Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1199604.pdf
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138 kB
Erstellt
29.08.16, 12:00
Aktualisiert
01.06.17, 08:09
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Beschlussvorlage Nr. VI-DS-03225
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Zuständigkeit
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
FA Umwelt und Ordnung
Ratsversammlung
12.04.2017
Beschlussfassung
Eingereicht von
Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport
Betreff
Weiterentwicklung des ehemaligen Elsterstausees - Grundsatzbeschluss
Beschlussvorschlag:
1.
Die Ratsversammlung beschließt, den Status des Elsterstausees als Gewässer/ Stauanlage
gemäß §§ 67 und 68 SächsWG aufzugeben.
2.
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, das wasserrechtliche Verfahren zur Entwidmung der
Stauanlage planerisch vorzubereiten und zu beantragen. In diesem Verfahren ist auch der weitere
Umgang mit der gesamten Stauanlage, insbesondere dem Westdamm, zu klären.
3.
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, ein Konzept zur Nutzung der ehemaligen Stauanlage
einschließlich der technischen Anlagen zu erarbeiten. Dabei ist die ehemalige Stauseesohle zu
einem Flächenmosaik aus Offenland und Weidenhegern zu entwickeln. Aus naturschutzfachlichen
Gründen wird ein Teil der Fläche der natürlichen Sukzession überlassen.
4.
Die Ratsversammlung beschließt, die ehemalige Stauseesohle zukünftig insbesondere als
Flächenbasis für die Landschaftspflege im Umfeld des Cospudener Sees sowie für die Pflege der
Hochwasserschutzanlagen an der Weißen Elster durch Beweidung zu nutzen. Weiterhin sollen die
Flächen als Reserve zur Futterversorgung der Tiere des Wildparks Leipzig zur Verfügung stehen.
5.
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Flächen außerhalb der Stauseesohle zu einem
extensiven Erholungsgebiet zu entwickeln und zu unterhalten. Dabei sollen unter Beachtung der
finanziellen und personellen Ressourcen Informationspunkte zur Historie des ehemaligen
Elsterstausees, zur Landschaftspflege mit Weidetieren, Forstwirtschaft und Natur inhaltlich
entwickelt, installiert und unterhalten werden.
Sachverhalt:
0.
Einleitung
Der Elsterstausee liegt im Süden der Stadt Leipzig. Er ist nicht wie die meisten Gewässer in das
Gelände eingeschnitten, sondern auf das anstehende Wiesengelände in den 1930er Jahren
aufgesetzt und künstlich gedichtet worden. Der See liegt mehrere Meter über dem Grundwasserhorizont. Im Zusammenhang mit der Einstellung der Wasserversorgung des Elsterstausees ist das
ehemalige Gewässer seit dem Jahr 2009 trocken gefallen.
In der Ratsversammlung am 18.03.2009 wurde gemäß des Antrages Nr. IV/A 301 vom 27.02.2009
beschlossen, dass sich die Stadt Leipzig zum dauerhaften Erhalt des Elsterstausees bekennt, wenn
dies wirtschaftlich vertretbar ist.
Um eine belastbare Aussage zur Wirtschaftlichkeit treffen zu können, wurden in den vergangenen
Jahren verschiedene Untersuchungen durchgeführt und Gutachten erstellt. Die zahlreichen
Arbeitsschritte fanden in Abstimmung mit der AG Elsterstausee statt, in der neben Stadträten
verschiedener Fraktionen auch die einschlägigen Behörden vertreten sind.
Fazit
Die Stauanlage, die in den 1930er Jahren errichtet wurde, entspricht nicht mehr den heute
gültigen technischen Regelwerken. Um einen Weiterbetrieb zu gewährleisten, muss die
Stauanlage der DIN 19700 entsprechen.
Die nachfolgenden, ausführlichen Aussagen belegen, dass diese Stauanlage nicht
wirtschaftlich betrieben werden kann. Der See könnte nur mit beträchtlichem Aufwand und
Eingriffen in den Naturhaushalt wieder in Betrieb genommen werden.
1.
Erläuterungen zu den Beschlusspunkten 1. und 2.
Sofern der Elsterstausee wieder mit Wasser befüllt werden soll, müssen bestimmte gesetzliche
Vorgaben eingehalten werden. So fordert die für eine wasserrechtliche Genehmigung zuständige
höhere Wasserbehörde, die Landesdirektion Sachsen, eine vertiefende Überprüfung entsprechend
DIN 19700 zur Standsicherheit der umlaufenden Böschung.
Auf Grund der sehr hohen Kosten (über 100.000,- €) erfolgte noch keine Beauftragung dieser
vertiefenden Überprüfung. Zur Abschätzung der Standsicherheit bei einer Befüllung des
Elsterstausees wurde zunächst eine Standsicherheitsabschätzung beauftragt, die ausreichend
belastbare Ergebnisse als Grundlage für eine Entscheidung durch den Stadtrat bringen konnte.
Die Standsicherheitsabschätzung (AN: GGL Geophysik und Geotechnik GmbH) setzt sich aus
mehreren Prüfelementen zusammen. Auf diese wird nachfolgend eingegangen:
1 a) Prüfung der Konformität entsprechend DIN 19700
Durch ihre Kubatur und den vorhandenen Gehölzbewuchs entsprechen der West-, Ost- und
Süddamm nicht der DIN 19700 und sind somit nicht gebrauchstauglich.
Zur Herstellung der Gebrauchstauglichkeit sind folgende Maßnahmen notwendig:
•
Erstellung eines Standsicherheitsgutachtens (als Ergänzung der vorliegenden
Standsicherheitsabschätzung) für die Stauanlage gemäß DIN 19700
•
Sicherung des Ost-, Süd- und Westdammes durch eine Spundwand oder Neuaufbau der
Kubatur
Der Neuaufbau der Kubatur erfordert zwingend die Entfernung des Gehölzbestandes einschließlich
Wurzeln. Dies ist ein naturschutzfachlicher Eingriff, der kompensiert werden muss und
kostenintensiv sein wird.
Fazit
•
Die aus dem hier dargestellten, erforderlichen Maßnahmenumfang resultierenden Kosten für
die Stadt Leipzig zur Herstellung der Gebrauchstauglichkeit sind sehr hoch (sie werden auf über 4
Mio. Euro geschätzt, siehe Punkt 2).
•
Aus ökologischer Sicht wird die komplette Beseitigung aller Gehölze auf den Dämmen
naturschutzfachlich und -rechtlich als sehr kritisch beurteilt. Es würde zu einem erheblichen Eingriff
in das Landschaftsbild und von Biotopstrukturen kommen.
Auf Grund der fehlenden Konformität zur DIN 19700 ist eine Wiederbespannung des Elsterstausees
aktuell nicht in wirtschaftlich vertretbarem Kostenrahmen möglich. Nur mit einem hohen finanziellen
Aufwand und erheblichen Auswirkungen auf den Naturhaushalt kann die Gebrauchstauglichkeit
hergestellt werden. Darüber hinaus bestehen Risiken des dauerhaften Betriebes bezüglich der
übrigen Anlagenteile, die aktuell nicht abgeschätzt werden können.
Soweit dies genehmigungsfähig wäre, würden die entsprechenden Kompensationsmaßnahmen auf
Grund ihrer Dimension nicht nur weitere erhebliche Kosten nach sich ziehen, sondern es ist auch
davon auszugehen, dass auf Grund des Mangels an geeigneten Kompensationsflächen erhebliche
Probleme bei der Umsetzung dieser entstehen werden.
1 b) Standsicherheit
Untersucht wurden punktuell:
•
•
•
Aufbau der Dammkörper (Schichtenverzeichnis)
Sicherheit gegen Suffosion (Materialtransportgefahr)
Wasserdurchlässigkeiten der Dämme (kf-Werte)
•
•
Böschungsbruchgefährdung
Auftriebs- und hydraulische Grundbruchgefährdung
Die Resultate der punktuellen Standsicherheitsabschätzung zeigen, dass
•
der Norddamm wahrscheinlich auf Grund seiner Mächtigkeit von 60 bis 85 m
standsicher ist.
•
die bindigen bis gemischtkörnigen Dammkörper (Süd- und Ostdamm) sowie der darin
vorhandene Auelehm im Wesentlichen schwach durchlässig bis sehr schwach durchlässig und die
Dämme ohne Beachtung des Gehölzbestandes standsicher sind.
•
der im Westdamm zur Weißen Elster eingebaute stark schluffige Kies jedoch als durchlässig
bis schwach durchlässig zu klassifizieren ist, woraus sich Wasserwegsamkeiten des Elsterstausees
und das Ausbilden von Sickerlinien ableiten lassen. Damit ist er nicht standsicher.
Fazit
•
Die aufgeführten Defizite in Bezug zur Standsicherheit, dem Materialtransport, der Neigung
der landseitigen Böschung zum Elsterstausee und des starken Bewuchses belegen, dass das
statische System Elsterstausee keinen Einklang zum derzeitigen Regelwerk bildet.
•
Der Gutachter wies ausdrücklich darauf hin, dass die im geotechnischen Bericht beinhaltete
Darstellung der Bodeneigenschaften auf stichpunktartiger Baugrunderkundung beruht und lokale
Abweichungen nicht erfasst sind. Mit dem konkreten Eingriff in den Baugrund können sich
Detailerkenntnisse ergeben, die zu Planungsanpassungen und erhöhten Kosten führen können.
2.
Gegenwärtig erkennbare Kosten bei Wiederbespannung und Entwidmung der
Stauanlage
Die Kosten für das standsichere Ausbilden der Dämme sind zurzeit ohne Vorliegen des Standsicherheitsgutachtens noch nicht belastbar zu kalkulieren. In den folgenden Berechnungen ist der zu
erwartende Kostenumfang deshalb prognostiziert.
Dabei sei darauf hingewiesen, dass auch im Falle einer Entwidmung der Stauanlage eine
Ertüchtigung des Westdammes erforderlich werden kann. Dieses s. g. Worstcase-Szenario
wird zum Vergleich in der Tabelle mit aufgeführt.
Lfd.
Nr.
Maßnahme
Bestandteile der Kosten
V1
1
Kosten der
Spundwand in Stahl
bei 15 m Tiefe
•
•
•
•
m)
Westdamm 1100 m
Süddamm 650 m
Ostdamm 600 m
(Gesamtlänge 2.350
V1
2a
Inbetriebnahme
Pumpstation
•
Neuverlegung
Energieanschluss,
Anschaffung neuer
Tauchpumpen
•
Instandsetzung
Rohrleitungssystem und
elektrischer Anlagen
Kostendetails
Kosten bei
Wiederbespannung
des Stausees (zzgl.
Baunebenkosten)
120 €/m²
4.230.000 €
52.000 €
67.000 €
Kosten bei
Entwidmung der
Stauanlage (zzgl.
Baunebenkosten)
1.980.000 €
15.000 €
V1
2b
Rückbau
•
Pumpenrohrleitung
technischer Anlagen Umbau Pumpenhaus
60.000 €
V1
3
Gutachterkosten
Standsicherheitsgutachten
V1
4
Verkehrssicherung
für den Baumbestand des
Dammweges
•
grundhafte
Instandsetzung
30.000 €
V1
5
Informations- und
Wegeleitsystem
nach Entwidmung
•
Wegebau
•
Bau von
Informations-punkten
•
Installation
Erholungseinrichtungen,
Bänke, Aussichts-punkte,
Naturspielplätze
30.000 €
100.000 €
Summe Investition
V1
6a
V1
6b
Unterhaltung bei
•
Energiekosten
Verkehrssicherung
Wiederbe-spannung •
(Baumbestand und Wege)
•
Unterhaltung der
technischen An-lagen
(Gebäude, Pumpen,
Vorklärbecken)
Unterhaltung bei
Entwidmung
•
Verkehrssicherung
(Baubestand und Wege)
•
Unterhaltung
Infopunkte und Erholungseinrichtungen
•
Technische Anlagen
(Pumpenhaus, Vorklärbecken)
12.000 €
7.000 €
Gesamtkosten als
Alternative zur
Spundwand-setzung
bei Her-stellung
einer din-gerechten
Kubatur der
Stauanlage einschl.
aller o. g.
Baukosten*
•
Beseitigung
Gehölzbestand, Herstellung
der Kubatur,
•
Kompensation
•
Energieanschluss
•
Instandsetzung
Rohrleitungssystem
•
Gutachterkosten
Summe V 2
2.100.000 €
23.000 €
-
-
12.000 €
23.000 €
12.000 €
4.000 €
7.000 €
3.000 €
2.000 €
Summe
Unterhaltung V 1
V2
4.397.000 €
4.000.000
€
4.000.000 €
52.000 €
15.000 €
100.000 €
4.167.000 €
-
* Es gäbe die Möglichkeit, ganz oder teilweise auf Spundwände zu verzichten. Dies bedeutet die Notwendigkeit der
vollständigen Gehölzbeseitigung und Herstellung einer DIN-gerechten Kubatur der Dammanlagen.
V 1 = Variante 1, V 2 = Variante 2
Alle o. g. Kosten sind ohne Baunebenkosten ausgewiesen. Sie sind mit ca. 15 % der Baukosten
anzusetzen.
Erläuterungen zu den Kostenansetzungen bei Wiederbespannung der Stauanlage
Aus technischen Gründen kann es noch zu Erhöhungen kommen, da
•
mehr als 15 m Tiefe erforderlich sein können,
•
die Gutachterkosten nur als Schätzung vorliegen,
•
eine zusätzliche Beseitigung von Gehölzen zur Herstellung der Baufreiheit sowie
•
zusätzliche Baumaßnahmen, wie z. B. eine Vorschüttung mit Wasserbausteinen, erforderlich
werden können.
Erläuterungen zu den Kostenansetzungen bei Entwidmung der Stauanlage
Im Rahmen des Entwidmungsverfahrens wird zu klären sein, welche Maßnahmen tatsächlich
erforderlich sind und dann zu entscheiden sein, welche Maßnahme in welchem Umfang, auch unter
wirtschaftlichen Aspekten, umzusetzen ist. Ein wesentlicher Kostenanteil wird durch die Entwicklung
des Westdammes bestimmt. Sofern der Westdamm mit Spundwänden aus Stahl ertüchtigt werden
müsste, so betrifft dies eine Länge von 1.100 lfd. Metern. Somit erklären sich die in der Tabelle
dargestellten 1,98 Mio. EUR
(1.100 m x 120 €/ m² x 15 m Tiefe).
Fazit
•
Nachfolgend sind die Baukosten und die Kosten der Unterhaltung für beide Varianten als
Maximalkosten nochmals im Überblick ausgewiesen:
-
Baukosten Wiederbespannung
Unterhaltung Wiederbespannung
4.397.000,00 EUR
23.000,00 EUR
-
Baukosten bei Entwidmung
Unterhaltung bei Entwidmung
2.100.000,00 EUR
12.000,00 EUR
Hinzu kommt, dass die Kosten für den Betrieb und die Instandhaltung bei einer Entwidmung deutlich
unter denen einer Wiederbespannung liegen.
Zusammenfassung
Kostenrelevanz:
Die Wiederbespannung der ehemaligen Stauanlage würde erhebliche Kosten sowohl investiv als
auch in der laufenden Unterhaltung verursachen.
Als Voraussetzung für die Wiederbespannung werden z. B. ein Standsicherheitsgutachten und
darauf folgend die DIN-gerechte Herstellung aller drei Dämme gemäß DIN 19700 erforderlich. Die
prognostizierten Kosten belegen, dass der Erhalt des Elsterstausees unwirtschaftlich ist.
Ökologische Relevanz:
Zur DIN-gerechten Herstellung der Dämme bei Wiederbespannung sind Eingriffe in den
Gehölzbestand aller drei Dämme unvermeidbar. Diese Eingriffe in den Naturraum und -haushalt
müssen kompensiert werden. Dies erfordert neben Kosten für die Kompensation auch die
Bereitstellung von Kompensationsflächen.
Die Untere Naturschutzbehörde schätzt ein, dass die Dimension der ökologischen Eingriffe im Falle
der Befüllung nicht vertretbar ist, so dass Bedenken bezüglich der Genehmigungsfähigkeit
bestehen.
Eine Wiederbespannung des ehemaligen Stausees wird für die Entwicklung der lokalen
Populationen der Zielarten des Special protection area (SPA) als abträglich eingeschätzt. Sie würde
die bereits eingesetzte positive Entwicklung nachteilig beeinträchtigen.
Für durchziehende und rastende Wasservogelarten erfüllen bereits der Cospudener See und
weitere Tagebaufolgeseen in der näheren und weiteren Umgebung die in der Grundschutzverordnung (SPA) definierten Erhaltungsziele.
Unter Berücksichtigung und Abwägung wirtschaftlicher und ökologischer Gesichtspunkte ist daher
die Entwidmung des Elsterstausees einzuleiten.
Die im Ratsbeschluss vom 18.03.2009 gemäß Antrag Nr. IV/A301 vom 27.02.2009 geforderte
wirtschaftliche Vertretbarkeit ist weder bei der Wiederbespannung noch in der dafür notwendigen
Unterhaltung gegeben.
In diesem Zusammenhang ist für den Elsterstausee ein förmliches wasserwirtschaftliches Verfahren
zur Entwidmung (Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren) durchzuführen.
Im Rahmen dieses Verfahrens ist der weitere Umgang mit der gesamten Stauanlage zu klären.
3.
Begründung zum Beschlusspunkt 3
Es ist zu prüfen, inwieweit es sinnvoll ist, Teile der technischen Anlagen, wie Dämme, Pumpenhaus,
Vorklärbecken usw. auch bei der Entwidmung der Stauanlage zu erhalten. Welche Teile das genau
betrifft, ist im Rahmen des Entwidmungsverfahrens zu klären.
Außer Frage steht schon jetzt das Entwicklungsziel der Stauseesohle. Diese ist zu einem Flächenmosaik aus Offenland, Weidenhegern und Sukzession zu entwickeln und zu unterhalten. In diesem
Kontext hat die Entwicklung der verbleibenden Anlagen und der Rückbau einiger Anlagen zu
erfolgen.
Die Nutzung und Entwicklung zu Offenland mit Weidenhegern und das Überlassen einer Teilfläche
zur natürlichen Sukzession (Prozessschutz), entspricht den Festlegungen der Verordnung des
Regierungspräsidiums Leipzig zur Festlegung des Landschaftsschutzgebietes (LSG) „Leipziger
Auwald“ vom 08.06.1998 und den Schutzzielen des gleichnamigen EU-Vogelschutzgebietes (SPA
V05 „Leipziger Auwald, 4639-451, aus dem Jahr 2012).
Unter § 3 Abs. 2 Nr. 4 und 5 der LSG-Verordnung wird ausdrücklich der Erhalt und die Entwicklung
auentypischer und sonstiger im Gebiet wertgebender Strukturen festgelegt.
Im südlichen Auwald sind bestimmte, typische Auenstrukturen im Verhältnis zum Waldareal und
Wasserflächen unterrepräsentiert. Das sind z. B. weichholzauenartige Strukturen als auch Grünland.
Durch die angegebene Festsetzung der Entwicklungsziele für die ehemalige Stauseesohle wird den
Ansprüchen an eine reichhaltige, vielfältige Landschaftsstruktur als Erlebnisraum für die
Bevölkerung als auch den rechtlich fixierten Zielen aus der Verordnung zum LSG „Leipziger Auwald“
und dem Schutzstatus entsprechend dem gleichnamigen EU-Vogelschutzgebiet (SPA) entsprochen.
Weiterhin wird dadurch die flächige Grundlage für eine Landschaftspflege des Umfeldes des
Cospudener See und der Pflege der Hochwasserschutzanlagen an der Weißen Elster durch
Beweidung und die Absicherung der Futterversorgung der Tiere des Wildparks Leipzig geschaffen.
Aus naturschutzfachlicher und naturschutzrechtlicher Sicht ist eine andere Nutzung bzw.
Entwicklung auf Grund der schon heute gegebenen Situation nicht möglich oder sehr bedenklich.
Bereits jetzt lassen sich hochgradig schutzrelevante Arten nachweisen, deren Lebensraum durch die
Aktivitäten zur Ertüchtigung der Stauanlage und bei einer Wiederbefüllung zerstört wird.
4.
Begründung zum Beschlusspunkt 4
Im Umfeld des Cospudener Sees gibt es große Areale, die entweder vollständig oder zumindest
teilweise gehölzfrei gehalten werden sollen/müssen. Diese Zielsetzungen resultieren aus
naturschutzfachlichen Zielsetzungen oder aus den Gestaltungsplanungen, die vor allem im Rahmen
des Monitoring nach der Genehmigung und Etablierung des Erholungsgebietes Cospuden (EXPO
2000) gesetzt wurden.
Eine wirksame, ökologisch verträgliche Methode Flächen von Gehölzen freizuhalten, verbleibende
Gehölze zu formen und die jeweiligen Flächen gut zu strukturieren, ist der Einsatz von Weidetieren.
Dabei werden C02-neutral, ohne Einsatz zusätzlicher Energie, wertvolle und seltene Biotope
geschaffen, gefördert und nachhaltig gepflegt. Ein wichtiger Effekt für den Artenschutz ist, dass
seltene licht- und wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten davon profitieren. Durch die Tritte der
Schafe wird die Oberfläche der Dämme verdichtet, diese werden dadurch widerstandsfähiger gegen
Erosion, der Hochwasserschutz wird wirksam verbessert. Durch den Einsatz von Weidetieren wird
die regionale Landwirtschaft, vor allem der aussterbende Beruf des Schäfers gestützt. Außerdem
wird die Erzeugung hochwertiger regionaler Produkte und regionale Kreisläufe gefördert.
Die übrigen Maßnahmen und Optionen der Gehölzfreihaltung, wie Aufträge an Unternehmen oder
Nutzung von beschäftigungspolitischen Maßnahmen, erwiesen sich als unbrauchbar, zu teuer,
insgesamt zu aufwendig und als unzuverlässig.
Seit 2008 wurden landwirtschaftliche Betriebe als Partner gewonnen, die die Pflege dieser Flächen
mit ihren Tieren übernommen haben (Bisons, Yaks, Schafe, Ziegen, Hirsche). Die naturschutzfachlich und naturschutzrechtlich festgelegten Zielsetzungen sehen in vielen Bereichen eine
vollständige Beweidung während der Vegetationszeit vor.
Ein Belassen von Flächen für die Futterversorgung im Winter ist häufig ausgeschlossen.
Entsprechend § 81 Abs. 5 Sächs. Wassergesetz soll grundsätzlich die Pflege der Deiche durch das
flächenbezogene, verträgliche Beweiden mit Schafen erfolgen. Somit dient die Beweidung der
Dämme direkt dem Schutz der Bürger der Stadt Leipzig vor Hochwasser. Die Landestalsperrenverwaltung hat entsprechende Verträge dazu abgeschlossen.
Die Verträge sehen vor, dass während der Vegetationszeit sämtliche Deiche intensiv beweidet
werden, eine Vorhaltung von Flächen als Futterreserve für die Tiere im Winter ist im Sinne des
Hochwasserschutzes nicht möglich.
Es ist deshalb zwingend erforderlich, dass für die Tiere, die in der Landschafts- und Deichpflege
eingesetzt werden, Grünlandflächen bereitgestellt werden, um die Futterversorgung dieser Tiere zu
jeder Zeit und vor allem auch im Winter nachhaltig zu sichern.
Außerdem müssen ausreichend geeignete Ausweichflächen für den Hochwasserfall, also zur
Evakuierung der eingesetzten Tiere, vorhanden sein.
Auch die Bereitstellung von wenig frequentierten, aber geeigneten Flächen für die Reproduktion der
Herden, also für die Lammzeit, ist erforderlich.
Auf Grund der wenigen verfügbaren Flächen in diesem Areal ist die Nutzung der ehemaligen
Stauseesohle als Weidegebiet im beschriebenen Kontext der Landschaftspflege und des
Hochwasserschutzes von zentraler Bedeutung für einen dauerhaft gesicherten Weidebetrieb.
Darüber hinaus hat sich der Wildpark Leipzig auf die Haltung von Paarhufern, wie Wisenten und
Hirschen, konzentriert. Im Sinne der Gesundheit der Tiere müssen diese ausreichend und vielfältig
gefüttert werden. Besonders hat sich das Füttern mit so genannten Proßholz, also Ästen und
Zweigen, von denen die Tiere die Knospen und Rinde fressen, bewährt.
Durch die Anlage eines nachhaltig genutzten Weidenhegers entstehen nicht nur naturschutzfachlich
wertvolle Weichlaubholzstrukturen, es wird auch eine kostengünstige und vor allem ausreichende
Bereitstellung von genügend Proßholz gesichert.
5.
Begründung zum Beschlusspunkt 5
Die für die Stauseesohle avisierte Entwicklung bietet eine einmalige Chance der Entwicklung eines
extensiv genutzten Erholungsgebietes mit vielfältigen Angeboten populär-wissenschaftlicher
Informationen.
Der Elsterstausee ist Bestandteil unserer lokalen Geschichte. Auch wenn das Areal funktionell als
Stauanlage aufgegeben wird, bleiben große Teile der Anlage erhalten und werden auch in den
kommenden Jahrzehnten von den Erholungssuchenden wahrgenommen. Eine ausreichende
Vorortinformation wird auch kommenden Generationen interessante Details vermitteln und würdigt
die Leistung vorheriger Generationen.
Eine Akzeptanz der Landschaftspflege und Forstwirtschaft kann bei den erholungssuchenden
Bürgern nur erreicht werden, wenn sie entsprechend über die Notwendigkeit, Ziel und Zweck
informiert werden. Am besten sind diesbezüglich Vorortinformationen.
Weiterhin hat sich gezeigt, dass viele Bürger, auch besonders vor Ort, naturschutzfachliche
Informationen begrüßen.