüne Stadt am Wasser wahrgenommen und geschätzt. Die Stadt ist Teil eines attraktiven Erholungsgebietes in Mitteldeutschland und hat sich zu einer angesagten Urlaubsadresse für inund ausländische Touristen entwickelt. Die touristische Entwicklung und Vermarktung erfährt aus dem Bereich des Stadtgrüns und der Gewässer massive Unterstützung. Die Verbindung von historischer und zeitgenössischer Landschaftsarchitektur mit dem Auwaldgürtel inmitten der Stadt sowie der an der Industriekultur ausgerichteten Landschaftsgestaltung im Leipziger Neuseenland hat sich zu einer Adresse für Garten- und Parktouristen, aber auch Naturtouristen entwickelt. Ziel war und ist eine für Natur und Umwelt, aber auch für die Lebensqualität der Menschen verträgliche, ressourcenschonende Entwicklung des Tourismus in der Stadt und im Umland. Für die zentralen Bereiche des Auwaldes und des Leipziger Neuseenlandes wurde gemeinsam mit allen Akteuren eine Gesamtstrategie entwickelt, um weiter in Richtung eines umweltverträglichen, zukunftsfähigen und damit nachhaltigen Tourismus zu steuern. Diese Strategie beinhaltet ein entsprechendes Zonierungskonzept bis hin zu nutzungsfreien Bereichen. Sie gründet sich auf eine laufende Beobachtung der aktuellen Entwicklungen und eine entsprechende Betrachtung von möglichen Alternativen. Der Wassertourismus hat sich auf Grundlage der Charta Leipziger Neuseenland 2030 sowie des Masterplanes 2030 und der Schlüsselprojekte aus dem „Tourismuswirtschaftlichem Gesamtkonzept für die Gewässer im mitteldeutschen Raum“ (TWGK) zu einem spürbaren Wirtschaftsfaktor in der Region entwickelt. Die Anbindung des Leipziger Gewässernetzes an die Saale über den SaaleElster-Kanal mit einem innovativen Schiffshebewerk konnte weiter konkretisiert werden und steht kurz vor der Realisierung. Mit der Anbindung der Stadt Leipzig an den Markkleeberger und den Störmthaler See auf der einen sowie an den Cospudener und den Zwenkauer See auf der anderen Seite haben sich generationsübergreifende Attraktionen herausgebildet, die verschiedenste Freiräume und bergbaulich begründete Gewässer der Stadt und der Region miteinander verbinden. Die Kombinationsmöglichkeiten von wasser- mit städtetouristischen und naturbezogenen Angeboten konnten zu einem Alleinstellungsmerkmal der Gewässerlandschaft im mitteldeutschen Raum ausgebaut werden. Aber auch die wassertouristischen Aktivitäten an sich bieten eine große Bandbreite. Das Zielgruppenspektrum, das damit angesprochen wird, ist umfassender als in vielen anderen Urlaubsregionen. Die Elektromobilität hat sich im gesamten Leipziger Neuseenland etabliert (Fahrgastschiffe und Verleihboote). Diese Ausstattung wird ergänzt durch Elektromobilitätsangebote des ÖPNV, von E-Bikes und elektrisch angetriebenen PKW. Verbrennungsmotoren sind auf den Gewässern der Stadt und auch im Leipziger Neuseenland nicht mehr erlaubt. Diese Entwicklung war die Basis dafür, das Label einer klimaneutralen Tourismusregion zu erlangen. Es wird durch ein weitreichendes Konzept für klimafreundliche Mobilität, regionale Kreislaufwirtschaften und Verbraucherfreundlichkeit mit nachvollziehbaren und überprüfbaren Indikatoren ergänzt. Durch die intermodulare Vernetzung des gesamten Leipziger Neuseenlandes einschließlich der Stadt Leipzig sind ideale Voraussetzungen zur Nutzung der Gewässerlandschaft und des Grünsystems gegeben (ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, Teilautos usw.). Fachkongresse und andere, auf das Stadtgrün und Gewässer bezogene Veranstaltungen tragen zur Investitionsfreudigkeit in der Stadt und in der Region bei und stärken den Status Leipzigs als Kongressstadt. Die MARINA Leipzig-Lindenau hat sich aufgrund der guten Erreichbarkeit und des eingerichteten Bootsshuttles zum ausgebauten Stadthafen zu einem interessanten Einstiegsort für Bustouristen in das Leipziger Gewässernetz und als Zwischenstop für den Bootsverkehr entwickelt. 127 Wertschätzung und Wirtschaftlicher Ertrag Im ersten Teil der vorliegenden Strategie sind für die einzelnen Grünflächenkategorien und Gewässer auch die Funktionen dargestellt worden, die diese für die Stadtbevölkerung in Leipzig übernehmen. Der Beitrag, den sie zur Lebensqualität in Leipzig liefern, ist insbesondere in den im zweiten Teil thematisierten sozialen und kulturellen Aspekten, aber auch in den ökologischen Leistungen im Kontext von Daseinsvorsorge, Biodiversität und Klimaschutz deutlich geworden. Diese Leistungen, welche die grüne und blaue Infrastruktur erbringt, sind dabei nur schwer mess- oder bezifferbar und erst recht - trotz zahlreicher Versuche kaum in monetäre Werte zu fassen. In der Wissenschaft werden diese Leistungen, welche urbanes Grün und Gewässer für den Menschen erbringen, aktuell unter dem Begriff der „Ökosystemdienstleistungen“ diskutiert. Das Ziel ist es, diese Dienstleistungen systematisch zu bewerten, um bessere Argumente für deren Erhaltung zu haben. Denn aufgrund des Fehlens bezifferbarer Werte ist die Wertschätzung, die den mit Grünstrukturen belegten Flächen entgegengebracht wird, häufig zu gering. Sie können gegenüber konkurrierenden Nutzungen, deren wirtschaftliche Effekte sich scheinbar leichter kalkulieren lassen, im Zuge des Wachstums schwer bestehen. Wohnlagen am Wasser gehören zu den begehrtesten Wohnformen, ebenso das Wohnen in der Nähe des ­Stadtgrüns. Leipzig heute Umfragewerte Ein Gradmesser für den Wert städtischer Grün- und Gewässerflächen sind Umfragen und Erhebungen. Wenn Gründe für die Wahl eines Wohn- und Lebensumfeldes benannt werden, nimmt die Nähe zum „Grün“ oder „Blau“ stets vordere Ränge ein. Die Menschen wollen gerne am Park oder am Wasser oder zumindest in deren Nähe wohnen. Die Erhöhung des monetären Wertes von Grundstücken in der Nähe neu geschaffener oder revitalisierter Parks und Grünanlagen ist ebenfalls eine Erkenntnis von stets aktueller Bedeutung: Anrainer profitieren von den städtischen Aktivitäten zur Anlage und Unterhaltung städtischen Grüns. Die Anlage des Henriettenparks auf einer Industriebrache hat Impulse für die Sanierung des umliegenden Quartiers gegeben. 128 Die Wertschätzung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Gäste der Stadt gegenüber dem Stadtgrün und den Gewässern drückt sich jedoch in erster Linie nicht in den (durchaus vorhandenen) verbalen Äußerungen und Umfragen, sondern zuvorderst in deren Inanspruchnahme und Nutzung aus. Die für das Publikum kostenfreie, für die Stadt jedoch keineswegs kostenlose grüne und blaue Infrastruktur Leipzigs ist eine Sozial- und Kulturleistung per excellence. In ihr spiegelt sich soziales Selbstverständnis der Stadtgesellschaft wider. Die Zufriedenheit der Bevölkerung mit ihren öffentlichen Grünanlagen ist regelmäßig Gegenstand der kommunalen Bürgerumfrage in Leipzig. Die Ergebnisse liefern wichtige Orientierungen zum Handlungsbedarf und zu Bürgerwünschen. Wie wichtig waren bei der Suche Ihrer neuen Wohnung / Haus folgende Lagemerkmale? (Auswertung nach Alter der Befragten) Wanderungsbefragung 2014 sehr wichtig 0% 10% 20% 30% eher wichtig 40% teils/teils 50% eher unwichtig 60% 70% unwichtig 80% 90% 100% Lage der Wohnung insgesamt gute Anbindung an Bus und Bahn Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten Nähe zu Parks und Grünanlagen genügend Parkmöglichkeiten Nähe zur Arbeitsstelle bzw.Ausbildungsstelle Ordnung und Sauberkeit im Wohngebiet Verwandte oder Freunde in der Nähe Ruf des Wohngebietes Nähe zu Kindergarten / Schule vielfältige kulturelle Szene in der Nähe Auszug aus der Wanderungsbefragung (2014). Freizeit-/Spielangebote für Kinder und Jugendliche Die Nähe zu Parks und Grünanlagen hat eine hohe Relevanz bei der Wahl einer Wohnlage für die Befragten. Freizeitangebote für Senioren Die Zufriedenheit mit den öffentlichen Grünanlagen und Parks ist in den letzten Umfragen stetig gestiegen. Laut einer Bürgerumfrage im Jahr 2014 waren 82 Prozent der Leipzigerinnen und Leipziger „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“ mit dem städtischen Grün, dem Ausbau der Erholungsgebiete (ebenfalls 82 Prozent) und dem Zustand der Gewässer (72 Prozent). Damit nehmen diese drei Themen Spitzenplätze bei der Zufriedenheit ein - sowohl was die gesamte Bürgerschaft betrifft als auch in Bezug auf die einzeln ausgewerteten Gruppen „junge Erwachsene“, „Eltern“ und „ältere Erwachsene“. Bei der Frage „Sparen oder Nicht-Spa- ren“ wird der Themenbereich „Naherholung, Grünanlagen, Parks“ 2014 weiterhin dem Block „Nicht Sparen“ zugeordnet. Im internationalen Vergleich ist die Zufriedenheit der Leipzigerinnen und Leipziger mit den öffentlichen Freiräumen relativ hoch, wie unter anderem die EU-Umfrage zur Lebensqualität in europäischen Städten aus dem Jahr 2009 bestätigt. Solche Umfragen liefern Argumentationshilfen, wenn weiche Faktoren in scheinbar ökonomisch orientierten Diskussionen nicht akzeptiert und Entscheidungen gegen Freiräume und naturnahe Gewässer gefällt werden. Die Bewertung von Grünflächen und Gewässern durch 129 Grundstücks-Wertsteigerungen Nachweisbar und messbar ist hingegen die Wertsteigerung benachbarter Grundstücke aufgrund der Existenz öffentlichen Grüns oder von Gewässern. Diese Auswirkungen sind seit langer Zeit bekannt und wurden zum Teil zur Refinanzierung bei der Anlage und Unterhaltung von Grünanlagen eingesetzt. die ­Menschen ist stark von emotionalen Komponenten geprägt. Lebensqualität durch Wohlbefinden, die Möglichkeit, Sport im öffentlichen Raum treiben zu können, hier Freunde zu treffen und vieles mehr - dies lässt sich kaum in messbare Werte fassen. Wirtschaftliche Erträge Der wirtschaftliche Ertrag ist nicht der ausschlaggebende Maßstab für die Bedeutung und Leistungsfähigkeit unseres Grünund Gewässersystems. Doch gibt es auch Bereiche, welche Erträge erwirtschaften - wie die Forst- und die Friedhofsverwaltung. Auch in diesen Bereichen sind die nicht messbaren Werte gleichermaßen in Entscheidungen einzubeziehen. In den meisten Fällen lässt sich aber kein eindimensionaler, kausaler Zusammenhang mit der Wertsteigerung von Immobilien darstellen, da diese Steigerung in der Regel von vielen Faktoren abhängig ist. Dennoch ist die Wertzunahme unbestritten, davon zeugt schon alleine der massive Einsatz des Faktors Grün in der Werbung, gerade im Immobiliensektor. Und auch unterschiedliche Befragungen zur Wahl von Wohnstandorten weisen nach, dass die Nähe zu Grün und Parkanlagen einen der wichtigsten Entscheidungsfaktoren darstellt. So kann zum Beispiel für den Wald zwar der Wert des vermarkteten Holzes und damit die ökonomische Funktion des Stadtwaldes beziffert werden. Der Wert des Waldes als Erholungsraum, der für die Leipziger und Leipzigerinnen viel bedeutender ist, oder auch der Beitrag zum Klimaschutz, kann dagegen kaum gemessen und in Zahlen oder gar in Euro ausgedrückt werden, auch wenn sich bei letzterem bereits der Geldwert für die Kohlendioxid-Senkenfunktion des Waldes berechnen lässt. Holzentnahme im Leipziger Auwald Und auch unsere Friedhöfe in Leipzig sind wichtige Orte der Erholung, deren Wert sich nicht an den Einnahmen aus der Gebührenordnung festmachen lässt. Ebenso lässt sich der Wert der Kleingartenanlagen kaum über die Pachtzinseinnahmen oder über den Beitrag zur Selbstversorgung mit Lebensmitteln bemessen. 130 Ähnliche Effekte hat in Leipzig auch die Nähe zu Gewässern. Mit der Offenlegung der Mühlgräben erhalten die anliegenden Stadtviertel nicht nur ein neues Gesicht. Die Wasserbaumaßnahmen führen, wie bereits an vielen Stellen in Leipzig sichtbar, zu einer maßgeblichen Aufwertung der umgebenden Wohnquartiere. Diese Attraktivität spiegelt sich in den hochwertigen Neubauten und Sanierungen entlang der geöffneten Gewässerabschnitte wider. Wasserlagen von Grundstücken sind heute in Leipzig äußerst begehrt, was sich in Kauf- oder Mietpreisen niederschlägt. Im Auftrag der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz wurde im Forschungsvorhaben „Bedeutung von Freiräumen und Grünflächen in deutschen Groß- und Mittelstädten für den Wert von Grundstücken und Immobilien“ eine repräsentative Datengrundlage erarbeitet, mit deren Hilfe ökonomische Effekte auf den Bodenrichtwert verdeutlicht werden konnten. An dieser Studie hat sich auch die Stadt Leipzig beteiligt. In einer speziellen Auswertung wurde durch die Autoren das Resümee gezogen, dass auch für Leipzig die Wirkungen von Freiräumen auf den Grundstückswert nachweisbar und quantifizierbar sind. Je nach Voraussetzung, Funktion und Ausstattung können einzelne Freiraummerkmale den Grundstückswert um bis zu ca. 30 Prozent beeinflussen. Dabei messen die Autoren den Aktivitäten der Grünflächenämter in Bezug auf Pflegeintensität, Aufenthaltsqualität und Gestaltungsintensität höchste Bedeutung für die Wirkung der Freiräume auf den Grundstückswert bei. Und auch über die Immobilienwirtschaft hinaus wird mit dem Stadtgrün geworben, wie zahlreiche Beispiele zeigen. Für Veranstaltungen und auch für Produkte bedient sich die Wirtschaft nur zu gern der Parks oder der Gewässer als Kulisse. in dem der aktuelle Kenntnisstand zu den Beiträgen der Stadtnatur für gesunde städtische Lebensverhältnisse aufbereitet worden ist. Auch daraus lassen sich wichtige Argumentationslinien entnehmen, was „Grün“ und „Blau“ in der Stadt wert sind. Leipzig im Jahr 2030: Bienenhaltung im Stadtpark. Sowohl von den Immobilienpreisen als auch von der Lagegunst bestimmter gewerblicher Einrichtungen in Park- oder Gewässernähe profitieren aber vor allem einzelne Personen, Betriebe oder Institutionen. Grüne und blaue Infrastruktur stellt in diesem Kontext primär einen individuellen Wert dar, obwohl das öffentliche Grün dem Wesen nach auf das Gemeinwohl ausgerichtet ist. Schon darin zeigt sich die Problematik derartiger ökonomischer Bewertungsansätze, die immer nur begrenzte Hilfskonstrukte sein können, um den Wert ansatzweise zu verdeutlichen. Die Tatsache, dass Mieter und Käufer von Wohnungen für Lagen am Grün und an den Gewässern höhere Preise zu zahlen bereit sind, drückt direkt aus, dass diesen ein hoher Wert beigemessen wird. Diese Argumentationslinie, untersetzt mit konkreten Zahlen und Preiszusammenhängen, kann für planerische- und politische Entscheidungen durchaus hilfreich sein, obwohl der Wert von Grün und Gewässern damit eine recht eindimensionale Betrachtung erfährt. Wert der Gesundheit Ein weiteres Themenfeld, das eindrücklich den Wert von Grün in der Stadt verdeutlich und Kostendimensionen auf volkswirtschatlicher Ebene aufzeigt, ist das Thema Gesundheit. Der fundamentale Beitrag des Stadtgrüns und der Gewässer zur Gesunderhaltung der Bevölkerung ist heute unbestritten und wird in der jüngeren Vergangenheit vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklung, des demographischen und des klimatischen Wandels wieder intensiver diskutiert (vgl. Kap. Passive Erholung). Das Amt für Stadtgrün und Gewässer hat sich daher an einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt des Bundesamtes für Naturschutz mit dem Titel „Grün, natürlich gesund: Die Potenziale multifunktionaler städtischer Räume“ beteiligt, Die wissenschaftliche Diskussion um Ökosystemdienstleistungen, an denen sich auch das Amt für Stadtgrün und Gewässer als Praxispartner in unterschiedlichen Forschungsprojekten beteiligt hat und die auch zur Vermittlung der Werte im Projekt „Lebendige Luppe“ eingesetzt wurde, hat gezeigt, dass diese Funktionen und Leistungen der grünen und blauen Infrastruktur nur sehr begrenzt monetär fassbar sind. Über intensive Kommunikations- und Beteiligungsprozesse ist es gelungen, den Wert des Grüns und der Gewässer für das Leben in Leipzig darzustellen und zu vermitteln. Ökologische, soziale und nicht zuletzt kulturelle Werte wurden dabei berücksichtigt. Ausgehend von dieser gestiegenen Wertschätzung setzt sich die Stadtgesellschaft in Leipzig seit Jahren kreativ mit Lösungsansätzen zur Bereitsstellung von Ressourcen zur Erhaltung unserer wertvollen Kulturlandschaft auseinander. Auf Grundlage der Erkenntnisse aus dem Projekt „Stadt-Parthe-Land“ konnten Ideen für neue Wertschöpfungsketten auch auf andere Landschaftsräume der Stadt übertragen und umgesetzt werden. Infolge dieser Erkenntnisse werden in planerischen und politischen Entscheidungsprozessen ebenso wie in Haushaltsdebatten um Kosten-Nutzen-Rechnungen auch weiche Faktoren und Indikatoren in die Abwägung für oder gegen die Grün- und Gewässerentwicklung einbezogen. Die Wertschätzung ist damit sogar gestiegen. Wo sich individuelle Wertsteigerungen, insbesondere in Form von betriebswirtschaftlichen Zusatzgewinnen, auf die Nutzung besonderer Lagegunst im öffentlichen Grün zurückführen lassen, konnten die Gewerbetreibenden überzeugt werden, freiwillig einen Beitrag zum Erhalt dieses öffentlichen Gutes zu leisten, von dem sie privat profitieren. 131 132 DrittER TEIL: Das Management von Stadtgrün und Gewässern 133 134 Grünflächenmanagement und Monitoring zukünftig nur im Einzelfall möglich sein, vor allem wenn neue Siedlungsgebiete hinzukommen. Daher stehen insbesondere Fragen der Vernetzung vorhandener Anlagen sowie die Werterhaltung, Qualifizierung und gegebenenfalls erforderliche Funktionsanpassungen und -änderungen des Bestandes im Fokus. Unter den dargestellten Rahmenbedingungen wachsen gerade die bestandsorientierten Managementaufgaben infolge der sich permanent erhöhenden Nutzungsintensität in den Anlagen an. Erhöhte und veränderte Nutzungsanforderungen, das daraus resultierende Pflege- und Sauberkeitsmanagement und die Pflegeintensität in den Bestandteilen des Freiraumsystems sind die Themen, die an Bedeutung gewonnen haben. Denn jeder Garten oder Park, jeder Friedhof oder Landschaftsteil benötigt kontinuierliche Pflege, um den an das Stadtgrün und die Gewässer gestellten Anforderungen zu genügen und um in seinem Wert erhalten zu werden. Das Grünflächenmanagement ist eine der übergeordneten Kernaufgaben des Amtes für Stadtgrün und Gewässer in Leipzig. Definition Nach der Definition der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) aus dem Jahr 2012 umfasst Grünflächenmanagement „ganzheitlich alle ökologischen, ökonomischen und sozialen Aufgaben, die mit der Versorgung und Gestaltung einer Stadt mit Grün(-flächen) und deren Pflege zusammenhängen. Es ist die obligatorische Aufgabe eines Eigentümers von Grün, sich um Bedarfsfeststellung, Marktanalysen, Qualitäts- und Quantitätsvorgaben (-ziele), Ausstattungs- und Gestaltungsstandards, Wirtschaftlichkeitsfragen, Pflege- und Entwicklungsziele etc. zu kümmern.“ Dabei hat sich das Management an den Zielen der jeweiligen Flächenfunktionen sowie der übergeordneten Funktionen im gesamtstädtischen Kontext auszurichten und ist insofern nicht nur nach dem aktuellen Stand des technischen Wissens laufend weiter zu entwickeln, sondern auch an geänderte Anforderungen der Stadtgesellschaft anzupassen. Leipzig Heute Mit der hier vorliegenden Freiraumstrategie wird eine umfassende Grundlage für ein zukunftsorientiertes und nachhaltiges Grünflächenmanagement in Leipzig geschaffen. Es geht in allen Themenfeldern darum, den Schutz, die Erhaltung und die Entwicklung der uns überkommenen Freiräume zu gewährleisten und das Grünsystem Leipzigs zielorientiert weiter zu entwickeln. Hier werden daher sowohl das Aufgabenfeld des strategischen, als auch wesentliche Aspekte des operativen Managements abgebildet. Um dies umfassend gewährleisten zu können, ist neben der entsprechenden Qualifikation und Fortbildung der in diesem Themenfeld tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch ein detaillierter Kenntnisstand über den aktuellen Zustand der Flächen erforderlich. Nur mit dieser Kenntnis kann negativen Erscheinungen vor Ort entgegen gewirkt, können positive Entwicklungen unterstützt und weitergeführt werden. Im Abgleich und unter Fortschreibung übergeordneter Leitbilder sind entsprechende Konzeptionen für einzelne Flächen und Anlagen zu entwickeln. Dieses Kapitel konzentriert sich daher im Wesentlichen einerseits auf die Darstellung des Selbstverständnisses eines ganzheitlichen Ansatzes. Zum anderen werden Zielsetzungen im Hinblick auf die zu schaffenden Rahmenbedingungen formuliert, um der Aufgabe unter den Vorzeichen der wachsenden Stadt und der bereits thematisierten Wandlungsprozesse (demographischer Wandel, Klimawandel etc.) gerecht zu werden. Dabei sind für die Stadt Leipzig Fragen von Unterhaltung und Bewirtschaftung, wozu auch die Sauberkeit gehört, sowie Instandhaltung und Sanierung des Stadtgrüns und der Gewässer als die vordergründigen, kontinuierlich bestehenden Aufgaben der Zukunft zu sehen. Eine gezielte Erweiterung des Grün- und Freiraumsystems ergänzt dieses auf den Bestand ausgerichtete Handlungsfeld, wird aber aufgrund der steigenden Flächennachfrage für bauliche Nutzungen Foto Seite 134: Bei den Pflegearbeiten in den öffentlichen Freiräumen kommen, so weit möglich, Maschinen zum Einsatz. Ausgangspunkt dafür ist das seit den 1990er Jahren genutzte Grünflächeninformationssystem (GRIS), das derzeit Schritt für Schritt für die einzelnen Flächenkategorien und Aufgabenstellungen mit dem geografischen Informationssystem (GIS) verknüpft wird, um flächenbezogene Informationen als Managementgrundlage liefern zu können. Dieses Informationssystem gilt es zukünftig mit entsprechend handlungsbezogenen Informationen zur Unterhaltung und Pflege aus dem System der Flächenbewirtschafter zu verzahnen. Dies sind der Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig, der aktuell 806 Hektar öffentliches Grün und 49.266 Straßenbäume bewirtschaftet. Ferner pflegen die städtischen Bauhöfe 90 Hektar öffentliches Grün und 11.893 Straßenbäume. Hinzu kommen die ­Stadtforsten, 135 Effektive Laub­ beräumung im Park mit einem Laubsammler. hier die Schnittstellen zwischen dem Amt für Stadtgrün und Gewässer mit der Kernzuständigkeit für „Planen“ und „Bauen“ und der Abteilung Grünanlagen im Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig sowie den Bauhöfen für „Pflegen“ liegen. Darüber hinaus ist die enge Zusammenarbeit mit der gesamtstädtischen Fachplanung erforderlich. Diese Aufgabe übernimmt in Leipzig das Sachgebiet Landschafts- und Grünordnungsplanung im Stadtplanungsamt. Die Qualitätssicherung in den Freiräumen der Stadt ist in hohem Maße eine Frage der Pflege. Diese wird hier umfassend verstanden im Sinne von Werterhaltung. Sie ist dauerhaft auf einen Zustand orientiert, der eine funktionsfähige Anlage in ihren Werten nachhaltig sichert. Damit verbunden sind Anpassungen an sich veränderte Nutzungsansprüche, auf die mit entsprechenden Maßnahmen reagiert wird. Dabei beginnt die Qualitätssicherung für das Grün bereits entscheidend bei der Planung, die verantwortlich ist für das spätere Funktionieren einer Anlage, aber auch grundsätzlich die späteren Bewirtschaftungskosten festlegt. Die Einflussmöglichkeiten auf die Pflegekosten sind für eine gut funktionierende Bewirtschaftung vergleichsweise gering. Stärkere Aufwandsreduzierungen können dann in der Bewirtschaftung in der Regel nur noch durch Abbau der Ausstattungen oder Rücknahme von intensiver Bepflanzung erreicht werden, und beeinträchtigen dann häufig auch die Substanz und damit die Funktionalität der Anlagen. Daher hat die Planung auch bereits Aspekte der effizienten „Bewirtschaftbarkeit“ im Sinne der nachhaltigen Sicherung und Finanzierbarkeit der Zweckverbände, der Stadtverband der Kleingärtner und beauftragte Dienstleister. Nur mit einem übergeordneten System kann in Zukunft der erforderliche Informationsfluss, d. h. der Austausch und die Verarbeitung bis hin zur Beauftragung der Maßnahmen und Leistungen effektiv gewährleistet und überprüft, sprich organisiert werden. Dieser ständige Informationsfluss ist durch ein gezieltes gesamtstädtisches Monitoring zu flankieren, um auch die Gesamtentwicklung gemäß der formulierten Ziele für die einzelnen Flächen sichern und entwickeln zu können. Prioritäten liegen hier im Zustands- und Nutzungsmonitoring des Grün- und Gewässersystems in Verzahnung mit den von anderen Stellen vollzogenen, gesetzlich fixierten Monitoringaufgaben zur Umweltüberwachung. Grünflächenmanagement im hier umrissenen Sinne umfasst also die Planung, den Bau, die Bewirtschaftung und das Monitoring der Grünanlagen und ist entsprechend als Einheit zu betrachten. Die Untersuchungen der GALK haben gezeigt, dass die Qualität des Stadtgrüns entscheidend vom Zusammenspiel der Aufgabenfelder „Planen“, „Bauen“ und „Pflegen“ abhängt. Sie müssen als eine Einheit wahrgenommen werden. Als optimale Struktur für ein erfolgreiches Management, das unmittelbar ein „Voneinander-Lernen“ zwischen allen drei Ebenen auf kurzem Wege ermöglicht, wird von der GALK die Bündelung dieser Aufgaben unter einer Leitung beurteilt (GALK 2012). In Leipzig hat man sich für einen anderen Weg entschieden, so dass 136 Zu den Aufgaben des Eigenbetriebs Stadtreinigung gehört auch der Winterdienst auf den Wegen entlang der städtischen Freianlagen. Auch extensive Bereiche bedürfen der Pflege, so die Mahd von Uferbereichen. Stauden- und Sommerblumenpflanzungen gehören zu den Freiräumen mit höchster Pflegeintensität und fachlichem Anspruch an die Gärtner. angestrebten Qualität der Anlage zu berücksichtigen. In Hinblick auf die Kostenstruktur ist der Richtwert von Bedeutung, dass die Investitionskosten nur rund 15 Prozent der gesamten Lebenszykluskosten einer Anlage ausmachen, der Rest der Kosten aber für den Betrieb und den Unterhalt anfällt. Aktuell ist die Pflege der Grünanlagen in vier Pflegekategorien gegliedert: Werden dennoch Anpassungen erforderlich, bei denen grundsätzlich in die Gestaltung einer Anlage eingegriffen wird, es also zu Umgestaltungen oder Ergänzungen bestehender Anlagen kommt, handelt es sich nicht mehr um die hier angesprochene Werterhaltung im Rahmen der Pflege, sondern um investive Maßnahmen. Ebenso verhält es sich, wenn mit der Pflege eine Werterhaltung nicht mehr möglich oder wirtschaftlich nicht mehr vertretbar ist und Maßnahmen erforderlich werden, die über planmäßige Instandhaltungsmaßnahmen hinausgehen. Auch derartige Maßnahmen bzw. Investitionen gehören bei Grünanlagen zum üblichen Lebenszyklus, können aber aufgrund zahlreicher Einflüsse (Planung, Bewirtschaftung, Nutzung u.a.) mehr oder weniger schnell notwendig werden. I repräsentative Anlagen II intensiv gepflegte Anlagen III für extensive Pflege IV für naturnahe Pflege / Verkehrssicherung. Nach fast 15 Jahren Erfahrung mit diesem System im Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig, Abteilung Grünanlagen sowie bei den Bauhöfen seit deren Eingemeindung ist diese Praxis zu überprüfen und das System gegebenfalls an den aktuellen Kenntnisstand, insbesondere aber an die aktuell dominierenden Nutzungen anzupassen und für einzelne Anlagen zu differenzieren. Ein enger Kontakt und beständige Rückkoppelung zwischen den Arbeitsebenen im Amt für Stadtgrün und Gewässer und der Umsetzungsebene vor Ort ist vonnöten, um eine qualifizierte Pflege aufrechtzuerhalten und diese insbesondere an den als prioritär definierten Funktionen und der damit verbundenen Nutzbarkeit durch die Bevölkerung auszurichten. In Bezug auf extensiv und naturnah zu pflegende Flächen sind vielfältige Erfahrungen auch durch verschiedene Beweidungskonzepte unter Federführung der Abteilung Stadtforsten vorhanden. 137 Leipzig im Jahr 2030 Der Prozess um die Weiterentwicklung und Qualifizierung der seit 2003 existierenden Leistungsvereinbarung hat sich als Grundlage für eine konstruktive und enge Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Stadtgrün und Gewässer und der Abteilung Grünanlagen im Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig erwiesen. Vergleichbare Regelungen wurden mit den Bauhöfen getroffen. Auf Grundlage dieser Rahmenvereinbarung wurden gemeinsam Qualitätsziele für einzelne Anlagen und deren Teilflächen entwickelt. Diese sind ausreichend präzise, um einerseits ein zielorientiertes und reaktionsfähiges Pflegemanagement in Verantwortung des Eigenbetriebes zu etablieren. Andererseits ermöglichen sie auch dem Amt für Stadtgrün und Gewässer entsprechende Qualitätskontrollen, welche die Grundlage für gemeinsame Zielkorrekturen und einen fachlichen Austausch über die Art der Umsetzung ermöglichen. Die gemeinsame Diskussion und Entscheidung über zielführende Maßnahmen zur Pflege und Werterhaltung basiert seit dem Jahr 2015 zusätzlich auf einer detaillierten, nachvollziehbaren Kosten-Leistungs-Rechnung im Eigenbetrieb, die mittlerweile auch für die Bauhöfe existiert. Erst damit ist im Abgleich mit den gemeinsam angestrebten Qualitätszielen tatsächlich eine wirksame Bewertung und Steuerung effizienter Unterhaltungsmethoden möglich geworden. Als weitere wichtige Grundlage für ein zielorientiertes und dennoch flexibles Grünflächenmanagement im Zusammenspiel der für Planung, Bau und Unterhaltung verantwortlichen Bereiche hat sich die Weiterentwicklung des Grünflächeninformationssystems (GRIS) auf Basis eines aktuellen geografischen Informationssystems (GIS) entwickelt. In diesem Bereich wurde in den Jahren 2017 bis 2020 auf Basis der bis dahin bereits existierenden Bausteine in ein umfassendes, über die Verantwortungsbereiche hinweg einheitliches Basissystem investiert. Die Investition in ein solches Qualitäts- und Kostenmanagement, gestützt von einem entsprechenden modernen (Geo-)Datenmanagement, ist zur Basis für die konstruktive Zusammenarbeit von der Planung über den Bau bis hin zur einvernehmlichen Abschätzung und Absicherung von Folgekosten geworden. Dies ist die Grundlage zur Umsetzung der vereinbarten Qualitätsziele in der Unterhaltung durch den Eigenbetrieb und die Bauhöfe. 138 In Reaktion auf die veränderten Nutzungsanforderungen und Wertschätzungen, aber auch auf materielle und personelle Möglichkeiten, waren Differenzierungen im Pflege- und Sauberkeitsmanagement vonnöten und konnten bedarfsgerecht finanziert und umgesetzt werden. Damit konnte in besonders stark frequentierten Bereichen eine hohe Qualität des Zustandes aufrechterhalten werden, so dass Leipzig auch in Zukunft „Perlenketten“ gut gepflegter Anlagen vorweisen kann. Parallel ist die gezielte Entwicklung extensiver Pflegekonzepte für bestimmte Areale ausgebaut worden, die ihrerseits durch Naturnähe und eine „rauere“ Ästhetik eigene Qualitäten entwickeln. Gerade das Mosaik von hochwertig erhaltenen Anlagen der historischen und modernen Landschaftsarchitektur und großflächig naturnahen Landschaftsbereichen, die aber i. d. R. ebenfalls einer gestalterischen Grundidee folgen, die Stadtnatur und städtische Wildnis integriert, hat sich zum Alleinstellungsmerkmal des Grünsystems der Stadt Leipzig entwickelt. Im Sinne des dargestellten Managements folgt auch die Unterhaltung in einzelnen Anlagen(-teilen) keinem starren Pflegezustand, sondern die Pflege berücksichtigt eigenverantwortlich die Entwicklung von Nutzungen, aber auch der Pflanzungen. Damit konnte die Verantwortung der Mitarbeiter vor Ort gestärkt und die Motivation und Qualifizierung des Personals gefördert werden. Es wurde eine intensive und konstruktive Zusammenarbeit auch auf Arbeitsebene etabliert. Die Gebietsbetreuung durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer wurde darauf ausgerichtet, nicht nur neue Projekte und investive Maßnahmen im Zusammenhang mit der grünen Quartiersentwicklung zu koordinieren, sondern auch im laufenden Austausch mit den jeweiligen Bewirtschaftern vor Ort, die im Quartier für die Pflege und Unterhaltung zuständig sind, zu stehen. Dadurch konnten erforderliche Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden und man stand sich gegenseitig beratend zur Seite. Von den städtischen Grünflächen geht große Vorbildwirkung aus, an ihrem Erscheinungsbild orientieren sich zum Beispiel private Besitzer mit ihren Vorgärten und Freiräumen. Somit hat sich der qualitätvolle Zustand der Grünanlagen zum wirksamsten Instrument der Öffentlichkeitsarbeit und Wertschätzung von Freiräumen entwickelt. Dies betrifft sowohl deren Grundsubstanz als auch deren Pflege und Reinigung. Der schleichende Verfall von Anlagen und die damit oft einhergehende Zunahme des Vandalismus konnte durch die Schwerpunktsetzung auf den Bestand verhindert werden. Als Garant für die Akzeptanz des Freiraumes hat sich ein qualitätvolles Gestalt- und Funktionsprogramm erwiesen, das viele Belange der Nutzer berücksichtigt. Der Erfolg dieses Managements bei der Wert- und Qualitätserhaltung ist auf allen Entscheidungsebenen erkannt und akzeptiert, so dass ausreichende Mittel sowohl für diese Art der Pflege als auch für erforderliche Erweiterungen und Umbaumaßnahmen (Lebenszykluskosten) sowie die Reinigungsarbeiten zur Verfügung stehen. Insgesamt konnte erreicht werden, dass schon durch eine Planung, die auf den Bedarf und die Gewohnheiten der Nutzer und eine effiziente Bewirtschaftung Wert legt und eine entsprechend ausgerichtete Bewirtschaftung selbst, eine nachhaltigere und länger währende Werterhaltung möglich geworden ist. Damit konnten Investitionskosten für Maßnahmen, die über die übliche Instandhaltungsmaßnahmen hinaus gehen, verringert werden, weil diese erst in längeren Abständen erforderlich wurden. Dies konnte aber nur gelingen, weil die eingesparten finanziellen Ressourcen gezielt dazu genutzt werden konnten, um ein solches Pflegemanagement zu etablieren und umzusetzen. Unter den Vorzeichen des nachhaltigen Wachstums der letzten Jahre ist die Bedeutung der Planungsinstrumente für eine gesamt- und teilräumliche strategische Steuerung und Entwicklung wieder gestiegen. Dazu zählen vor allem die Landschafts- und Grünordnungsplanung sowie gesamträumliche/-städtische Fachpläne für einzelne Flächenkategorien, wie Kleingärten, Spielräume, Waldflächen, etc. Diese konnten turnusmäßig fortgeschrieben werden und sind durch entsprechende Beschlusslagen legitimiert. Aber auch Pflege- und Entwicklungspläne, Parkpflegewerke und insbesondere Objektplanungen für die einzelnen Anlagen unterstützen und konkretisieren das strategische und operative Management. Aufgrund des Konkurrenzdruckes durch andere, vor allem bauliche Flächennutzungen verlief der Zuwachs des Grünsystems weniger rasant als in den Jahren bis 2015. Ein weiteres quantitatives Wachstum war auch aus fachlicher Sicht für den Versorgungsgrad und die Funktionserfüllung des öffentlichen Grüns nur in bestimmten Quartieren erforderlich. Insgesamt konnte durch die verbesserte Qualität und Vernetzung der vorhandenen Anlagen auch ohne große Flächenzuwächse eine weiter verbesserte Funktion und Nutzbarkeit des öffentlichen Grüns erreicht werden – nicht zuletzt weil auch die zuvor für die Entwicklung neuer Anlagen erforderlichen finanziellen Ressourcen dem Amt erhalten geblieben sind und gezielt für eine nachhaltige Sicherung und Entwicklung der vorhandenen Flächen eingesetzt werden konnten. Insofern ist nicht der Flächenzuwachs an öffentlichen Grünflächen der maßgebliche Indikator für den Erfolg des Grünflächenmanagements, sondern die Funktions- und Werterhaltung und somit die Qualität, in der die Anlagen für unterschiedlichste Aneignungen und Nutzungen durch die Bevölkerung bereit stehen. 139 140 Gewässermanagement Folgekosten schon bei der Planung von Neubau- und Sanierungsmaßnahmen umfassend berücksichtigt werden können. Zum anderen können Anforderungen an die Unterhaltung, die sich aus den Entscheidungsprozessen im Rahmen der Planung ergeben haben, direkt an die Gewässerunterhaltung weitergegeben werden, die zum Großteil per Auftrag an Dritte vergeben wird. Neben dem Grünflächenmanagement stellt, wie der Name des Amtes für Stadtgrün und Gewässer verdeutlicht, das Gewässermanagement die zweite Kernaufgabe des Amtes dar. Dabei werden hier die behördlichen Aufgaben der Unteren Wasserbehörde, die in Leipzig beim Amt für Umweltschutz angesiedelt ist, ausdrücklich nicht mit abgedeckt. Entsprechend sind alle Ausbau-, Unterhaltungsund Entwicklungsmaßnahmen mit der Behörde abzustimmen sowie, wenn notwendig, von dieser zu genehmigen. Die Entwicklungsziele im Bereich der Gewässer in der Stadt Leipzig sehen für die nächsten Jahre weitere, umfassende Umbaumaßnahmen im Gewässerknoten zur umfassenden Revitalisierung der Grundfunktionen der Gewässer vor, außerdem Maßnahmen zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, darüber hinaus aber auch der Ausbau des Wassertourismus (siehe Kap. Gewässer sowie Tourismus). Auch wenn damit – anders als bei der grünen Infrastruktur – weiterhin ein größerer Schwerpunkt auf dem Umbau und Ausbau liegt, wird mittelfristig auch im Bereich der blauen Infrastruktur die zentrale Aufgabe in der Unterhaltung und Bewirtschaftung, Instandhaltung und Sanierung des Bestandes gesehen. Es gilt ein größeres Augenmerk auf Funktions- und Qualitätssicherung und -verbesserung im Bestand zu richten. Leipzig Heute Der Handlungsrahmen für die Umsetzung der dargestellten Entwicklungsstrategien, die in Leipzig insbesondere das Ziel des vorsorgenden Hochwasserschutzes und der Steigerung der Attraktivität für wasserbezogene Erholungsformen bzw. eine entsprechende Tourismusentwicklung verfolgen, ist dabei durch die im Kapitel Gewässer dargestellten gesetzlichen Grundlagen determiniert. Auch die Unterhaltung im Sinne der Erhaltung und Entwicklung der Funktionsfähigkeit der Gewässer ist an diese Grundlagen gebunden, bzw. dient der Umsetzung der gesetzlich geregelten Sicherung und Entwicklung dieser Funktionen. Unter den dargestellten Rahmenbedingungen der wachsenden Stadt und steigenden Attraktivität auch für Besucher und Gäste wachsen gerade die bestandsorientierten Managementaufgaben infolge der sich permanent erhöhenden Nutzungsintensität auf den Gewässern überproprotional an. Vom Grundverständnis unterscheidet sich die Wahrnehmung der Aufgabe des Gewässermanagements nicht von dem im vorigen Kapitel dargestellten Grünflächenmanagement. Auch das Gewässermanagement muss in diesem Sinne alle Belastungen, Nutzungen und Schutzanliegen sowie die wesentlichen politischen, rechtlichen, institutionellen, ökologischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aspekte einbeziehen. Ein derart integriertes Gewässermanagement zielt damit auf eine nachhaltige Entwicklung und Bewirtschaftung der Gewässer zur dauerhaften Gewährleistung ihrer Funktions- und Nutzungsfähigkeit ab (Gewässer- und Wasserqualität, Wasserrückhaltung und -ableitung, Hochwasserschutz, energetische Nutzung, Nahrungsmittelproduktion, Erholung sowie Gewährleistung der ökologischen Funktionen und der emotionalen Werte der Gewässer). Dieser Ansatz erfordert ebenso die enge Verzahnung von Planung, Bau und Bewirtschaftung/Unterhaltung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gewässerunterhaltung und -entwicklung flussgebietsbezogen erfolgen muss. Ober- und Unterlieger sind enge Partner, denn ihre Aktivitäten beeinflussen sich maßgeblich. Deshalb erfolgt das Management ausnahmlos im interkommunalen Kontext. Die Voraussetzungen sind in diesem Bereich im Amt für Stadtgrün und Gewässer gegeben, so dass zum einen Bewirtschaftungsanforderungen und Dabei hat sich die Gewässerunterhaltung aktuell an folgenden gesetzlichen Anforderungen auszurichten: Erhaltung, Räumung und Reinigung des Gewässerbettes zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses; Erhaltung der Ufer, insbesondere durch Erhaltung und Neupflanzung einer standortgerechten Ufervegetation, sowie die Freihaltung der Ufer für den Wasserabfluss; Erhaltung der Schiffbarkeit an schiffbaren Gewässern mit Ausnahme der besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen; Erhaltung des Gewässers in einem Zustand, der hinsichtlich der Abführung oder Rückhaltung von Wasser, Geschiebe, Schwebstoffen und Eis den wasserwirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht; Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers insbesondere als Lebensraum von wild lebenden Tieren und Pflanzen. Foto Seite 140: Bei der Gewässerunterhaltung - hier mit einem Ampibienfahrzeug - sind zahlreiche gesetzliche Anforderungen zu beachten. Zusätzliche Anforderungen ergeben sich aus der durch die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) vorgegebenen Zielsetzung der Erreichung eines guten Gewässerzustandes (siehe Kap. Gewässer). Diese Zielsetzung hat ebenfalls oberste Priorität für alle Baumaßnahmen an Gewässern und auch die Gewässer­ unterhaltung insgesamt muss den Anforderungen entsprechen, die in den 141 j­eweiligen Maßnahmenprogrammen nach der WRRL an die Gewässer gestellt werden. Damit verbunden sind folgende Aufgaben: Konsequente Umsetzung ingenieurbiologischer Bauweisen anstatt eines unspezifischen Hartverbaus an Stellen, an denen ein Verbau unumgänglich ist; Durchführung einer angepassten Gewässerunterhaltung (z. B. schonende Krautung, Belassen von Totholz und Kolken, Beschattungsmaßnahmen, Einrichten von Gewässerrandstreifen); Verbesserung der Durchgängigkeit der Gewässer durch systematische Beseitigung von Wanderhindernissen, beginnend an der Mündung; Verbesserung der Sohlstruktur und Entschlammung von Wehrrückstauen; Verknüpfung und Abgleich der Maßnahmenumsetzung aus den Managementplänen nach der WRRL mit denen aus der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL); Lenkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen an die Gewässer. Zusätzliche Kapazitäten und Mittel sind für die Behebung von (Vandalismus-) Schäden, die Müllberäumung und zum Teil auch für die künstliche Wasserzufuhr und Wasserbelüftung von Stillgewässern erforderlich. Zur Umsetzung der Ziele ist insbesondere der Ausgleich unterschiedlicher Nutzungsinteressen von Bedeutung, so dass hier ein Grundkonsens über die Gewässerentwicklung im Raum Leipzig nur in Kooperation und Koordination unterschiedlicher Akteure zu erreichen ist. Die Entkrautung und Entschlammung gehört zu Unterhaltungsaufgaben an Gewässern. Eine weitere große Herausforderung für Ausbau und Bewirtschaftung ist die Gewährleistung des vorsorgenden Hochwasserschutzes in den einzelnen Gewässern, insbesondere aber im Gesamtsystem des Leipziger Gewässerknotens. Die Nutzung der vorhandenen Retentionsflächen im Auwald, die Umgestaltung des Gewässerknotens in Anlehnung an die aktuellen Erkenntnisse und Ziestellungen des Integrierten Gewässerkonzeptes (IGK) sowie die Schaffung zusätzlicher Retentionsflächen sollen den Hochwasserschutz gegenüber immer häufiger auftretenden Extremereignissen nachhaltig verbessern. Von großer Bedeutung sind Maßnahmen zur Reduzierung von Niederschlagsmengen im Bereich der Gewässer II. Ordnung, damit es nicht zu Überlagerungen der Hochwasserwellen in den Gewässern I. Ordnung mit dem Abfluss der Niederschläge aus dem Stadtgebiet über die Gewässer II. Ordnung kommt. Die Gewässer der Stadt Leipzig, insbesondere das Elsterbecken, der Elstermühlgraben, die Stadtelster sowie die Flutbetten sind gegenwärtig von enormen Schlammablagerungen betroffen. Jährlich gelangen über die Weiße Elster und die Pleiße ca. 26.000 Kubikmeter Sediment und Schwebstoffe nach Leipzig. Um dieses Problem zu lösen ist ein ungehinderter Geschiebe- und Schwebstofftransport sowie ein ungehinderter Wasserabfluss erforderlich. Auch die mittlerweile zahlreichen und noch im Ausbau befindlichen Einrichtungen zur Attraktivitätsund Qualitätssteigerung im wassertouristischen Sektor bedürfen einer intensiven Betreuung. Schleusen, Stege, Umtrageeinrichtungen, Slipanlagen etc. müssen ständig funktionsfähig sein und einem hohen Gestaltungsanspruch gerecht werden. Von dieser ständigen Kontrolle und Wartung als Grundlage der Qualitätssicherung, zusätzlich zur gesetzlich vorgeschriebenen Gewässerunterhaltung, ist das wassertouristische Image von Stadt und Region abhängig. 142 Gleichzeitig ist die Bedeutung der angemessenen, auf die Funktionsfähigkeit der Gewässer ausgerichteten Unterhaltung in der Bevölkerung zu kommunizieren. Nur so kann die Finanzierung der Unterhaltung über die Gewässerunterhaltungssatzung dauerhaft abgesichert werden. Auch die Unterstützung der Bevölkerung durch die Übernahme von Gewässerpatenschaften ist Ausdruck der Bedeutung, die den Gewässern in der Öffentlichkeit zukommt. Das Gewässermanagement ist nicht nur aufgrund einer ständigen Weiterentwicklung der gesetzlichen Anforderungen und des aktuellen Standes des technischen Wissens laufend zu vervollkommnen (Qualifikation und Fortbildung), sondern auch an geänderte Anforderungen der Stadtgesellschaft und andere Wandelprozesse (Klimawandel) anzupassen. Die dargestellten Kontrollaufgaben zur Funktionserhaltung und Qualitätssicherung, aber auch der Anspruch, die Bewirtschaftung laufend an veränderte Nut- zungsansprüche und Rahmenbedingungen anzupassen, erfordern ein kontinuierliches Monitoring der Gewässer und des Gewässernetzes insgesamt. Um dies organisatorisch zu bewältigen, muss das Management eine digitale Grundlage erhalten und auf das geografische Informationssystem (GIS) gestützt werden. Nur damit kann auch die Gebührenerhebung der Gewässerunterhaltungssatzung auf eine solide und rechtssichere Grundlage gestellt werden. Sinnvoll erscheint es, für die Arbeit des Amtes insgesamt ein System zu entwickeln, mit dem sowohl das Grün- als auch das Gewässermanagement bewältigt und sinnvoll miteinander verzahnt werden kann. An geeigneten Stellen im Gewässerverlauf konnten Retentionsflächen angelegt werden, die größere Niederschlagsmengen längere Zeit zurückhalten und stark gedrosselt wieder abgeben können. Sie sind zeitweilig überschwemmt und schützen Siedlungen, Wohn- oder Gewerbegebiete vor Überflutungen. Die Unterhaltung und Gestaltung der Fließ- und Standgewässer ist auf die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, die Erholungsbedürfnisse der Bürger und Gäste sowie auf den Erhalt der Biodiversität abgestimmt. Dabei wird differenziert: Leipzig im Jahr 2030 In Parkanlagen und in innerstädtischen Bereichen haben landschaftsästhetische und stadtgestalterische Aspekte Vorrang gegenüber der naturnahen Gestaltung. Dies bedingt einen hohen Pflege- und Unterhaltungsaufwand. Der Schutz vor Hochwasser ist situationsgerecht gelöst. Die hydraulische Auslegung aller Wasserbau- und Unterhaltungsmaßnahmen berücksichtigt die Ergebnisse des Hochwasserschutzkonzeptes (HWSK) des Freistaates Sachsen, der Stadt Leipzig sowie der Ober- und Unterlieger. Wo immer möglich, wird Naturnähe und Landschaftsästhetik miteinander verbunden (natürliche Übergänge Böschung – Wasser, standorttypische Bepflanzung, Belassen von Totholz, wenn die Verkehrsicherheit gegeben ist). Das „Integrierte Gewässerkonzept“ und der Maßnahmenplan für Gewässer II. Ordnung leiten das Handeln der Stadt im vorbeugenden Hochwasserschutz. Der vorbeugende Hochwasserschutz versteht sich als Hochwasser-Risikomanagement, das Kosten für vorbeugende Maßnahmen (einschließlich Erhalt der Bauwerke und ökologische Schäden) und Kosten im Schadensfall gegeneinander abwägt. Ziel war und ist dabei nicht der Vollschutz gegen jedes denkbare Hochwasserereignis. Durch folgende Maßnahmen konnte die zur Entlastung der Gewässer I. Ordnung notwendige Reduzierung des Abflusses von Niederschlagsmengen im Bereich der Gewässer II. Ordnung, erreicht werden: Durch die Öffnung ehemals verrohrter Gewässer, Sohlberäumungen, zum Teil mit Entschlammungen, sowie den Rückbau von gewässerbehindernden Einbauten im Abflussprofil konnte die Zuführung großer Wassermengen in die Gewässer I. Ordnung minimiert werden. Zusätzlicher Stauraum, der ein größeres Aufnahmevermögen des Niederschlagswassers sowie einen langsameren Abfluss gewährleistet, ist durch Grabenverschwenkung (gewundener Verlauf), das Anlegen von Grabentaschen (Aufweitungen, Verbreiterung des Profils), Böschungsabsenkung und das Anlegen von kleinen, bei höherem Wasserdargebot zu flutende Senken erreicht worden. Wichtige Gewässerverbindungen (Pleiße, Elsterflutbett, Weiße Elster bis Antonienstraße, Floßgraben) werden in einer für Wasserfahrzeuge, welche die Parameter des LeipzigBootes einhalten, nutzbaren Tiefe und Gestalt unterhalten. Die Bewirtschaftung der Gewässer erfolgt insgesamt nachhaltig im ausgewogenen Abgleich zwischen allen genannten Interessen und stellt sicher, dass der Hochwasserschutz für ein 150-jähriges Hochwasser gesichert ist. Soweit innerhalb der Grenzen der städtischen Funktionen und Nutzungen (Vorfluter, Kühl- und Brauchwasserspeicher, Wasserweg etc.) möglich, sind die Gewässer abschnittsweise renaturiert bzw. naturnah gestaltet und weisen ein gutes ökologischen Potential oder einen guten ökologischen und chemischen Zustand auf. Im Sinne der Multifunktionalität garantieren sie gleichzeitig ein Höchstmaß an Nutzungsmöglichkeiten für Erholung und Sport an, auf und in den Gewässern. Die Art des Managements genießt bei den Leipzigerinnen und Leipzigern hohe Bedeutung und Akzeptanz, was sich durch wenige Widersprüche bei der Umsetzung der Gewässerunterhaltungssatzung, eine intensive Beteiligung bei der Abstimmung von konkreten Projekten und die hohe Zahl an Gewässerpatenschaften ausdrückt. 143 144 Partizipation und Bürgerschaftliches Engagement digkeitsübergreifend, gemeindeübergreifend. Der Grüne Ring ist auch in dieser Hinsicht eine bedeutsame Organisationsstruktur. Mit der Reurbanisierung des öffentlichen Raumes geht aktuell eine zusätzliche Zunahme der öffentlichen Aufmerksamkeit gegenüber der Entwicklung dieser Flächen einher. Interessengruppen widmen sich dem öffentlichen Grün- und Gewässersystem insgesamt oder auch der Nutzbarmachung einzelner Flächen zu bestimmten Zwecken. Die Bewegung zur Etablierung eines Parkbogen Ost ist dafür ein aktuelles Beispiel. Dieser Trend ist sehr zu begrüßen. Das mittlerweile über die Stiftung Bürger für Leipzig etablierte „Leipziger Gartenprogramm“ und das sich in diesem Kontext entwickelnde „Netzwerk Stadtnatur“ ist ein weiterer Ausdruck der neuen, proaktiven und aktivierenden Kommunikation und Kooperation mit Akteuren außerhalb der Verwaltung. Die langjährige Unterstützung von Umweltbildungsangeboten und –projekten des Ökolöwen, Umweltbund Leipzig e. V. sowie die spezielle Kooperation am Auensee mit dem Parkeisenbahnverein sind weitere Beispiele dieser Zusammenarbeit. Die Partizipation der Bevölkerung bei der Planung neuer oder umzugestaltender Freiräume, aber auch beim Umgang mit dem Bestehenden, ist in Leipzig seit der Friedlichen Revolution von 1989/90 ein besonders hohes Gut. Zu dieser Zeit etablierte Initiativen wie die „Volksbaukonferenz“ und die Bewegung „Pleiße ans Licht“ haben alte Denkweisen einer Planung und Verwaltung ‚von oben‘ kritisiert, um ihnen demokratische Prinzipien einer direkten Bürgerbeteiligung gegenüber zu stellen. Definition Partizipation meint die Teilhabe und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen. Partizipation wird hier in Anlehnung an ein modernes Planungsverständnis der Raum- und Umweltplanung verstanden, als ein Prozess kollektiver Bestimmung gemeinsamer Entwicklungspfade. Motivation und Herausforderung Die Bedeutung von Partizipation nimmt weiter zu. Planungsideen für öffentliche Räume können und sollen weniger denn je von ‚oben herab‘ durchgesetzt werden – Partizipation wird zum Teil bereits im Stadium der Erarbeitung einer Aufgabenstellung für eine Planung oder ein Bauvorhaben gepflegt. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am Planungsprozess, die Aufnahme ihrer Anregungen, Kritiken und Wünsche erhöht die Akzeptanz der entstehenden Anlagen und senkt ihre Anfälligkeit gegenüber Vandalismus und ungenutzten Ressourcen. Auch mit Kindern bilden intensive, die Planung anregende Beteiligungsverfahren die Grundlage zur Neugestaltung von Spielplätzen und Freiräumen an Schulen und Kindertageseinrichtungen. Allein seit 2012 sind rund 50 derartige Beteiligungs- und Abstimmungsprozesse mit Kindern und Jugendlichen durchgeführt worden. Bürgerschaftliches Engagement bezeichnet hier das freiwillige, nicht auf finanzielle Vorteile gerichtete, sondern das öffentliche Grün und die Gewässer fördernde Engagement ‚von unten‘. Leipzig heute Insbesondere im Zuge der Öffnung der verrohrten und überwölbten Gewässer Leipzigs zeigte sich das große Bedürfnis der Bürger, sich in Fragen der Stadtentwicklung einzumischen und Impulse zu geben. Die Arbeit von Vereinigungen wie Neue Ufer, Pro Leipzig oder Wasserstadt e. V., aber auch der Umweltverbände zeigten, dass die Themen des Stadtgrüns und der Gewässer in Leipzig untrennbar mit Partizipation verbunden sind, nicht zuletzt im Zuge der geforderten Überwindung der Folgen des Braunkohlenbergbaues und der Industrie. Das Amt für Stadtgrün und Gewässer ist in seiner Zuständigkeit für bedeutende Teile des öffentlichen Raumes eines der städtischen Ämter mit dem engsten Kontakt zur breiten Bürgerschaft. Die Anhörung und Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in die sie stets direkt betreffenden Belange der Freiräume wird seither in Leipzig in unterschiedlichsten Formen gepflegt. Die Träger öffentlicher Belange sind wichtige Multiplikatoren. Auch Partizipationsprozesse gehen über die Stadtgrenzen hinaus: Zustän- Foto Seite 144: Partizipation im Planungsprozess eines Quartiersplatzes in der Südvorstadt. Während Öffentlichkeitsarbeit (siehe Kap. Öffentlichkeitsarbeit) und Partizipation bei einzelnen Projekten und Umgestaltungsmaßnahmen mittlerweile etabliert ist, stellt der Umgang mit Ideen aus der Bürgerschaft oder auch der Austausch über Leitbilder für die Gesamtstadt oder größere Stadträume neue Herausforderungen an Kommunikation und Beteiligung. Zu stadtteilbezogenen Fragen existiert ein direkteres Interesse als zu übergeordneten, gesamtstädtischen Themen. Die aktuellen Prozesse im Kontext von „Leipzig Weiterdenken“, die Initiierung des Parkbogens Ost oder auch die Diskussionen im ­Zusammenhang mit der Freiraumgestaltung des Bayerischen Bahnhofes sowie zum Entwurf der Entwicklungskonzeption zum Clara-Zetkin-Park zeigen dies. 145 Bürgerschaftliches Engagement hat die Aufstellung von Bänken am Fockeberg ermöglicht, im Bild deren inszenierte Einweihung. Auf regionaler Ebene konnten mit dem Kommunikations- und Beteiligungsprozess zur Charta Leipziger Neuseenland 2030 aktuell umfassende Erfahrungen mit verschiedenen Formaten von Veranstaltungen, Workshops und Umfragen gesammelt werden. Aus den Umfrageergebnissen geht aber auch hervor, dass die Befragten ihre eigenen Einflussmöglichkeiten auf die Entwicklung eher als schlecht bewerten. Somit müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, den Ansprüchen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden, Entscheidungen und Entwicklungen aktiv mit zu gestalten und transparent zu verfolgen. Mit Blick auf andere Städte und Projekte sind unterschiedlich einsetzbare Mitmach- und Beteiligungsformate, Workshops, Zukunftswerkstätten und andere, neue Formen gefragt. Gleichwohl sind die Möglichkeiten der Partizipation nicht bei allen Belangen des Stadtgrüns und der Gewässer gleich geartet. Es gibt Projekte mit großem Entscheidungsspielraum und damit größere Möglichkeiten, Bürgerwünsche einzubringen, aber auch solche, bei denen derartige Möglichkeiten durch Restriktionen und Vorgaben eingeschränkt sind. Auch ist nicht überall, wo Freiräume entwickelt werden, eine unmittelbar interessierte Bürgerschaft vorhanden – etwa in größeren Landschaftsräumen oder Parks ohne direkten Bezug zur Wohnbebauung. Dort stiften Initiativen wie die Aktion „Baumstarke Stadt“ oder „Eine Bank für Leipzig“ Identität und Aufmerksamkeit für die Belange des Stadtgrüns. 146 Derartige Spendenaktionen und Patenschaften sind in Leipzig erfolgreich praktizierte Mittel, um die Bevölkerung an den Belangen des Stadtgrüns teilhaben zu lassen. Die Spenden- und Pflanzaktion „Für eine baumstarke Stadt“ wurde bereits 1996/97 auf Beschluss des Stadtrates eingerichtet. Mit ihren Spenden ermöglichen die Paten die Pflanzung von Bäumen in öffentlichen Parks, an Strassen, auf Plätzen sowie auf städtischen Friedhöfen. Die Baumspenden leisten mittlerweile einen beträchtlichen Beitrag zur Neupflanzung von Bäumen in der Stadt und zeigen das Interesse der Bevölkerung für dieses Thema. So sind bisher bis Ende 2015 rund 1,08 Millionen Euro gespendet worden, so dass der Bestand an Patenbäumen aktuell ca. 4.100 Bäume umfasst. Doch ist der Erfolg dieser Aktionen nicht allein in Zahlen messbar. Mit vergleichsweise geringen Mitteln ist hier viel zu erreichen: Bürgerinnen und Bürger kehren kontinuierlich zu den von ihnen oder ihren Angehörigen gespendeten Bäumen und Bänken wie auch zu den Grünanlagen zurück, an deren Entstehung sie beteiligt waren. Diese Wertschätzung und Identifizierung mit den Grünräumen und Gewässern ist Basis für weiterreichendes bürgerschaftliches Engagement. So finden sich mittlerweile regelmäßig aktive Bürgerinnen und Bürger auch zu Parkpflegeeinsätzen ein, bei denen sie unter fachkundiger Anleitung einfache Pflegemaßnahmen ehrenamtlich umsetzen. Es gibt ein starkes Potenzial für bürgerschaftliches Engagement, aber es ist nicht zum Nulltarif zu haben. Bürgerschaftliche Initiativen müssen entdeckt, angehört und unterstützt werden und es muss – ohne sie zu vereinnahmen – den dort geäußerten Trends und Wünschen nachgegangen werden. Die durch Beteiligung und bürgerschaftliches Engagement entstandene Identifikation wird auch zwischen Generationen weitergegeben: Wer als Kind in die Planung eines Spielplatzes involviert war, kehrt später auch mit eigenen Kindern gern zu diesem Spielplatz zurück. Kinder suchen die von ihren Eltern oder Großeltern gespendeten Bäume auf und schauen nach ihrem Gedeihen. Wer erlebt hat, wie aufwendig es ist, historische Sichtachsen frei zu halten oder invasive Pflanzenarten zurück zu drängen, wird die hohe Aufenthalts- und Gestaltqualität in den Grünanlagen und an den Gewässern der Stadt schätzen. In der Geschichte der Stadt Leipzig ist auch das Mäzenatentum vielfältig und allgegenwärtig, vor allem in der Kunst und Kulturgeschichte. Beispiele in der reichhaltigen Gartenkultur der Stadt Leipzig sind uns überkommen, jedoch überwiegend nicht im Gedächtnis der Bürgerinnen und Bürger verankert. In Zeiten des Wachstums kann auch dieses Instrument wieder verstärkt aufgegriffen werden, um einen Beitrag zum Erhalt der Grün-und Gewässerstrukturen zu leisten. Leipzig im Jahr 2030 Das wachsende Bedürfnis nach Partizipation wird aktiv aufgegriffen und der Kontakt mit den Nutzern wird intensiv gepflegt. Die Verwaltungs- und Managementvorgänge sind für die Bürgerinnen und Bürger transparent. Es existiert eine Anlaufstelle für alle Partizipationsprozesse, die auf die erfolgreichen Prozesse unter „Leipzig weiterdenken“ aufbaut, um die notwendige Bürgernähe bei der Entwicklung des Stadtgrüns und der Gewässer zu gewährleisten sowie um Transparenz in den vielfältigen Tätigkeitsfeldern gegenüber den Bürgern zu schaffen. Eine Kontaktstelle für Bürgerschaftliches Engagement, z. B. für alle Formen von Patenschaften, Parkpflegeeinsätze aber auch für privatwirtschaftliches Engagement (private-public partnership) ist etabliert. Ein Netzwerk mit zahlreichen Partnern außerhalb der Verwaltung wurde aufund ausgebaut. Etablierte Strukturen der Zusammenarbeit werden intensiv genutzt, um sich gegenseitig zu unterstützen. Die Umweltverbände leisten über die formalen Beteiligungsverfahren hinaus einen wichtigen Beitrag zur Sicherung und Entwicklung der Funktionen von Stadtgrün und Gewässern. Neben den Aktivitäten der Vereine, die seit mehr als 30 Jahren die Entwicklung der Wasserstadt Leipzig aktiv begleiten und unterstützen, ist auch das „Leipziger Gartenprogramm“ als ehrenamtliche Initiativen mit unterschiedlichen Akteuren seit 20 Jahren eine feste Instanz, die das Bewusstsein für das Leipziger Stadtgrün und seine Entwicklung vielfältig befördert. So hat sich das Gartenprogramm als feste Instanz jährlicher Veranstaltungen zum Stadtgrün nachhaltig etabliert und erfährt mit seinen unterschiedlichen Akteuren weiterhin städtische Unterstützung. Die Kooperation auf Grundlage der Charta Leipziger Neuseenland hat sich verstetigt und zu einem effektiven Austausch zwischen Verwaltung und Bürgerschaft entwickelt. Problemen wie der Übernutzung und der Nutzungsschäden, des Vandalismus und der gegenseitigen Störung der Erholungssuchenden im öffentlichen Freiraum wird vorrangig durch Moderation und Mediation begegnet. Die Kommunikation und der Austausch zwischen Verwaltung und Bürgerschaft hat sich auf diese Weise weiter entwickelt. Verbote in den Freiräumen blieben die Ausnahme. Stets haben die Kommunikation von Regeln und das Verständnis für bestimme Einschränkungen den Vorrang. Allerdings musste - wo dieses Verständnis nicht vorhanden war - die Einhaltung durch entsprechende Maßnahmen eingefordert und gewährleistet werden. Nach dem Vorbild des Beteiligungsprozesses für den Clara-Zektin-Park werden Verfahren zur Entwicklung und Umsetzung von Konzepten durchgeführt, die den sich verändernden Nutzungsanforderungen konkret Rechnung tragen. Als innovative Form der Partizipation wird die Möglichkeit genutzt, Dinge im öffentlichen Raum auszuprobieren, ehe sie baulich zur Form gerinnen. Es werden mitunter temporäre Nutzungen zugelassen, die eventuell in der Lage sind, bleibenden Nutzungen im öffentlichen Raum den Boden zu bereiten. Partizipation bei der Entwicklung des öffentlichen Freiraumes geht auf die betroffenen und interessierten Menschen zu und erwartet nicht, dass diese zur Verwaltung kommen. Es werden immer häufiger auch Wege zu jenen Bürgern gefunden, die sich nicht zu Wort melden, aber durchaus eine Meinung haben. Kritische wie positive Anregungen werden ernst genommen und ausgewertet; Netzwerke von ehrenamtlich Wirkenden werden in Fragen der Öffentlichkeitsarbeit und Partizipation eingebunden. Mit den Ansprechpartnern in den einzelnen Stadtbezirken wird Austausch und Verbindung über für die Quartiere zuständige Mitarbeiter gepflegt. Das Anforderungsprofil an ein erfolgreiches Management von Stadtgrün und Gewässern hat sich gewandelt. Es bedarf nicht nur des gärtnerischen, landschaftsarchitektonischen und stadtplanerischen Sachverstandes, sondern mehr und mehr der Kompetenz im Bereich von Kommunikation, Moderation und Prozessbegleitung, um das vorhandene Engagement zur Verbesserung der Freiraumqualität in Leipzig effektiver zu nutzen und einen Ausgleich zwischen den immer vielfältigeren und zum Teil sehr differenzierten Interessen und Nutzungsansprüchen zu finden. Diesen Anforderungen werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch entsprechende Qualifizierungen im Rahmen der Aus- und Weiterbildung gerecht. Darüber hinaus gibt es gerade bei speziellen Nutzungsansprüchen einen intensiven Austausch mit den jeweils fachkundigen Ämtern und Institutionen. 147 148 Öffentlichkeitsarbeit zum Beispiel der Grüne Bogen Paunsdorf, Projekte des Grünen Ringes Leipzig oder im Kontext von „Leipzig weiterdenken“ das Entwicklungskonzept ClaraZetkin- und Johannapark sowie die Charta Leipziger Neuseenland 2030. Das Amt für Stadtgrün und Gewässer ist in seiner Verantwortung für den grünblauen öffentlichen Raum eines der städtischen Ämter, welche engen Kontakt zu Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen haben. So ist auch die vorliegende Freiraumstrategie darauf ausgerichtet, die Funktionen und die Bedeutung der in unserer Obhut liegenden Flächen darzustellen und unser Aufgabenverständnis sowie die damit verbundenen nachhaltigen Ziele für die Zukunft zu formulieren. Die Herausforderung besteht darin, jede Gelegenheit zu nutzen, mit den Menschen hinsichtlich unserer Aufgaben und Dienstleistungen dauerhaft und nachhaltig in Kontakt zu kommen. Entsprechend viel Zeit ist in diese Art der Öffentlichkeitsarbeit des Amtes zu investieren. Dies ist nur leistbar, wenn wir dieser Aufgabe in Zukunft eine entsprechende Bedeutung beimessen, sie entsprechend strategisch ausrichten und ausstatten. Im Ergebnis wissen wir aber, dass diese „Beziehungsarbeit“ und der dadurch beförderte Dialog mit der Bevölkerung nachhaltiger und effektiver ist als jede eindimensionale Pressearbeit oder kurzfristige Werbung. Die Zielgruppe unseres Handelns sind alle Menschen, die in Leipzig leben, arbeiten oder der Stadt einen Besuch abstatten - und die dabei unsere Grünflächen und Gewässer genießen und nutzen möchten. Unsere Aufgabe verstehen wir als Dienstleistung für diese Menschen. Wir wollen ihnen Erholungsflächen, Rückzugsräume, Treffpunkte und eine gesunde, lebenswerte Umwelt zur Verfügung stellen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, wird dem Kontakt mit der Bevölkerung und den Besuchern eine übergeordnete Bedeutung beigemessen. Der Austausch über unsere (häufig gesetzlich determinierten) Handlungsgrundlagen und Vorstellungen mit den Ideen und Wünschen der Menschen auf der anderen Seite bedeutet für uns Öffentlichkeitsarbeit. Nur so kann Interesse, Verständnis und Wertschätzung für unsere Themen gefördert werden, nur so können wir unsere Ziele formulieren. Dabei verwenden wir das Wort „Öffentlichkeitsarbeit“ hier synonym mit dem englischen Begriff „Public Relations“ (PR), weil er die „öffentliche Beziehung“ zum Ausdruck bringt, auf die es uns in der Kommunikation mit den Menschen ankommt. „Was ist Öffentlichkeitsarbeit? Arbeit mit der Öffentlichkeit, Arbeit für die Öffentlichkeit, Arbeit in der Öffentlichkeit. Öffentlichkeitsarbeit ist das bewusste, geplante und dauernde Bemühen, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufzubauen und zu pflegen“, so lautet ein Merksatz von Prof. Dr. Albert Oeckl, der seit den 1950er Jahren diesen Begriff wesentlich geprägt hat. In diesem Sinne verstehen wir Öffentlichkeitarbeit als Instrument, um Beziehungen aufzubauen, zu gestalten und zu pflegen. In vielen Bereichen sind hier gute Ansätze vorhanden, indem aktiv über die Themenvielfalt der Arbeit des Amtes im Internet oder aus Anlass konkreter Projekte berichtet wird. Bei einzelnen Projekten hat die Öffentlichkeitsarbeit gemeinsam mit Beteiligungsprozessen (auch in Kooperation mit „Leipzig weiterdenken“) bereits strategische Dimensionen angenommen. Für diese Art des Projektmanagements konnten auch Fördergelder akquiriert werden. Zu nennen sind hier Öffentlichkeitsarbeit in unserem Themenfeld des Stadtgrüns und der Gewässer ist gleichzeitig (Umwelt-)Bildungsarbeit, insbesondere hinsichtlich ökologischer Funktionen und historischer Bezüge des Leipziger Systems an Grün und Gewässern. Weil Umweltbildung nicht Kern unseres Aufgabenfeldes ist, können wir diese nur teilweise im Zuge unserer Öffentlichkeitsarbeit integrieren. Wir versuchen dies vor allem im Rahmen von Kooperationen mit Umweltbildungsträgern (wie z. B. Ökolöwe, Auwaldstation, Grüner Ring Leipzig oder Zweckverband Parthenaue, Stiftung Bürger für Leipzig und Netzwerk für Stadtnatur, Naturschutzverbände) sowie mit Unterstützung des städtischen ­Umweltinformationszentrums oder Führung der Abteilung Friedhöfe des Amtes für Stadtgrün und Gewässer auf dem Südfriedhof . Foto Seite 148: Führung im Rahmen des Leipziger Gartenprogrammes im Mariannenpark. 149 des Naturkundemuseums sowie im Rahmen von Projekten, wie zum Beispiel mit einem speziellen Baustein Umweltbildung im Rahmen des Projektes Lebendige Luppe abzudecken. Mit Bezug zum Stadtwald kann allein der Wildpark in größerem Maßstab einen Beitrag zur Umweltbildung in Leipzig leisten. Ein weiterer wichtiger Baustein im Kontext von Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung speziell zum Thema der Stadtbäume ist der „Hain der Jahresbäume“ im Volkspark Kleinzschocher, wo seit dem Jahr 2000 jährlich der „Baum des Jahres“ gepflanzt wird. Ab 2015 findet dies im „Weg der Jahresbäume“ im Grünen Bogen Paunsdorf seine Fortsetzung. Die Vielfalt an Baumarten kann aber nicht nur in Kleinzschocher erlebt werden, auch die Arboreten am Nordufer des Cospudener Sees und im Erholungspark Lößnig-Dölitz bieten entsprechende Informationen. Führungen locken die Menschen nicht nur in gestaltete Freiräume, sondern auch zu brachliegenden Flächen der Stadt. Im Bild: ehemaliger Postbahnhof. Leipzig im Jahr 2030 Die Einbeziehung von Kindern in die Gestaltung von Spielräumen bringt meist eine neue Sicht auf die Planung und erhöht die Identifikation mit dem realisierten Projekt. 150 Auf der Basis eines im Jahr 2017 erarbeiteten Konzeptes zur strategischen Öffentlichkeitsarbeit konnten entsprechende Ressourcen für eine weitere Professionalisierung der aktiven, dauerhaften Öffentlichkeitsarbeit im Themenfeld Stadtgrün und Gewässer geschaffen werden. Dieser Prozess hat auch zu Organisation und Strukturierung eines einheitlichen Verfahrens zur Umsetzung des Konzeptes beigetragen und bildet eine Grundlage, die ein geschlossenes Auftreten des Amtes ermöglicht hat. Damit verbunden ist eine spürbare Verbesserung des Images unserer Arbeit, insbesondere aber der Wertschätzung für die grüne und blaue Infrastruktur in Leipzig. Vielfältige Formen und Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit werden auf dieser strategischen Grundlage genutzt und stets neue Möglichkeiten erschlossen. Parkführer, Handbücher, Publikationen in der Fach- und Tagespresse sowie im Internet, Ratgeber, Apps, Ausstellungen sowie Führungen sind zu viel genutzten Instrumenten im „Werkzeugkasten“ der strategischen Öffentlichkeitsarbeit geworden. Flyer, aber auch Hinweisschilder in den Freiräumen haben dazu geführt, dass die Grün- und Gewässerstrukturen in der öffentlichen Wahrnehmung präsent sind. Innovative Angebote bringen den Gästen und Bewohnern der Stadt die Leipziger Park- und Gewässerlandschaft nahe, etwa durch Apps, Talk-Walks, „grüne Stadtrundfahrten“ und Bootstouren. Die Bedeutung online verfügbarer Informationen ist weiter gewachsen. Insbesondere junge Menschen treffen ihre Entscheidungen zur Wahl eines Wohnortes immer mehr auf Grundlage der im Internet publizierten Informationen und des dort geprägten Images einer Stadt. Die Präsentation des Leipziger Stadtgrüns und der Gewässer ist ein zentraler Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt insgesamt geworden. In der Stadtöffentlichkeit ist durch vielfältige öffentlichkeitswirksame Maßnahmen das Verständnis für die Möglichkeiten, aber auch Grenzen der Nutzbarkeit des Stadtgrüns und der Gewässer gewachsen, ein umwelt- wie sozialverträgliches Nutzungsverhalten ist die Folge und verbessert das Image weiter. Mit Mitteln der Information, Aufklärung und Bewusstseinsbildung als Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit wird auf neue, konfliktträchtige Nutzungen reagiert. Von den städtischen Grünflächen geht weiterhin große Vorbildwirkung aus, an ihrem Erscheinungsbild orientieren sich auch private Besitzer mit ihren Vorgärten und Freiräumen. Als wirksamste Öffentlichkeitsarbeit für Stadtgrün und Gewässer hat sich deren qualitätvoller Zustand erwiesen. Die gegenseitige Lärmbelästigung im Zuge des Aufenthaltes und der Betätigung im öffentlichen Raum ist in erster Linie eine Frage des gegenseitigen Verständnisses und der Rücksichtnahme. Im Unterschied etwa zu den Lärmbelästigungen, die von den Straßen und Autobahnen ausgehen, ist der Lärm, den Menschen im Freiraum verursachen, wesentlich geringer und eher positiver Art. Die Reurbanisierungstendenzen des öffentlichen Raumes bringen einen erhöhten Geräuschpegel dieses öffentlichen Raumes mit sich. Urbanität ist eine grundsätzlich positive Tendenz der Stadtentwicklung und wird auch so in unserer Öffentlichkeitsarbeit dargestellt. Für die touristisch genutzten Radrouten konnte nach dem Vorbild des im Jahr 2015 gestarteten Modells für die Parthenaue die Einrichtung einer Wegebetreuung durch so genannte Wegwarte über ämterbezogene Zuständigkeiten hinweg erreicht werden, die die Routen regelmäßig kontrollieren und Missstände zur Beseitigung anzeigen. Im Zuge der Öffentlichkeitsarbeit ist gegenüber allen Nutzern des Freiraumsystems auf Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme sowie auf die Einhaltung geltender Regeln hinzuwirken, aber auch auf die Konsequenzen bei deren Nichtbeachtung. Zur Lenkung bestimmter Nutzungen auf geeignete Flächen ist auch in Zukunft vor allem in Dialog zu den Nutzergruppen zu treten, um für den Erhalt des Charakters der Anlagen zu sensibilisieren und Möglichkeiten zur Schaffung spezieller Angebotsflächen zu prüfen. Unter Umständen sind derartige Anfragen auch auf geeignete private Flächen zu lenken, falls sie im öffentlichen Raum nicht umsetzbar sind. Von speziellen Nutzergruppen ist dabei allerdings ein hohes Eigenengagement zur nachhaltigen Entwicklung und Erhaltung zu fordern. Je begrenzter die Nutzungsmöglichkeiten und je individueller die Anforderungen sind, umso mehr Eigenengagement und Rücksichtnahme muss gefordert werden, um einen Kompromiss im öffentlichen Raum zu finden. In unserer Öffentlichkeitsarbeit spielt die Vermittlung der Bedeutung von Grün- und Gewässerstrukturen, sprich der Stadtnatur, für die Sicherung von Lebensgrundlagen eine wichtige Rolle. In Konkurrenz zu den wachsenden Flächenansprüchen für andere Nutzungen weisen wir immer wieder darauf hin, welche existenziellen (Ökosystem-)Leistungen die Stadtnatur für den Menschen bereitstellt und warum städtische Lebensqualität unmittelbar von diesen Leistungen abhängig ist. Um das vielfältige Wegesystem auf unseren Flächen bekannt und damit nutzbarer zu machen, war eine Verbesserung der Informationen notwendig. Sie werden in Form von Karten, internetgestützten Angeboten und einer aktuellen, einheitlichen Beschilderung von wichtigen Zielpunkten dem Publikum nahe gebracht, die durch das Netz von Parkanlagen zu erreichen sind. 151 152 Wissenstransfer, Forschung und Kooperation entsprechendes Wissen identifizieren zu können. Kooperationen sind erforderlich, um den Austausch und die Integration des Wissens in die Partnerinstitution zu organisieren, sowie gegebenenfalls in gemeinsamen Projekten neues Wissen zu generieren. Der Umgang mit städtischen Freiräumen ist eine überaus komplexe Aufgabe, die stets neue Lösungswege einfordert. Um die Qualität und Funktionsfähigkeit von Freiräumen zu erhalten und entsprechend zukünftiger Ansprüche weiter zu entwickeln, reicht der Rückgriff auf althergebrachte Methoden nicht aus. Es gilt vielmehr, für neue Aufgaben und Probleme innovative Lösungen zu finden. LEIPZIG HEUTE Das gilt für Leipzig wie für andere Großstädte in Deutschland, Europa und weltweit. Auch wenn die gesellschaftlichen, räumlichen oder klimatischen Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich sind und im Detail individuelle Lösungen erfordern – was auch innerhalb einer Stadt gilt - so lassen sich aus erfolgreich praktizierten Lösungsansätzen doch oft übertragbare Erkenntnisse gewinnen. Je vielfältiger der gesammelte Erfahrungsschatz, um so besser sind wir den künftigen Aufgabenstellungen und Herausforderungen gewachsen. Im Rahmen großer europäischer Projekte, oft in Kooperation mit anderen Ämtern der Stadt, oder auf interstädtischer Ebene im alltäglichen Austausch - stets war und ist die Leipziger Freiraumentwicklung ein Forschungs- und Experimentierfeld gewesen. Die städtische Entwicklung hat davon stets profitiert und ihrerseits beispielhafte Ansätze entwickeln können. Das betrifft nicht nur die Erfahrungen aus der Praxis anderer Städte, sondern auch die Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung - besonders, wenn diese einen praxis- und umsetzungsorientierten Ansatz verfolgen. Auch unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungshintergründe können helfen, den Blick zu weiten. Gerade im Hinblick auf Herausforderungen, denen viele Städte gleichermaßen gegenüber stehen, ist Wissenstransfer und Kooperation unerlässlich. Aktuelle Erscheinungen wie demografische Veränderungen und Migration, klimatischer Wandel oder die Gleichzeitigkeit der Urbanisierung und Entleerung von Teilräumen, die soziale Polarisierung in den Städten, verändertes Freizeitverhalten sowie enger werdende finanzielle Handlungsspielräume beschäftigen alle Städte. Solche Themen sind auch Inhalt aktueller Forschungsprogramme. Insofern sind Wissenstransfer, Erfahrungsaustausch und Vernetzung sowohl innerhalb der Verwaltung als auch mit externen Partnern aus Praxis und Wissenschaft existentiell, um effizient agieren zu können. Definition Als Wissenstransfer wird hier die Identifikation, der Austausch und die Integration von fachlichem Knowhow zwischen unterschiedlichen Institutionen und Organisationen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis verstanden. Dieser Austausch sollte stets in alle Richtungen stattfinden. Die Vernetzung mit anderen Fachleuten, die an verwandten Themen arbeiten, ist Voraussetzung dafür, um Seit seiner Neugründung nach der Friedlichen Revolution waren Wissenstransfer, Kooperationen und Vernetzung mit fachlichen Partnern aus Wissenschaft und Praxis eine Säule der Arbeit des Amtes für Stadtgrün und Gewässer. So beteiligte sich Leipzig an der EXPO 2000 als Außenstandort unter dem Motto „Den Wandel zeigen“ mit vier Projekten, wovon zwei die Freiraumentwicklung zum Inhalt hatten. So enthielt das Projekt „Landschaftsnutzung – Landschaftswandel. Vom Kontrast zum Konsens“ die Renaturierung des Tagebaus Cospuden. Das Projekt „Plagwitz auf dem Weg ins 21. Jahhundert. Ein Beispiel für nachhaltigen Stadtumbau“ thematisierte die Freiraumentwicklung im Stadtumbau, hier entstand der Stadtteilpark Plagwitz als benutzbares Ergebnis. Der Stadtteilpark Plagwitz ist Ergebnis eines Projektes im Rahmen der EXPO 2000. Foto Seite 152: Tagungen und Konferenzen sind zentrale Instrumente des Wissenstransfers, hier Auftaktveranstaltung im Projekt Lebendige Luppe (2013). 153 Auslesen der Daten zum Grundwasserstand im Rahmen des Projekts Lebendige Luppe. tur zum Wohlergehen der Menschen in der Stadt sowie die Impulse, die neue Ansätze der Revitalisierung von Stadtgrün und Gewässern zur nachhaltigen Stadtentwicklung setzen können. Diese Fragen werden zum Beispiel im Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben „Urbäne Wälder“ unter Federführung des Stadtplanungamtes oder im Projekt „Lebendige Luppe“ im Rahmen des Bundesprogrammes Biologische Vielfalt erörtert und in der Praxis untersucht. Beide Projekte werden von Forschungseinrichtungen (Technische Universität Dresden, Universität Leipzig, UfZ) umfassend wissenschaftlich begleitet und vom Bundesamt für Naturschutz unterstützt. Die finanzielle Förderung erfolgt mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Mit dem Bundesamt für Naturschutz und dessen Außenstelle in Leipzig hat sich über konkrete Förderprojekte hinaus ein intensiver Austausch entwickelt. Ein weiteres, größer angelegtes Verbundprojekt mit Partnern aus Wissenschaft und Praxis wird aktuell vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Im Projekt „stadt PARTHE land“ geht es um ein nachhaltiges Kulturlandschaftsmanagement entlang der Parthe. Der Fluss wird hier als Brücke zwischen Metropole und ländlichem Raum thematisiert. Das Stadtgrün stand bereits vor über zehn Jahren im Fokus einiger von der Europäischen Kommission geförderter Projekte. URBAN GREEN ENVIRONMENT 2001 – 2004 (URGE) befasste sich mit der Förderung von Grünflächen zur Verbesserung der Lebensqualität in Städten und urbanen Räumen. Unter der Gesamtkoordination des Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle GmbH (UfZ) war die Stadt Leipzig hier mit zwei Fallstudien beteiligt, dem Lene-Voigt-Park und dem Stadtteil Grünau. Die Kooperation mit dem UfZ setzte sich im Projekt Greenkeys (URBAN GREEN as a key for sustainable cities; 2006 – 2008) fort. Dieses Mal stand die Entwicklung des Grünen Bogens Paunsdorf im Fokus - als ein Beispiel, wie Grünflächenentwicklung zur nachhaltigen Entwicklung entleerter und abgewerteter Stadtquartiere beitragen kann. Die aktive Mitwirkung an Forschungsprojekten, aber auch deren Initiierung betreiben wir immer wieder, um gemeinsam mit der Wissenschaft nicht nur Kenntnisse über den aktuellen Zustand, über Risiken und Potenziale von Stadtgrün und Gewässern im Kontext aktueller Wandlungsprozesse zu gewinnen. Im Kern geht es stets darum, übertragbare Lösungsansätze für konkrete Problemstellungen wie dem demographischen Wandel, Klimaveränderungen, Freizeittrends oder Gesundheitsvorsorge zu gewinnen. Aktuell stehen unter anderem die sogenannten Ökosystemdienstleistungen der Stadtnatur im Fokus, das heißt der Beitrag der grünen und blauen Infrastruk154 Über die Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen hinaus ist die Vernetzung mit anderen Städten und Regionen, die ähnliche Fragestellungen zu bewältigen haben, ein wichtiges Anliegen. Dies wird im Thema Stadtgrün sowie besonders intensiv im Aufgabenfeld der Gewässerentwicklung praktiziert. Zu nennen sind hier die Kooperationen in entsprechenden Gremien, Arbeitsgruppen und Projekten, so der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz, dem Bündnis Gründliche Bestandsaufnahme: Im Projekt L­ ebendige Luppe wurden die Eigenschaften von rund 3300 ­Gehölzen ­dokumentiert. Die Gartenamtsleiterkonferenz in Leipzig im Frühjahr 2014 war ein Höhepunkt der Kooperation und des Wissenstransfers der jüngeren Vergangenheit. LEIPZIG 2030 Wissenstransfer, Forschungskooperation und Vernetzung sind in der globalisierten und schnelllebigen Stadtentwicklung wichtige Voraussetzungen, um schnell, effizient und innovativ auf jeweils aktuelle Herausforderungen für die Freiraumentwicklung reagieren zu können. Aufgrund der weiter gewachsenen Informationsvielfalt sind verlässliche Partnerschaften und Netzwerke zum Schlüssel für den Zugang zu aktuellem Wissen geworden. Diese Partnerschaften und Netzwerke bedürfen der Pflege sowie einer zielorientierten, von gemeinsamen Interessen geleiteten Organisation sowie einer aktiven Mitarbeit, so dass auch im Amt für Stadtgrün und Gewässer entsprechende Ressourcen dafür eingesetzt werden. ­ ommunen für Biologische Vielfalt, dem Netzwerk der Grüngürtel/Grünen Ringe, K der World Canals Conference und anderen. Ein Schlüssel zum zielorientierten Wissenstransfer lag darin, den Austausch selbst anzustoßen und eigene Fragestellungen gezielt in gepflegte Netzwerke einzuspeisen, um gemeinsam im Verbund mit der Wissenschaft und anderen Städten entsprechende Lösungen entwickeln zu können. Regelmäßig tritt Leipzig dabei auch selbst als Veranstalter von nationalen und internationalen Fachtagungen und -kongressen auf. Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind die Gartenamtsleiterkonferenzen 1998 und 2014 oder das European Forum on Urban Forestry 2012. Zu unserem Selbstverständnis gehört auch die aktive Teilnahme an derartigen Veranstaltungen andernorts, wo beispielhafte Projekte und aktuelle Fragestellungen aus Leipzig präsentiert werden. Die Erfahrungen mit den ersten umfassenden Verbundprojekten wie Green Keys, Lebendige Luppe oder stadtPARTHEland waren Ausgangspunkt für die regelmäßige Beteiligung an entsprechenden Verbundforschungen. Sie führten zu Lösungsansätzen, die nur in derartigen Kooperationen möglich sind, weil hier zusätzliche Ressourcen zur Verfügung stehen, um innovative und mittel- bis langfristige Konzepte parallel zum täglichen Aufgabenfeld zu erarbeiten. Ähnlich verhält es sich mit Fachpublikationen, in denen das Leipziger Grün und Blau facettenreich vorgestellt und rezipiert wird. Die Fachwelt schaut auf diese Stadt, weil sich hier immer wieder interessante Entwicklungen und beispielgebende Lösungswege zeigen. Voraussetzung für derartig ertragreiche Vernetzungen und Austauschstrukturen war die Bereitschaft, unsere eigenen Erfahrungen ebenfalls frei zur Verfügung zu stellen und regelmäßig zu publizieren. Aus dem gemeinsamen Stand des Wissens und der Technik entsprechende zukunftsorientierte Qualitätsstandards für das fachliche Aufgabengebiet zu setzen, stellt eine weitere, im Zusammenwirken mit anderen Interessenvertretern auch schwierige Aufgabe dar. Sie kann nur in Kooperation gelöst werden. Entsprechende Gremien in der Grünen und Blauen Branche, wie zum Beispiel die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL) sind unersetzlich. Sie werden aktiv durch Mitwirkung bei der Erarbeitung entsprechender Empfehlungen und Regelwerke unterstützt. Fachliche Standards ermöglichten uns nicht nur selbst eine entsprechende Qualitätssicherung. Unsere aktive Mitwirkung an deren Entwicklung eröffnete uns auch die Chance, auf die praxisorientierte Weiterentwicklung von Standards Einfluss zu nehmen. 155 156 Kompensationsflächen- management Kompensationsflächen der Stadt Leipzig (Stand Ende 2015) Leipzig wächst wieder. Dieses Wachstum kommt nicht von ungefähr. In den vergangenen 25 Jahren sind vielfältige Anstrengungen unternommen worden, um Stadt und Region für die Ansiedlung von Arbeitsplätzen in Industrie, Gewerbe und Dienstleitung sowie als Wohnstandort insbesondere für Familien attraktiv zu machen. Entsprechende Industrieansiedlungen - ablesbar insbesondere an der anhaltenden Entwicklung im Nordraum - und der nun intensiv einsetzende Zuzug in die Stadt zeugen vom Erfolg dieser Anstrengungen. Baumaßnahmen können Eingriffe in den Naturhaushalt zur Folge haben. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz und dem Baugesetzbuch sind Verursacher eines Eingriffes in Natur und Landschaft verpflichtet, diesen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen oder zu ersetzen. erfasste Flächen 149 zugeordnet (Planverfahren abgeschlossen) 5 zuordnungsfähig (Prüfverfahren positiv abgeschlossen) 50 angeboten (Bestandteil eines laufenden Planverfahrens) 255 derzeit nicht geeignet 342 in Prüfung 161 umgesetzte Maßnahmen der Stadt zu unterstützen, insbesondere in Bezug auf Gewerbeansiedlungen in Leipzig. Das Kompensationsflächenmanagement hat auf Grundlage einer Erfassung potenziell geeigneter Flächen folgende Aufgaben: Leipzig heute In den 1990er Jahren erfolgte zunächst eine erhebliche Inanspruchnahme bisher nicht für Siedlungs- und Verkehrszwecke genutzter Flächen: Es wurde vielfach auf der ‚grünen Wiese‘ gebaut. Die Gründe lagen in großmodularen Ansiedlungen einerseits und dem Trend der 1990er Jahre zum Ein- und Mehrfamilienhaus am Stadtrand. So wuchs die Stadt nach außen, obwohl ein Rückgang der Einwohnerzahl zu verzeichnen war. Entsprechend hoch war der Bedarf an Flächen, die zur Erfüllung der naturschutz- und baurechtlichen Anforderungen für die Kompensation von Eingriffen benötigt worden. Dieser Bedarf ist bis heute unter den Vorzeichen des Wachstums nicht gesunken, auch wenn die gestiegene Nachfrage nach Wohnraum und Eigentumsbildung aktuell zum Großteil erfolgreich in den Bestand und den Innenbereich gelenkt werden kann. 962 verwaltungsinterne Abstimmung zur Entwicklung der Flächen Abstimmung mit den Eigentümern Abschluss von Verträgen zur Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen Tierhaltung im ehemaligen Militärgelände im Grünen Bogen Paunsdorf. Um diesen Bedarf zu erfüllen, hat sich die Stadt Leipzig frühzeitig der Frage einer nachhaltigen Bereitstellung von Kompensationsflächen gestellt und ein strategisches Management nicht nur für das Stadtgebiet, sondern in Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden auf regionaler Ebene ein interkommunales Kompensationsmanagment (IKOMAN) initiiert. Aufgabe des seit 2000 in der Stadt bestehenden Kompensationsflächenmanagements ist es also, die Eingriffsregelung mit den entsprechenden Kompensationsanforderungen optimal umzusetzen und damit gleichzeitig die Entwicklung Foto Seite 156: Kompensationsflächen im Grünen Bogen Paunsdorf. 157 Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen für den Investor nach finanzieller Ablösung auf Grundlage des Vertrages Führung des städtischen Ökokontos. Folgende Arten von Kompensationsmaßnahmen kommen in Leipzig zur Anwendung: Entsiegelung und Begrünung von Brachflächen Rückbau und Begrünung von Verkehrsflächen Pflanzung von Straßenbäumen Umwandlung von Acker in Grünland produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (z. B. Pflanzung von Feldhecken, Blühstreifen) Aufforstung Weideflächen mit Wildpferden auf einer Kompensationsfläche am Porsche-Werk. Der überwiegende Teil der Flächen mit umgesetzten Kompensationsmaßnahmen befindet sich in kommunalem Eigentum und wird entsprechend der festgelegten Pflegekategorie des öffentlichen Grüns bzw. entsprechend der Bewirtschaftungsmaßnamen im Wald gepflegt, nachdem sie aus der Fertigstellungs- und Entwicklungspflege entlassen worden sind. Gewässerrenaturierung (z. B. Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie durch Rückbau von Staustufen) Waldumbau (z. B. Hutewald) Offenhaltung von Offenlandbiotopen. Im Fokus stehen bis heute vor allem brachgefallene Flächen, die nicht in eine bauliche oder anderweitige Nutzung zurückgeführt werden können. Eine enge Verzahnung von Brach- und Kompensationsflächenmanagement hat sich hier als Erfolgsrezept erwiesen, zumal die landesgesetzlichen Regelungen in Sachsen auch den Rückbau von Hochbauten und die Entsiegelung von Flächen als Kompensationsmaßnahme durch eine Bonunsregelung besonders honorieren. Im Rahmen einer Kompensationsmaßnahme für den Bau des Porsche-Werkes wurden Kasernen in Brandis abgerissen - gleichzeitig ein Beispiel der guten interkommunalen Kooperation in diesem Aufgabenfeld. 158 Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen des verstärkten Wachstums hat sich die Konkurrenz, aber auch die Bodenspekulation mit zukünftigen Potenzialen von Brachflächen erheblich gesteigert, so dass die Verfügbarkeit von Kompensationsflächen zu finanzierbaren Preisen immer schwieriger wird. Umso wichtiger ist ein weit vorausschauendes strategisches Flächenmanagement auch in diesem Zusammenhang. Eine weitere Perspektive, um den Kompensationsanforderungen gerecht zu werden, bieten innovative Ansätze, die auch in der Vergangenheit in Leipzig immer wieder beispielhaft erprobt und erfolgreich etabliert werden konnten. Ein solcher Ansatz beruht auf der Multifunktionalität solcher Flächen. Insbesondere die Kombination von Kompensations- und Erholungsfunktionen im urbanen Umfeld bietet zahlreichen Funktionen Raum, die sich nicht zwangsweise widersprechen müssen. Dies zeigen Beispiele wie im Grünen Bogen Paunsdorf oder auch im Neuseenland, so dass diese Strategie mittlerweile eine hohe Akzeptanz genießt. Das hat dazu geführt, dass die eingriffsnahe Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen heute von Politik und Bürgerschaft aus der Motivation heraus gefordert wird, die mit der Flächeninanspruchnahme auch verlorengehende Lebensqualität zu kompensieren. Problematisch ist dabei - vor allem im Außenbereich - dass hier durch den Eingriff wie auch durch die flächenhafte Kompensation bis heute landwirtschaftlich genutzte Flächen in Anspruch genommen werden, zumal eingriffsnah selten Brachen revitalisiert werden können. Der Spielplatz Kinderreich entstand anstelle von Messehallen des agra-Geländes. In der Stadt hilft diese Kombination aber dabei, Brachen als Freiräume wohnungsnah auch für Erholungszwecke zu sichern und naturnah zu gestalten, wie auch die aktuell in Entwicklung befindliche „grüne Achse“ hinter dem Bayerischen Bahnhof zeigt. Hier werden Kompensationsmaßnahmen aus dem Bau des Citytunnels die ersten Grünstrukturen bilden. Mit Novellierung des Baugesetzbuches wurde 1998 die Möglichkeit geschaffen, Kompensationsmaßnahmen räumlich und zeitlich entkoppelt vom Eingriff umzusetzen. Damit konnte der Suchraum für Kompensationsflächen/-maßnahmen erweitert werden. Das Kompensationsflächenmanagement ist so immer stärker zu einer regionalen Aufgabe geworden, der sich der Grüne Ring Leipzig intensiv angenommen hat. Aber auch die Potenziale, die ein regionaler Ansatz bietet, sind oft schwierig zu erschließen und verstärkten Nutzungskonkurrenzen ausgesetzt, u. a. auch vor dem Hintergrund der eingeläuteten Energiewende, die entsprechende Flächen beansprucht. Eine weitere Möglichkeit, die Aufgabe unter weniger Druck frühzeitig und strategisch anzugehen, ist die zeitliche Entkopplung von Eingriff und Kompensation. Grundsätzlich sind auch dazu die rechtlichen Möglichkeiten gegeben und wurden auch frühzeitig vom Grünen Ring Leipzig aufgegriffen. Mit dieser zeitlichen Entkopplung können auf verfügbaren Flächen schon vor dem Eingriff Kompensationsmaßnahmen umgesetzt werden, so gegebenenfalls zukünftigen Nutzungskonkurrenzen und Preissteigerungen entzogen und strategisch genutzt werden, um großflächige, Naturschutz-Komplexmaßnahmen geschlossen umzusetzen und diese dann später kommenden Eingriffen zuzuordnen. In der Praxis gestal- tet sich dieser Weg, der häufig als Maßnahmenpool oder Ökokonto gehandhabt wird, vor dem Hintergrund begrenzter kommunaler Finanzressourcen zur Vorfinanzierung und unsicherer Entwicklungsprognosen ebenfalls schwierig. Entsprechende Ansätze werden aber stetig weiter verfolgt. Mittlerweile haben auch private Unternehmen Ökokonten eingerichtet, die sie einerseits zum eigenen Bedarf nutzen, andererseits auch der Stadt Leipzig zur Zuordnung anbieten. Insofern sind weitere Innovationen und neue Strategien zu entwickeln. Aktuell liegt der Fokus vor allem auf Ansätzen einer produktionsintegrierten Kompensation. Gemeint ist dabei eine Extensivierung von landwirtschaftlichen Nutzungen, die dabei möglichst ökonomisch rentabel bleiben sollen, gleichzeitig aber eine ökologische Aufwertung der Flächen erreichen, die als Kompensation angerechnet werden kann. Damit wird vor allem das Ziel verfolgt, der Landwirtschaft keine weiteren Flächen zu entziehen, sondern innerhalb der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung eine ökologische Aufwertung zu erreichen, die dem Landwirt über die Eingriffsregelung auch finanziell abgegolten wird. In der Forstwirtschaft sind solche Ansätze ebenfalls denkbar. Auch eine zusätzliche Aufwertung bereits hochwertiger Naturschutzflächen oder die Aufrechterhaltung hochwertiger Naturschutzqualitäten, die aktuell nicht mehr gesichert sind, stehen zur Diskussion. 159 Der Abbruch eines Beriebsgebäudes (Foto links), die Entsiegelung und Bepflanzung (Foto unten) war Gegenstand einer Kompensationsmaßnahme am Krematorium auf dem Südfriedhof. Vor diesem Hintergrund werden im Kompensationsflächenpool der Stadt Leipzig seit dem Jahr 1998 Flächen erfasst, welche, ausgehend von vorliegenden Planungen der Stadt Leipzig bzw. des Grünen Ringes Leipzig, ein Potenzial für eine Kompensationsmaßnahme darstellen. Nach der Erfassung erfolgt ein umfassendes Eignungsprüfverfahren um zu klären, ob die Fläche planungsrechtlich dauerhaft als „begrünte“ Fläche gesichert ist/werden kann, im Sinne des Naturschutzrechtes aufwertungsfähig ist eigentumsrechtlich dauerhaft verfügbar ist bzw. entsprechende Zustimmungen des Eigentümers und Pächters erbracht werden können dauerhaft gepflegt werden muss und kann, um den Zielzustand zu erreichen und zu erhalten. Auf regionaler Ebene steht den Kommunen seit 2007 mit dem IKOMAN ein Internet-basiertes Instrument zum Interkommunalen Kompensationsflächenmanagement zur Verfügung. Eng verzahnt auch hier mit einem entsprechenden Tool zum Interkommunalen Brachflächenmanagement, dem IKOBRA.Nach Erfassung der Flächen erfolgt ein umfassendes Eignungsprüfverfahren. 160 Leipzig im Jahr 2030 Ein strategisches Kompensations(-flächen-)management hat sich in den letzten 20 Jahren als erfolgreich erwiesen und bleibt auch in Zukunft unerlässlich, um Wachstum zu ermöglichen und gleichzeitig Natur und Landschaft zu bewahren und die damit verbundene Lebensqualität auch im urbanen Raum zu sichern. Das Kompensationsflächenmanagement hat sich darüber hinaus als ein bedeutendes Instrument zur Entwicklung des Freiraumsystems von Stadt und Region etabliert. Je nach Art der Kompensationsmaßnahmen konnten die Flächen in entsprechende Grünkonzepte, die Wald- und Gewässerentwicklung sowie Pflege- und Entwicklungspläne eingebunden werden. Dazu war geodatentechnisch die enge Verschneidung des Kompensationsflächenmanagements mit dem Geoinformationssystem des Amtes für Stadtgrün und Gewässer, mit dem auch das GRIS unterstützt wird, erforderlich. Der Ansatz, Kompensationsmaßnahmen vor allem in die Stadt und deren Brachflächen zu lenken, konnte erfolgreich aufrechterhalten werden. In enger Kooperation mit den Landwirten konnte, ausgehend von den erfolgreichen Pilotprojekten in der Parthenaue, die produktionsintegrierte Kompensation etabliert werden. Die Landwirtschaft steht diesem Ansatz positiv gegenüber und unterstützt die Weiterentwicklung aktiv mit konstruktiven Vorschlägen. Die prioritären Ansätze des interkommunalen Kompensationsmanagements wirken dem Entzug von Landwirtschaftsflächen zur Nutzung für Kompensationsmaßnahmen entgegen, so dass das im Jahr 2015 verankerte Ziel, dafür keine landwirtschaftlich genutzten Flächen zusätzlich in Anspruch zu nehmen, von allen Seiten anerkannter Standard in der Region Leipzig geworden ist und bundesweite Beispielwirkung entfaltet hat. Das Kompensationsflächenmanagement konnte auch in Bezug auf die umgesetzten Maßnahmen ausgebaut und qualifiziert werden, so dass auch die seit 2017 neu umgesetzten Kompensationsflächen einer umfassenden Funktionsund Erfolgskontrolle unterzogen werden. Im Sinne der Entwicklung von nachhaltigen und kostengerechten Kompensationsmaßnahmen ist die vollständige Entwicklung des Biotopes zu erbringen (Zielbiotop). Es konnte erreicht werden, dass darüber hinaus auch die dauerhafte Erhaltung des Zielzustandes in der Regel auf die Dauer von 25 Jahren durch den jeweiligen Kompensationspflichtigen abgelöst (d. h. vorfinanziert) wird, so dass insgesamt eine dauerhafte Sicherung gewährleistet werden konnte. Der regionale Ansatz, sprich die räumliche Flexibilität bei der Zuordnung von Kompensationsmaßnahmen zu weiter entfernten Eingriffen auch in anderen Kommunen, hat sich als der Schlüssel zum Erfolg erwiesen. Die Bedeutung von Natur und Landschaft und eines gut vernetzten Freiraumsystems wurde erkannt. Auf dieser Grundlage konnten mit Hilfe von vorgezogenen Komplexmaßnahmen wichtige Grünachsen weiter entwickelt werden, die als Maßnahmenpool im Sinne eines Ökokontos eingerichtet worden sind. Diese Maßnahmen, die späteren Eingriffen zugeordnet werden, sichern nicht nur die Entwicklung des Freiraumsystems, sondern gleichzeitig die baulichen Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt. Durch gezielte Lenkung von Kompensationsmaßnahmen in die Gewässerentwicklung im Rahmen des Kompensationsflächenmanagements konnten auch Gewässer II Ordnung gemäß der Wasserrahmenrichtlinie entwickelt werden. 161 162 Interkommunale Kooperationen im Jahr 2003 definierten Handlungsfelder wurden im Rahmen der Fortschreibung im Jahr 2014 in ihrer Grundstruktur erhalten, vor dem Hintergrund aktueller Zukunftsthemen aber neu ausgerichtet und thematisch erweitert zu den folgenden Handlungsfeldern: Grünstrukturen und Gewässer enden nicht an kommunalen Grenzen. Eine erfolgreiche Sicherung und Entwicklung sowie nachhaltige Nutzung kann daher nicht an den Grenzen der Stadt Leipzig halt machen, sondern braucht in vielen der bereits aufgezählten Handlungsfeldern die Einbeziehung der regionalen Ebene, insbesondere der Umlandgemeinden. Die intensive Vernetzung des Grün- und Gewässersystems der Innenstadt über den Stadtrand bis hinein in das Umland und die Nachbarkommunen ist vor allem seit der gemeinsamen Entwicklung der Bergbaufolgelandschaft ein Alleinstellungsmerkmal der Destination Leipzig. Starke Landschaft / stabile Ökosysteme Erlebbare Landschaft Essbare Landschaft Innovative Landschaft. In diesen Handlungsfeldern werden im RHK 2014 insgesamt 14 Schlüsselprojekte identifiziert, die in sechs Arbeitsgruppen (Gewässer; Interkommunales Flächenmanagement; Landschaft; Landwirtschaft; Touristische Infrastruktur; Umwelttechnik) bearbeitet werden. Diese Schlüsselprojekte werden in der Regel gemeinsam umgesetzt, ohne dass in die jeweilige Planungshoheit eingegriffen wird. Die gemeinsamen Projekte (seit Gründung 87 Planungen, Konzepte und investive Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 5,3 Mio. Euro) konnten bisher auf der Grundlage umfassend akquirierter Fördermittel umgesetzt werden. Weitere Projekte wurden mit Hilfe der Umlage der Mitgliedskommunen kofinanziert und in die Umsetzung gebracht (97 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 400.000 Euro (GRL 2014). Die Hauptaufgabenfelder und Schlüsselprojekte weisen große Schnittmengen mit den Themen der vorliegenden Freiraumstrategie des Amtes Vor dem Hintergrund zukünftiger regionaler und überregionaler Herausforderungen (Klimawandel, Bevölkerungsentwicklung, Förderkulissen) wird auch die länder- und aktionsraumübergreifende Zusammenarbeit immer wichtiger. Geprägt wird diese Kooperation heute vornehmlich durch den Grünen Ring Leipzig, aber auch weitere Kooperationsformen in Zweckverbänden und weniger formalisierten Formen der strategischen Zusammenarbeit. Sie reicht letztlich auch im Themenfeld Freiraum und Gewässer bis hin zur Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland. Grüner Ring Leipzig Seit 1996 arbeiten im Grünen Ring Leipzig (GRL) Kommunen und Landkreise mit dem Ziel der Attraktivitätssteigerung und umweltverträglichen Entwicklung der Kulturlandschaft als Grundlage für eine lebenswerte Region erfolgreich in einem freiwilligen, gleichberechtigten, transparenten und bürgeroffenen Netzwerk zusammen. Der Grüne Ring Leipzig sieht sich als Motor für verschiedenste Entwicklungen in der Region. Er entwickelt nicht nur interkommunale und länderübergreifende Strategien und Projekte, sondern sorgt im Rahmen des Umsetzungsmanagements auch für die Realisierung der strategischen Ansätze. Besonderes Augenmerk richtet er dabei auch Nachhaltigkeit sowie auf die Übertragbarkeit seines Vorgehens auf andere Regionen in Deutschland und Europa. Einer der Leitgedanken ist die unerlässliche Kommunikation, um miteinander im Raum zu agieren. Heute kooperieren im Grünen Ring Leipzig 13 Kommunen und zwei Landkreise. Handlungsgrundlage ist das Regionale Handlungskonzept (RHK). Die bereits Die Sehenswürdigkeiten und Erholungsgebiete des Grünen Ringes Leipzig werden auf Schautafeln im wiedererkennbaren Design gezeigt. Foto Seite 162: Im Süden der Stadt ist der Grüne Ring Leipzig von den aufgehenden Seen der Bergbaufolgelandschaft geprägt. 163 Zweckverband Kommunales Forum Südraum Leipzig Dieser Zweckverband ist ein Zusammenschluss von 13 Städten und Gemeinden des Landkreises Leipzig, dem Landkreis Leipzig selbst und der Stadt Leipzig, mit Sitz in Markkleeberg. Das Anliegen des 1996 gegründeten Zweckverbandes ist die gemeinsame Entwicklung der Bergbaufolgelandschaft im Südraum Leipzig. Ziel ist es, die neu entstehende Gewässerlandschaft im gemeinsamen Interesse zu entwickeln, d. h. aktiv mitzugestalten und diese Neugestaltung für die Entwicklung neuer Wirtschaftsbereiche und Infrastrukturen in seiner ganzen Vielfalt zu nutzen. Inhaltliche Schwerpunkte, die miteinander abgestimmt, gemeinsam beraten und vertreten werden, sind die Verkehrs- und technische Infrastruktur, die Region als Wirtschafts- und Lebensraum, die wasserwirtschaftliche Sanierung, die Landschaftsgestaltung, die Tourismusförderung sowie Fragen der Flächenverfügbarkeit. Dabei greift der Zweckverband nicht in die Zuständigkeiten und Befugnisse der Kommunen und anderen Zweckverbände ein. Aktuelle Projekte des Zweckverbandes sind im Bereich „Touristischer Gewässerverbund Leipziger Neuseenland“ die Störstellenbeseitigung in der Pleiße, die Verbindung Markkleeberger See - Pleiße sowie Umtrageeinrichtungen am Agra-Wehr. Darüber hinaus hat sich der Zweckverband in Abstimmung mit den regionalen Partnern dazu entschlossen, das Management der wassertouristischen Anlagen im Leipziger Neuseenland zu übernehmen. für Stadtgrün und Gewässer auf. Auch organisatorisch bestehen enge Bezüge zwischen dem Amt für Stadtgrün und Gewässer und dem Grünen Ring Leipzig, weil die strategische Arbeit sowie das Projekt- und Finanzmanagement im Grünen Ring Leipzig der Stadt Leipzig obliegen und im Amt für Stadtgrün und Gewässer verankert sind. Die Geschäftsstelle des GRL ist in Borsdorf angesiedelt, sie ist zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungs- und AG-Organisation sowie die Netzwerkarbeit. Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland „Die Steuerungsgruppe ist ein Gremium von Entscheidungsträgern aus Kommunen, Landkreisen, Behörden, der Braunkohlesanierung und Institutionen, die an Aktivitäten zum Ausbau des Gewässerverbundes zwischen der Stadt Leipzig und den Gewässern des Nord-, West- und Südraumes, zur Standortentwicklung an den Seen und dem Marketing beteiligt sind.“ (Geschäftsordnung Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland). Der Geopfad am Markkleeberger und Störmthaler See verdeutlicht die Erdgeschichte der Bergbaufolgelandschaft. 164 Ziel ist die Schaffung eines attraktiven und leistungsfähigen gewässertouristischen Verbundes in der Region Leipzig, der in das natürliche Gewässersystem wasserwirtschaftlich sinnvoll und naturverträglich eingebunden ist. Hier werden entsprechende Maßnahmen abgestimmt und Schwerpunkte gesetzt ohne dass die Planungs- und Finanzierungshoheit der Kommunen und des Freistaates Sachsen dadurch berührt wird. „Die Ergebnisse der Beratungen bilden die strategische Grundlage für das Handeln der einzelnen Mitglieder im Rahmen der Umsetzung des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes und einer nachhaltigen Entwicklung der ­Destination Erholung kennt keine Stadt- oder Gebietsgrenzen, im Bild das Südufer des Cospudener Sees. Leipziger Neuseenland.“ Neuseenland). (Geschäftsordnung Steuerungsgruppe Von der Steuerungsgruppe ging im Jahr 2011 die Initiative zur Erarbeitung einer Charta Leipziger Neuseenland 2030 aus. In einem umfangreichen Beteiligungsprozess, gemeinsam mit allen Akteuren, aber auch der breiten Öffentlichkeit ,wurden die Inhalte diskutiert. Die Endfassung wird im Mai 2015 verabschiedet. Ziel ist es, eine Selbstverpflichtung aller Akteure und eine gemeinsame Qualitätsvereinbarung zu verabschieden, die die strategische Ausrichtung der Entwicklung des Leipziger Neuseenlandes vorgibt. In diesem Sinne wird die Charta auch die hier vorliegende Strategie des Amtes für Stadtgrün und Gewässer der Stadt Leipzig im Themenbereich der interkommunalen, das heißt regionalen Entwicklung des Leipziger Neuseenlandes mit gleichem Zeithorizont ergänzen. Leipziger In diesem Sinne reichen die Aufgaben der Steuerungsgruppe von der allgemeinen Lobby-Arbeit für die Region und der Fortschreibung des „Wassertouristischen Nutzungskonzeptes Region Leipzig“ über die Begleitung der Entwicklung weiterführender konzeptioneller Grundlagen (Infrastrukturmasterplan, Regionalmarketing inkl. Kommunikationskonzept, Strategie der Öffentlichkeitsarbeit, Organisationsstruktur für das Leipziger Neuseenland) sowie die Unterstützung der Finanzierung entsprechender Schlüsselmaßnahmen des Gewässerverbundes bis hin zur Förderung der Entwicklung von buchbaren Produkten. Koordiniert und unterstützt wird die Arbeit der Steuerungsgruppe durch eine Geschäftsstelle. Die inhaltliche Bearbeitung der Aufgaben findet in den drei Arbeitsgruppen „Gewässerverbund Region Leipzig“, „Standortentwicklung“ und „Marketing“ statt. Die Arbeitsgruppe (AG) Gewässerverbund wird vom Amt für Stadtgrün und Gewässer geleitet. Hier wird auch der inhaltliche und fachliche Input aus der Region und der Stadtverwaltung Leipzig koordiniert und qualifiziert. Eine der Hauptaufgaben ist das Erkennen und Thematisieren von Problemen in der Entwicklung des Leipziger Neuseenlandes und die gemeinsame Erarbeitung von Lösungen für die regionale Entwicklung. Das Leipziger Neuseenland besitzt für die touristische Entwicklung in der Region zentrale Bedeutung. Im Bild: Hafen im Stadtgebiet Markkleeberg. Zweckverband Parthenaue Der Zweckverband Parthenaue mit Sitz im Leipziger Stadtteil Plaußig vereint alle Kommunen des Parthelandes. Er wurde 1992 mit dem Hauptziel des Erhaltes der Kulturlandschaft Parthenaue und deren Erschließung für die Naherholung gegründet. Er ist für die Pflege und Entwicklung von kommunalen Gewässern, die Biotoppflege, -entwicklung und deren Monitoring sowie die Pflege und Entwicklung der Erholungsinfrastruktur im Partheland zuständig. Darüber hinaus engagiert sich der Zweckverband in der Umweltbildung und begleitet Projekte und Konzepte zur Regionalentwicklung im Partheland. 165 Das Projekt „Lebendige Luppe“ ist ebenfalls interkommunal angelegt. Links der gegenwärtige Verlauf des Flusses, rechts sein altes Bachbett im Auwald. Auf der Grundlage des in den Jahren 2014 bis 2019 erfolgreichen Projektes Stadt-Parthe-Land haben sich neue Wertschöpfungsketten eröffnet, die sich mittlerweile etabliert haben und eine nachhaltige, auch ökonomisch tragfähige Kulturlandschaftsentwicklung im Partheland auch zukünftig absichern. Damit konnte das Partheland aus dem Schatten der durch neue Seen geprägten Region des Grünen Ringes Leipzig heraustreten, was vor allem einer nun deutlich sichtbaren regionalen Landwirtschaft zu verdanken ist, deren Produkte von den Großstädtern umfassend nachgefragt werden. Die Qualität der wassertouristischen Anlagen konnte durch das Wirken des Zweckverbandes Kommunales Forum Südraum Leipzig in der Region auf einem einheitlich hohen Level gehoben werden und hat sich zu einem eigenständigen Qualitätsmerkmal Leipziger Neuseenlandes entwickelt. Durch die gemeinsame Anstrengung über Verwaltungsgrenzen hinweg ist das Leipziger Neuseenland mit seinen vielfältigen landschaftlichen Qualitäten zu einem zentralen Imagefaktor geworden, nicht nur im Bereich des Tourismus sondern auch bei der Entscheidung über einen Zuzug in die Region. Leipzig im Jahr 2030 Die interkommunale Zusammenarbeit hat dazu beigetragen, dass Stadt und Umland über Grün- und Gewässerstrukturen vielfältig vernetzt sind und eine nachhaltige Kulturlandschaftsentwicklung weiterhin in allen drei Dimensionen (ökologisch, sozial, ökonomisch) gemeinsam verfolgen. Die durch die interkommunale Zusammenarbeit garantierte Abstimmung gemeinsamer Entwicklungslinien hat zu einer eigenen Identität im StadtUmland-Kontext geführt, die nicht nur in der Landschaft ablesbare Qualitäten aufweist, sondern auch bei der Bevölkerung angekommen ist. Die urbane Lebens- und Erholungsqualität in Leipzig wird wesentlich von dem Zusammenwirken von Stadt und Umland bestimmt. Die Zusammenarbeit im Grünen Ring Leipzig hat sich in den letzten Jahren auf Grundlage der Fortschreibungen des Regionalen Handlungskonzeptes und des Tourismuswirtschaftlichen Gesamtkonzeptes für den mitteldeutschen Raum weiter etabliert. Die Umsetzung der Schlüsselprojekte aus dem fortgeschriebenen Regionalen Handlungskonzept 2014 ist weit vorangeschritten, weil gemeinsam agiert wurde und vielfältige Förderquellen erschlossen werden konnten. 166 Die Zusammenarbeit an Themen der Landschafts- und Gewässerentwicklung hat sich über die schon länger bestehenden Stadt-Umland-Kooperationen hinaus im mitteldeutschen Raum intensiviert. Durch das interkommunale Agieren bei der Investorenansiedlung im gesamten mitteldeutschen Raum ist es gelungen, einen Wettbewerbsvorteil in Europa zu schaffen. Durch das interkommunale Brachflächenkataster und das entsprechende Kompensationsflächenkataster konnte die Flächensuche sowohl für Gewerbeansiedlungen als auch für die erforderlichen Kompensationsflächen in vielen Fällen erleichtert werden. Diesen Service aus der Region schätzen die Investoren. fazit Die Stadt Leipzig präsentiert mit der vorliegenden Freiraumstrategie die ganze Aufgabenfülle, welche die grün-blaue Infrastruktur des Stadtgebiets bereithält. Die Objekte der unterschiedlichen Freiraumkategorien von sehr unterschiedlicher Größe, Gestalt und Nutzung, die innerhalb des Radial-Ring-Systems miteinander wie auch mit dem Umland vernetzt sind, erfüllen dabei umfassende soziokulturelle, gesundheitsfördernde, ökologische wie auch ökonomische Funktionen. So wird deutlich: Ein „Verwalten“ der Flächen und Gewässer kann diesen Anforderungen nicht genügen. Es bedarf eines umfassenden und mitwirkungsorientierten Managementansatzes. Die auf Grundlage einer kurzen, zusammenfassenden Bestandsaufnahme des Status quo skizzierten Zielvorstellungen, wie sich das Leipziger Grün und Blau im Jahr 2030 präsentieren soll, bilden den Schwerpunkt dieser Freiraumstrategie. Das sich in den zahlreichen, detaillierten Zielvorstellungen abzeichnende Leitbild ist das eines gut vernetzten, in gestalterischer und funktionaler Qualität verbesserten Freiraumsystems aus Stadtgrün und Gewässern. Das bedeutet, dass der Arbeitsschwerpunkt der kommenden Jahre in der Werterhaltung, in der Sicherung eines funktions- und nutzungsfähigen Zustandes sowie in der Weiterentwicklung von Freiräumen der unterschiedlichen Kategorien liegen wird. Diese Erhaltungsmaßnahmen betreffen sowohl grundlegende Sanierungen als auch die kontinuierlichen Werterhaltungsmaßnahmen. Zuwächse in der Quantität des Stadtgrüns und der Gewässer muss es unter den Vorzeichen der „wachsenden Stadt“ künftig vor allem dort geben, wo sie das Radial-Ring-System komplettieren. Besonders in den dichter werdenden Quartieren ist der Beitrag für das örtliche und - vor allem - für das gesamtstädtische System der grün-blauen Infrastruktur für künftige Generationen abschließend zu verhandeln. Im Zuge möglicher Gebietsreformen (Eingemeindungen), von Siedlungserweiterungen und der Entwicklung von Brachflächen wird es weiterhin Flächenzuwächse geben. Nach Jahren der Neuanlage von Parks und Grünflächen in Leipzig besteht die Herausforderung der Zukunft allerdings vordergründig in der Erhaltung und Weiterentwicklung des Bestehenden. sität und intensivere Nutzungsformen, durch klimatische Veränderungen und andere Umwelteinflüsse entstanden. Um die Freiräume der Stadt Leipzig in ihrer Substanz zu sichern und sie den weiter wachsenden Anforderungen gerecht werden zu lassen, sind Investitionen in das öffentliche Grün und Blau weiterhin unumgänglich. Die vorliegende Freiraumstrategie legt dar, welchen Intentionen diese Investitionen und die Werterhaltung in Bezug auf die Funktions- und Nutzungsfähigkeit der Freiräume in Zukunft vorrangig zu folgen haben. In der Endphase der Erarbeitung dieses Papiers hat die Bertelsmann-Stiftung im Juli 2015 eine neue Bevölkerungsvorausberechnung vorgelegt. Danach behält die Stadt Leipzig die größte Anziehungskraft in Mitteldeutschland auch in Zukunft, ihr wird ein Wachstum von fast 14% bis 2030 zugetraut. Bei der Herausforderung, dieses Wachstum nachhaltig, das heißt ohne negative Auswirkungen auf die Lebensqualität zu gestalten, kommt der Freiraumstruktur, der Freiraumversorgung und der Qualität, Zugänglichkeit, Nutzbarkeit und Funktionsfähigkeit des öffentlichen Grüns und der Gewässer eine große Bedeutung zu. Die Stadt stellt hier vor, wie sie diesen Herausforderungen in Zukunft gerecht werden will. Da dieses­ Aufgabenfeld vielfältig mit anderen Themen der Stadtentwicklung und der städtischen Gesellschaft verknüpft ist, soll das vorliegende Papier Handlungs- und Diskussionsgrundlage im Kontext der zukünftigen Entwicklung der Stadt Leipzig insgesamt werden. Leipzig, im April 2017 Die großen Potenziale eines über Jahrhunderte entwickelten Grün- und Gewässersystems, aber auch offenkundige Defizite begründen diese Qualitätsoffensive. Die Defizite sind durch unterbliebene Investitionen in die Substanz und die Komplettierung des Freiraumsystems, durch eine gestiegende Nutzungsinten167 Die Stadt vom Freiraum aus denken – Der erfolgreiche Landschaftswandel bildet die Basis für eine zukunftsfähige und lebenswerte Stadt! Ein Kommentar von Rüdiger Dittmar, seit dem 01.08.2015 Leiter des Amtes für Stadtgrün und Gewässer der Stadt Leipzig Meine persönlichen Erfahrungen mit den Potenzialen und Herausforderungen des Leipziger großräumigen Stadtgrüns und seinen zahlreichen Gewässern, sprich der grünen und blauen Infrastruktur in dieser Stadt, sind erst einige Monate alt. Vor dem Hintergrund meiner Erfahrungen mit grüner und blauer Infrastruktur in unterschiedlichen Städten und meinen Einblicken in Leipzigs intensiv durch grün und blau geprägte Stadtlandschaft liegen für mich aber einige wichtige Erkenntnisse bereits auf der Hand. Wesentlich ist für mich, in Leipzig bilden Stadt und Landschaft eine ganz besondere Verbindung, aus der sich herausragende Potenziale für die Stadtentwicklung ergeben. Diese Potenziale wurden in den vergangenen 25 Jahren mit großer Tatkraft und Expertise genutzt und eine neue Stadtlandschaft mit vielfältigen Verknüpfungen zur Region geschaffen. Diese Entwicklung gilt es vor den nunmehr geänderten Vorzeichen einer stark wachsenden Stadt, eingebunden in eine sich weiterhin im Wandel begriffene Region, fortzusetzen. Dies spiegelt auch die vorliegende Freiraumstrategie wider, die sich als Fortschreibung des bisher Erreichten versteht. Dem Status quo wird hier entsprechend Raum gegeben. Die Perspektive dessen, was im Jahr 2030 vorgefunden werden soll, erscheint darauf aufbauend wie eine konsequente Fortschreibung des bisher verfolgten Weges. Gleichzeitig hat Leipzig im Vergleich der europäischen Großstädte noch große Potenziale und die Möglichkeit, aus der Landschaftstransformation der vergangenen 25 Jahre neue Wege und Antworten für zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen zu liefern. Vorhandene Lücken zu schließen oder bestehende Brüche zu beheben sind dabei die naheliegenden Aufgaben. Darüber hinaus müssen Antworten auf Zukunftsfragen, wie Klimaveränderungen, gesellschaftlichen Wandel durch Demografie, Migration und Integration oder den uralten ­Wettbewerb der Städte um Wohlstand und Entwicklung, gefunden werden. Diese Herausforderungen bedürfen einer ständigen Reflektion der Aufgaben des gesamten Amtes sowie der gesamtstädtischen Freiraumentwicklung. Der Grundstein für diese Einbeziehung und Reflexion gesellschaftlicher, aber auch 168 ökologischer und ökonomischer Werte, ist mit Teil 2 der Strategie gelegt. Entscheidend wird sein, auf Basis klarer fachlicher Haltungen Lösungswege für die künftigen Anforderungen zu finden, welche für die Leipzig spezifische Situation formuliert werden. Die von der Lage in einer charakteristischen Auenlandschaft geprägte Stadtlandschaft zeigt bis heute mit den europaweit bedeutenden Relikten des Leipziger Auwalds in unmittelbarer Großstadtlage ein besonders naturnahes Gesicht. Diese Naturnähe wird durch ein verzweigtes Gewässernetz und unterschiedlichste Grünstrukturen bis in die Innenstadt getragen. Die wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein, diesen einmaligen, grün-blauen Charakter weiter herauszuarbeiten und für künftige Generationen zu stärken. Die zunehmenden Nutzungs- und Interessenkonflikte, begleitet durch sich verstärkende ökonomischen Anforderungen, bedürfen Antworten, denen eine klare Haltung der grün-blauen Fachverwaltung zu Grunde liegen muss. Diese müssen der langfristigen Sicherung dieser einmaligen Stadtlandschaft gerecht werden und Ziele für eine grün-blaue Infrastruktur formulieren, die das Stadtgebiet möglichst vollständig durchzieht, gleichzeitig vielfältige Nutzungen zulässt und langfristige Werte schafft, ohne ökonomische Zwänge auszublenden. Aus meiner Sicht können Stadtgrün und Gewässer die Lebens- und Standortqualität von Leipzig auch in Zukunft wesentlich bestimmen, wenn es gelingt, den einmaligen Charakter der naturnahen Stadtlandschaft mit ihren historisch bedeutenden Parkanlagen und Gewässersystemen weiter zu stärken. So muss der begonnene Landschaftswandel auf der Grundlage qualitätsvoller Landschaftsarchitektur zur Sicherung des unverwechselbaren Charakters Leipzigs fortgesetzt werden. Gesellschaftlicher und umweltbedingter Wandel muss zum Motor dieser Weiterentwicklung werden und so Leipzig für das Stadt- und Standortmarketing sowie den Tourismus entscheidend positionieren. Der Wert der grün-blauen Infrastruktur ist den vielen Menschen, die unsere Flächen auf vielfältige Weise und vor unterschiedlichsten Hintergründen rücksichtsvoll nutzen sowie mit viel Engagement begleiten, bereits heute bewusst. Damit sich dieses Bewusstsein weiter schärft und auch künftig die gesamtstädtischen Planungsentscheidungen prägt, ist es wichtig, aus fachlicher Sicht die Qualitäten aber auch Defizite und notwendige Schritte für künftige Entwicklungen deutlich zu machen. Sie sind ­nachvollziehbar zu beschreiben und zu kommunizieren sowie mit Politik und Gesellschaft zu diskutieren. Dazu ist es erforderlich, fachliche Erkenntnisse, Haltungen und Ziele offenzulegen, damit sie Grundlage eines öffentlichen Diskurses werden. Die vorliegende Strategie leistet hierzu einen wichtigen Beitrag und muss gleichzeitig in diesem gesellschaftlichen Diskurs weiter an Konturen gewinnen, um an zentralen Stellen künftig auch eindeutigere Positionen herausarbeiten zu können. Gerade weil häufig eine Gesamtstrategie oder ein „grün-blaues Leitbild“ fehlen, welche die unterschiedlichen Themen zusammenführen und mit ausreichender Klarheit Ziele für die Gesamtstadt formulieren, gelingt es nicht, die knappen Ressourcen für die wesentlichen Themen- und Aufgabenfelder einzusetzen. Insofern freue ich mich, dass sich das Amt für Stadtgrün und Gewässer, unterstützt von anderen, fachlich berührten Ämtern, in den letzten Jahren auf den Weg gemacht hat, fachlich begründete Haltungen zu entwickeln und diese mit daraus abgeleiteten Zielsetzungen in der vorliegenden Freiraumstrategie zu formulieren. Aus meiner Sicht liegt gerade im Offenlegen dieser Haltungen und Ziele als Basis für den politischen und öffentlichen Diskurs der besondere Wert der hier vorgelegten Freiraumstrategie. Ich freue mich daher, nun auf dieser Basis einen intensiven Dialog über Leipzigs grün-blaue Infrastruktur und eine Diskussion über die gemeinsamen Ziele und deren Ausrichtung für die künftigen Generationen führen zu können. Machen wir uns gemeinsam auf den Weg zu einer von der Leipziger Stadtgesellschaft mitgetragenen Umsetzung der Gesamtstrategie und einer räumlichen Konkretisierung, an der wir unser Handeln für ein zukunftsfähiges „grün-blaues“ Leipzig möglichst transparent ausrichten können. Die ersten Sonnenstrahlen des Jahres locken stets die Menschen in die Parks und an die Gewässer. 169 ImPressum Abbildungsnachweis Amt für Stadtgrün und Gewässer: S. 38, 40 (li), 53, 57, 61 (re), 81, 104 (u), 119 (li), 121, 130, 137 (li), 140, 142, 106 (beide), 166. Herausgeber: Stadtplanungsamt Leipzig, SG Landschafts- und Grünordnungsplanung: S. 11 (beide), 15, 25, 39, 40 (re), 45, 50, 51, 55, 60, 77, 90. Stadt Leipzig Amt für Statistik und Wahlen: S. 129. Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport Amt für Stadtgrün und Gewässer Amt für Umweltschutz: S. 121. Jens Dietrich, Eigenbetrieb Stadtreinigung: S. 73, 134, 136 (li). Grüner Ring Leipzig: S. 10, 17 (li), 163. Fa. Leipziger Leuchten: S. 72 (re). Redaktion: Dipl.-Ing. Torsten Wilke, Amt für Stadtgrün und Gewässer Dr.-Ing. Peter Fibich, Freiraumkonzepte GbR, Landschaftsarchitekten Porsche Leipzig: S. 158 (re). LMBV mbH: S. 18, 162. NABU LV Sachsen e.V.: S. 47, 154 (beide). Andreas Wolf/ Leipziger Gartenprogramm: S. 64. Steffen Runke, Die Bildermanufaktur: S. 158 (li), 159. Gestaltung/Layout: Freiraumkonzepte GbR, Landschaftsarchitekten Renner: S. 86 (li). Günther von Szombathely: S. 157. Karin Lange: S. 152 Helmut Kern: S. 155. Druck: Jascha Fibich: S. 24 (li), 23 (u), 24 (li), 36, 46 (re), 52 (o), 71 (o), 72 (li), 75 (li), 101 (li), 104 (o), 108 (o), 131. Susan Richter, Freiraumkonzepte GbR: S. 44 (li), 76 (li), 83 (beide), 100, 101 (re). Redaktionsschluss: 20. April 2017 170 Peter Fibich, Freiraumkonzepte GbR: Titelbild, S. 4, 7, 9, 12-13, 14, 17 (re), 20, 21, 22, 23 (o), 24 (re), 26 (beide), 28, 29, 30 (beide), 31, 32, 33, 34, 35, 37, 42, 43, 44 (re), 46 (li), 48, 49, 51 (beide), 52 (u), 54, 56, 58, 59 (beide), 61 (li), 62 (beide), 63, 66, 67, 68 (beide), 70, 71 (u), 74, 75 (re), 76 (re), 78 (beide), 80, 82, 84, 85 (beide), 86 (re), 87, 88, 89, 91, 92 (beide), 93, 94, 96, 98-99, 102, 103, 104 (o), 105, 106, 107, 108 (u), 109, 110, 111, 112 (beide), 113 (beide), 114 (beide), 115, 116, 118, 119, 124, 125, 126 (beide), 128 (beide), 132-133, 136 (re), 137 (re), 144, 146, 148, 149, 150 (beide), 154, 156, 164 (beide), 165 (beide), 171 172