Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1050537.pdf
Größe
111 kB
Erstellt
18.01.16, 12:00
Aktualisiert
28.06.16, 19:28
Stichworte
Inhalt der Datei
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Verwaltungsstandpunkt Nr. VI-A-01916-VSP-01
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Zuständigkeit
Jugendparlament
26.05.2016
Vorberatung
Fachausschuss Umwelt und Ordnung
31.05.2016
Vorberatung
Jugendbeirat
01.06.2016
Vorberatung
Fachausschuss Umwelt und Ordnung
14.06.2016
2. Lesung
Ratsversammlung
22.06.2016
Beschlussfassung
Eingereicht von
Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport
Betreff
Strategie gegen linksextremistisch motivierte Gewalt
Rechtliche Konsequenzen
Der gemäß Ursprungsantrag gefasste Beschluss wäre
Rechtswidrig und/oder
Nachteilig für die Stadt Leipzig.
Zustimmung
Ablehnung
Zustimmung mit Ergänzung
Ablehnung, da bereits
Verwaltungshandeln
x Alternativvorschlag
Sachstandsbericht
Beschlussvorschlag:
Der Kommunale Präventionsrat Leipzig (KPR) wird beauftragt ein Forschungsvorhaben zu den
„Ursachen urbaner Gewalt in Leipzig“ in seinem Netzwerk zu initiieren.
Die Stadtverwaltung setzt sich weiterhin aktiv für die Umsetzung von Maßnahmen zur
Gewaltprävention in kommunalen Kindertagesstätten und Schulen sowie in Freizeitzeiteinrichtungen
in ihrer Trägerschaft ein.
Auf Grundlage der Forschungsergebnisse wird die Weiterentwicklung bzw. Neuausrichtung von
Präventions- und Interventionsmaßnahmen geprüft.
Begründung: siehe Anlage
Vorbemerkungen
Sofern im Nachfolgenden - in Anlehnung an die Fragestellung - der Begriff „Linksextremismus“
verwendet wird, stützt sich dieser auf die Definition der Verfassungsschutzämter. Mit diesem
Begriff werden (hier nur verkürzt dargestellt) Bestrebungen von Personenzusammenschlüssen
bezeichnet, für die alle oder einige der folgenden Merkmale charakteristisch sind: 1
•
•
•
•
Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus als „wissenschaftliche“ Anleitung zum Handeln;
daneben, je nach Ausprägung der Partei oder Gruppierung, Rückgriff auch auf Theorien
weiterer Ideologen wie Stalin, Trotzki, Mao und andere,
Bekenntnis zur sozialistischen oder kommunistischen Transformation der Gesellschaft
mittels eines revolutionären Umsturzes oder langfristiger revolutionärer Veränderungen,
Bekenntnis zur Diktatur des Proletariats oder zu einer herrschaftsfreien (anarchistischen)
Gesellschaft,
Bekenntnis zur revolutionären Gewalt als bevorzugte oder - je nach den konkreten
Bedingungen - taktisch einzusetzende Kampfform.
Der Umgang mit diesem Begriff stößt sowohl in der Praxis als auch in der Forschung auf
Schwierigkeiten und Kritik.
Diese Beschreibung „Linksextremismus“ weicht von der Definition „Politisch motivierte
Kriminalität“ (PMK) bzw. der Definition „PMK-links“ ab. Diese Begriffe sind bedeutsam für das
Verständnis des kriminalpolizeilichen Meldedienstes für politisch motivierte Kriminalität ( KPMDPMK). Der KPMD-PMK ist ein im Rahmen der Innenministerkonferenz vom 10. Mai 2001
rückwirkend zum 1. Januar 2001 gemeinsam vom Bund und den Ländern beschlossener
polizeilicher Meldedienst, um politisch motivierte Straftaten bundesweit statistisch erfassen zu
können. Die PMK ist nicht Bestandteil der allgemeinen Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) und
wird gesondert ausgewiesen.
Als „Politisch motivierte Kriminalität“ werden im Wesentlichen alle Straftaten bezeichnet und
erfasst, die einen oder mehrere Straftatbestände der sog. klassischen Staatsschutzdelikte
erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Als
solche klassischen Staatsschutzdelikte gelten die folgenden Straftatbestände: §§ 80 - 83, 84 91, 94 - 100a, 102 - 104a, 105 - 108e, 109 - 109h, 129a, 129b, 234a oder 241a des
Strafgesetzbuches.
Politisch motivierte Straftaten haben erst dann einen extremistischen Hintergrund, wenn es
Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie darauf abzielen, bestimmte Verfassungsgrundsätze zu
beseitigen oder außer Geltung zu setzen, die für die freiheitliche demokratische Grundordnung
prägend sind. Im Jahr 2014 registrierte das Bundesministerium des Innern 2 bei 73,1 Prozent der
erfassten politisch motivierten Straftaten einen extremistischen Hintergrund.
1 Sächsisches Staatsministerium des Innern und Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen. Verfassungsschutzbericht 2014. Dresden, 13.
April 2015.
2 Bundesministerium des Innern. Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2014 – Bundesweite Fallzahlen.
1
Der PMK-links werden Fälle zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der
Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung
einer "linken" Orientierung zuzurechnen sind, ohne dass die Tat bereits die Außerkraftsetzung
oder Abschaffung eines Elementes der freiheitlich demokratischen Grundordnung zum Ziel haben
muss.
Der Abschlussbericht 3 des Bundesprogrammes „Initiative Demokratie Stärken“ des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Juni 2014) kommt in der
Gesamtbetrachtung zu dem Ergebnis, dass die Umsetzungserfahrungen im Programmbereich
Linksextremismus, aber auch wissenschaftliche Debatten 4 zeigen, dass der Bedarf für einen
flächendeckenden Programmbereich zur Prävention von Linksextremismus im Jugendalter aktuell
nicht gegeben ist. Problematische Phänomene wie Konfrontationsgewalt oder gewaltförmige
Protestereignisse konzentrieren sich auf lokale, meist großstädtische Zentren der radikalisierten
linken Szene. Zudem erzeugte in der Vergangenheit die Programmbezeichnung
„Linksextremismus“ erhebliche Schwierigkeiten sowohl in der pädagogischen Umsetzung als
auch im Hinblick auf die öffentliche Akzeptanz. Dadurch wurden Zielgruppenzugänge verstellt
oder mindestens erschwert. Das aktuelle Bundesprogramm „Demokratie leben!“ weist für den
Zeitraum 2014 bis 2016 verschiedene Programmbereiche aus, u. a. Modellprojekte zur
Radikalisierungsprävention. In den „Leitlinien zur Förderung von Modellprojekten zur
Radikalisierungsprävention“ werden - offenbar als Ergebnis der o. a. Programmevaluation Anknüpfungspunkte für themen- und zielgruppenspezifische Ansätze in der Arbeit gegen Gewalt
und Demokratiefeindlichkeit in
linksmilitanten Szenen gesehen: Die Förderung von
Modellvorhaben im Themenfeld „linke Militanz“ fokussiert auf die Erprobung unterschiedlicher
Wege der Zugangserschließung zu linken, militanz-affinen jungen Menschen und zu jungen
Menschen in entsprechenden Risikokontexten sowie auf die Entwicklung jeweils jugend- und
zielgruppenadäquater, modellhafter pädagogischer Angebote.
1. Lagedarstellung
Wie bereits erläutert, wird politisch motivierte Kriminalität (PMK) in der bundesweit einheitlichen
polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht erfasst. In der PKS werden allerdings die Delikte der
allgemeinen Kriminalität ausgewiesen, die i. Z. m. einer politisch motivierten Begehungsweise
festgestellt werden, z. B. Sachbeschädigung, Körperverletzung am Rande einer Demonstration.
Eine Bezugnahme auf die politisch motivierte Begehungsweise erfolgt dabei nicht. Die
nachfolgenden Zahlen basieren deshalb auf dem kriminalpolizeilichen Meldedienst für politisch
motivierte Kriminalität (KPMD-PMK). Dabei handelt es sich um eine sog. Eingangsstatistik, d. h.
die Fallzählung erfolgt tatzeitbezogen und ermöglicht keine Aussagen über die Belastbarkeit des
Tatnachweises oder den Ausgang eines Strafverfahrens.
3 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Abschlussbericht des Bundesprogramms „Initiative Demokratie Stärken“.
Berlin, Juni 2014, 1. Auflage.
4 Die Schwierigkeit im Umgang mit dem Extremismusbegriff wird exemplarisch auch im „Dossier Linksextremismus“ der Bundeszentrale für
politische Bildung aufgegriffen: Wenn
„
der Begriff Extremismus fällt, dann in der Regel von Seiten des Verfassungsschutzes, denn dort
wird er wesentlich häufiger gebraucht als in den Sozialwissenschaften, die mit ihm wenig anfangen können.
2
Straftaten PMK 2008 – 2014 5 in Sachsen und auf Bundesebene
Bund
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
PMK-rechts
20.422
19.468
16.375
16.873
17.616
17.042
17.020
PMK-links
6.724v 9.375
6.898
8.687
6.191
8.673
8.113
2.425
1.972
1.809
1.693
1.616
1.672
1.740
2.415
126
84
98
84
58
74
86
213
1.693
1.374
1.260
1.158
1.259
1.292
1.251
1.157
487
513
563
952
430
617
851
1.058
80
89
130
206
85
168
157
292
19
18
34
22
22
7
18
14
Sachsen PMK-rechts
Gewaltdelikte
Propagandadelikte
6
PMK-links
Gewaltdelikte
Propagandadelikte
7
2015
Ohne Konkretisierung der Datenbasis weist das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen in
seinen Verfassungsschutzberichten folgende Straftaten für die Stadt Leipzig aus.
2011
2012
2013
2014
2015
Linksextremistische
Straftaten
104
116
186
227
439
davon Gewalttaten
24
30
42
67
180
Bezogen auf die registrierte 8 Gesamtkriminalität in Leipzig stellen die im Jahr 2015
ausgewiesenen 439 linksextremistischen Straftaten einen Anteil von 0,6 Prozent dar. Zum
Vergleich: Der Anteil der registrierten Wohnungseinbrüche liegt bei 1,8 Prozent und der Anteil der
registrierten Sachbeschädigungen durch Graffiti bei 3,4 Prozent.
Die autonome Szene dominiert deutlich den Linksextremismus in Sachsen. Mehr als die Hälfte
der sächsischen Autonomen (ca. 370 Personen) gehört der Leipziger Szene an (ca. 190
Personen). Die Gewaltbereitschaft der autonomen Szene in Leipzig ist nach Einschätzung des
Landesamtes für Verfassungsschutz deutlich gestiegen. So erhöhte sich zuletzt die Gewalt
gegen politische Gegner und die gegen die Polizei gerichtete Gewalt. Die Straftaten im
Zusammenhang mit Demonstrationen stiegen ebenfalls stark an.
Der Anstieg der Straftaten steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem deutlich erhöhten
Veranstaltungsaufkommen in Leipzig. Leipzig hatte im Jahr 2015 ein um 24 Prozent höheres
Versammlungsgeschehen zu verzeichnen als im Jahr zuvor. Darin sind 28 Versammlungen
„Legida“ (152 Gegenversammlungen) sowie 7 Versammlungen „Offensive für Deutschland“ (24
Gegenversammlungen) beinhaltet.
10%
Ausweislich der Bundestagsdrucksache 18/6775 vom
24.11.2015 wurden im Zeitraum vom 20.10.2014 bis
zum 17.11.2015 bundesweit insgesamt 940
Straftaten anlässlich von Veranstaltungen der sog.
GIDA-Bewegung registriert; davon entfallen 255
Straftaten auf den Phänomenbereich PMK-rechts.
Der Anteil Leipzigs an den Straftaten aus dem
Phänomenbereich PMK-rechts beträgt 21 Prozent
(53). Die Daten beruhen auf der Auswertung des
2%
Übrige Städte
40%
Leipzig
27%
Wuppertal
Dresden
Berlin
21%
5 Quellen: Bundesministerium des Innern (Zahlen „Bund“), Sächsisches Staatsministerium des Innern (Zahlen „Sachsen“).
6 Propagandadelikte sind Straftaten gem. § 86Verbreiten
(
von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) und § 86 a StGB
(Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen).
7 Propagandadelikte sind Straftaten gem. § 86Verbreiten
(
von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) und § 86 a StGB
(Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen).
8 Landeskriminalamt Sachsen, Polizeiliche Kriminalstatistik, Jahresüberblick 2014.
3
Kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Politisch motivierte Kriminalität“ und beinhalten alle dort
ausgewiesenen Phänomenbereiche, u. a. PMK-links und PMK-rechts. Im Vergleich der Länder
beträgt der Anteil des Bundeslandes Sachsen an den bundesweit registrierten Straftaten 25
Prozent. Mit Blick auf das Demonstrations- und Veranstaltungsgeschehen in Leipzig wird deutlich,
dass dieses von einer intensiven Auseinandersetzung unterschiedlicher Akteure geprägt ist und
es diesen gelingt, überregional für die Teilnahme zu aktivieren. Bei den in Leipzig registrierten
Straftaten können aufgrund der Aufklärungsquoten 9 nur bedingt Aussagen zu Täterinnen und
Tätern getroffen werden, so dass unklar ist, in welchem Umfang in Leipzig wohnhafte Personen
betroffen sind.
2. Ursachen und Bedingungen von Gewalt in Leipzig
Formen linker Militanz existieren in unterschiedlichen Bereichen (Antifaschismus,
Antikapitalismus) oder als Ausdrucksform jugendlichen Protestverhaltens. Die Ursachen von
Militanz können dabei ein Ausdruck von radikaler Systemopposition und Demokratiefeindschaft,
die Folge eskalierender Konflikte zwischen politischen Gruppen, die Folge eines situativ
eskalierenden Protestgeschehen auf Demonstrationen, oder auch - losgelöst von politischen
Zielen - ein Attraktivitätsmoment für die Teilnahme an Protestereignissen sein. Diese heterogenen
Ausprägungen und Ursachen können wichtige Anknüpfungspunkte für die präventive Arbeit von
Modellprojekten bilden.
Im Führungsstab des Kommunalen Präventionsrates Leipzig erfolgte zwischen den Vertretern der
Stadtverwaltung und der Polizeidirektion in den letzten Monaten eine intensive Auswertung
diverser gewalttätiger Auseinandersetzungen in Leipzig. Innerhalb dieses Prozesses veranlasste
der KPR u. a. auch die Einbeziehung des Landespräventionsrates Sachsen sowie einen
proaktiven Vorschlag an das Sächsische Staatsministerium des Innern zur Verbesserung des
Informationsaustausches und der Zusammenarbeit im Thema „politisch motivierte Kriminalität“
zwischen der Stadt Leipzig, dem Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen und der
sächsischen Polizei.
Die Stadtverwaltung in Leipzig, freie Träger, ehrenamtlich Engagierte, staatliche Einrichtungen
u. a. sind seit den 90er Jahren mit unterschiedlichen Gewaltphänomenen konfrontiert, auf die mit
vielfältig initiierten Maßnahmen, Projekten und Maßnahmenpaketen reagiert wurde (vgl. Punkt 3).
Dabei konnten z. B. Erfolge bei der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus erzielt werden,
so dass inzwischen eine hohe Sensibilität und Alltagsaufmerksamkeit gegeben ist.
Die jetzige Gesamtbetrachtung und -bewertung macht jedoch deutlich, dass das aktuelle
Maßnahmenbündel bzw. die entwickelte Präventionslandschaft bei den heterogenen Formen
urbaner Gewalt an Grenzen stößt. Diese Grenzen basieren im Wesentlichen auf dem Manko,
dass keine aktuelle ortsspezifische Analyse der Entstehungsbedingungen vorliegt, die einerseits
die individuelle Disposition zur Gewaltbereitschaft in Bezug auf verschiedene Phänomene
ermöglicht oder etwa darauf aufbauende gewaltaffine gruppendynamische Prozesse und die
Wechselwirkungen/Abhängigkeiten zwischen Gewaltphänomenen erklärt.
Der Führungsstab hat deshalb beschlossen, eine phänomenübergreifende Studie zu „Ursachen
urbaner Gewalt in Leipzig“ in Auftrag zu geben. Inzwischen liegt bereits eine Projektskizze vor,
die derzeit mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend abgestimmt
wird. Ziel des Forschungsvorhabens ist - vor dem Hintergrund eskalierender Konfrontationsgewalt
in der Stadt Leipzig - die Radikalisierungsprozesse im Zugang zur urbanen Gewalt von
Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu beschreiben und deren Ursachen zu erklären. In der
aktuellen Planung ist davon auszugehen, dass die Forschungsergebnisse im Jahr 2018 zur
Verfügung stehen. Auf ihrer Grundlage wird die Weiterentwicklung bzw. Neuausrichtung von
Präventions- und Interventionsmaßnahmen geprüft.
9 Bundesweit betrugen die Aufklärungsquoten im Jahr 2014 bei PMK-links 32 Prozent und bei PMK-rechts 45 Prozent. BT-Drucksache
18/5758 vom 12.08.2015.
4
3. Bestehende Maßnahmen der Gewaltprävention
Zur Gewaltprävention existiert bereits eine Reihe von Angeboten in Kindertagesstätten als auch
an Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen der Stadt Leipzig.
Allen Kitas und Horten steht die vom Land Sachsen erarbeitete Handreichung „Gemeinsam
fühlen“ als Arbeitsmaterial zur Verfügung. Im Mittelpunkt steht die Entwicklungsbegleitung und
-förderung von Kindern in ihrer emotionalen und sozialen Kompetenz.
Im schulischen Bereich findet der Streitschlichteransatz bereits ab dem Grundschulalter
Anwendung. Auch im Rahmen von Ganztagsangeboten bieten Schulen Projekte zur Ge waltprävention und gegen Mobbing an.
Schulsozialarbeit leistet ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Gewaltprävention an 57 Schulen.
Es werden von ihr Präventionsangebote und unterstützende Projekte sowohl organisiert als auch
selber durchgeführt – so zur Stärkung der Handlungskompetenz, Verbesserung des Klassen- und
Schulklimas und zum Sozialen Lernen. Werden Vorfälle physischer und psychischer Gewalt
bekannt, können diese in Form von Einzelfall- und Gruppenarbeit bearbeitet werden.
Die Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention koordiniert e in Deeskalationstraining, das auf
Anfrage in Schulen ab Klassenstufe 8 von zertifizierten Deeskalationstrainern durchgeführt wird.
Im Rahmen der Förderung freier Träger der Jugendhilfe gemäß § 14 i.V.m. § 74 SGB VIII
(erzieherischer Kinder- und Jugendschutz) werden Präventionsprojekte für Schülerinnen und
Schüler aller Schularten gefördert.
Zur Anregung und Würdigung des Engagements zur Prävention von Gewalt wird jährlich der
Wettbewerb "Schule der Toleranz" des Kommunalen Präventionsrates (KPR) ausgelobt.
Die Förderung von friedlichen Konfliktlösungskompetenzen ist eine Daueraufgabe im
pädagogischen Alltag. Dies beginnt bei der Stärkung der Erziehungskompetenz von Eltern im
Rahmen der Familienbildung und reicht bis zur gezielten fachlichen Fortbildung von
pädagogischem Personal. Zur Unterstützung pädagogischer Fachkräfte bietet die Stadt Leipzig
Fortbildungen an, wie „Wertschätzende und gewaltfreie Kommunikation“, „Umgang mit
herausforderndem Verhalten“ oder „Ich und du – Freunde trotz Unterschiedlichkeit“. Die
Universität Leipzig/Institut für Bildungsgesundheit bietet in Kooperation mit der Fachstelle
Extremismus- und Gewaltpräention r egelmäßig die Fortbildung
„Fair sein“ an.
Die Sächsische Bildungsagentur unterbreitet Lehrkräften Angebote in den Bereichen Stärkung
von Lebenskompetenzen (z. B. „Lions Quest“) und Schlichtung von Konflikten. Das Projekt
"Stinktier" des Caritasverbandes erweitert derzeit seine Multiplikatorenarbeit, so dass neben den
derzeitigen Kooperationsschulen weitere Lehrer Formen der Gewaltprävention für ihre Schulen
bzw. Schulklassen implementieren können. Ein entsprechendes Angebot ist in den
Fortbildungskatalog der Sächsischen Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig aufgenommen
worden.
Die vielfältigen Angebote unterschiedlicher Träger zur Gewaltprävention sowie die
Fortbildungsangebote zur Gewaltprävention sind im Präventionsatlas der Stadt Leipzig
zusammengefasst und online einsehbar.
4. Aussteigerprogramm
Im Oktober 2011 startete das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) das „Aussteigerprogramm“
für Linksextremisten und Linksextremistinnen (AP LEX). Im Zuge dessen ist die Erfahrung
gemacht worden, dass „Aussteigerprozesse komplexe Vorgänge sind, bei denen es in der Regel
5
einer intensiven Zusammenarbeit mit anderen spezialisierten staatlichen und nichtstaatlichen
Stellen bedarf“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/572 vom 19.02.2014). Im Bundesprogramm gab
es im Berichtszeitraum 2012/2013 lediglich einen Ausstieg aus der linksextremistischen Szene.
Über das Bundesprogramm hinaus gibt es in den Bundesländern kein staatlich angebundenes
oder koordiniertes Aussteigerprogramm Linksextremismus (vgl. nachfolgende Übersicht).
Demgegenüber gibt es eine Vielzahl an Aussteigerprogrammen Rechtsextremismus, u. a. auch
das beim Landespräventionsrat angebundene und mit nichtstaatlichen Organisationen
umgesetzte „Aussteigerprogramm Sachsen“. Auch dieses ergänzende Angebot wird nur reduziert
in Anspruch genommen (vgl. Landtagsdrucksache 5/14270 vom 13.05.2014). Vor diesem
Hintergrund sowie den erheblichen finanziellen und logistischen Anforderungen bei der
Etablierung eines Aussteigerprogramms wird dieser Ansatz als nicht zielführend bewertet.
Rechtsextremismus 10
Linksextremismus
Bund
Bundesamt für Verfassungsschutz
Bundesamt für Verfassungsschutz
Baden-Württemberg
Landeskriminalamt (BIG-Rex)
Bayern
Verfassungsschutz
Hamburg
Verfassungsschutz/Polizei
Hessen
Landeskriminalamt (IKARus)
Niedersachsen
Verfassungsschutz (Aktion Neustart)
Justizministerium
Ambulanter Justizsozialdienst
Nordrhein-Westfalen C@llcenter der Landesregierung
www.aussteiger.nrw.de
HelpLine, Aktive gegen Rechts
Rheinland-Pfalz
Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung
2. Saarland
2. Landeskriminalamt
Sachsen
Verfassungsschutz/Landespräventionsrat
(Aussteigerprogramm Sachsen)
Sachsen-Anhalt
Ministerium für Inneres und Sport
(Ausstiegshilfe „EXTRA“)
Thüringen
Verfassungsschutz
Soweit sich das im Beschlussvorschlag beinhaltete „Strategiekonzept“ im Sinne einer
ganzheitlichen Ausrichtung auch auf repressive Maßnahmen bezieht, liegen diese in der
gesetzlichen Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden, insbesondere der Staatsanwaltschaft
und den Behörden und Beamten des Polizeidienstes (§§ 152 Abs. 2 und 161
Strafprozessordnung). Auf die Zuständigkeiten der Nachrichtendienste wird ergänzend
hingewiesen.
10 Bundesamt für Verfassungsschutz: Aussteigerprogramme für Rechtsextremisten von Bund und Ländern, Stand: Juni 2015
6