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Daten

Kommune
Leipzig
Dateiname
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Erstellt
11.05.16, 12:00
Aktualisiert
27.10.16, 08:30

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Ratsversammlung Informationsvorlage Nr. VI-DS-02840 Status: öffentlich Beratungsfolge: Gremium Termin Zuständigkeit Dienstberatung des Oberbürgermeisters Betriebsausschuss Kulturstätten Fachausschuss Kultur Ratsversammlung 24.08.2016 Information zur Kenntnis Eingereicht von Dezernat Kultur Betreff Kulturentwicklungsplan der Stadt Leipzig 2016 - 2020 mit den Teilkonzepten "Kulturelle Bildung" und "Soziokultur" (Fortschreibung Kulturentwicklungsplanung) Die Information wird zur Kenntnis genommen. Sachverhalt: siehe Anlagen Anlagen: Begründung Kulturentwicklungsplan der Stadt Leipzig 2016 – 2020 Teilkonzept „Kulturelle Bildung“ Teilkonzept „Soziokultur“ 1. Begründung: Mit Beschluss vom 17.09.2008 hat die Ratsversammlung den Kulturentwicklungsplan der Stadt Leipzig für die Jahre 2008 bis 2015 angenommen. Zugleich wurde die Verwaltung beauftragt, weiterführende Fachkonzepte in folgenden Bereichen zu erarbeiten (49. Ratsversammlung Nr. RB IV-1332/08): – Entwicklungskonzept für die Eigenbetriebe Kultur und für die städtischen Museen – Konzept Kulturelle Bildung – Konzept Soziokultur 1.1. Entwicklungskonzepte Museen, Soziokultur und Kulturelle Bildung bis 2015 Am 14.12.2011 wurden der Ratsversammlung das Entwicklungskonzept „Soziokultur“ und das Entwicklungskonzept für die kommunalen Museen vorgestellt (Informationsvorlagen DS Nr. V/554 und DS Nr. V/1754). Am 22.11.2012 folgte das Konzept „Kulturelle Bildung“ (Informationsvorlage: DS Nr. V/2582). 1.2. Entwicklungskonzept für die Eigenbetriebe bis 2015 Für die Eigenbetriebe Kultur wurde auf Grundlage der Anträge V/A 80 (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) vom 13.09.2010 und V/A 95 (CDU-Fraktion) vom 18.11.2010 entschieden, eine externe Agentur zu beauftragen, um Vorschläge für eine bessere Kooperation der Eigenbetriebe Kultur zu erarbeiten. Daraufhin entwickelte die Agentur Actori Szenarien und Optimierungspotentiale für die Oper Leipzig, das Gewandhaus zu Leipzig, das Schauspiel Leipzig und das Theater der Jungen Welt. Die Ergebnisse des Actori-Verfahrens wurden mit dem Beschluss „Zukünftige Struktur der Eigenbetriebe Kultur; Festlegung der Zuschüsse für die Jahre 2013 bis 2015“ (RBV-1295/12 vom 18.07.2012) von der Ratsversammlung zur Kenntnis genommen. Der Beschluss enthielt auch strategisch-strukturelle Ziele und Entwicklungspotenziale für die Eigenbetriebe Kultur. Über die Umsetzung der Ziele wurde die Ratsversammlung im Rahmen der Informationsvorlage DS Nr. V/3530 „Zukünftige Struktur der Eigenbetriebe Kultur“ am 12.02.2014 informiert. 1.3. Einberufung des Kulturforums Leipzig Im Zusammenhang mit der Kulturentwicklungsplanung wurde beschlossen (RBV-998/11 vom 17.11.2011), ein jährlich stattfindendes Kulturforum einzuberufen, das als Diskussionsplattform kultur- und stadtpolitischer Zielsetzungen dient. Es lädt Kulturakteure aus Leipzig und außerhalb – unabhängig von der rechtlichen Trägerschaft – sowie ExpertInnen aus Verwaltung, Politik oder Wissenschaft zur Diskussion über die strategische Ausrichtung der städtischen Kulturlandschaft. Das 4. Leipziger Kulturforum im Oktober 2015 diskutierte die Fortschreibung der Kulturentwicklungsplanung. 2. Verfahren zur Fortschreibung des Kulturentwicklungsplans 2016-2020: Die Fortschreibung des Kulturentwicklungsplans positioniert sich innerhalb der gesamtstädtischen Strategien (Stadtentwicklungskonzept SEKo bzw. Integriertes Stadtentwicklungskonzept INSEK), das Verfahren ist mehrstufig strukturiert und verschränkt verschiedene methodische Zugänge: Fachdiskussionen in Arbeitsgruppen, externe Expertenbefragungen, eine Zwischenbilanz mit breiter Beteiligung aus Kultur, Politik, Wissenschaft und Verwaltung während des 4. Leipziger Kulturforums. 2.1. Bezugnahme auf das SEKo- bzw. INSEK-Verfahren Im Mai 2015 beschloss der Stadtrat, das Stadtentwicklungskonzept (bisher SEKo) unter dem Titel „Integriertes Stadtentwicklungskonzept 2030“ (neu: INSEK) fortzuschreiben und bis zum Jahr 2017 neu zu erarbeiten. Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept wird über einen Fachteil „Kultur“ verfügen, der sich auf den Kulturentwicklungsplan bezieht. Das Stadtentwicklungskonzept definiert vier Oberziele, die eine verbindliche Grundlage des kommunalpolitischen Handelns darstellen: 1 (1) (2) (3) (4) Leipzig besteht im Wettbewerb Leipzig steigert seine internationale Bedeutung Leipzig schafft soziale Stabilität Leipzig setzt auf Lebensqualität Das Thema „Kultur“ spielt bei allen vier Zielen eine Rolle, wird aber vor allem unter den Punkten „Leipzig steigert seine internationale Bedeutung“ und „Leipzig setzt auf Lebensqualität“ verhandelt. Als übergreifende Herausforderungen der kommenden Jahre werden u. a. das nachhaltige Wachstum der Stadt, die Entwicklung von Vielfalt sowie Integration und Inklusion benannt – Schwerpunkte, die auch den aktuellen Kulturentwicklungsplan, vor allem in Kapitel 1: „Markenzeichen: Kulturelle Vielfalt“ und Kapitel 2: „Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt“, durchziehen. Der vorliegende Kulturentwicklungsplan verortet sich so innerhalb dieser kommunalpolitischen Handlungsfelder. 2.2. Fachdiskussionen des KEP-Arbeitskreises Innerhalb von vier Arbeitssitzungen haben die Leiterinnen und Leiter städtischer Kultureinrichtungen sowie Vertreterinnen und Vertreter der freien Kultur (Auflistung unten) die bisherigen Schwerpunktsetzungen „Markenzeichen: Kulturelle Vielfalt“, „Vision: Kunst und Kultur in einer jungen Stadt“, „Verpflichtende Tradition: Musikstadt“, „Potential: „Kreativwirtschaft“ evaluiert und sich darauf verständigt, die ersten drei Schwerpunkte in akzentuierter und aktualisierter Form fortzuschreiben. Die „Kreativwirtschaft“ hat sich zu einer erfolgreichen Wachstumsbranche entwickelt und ist heute beim Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig verortet. Deshalb findet diese innerhalb des Kulturentwicklungsplans 2016 – 2020 zwar immer wieder Erwähnung, erhält aber kein eigenständiges Kapitel. Die Schwerpunkte des Kulturentwicklungsplans 2016 – 2020 sind: (1) (2) (3) Kulturelle Vielfalt ist ein unverwechselbares Markenzeichen Leipzigs. Die Stadt bekennt sich zur Pluralität der kulturellen Ausdrucksformen und erklärt deren Wertschätzung und Förderung auch zukünftig zu einem der wichtigsten kulturpolitischen Ziele. Die Vision, kulturelle Bildung vor allem für junge Menschen in Leipzig zugänglich zu machen, wurde erfolgreich eingelöst und soll verstetigt werden. Zukünftig kommt es darauf an, Konzepte für eine differenzierte und zugleich inklusive, generationsübergreifende und interkulturelle Teilhabe zu entwickeln. Die Musikstadt Leipzig besitzt eine herausragende Stellung in der Kulturlandschaft und soll weiterhin profiliert werden. Es gilt, das Authentische zu bewahren, ohne es museal zu konservieren. Verstärkt soll das Entwicklungs- und Innovationspotential der Musikstadt in den Blick genommen werden. 2.3. Qualitative Expertenbefragung – Kulturwissenschaftliches Institut der Universität Leipzig Im Zeitraum zwischen Mai und August 2015 fanden mit 17 ExpertInnen des kulturellen Feldes in Leipzig Befragungen zu Besonderheiten und Herausforderungen der Kultur in Leipzig statt. Die Gespräche wurden mit LeiterInnen der kulturellen Eigenbetriebe sowie der freien Kultur aller Sparten entlang offener Leitfragen geführt.1 Kultur wurde von den Befragten als wesentlich für das Image der Stadt, als Motor des Stadtwachstums und als Integrationsfaktor einer wachsenden, sich zunehmend differenzierenden Stadtgesellschaft begriffen. Fast alle Befragten wünschen sich vor diesem Hintergrund, dass Kultur als größte Stärke der Stadt mehr Anerkennung erfährt sowie eine stärkere Vermarktung von Leipzig als (dynamischer) Kulturstadt mit pluraler Kulturlandschaft und großen Leuchttürmen erfolgt. 2.4. Auswertung und Evaluation Teilkonzepte mit eigenen Verfahren Parallel zu Arbeitsgesprächen und Expertenbefragungen wurde im Jour-Fixe der Museumsdirektoren der Stadt Leipzig die Strategie der kommunalen Museen evaluiert und die 1 Mit einem Vertreter der freien Musikkultur konnte bis zum Präsentationstag im Oktober 2015 leider kein Interview realisiert werden. 2 Museumskonzeption 2020 erarbeitet. Die AG-Soziokultur sowie der Jour Fixe Kulturelle Bildung haben ebenso seit Juni 2015 die Teilkonzepte in eigenständigen Prozessen evaluiert und aktualisiert. 2.5. Zwischenbilanzierung und Beteiligung Das 4. Leipziger Kulturforum fand am 5. Oktober 2015 im Neuen Rathaus statt und behandelte das Thema „Fortschreibung Kulturentwicklungsplanung. Ein Zwischenbericht.“ In einem dichten Parcours aus sechs Impulsvorträgen wurden die Herausforderungen und Akzente der Kulturentwicklungsplanung bis 2020 aus verschiedenen Blickwinkeln skizziert: Der Perspektive der Verwaltung, der städtischen Kulturbetriebe, der freien Kultur und der wissenschaftlichen Analyse. Das Thema des Forums war komplex und bewusst als vorläufige „Zwischenbilanz“ formuliert. Die Vortragenden hatten in den zurückliegenden Monaten Evaluationsprozesse begonnen, um die Ergebnisse in die Fortschreibung des Kulturentwicklungsplans bis 2020 einzubringen. Das Kulturforum diente der Reflexion dieser Evaluationen und eröffnete zugleich die Möglichkeit, Schnittstellen und Parallelen in den einzelnen Prozessen zu identifizieren sowie Erkenntnisse abzugleichen. Zum Kulturforum waren 90 Persönlichkeiten des kulturellen Lebens der Stadt Leipzig, der Verwaltung, der Politik, der Wissenschaft etc. zur Diskussion und Beteiligung an der Kulturentwicklungsplanung geladen. Zu den Ergebnissen des Kulturforums informiert die Informationsvorlage DS Nr. VI/02252. 2.6. Redaktion und Neufassung des Kulturentwicklungsplans Die Ausarbeitung der Textgrundlage des Kulturentwicklungsplans 2016 – 2020 erfolgte unter Einbeziehung der Ergebnisse aus den geführten Diskussionen und Befragungen (2.1. - 2.5.) im Zeitraum zwischen Oktober 2015 und Januar 2016. Die Redaktion des Manuskripts fand im Dezernat Kultur unter der Leitung des Beigeordneten für Kultur statt. 3. Zeitlicher Verlauf (1) Sitzungen des KEP- Arbeitskreises Auftaktveranstaltung, Aufgabenstellung, Verfahren 29/09/14 Evaluation „Junge und wachsende Stadt“ 01/12/14 Evaluation „Kulturelle Vielfalt und Internationalität“ 01/02/15 Evaluation „Musikstadt“ 16/04/15 (2) Öffentliche Diskussion kulturpolitischer Strategien Kulturpolitischer Salon der Kulturpolitischen Gesellschaft 02/12/14 Regionalgruppe Sachsen / Leipzig im Mendelssohn-Haus: Vision und Strategie – Kulturpolitische Konzepte in sächsischen Kommunen unter Beteiligung des BM für Kultur (3) Qualitative Expertenbefragung – Kulturwissenschaftliches Institut der Universität Leipzig Einführung der Methode in der KEP-Runde 16/04/15 Entwicklung Leitfaden / Fragebogen Mai 2015 Expertenbefragungen (17) Juni – Juli 2015 Auswertung und Interpretation Aug – Sep 2015 Präsentation der Zwischenbilanzen 05/10/15 3 (4) Auswertung und Evaluation Teilkonzepte mit eigenen Verfahren Museumskonzeption 2020 ab Juni 2015 Teilkonzept Soziokultur ab Juni 2015 Teilkonzept Kulturelle Bildung ab Juni 2015 (5) Zwischenbilanzierung und Zusammenführung der einzelnen Verfahren 4. Leipziger Kulturforum mit breiter Beteiligung aus Kultur, Politik, Verwaltung und Wissenschaft (siehe Informationsvorlage: DS Nr. VI/02252) 05/10/15 (6) Redaktion und Neufassung des Haupttextes Die Ausarbeitung des Kulturentwicklungsplans erfolgt im Dezernat Kultur unter der Leitung des Beigeordneten für Kultur. Okt – Jan 2016 4. Zusammensetzung KEP-Arbeitskreis Michael Faber, Stadt Leipzig, Bürgermeister für Kultur Antje Brodhun, Stadt Leipzig, Dezernat für Kultur Karin Rolle, Stadt Leipzig, Dezernat für Kultur Stadtverwaltung Leipzig, Dezernat Kultur Prof. Andreas Schulz, Gewandhaus Leipzig Prof. Dr. Gereon Röckrath, Gewandhaus Leipzig Prof. Ulf Schirmer, Oper Leipzig Dr. Christian Geltinger, Oper Leipzig Enrico Lübbe, Schauspiel Leipzig Torsten Buß, Schauspiel Leipzig Jürgen Zielinski, Theater der Jungen Welt Matthias Wiedemann Musikschule Leipzig "Johann Sebastian Bach" Eigenbetriebe Kultur Leipzig Dr. Volker Rodekamp, Stadtgeschichtliches Museum Dr. Hans-Werner Schmidt, Museum der bildenden Künste Ronald Schiller, Naturkundemuseum Leipzig Dr. Olaf Thormann, Grassi Museum für Angewandte Kunst Städtische Museen Susanne Kucharski-Huniat, Kulturamt Leipzig Dr. Stefan Altner, Thomanerchor Leipzig Rolf Sprink (neu ab September 2015: Heike Richter-Beese), Volkshochschule Susanne Metz, Leipziger Städtische Bibliotheken Prof. Dr. Jörg Junhold, Zoo Leipzig Lena Pasanen, DOK Leipzig Dr. Detloff Schwerdtfeger (neu ab Februar 2016: Dr. Alexander Steinhilber), Bach-Archiv Leipzig Jürgen Ernst, Mendelssohn-Stiftung Franciska Zólyom, Galerie für Zeitgenössische Kunst Ämter des Dezernats Kultur, Stiftungen und Beteiligungen Ulrike Bernard, AG Soziokultur, Freie Kultur Thomas Farken, Jour fixe Kulturelle Bildung, Freie Kultur Falk Elstermann (Leiter) sowie weitere Spartenvertreter, Leipzig Plus Kultur e.V. Freie Kultur 4 5. Zusammenfassung Die vorliegende Fortschreibung der Kulturentwicklungsplanung ist in die strategische Kommunalpolitik der Stadt, wie sie das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK) erarbeitet, eingebettet. Das Papier fokussiert die städtischen Kultureinrichtungen sowie kommunal geförderte Träger und stellt diese im Gesamtensemble des kulturellen Feldes in Leipzig dar. Eine Leitidee ist, mehr Verbindungen zwischen den Einrichtungen zu schaffen – egal, welche rechtliche Struktur diese besitzen oder von wem diese getragen werden. Gemeinsam kann eine größere Wirkkraft entfaltet werden. Weiterhin berücksichtigt der aktuelle Plan, dass Leipzig eine dynamisch wachsende Stadt ist und fragt nach den Auswirkung für die kulturellen Einrichtungen der Stadt. Die kulturpolitischen Ziele werden anhand folgender Kapitel formuliert: „Markenzeichen: Kulturelle Vielfalt“, „Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt“, „Verpflichtende Tradition und neue Klangkulturen: Musikstadt“. Bestandteil des vorliegenden Kulturentwicklungsplans 2016 - 2020 sind zugleich die Teilkonzepte „Soziokultur“ und „Kulturelle Bildung“, die diese spezifischen Aspekte weiter vertiefen. Die Museumskonzeption 2020 wird separat fortgeschrieben und der Ratsversammlung in Kürze vorgestellt. Auch die finanziell-strukturelle Entwicklung der Eigenbetriebe Kultur wird separat ausgearbeitet. Diese soll für die Jahre 2016 bis 2020 mit einer neuen Rahmenvereinbarung erfolgen, die bereits erstellt ist und demnächst ins Verfahren geht. Für 2016 sind die Zuschüsse der Eigenbetriebe Kultur aufgrund des bereits beschlossenen und genehmigten Doppelhaushaltes gesichert. Darüber hinaus hat die Verwaltung eine Investitionsstrategie aller kommunalen Kultureinrichtungen der Stadt Leipzig entwickelt, die dem Rat in Kürze vorgestellt wird. Darin sind Instandhaltungs- und Investitionsbedarfe von 2016 bis 2021 aufgeführt und nach Dringlichkeit geclustert. 5 Kulturentwicklungsplan der Stadt Leipzig für die Jahre 2016 - 2020 Inhalt Präambel 1. Markenzeichen: Kulturelle Vielfalt 1.1. Pulsierendes Zentrum der bildenden und angewandten Künste 1.2. Traditionsreiche Stadt der Buch- und Wissenskulturen 1.3. Experimentierraum für die darstellenden Künste 1.4. Weit gefächerte Stadtteil- und Soziokultur 1.5. Naturwelten ausstellen und erleben 1.6. Lebendige Erinnerungskulturen 1.7. Festivals und Jubiläen 2. Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt 2.1. Musik für alle: Musikschule „Johann Sebastian Bach“ 2.2. Inklusion in alle Richtungen: Das Theater der Jungen Welt 2.3. Lebenslanges Lernen und Integration: Die Volkshochschule Leipzig 3. Verpflichtende Tradition und neue Klangkulturen: Musikstadt Leipzig 3.1. Renommierte Musikspielstätten mit Weltspitze Gewandhausorchester Leipzig 3.2. Traditionsreiche Bach-Pflege mit Thomanerchor und Bach-Archiv 3.3. Komponistenhäuser von Felix Mendelssohn Bartholdy bis Robert Schumann 4. Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen bis 2020 4.1. Markenzeichen: Kulturelle Vielfalt 4.2. Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt 4.3. Verpflichtende Tradition und neue Klangkulturen: Musikstadt Leipzig 1 Präambel In Leipzig beeinflussen und inspirieren sich die verschiedenen kulturellen Strömungen und Traditionen gegenseitig – Toleranz und Offenheit, die Heterogenität der Kulturszene und die Vielfalt der Lebensformen sind Schlüsselelemente für die Identifikation der Einwohner mit dieser Stadt und mitverantwortlich für Leipzigs Ruf als junge, dynamische und weltoffene Kulturstadt mit internationaler Ausstrahlung. Kultur ist ein entscheidender Motor der Stadtentwicklung. Kulturpolitik und Kulturentwicklungsplanung verstehen sich deshalb als strategische Stadtpolitik. Die Kulturentwicklungsplanung setzt einen Rahmen und legt verbindliche Leitlinien fest, deren Ausgestaltung in einem offenen Lern- und Verständigungsprozess verläuft. Das ausgearbeitete Papier ist ein Desiderat dieses Prozesses, es greift Diskussionslinien auf, ordnet diese und schreibt wichtige Impulse im Kontext des kommunalpolitischen Handelns fest. Es versteht sich als Fortschreibung des Kulturentwicklungsplans 2008 – 2015, in dem bereits wesentliche Schwerpunkte festgelegt wurden, die sich bewährt haben. An diese wird weiterhin – mit neuen Akzentuierungen – angeknüpft. Diese sind: (1) Kulturelle Vielfalt ist ein unverwechselbares Markenzeichen Leipzigs. Die Stadt bekennt sich zur Pluralität der kulturellen Ausdrucksformen und erklärt deren Wertschätzung und Förderung auch zukünftig zu einem der wichtigsten kulturpolitischen Ziele. (2) Die Vision, kulturelle Bildung vor allem für junge Menschen in Leipzig zugänglich zu machen, wurde erfolgreich eingelöst und soll verstetigt werden. Zukünftig kommt es darauf an, Konzepte für eine differenzierte und zugleich inklusive, generationsübergreifende und interkulturelle bzw. transkulturelle Teilhabe zu entwickeln. (3) Die Musikstadt Leipzig besitzt eine herausragende Stellung in der Kulturlandschaft und soll weiterhin profiliert werden. Es gilt, das Authentische zu bewahren, ohne es museal zu konservieren. Verstärkt soll das Entwicklungs- und Innovationspotential der Musikstadt in den Blick genommen werden. Der vierte Schwerpunkt des Kulturentwicklungsplans 2008 – 2015 „Potential: Kreativwirtschaft“ hat sich zu einer erfolgreichen Wachstumsbranche entwickelt. Ursprünglich von freien künstlerischen und unternehmerischen Initiativen angestoßen, ist die Medien- und Kreativwirtschaft heute beim Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig verortet. Seit 2014 hat die Kontaktstelle Medienund Kreativwirtschaft der Stadt Leipzig dort ihre Arbeit aufgenommen. Damit hat sich der Schwerpunkt des Kulturentwicklungsplans insofern eingelöst, als dass das Cluster in der Leipziger Wirtschaft fest verankert ist. Diese positive Entwicklung führt dazu, dass die Medien- und Kreativwirtschaft im vorliegenden Papier zwar immer wieder Erwähnung findet, nicht aber als eigenständiges Kapitel ausformuliert wird. Eine detaillierte Analyse des Clusters legt das Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig in regelmäßigen Abständen vor.1 Das Präsidium des deutschen Städtetages hat im September 2015 ein Positionspapier unter dem Namen „Kulturpolitik als Stadtpolitik“ beschlossen. Dort heißt es: „Gesellschaftliche Entwicklungen wie insbesondere Migration, Digitalisierung, Ökonomisierung der Gesellschaft und deren Auswirkungen auf Kunst und Kultur sowie veränderte finanzielle Rahmenbedingungen erfordern 1 Vgl. Lehrstuhl für Kommunikationsmanagement / Public Relations am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig, Medien- und Kreativstandort Leipzig. Eine Studie zur Leipziger Medienund Kreativwirtschaft 2010. Leipzig 2011. 2 eine Neuausrichtung der Kulturpolitik der Städte.“2 Doch ist es ein Unterschied, ob eine Stadt wächst oder aber sich in einem dauerhaften Schrumpfungsprozess befindet, ob sie schuldenfrei oder ohne genehmigten Haushalt durch die Aufsichtsbehörde unter Kuratel steht, oder ob die aktuellen Steuerflüsse einen Gestaltungsspielraum zulassen. Für Leipzig können sehr gute Handlungsgrundlagen reklamiert werden. Der Anteil des Kulturetats am Gesamthaushalt der Stadt von annähernd 8,6 Prozent ist überdurchschnittlich im Städte- und Ländervergleich. Der Kulturfinanzbericht aus dem Jahr 2014 hält fest, dass die Kulturausgaben in Relation zu den Gesamtausgaben in Gemeinden deutschlandweit durchschnittlich bei 2,3 Prozent liegen.3 Dies unterstreicht Leipzigs Selbstverständnis als lebendige und vielfältige Kulturstadt und das Ziel, Kulturpolitik als strategische Stadtpolitik zu gestalten. Diese positiven Weichenstellungen müssen kontinuierlich und verantwortungsvoll weiterentwickelt werden. Unbestritten kommt es auch Leipzig zugute, dass das Land Sachsen nach statistischen Erhebungen aus dem Jahr 2011 mit seinen Kulturausgaben deutschlandweit an Platz 4 steht.4 Das Land hält mit dem Sächsischen Kulturraumgesetz, mit dem die Förderung von Kunst und Kultur zur staatlichen Pflichtaufgabe erhoben wurde, sehr positive Rahmenbedingungen bereit, die deutschlandweit einmalig sind und von denen die Stadt Leipzig zusätzlich profitiert. Diese Gestaltungsspielräume wurden in Leipzig in den vergangenen Jahren verantwortungsvoll genutzt. Die Sicherung und Stärkung der kommunalen Kultureinrichtungen und der freien Kultur, um mit einem qualifizierten Personal exzellente Programme und Vermittlungsformate zu entwickeln, ist für die kulturelle Ausstrahlung der Stadt entscheidend. Die Eigenbetriebe Kultur wurden deshalb sukzessive gestärkt. Tarifanpassungen bei Löhnen und Gehältern bilden eine besondere Herausforderung, um die künstlerische Qualität in allen Sparten auf sehr hohem Niveau weiterzuentwickeln und die internationale Strahlkraft der Leipziger Kulturlandschaft auszubauen. Innerhalb des städtischen Kulturetats wurde die Förderung der freien Kunst und Kultur, die in besonderer Weise das Lebensgefühl und die Lebendigkeit der Stadt prägen, in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Seit 2008 haben sich die Mittel fast verdoppelt und sind von 2,7 Mio auf 5,35 Mio Euro angestiegen. Seit 2016 wird diese Förderung dynamisiert: Das Budget zur Förderung der freien Kultur wird ab 2016 auf der Basis der Vorjahressumme jeweils um 2,5 Prozent erhöht. Eine solche Dynamisierung ist deutschlandweit einmalig. Doch nicht nur im ideellen Bereich wurden die Rahmenbedingungen verbessert. In die kulturelle Infrastruktur flossen für bauliche Maßnahmen in den vergangenen 20 Jahren, inklusive Fördermittel, ca. 380 Mio EUR. In den Jahren 2008 bis 2015 konnten das GRASSI Museum, das Bosehaus als Sitz des Bacharchivs, das Thomasalumnat, die Stadtbibliothek und die Gebäude der Volkshochschule in der Löhrstraße umfangreich saniert und teilweise erweitert werden. In mehreren Bauabschnitten wurde der Masterplan Werk 2 abgearbeitet und die Gebäude des Projekt Vereins (Conne Island) saniert. Für den Verein Großstadtkinder wurde in Grünau mit dem Theatrium eine neue Spielstätte geschaffen. Im Zusammenhang mit der Erinnerung an die Völkerschlacht 2013 erfolgte eine Teilsanierung der Russischen Gedächtniskirche und die weitere Ausreichung von Zuschüssen an die Stiftung Völkerschlachtdenkmal zur Fortsetzung der Baumaßnahmen am Denkmal. Mehrere Baumaßnahmen dienten der Ertüchtigung der Spielstätten 2 3 4 Vgl. URL <http://www.staedtetag.de/publikationen/materialien/075700/index.html> (24.11.2015) Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Kulturfinanzbericht 2014, Wiesbaden 2015, S. 29. Einschließlich Gemeinden / Zweckverbänden; Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Kulturfinanzbericht 2014, Wiesbaden 2015, S. 30. 3 von Oper, Gewandhaus, Schauspielhaus sowie der Musikalischen Komödie. Mit Zuschüssen der Stadt Leipzig konnte die ZOO Leipzig GmbH die Sanierung der Kongresshalle am Zoo rechtzeitig zum Stadtjubiläum beenden. Seit Januar 2016 ist mit Ratsbeschluss festgelegt, dass die Halle 7 auf dem Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei ertüchtigt und das Naturkundemuseum dort neu konzipiert wird. Außerdem wurde die Schaffung einer zweiten Spielstätte des Schauspiels Leipzig im Haupthaus Bosestraße beschlossen. Die unverwechselbare Dichte der kulturellen Infrastruktur und die kulturelle Vielfalt sind wesentlich für den Imagegewinn der Stadt. Leipzig hat sich in den letzten Jahren zu einem Sehnsuchtsort entwickelt. Die Feuilletons der Welt feiern Leipzig als Stadt der Freiräume und der Kulturvielfalt. Der mediale „Hype“ um Leipzig läuft parallel mit einem enormen Wachstumsschub: Seit Anfang der 2010er Jahre hat sich die Zahl der Zuzügler gegenüber den 2000er Jahren auf mehr als zehntausend jährlich verdoppelt. Im Jahr 2015 wurden 15.975 Zuzügler gezählt. Leipzig ist damit aktuell eine der am schnellsten wachsenden Städte Deutschlands und zeigt beispielhaft einen neuen Stadtentwicklungstrend.5 Die Stadt Leipzig steht paradigmatisch für den Prozess einer „Wiederkehr der Städte“. Denn Leipzig war die einzige europäische Großstadt (neben Liverpool), die seit den 1930er Jahren über sieben Jahrzehnte hinweg durch Schrumpfung geprägt war. Die Einwohnerzahl ging in dieser Zeit um ein Drittel, von etwa 713.000 auf 437.000 zurück. Seit 2000 wächst die Einwohnerzahl wieder, auf mittlerweile 567.846 Einwohner (Stand: Januar 2016). Keine andere geschrumpfte Stadt kann auf eine derartige Entwicklung zurückblicken.6 Zukünftig wird der Stadt ein weiteres Wachstum prognostiziert, dazu gehört auch die steigende Anzahl von Migrantinnen und Migranten, die hier eine Perspektive erhalten sollen. Um Antworten auf das rasante Stadtwachstum zu finden, werden aktuell die städtischen Herausforderungen innerhalb des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (INSEK) analysiert, das bis zum Jahr 2017 erarbeitet wird und als Fortschreibung des Stadtentwicklungskonzepts (SEKo) angelegt ist. Das Stadtentwicklungskonzept definiert vier Oberziele, die eine verbindliche Grundlage des kommunalpolitischen Handelns darstellen: (1) (2) (3) (4) Leipzig besteht im Wettbewerb Leipzig steigert seine internationale Bedeutung Leipzig schafft soziale Stabilität Leipzig setzt auf Lebensqualität Das Thema „Kultur“ spielt bei allen vier Zielen eine Rolle, wird aber vor allem unter den Punkten „Leipzig steigert seine internationale Bedeutung“ und „Leipzig setzt auf Lebensqualität“ verhandelt. Als übergreifende Herausforderungen der kommenden Jahre werden u. a. das nachhaltige Wachstum der Stadt, die Entwicklung von Vielfalt sowie Integration und Inklusion benannt – Schwerpunkte, die auch den aktuellen Kulturentwicklungsplan, vor allem in Kapitel 1: „Markenzeichen: Kulturelle Vielfalt“ und Kapitel 2: „Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt“, durchziehen. Der vorliegende Kulturentwicklungsplan verortet sich so innerhalb dieser kommunalpolitischen Handlungsfelder. 5 6 Vgl. Dieter Rink: „Stadt der Extreme“, in: Kulturstiftung Leipzig (Hrsg.), Leipzig wächst. Stadt. Mensch. Umland. Sonderausgabe der Leipziger Blätter, Leipzig 2015, S. 4 – 7, hier S. 5. Vgl. Ibid. 4 Seit September 2014 hat das Dezernat Kultur den Kulturentwicklungsplan 2008 – 2015 evaluiert. In vier Arbeitssitzungen des KEP-Kreises, bestehend aus Leiterinnen und Leitern städtischer Kultureinrichtungen sowie Vertreterinnen und Vertretern der freien Kunst und Kultur, wurden zusammen mit externen Experten die Schwerpunktsetzungen der Kulturentwicklungsplanung ausgewertet sowie neue Zielsetzungen bis 2020 benannt. Parallel begleitete das Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig den Prozess wissenschaftlich. Über mehrere Monate hinweg fanden Expertenbefragungen mit Leiterinnen und Leitern städtischer Kultureinrichtungen sowie Vertreterinnen und Vertretern der freien Kunst und Kultur statt. Die jeweiligen Zwischenbilanzen und Auswertungen wurden im Rahmen des 4. Leipziger Kulturforums im Oktober 2015 vorgestellt und flossen anschließend in die redaktionelle Überarbeitung des aktuellen Papiers ein. Verschiedene Hinweise, wie – um nur einige zu nennen – eine stärkere Wertschätzung der Kultur als Motor der gesamten Stadtentwicklung, eine stärkere Nuancierung der vielfältigen Kulturlandschaft Leipzigs nach künstlerischen Sparten, eine Ausweitung des Themas kulturelle Teilhabe auf Aspekte wie Interkultur, Integration und Inklusion oder der Wunsch nach gezielten Kooperationen zwischen etablierten Kulturinstitutionen und der freien Kunst und Kultur, wurden im vorliegenden Kulturentwicklungsplan aufgenommen. Deutlich wurde, dass die vielfältige Kultur Leipzigs von ganz unterschiedlichen Akteuren getragen wird, die sich einen verstärkten Dialog wünschen. Die kulturelle Infrastruktur Leipzigs beschränkt sich nicht auf die Bereitstellung von Mitteln durch die öffentliche Hand, sondern umfasst auch Aktivitäten Dritter, insbesondere bürgerschaftliches Engagement und Sponsoring durch die Wirtschaft. Ohne zivilgesellschaftliches und bürgerschaftliches Handeln in Form von Mäzenatentum und Ehrenamt, die in Leipzig eine besondere Tradition besitzen, ist ein lebendiges städtisches Kulturleben nicht denkbar. Diese Aktivitäten Dritter müssen weiterhin wertgeschätzt und gefördert werden. Es bleibt eine wichtige Aufgabe der Kulturpolitik, Rahmenbedingungen für zusätzliche öffentliche und private Finanzierungsmöglichkeiten und für bürgerschaftliches Engagement zu schaffen. Um kulturpolitische Entscheidungsprozesse künftig weiterhin im Dialog zu führen und möglichst viele – auch nicht-städtische – Akteure an der Gestaltung der Kulturstadt Leipzig teilhaben zu lassen, wird bereits seit 2012 einmal jährlich das Diskussionsformat „Kulturforum Leipzig“ vom Dezernat Kultur veranstaltet – eine offene Diskussionsplattform zu aktuellen kulturpolitischen Fragestellungen, an der sich Vertreterinnen und Vertreter aus Kultur, Wissenschaft, Verwaltung, Politik sowie externe Fachexperten beteiligen. Seit 2015 kooperiert das Dezernat Kultur mit der Kulturpolitischen Gesellschaft, Regionalgruppe Sachsen / Leipzig und initiiert öffentliche Diskussionen des „Kulturpolitischen Salons“. Mit beiden Formaten soll zukünftig verstärkt eine breite Beteiligung von interessierten Bürgerinnen und Bürgern an kulturpolitischen Fragestellungen gelingen. Leipzigs Kulturleben besitzt selbstverständlich mehr Facetten, als in einem städtischen Kulturentwicklungsplan wiedergegeben werden können, der primär die kommunal getragene kulturelle Infrastruktur fokussiert, ohne aber das Gesamtensemble kultureller Akteure der Stadt aus dem Blick zu verlieren. Eine Leitidee ist, mehr Verbindungen zwischen den Einrichtungen zu schaffen – egal, welche rechtliche Struktur diese besitzen oder von wem diese getragen werden. 5 Gemeinsam kann eine größere Wirkkraft entfaltet werden. Nachfolgend wird versucht, diese Komplexität in den Kapiteln „1. Markenzeichen: Kulturelle Vielfalt“, „2. Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt“ und „3. Verpflichtende Tradition und neue Klangkulturen: Musikstadt“ zu erörtern sowie einzelne kulturpolitische Leitlinien und Handlungsempfehlungen konkret abzuleiten. Weiterführende Ausformulierungen zum Stellenwert der Kulturellen Bildung, der Soziokultur sowie zu einer Gesamtstrategie der städtischen Museen werden in gesonderten Teilkonzepten detaillierter ausgearbeitet und verstehen sich als spezielle Fachteile des vorliegenden Kulturentwicklungsplans. 6 1. Markenzeichen: Kulturelle Vielfalt Die vielfältige und facettenreiche Kulturlandschaft ist profilbildend für das urbane Leben in Leipzig. Tradition und Innovation verschränken sich und eröffnen unentwegt neue Räume für produktive Auseinandersetzungen. Die unverwechselbare Vielfalt reicht von geschichtsträchtigen Institutionen wie dem Gewandhausorchester und dem Thomanerchor bis hin zur pulsierenden zeitgenössischen Kunst- und Clubkultur. Leipzig hat sich als europäische Kulturmetropole profiliert, in der eine junge und experimentierfreudige Kulturszene im Dialog mit traditionsreichen kulturellen Einrichtungen innovative Projekte entwickelt. Diese kulturelle Melange strahlt nach außen und wird in den Feuilletons der Welt fasziniert beschrieben, zugleich sorgt sie vor Ort für ein unverwechselbares Lebensgefühl, das viele Menschen veranlasst, nach Leipzig zu ziehen und in der Stadt zu bleiben. In dieser Verschränkung kann Kulturpolitik nur als strategische Stadtpolitik verstanden und gestaltet werden, denn die kulturelle Vielfalt Leipzigs ist ein entscheidender Motor der gesamtstädtischen Entwicklung. Sie befördert das dynamische Wachstum der Stadt und ist ein wichtiger Standortfaktor im Wettbewerb der Städte. Die kulturelle Vielfalt ist aber nicht allein ein „Aufwerter“ urbaner Räume, sondern schafft Lebensqualität und plurale Lebensräume. In dieser Perspektive hat eine strategisch verstandene Kulturpolitik auch eine ausgewogene stadträumliche Verteilung und Ausformung der kulturellen Infrastruktur im Blick. Kulturell unterversorgte Stadtquartiere, wie im Norden oder im Osten Leipzigs, erhalten in diesem Sinne eine besondere Aufmerksamkeit, um die kulturelle Vielfalt im gesamten Stadtgebiet ernst zu nehmen. Kulturelle Vielfalt bedeutet nicht allein, dass Leipzig ein unverwechselbar reichhaltiges und lebendiges kulturelles Angebot in vielen Teilen der Stadt bereit hält, vielmehr ist hier auch die Vielfalt der Ausdrucksformen, die Vielfalt der Kulturen gemeint. Die nach Leipzig ziehenden Menschen bringen ihre eigene Geschichte und ihre eigenen Erfahrungen mit. Die Stadtgesellschaft wird heterogener und internationaler, sie setzt sich zusammen aus unterschiedlichen Generationen und sozialen Gruppen, aus Menschen mit vielfältigen ethnischen Hintergründen und religiösen Orientierungen, mit ganz unterschiedlichen Kulturbegriffen. Die interkulturellen und internationalen Einflüsse sollten zukünftig verstärkt sichtbar werden. Etablierte Einrichtungen und freie Träger sind vor diesem Hintergrund aufgefordert, ihr Repertoire zu überprüfen und kontinuierlich zu erneuern. (Siehe auch Kapitel 2 „Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt“). Leipzig bekennt sich zur kulturellen Vielfalt und gestaltet und entwickelt diese auch zukünftig strategisch. Die freie Kultur trägt in allen Nuancen entscheidend zur Lebendigkeit und Offenheit der Stadt bei. Deshalb hat die Stadt die kommunale Förderung der freien Kultur in den vergangenen Jahren erheblich gesteigert. Zwischen 2008 und 2015 haben sich die ausgereichten Fördermittel für die freie Kultur fast verdoppelt und sind von 2,7 Mio auf 5,35 Mio Euro gestiegen. Seit 2016 wird diese – wie eingangs beschrieben – dynamisiert. Das Kulturamt ist die zentrale Förder- und Beratungsstelle für Träger freier Kunst- und Kulturprojekte und Einrichtungen. Dazu gehören die Durchführung des jährlichen Förderverfahrens inklusive Beratung, Erarbeiten der Vergabelisten, Ausfertigung von Förderbescheiden und Mittelabwicklung sowie die Beratung und Unterstützung bei der Einwerbung von Drittmitteln und Sponsoring. Mit der institutionellen Förderung freier Träger werden in den Fördergebieten Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Kulturelle Bildung, Literatur, Musik, Sozio- und Stadtteilkultur 7 sowie Stadtgeschichte Prioritäten gesetzt. Zur fachlichen Beurteilung der beantragten Projekte in diesen Fördergebieten werden vom Kulturamt ausgewiesene Experten als Berater hinzugezogen. Auf dieser Grundlage erstellt die Verwaltung den jährlichen Vergabevorschlag für die Fördermittel freie Kultur. Mit dem Fachausschuss Kultur ist dazu Einvernehmen herzustellen. Das Förderverfahren wird laufend evaluiert. Im Austausch mit Akteuren der freien Kunst und Kultur und unter Berücksichtigung von politischen Entscheidungen und gesellschaftlichen Entwicklungen werden jährlich Förderschwer-punkte ausgearbeitet und mit dem Fachausschuss Kultur als zuständigem Gremium des Stadtrates beraten. Ziel ist es, die evaluierte Fachförderrichtlinie Kultur nach Stadtratsbeschluss für den Haushalt 2017/18 zur Anwendung zu bringen. Zur kulturellen Vielfalt Leipzigs tragen wesentlich die städtischen Museen bei – das Museum der bildenden Künste, das GRASSI Museum für Angewandte Kunst und das Stadtgeschichtliche Museum, das Völkerschlachtdenkmal –, die einen wichtigen Imagefaktor darstellen und pro Jahr nahezu eine Million Besucher generieren. Sie zählen damit zu den stärksten Kulturträgern Leipzigs. Es gelang in den vergangenen Jahren, die Gebäude dieser Museen vollumfänglich zu sanieren bzw. neue Infrastrukturen sowie attraktive Dauerausstellungen zu schaffen. In Fortschreibung des Kulturentwicklungsplanes Museen 2011 bis 2015 wird für die drei genannten Museen eine Entwicklungskonzeption bis 2020 extra vorgelegt. Das Naturkundemuseum befindet sich in der Neukonzeption, die auf der Grundlage des Stadtratsbeschlusses vom Januar 2016 erfolgen soll. Die kulturelle Vielfalt Leipzigs wird nachfolgend in Unterkapiteln entlang von vielfältigen Sparten, von den bildenden Künsten bis zur Erinnerungskultur, beschrieben. Das Thema „Musikstadt“ sowie Überlegungen zu einer breiten „kulturellen Teilhabe“ erhalten gesonderte Kapitel, um deren Stellenwert besonders herauszuarbeiten. 1.1. Pulsierendes Zentrum der bildenden und angewandten Künste Leipzig bietet eine breite Infrastruktur sowie offene Experimentierräume für die bildenden Künste. Angestoßen durch den internationalen Erfolg der „Leipziger Schule“ hat sich die Kunstszene besonders vital entwickelt und internationale Aufmerksamkeit erlangt. Renommierte und traditionsreiche Ausbildungsstätten wie die Hochschule für Grafik und Buchkunst, etablierte städtische Museen wie das Museum der bildenden Künste und das GRASSI Museum für Angewandte Kunst, die Stiftung Galerie für Zeitgenössische Kunst, kommerzielle Sammlungen, Galerien und Messen sowie zahlreiche freie Kunstzentren und Off-Spaces wie die Leipziger Baumwollspinnerei oder das Tapetenwerk stellen ein unverwechselbar anregendes Umfeld für Kunstakteure und Besucher aus aller Welt dar. Die Kunstorte sind ein wesentlicher Imagefaktor der Stadt und zählen zu den stärksten Kulturträgern Leipzigs. Um eine Auseinandersetzung mit den bildenden Künsten im Stadtraum zu ermöglichen, realisiert die Stadt Leipzig Projekte zur Kunst im öffentlichen Raum. Bei der Umsetzung der Kunstvorhaben wird die Stadtverwaltung seit dem Jahr 2008 durch ein unabhängiges Fachgremium beraten. Es ist weiterhin Ziel, der „Kunst am Bau“ bei Hochbauvorhaben der Stadt Leipzig zukünftig einen größeren Stellenwert einzuräumen. 8 Das Museum der bildenden Künste ist mit dem Museumsneubau und der Präsentation der historisch gewachsenen Sammlungen nach über sechzig Jahren interimistischer Unterbringungen 2004 in die Reihe der bedeutenden deutschen Museen zurückgekehrt. Die Sammlungen des Museums der bildenden Künste wurden begründet durch die Initiativen und Ankäufe des Leipziger Kunstvereins (seit 1837). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhren die Bestände hervorragende Zuwächse durch Schenkungen Leipziger Sammlerfamilien. Aus dem wirtschaftlichen Wohlergehen erfolgten mäzenatische Handlungsräume. Diese Stiftertradition ist in der heutigen Sammlungspräsentation im Museum der bildenden Künste präsent. Das Museum der bildenden Künste kooperiert gegenwärtig eng mit dem Neuen Leipziger Kunstverein (1990), den Förderern des Museums der bildenden Künste (1994), der Maximilian Speck von Sternburg Stiftung (1996) und dem Freundeskreis Max Klinger (2002). Die Sammlungen des Museums der bildenden Künste (Malerei, Skulptur, Installation, Graphische Künste, Fotografie, Video) vereinen Werke der europäischen Kunstgeschichte (15. bis 19. Jh.) und belegen zudem lokale Bindungen (19. bis 21. Jh.) an den Kunststandort Leipzig. Bei der zukünftigen Erweiterung des Sammlungsbestandes gilt es, Traditionspflege mit engagierter Hinwendung zur zeitgenössischen Kunst zu verbinden. Dabei liegt auch ein Augenmerk auf dem Medium Fotografie. Durch die erschwerten Bedingungen, unter denen die Kunstwerke an den Interimsstandorten jahrzehntelang ausgestellt und magaziniert waren, ergibt sich für erhebliche Teile der Bestände ein dringender Restaurierungsbedarf. Eine rege Ausstellungstätigkeit war die Hauptaufgabe des Leipziger Kunstvereins seit 1837 und ist nach wie vor ein Arbeitsschwerpunkt für das Museum. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei künstlerischen Positionen am Ort mit überregionaler Strahlkraft. Es ist zudem sinnvoll, die Ausstellungsaktivitäten mit dem Sammlungsbestand in Korrespondenz zu bringen. Das Museum erhält auf diese Weise ein unverwechselbares Gesicht. Die Konzepte der Ausstellungen sollen das jeweilige Œuvre oder Thema vielschichtig darstellen und so Sichten öffnen, die landläufige Standards ergänzen, wenn nicht gar korrigieren: Unbekanntes bekannt und Ungewohntes begreifbar machen, Zusammenhänge und Verbindungen offen legen. Ein Mehr an Internationalität ist dabei geboten angesichts der Strahlkraft Leipzigs und der globalen Vernetzungen. Für Jugendliche und junge Erwachsene werden spezifische Formen der Vermittlung entwickelt, die weder schulische Pädagogik reproduzieren noch sich im einmaligen Event erschöpfen. Sie werden im Teilkonzept „Museumskonzeption 2020“ weiter ausformuliert. Die Stiftung Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig (GfZK) ist ein einzigartiges Beispiel für die Zusammenarbeit von öffentlicher und privater Hand und wird seit ihrem Bestehen zu gleichen Teilen durch die Stadt Leipzig, den Freistaat Sachsen und den Förderkreis der GfZK Leipzig getragen. Die GfZK bespielt zwei preisgekrönte Gebäude, eine vom Dresdner Architekten Peter Kulka umgebaute Gründerzeitvilla und einen von den Berliner Architekten AS-IF errichteten Neubau, dessen Grundriss veränderbar ist. Die GfZK ist eine lokal, regional und international etablierte Kunstinstitution, ein Ausstellungshaus für zeitgenössische Kunst und Museum für Kunst nach 1945. Die GfZK fördert und vermittelt internationale und nationale künstlerische Positionen in eigenen und in öffentlichen Räumen, 9 initiiert und realisiert Kooperations- und Forschungsprojekte. Die Sammlung spiegelt in ihrem Bestand das Interesse an einer selbstverständlichen Integration verschiedener künstlerischer Ausdrucksformen, Positionen und Generationen wider. Seit Bestehen der GfZK ist es ein Anliegen, lokale Themen im Zusammenhang mit globalen Entwicklungen zu bearbeiten. Die Veränderungen des politischen, gesellschaftlichen und urbanen Umfelds, Migration und transkulturelle Phänomene bieten wichtige Ansatzpunkte, auch um die Handlungsweisen der GfZK zu reflektieren. In den Sammlungspräsentationen, künstlerischen Neuproduktionen und Forschungsprojekten geht es darum, verschiedene Betrachtungsperspektiven zu ermöglichen und neue Arbeitsmethoden zu entwickeln. In diesem Sinne fokussiert sich die Arbeit der GfZK weniger auf die Festschreibung eines Wertekanons, vielmehr werden die Potenziale der künstlerischen und kuratorischen Arbeit sowie der Kunstvermittlung erforscht. Die GfZK begreift sich nicht nur als Ausstellungsraum, sondern positioniert sich mit zahlreichen darüber hinaus reichenden Aktivitäten als Ort, an dem Denk- und Handlungsmöglichkeiten einer offenen Gesellschaft durchgespielt und Traditionen auf ihr gegenwärtiges Potential durchleuchtet werden. Gezielt wird – im Sinne einer weitreichenden Vernetzung – die Kooperation mit anderen Einrichtungen, mit kulturellen Institutionen und Unternehmen angestrebt. Die öffentlich zugängliche Bibliothek, Publikationen, Veranstaltungen, zwei jährlich ausgelobte Kunstpreise sowie ein anspruchsvolles Angebot an Kunstvermittlung in Kindergärten, Schulen und in den Räumen der GfZK stehen für den Anspruch, künstlerische Kompetenz in die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereiche zu tragen. Zukünftig ist geplant, die sammlungsbezogene Forschung in der GfZK stärker zu etablieren und Kooperationen mit lokalen und überregionalen Forschungsinstituten durchzuführen. Die sich verändernde Rolle und Ausrichtung von Museen in einer Migrationsgesellschaft soll dabei eine wichtige Rolle spielen. Mittelfristig sollen weitere Angebote der Kunstvermittlung etabliert werden, die sich an Erwachsene und Senioren richten. Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst zählt zu den ältesten und traditionsreichsten Einrichtungen seiner Art in Europa. In seiner Geschichte und in seinen Sammlungen spiegeln sich die von Bildungsstreben, Kunstbegeisterung und öffentlichem Engagement geprägten Traditionen Leipziger Bürgerkultur wider. Zugleich ist das Museum der künstlerischen Avantgarde verpflichtet. Nach der baulichen Sanierung (2000-2005), der schrittweisen Eröffnung der drei Teile der ständigen Ausstellung (2007, 2010, 2012) und der Sonderausstellungsflächen (2008) sowie der originalgetreuen Rekonstruktion der einzigartigen Art-déco-Pfeilerhalle (2006-2010), der großen Fenster des Bauhausmeisters Josef Albers (2011) und der expressiven Aufsatzleuchten des Haupttreppenhauses (2015) verfügt das Haus nun wieder über Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Ausstellungs- und Vermittlungstätigkeit. Mit der auch international viel beobachteten ständigen Ausstellung und einem weiter zu profilierenden thematisch vielfältigen und abwechslungsreichen Sonderausstellungsprogramm ist das Haus in die Reihe der bedeutendsten Museen für angewandte Kunst in der internationalen Museumslandschaft zurückgekehrt und wird ebenso als ein Herzstück Leipziger Kultur erlebbar. Das umfängliche Spektrum des Museums reicht von der Antike bis zur unmittelbaren Gegenwart. 10 Einen festen Platz im Ausstellungsprogramm beansprucht die Grassimesse als Qualitäts-Forum für zeitgenössische angewandte Kunst und experimentelles Design. Die Erschließung wertvoller Bestände, die Vermittlung kultureller und ästhetischer Bildung, das Anregen von Kreativität und Experimentierfreude sind Hauptziele des Museums. Es ist offen für alle, wendet sich an unterschiedlich gestaffelte Zielgruppen, von Kindern und Jugendlichen bis zu Senioren und fördert in Veranstaltungen die Integration der Generationen. Kooperationen mit den beiden weiteren Museen im GRASSI – dem Museum für Völkerkunde zu Leipzig und dem Museum für Musikinstrumente – werden genauso gesucht, wie die mit den weiteren städtischen Museen oder freien Partnern. Gepflegt wird die ertragreiche Zusammenarbeit mit Stiftern und Sammlern sowie dem Freundeskreis des Museums. 1.2. Traditionsreiche Stadt der Buch- und Wissenskulturen Leipzig hat eine lange und große Tradition als Buch- und Literaturstadt. Bereits 1481 gab es hier eine Druckerei, und am 1. Juli 1650 erschien in Leipzig die erste Tageszeitung der Welt. Über Jahrhunderte hinweg waren wirtschaftliche und kulturelle Identität der Stadt wesentlich durch das polygraphische Gewerbe und namhafte Verlage geprägt. Das Deutsche Buch- und Schriftmuseum in der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig erzählt einen Teil dieser Geschichte. An die Tradition Leipzigs als historisches Zentrum für Druckqualität und Buchkunstpflege erinnert heute die Verleihung des Gutenberg-Preises. Der Preis wird von der Stadt Leipzig jährlich im Wechsel mit der Stadt Mainz an Personen und Einrichtungen vergeben, die hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Buchkunst und Buchherstellung erbracht haben. Auch wenn an die große Verlagsgeschichte heute nicht in gleichem Maße angeknüpft werden kann, so ist Leipzig als Stadt der Buch- und Wissenskulturen lebendig. Die Leipziger Buchmesse, veranstaltet von der Leipziger Messe GmbH, mit dem größten europäische Lesefest „Leipzig liest“, das von der Stadt Leipzig finanziell unterstützt wird, trägt die Buchtradition in die Zukunft und hat sich zu einem einzigartigen Besuchermagnet entwickelt. Für internationales Renommee sorgt der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung, der alljährlich zur Buchmesseeröffnung von einem Kuratorium aus Stadt Leipzig, Freistaat Sachsen, Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. und Leipziger Messe GmbH vergeben wird. Zwei Preisträger, die in der Vergangenheit mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet wurden, haben später den Nobelpreis für Literatur erhalten: Imre Kertész und Swetlana Alexijwitsch. In Leipzig leben und arbeiten über 100 Autorinnen und Autoren. Starke Impulse für das literarische Leben in der Stadt wie für den literarischen Nachwuchs im gesamten deutschsprachigen Raum gehen vom Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig aus. Zusammen mit weiteren Studiengängen zum Verlagsmanagement an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur und zur Buchillustration an der Hochschule für Grafik und Buchkunst entsteht so ein verdichtetes Ausbildungsgeflecht für die Literaturproduktion. Bedeutende freie Institutionen und Literaturfestivals – wie das Haus des Buches oder der Leipziger Literarische Herbst – bieten Autorinnen und Autoren Orte für Lesungen, Gespräche und Diskussionen. Leipzig verfügt durch die Ansammlung verschiedenster Bibliotheken an einem Ort über eine 11 bundesweit bedeutende Bibliothekslandschaft. Das Angebot reicht von der Gründungseinrichtung der Deutschen Nationalbibliothek – der Deutschen Bücherei – über die Universitätsbibliothek Leipzig, diverse weitere Hochschul- und Spezialbibliotheken und die Deutsche Zentralbücherei für Blinde bis zu den Leipziger Städtischen Bibliotheken. Die in kommunaler Trägerschaft geführten Leipziger Städtischen Bibliotheken (LSB) sind ein wichtiger Teil der Leipziger Kultur- und Bildungslandschaft sowie Zentren für Kommunikation und Information. Sie vereinen drei Entwicklungslinien und Traditionen in sich: die der 1677 aus einer Stiftung hervorgegangenen wissenschaftlichen Leipziger Stadtbibliothek, die der 1914 gegründeten Städtischen Bücherhallen sowie die der 1861 gegründeten Musikbibliothek Peters, einer herausragenden wissenschaftlichen Spezialbibliothek, die 2013 in städtischen Besitz überging. Die zentralen Aufgaben der LSB sind der Aufbau, die Strukturierung, die Bereitstellung sowie die Vermittlung von Wissen und Informationen. Entsprechend stellen die LSB Medien sowie Beratungs- und Informationsdienste für alle Bürgerinnen und Bürger, die Gäste Leipzigs sowie für die Kultur-, Bildungs- und Sozialeinrichtungen der Stadt, Einrichtungen in freier Trägerschaft, Gruppen und Initiativen kultureller Stadtteilarbeit zur Verfügung. Sie unterstützen lebenslanges Lernen für die nachhaltige Teilhabe an der Wissensgesellschaft, betreiben Leseförderung und vermitteln Informations- und Medienkompetenz. Seit 2003 planen und agieren die LSB auf der Grundlage einer vom Stadtrat beschlossenen Bibliotheksentwicklungskonzeption (BEK), die alle fünf Jahre fortgeschrieben wird. Durch diesen mehrstufigen Strategieprozess konnte in den letzten Jahren eine Vielzahl an Neuerungen und Serviceverbesserungen umgesetzt werden, wie die umfangreiche Sanierung der Leipziger Stadtbibliothek, die flächendeckende Einführung einer modernen Verbuchungstechnik mit RFID, die Neuanschaffung einer modernen Fahrbibliothek oder der Aufbau des neuen Sachbereichs Online-Dienste. Messbare Leistungsstandards runden die BEK ab und machen Arbeit und Leistungen der LSB für Bürgerinnen und Bürger, den Stadtrat und Partner transparent und nachvollziehbar. Angesichts einer wachsenden Stadt, des demografischen Wandels und der Veränderungen der Medienangebote und -nutzung behandelt die Fortschreibung der BEK für den Zeitraum 2016-2020 die wichtigsten Zukunftsthemen anhand von fünf Entwicklungszielen und dazugehörigen Maßnahmen. Drei dieser Entwicklungsziele widmen sich den zukünftigen Aufgaben und Angeboten der LSB unter den Überschriften: "LSB als realer und virtueller Ort der Bücher und der Medienvielfalt", "LSB als Brückenbauer und aktiver Bildungspartner" sowie "LSB als Öffentlicher Raum für Begegnung und Aufenthalt". Die übrigen zwei – "Interaktion und Teilhabe" sowie "Platz für Experimente und Innovation" – beschreiben das "Wie", also die Art und Weise der Zielerreichung. 1.3. Experimentierraum für die darstellenden Künste Leipzig ist eine Stadt mit einem traditionell reichen Theaterangebot. Die Bühnen Leipzigs arbeiten häufig interdisziplinär und können sich in ihrer Bedeutung überregional messen. Wichtige Ausbildungsstätten, wie die Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“, 12 schulen Dramaturgen und Schauspieler, die sich auf den Bühnen Leipzigs erproben und später deutschlandweit Engagements folgen. Neben den städtischen Institutionen, wie dem Schauspiel Leipzig und dem Theater der Jungen Welt, agieren einige von städtischer Seite institutionell geförderte freie Bühnen (bspw. LOFFT oder Schaubühne Lindenfels) erfolgreich. Leipzigs Theatergeschichte wurde im 18. Jahrhundert von der Theaterreformatorin, Schauspielerin und Theaterprinzipalin Friederike Caroline Neuber geprägt, die das sächsische Privileg erhielt, ein festes Theater zu führen. Sie arbeitete eng mit Johann Christoph Gottsched zusammen. Seit 1998 vergibt die Stadt Leipzig alle zwei Jahre den Caroline-Neuber-Preis ausschließlich an weibliche Theaterschaffende aus ganz Deutschland. Die Auszeichnung erfolgt in Anerkennung hervorragender künstlerischer Leistungen, die neue Maßstäbe setzen. Zukunftsweisende Entwicklungen stehen der freien Theaterlandschaft Leipzigs seit Januar 2016 bevor. Mit Stadtratsbeschluss wurde entschieden, dass das Off-Theater LOFFT und das Leipziger Tanztheater (LTT) auf das Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei ziehen werden. In Nachbarschaft mit einer vitalen und international ausstrahlenden Künstlerszene sowie weiteren Akteuren der Theater- und Tanzszene entsteht so ein verdichteter Produktions- und Spielort für die zeitgenössischen darstellenden Künste, der neue Experimentierräume eröffnet. Auch die Nähe zum Naturkundemuseum, das ebenso auf das Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei ziehen wird, bietet Anknüpfungspunkte für innovative interdisziplinäre Formate, an der Schnittstelle von naturwissenschaftlichen Fragestellungen und künstlerischen Ausdrucksformen. Der Vielfalt und Fülle differenzierter ästhetischer Ansichten zu begegnen, ist das Programm des Intendanten Enrico Lübbe am Schauspiel Leipzig. Das als Eigenbetrieb der Stadt Leipzig organisierte Haus gehört zu den großen Sprechtheatern im deutschsprachigen Raum. Seine Tradition reicht bis zur Gründung des „Alten Theaters“ im Jahr 1766 zurück. Gegenwärtig gehört Leipzig zu den wachsenden Städten, die im Fokus des Interesses vieler Menschen stehen; infolgedessen nimmt auch der Grad an Internationalität stetig zu. Eine breite Basis an Zuschauerinnen und Zuschauern für das Schauspiel Leipzig zu interessieren, soll auch weiterhin Aufgabe des Schauspiels sein – um gleichzeitig mit dieser Arbeit weit über Leipzig hinaus erfolgreich zu sein. Die vom Schauspiel Leipzig betriebene Vernetzung und Kooperation mit bedeutenden kulturellen Institutionen der Stadt, wie dem Gewandhausorchester, Oper und Ballett Leipzig, Zoo Leipzig, dem Museum der bildenden Künste und der freien Kunst und Kultur führte in den letzten Jahren zu markanten und höchst erfolgreichen Projekten – sowohl was die Reaktionen der Leipzigerinnen und Leipziger betrifft als auch die überregionale Wirkung. Diese Projekte markieren einen neuen Standard der Zusammenarbeit in der Stadt, der fortgeführt und weiterentwickelt werden soll, ebenso wie die engen Beziehungen zu den großen Leipziger internationalen Festivals wie DOK Leipzig und euro-scene Leipzig. Die enorme Bandbreite in der Definition von Schauspiel, die vom Klassiker bis zur Uraufführung eines Gegenwartstexts reicht, vom Literaturtheater bis hin zu experimentellen und nichtwortbasierten Theaterformen, wird weiterhin die Arbeit des Hauses bestimmen. Dafür wird in den kommenden Jahren die Struktur weiter geschärft, die sich in drei große Begriffe bringen lässt: Literatur- und Ensembletheater, Gegenwartsdramatik und Performance. 13 2014 konnte das Schauspiel Leipzig unter Enrico Lübbe die Welturaufführung der Bühnenfassung von Richard Yates' Roman „Zeiten des Aufruhrs“ zeigen. 2015 brachte das Schauspielhaus einen der wichtigsten zeitgenössischen Texte zur Weltlage, Jelineks „Die Schutzbefohlenen“, als erstes Theater in den neuen Bundesländern auf die Bühne und war das erste Theater überhaupt, das Jelineks Text mit seiner antiken Vorlage, Aischylos’ „Schutzflehenden“, verknüpfte. Diese Projekte verdeutlichen die sowohl inhaltlich-literarische als auch gesellschaftspolitisch-aktuelle Theaterauffassung, wie sie dem Schauspiel wichtig ist – und wie sie mittlerweile als deutliches Profil des Hauses wahrgenommen wird, sowohl regional als auch überregional. Die Programmatik der „Diskothek“, als Spielstätte ausschließlich der zeitgenössischen Dramatik reserviert zu sein und diese oft in Ur- oder Erstaufführungen zu zeigen, ist in dieser konzeptuellen Verdichtung und in ihrer Qualität einzigartig in der deutschsprachigen Theaterlandschaft. Dass Produktionen, die hier ihre Uraufführung erlebten, festival- und preisgekrönt wurden, wie Wolfram Hölls „Und dann“, Ferdinand Schmalz' „am beispiel der butter“, Nolte/Decars „Das Tierreich“ oder Lukas Linders „Der Mann aus Oklahoma“, unterstreicht dieses Niveau. Mit dem Umbau der Räume der ehemaligen Diskothek „Schauhaus“ zu einer den aktuellen bühnentechnisch-ästhetischen Ansprüchen für Gegenwartsdramatik entsprechenden Bühne soll 2017 ein weiterer Schritt erfolgen, diese Programmatik zu untermauern. Als Element sowohl der dauerhaften Qualitätssicherung als auch der Nachwuchsförderung wird das Schauspiel Leipzig weiterhin junge AutorInnen mit Auftragsarbeiten an das Haus binden. Die Spielstätte „Residenz“ auf dem Areal der Leipziger Baumwollspinnerei etabliert sich als gefragter Partner für freie Performance-Gruppen und ist damit einer der bundesweit beispielhaften Orte für die Zusammenarbeit zweier prägender Produktionsweisen, freier und institutioneller Theaterarbeit. Mit großer Neugierde wird die Arbeit der „Residenz“ fortgesetzt, die nicht zuletzt auch das Areal der Leipziger Baumwollspinnerei in seiner überregionalen Bedeutung als Ort der ästhetisch-künstlerischen Auseinandersetzung unterfüttert. Das Selbstverständnis des Schauspiel Leipzig als Stadttheater, das möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern theatrales Erleben ermöglichen möchte, bedeutet auch weiterhin, in den Bereichen Inklusion und Integration aktiv zu sein und diese Aktivitäten auszubauen. Mit seinem Engagement im Bereich der Inklusion in Form regelmäßiger Vorstellungen in Audiodeskription ist das Schauspiel Leipzig in diesem Bereich aktuell das bundesweit führende Schauspielhaus und wird national entsprechend wahrgenommen. Um auch fremdsprachigen Gästen den Theaterbesuch zu ermöglichen, werden Vorstellungen in Audiosimultan Englisch und Spanisch angeboten – auch mit diesem Angebot ist das Schauspiel Leipzig einer der bundesweiten Vorreiter. Die European Theatre Convention (ETC), in der das Schauspiel Leipzig seit 2013 Mitglied ist, ist ein wichtiges Forum der europaweiten Vernetzung und Zusammenarbeit. Formen integrativer Theaterangebote als Öffnung des Theaterbetriebs für Laien, ihre Themen und ihre Erfahrungen werden gegenwärtig immer wichtiger. Das Schauspiel ist hier bereits mit mehreren Spielclubs aktiv und wird diese Aktivitäten in Zukunft gezielt weiter ausbauen. Ein wichtiger Bereich hierzu ist die Theaterpädagogik, die seit 2013 massiv gestärkt wurde als ein elementarer Schnittpunkt, sowohl die Arbeit des Schauspiel Leipzig als auch generell Kompetenzen ästhetischen Erlebens nicht nur 14 in den Schulen, sondern zunehmend auch in der Erwachsenenbildung und Laienarbeit zu vermitteln und zu verankern. 1.4. Weit gefächerte Stadtteil- und Soziokultur In den Einrichtungen der Soziokultur wird kulturelle Vielfalt gelebt, sie sind Anbieter von und Rahmen für vielfältige kulturelle Angebote. Soziokultur hat eine Querschnittsfunktion zu erfüllen: Mit einer engen Bindung an Gemeinwesen und Bürgerinteressen stehen Arbeitsfelder wie kulturelle Bildung, Jugend- und Sozialarbeit, Migration, Integration, Inklusion, Demokratieentwicklung, Stadt- und Stadtteilgestaltung und aktuelle gesellschaftspolitische Themen im Fokus. Soziokultur bedient sich dabei aller künstlerischen Sparten und Genres und trägt damit zu deren Entwicklung bei. Eine lebendige Soziokultur schafft nicht nur die unverzichtbare Basis für das Entstehen und die Weiterentwicklung eines breiten kulturellen Interesses in der Bevölkerung, sie fördert über die aktive Beteiligung an Kunst und Kultur die gesellschaftliche Teilhabe und das tägliche Miteinander. Seit mehr als zwanzig Jahren betreiben gemeinnützige Vereine bis dahin städtisch geführte Kulturzentren. Die soziokulturellen Zentren leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Kulturleben der Stadt. Sowohl die Rahmenbedingungen für die städtische Förderung als auch Angebot und Nachfrage bei der freien Kultur haben sich in den vergangenen Jahren weiter entwickelt. Dementsprechend konnten wesentliche Fortschritte bei der Sicherung der soziokulturellen Angebotsstruktur erfolgen. Die seit Jahren laufende Anpassung der Förderhöhe wird als Strukturförderung auf der Basis des aktuellen Kriterienkataloges Soziokultur des Landesverbandes Soziokultur für alle institutionell geförderten soziokulturellen Zentren fortgesetzt. Im Zeitraum zwischen 2008 und 2015 wurde die Förderung der Sparte um nahezu eine Mio EUR erhöht. Das Teilkonzept „Soziokultur“ wird fortgeschrieben und ist Bestandteil des vorliegenden Kulturentwicklungsplans. 1.5. Naturwelten ausstellen und erleben Längst hat der Mensch die Natur überformt und eine untrennbare Verkettung von industriellem Stoffwechsel, Klimawandel, Verstädterung, Bodenerosion und Artensterben in Gang gesetzt. Leipzig ist Teil dieser globalen Zusammenhänge und schult in Museen und naturnahen Erlebniswelten einen sensibilisierten Umgang mit der Natur- und Artenvielfalt. Das städtische Naturkundemuseum Leipzig versteht sich als „Erlebnislabor Umwelt“, als Bildungs-, Ausstellungs- und Sammlungszentrum. Damit werden grundlegende Ansatzpunkte zum Erhalt und Schutz der Umwelt und im weiteren zum Verständnis globaler Umweltprobleme geschaffen. Bildungsauftrag ist es, die Entwicklungen und ökologischen Beziehungen in den Natur- und Kulturlandschaften Nordwestsachsens allen Bevölkerungskreisen in der ständigen Ausstellung, thematischen Wechselausstellungen und begleitenden Veranstaltungen nahe zu bringen. Das Naturkundemuseum steht in der Pflicht, die bedeutenden Bestände seiner Sammlungen von naturkundlichen Sachzeugen und Belegen der Ur- und Frühgeschichte zu bewahren, zu mehren, wissenschaftlich zu erschließen und öffentlich zugänglich zu machen 15 (Rolle als „Archiv der Natur“). Die Erfüllung dieser Aufgaben ist in der derzeitigen Situation des Museums nur sehr eingeschränkt möglich. Mit Stadtratsbeschluss vom Januar 2016 wurde die Neukonzeption und die Standortfrage des Naturkundemuseums festgelegt. Zukünftig angesiedelt auf dem Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei entsteht in Nachbarschaft mit einer vitalen und international ausstrahlenden Kunstszene eine einmalige Chance zur Neuinterpretation und Vernetzung des Museums. Die Zoo Leipzig GmbH, die als Tochtergesellschaft der Stadt Leipzig dem Dezernat Kultur zugeordnet ist, setzt seit dem Jahr 2000 das strategische Unternehmenskonzept „Zoo der Zukunft“ um, das die Errichtung eines Naturerlebnisparks mit sechs Themenwelten zum Ziel hat. Das Vorhaben vereint globales Engagement für den Arten- sowie Umweltschutz und artgemäße Tierhaltung mit außergewöhnlichen Tierbegegnungen für die Besucher in einer einmaligen Symbiose. Die Tierwelt wird wie auf einer Safari in ihrer natürlichen Umgebung erlebbar. Der Zoo betrachtet die ihm anvertrauten Lebewesen als Botschafter ihrer oft bedrohten Artgenossen im natürlichen Lebensraum und leistet damit als größte außerschulische Bildungseinrichtung einen wichtigen Beitrag bei der Sensibilisierung für Themen rund um den Umweltschutz und die Biodiversität. Zudem bereichert er die Lebensqualität in der Stadt Leipzig. In der ersten Entwicklungsphase wurden international wegweisende Anlagen wie Pongoland, die Kiwara-Savanne und der Elefantentempel Ganesha Mandir eröffnet. In der zweiten Phase wurde v. a. die Tropenerlebniswelt Gondwanaland errichtet, in der die Evolution und der tropische Regenwald mit seiner einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt sowie seine Bedrohung durch Raubbau erlebbar sind. Eine multimediale Bootsfahrt, ein Baumwipfelpfad und naturnahe Gehege machen den Aufenthalt unvergesslich und haben die Besucherzahlen auf mehr als zwei Millionen (2011/2012) steigen lassen. Inzwischen planen wir dauerhaft mit etwa 1,8 Mio Besucher jährlich. Nach Fertigstellung und Evaluierung des Projektes Gondwanaland hat der Zoo Leipzig seinen Masterplan bis zum Jahr 2020 fortgeschrieben und damit in die UN-Dekade der Biodiversität 20112020 eingeordnet. In der dritten und letzten Entwicklungsphase werden die ausstehenden historischen Zoobereiche überarbeitet. Mit der Neugestaltung des Ein- und Ausgangsbereiches, im Zuge derer auch die Sanierung der historischen Kongresshalle am Zoo abgeschlossen wurde, der Eröffnung der Kiwara-Kopje und dem Umbau der historischen Bärenburg in einen Abenteuerspielplatz sind erste Projekte realisiert. Zudem werden die Themenbereiche Asien und Südamerika Wirklichkeit. Die Wasserwelt Feuerlands, eine Inselwelt sowie ein neuer Lebensraum für die vom Aussterben bedrohten Schneeleoparden in einer Himalaya-Anlage gehören zu den zentralen bevorstehenden Projekten. Der Zoo Leipzig will sich in dem komplexer werdenden Angebotsgefüge der pulsierenden Stadt Leipzig weiter als Marke mit nationaler Ausstrahlung profilieren sowie als Imageträger und touristischer Faktor die Entwicklung Leipzigs mit vorantreiben. Mit der konsequenten Umsetzung des Masterplanes „Zoo der Zukunft“ will der Zoo Leipzig weiter als Modellprojekt eines Zoos im 21. Jahrhundert Maßstäbe setzen und seine Bedeutung in und für die Region ausbauen. 16 1.6. Lebendige Erinnerungskulturen Das kulturelle Gedächtnis der Stadt Leipzig ist von positiven Erinnerungsmomenten aber auch schmerzhaften Einschnitten geprägt. Der bewusste Umgang mit der Geschichte und ein verantwortungsvolles Weiterdenken der Erfahrungen sind wichtige Ziele der Kulturpolitik. So ist es unabdingbar, die reiche jüdische Kultur, die Leipzig zu einer blühenden europäischen Metropole entwickelte, zu weiterer Kontinuität und lebendiger Entfaltung zu verhelfen. Die Brüche und Abfolgen von totalitären Regimes und demokratischen Ordnungen haben sich tief in das Selbstverständnis der Stadt eingeschrieben. Mit dem 9. Oktober 1989 haben die Leipzigerinnen und Leipziger Weltgeschichte geschrieben. Die aktive Erinnerung an den Herbst '89 und die Friedliche Revolution sind ein wesentlicher Bestandteil des Kulturlebens und der Imagebildung der Stadt. Eine Vielzahl an Museen, Gedenkstätten und Initiativen in städtischer und freier Trägerschaft erzählen Leipzigs Geschichte und Geschichten in einem europäischen Zusammenhang. Hinzu kommt das renommierte von der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland getragene Ausstellungshaus, das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig, das die deutsche Geschichte von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart thematisiert. Um eine künstlerische und erinnerungspolitische Auseinandersetzung unmittelbar in der Öffentlichkeit erlebbar zu machen, leisten zahlreiche Projekte zur Kunst im öffentlichen Raum einen entscheidenden Beitrag. Sie sind seit Jahrhunderten ein fester Bestandteil von Stadtkultur, nicht selten stehen bedeutende Werke symbolisch für die ganze Stadt. In Leipzig gelang es im Rahmen der Erinnerungskultur und Aufarbeitung in den letzten 25 Jahren wegweisenden Kunstwerke im öffentlichen Raum, wie das Goerdeler Denkmal von Jenny Holzer und die Gedenkstätte am Ort der Großen Gemeindesynagoge von Anna Dilengite und Sebastian Helm, zu realisieren. Mit der Verwirklichung des Richard-Wagner-Denkmals von Stephan Balkenhol auf dem von Max Klinger geschaffenen Denkmalsockel (das geplante Gesamtwerk blieb unvollendet) und der Aufstellung einer Replik des Mendelssohn-Denkmals wurden ebenfalls „Fehlstellen“ aus der Vergangenheit geschlossen. Nach dem 2014 ohne Ergebnis beendeten Wettbewerb für ein Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal wird an dem Vorhaben der würdigen Erinnerung an die Ereignisse vom Herbst 1989 im öffentlichen Raum der Stadt Leipzig festgehalten. Es soll ein partizipatives Verfahren entwickelt und umgesetzt werden. Auf Anregung von Bürgerinnen und Bürgern hat die Stadt Leipzig ein Haus- und Gedenktafelprogramm entwickelt, das wichtige Persönlichkeiten der Stadtgeschichte sichtbar macht. In den kommenden Jahren werden beispielsweise Gedenktafeln zu Max Reger (2016) oder Günther Ramin (2018) angebracht. Das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig wurde 1909 gegründet. Seitdem ist es das historische Gedächtnis der Stadt. Es ist heute ein Netzwerk acht musealer Einrichtungen mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten und ermöglicht generationsübergreifende Begegnungen mit der Vergangenheit; Geschichte wird lebendig und anschaulich vermittelt. Die Arbeit des Museums prägt nachhaltig die historische Identität der Stadt. Der Standortvorteil und die herausragende touristische Bedeutung von Altem Rathaus, Alter Börse, Neubau im Böttergäßchen, Arabischem 17 Coffe Baum und Schillerhaus sind Ansporn für die inhaltliche Arbeit: Das Museum ist Geschichtslabor und zentraler Ort des Dialogs mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Gästen über ein lebendiges und dynamisches Geschichtsbild. Weltoffenheit ist in Leipzig kein Slogan, sondern Lebensgefühl. Aktuelle Diskussionen, die zunehmende Vielfalt kultureller Einflüsse sowie Konkurrenzformate medialer Geschichtsvermittlung stellen die Arbeit des Stadtgeschichtlichen Museums stets vor neue Herausforderungen. In den zurückliegenden Jahren konnte sich das Stadtgeschichtliche Museum positiv entwickeln. Die Häuser wurden mehrheitlich saniert und zeitgemäß ausgestattet. Die Besucherzahlen sind gestiegen und das öffentliche Interesse ist so groß wie nie zuvor. Kontinuierliche wissenschaftliche Forschung, weiterführende Publikationen und interessante Ausstellungsformate präsentieren Leipziger Stadtgeschichte als Teil der europäischen Kulturgeschichte. Das Museum legt heute seinen Schwerpunkt auf kulturelle Bildungsarbeit. Seine Programmatik ist auf die wichtigsten kulturpolitischen Arbeitsfelder der Stadt ausgerichtet. Mit dem neu eröffneten Kindermuseum „Kinder machen Messe“ entstand eine Mitmachmuseum, das Kindern im Alter von sechs bis zehn Jahren die Möglichkeit bietet, spielerisch und aktiv Geschichte selbst zu erleben und zu begreifen. Mit seiner thematischen Ausrichtung ist es ein einzigartiges Erlebnismuseum, das sich mit einem prägenden Aspekt der Leipziger Geschichte beschäftigt. Das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig will seine deutschlandweite Führungsrolle in der Digitalisierung ausbauen. Durch die Bereitstellung von Objekt- und Kontextinformationen will es Trends setzen und aktuelle Themen in der Museumsarbeit aufgreifen. Seitdem das Völkerschlachtdenkmal im Jahr 2002 in eine Stiftung überführt wurde, betreibt das Stadtgeschichtliche Museum im Auftrag der Stiftung das Denkmal sowie das Museum „Forum 1813“. Die neu ausgerichtete Programmatik des Denkmals als Ort der Begegnung und Versöhnung trägt dazu bei, Leipzig als Stadt der europäischen Freiheits- und Friedensgeschichte glaubwürdig zu vermitteln. Das Sportmuseum Leipzig – organisatorisch eine Abteilung des Stadtgeschichtlichen Museums – ist seit Jahren eine „offene Baustelle“. Es ist bisher nicht gelungen, diese sporthistorische Einrichtung von nationaler Bedeutung angemessen zu entwickeln. Die Sammlungen können unter den derzeitigen Bedingungen lediglich bewahrt und erschlossen, mangels geeigneter Ausstellungsräume jedoch nicht präsentiert werden. Hier ist dringender Handlungsbedarf angezeigt. In den kommenden Jahren sieht sich das Museum vor einer Vielzahl neuer Herausforderungen. Für die Zukunft gilt es daher, die bisherigen positiven Trends fortzuschreiben. Gleichzeitig werden zusätzliche Aufgaben an das Museum herangetragen. Weiterführende Ausführungen zur Strategie der städtischen Museen sind im Teilkonzept „Museumskonzeption 2020“ der städtischen Museen ausformuliert, das sich im Kontext der Kulturentwicklungsplanung bis 2020 verortet. Besonderen Themen der jüngeren Stadtgeschichte – von der Zeit der NS-Herrschaft über Bezirksstadt unter SED-Herrschaft bis zur Friedliche Revolution und der Überwindung des SED18 Regimes – widmen sich vier von der Stadt Leipzig geförderte Einrichtungen in freier Trägerschaft. Die Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig wird seit 2015 institutionell gefördert und informiert am authentischen Ort, auf dem Gelände des früheren Rüstungsbetriebes HASAG, mit einer Dauerausstellung über Hintergründe und Zustände der Zwangsarbeit während des NS-Regimes, vor allem in der Region Leipzig. Außerdem ist sie Anlaufstelle für ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, erforscht noch unbeleuchtete Aspekte des Themas, arbeitet mit Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern in Bildungsprojekten zusammen. Eine Überarbeitung der Dauerausstellung ist in den nächsten Jahren geplant. Die Ephraim Carlebach Stiftung Leipzig widmet sich der Erforschung und Darstellung der Vergangenheit und Gegenwart der Leipziger Juden. Sie informiert mit Publikationen, Ausstellungen, Stadtführungen, Zeitzeugengesprächen und Konzerten über die Rolle jüdischer Bürgerinnen und Bürger bei der stadt- und lokalgeschichtlichen Entwicklung in Leipzig. Das Bürgerkomitee Leipzig e. V. etablierte 1990 am Dittrichring im ehemaligen Amtssitz der Stasi-Bezirksverwaltung das Museum in der „Runden Ecke“. Der Verein präsentiert am authentischen Ort die Ausstellung „Stasi - Macht und Banalität", klärt über Geschichte, Struktur und Arbeitsweise des Ministeriums für Staatssicherheit auf und beteiligt sich am gesellschaftlichen Diskurs über Diktaturen sowie Bürger- und Menschenrechte. Eine zeitgemäße konzeptionelle und museumspädagogische Weiterentwicklung der Dauerausstellung soll in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Der Verein präsentiert außerdem seit 2009 die Sonderausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ im ehemaligen Stasi-Kinosaal sowie die Stelenausstellung „Orte der Friedlichen Revolution“ im Leipziger Stadtraum. Sie führt zu 20 Originalschauplätzen des demokratischen Aufbruchs 1989/90, an denen bedeutende Aktionen stattfanden, die zum Sturz der SED-Diktatur beitrugen. Die Besonderheit, Vielschichtigkeit und Einmaligkeit des Gesamtereignisses Friedliche Revolution in Leipzig wird anhand von Fotos sowie deutschen und englischen Texten vermittelt. Mit einer im Jahr 2015 entwickelten Applikation können die Inhalte der Ausstellung über einen mehrsprachigen Audioguide in Ton und Text eigenständig und multimedial erschlossen werden. Das Archiv Bürgerbewegung sammelt und präsentiert die hinterlassenen Selbstzeugnisse der DDR-Opposition, der Bürgerbewegung und der in den Jahren 1989/90 entstandenen Initiativen und Parteien, um diese zu sichern, dauerhaft aufzubewahren, zu erschließen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Sammlung wird durch ein umfassendes Foto-, Presse-, Ton- und Videoarchiv ergänzt. Im 25. Jubiläumsjahr der Friedlichen Revolution wurde das Archiv wegen seines Engagements für die Erinnerung an die Friedliche Revolution mit dem „Deutschen Nationalpreis 2014 für die Leipziger Montagsdemonstrationen“ gewürdigt. Neben der ständigen Ausstellung „Bürger auf dem Weg“ ist ein Schwerpunkt der Vereinsarbeit das Erstellen von Wanderausstellungen und die Koordination des Erinnerungsprojektes Stolpersteine. Seit 2005 beteiligt sich die Stadt Leipzig mit bisher 287 Stolpersteinen an 127 Orten an dem europaweiten Erinnerungsprojekt für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Durch steigendes Interesse und die Vielfalt der laufenden und geplanten Aktionen ist die Verlegung und Dokumentation der Stolpersteine zweimal im Jahr inzwischen ein 19 fester Bestandteil der städtischen Erinnerungskultur. Es regt zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit an, erinnert an Einzelschicksale und fördert soziale Kompetenzen. 1.7. Festivals und Jubiläen International anerkannte Festivals prägen im Jahresverlauf das Gesicht der Stadt und die Vielfalt des Leipziger Kulturlebens. Die Festivals bringen zahlreiche internationale Gäste sowie Künstlerinnen und Künstler in die Stadt. Sie tragen entscheidend zum Image der weltoffenen Kulturmetropole bei. In städtischer Trägerschaft befinden sich: Das Bachfest Leipzig stellt alljährlich im Frühsommer die ungebrochene Bach-Tradition und die Vitalität Leipzigs als Musikstadt unter Beweis. Die vom Gewandhaus zu Leipzig in Kooperation mit der Mendelssohn-Stiftung und weiteren Partnern veranstalteten Mendelssohn-Festtage verstehen sich als das herbstliche Pendant zum Bachfest (siehe dazu das Kapitel 3: „Verpflichtende Tradition und neue Klangkulturen: Musikstadt Leipzig“). DOK Leipzig – das Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm ist das größte deutsche und eines der führenden internationalen Festivals für den künstlerischen Dokumentar- und Animationsfilm wie auch für interaktives Storytelling. Das DOK Leipzig ist international bekannt für sein hohes künstlerisches Niveau und sein besonderes Interesse für die osteuropäische Filmkultur. Das DOK Leipzig ist auch das älteste Dokumentarfilmfestival der Welt. Das Festival findet jedes Jahr Ende Oktober/Anfang November statt und bringt eine eindrucksvolle Zahl an internationalen Filmemachern, Produzenten, Fernsehentscheidern und anderen Fachbesuchern nach Leipzig. Jährlich schauen ca. 44.000 Zuschauer in nahezu ausverkauften Vorstellungen rund 350 Filme aus 60 Ländern. Zusätzlich wird ein umfangreiches Programm für ca. 1.800 internationale Fachbesucher zum Networken, zum Austausch über aktuelle Fragen des Dokumentar- und Animationsfilms, für Projektpräsentationen oder zum Finden von Koproduzenten oder Kofinanzierungen organisiert. Die seit 2009 jährlich veranstaltete Museumsnacht Leipzig – Halle ist ein ausgezeichnetes Ereignis, um die vielfältige Museums- und Sammlungslandschaft öffentlich zu präsentieren, neue Formate zu erproben sowie die Arbeit der Museen in eine breite Öffentlichkeit zu tragen. In den vergangenen Jahren hat sich die Museumsnacht zu einem kulturellen Großereignis mit mehr als 21.000 Besuchern, die durchschnittlich 3,5 Museen anschauen (d.h. etwa 76.000 Besuchen), und mehr als 80 teilnehmenden Museen und Sammlungen entwickelt. Die erfolgreiche Kooperation mit der Stadt Halle wird fortgesetzt. Gemeinsam mit dem Ariowitsch-Haus e.V. und der Ephraim Carlebach Stiftung veranstaltet die Stadt Leipzig seit 1995 alle zwei Jahre „Schalom“, die Jüdische Woche. Sie bietet vielfältige Begegnungen mit der Kultur des Judentums, die in Leipzig über Jahrhunderte tief verwurzelt war und bis zum Nationalsozialismus Wesentliches zur Entwicklung der Stadt beigetragen hat. Diese Woche zeigt die Vielfalt jüdischer Kunst und Kultur in Vergangenheit und Gegenwart. Das 2009 eröffnete Kultur- und Begegnungszentrum Ariowitsch-Haus ist Mittelpunkt zahlreicher Veranstaltungen und zeigt, dass die jüdische Gemeinde zu Leipzig auch gegenwärtig eine der aktivsten Gemeinden in Deutschland ist. 20 Mit mehr als 60 Veranstaltungspartnern und 10.000 Besuchern sollen die Vielfalt und der Festivalcharakter der Jüdischen Woche in den nächsten Jahre beibehalten werden. Zentrales Thema für die Jüdische Woche 2017 wird das 170-jährige Jubiläum der Israelitischen Religionsgemeinde in Leipzig sein. Neue Veranstaltungsformen zum interreligiösen Dialog sind geplant. Die zahlreichen in freier Trägerschaft veranstalteten und mit städtischen Mitteln geförderten Festivals sind für die kulturelle Vielfalt in Leipzig unverzichtbar. Die euro-scene Leipzig bringt experimentelles Theater und innovativen Tanz aus ganz Europa nach Leipzig. Es ist eines der wichtigsten Festivals für zeitgenössisches Theater und modernen Tanz in den neuen Bundesländern, das sich europaweit einen Namen gemacht hat. Das Theaterfestival Off-Europa rückt wenig bekannte Theaterkulturen aus Nord-, Ost- sowie Südosteuropa in den Blick und verwandelt Peripherien zu einem pulsierenden Zentrum der Theaterwelt. Die Leipziger Jazztage sind eines der traditionsreichsten und größten Jazzfestivals in Deutschland und wirken als besonderer Besuchermagnet (Siehe auch das Kapitel: „Verpflichtende Tradition und neue Klangkulturen: Musikstadt Leipzig“). Weitere Veranstaltungen wie a-cappella Internationales Festival für Vokalmusik, die Lachmesse, Deutschlands größtes internationales Kabarett- und Kleinkunstfestival, das Wave-Gotik-Treffen und viele andere mehr bereichern den Kulturkalender der Stadt mit besonderen Höhepunkten. Jahrestage und Jubiläen spielen eine besondere Rolle in der Planung der städtischen Kulturereignisse und im Kulturmarketing. In den vergangenen Jahren beging Leipzig auf Grund vieler namhafter Persönlichkeiten und der Wiederkehr herausragender geschichtlicher und kultureller Ereignisse einen Reigen von Jubiläen, darunter der 200. Geburtstag von Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahr 2009, 800 Jahre Thomanerchor im Jahr 2012, der 200. Geburtstag von Richard Wagner im Jahr 2013, das Gedenken an die Völkerschlacht vor 200 Jahren im Jahr 2013, 25 Jahre Friedliche Revolution im Jahr 2014 oder die 1000-jährige Ersterwähnung der Stadt im Jahr 2015. Die Großereignisse wirken sich hervorragend auf den internationalen Kulturtourismus und die Identifikation mit Leipzigs lebendiger Erinnerungskultur aus. Mit vergleichbaren großen Ereignissen gilt es auch zukünftig, den Ruf Leipzigs als Kulturstadt national wie international zu festigen und auszubauen. Für diese Vorhaben gelang es, feste Stellen im Dezernat Kultur zu verankern. Folgende herausragende Jubiläen in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Stadtgeschichte stehen bis 2020 in Leipzig bevor. Für all diese Jahrestage werden gegenwärtig vielfältige und anspruchsvolle Programme geplant: 2016: 300. Todestag Gottfried Wilhelm Leibniz, am 14.11.1716 stirbt der Universalgelehrte in Hannover (*1.7.1646 in Leipzig) 100. Todestag Max Reger, am 11.5.1916 stirbt der Komponist, Pianist und Dirigent in Leipzig (*19.3.1873 in Brand/Oberpfalz) 2017: 500 Jahre Thesenanschlag und Reformation, 31.10.1517 Thesenanschlag Martin Luthers an der Schlosskirche zu Wittenberg 21 2018: 275 Jahre Großes Concert am Gewandhaus Leipzig 525 Jahre Leipziger Buchmesse, 1493 findet die erste Buchmesse in Leipzig statt 2019: 500 Jahre Leipziger Disputation (1519) 30 Jahre Friedliche Revolution (9.10.1989) 2020: 100. Todestag Max Klinger, am 4.7.1920 stirbt der Bildhauer und Maler (*18.2.1857 in Leipzig) 22 2. Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt Kunst und Kultur zu rezipieren und aktiv zu gestalten, leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Lebensqualität. Für das kulturelle Flair, die Lebendigkeit und Vielfalt Leipzigs sorgen wesentlich die Kulturinstitutionen aller Sparten sowie die lebendige, sich immer wieder neu erfindende freie Kunst und Kultur in allen Nuancen. Sie tragen entscheidend dazu bei, dass die Menschen die Stadt dauerhaft als Wohnort wählen, hier Familien gründen oder ihren Alterswohnsitz planen. Kunst und Kultur laden zur aktiven Wahrnehmung und Mitgestaltung der Stadtkultur ein, bieten viele Möglichkeiten der persönlichen Weiterentwicklung und unterstützen und befördern damit die soziale Stabilität. Sie sind wichtige Anziehungs-, Bildungs- und Bindungsfaktoren. Rückblickend wird deutlich: Aus der Vision des Kulturentwicklungsplans 2008-2015 „Kunst und Kultur in einer jungen Stadt“ ist Wirklichkeit geworden. Die Stadt Leipzig wächst und verjüngt sich, die Kulturlandschaft hat darauf reagiert. Bei städtischen Kultureinrichtungen und freien Trägern sind Stellen für den Bereich der Vermittlung und Pädagogik entstanden, Räume für die kreative Betätigung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene wurden eingerichtet, Formate für unterschiedlichste Zielgruppen wurden neu erdacht und der freie Eintritt für Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 19. Lebensjahr in städtischen Museen eingeführt. Anzahl und Vielfalt der kulturellen Beteiligungsmöglichkeiten sind in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Die im Kulturamt eingerichtete Stelle für kulturelle Bildung u. a. als fachlicher Knotenpunkt und Vernetzungsort hat sich bewährt. Der dort angesiedelte Jour fixe kulturelle Bildung bietet den Pädagoginnen und Pädagogen der städtischen Einrichtungen und Vertreterinnen und Vertretern der freien Kultur die Möglichkeit, sich regelmäßig fachlich auszutauschen, thematische Schwerpunkte zu setzen und Qualitätsdiskurse zu führen. Viele neue Partnerschaften – etwa zwischen freier Kultur und etablierten Kultureinrichtungen oder gemeinsam mit Schulen – konnten so erfolgreich aufgebaut und umgesetzt werden. Leipzig wächst. Vor allem jüngere Menschen im mittleren Erwachsenenalter zieht es aus beruflichen und familiären Gründen nach Leipzig. Zugleich steigt die Geburtenzahl in den letzten Jahren stetig. Insgesamt wird der Leipziger Stadtgesellschaft eine Verjüngung prognostiziert. Aber auch ein Anwachsen der älteren Generationen wird vorausgesagt. Der Anteil an Migrantinnen und Migranten ist inzwischen auf über 12 Prozent gestiegen und wird sich weiter vergrößern. Für die Zukunft wird der Stadt Leipzig weiterhin ein Bevölkerungswachstum prognostiziert.7 Mit dem Wachstum der Stadt, der zunehmenden Mobilität von Menschen sowie dem Ankommen von Migrantinnen und Migranten wird sich die Leipziger Stadtgesellschaft verändern; sie wird vielfältiger und heterogener werden. Sie setzt sich zusammen aus unterschiedlichen Generationen und sozialen Gruppen, aus Menschen mit vielfältigen ethnischen Hintergründen und verschiedenen religiösen Orientierungen. Das Leipzig der Zukunft wird vielstimmig und bunter. Eine Herausforderung an die kulturelle Bildung in Leipzig wird es daher sein, Konzepte für eine differenzierte und zugleich inklusive, generationsübergreifende und interkulturelle Teilhabe zu entwickeln. 7 Vgl. Stadt Leipzig, Der Oberbürgermeister, Amt für Statistik und Wahlen, Bevölkerungsvorausschätzung 2016. Methoden- und Ergebnisbericht. Leipzig 2016. 23 Die bisherige Schwerpunktsetzung der kulturellen Bildung primär auf Kinder und Jugendliche bedarf vor der Hintergrund der Verjüngung der Stadt einer Verstetigung – aber auch einer Erweiterung. Die Veränderung der Leipziger Stadtgesellschaft lässt die Kultureinrichtungen und die freie Kunst und Kultur nicht unverändert. Deren Programmatik und Vermittlungsprogramme beziehen verstärkt alle Gesellschaftsschichten ein und fördern den Dialog – sowohl generationsübergreifend als auch interkulturell – und ermöglichen so den vielfältigen Milieus, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Etablierte Kultureinrichtungen und Träger der freien Kunst und Kultur haben das Potential, gesellschaftlicher Ausgrenzung entgegen zu wirken. Diese entscheidende Integrationsleistung gilt es anzuerkennen und zu stärken. Ein wichtiger Schritt ist die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention. Viele Kultureinrichtungen und freie Träger haben sich auf den Weg gemacht, die baulichen, technischen und inhaltlichen Voraussetzungen zu schaffen, um Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zu ihren Angeboten zu ermöglichen. Dieser Weg soll konsequent weiter beschritten und im Teilhabeplan der Stadt Leipzig mit konkreten Zielen und Maßnahmen untersetzt werden. Es soll ein ganzheitliches Inklusionskonzept entstehen, das auch andere Ausgrenzungsmechanismen – z. B. gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund oder sozial Schwächeren – in den Blick nimmt und dem Anspruch gerecht wird, eine umfassende Teilhabe zu ermöglichen.8 Um Menschen mit Migrationshintergrund in die Stadtgesellschaft einzubinden, hat die Stadt Leipzig ein „Gesamtkonzept zur Integration der Migrantinnen und Migranten in Leipzig“ entwickelt, in dem auch vielfältige Maßnahmen der Kultureinrichtungen enthalten sind. Es gilt weiterhin, eine Willkommenskultur zu gestalten, die die kulturelle Mehrstimmigkeit und Internationalität der Stadt zum Ausdruck bringt, Sprachbarrieren abbaut sowie Aushandlungs- und Verständigungsprozesse begleitet.9 Mit der Arbeit des Kulturamtes im Kulturforum des europäischen Städtenetzwerkes EUROCITIES und der Leitung dessen Arbeitsgruppe „Kulturelle Teilhabe ermöglichen und sichern“ können Erfahrungen europäischer Städte aktiv genutzt und interkulturelle Kompetenzen ausgebaut werden. Gleichzeitig wird Leipzig als Gestalter in diesem Themenfeld international wahrgenommen. Den Diskurs einer gesellschaftlichen Veränderung offen zu führen und Kunst und Kultur dabei einen entscheidenden Anteil bei Verständigungsprozessen beizumessen, wird eine Aufgabe der kommenden Jahre sein. Angebote zur kulturellen Teilhabe und Vermittlung sind dabei nicht einfach „Beigabe“, sondern eine zentrale Säule im kulturellen Feld. Anlässlich des 3. Leipziger Kulturforums wurde formuliert: „Kultur wird nicht vermittelt, Kultur ist Vermittlung. Dies befähigt dazu, eine nie abgeschlossene Diskussion darüber führen zu können, was eine Gesellschaft im Ganzen für wichtig hält. Das bedeutet auch, sich immer wieder damit auseinanderzusetzen, warum andere Menschen sich für andere Dinge interessieren und somit die Gewissheit des eigenen Denkens in Frage gestellt wird.“10 Die nachfolgenden Einrichtungen illustrieren modellhaft Aspekte einer umfassenden „kulturellen 8 9 Siehe Definition Inklusion, Handbuch „Barrierefrei“ des Landesverbands Soziokultur Sachsen e. V. Vgl. Stadt Leipzig. Referat für Migration und Integration, Gesamtkonzept zur Integration der Migratinnen und Migranten in Leipzig. Leipzig 2013. 10 Dr. Daniel Tyradellis, Philosoph und Ausstellungskurator, während des 3. Leipziger Kulturforums im Jahr 2014. 24 Teilhabe“ in der wachsenden Stadt Leipzig. Selbstredend entwickeln alle Kulturakteure Leipzigs vielfältige kulturelle Vermittlungsprogramme. Diese werden auch im Kapitel 1 „Markenzeichen: Kulturelle Vielfalt“ und im Kapitel 3 „Verpflichtende Tradition und neue Klangkulturen: Musikstadt Leipzig“ behandelt. 2.1. Musik für alle: Musikschule „Johann Sebastian Bach“ Die Musikschule „Johann Sebastian Bach“ ist eine kulturelle Bildungseinrichtung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Sie ist als Eigenbetrieb der Stadt Leipzig organisiert und ist Teil der kommunalen Bildungslandschaft. Sie versteht sich als Kompetenzzentrum für die Förderung von musikalischen und tänzerischen Fähigkeiten ihrer Schülerinnen und Schülern. Mit dem Anspruch der Inklusion ist es erklärtes Ziel der Musikschule, für alle Musikinteressierte das passende Ausbildungsangebot bereitzuhalten und an der positiven Wirkung musikalischer und tänzerischer Betätigung teilhaben zu lassen. Die Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle Generationen an der Musikschule beinhalten sowohl die Angebote der musischen Elementarfächer, bei denen bereits Kinder im Babyalter zusammen mit ihren Eltern an musikalische Ausbildung herangeführt werden, als auch Unterrichtsangebote, die für alle Interessierte ohne Altersbegrenzung offenstehen. Die inklusive Ausrichtung der Musikschularbeit zeigt sich in der binnendifferenzierten Angebotsvielfalt vom Einzel- bis zum Klassenunterricht in verschiedenen Fachrichtungen, die ein ausgewogenes Verhältnis von Breitenausbildung und Spitzenförderung garantiert. Dabei ist die Musikschule nicht nur auf das Vermitteln instrumentaler, vokaler und tänzerischer Fertigkeiten beschränkt, sondern entfaltet ihre ganz besondere Stärke mit den vielfältigen Möglichkeiten ergänzender Angebote, wie dem Austesten von Instrumenten beim „Instrumentenkarussell“ oder den zahlreichen Ensemblefächern, wie dem Jugendsinfonieorchester. Die pädagogische Leitidee ist die individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler sowie deren Hinführung zum aktiven, eigenständigen und vor allem gemeinschaftlichen Musizieren in einem der zahlreichen Musikschulensembles. Durch diese vielfältigen Mitspielmöglichkeiten für Schüler in allen Ausbildungsstufen wird Musikschule für sie zum Ort der Begegnung, des Austauschs, der gegenseitigen Bestärkung und der Persönlichkeitsentwicklung. Die Erfüllung der Aufgabe einer möglichst flächendeckenden Versorgung aller Kinder und Jugendlichen mit musikalischer Bildung im ganzen Stadtgebiet wird durch die Musikschule durch vielfältige Kooperationen mit kommunalen Bildungspartnern angestrebt und gewährleistet. Zu ihnen gehören der Unterricht der musischen Elementarfächer in zahlreichen Kindertagesstätten sowie die Angebote des Klassenmusizierens und das Projekt „SINGT EUCH EIN!“ in allgemein bildenden Schulen. Ebenso große Bedeutung haben im Spektrum der Musikschulaufgaben die Begabtenfindung und -förderung, die Berufsorientierung sowie die Studienvorbereitung der Schülerinnen und Schüler. Die Nachfrage nach Angeboten der Musikschule „Johann Sebastian Bach“ ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Wurden im Jahr 2008 noch ca. 5.000 Schüler an der Musikschule unterrichtet, so waren es im Jahr 2015 bereits ca. 7.500. Die Warteliste an interessierten Schülerinnen und Schülern liegt heute bei etwa 900 Personen (2008: etwa 600 Personen). Der 25 Abbau der Warteliste gehört zu einem wichtigen kulturpolitischen Ziel der Stadt Leipzig. Für das Gelingen dieser musikalischen Bildung durch die Musikschule tragen ihre künstlerisch und pädagogisch höchst kompetenten Lehrkräfte Verantwortung, die sich in ihrem Qualitätsanspruch regelmäßig praxisnah und zukunftsorientiert fortbilden. Im Schuljahr 2015/16 konnten drei zusätzliche Stellen für festangestellte Pädagogen eingerichtet werden, wodurch ein Abschmelzen der Warteliste zu erwarten ist. Als Bestandteil eines sich weiter entwickelnden kulturellen Netzwerkes in Leipzig bereichert die Musikschule das Konzertleben der Stadt mit zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen, die auch in Partnerschaften mit dem Gewandhaus, der Oper, dem Schauspiel, dem MDR, dem Theater der Jungen Welt, der Hochschule für Musik und Theater sowie der Universität Leipzig durchgeführt werden. 2.2. Inklusion in alle Richtungen: Das Theater der Jungen Welt Das Theater der Jungen Welt (TdJW), organisiert als Eigenbetrieb der Stadt Leipzig, ist eines der wenigen eigenständigen Theater für Kinder und Jugendliche in Deutschland. Es ist das älteste seiner Art und begeht 2016 sein siebzigstes Jubiläum. Als Stadttheater für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Familien richtet sich das TdJW an alle Generationen und hat somit das Selbstverständnis eines Theaters der Zukunft. Qualitätsvolles Kinder- und Jugendtheater bietet die Chance, nicht nur generationsübergreifend zu wirken, sondern alle sozialen Schichten zu erreichen sowie inklusive Angebote zu realisieren. Kinder und Jugendliche machen im TdJW ihre ersten ästhetisch kulturellen Erfahrungen, können hier ihre medialen und sozialen Kompetenzen schulen und zudem Orientierungshilfe sowie einen Identifikationsort finden. Die Beschäftigung mit aktuellen, gesellschaftlich relevanten Themen bildet einen inhaltlichen Schwerpunkt des TdJW. Die Spielzeit 2015/16 stand unter dem Motto „Lust auf Anders“ und brachte zwölf Neuinszenierungen auf die Bühne. Partizipative Angebote sowie Aktivitäten zur kulturellen Teilhabe bestimmen das Theaterprogramm zentral: In der Inszenierung „Brennpunkt: X“ (2015/16) begegneten sich Leipziger Migrantinnen und Migranten, Bürgerinnen und Bürger sowie Spieler des TdJW-Ensembles. Die Begegnung mit dem Anderen wird über den städtischen Kontext hinaus auch immer wieder international gesucht: Theaterkooperationen und Bildungsprojekte führen das TdJW u.a. nach Israel und Polen. Das Theater der Jungen Welt hat sich in den vergangenen Jahren erfolgreich zu einem hoch produktiven, qualitativ anspruchsvollen Theater entwickelt. Mit rund 700 Vorstellungen pro Spielzeit in den Sparten Schauspiel und Puppenspiel ist es der meistspielende Kulturbetrieb Leipzigs. Eine Steigerung der Zuschauerzahlen um etwa 20 Prozent in den Jahren 2008 bis 2014 untermauert die positive Entwicklung. Ausgehend von einer Auslastung von 89 Prozent in 2014 orientiert sich die Zielvorstellung für die kommenden Jahre an etwa 50.000 Besuchern pro Jahr. Auch die theaterpädagogischen Angebote wurden kontinuierlich quantitativ und qualitativ ausgebaut. Seit der Spielzeit 2015/16 firmiert die Theaterpädagogik unter dem Namen „Junge Wildnis“. 26 Fernab gängiger Klischees von Schönheit und Talent, Klugheit und Normalität interessiert sie sich für das andere und die Andersdenkenden. Die Theaterpädagogik sucht nach Inklusionen in alle Richtungen. Darüber hinaus machen die Schul- und Partizipationsprojekte, die Studentenclubs, der Theaterkinder- und der Theaterjugendclub das TdJW zu einem offenen Haus weit über den Repertoirebetrieb hinaus. Die Vorstellungsangebote werden durch eine intensive und umfassende theaterpädagogische Arbeit ergänzt. Ziele der kommenden Jahre sind die weitere Etablierung des Theaters der Jungen Welt als ein kulturelles Zentrum der Stadt. Durch dem Umzug des freien Theaters LOFFT auf das Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei erhält das TdJW neue Flächen, die zukünftig inhaltlich zu besetzen sind. Die ausgesprochen hohe Qualität bei der altersgemäßen Vermittlung eines ästhetisch anspruchsvollen Theaterangebots für Kinder und Jugendliche soll weiter gefestigt werden. Überdies wird das TdJW die außerschulischen Lernorte sowie die interkulturelle und internationale Profilierung des Hauses durch Kooperationen im europäischen und außereuropäischen Ausland weiterentwickeln. 2.3. Lebenslanges Lernen und Integration: Die Volkshochschule Leipzig Die Volkshochschule (VHS) Leipzig, organisiert als ein Amt des Dezernats Kultur, spricht unter dem Leitmotiv „Bildung – Erlebnis – Kommunikation“ mit ihren Kursen und Veranstaltungen alle Bevölkerungsgruppen an. Sie ermöglicht mit ihren öffentlich gestützten Entgelten auch einkommensschwachen Bürgerinnen und Bürgern Zugang zur Weiterbildung in den Bereichen Politik, Gesellschaft und Zeitgeschehen, Pädagogik, Psychologie und Philosophie, Kulturelle Bildung, Gesundheit, Sprachen mit Deutsch als Fremdsprache, Berufliche Bildung sowie Computer, Internet, Neue Medien. Die Künste sind Kern der kulturellen Bildung an der Volkshochschule. Hier wird ein Angebot organisiert und gemanagt, das den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Bildung und Selbstbildung im Medium und durch das Medium von Kunst und Kultur ermöglicht. Eine steigende Nachfrage verzeichnet die VHS bei speziellen Kursen der „Jungen VHS“ ebenso wie bei Angeboten für Seniorinnen und Senioren. Dies zeigt, dass die Gesamtheit der unterschiedlichen kulturellkünstlerischen Angebote und das Erleben in der Gemeinschaft für alle Altersgruppen interessant sind. Der kulturellen Bildung gelang es so, stetig zu wachsen und sich als drittstärkster Bereich an der VHS zu platzieren. Die Zahl der Kurse hat sich in den vergangenen Jahren mehr als verdreifacht: Es werden jährlich 450 Angebote mit 5.000 förderfähigen Unterrichtseinheiten von ca. 3.300 Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern wahrgenommen. Der Kursleiterpool hat sich verjüngt. Gleichzeitig wirkt die Volkshochschule als „Arbeitgeber“ für freiberuflich tätige Leipziger Künstlerinnen und Künstler. In jedem Semester führen ca. 90 Dozentinnen und Dozenten ihre Kurse durch. Der Anteil von Kursleiterinnen und Kursleitern sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit Migrationshintergrund ist gestiegen. Migration, Integration, Inklusion und generationsübergreifendes Lehren und Lernen werden an der Leipziger Volkshochschule gelebt und sind zunehmend Herausforderung und Chance. Die Volkshochschule ist zertifiziert, Kurse zur sprachlichen und kulturellen Integration von Asylbewerbern anzubieten. Leipzig steht vor der historischen Kraftanstrengung und Chance, tausende Flüchtlinge schnellstmöglich in ihr neues Lebensumfeld und Arbeitsleben zu integrieren. 27 Die Volkshochschule hat deshalb u. a. folgende umfassenden Kursangebote für Asylsuchende entwickelt: Beratungsleistungen, Sprachkurse in unterschiedlichen Stufen, Kurse zur Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt, Qualifizierungsangebote für freiwillige Helferinnen und Helfer, Kurse zur Politischen Bildung. Mit diesem Angebot ist die Volkshochschule ein entscheidender Integrationsmotor der Leipziger Stadtgesellschaft. 28 3. Verpflichtende Tradition und neue Klangkulturen: Musikstadt Leipzig Leipzigs Entwicklung zur Handels-, Kultur- und Bildungsmetropole verbindet sich wie in nur wenigen europäischen Städten eng mit dem Musikleben. Nachhaltig prägten über Jahrhunderte hinweg eng verzahnte Musikinstitutionen sowie international bedeutende Komponisten Leipzigs Weg zu einer europäischen Bürgerstadt. Musik besitzt in Leipzig eine starke Authentizität und ein hohes Entwicklungspotenzial. In der weit gefächerten Kulturlandschaft Leipzigs nimmt die Musikstadt mit ihrer Geschichte und ihrer internationalen Ausstrahlung eine herausragende Stellung ein. In den vergangenen Jahrhunderten lebten und arbeiteten in Leipzig über 500 Komponisten: Johann Sebastian Bach wirkte 27 Jahre als Thomaskantor und Director musices in der Stadt. Felix Mendelssohn Bartholdy war Gewandhauskapellmeister und Studiendirektor des Konservatoriums. Robert Schumann gründete die „Neue Zeitschrift für Musik“ als Sprachrohr für die Moderne und beschäftigte international vernetzte Auslandskorrespondenten. Die Genannten, zudem Hanns Eisler, Edvard Grieg, Gustav Mahler, Max Reger, Clara Schumann, Georg Philipp Telemann, Richard Wagner und viele mehr nehmen im Kanon der europäischen Musik einen unverzichtbaren Platz ein. Bedeutende Komponistenhäuser erinnern heute an authentischen Orten an die Präsenz dieser Größen in Leipzig. Im 18. Jahrhundert wurde in Leipzig der Notendruck revolutioniert und der Musikalienhandel in eine Richtung gelenkt, die allmählich zur Herausbildung von eigenständigen Musikverlagen führte. Im Jahr 1719 wurde Breitkopf & Härtel durch Bernhard Christoph Breitkopf in Leipzig gegründet und ist damit der älteste Musikverlag der Welt. Seit 1800 verlegte C. F. Peters Werke der bedeutendsten Komponisten der Musikgeschichte in Leipzig. Auch etablierte sich die Stadt besonders auf dem Sektor des Klavier- und Blasinstrumentenbaues zur traditionsreichen Musikinstrumentenbauer-Hochburg und ab Ende des 19. Jahrhunderts als weltweites Zentrum für die Herstellung selbst spielender Musikinstrumente. In Leipzig sind renommierte Ensembles und Chöre, wie das Gewandhausorchester Leipzig und der traditionsreiche Thomanerchor mit seiner über 800jährigen Geschichte, beheimatet. Die Oper Leipzig zählt zu den ältesten bürgerlichen Musiktheaterbühnen Europas. In Leipzig ist auch der Sitz der Klangkörper des Mitteldeutschen Rundfunks. An der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“studieren musikalische Talente aus aller Welt. Die kommunal getragene Musikschule „Johann Sebastian Bach“ sichert eine erste professionelle musikalische Ausbildung (Kapitel 2: Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt). Jährlich richtet die Stadt das internationale Bachfest Leipzig sowie die Mendelssohn-Festtage aus. In freier Trägerschaft finden die Schumann-Festwoche, die Richard-Wagner-Festtage und die Leipziger Chopin-Tage statt. Zahlreiche freie Ensembles, Chöre und musikbegeisterte Bürgerinnen und Bürger leben die Musikstadt Leipzig. Das Experimentelle der Musikstadt Leipzig entfaltet sich zugleich vielfältig in den Sound- und Klangkulturen der freien Musikkultur, die von Jazz über Pop bis hin zur elektronischen Clubmusik reicht. Der städtisch unterstützte Jazzclub Leipzig e.V. veranstaltet seit fast 40 Jahren eines der renommiertesten Jazzfestivals in Deutschland und Europa. Seit 2012 organisiert der Jazzclub Leipzig e.V. in Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig die Preisverleihung und das Preisträgerkonzert des Leipziger Jazznachwuchspreises der Marion Ermer Stiftung. Die städtisch geförderten 29 soziokulturellen Zentren, wie ANKER, naTo, Conne Island oder Werk 2, bieten ein breites popkulturelles Musikprogramm. Das Forum für Zeitgenössische Musik e.V. verpflichtet sich der Neuen Musik. Daneben etablieren sich kommerziell betriebene Bühnen, von denen einzelne für ihr hervorragendes Live-Musikprogramm auf Bundesebene ausgezeichnet wurden. Auch die elektronische Clubkultur, wie in der Distillery, ist international renommiert. Leipzig besitzt nicht nur eine unverwechselbare Musiktradition, sondern auch das Potential einer wegweisenden Musikstadt mit Modellcharakter. Dafür müssen internationale Vernetzungen weiter intensiviert sowie Neukompositionen, Erst- und Uraufführungen im Repertoire verankert werden. Etablierte Einrichtungen und freie Träger sind gefordert, mit zukunftsweisenden Formaten die Musikgeschichte Leipzigs immer wieder neu zu interpretieren, zu vergegenwärtigen und zukunftsfähig zu machen, um so profilbildend im zeitgenössischen Musikdiskurs zu wirken. Die „Musikstadt Leipzig“ wird nachfolgend entlang vielfältiger Einrichtungen, Formate und Initiativen beschrieben. 3.1. Renommierte Musikspielstätten mit der Weltspitze Gewandhausorchester Leipzig Gewandhausorchester und Gewandhaus sind eine untrennbare organisatorische und künstlerische Einheit, die als Eigenbetrieb der Stadt Leipzig zugeordnet sind. Die drei Spielstätten des Gewandhausorchesters – Gewandhaus, Oper und Thomaskirche – sind im internationalen Vergleich einmalig. Kein anderes Orchester weltweit spielt Konzert, Oper und Kirchenmusik in dieser Vielfalt und Häufigkeit. Das Gewandhausorchester ist ein internationales Spitzenorchester und gehört heute weltweit unter die Top 10-Orchester. Mit seinen internationalen Tourneen ist das Gewandhausorchester ein herausragender musikalische Botschafter der Musikstadt Leipzig. Das Leitbild des Gewandhausorchesters und Gewandhauses richtet sich am Motto „Res severa verum gaudium“ (Wahre Freude ist eine ernste Sache) aus. Mission, Leitbild und Vision liegen im Konzept „Gewandhaus 2020“ vor und werden, untermauert von wichtigen strategischen Zielen und darauf fußenden Maßnahmen, schrittweise umgesetzt. Das Gewandhausorchester steht als erfolgreiche Weltmarke für künstlerische Exzellenz und profiliert sich mit einem breitgefächerten und anspruchsvollen Konzertangebot international. Das Gewandhaus ist ein nachgefragter sowie moderner Veranstaltungsort, der den internationalen Ruf der Musikstadt Leipzig nachhaltig prägt. Seit der Saison 2005/2006 ist Riccardo Chailly als 20. Gewandhauskapellmeister tätig. Seine künstlerische Arbeit mit dem Gewandhausorchester ist außergewöhnlich erfolgreich, nicht nur in Leipzig, sondern auch im internationalen Tourneegeschäft. Besondere Komponistenzyklen (Schumann, Beethoven, Brahms, Mahler, Strauss-Mozart u.a.) und exklusive Residencies in London, Paris und Wien belegen dies ebenso wie regelmäßige Einladungen zu den wichtigsten Musikfestivals in London (PROMS), Luzern und Salzburg. Zahlreiche Konzerte und Zyklen wurden bislang für CD, DVD, TV oder als Live Streams produziert. Das Gewandhausorchester hat mit diesen medialen Produktionen sehr viele internationale Musikpreise gewonnen. Für die kommenden Jahre stehen weitere Produktionen mit DECCA und ACCENTUS auf dem Plan. Zahlreiche Medienpartner, mit denen das Gewandhaus intensiv kooperiert, wie der MDR oder ARTE, unterstützen diese Projekte. 30 Durch das höchst erfolgreiche Mahler-Festival 2011 sowie die herausragenden und maßstabsetzenden Mahler-Interpretationen von Riccardo Chailly ist Leipzig zu einem Zentrum der Pflege der Sinfonien von Gustav Mahler geworden. 2021 soll ein weiteres internationales MahlerFestival folgen. Im Juni 2016 wird Riccardo Chailly mit der 3. Sinfonie von Gustav Mahler sein Abschiedskonzert beim Gewandhausorchester dirigieren. In der Saison 2017/2018 wird Andris Nelsons die Position des Gewandhauskapellmeisters übernehmen. Von der bewussten Entscheidung für einen Generationswechsel am Dirigentenpult erhofft sich die Stadt Leipzig für das Gewandhausorchester viele positive Impulse. Neben der Fortführung der erfolgreichen Tourneestrategie und der Produktion hochwertiger Aufnahmen wird Andris Nelsons die musikalische Tradition des Gewandhausorchesters weiterentwickeln und eigene innovative Schwerpunkte in der Spielplanung setzen. Das anspruchsvolle Veranstaltungsangebot des Gewandhauses spiegelt sich in zahlreichen attraktiven Angeboten, die sich in den letzten Jahren erfolgreich etabliert haben: Neben steigenden Abonnementzahlen lassen sich auch immer mehr Besucher bei Veranstaltungen der Musikvermittlung sowie bei Chor- und Orgelkonzerten verzeichnen. Die Auslastung der Großen Concerte liegt seit vielen Jahren auf einem außergewöhnlich hohen Niveau. Das kontinuierliche Wachstum der Stadt Leipzig bietet dem Gewandhaus die Chance, neue Publikumssegmente für seine Angebote zu begeistern. Ein kreatives Miteinander der Leipziger Kultureinrichtungen kann dabei die Basis für die eigene Profilschärfung und erfolgreiche Kooperationen bilden. Das Gewandhaus wird in den kommenden Saisons neue Konzertreihen (Vokal), neue Festivals (Orgel) und erweiterte Musikvermittlungsprojekte initiieren. Die Mendelssohn-Festtage werden intensiver mit dem Bachfest Leipzig kooperieren. Ein mittelfristiges Ziel ist, ein gemeinsames international hochkarätiges Festival in Leipzig zu etablieren. Das Gewandhaus wird seine innerstädtischen Kooperationen ausbauen. Mit dem Relaunch des Erscheinungsbildes und der Markenarchitektur des Gewandhausorchesters soll die Markenwahrnehmung verstärkt werden. Die zeitgemäße Gestaltung und das Nebeneinander von analogen und digitalen Werbemitteln sollen für eine ausgewogenere Ansprache der Zielgruppen (auch jüngerer Publikumsschichten) sorgen. Von der erhöhten Aufmerksamkeit der Marke verspricht sich das Gewandhaus positive Effekte für den Ticketverkauf. Tradition – Qualität – Vielfalt, so lautet das programmatische Bekenntnis, das sich die Oper Leipzig mit ihren Sparten Oper, Leipziger Ballett und Musikalische Komödie auf die Fahnen geschrieben hat. Seit 2011 hat Ulf Schirmer die Intendanz der Häuser, die als Eigenbetrieb der Stadt Leipzig organisiert sind, inne. Die Oper Leipzig beruft sich auf eine über 300jährige Tradition als drittältestes bürgerliches Opernhaus Europas, auf die Qualität, die nicht zuletzt einem Spitzenorchester wie dem Gewandhausorchester und einem der besten Opernchöre Deutschlands geschuldet ist, die dieses Haus wieder unter die ersten Opernhäuser im deutschsprachigen Raum gebracht haben, sowie die Vielfalt, auf die eine moderne, stark wachsende Stadt im Sinne der Diversifizierung der Gesellschaft reagieren muss. Die Oper Leipzig ist damit ein wichtiger Standortfaktor für den Wirtschaftsstandort Leipzig. 31 Die Oper Leipzig versteht sich als ein Theater für alle Menschen, die in dieser Stadt leben. In diesem Zusammenhang ist vor allen Dingen der verstärkte Fokus auf die heranwachsenden Generationen zu nennen. Die Teilhabe an Kultur und Bildung darf dabei keine Frage der sozialen oder kulturellen Herkunft sein. Die Oper Leipzig übernimmt damit einen wesentlichen Beitrag des städtischen Bildungsauftrags. Der Oper Leipzig ist es gelungen, insbesondere in den Jahren seit 2012, die Publikums- und Vorstellungszahlen zu erhöhen, das Image des Hauses in der Leipziger Öffentlichkeit zu verbessern sowie sich zu einem positiven Aushängeschild der Stadt zu entwickeln. Die Oper Leipzig wirkt durch zahlreiche Kooperationen mit städtischen Institutionen, mit den Nachbarhäusern wie dem Gewandhaus und dem Schauspiel, den Verbänden und nicht zuletzt der freien Szene in die Breite der städtischen Bevölkerung hinein. Die Oper Leipzig ist ein Haus mit internationaler Ausstrahlungskraft. Durch internationale Kooperationen mit anderen Theatern ist die Oper Leipzig ein global agierendes Opernhaus. Das betrifft die unterschiedlichen Sparten mit ihren Gastspielen und Kooperationen ebenso wie die internationalen Austauschprogramme des Kinder- und Jugendchores. Das Ziel der Oper ist der Ausbau des Opernrepertoires auf insgesamt 40 Titel. Angestrebt sind ca. 90 Opernvorstellungen pro Spielzeit auf der großen Bühne. Dabei stehen zunächst die Repertoireklassiker im Vordergrund, die von einem regelmäßigen Theaterbesucher auf dem Spielplan erwartet werden. Der Spielplan entsteht in einem ständigen Dialogprozess mit den Menschen dieser Stadt. Ein zentraler Bestandteil des Spielplans sind die Opern des Leipziger Komponisten Richard Wagners. Darüber hinaus wird der Spielplan sukzessive erweitert um Klassiker des 20. Jahrhunderts sowie Erst- und Uraufführungen. Das Leipziger Ballett mit seinem Ballettdirektor und Chefchoreografen Mario Schröder, der die Leitung seit 2011 inne hat, genießt eine breite Anerkennung in der Leipziger Bevölkerung, insbesondere beim jungen Publikum. Das Ensemble mit der jüngsten Altersstruktur schafft es, gemäß seinem Motto „Jung – urban – eigenwillig“ neue Publikumsschichten zu erreichen. Als ehemaliger Tänzer und Weggefährte von Uwe Scholz pflegt Mario Schröder das Erbe einer Choreografenlegende, die eng mit dem Namen dieser Stadt verbunden ist. Mit seinen eigenen Arbeiten prägt er die zeitgenössische Tanzszene und positioniert damit Leipzig in der internationalen Tanzwelt. Im Gegenzug gastieren beim Leipziger Ballett renommierte Choreografen aus aller Welt. Darüber hinaus findet das klassische Handlungsballett wieder Einzug ins Opernhaus. Auf der großen Bühne sind ca. 40 Vorstellungen des Leipziger Balletts angestrebt. Die Musikalische Komödie ist neben der Staatsoperette Dresden das letzte eigenständige Operetten- und Musicaltheater im deutschsprachigen Raum. Es ist fest im Stadtteil Lindenau verankert und ist mit seinen Genres – Operette, Komische Oper, Musical und Kinderoper – ein Theater für alle Generationen. Das Orchester der Musikalischen Komödie hat sich darüber hinaus verstärkt der Musikvermittlung verschrieben. Insgesamt kommt die Musikalische Komödie auf ca. 130 Vorstellungen pro Spielzeit. In den vergangenen Jahren ist es gelungen, für die Musikalische Komödie einen Sanierungsprozess einzuleiten. Die schrittweise Renovierung der Spielstätte trägt dem breiten Zuspruch dieses familiären Hauses Rechnung. Durch die Renovierung des Zuschauerraums und die Öffnung des ersten Ranges soll die Musikalische Komödie nicht nur eine Attraktivitäts32 steigerung, sondern auch eine höhere Platzkapazität erhalten. Gemäß der Besucherentwicklung an diesem Haus wird eine Akzentverschiebung in Richtung Musical erfolgen. Auf diesem Gebiet soll das Haus nach einigen Ur- und Erstaufführungen zu einer führenden Adresse im deutschsprachigen Raum werden. Mit der Einrichtung der Education-Abteilung hat Ulf Schirmer die Kulturelle Bildung zur Chefsache erklärt; sie ist eine zentrale Säule des Hauses. Durch die Verknüpfung von Dramaturgie und Education hat diese Abteilung einen größeren Einfluss auf die Spielplangestaltung, so dass in allen Sparten regelmäßig Produktionen für ein junges Publikum herausgebracht werden. Die Oper Leipzig erreicht über 600 Schulen in und um Leipzig und steht im engen Dialog mit den Pädagogen. Die Oper Leipzig ist ein Theater für die ganze Familie und bietet altersgerechte Vorstellungen, Projekte und Workshops für Menschen vom Säuglingsalter bis zum Senior an. Eine zentrale Säule der Bildungsarbeit ist der Kinder- und Jugendchor mit seinen über 200 Mitgliedern, die an der Oper Leipzig eine differenzierte Ausbildung erfahren. Perspektivisch strebt die Oper Leipzig die Wiedereröffnung des Kellertheaters als Spielstätte für das Kinder- und Jugendtheater, aber auch die freie Szene an. 3.2. Traditionsreiche Bach-Pflege mit Thomanerchor und Bach-Archiv Der Thomanerchor Leipzig blickt auf eine 800jährige Tradition zurück, er ist einer der ältesten Knabenchöre weltweit. Seit 1539 befindet sich der Thomanerchor in städtischer Trägerschaft. Das vielbeachtete und nachhaltig wirksame Jubiläumsjahr 2012 fasste unter dem Motto „GLAUBEN – SINGEN – LERNEN“ die Trias von Thomanerchor, Thomasschule und Thomaskirche zusammen. Der Thomanerchor ist eine der erfolgreichsten Musikeinrichtungen der Stadt Leipzig. In weit mehr als 100 Veranstaltungen ziehen die Thomaner jährlich viele Besucher in Leipzig, vor allem in der Thomaskirche und auf Konzertreisen in aller Welt magnetisch an. Sie künden von einer reichen Leipziger Chor- und Bildungstradition, in deren Mittelpunkt die musikalische Ausgestaltung der Gottesdienste in der Thomaskirche sowie die Pflege des Bachschen Werkes stehen. Johann Sebastian Bachs 27jähriges Leipziger Thomaskantorat gibt dem Thomanerchor und der Thomaskirche – an authentischer Wirkungsstätte – im Verbund mit dem Bach-Archiv Leipzig ein Alleinstellungsmerkmal auf dem komplexer werdenden internationalen Musikmarkt, das es nunmehr mit einem neu zu wählenden Thomaskantor strategisch auszubauen und weiter zu popularisieren gilt. Heute steht der Thomanerchor weltweit an der Spitze vielfältiger Spezialensembles unterschiedlicher Musikepochen und kann sich weiterhin erfolgreich gegen die Konkurrenz behaupten. Dies gilt es im Interesse Leipzigs und der Region mit immer aktualisierten Konzepten im Verbund mit den Partnern (Thomaskirche, Thomasschule, Anna-Magdalena-Bach-Grundschule, Bach-Archiv, Gewandhaus, Musikhochschule und der forum thomanum-Schulen GmbH et al.) zu sichern. Wenngleich sich die Kernaufgaben des Chors in der langen Geschichte kaum verändert haben, so unterlagen die institutionellen, sozialen und schulpolitischen Rahmenbedingungen immer wieder neuen Herausforderungen. So ist es heute nicht mehr selbstverständlich, dass musische Bildung im Vor- und Grundschulbereich im Mittelpunkt stehen. Daher wird es immer komplizierter, ausreichend gut gebildeten Nachwuchs für den Thomanerchor zu gewinnen. Die meisten 33 Chorknaben verlieren ihre Knabenstimme eher als früher üblich, durch die Akzeleration oft schon im Alter von 12 Jahren, sodass die Ausbildung noch stärker in die Zeit vor der Aufnahme in den Thomanerchor (in der Regel mit der 4. Klasse) verlagert werden muss. Mit dem Konzept „forum thomanum“ im Bildungsbereich wurde eine offensive Antwort auf diese Herausforderungen gefunden. Das forum thomanum soll die Lebens-, Freizeit- und Probenbedingungen der Thomaner deutlich verbessern, den musikalischen Nachwuchs für den Chor sichern sowie musikalische Begegnungen und kulturellen Austausch für junge Menschen aus aller Welt ermöglichen. Dieses international ausgerichtete Bildungszentrum mit unterschiedlichen Trägerschaften entsteht gegenwärtig. Der damit entstehende Campus gruppiert sich um Thomanerchor, Thomasschule und Lutherkirche. Er umfasst Kindergarten, städtische (die Grundschule Anna-Magdalena-Bach) und freie Grundschule, Gymnasium und ein internationales Begegnungszentrum. Ziel ist die Förderung von musischer Erziehung, Kunst und Kultur, mit dem Werk und Erbe Bachs im Zentrum. In originär städtischer Verantwortung wurden durch den im Jahr 2013 abgeschlossenen umfangreichen und kostenintensiven Um- und Ausbau des Alumnats, die Anmietung der „villa thomana“ sowie durch die Aufstockung des pädagogischen Personals die Wohn-, Proben-, Versorgungs- und Freizeitbedingungen der Alumnen (Mitglieder des Thomanerchores) erheblich verbessert. Das Bach-Archiv Leipzig, als Stiftung von Bund, Stadt und Land getragen, versteht sich als musikalisches Kompetenzzentrum am Hauptwirkungsort Johann Sebastian Bachs. Sein Zweck ist, Leben, Werk und Wirkungsgeschichte des Komponisten und der weit verzweigten Musikerfamilie Bach zu erforschen, sein Erbe zu bewahren und als Bildungsgut zu vermitteln. Im Bewusstsein der Bedeutung Bachs erfüllt es im historischen Bosehaus am Thomaskirchhof einen umfassenden und vielfältigen Auftrag für eine breite internationale Öffentlichkeit. Zugleich leistet es damit einen Beitrag zur Profilierung der Musikstadt Leipzig, deren kulturelle Identität der Name Bach maßgeblich prägt. Die wissenschaftliche Arbeit des Bach-Archivs bietet die Grundlage für die Gestaltung des Bach-Museums und prägt auch das jährliche Bachfest und den zweijährlichen Bach-Wettbewerb. Das Bach-Archiv ist Mitglied der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen und gehört zu Deutschlands „Kulturellen Leuchttürmen“. Es zählt laut einer vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erstellten Studie zu den „wichtigsten gesamtstaatlich bedeutsamen Kultureinrichtungen“ in den neuen Bundesländern. Nach Umbau und Sanierung des Bosehauses durch die Stadt Leipzig in den Jahren 2008 bis 2010 hat das Bach-Archiv international an Reputation gewonnen. Die Sammlung konnte durch bedeutende Leihgaben und Schenkungen wie die Sammlung E. Kulukundis (insbes. C. P. E. Bach / Bach-Söhne), wertvolle Leihgaben der Städtischen Bibliotheken Leipzig aus der Musikbibliothek Peters oder die Schenkung des originalen Bach-Portraits von E. G. Haußmann durch Dr. h. c. William H. Scheide prominent erweitert werden. Auf rund 450 m² Fläche präsentiert das klingende und interaktive Bach-Museum Leben und Wirken Johann Sebastian Bachs und seiner Familie. Die im Jahr 2010 neu gestaltete und erweiterte Dauerausstellung und die regelmäßigen Sonderausstellungen ziehen Besucher aus aller Welt an. Das Bach-Museum bietet ein vielseitiges Angebot an Führungen, Tagen der offenen Tür, 34 museumspädagogischen Programmen und Workshops für Besuchergruppen aller Altersstufen und Bildungsgrade. Die kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche, langfristige BildungsKooperationen mit Schulen und Horten sowie die Barrierefreiheit bilden dabei einen besonderen Schwerpunkt. Das Bachfest Leipzig wird jährlich im Auftrag der Stadt Leipzig organisiert. Es gilt als kultureller Höhepunkt im Kulturkalender und ist weltweit einzigartig durch die Verbindung der originalen Spielstätten mit Aufführungen des Thomanerchors und der Präsentation von Archivalien und Bachiana im Bach-Museum. Es bündelt die musikalisch herausragenden Kräfte der Region und stellt sie in einen Kontext mit international anerkannten Interpreten. Weit über 75.000 Besucher zählt das jährliche Festival im Juni. Beim zweijährlichen Internationalen Bach-Wettbewerb Leipzig werden Nachwuchsmusiker neu entdeckt, die die Interpretation der Werke Bachs in Zukunft erhalten und weiter entwickeln werden. 3.3. Komponistenhäuser von Felix Mendelssohn Bartholdy bis Robert Schumann Eine besondere Rolle spielen für die Musikstadt Leipzig die sich in freier Trägerschaft befindenden oder als Stiftung organisierten Komponistenhäuser: Das Mendelssohn-Haus, das SchumannHaus und die Edvard Grieg-Begegnungsstätte. Weitere Komponisten Leipzigs werden in Ausstellungen thematisiert, wie Richard Wagner in einer Dauerausstellung in der Alten Nikolaischule. Das Mendelssohn-Haus ist das einzige erhaltene Wohngebäude von Felix Mendelssohn Bartholdy. Es beherbergt heute ein bedeutendes Museum, das das Erbe Mendelssohns umfassend und differenziert vermittelt. Nach der Neugestaltung des Museums gelingt dies seit 2014 mit modernsten Ausstellungsdesigns und zeitgemäßen interaktiven Kommunikationsformen. Das Museum beschreibt den Einfluss Felix Mendelssohns auf die europäische Musikgeschichte. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Gewandhausorchester zum erstklassigen Klangkörper, er gilt als Wiederentdecker Bachs und gründete 1843 das „Conservatorium der Musik“, das erste Musikkonservatorium Deutschlands. Ein breites Vermittlungsprogramm – von mehrsprachigen Führungen bis hin zur Internationalen Mendelssohn-Akademie – ist Teil des Museumskonzepts. Das Mendelssohn-Haus ist heute auch Sitz der Felix Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung, zu deren umfangreichen Aktivitäten auch die Vergabe des Mendelssohn-Preises der Stadt Leipzig gehört. Im Auftrag der Stadt Leipzig organisiert das Gewandhaus in Kooperation mit der Felix Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung die jährlichen Mendelssohn-Festtage. Das 1838 im klassizistischen Stil erbaute Schumann-Haus Leipzig war von 1840-1844 erster gemeinsamer Wohnort von Robert und Clara Schumann. In dieser Zeit entwickelte es sich zu einem der bedeutendsten kulturellen Zentren Leipzigs und war Begegnungsstätte vieler bekannter Künstler und Verleger ganz Europas. Robert Schumann pflegte von hier aus ein europaweites Korrespondentennetzwerk für seine „Neue Zeitschrift für Musik“. Heute zeugen die renommierten Kammerkonzerte im historischen Musiksalon, die jährlich stattfindende Schumann-Festwoche, besonders aber die ebenfalls im Schumann-Haus 35 beherbergte Freie Grundschule „Clara Schumann“ mit musischem Profil und integrierter Musikschule für eine lebendige Musik- und Wertevermittlung weit über Leipzigs Grenzen hinaus. Die ab 2015 begonnen Umbauarbeiten, die durch das Engagement der Europäische Stiftung der Rahn Dittrich Group ermöglicht werden, sollen das Schumann-Museum erweitern. Leipzig entwickelte sich im 19. Jahrhundert, nicht zuletzt durch das rege Verlagswesen, zu einer europäischen Musikmetropole. Zu den bedeutendsten Musikverlagen gehörte C. F. Peters. Das in seinem ursprünglichen Zustand erhalten gebliebene Wohn- und Geschäftshaus des Verlags C. F. Peters beherbergt heute die Grieg-Begegnungsstätte. Seit Beginn seines Studiums am Leipziger Konservatorium war Edvard Grieg eng mit der Stadt verbunden. Er war häufig Gast im Verlagshaus C. F. Peters. Hier komponierte er u.a. seine Peer Gynt Suite Nr. 1. Im Verlag C. F. Peters publizierten u.a. Felix Mendelssohn Bartholdy, Johannes Brahms, Franz Liszt, Richard Wagner und Carl Maria von Weber; hier wurde die erste Gesamtausgabe der Klavierwerke Johann Sebastian Bachs verlegt. 2013 gelang der Stadt Leipzig mit weiteren Partnern der Ankauf der herausragenden 1893 gegründeten Musikbibliothek Peters, die wertvolle Handschriften und Erstausgaben umfasst. Sie hat heute ihr Domizil in den Leipziger Städtischen Bibliotheken. Der Verlag Edition Peters, seit 2014 wieder mit Hauptsitz in Leipzig, macht bis heute klassische Musik weltweit zugänglich. Auf die einzigartige Dichte authentischer Wohn- und Wirkungsstätten international renommierter Komponisten verweist die 2012 eröffnete und maßgeblich städtisch finanzierte Leipziger Notenspur, initiiert von der Leipziger Notenspur-Initiative. Die wichtigsten und traditionsreichsten Originalschauplätze werden durch das öffentlich zugängliche Musik- und Wegleitsystem im städtischen Raum verbunden und touristisch erschlossen. Leipzigs Musikgeschichte wird so auf rund 5 Kilometern hörbar. Eine Erweiterung der Notenrouten ist zukünftig in Planung. Um Touristen aus ganz Europa auf die Musikstadt Leipzig aufmerksam zu machen, hat sich der Verbund „Leipzigs Musikerbe-Stätten“ im Jahr 2015 unter städtischer Federführung um das Europäische Kulturerbe-Siegel beworben. Votiert die Kultusministerkonferenz 2016 den Antrag positiv, kann in einer zweiten Stufe die Bewerbung auf europäischer Ebene folgen. 36 4. Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen bis 2020 4.1. Markenzeichen: Kulturelle Vielfalt 1. Kulturelle Vielfalt ist ein unverwechselbares Markenzeichen Leipzigs. Die Stadt bekennt sich zur Pluralität der kulturellen Ausdrucksformen und erklärt deren Wertschätzung und Förderung auch zukünftig zu einem der wichtigsten kulturpolitischen Ziele. 2. Experimentierfreudige und innovative Formate, die durch Kooperationen zwischen etablierten Kultureinrichtungen und der freien Kunst und Kultur entstehen, profilieren weiterhin Leipzigs Ausstrahlung als lebendige Kulturmetropole und werden befördert. 3. Kulturelle Vielfalt als Markenzeichen zu verstehen, bedeutet zugleich ein Bekenntnis zur Internationalität und Interkulturalität der Stadt, die in den kommenden Jahren weiter zunehmen werden. Die vielfältigen Kulturen sollen zukünftig verstärkt sichtbar werden. 4. Kulturelle Vielfalt wird im Kontext einer stadträumlichen Gesamtentwicklung verstanden. Kulturpolitische Entscheidungen nehmen vor dem Hintergrund des Wachstums der Stadt die stadträumliche Ansiedlung und ausgewogene Verteilung kultureller Angebote in den Blick. 5. Die kulturelle Vielfalt der Stadt wird in weiterführenden und vertiefenden Teilkonzepten ausformuliert: Das Teilkonzept „Soziokultur“ und die „Museumskonzeption 2020“ werden (separat) fortgeschrieben. 4.2. Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt 1. An Kunst und Kultur teilzuhaben und die eigene Kultur leben zu dürfen, ist ein zentrales Recht, zu dem sich die städtische Kulturpolitik ausdrücklich bekennt. 2. Konzepte zur kulturellen Teilhabe und kulturellen Bildung sollen weiterhin eine zentrale Säule der Kulturinstitutionen und freien Träger bilden; Fragen der Vermittlung sollen bei der Programm- und Konzeptentwicklung von Anfang an mitgedacht werden. 3. Die Vision, kulturelle Bildung vor allem für junge Menschen in Leipzig zugänglich zu machen, wurde erfolgreich eingelöst und muss verstetigt werden. Zukünftig kommt es darauf an, kulturelle Teilhabe verstärkt generationsübergreifend, inklusiv und interkulturell zu verstehen. 4. Um vor dem Hintergrund des Wachstums der Stadt eine breite kulturelle Teilhabe zu ermöglichen, werden zukünftig steigende Ressourcen notwendig sein. 5. Das Teilkonzept „Kulturelle Bildung“, das die Überlegungen des vorliegenden Kulturentwicklungsplans weiter vertieft, wird fortgeschrieben. 4.3. Verpflichtende Tradition und neue Klangkulturen: Musikstadt Leipzig 1. Die Musikstadt Leipzig besitzt eine herausragende Stellung für die internationale Ausstrahlung der Stadt. Sie soll weiterhin profiliert werden. Es gilt, das Authentische zu bewahren, ohne es museal zu konservieren. 2. Leipzig besitzt das Potential einer wegweisenden Musikstadt mit Modellcharakter. Dafür müssen internationale Vernetzungen weiter intensiviert sowie Neukompositionen, Erst- und Uraufführungen im Repertoire verankert werden. Etablierte Einrichtungen und freie Träger sind gefordert, mit zukunftsweisenden Formaten die Musikgeschichte Leipzigs immer 37 wieder neu zu interpretieren und zukunftsfähig zu machen 3. Ein mittelfristiges Ziel vieler Akteure der Leipziger Musiklandschaft ist, ein gemeinsames international hochkarätiges Musikfestival in Leipzig zu etablieren. Dazu finden weiterhin Abstimmungen statt. 4. Die wichtigsten und traditionsreichsten Musikinstitutionen werden seit 2012 durch das öffentlich zugängliche Musik- und Wegleitsystem der „Leipziger Notenspur“ vernetzt und touristisch erschlossen. Die Umsetzung weiterer Teilprojekte der Notenrouten ist vorgesehen. 5. Um die Musikstadt Leipzig in Europa zu vernetzen und touristisch zu bewerben, haben sich „Leipzigs Musikerbe-Stätten“ um das Europäische Kulturerbe-Siegel beworben. Votiert die Kultusministerkonferenz 2016 den Antrag positiv, kann die zweite Stufe einer Bewerbung auf europäischer Ebene folgen. Leipzig, Mai 2016 38 KULTURENTWICKLUNGSPLANUNG Fortschreibung Entwicklungskonzept kulturelle Bildung 2016-2020 Inhalt 1. Vorwort Begriffsbestimmung und Zielgruppen der kulturellen Bildung 2. 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. Entwicklungen 2012-2015 Vielfalt der Träger und Angebote Sozialräumliche Verteilung Zusammenarbeit mit formalen Bildungsinstitutionen Ressortübergreifende Zusammenarbeit Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit Öffentliche Wahrnehmung und Finanzierung der kulturellen Bildung 3. 3.1. 3.2. 3.3. 3.5. 3.6. Fortschreibung der Ziele und Handlungsableitungen Angebote qualifizieren und Informationswege erschließen Partizipation ermöglichen und Ergebnisse wertschätzen Ausgewogene sozialräumliche Verteilung von kulturellen Angeboten unterstützen Kooperationsbeziehungen zwischen formalen und non-formalen Bildungsinstitutionen stärken Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit fördern Öffentliche Wahrnehmung und Wertschätzung der kulturellen Bildung steigern 4. 5. Arbeitsstrukturen Leitlinien 3.4. ANHANG 1: Jour fixe kulturelle Bildung, Fachtage und Fortbildungsveranstaltungen im Bereich kulturelle Bildung unter Federführung oder in Kooperation mit dem Kulturamt. 1 Vorwort Mit dem Beschluss des Stadtrates zum Kulturentwicklungsplan 2008-2015 wurde die kulturelle Bildung als ein wichtiger Schwerpunkt künftigen politischen Handelns in Leipzig benannt. Die Kulturverwaltung wurde vom Stadtrat beauftragt, ein eigenständiges Konzept zur Entwicklung der kulturellen Bildung zu erarbeiten. Dieses wurde nach Besetzung der Stelle kulturelle Bildung in der Kulturförderung des Kulturamtes mit den Pädagoginnen und Pädagogen der kommunal geförderten Kultureinrichtungen erarbeitet und für die Jahre 2012-2015 vorgelegt. Das folgende Papier versteht sich als Fortschreibung dieses Entwicklungskonzeptes. Das Themenfeld kulturelle Bildung hat sich in den vergangenen Jahren sowohl auf der Bundes- als auch auf Landes- und kommunaler Ebene stark weiterentwickelt. Dank neuer Förderprogramme konnten vielfältige Konzepte ausprobiert und Angebote aufgebaut werden. Dabei lag der Fokus insbesondere auf der Gewinnung bisher unterrepräsentierter Gruppen im Kinder- und Jugendbereich. Mit den meisten Programmen wurde versucht, elternunabhängige Zugänge zu kulturellen Angeboten zu schaffen und damit die Teilhabemöglichkeiten für alle Kinder und Jugendlichen zu verbessern. Je nach Förderstelle wurde auf unterschiedliche Herangehensweisen gesetzt. Das Bundesprogramm „Kultur macht stark“ 1 baut zum Beispiel auf Bündnisse von mindestens drei lokalen Partnern, die so eine größere Zielgruppe erreichen können. Das länderübergreifende Programm „KulturAgenten“ 2 der Kulturstiftung des Bundes und der Mercator Stiftung forciert die Zusammenarbeit von Schulen und Kultureinrichtungen. Durch die Förderrichtlinie des Sächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst werden in den sächsischen Kulturräumen Netzwerkstellen unterstützt, die Akteure qualifizieren, miteinander in Kontakt bringen und Kooperationen ausbauen.3 Parallel zur zunehmenden Anzahl von Projekten stieg auch die Anzahl der Gremien, die sich der Erforschung des Themenfelds kulturelle Bildung widmen, einen Qualitätsdiskurs führen und versuchen, das Thema zu schärfen und langfristige Zielsetzungen zu formulieren. 4 1 BMBF: Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung. Es werden von 2014 -2017 insgesamt 230 Mio. Euro für kulturelle Projekte zur Verfügung gestellt. Eine Verlängerung des Programms wurde bereits angekündigt. http://www.buendnisse-fuer-bildung.de/ 2 Das Programm KulturAgenten fand von 2011-2015 in Kooperation mit Stiftungen in fünf Bundesländern statt. Seit 2016 wird das Programm von den jeweiligen Ländern weitergeführt. http://www.kulturagenten-programm.de 3 http://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/202058 4 z. B.: - Gründung des Rates für kulturelle Bildung als unabhängiges Beratungsgremium, das sich umfassend mit der Lage und der Qualität Kultureller Bildung in Deutschland befasst im Jahr 2012. Der Rat veröffentlicht jährliche Denkschriften und Analysen, nimmt Stellung zu einschlägigen Themen und bringt seine fachliche Kompetenz aktiv sowie auf Nachfrage in Beratungen ein. http://www.rat-kulturelle-bildung.de - Bockhorst, Reinwand, Zacharias (Hrsg.), Handbuch kulturelle Bildung, kopaed Verlag 2012 2 Das Kulturdezernat der Stadt Leipzig hat die vielfältigen Entwicklungen der kulturelle Bildung im Jahr 2014 in seinem jährlich ausgerichteten Kulturforum aufgegriffen und im Leipziger Kontext mit Vertreter/-innen verschiedenster Kulturinstitutionen diskutiert.5 Dabei wurde die Rolle der kulturellen Bildung in Hinsicht auf die Herausforderungen der kommenden Jahre thematisiert: die anhaltend hohen Wachstumsprognosen mit den daraus folgenden Verschiebungen in der Altersstruktur der Stadt sowie die steigende Anzahl von Menschen mit Migrationshintergrund und damit einhergehend die Notwendigkeit der Erarbeitung von transkulturellen Konzepten und neuen inklusiven Ansätzen. Bei der Auswertung des bis 2015 gültigen Entwicklungskonzeptes kulturelle Bildung mit den Pädagoginnen und Pädagogen der Kultureinrichtungen wurden weitere Herausforderungen benannt. Darunter vor allem die notwendige Reaktion auf die Weiterentwicklung technischer und virtueller Möglichkeiten sowie der weiterhin große Bedarf mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, die durch soziale oder emotionale Belastungen in ihren Möglichkeiten stark eingeschränkt werden. Die vorliegende Fortschreibung des Entwicklungskonzeptes kulturelle Bildung nimmt diese gesellschaftlichen Veränderungen zum Anlass die Zielsetzungen aus den vergangenen Jahren zu überprüfen und neue Akzente zu setzen. Das Konzept versteht sich als eine dynamische Arbeitsgrundlage für den weiteren Ausbau des Themenfeldes in den kommunalen und kommunal geförderten Einrichtungen bis zum Jahr 2020. 1. Begriffsbestimmung und Zielgruppen der kulturellen Bildung Allgemeine Grundlage bildet nach wie vor die folgende Definition, die gemeinsam mit den unterschiedlichen Trägern der kulturellen Bildung 2012 erarbeitet und abgestimmt wurde: Kulturelle Bildung kann jeden einzelnen Menschen dazu befähigen, Kunst und Kultur von Grund auf kennen und verstehen zu lernen, zu gestalten und aktiv am Leben teilzuhaben. Neben der Rezeption steht dabei vor allem die aktive Beteiligung im Mittelpunkt, die zur Entwicklung von Kreativität und subjektivem Ausdrucksvermögen führt. Kulturelle Bildung entsteht durch das Zusammenspiel von Interaktion, Dialog und Reflexion. Dafür ist eine qualitativ hochwertige Anleitung notwendig, die neben einer künstlerischen auch eine pädagogische Eignung voraussetzt. Gleichzeitig entfalten besonders die Formate eine längerfristige Wirkung, die zum selber Tun befähigen und über den einmaligen Event hinaus gehen. Verschiedenste Studien belegen, dass die Beschäftigung mit Kunst und Kultur nicht nur zur ästhetischen Bildung beiträgt, sondern dass sich kulturelle Bildung auf die Persönlichkeitsbildung des Menschen insgesamt auswirkt. Es geht um Erfahrungen wie Selbstwirksamkeit, die Schulung von Wahrnehmungsfähigkeiten und die 5 http://www.leipzig.de/freizeit-kultur-und-tourismus/kunst-und-kultur/kulturforum/ 3 Beförderung der emotionalen Kompetenz. Der bundesweite Kongress Kinder zum Olymp, der von der Kulturstiftung der Länder und des Bundes alle zwei Jahre gemeinsam ausgerichtet wird, stellte bereits 2004 im sog. Leipziger Manifest klar: „Ästhetische Bildung vermittelt Schlüsselkompetenzen der modernen Informationsgesellschaft: Kreativität, Teamfähigkeit, Flexibilität, Leistungsbereitschaft und Toleranz. Trotzdem darf ästhetische Bildung nicht allein an ihrer Verwertbarkeit gemessen werden, sondern die Erfahrung des Schönen als Bereicherung des Lebens, die Vermittlung von Freude und Begeisterung im Umgang mit den Künsten sollten gleichermaßen als unumgänglich für den Einzelnen und die Gesellschaft erkannt werden.“6 In diesem Sinne ist kulturelle Bildung ein unverzichtbarer Teil allgemeiner Bildung. Sie formuliert den Anspruch, für jeden erlebbar zu sein, unabhängig vom sozialen, wirtschaftlichen oder ethnischen Hintergrund. Sie schafft Zugangsmöglichkeiten zu demokratischen Grundwerten und trägt damit zur konstruktiven Gestaltung des eigenen Lebens und zur Offenheit gegenüber andern Lebensentwürfen bei. Kulturelle Bildung ist damit auch ein lebensbegleitender Prozess, der alle Altersgruppen einschließt. Der in den vergangenen Jahren praktizierte Ansatz, Kinder und Jugendliche in den Fokus der kulturellen Bildung zu rücken, hat sich dennoch bewährt. So ist es gelungen, eine Vielfalt von Angeboten für die Zielgruppe der 3- bis 27-jährigen zu entwickeln und explizit aktivierende und partizipative Formate für diese zu etablieren. Dieser Schwerpunkt soll weiter beibehalten und ausgebaut werden, denn Forschung und Erfahrung aus den Projekten stimmen darin überein, dass durch kulturelle Bildungsprozesse gerade in der Kindheit besonders große Effekte erzielt werden können. Gleichzeitig wurde in den vergangenen Jahren aber auch offensichtlich, dass vermehrt Konzepte entstehen müssen, die sich an eine erweiterte Zielgruppe richten: Kinder und Jugendliche können nur schwer erreicht werden, wenn ihre Eltern und Großeltern, Lehrer/-innen und Erzieher/-innen von den Möglichkeiten und der Wichtigkeit kultureller Bildung nicht überzeugt sind. Eine wachsende Zahl älterer Menschen hat ebenso Anspruch auf entsprechende Angebote und Formate. Nicht zuletzt birgt die Veränderung in der Zusammensetzung der Gesellschaft durch den steigenden Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund, die ihre eigenen Erfahrungen und kulturellen Hintergründe einbringen, wesentliche neue Chancen und Herausforderungen. Viele Träger haben daher damit begonnen, weiterführende inklusive, inter- oder transkulturelle und generationsübergreifende Formate zu entwickeln bzw. beschreiten neue Wege, um auch Menschen im Erwachsenenalter zu erreichen und zu ermutigen, an kulturellen Angeboten teilzunehmen. Hier soll in Zukunft ein weiterer Schwerpunkt gelegt werden. 6 Kinder zum Olymp! Zur Notwendigkeit ästhetischer Bildung von Kindern und Jugendlichen, Kongress 29./30. Juni 2004, Leipzig, Leipziger Manifest. 4 2. Entwicklungen 2012-2015 Das folgende Kapitel umreißt die wichtigsten Entwicklungen im Bereich kulturelle Bildung in Leipzig in den vergangenen vier Jahren. Gleichzeitig werden die Herausforderungen benannt, die zum jetzigen Zeitpunkt absehbar sind und in den kommenden Jahren im Fokus stehen werden. Die daraus abgeleiteten mittelfristigen Zielstellungen werden im anschließenden Kapitel mit konkreten Maßnahmen und Handlungsempfehlungen untersetzt. 2.1. Vielfalt der Träger und Angebote Leipzig verfügt über ein vielfältiges Angebotsspektrum zur kulturellen Bildung, das sich über die letzten vier Jahre weiter qualifiziert und verstetigt hat. Dieses wird getragen von Vereinen und gemeinnützigen GmbH, Körperschaften öffentlichen Rechts und gewerblichen Anbietern. Das Angebotsspektrum reicht dabei von Theater- und Musikaufführungen über Museumspädagogik und Kunstvermittlung, Leseförderung, Fortbildungsangebote und Workshops bis hin zu Kulturangeboten, die von Kindern und Jugendlichen sowie von Erwachsenen selbständig organisiert und umgesetzt werden. Ergänzt werden diese Formate durch eine Reihe von Wettbewerben und Festivals. Die überwiegende Mehrzahl der städtischen und städtisch geförderten Institutionen haben zu ihren Aufführungen und Ausstellungen, Konzerten und Lesungen ein kulturelles Bildungsangebot entwickelt. Hierzu gehören die städtischen Museen 7, die Galerie für Zeitgenössische Kunst, das Bach-Museum, die Leipziger Städtischen Bibliotheken, die kulturellen Eigenbetriebe und GmbHs der Stadt Leipzig 8 und freie Träger in den unterschiedlichen Kunstsparten. Zusätzlich gibt es Institutionen, die sich bereits aufgrund ihres Auftrages fast ausschließlich mit Bildung und Vermittlung beschäftigen, wie die Volkshochschule (VHS) und die Musikschule „Johann Sebastian Bach“. Dieses Angebot wird ergänzt von einer Vielzahl freier Träger, die sich entweder innerhalb einer Kunstsparte der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen widmen wie das Theatrium des großstadtKINDER e. V., das Leipziger Tanztheater, die Buchkinder und das Unikatum Kindermuseum oder die per Definition einen Schwerpunkt ihrer Arbeit auf niedrigschwellige Beteiligungsprojekte gelegt haben und Angebote in verschiedenen Kunstsparten, politischer Bildung etc. vorhalten wie die soziokulturellen Zentren (→ vgl. Entwicklungskonzept Soziokultur). Deutliche Entwicklungen gab es in den vergangenen Jahren in der Steigerung der Qualität der bestehenden Angebote. Gemeinsam mit den Pädagogen der städtischen Kultureinrichtungen und freien Träger wurden Qualitätskriterien erarbeitet und auf leipzig.de veröffentlicht.9 7 8 Museum der bildenden Künste, Stadtgeschichtliches Museum, GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Naturkundemuseum Leipzig Oper Leipzig, Schauspiel Leipzig, Theater der Jungen Welt, Gewandhaus zu Leipzig, Leipziger DOK-Filmwochen GmbH, Zoo Leipzig GmbH, 5 Fast alle Einrichtungen haben in den vergangenen Jahren Konzepte entwickelt, die es ermöglichen, auch Erwachsene in ihre kulturelle Bildungsarbeit mit einzubinden, sei es als Praktikant/-innen, als Ehrenamtler/-innen oder als Teilnehmer/-innen an Workshops und weiteren Angeboten. Auch für andere Zielgruppen wurden spezielle Angebote erstellt: zum Beispiel für Menschen mit Beeinträchtigungen oder auch für Kinder und Erwachsene mit Migrationshintergrund oder Fluchterfahrung. Während generationsübergreifende Konzepte langsam zunehmen, wird es in den kommenden Jahren eine große Herausforderung bleiben, inklusiv zu arbeiten und damit Angebote zu konzipieren, in denen die Trennung in verschiedene Zielgruppen aufgehoben und die bisher gewonnenen Erfahrungen vielmehr dazu genutzt werden, verbindende Elemente hervorzuheben. Kulturelle Bildung hat hier ein besonderes Potenzial, das es zu entwickeln und auszubauen gilt. (→ Kapitel 3.5) Mit einer wachsenden Zielgruppe, die nicht oder nur zu einem sehr kleinen Teil über Einrichtungen der formalen Bildung wie Schulen oder Kitas zu erreichen ist, steigt außerdem erneut der Bedarf nach einem angemessenen Überblick über das vorhandene Angebot. Zurzeit können sich Privatpersonen im Internet nur über die Suche auf den Seiten einzelner Institutionen oder über käuflich erwerbbare Medien wie die LVZ oder den Kreuzer informieren. (→ Kapitel 3.1) 2.2. Sozialräumliche Verteilung Die Zugänglichkeit von Angeboten der kulturellen Bildung steht besonders für Kinder und Jugendliche in einem engen Zusammenhang mit der sozialräumlichen Verortung. Die Mobilität dieser Zielgruppe ist abhängig von Begleitpersonen und öffentlichen Verkehrsverbindungen und steht im direkten Zusammenhang mit dem Bildungshintergrund der Eltern. Neu hinzu gekommen ist die Gruppe der Personen, die in einer Flüchtlingsunterkunft lebt. Auch hier zeigt die Erfahrung, dass lange Wege die Teilnahme an kulturellen Projekten verhindern. Eine sozialräumlich ausgewogene Verteilung der Angebote ist daher besonders wichtig, um dem Anspruch gerecht werden zu können, durch kulturelle Bildung gesellschaftliche Teilhabe zu fördern. In der Leipziger Kultur ist es vor allem im Bereich der städtischen Bibliotheken gelungen, eine ausgewogene sozialräumliche Verteilung zu erreichen. Auch die Volkshochschule und die Musikschule „Johann Sebastian Bach“ bieten Kurse und Unterrichtsstunden an mehreren Standorten an. Die Ballung von soziokulturellen Zentren und freien Trägern im Süden der Stadt ist historisch begründet. Hier kann nur auf lange Sicht auf Veränderungen hingearbeitet werden.(→ Kapitel 3.3. und Entwicklungskonzept Soziokultur). In den vergangenen vier Jahren wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um einerseits eine bessere Verteilung von Angeboten in die unterschiedlichen 9 http://www.leipzig.de/freizeit-kultur-und-tourismus/kunst-und-kultur/kinder-undjugendkultur/kulturelle-bildung/ 6 Stadtbezirke zu ermöglichen und andererseits die vorhandenen Träger und Angebote besser zu vernetzen. Letzteres konnte zum Teil durch die Aufteilung der Stadt in sog. Planungsräume umgesetzt werden, in denen ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin des Amtes für Jugend, Familie und Bildung (AfJFB) als Planungsraumkoordinator/-in gemeinsam mit einem Träger mit Managementfunktion für den Ausbau von Netzwerken sorgt. Im Fokus stehen allerdings Aufgaben der Jugendhilfe, kulturelle Angebote konnten in diese Strukturen nur teilweise eingebunden werden. Eine Planungsraumkoordinatorin wurde mit dem speziellen Fokus kulturelle Bildung betraut. Hier erfolgt eine enge Abstimmung mit dem Kulturamt. Das Mitdenken kultureller Strukturen in den Planungsräumen ist jedoch noch ausbaufähig und sollte in Zukunft noch mehr Gewicht bekommen. (→ Kapitel 4) Vereine und Institutionen der kulturellen Bildung haben ihrerseits erste Formate entwickelt, um auch in unterversorgten Stadtteilen präsent zu sein. So konnten mehrere soziokulturelle Zentren über Bundesmittel kleine Satelliten in anderen Stadtteilen aufbauen und das know how und die Arbeitsansätze ihrer jeweiligen Einrichtung auf diese neuen Orte übertragen. Beispiele sind unter anderem der Frauenkultur e. V. aus dem Leipziger Süden, der im Leipziger Osten den Mädchentreff MIO mit Angeboten der kulturellen und politischen Bildung insbesondere für Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund erfolgreich etabliert hat oder der Haus Steinstraße e. V., ebenfalls aus dem Leipziger Süden, der im Leipziger Westen gemeinsam mit einer Schule die Zusammenarbeit mit Kindern aus DaZ-Klassen erprobt. Über die Fördermittel des Kulturamtes wurden zudem aufsuchende Angebote unterstützt und ausgebaut, wie z. B. die Dropper Box des Kulturbahnhof e. V., der mit einer mobilen Ausstellung und dazugehörigen Workshops zu Jugendeinrichtungen kommt, die aufgrund ihrer Lage eher selten Angebote im Zentrum der Stadt wahrnehmen können. 2.3. Zusammenarbeit mit formalen Bildungsinstitutionen Die regelmäßige Zusammenarbeit mit formalen Bildungsinstitutionen war und bleibt ein großes Ziel der kulturellen Einrichtungen in Leipzig. Angebote der kulturellen Bildung ergänzen nicht nur feststehende Lehrplaninhalte, sie tragen auch dazu bei, den Gruppenzusammenhalt und besondere Begabungen zu fördern sowie die Schülerinnen und Schüler zu stärken, die mit dem formalen Bildungssystem nicht oder nicht so gut zurechtkommen. In Leipzig wurde in den vergangenen Jahren auf mehreren Ebenen am Ausbau dieser Zusammenarbeit gearbeitet. Mit Unterstützung des Projektes Lernen vor Ort und der Sächsischen Bildungsagentur wurde bereits 2012 der Ordner “kulturelle Bildung in Leipzig“ ins Leben gerufen, der einen Überblick über alle öffentlich geförderten Kulturangebote gibt und auf mehreren Wegen eine Suche nach passenden Trägern ermöglicht. Der Ordner wurde allen Schulen, Horten und Kitas in städtischer Trägerschaft kostenfrei zur Verfügung gestellt. Bereits nach einem Jahr 7 Nutzung konnte ein sehr positives Feedback eingeholt werden. Seitdem wurde der Ordner bereits zweimal aktualisiert und steht auf leipzig.de auch als digitale Version zur Verfügung. Eine Onlinesuche nach aktuellen Angeboten ist darüber aber nach wie vor nicht möglich. (→ Kapitel 3.1) Für die Kindertagesstätten wurde im Jahr 2014 ein Stempelbuch entwickelt, das Vorschulkinder in ihrem letzten Kindergartenjahr begleitet. Fotos regen die Kinder dazu an, bei der Wahl der Angebote mitzuentscheiden. Die Erzieher/-innen erhalten weiterführende Informationen zu den beteiligten Einrichtungen und zum Planen ihres Kulturbesuchs. Bei jedem Besuch einer Kultureinrichtung können sich Kinder und Erzieher anschließend einen Stempel abholen. Nach einem Auswertungstreffen im Juli 2015 wurde das Projekt verlängert und soll zukünftig in Fachtage und Fortbildungen zum Thema eingebettet werden. (→ Kapitel 3.4) In Zusammenarbeit mit der Bildungsagentur Regionalstelle Leipzig und dem Amt für Jugend, Familie und Bildung konnten in den vergangenen Jahren weitere Fachtage und Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt werden, die sich sowohl an Lehrer/innen und Erzieher/-innen als auch an Vertreter/-innen von Kultureinrichtungen richteten. Diese Angebote mit einer Zielgruppe, die sich aus unterschiedlichsten Bildungseinrichtungen zusammensetzt, haben sich neben dem Jour fixe kulturelle Bildung10 durchweg als wichtige Weiterbildungs-, Austausch- und Vernetzungsformate bewährt. (ANLAGE 1) Auf der strukturellen Ebene sind in den vergangenen Jahren keine großen Veränderungen zu verzeichnen, so dass Kooperationen zwischen formalen Bildungsträgern und Kultureinrichtungen weiter vor allem vom persönlichen Engagement der beteiligten Pädagog/-innen und Künstler/-innen abhängig sind. Diese Situation ist für alle Beteiligten unbefriedigend und geht insbesondere zu Lasten von Kindern und Jugendlichen, die nicht von ihren Eltern beim Aufsuchen passender Angebote unterstützt werden. Abhilfe kann hier nur durch eine klare Positionierung auf Landesebene, etwa im Landeskonzept kulturelle Bildung erreicht werden. Beispiele aus anderen Städten zeigen, dass sich die Zusammenarbeit mit den Kindertagesstätten einfacher gestaltet. Der Bildungsplan bietet hier eine gute Basis 10 Der sog. Jour fixe kulturelle Bildung wurde bereits 2007 durch den damaligen Kulturbürgermeister Dr. Giradet gegründet und bis Ende 2010 durch die Museumspädagogin des Stadtgeschichtlichen Museums, Frau Schaar, geleitet und von Frau Prof. Dr. Weiss der HTWK moderiert. 2011 übernahm das Kulturamt die inhaltliche Vorbereitung und Moderation. Der Jour fixe diente zunächst der gegenseitigen Vorstellung unterschiedlicher pädagogischer Ansätze und Methoden in den städtischen Einrichtungen und sollte vor allem zur Vernetzung der Einrichtungen untereinander beitragen. Seit 2012 widmet er sich 6- 7 Mal im Jahr gemeinsam festgelegten Schwerpunktthemen. Hierzu werden zum Teil Gäste und Referenten eingeladen. Dem Jour fixe gehören die Pädagogen der städtischen Kultureinrichtungen und Eigenbetriebe und zwei Vertreter/-innen der Soziokultur sowie Pädagog/-innen der in der kulturellen Bildung vom Kulturamt institutionell geförderten Träger an. Das Amt für Jugend, Familie und Bildung ist mit der für kulturelle Bildung zuständigen Planungsraumkoordinatorin und einer Vertreterin der Abteilung Bildung vertreten. Daneben können je nach Themenstellung auch weitere freie Träger teilnehmen. Seit 2016 ist das Referat für Migration und Integration regelmäßig einbezogen. 8 für längerfristige Kooperationen ohne Zeit- und Notendruck. Bedarf besteht bei den Kulturanbietern vor allem in der Entwicklung von Projekten und Methoden für die Zielgruppe der Drei- bis Sechsjährigen. (→ Kapitel 3.4) 2.4. Ressortübergreifende Zusammenarbeit Im Schlussbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages »Kultur in Deutschland« vom Dezember 2007 heißt es u. a. zum besonders gewichteten Thema kulturelle Bildung: „Da kulturelle Bildung im Wechselspiel von schulischen, kulturellen und jugendbildenden Einrichtungen wahrgenommen wird, sind die unterschiedlichen Handlungsfelder Schule, Bildung, Jugend und Kultur angesprochen. Alle Bereiche stehen in einer Verantwortungsgemeinschaft für ein integrales Gesamtangebot kultureller Bildung. Die Sicherung der Infrastruktur ist daher als eine Gemeinschaftsaufgabe zu verstehen, in die die jeweiligen Beteiligten und politisch Verantwortlichen ihre spezifischen Kompetenzen und Ressourcen einbringen sollten.“ Die Querschnittsaufgabe kulturelle Bildung fällt auch in Leipzig in verschiedene Zuständigkeitsbereiche, allen voran die Kernbereiche der Kulturförderung und der Jugendhilfe. Hier existiert eine Förderpraxis für entsprechend engagierte freie Träger im Bereich der Soziokultur und der kulturellen Bildung. Es handelt sich dabei oft um die gleichen Antragsteller. Die gegenseitige Abstimmung zwischen den beiden Ämtern findet regelmäßig statt, zum einen über die Förderung, zum anderen aber auch über den „Jour fixe kulturelle Bildung“ des Kulturamtes und den „Arbeitskreis Kinder- und Jugendkulturarbeit“ des Amtes für Jugend, Familie und Bildung. Im Rahmen der internen Umstrukturierungen des Jugendamtes und des Schulverwaltungsamtes zum Amt für Jugend, Familie und Bildung (AfJFB) sind für die kulturelle Bildung auch noch inhaltliche Anknüpfungspunkte in der Abteilung Bildung des AfJFB insbesondere in Hinsicht auf gemeinsame Fachtage und die Themen Jugendbeteiligung, Teilhabe und demokratische Bildung entstanden. Durch die unter 2.3. bereits genannten Ganztagsangebote werden Projekte kultureller Bildung auch über die Förderrichtlinie Ganztagsangebote des Sächsischen Ministeriums für Kultus gefördert. Zuständig ist an dieser Stelle die Sächsische Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig (SBA L). Hier existiert seit Oktober 2013 eine Kooperationsvereinbarung in der jährlich neue Schwerpunkte der Zusammenarbeit zwischen der Stadt Leipzig und der SBA L festgelegt werden. Zusätzlich können mit dem 2011 verabschiedeten Bildungspakt über das Sozialamt Mittel für Angebote für finanziell benachteiligte Kinder und Jugendliche abgerufen werden. In Zukunft wird es hier und mit dem Referat für Migration und Integration weitere Überschneidungen in Hinblick auf generationsübergreifend Projekte, Angebote mit und für Senioren und Menschen mit Migrationshintergrund geben. 9 Die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure konnte in den vergangenen Jahren vertieft und gefestigt werden, zunächst vor allem durch bilaterale Vereinbarungen. 2.5. Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit im Kontext kultureller Bildung können auf mehreren Wegen erreicht werden. Zum einen geht es dabei um den Ausschluss finanzieller Barrieren, die dazu führen könnten, das einzelne Teilnehmer/-innen nicht in der Lage sind, sich an einem Angebot zu beteiligen. Zum anderen geht es um die Schaffung persönlicher Zugänge und den Aufbau von Vertrauen und Regelmäßigkeiten. Hierfür sind Methoden und Konzepte notwendig, die nach der Erfahrung der letzten Jahre neben einer besonderen pädagogischen Eignung einen hohen Betreuungsschlüssel erfordern. Gleichzeitig muss in diesem Zusammenhang der öffentliche Auftrag der Kulturinstitutionen immer wieder hinterfragt und ggf. an die gesellschaftlichen Veränderungen angepasst werden. Erste Schritte zur Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit wurden über die Gewährung eines freien Eintritts für Jugendliche bis zum vollendeten 19. Lebensjahr in alle städtische Museen und die Befreiung von Nutzergebühren für Jugendliche bis zum selben Alter in den städtischen Bibliotheken in die Wege geleitet (DSV/2601). Die Museumsnacht übernimmt die Entgeltfreiheit in dieser Altersstruktur 2016 erstmals in ihr Ticketsystem (DS-01887). Auch für die spezielle Gruppe der Geflüchteten werden von unterschiedlichen Trägern in Zusammenhang mit bestimmten Veranstaltungen rabattierte Karten oder sogar kostenfreie Angebote unterbreitet. Die KulturLeben Leipzig & Region 11 vermittelt zudem an Menschen mit geringem Einkommen kostenfreie Tickets, die von Kultureinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Auf leipzig.de wird ein Überblick zu Eintrittsfreiheit bzw. eintrittsfreien Tagen bei den Leipziger Museen ermöglicht. Über den Ferienpass des Amts für Jugend, Familie und Bildung können Angebote der kulturellen Bildung in den Ferien kostenlos oder vergünstigt in Anspruch genommen werden, viele Institutionen bieten zusätzlich außerhalb der Ferien Vergünstigungen für Leipzig-Pass-Inhaber/innen an. Auch das Teilhabepaket der Bundesregierung trägt zu einer Entlastung betroffener Familien bei. Dennoch ist die Finanzierung nur ein Schritt auf dem Weg zu mehr Chancengleichheit, dem weitere folgen müssen. Erfolge lassen sich bisher besonders in Projekten verzeichnen, in denen sich mehrere Träger mit unterschiedlichen Zielgruppen zusammengeschlossen haben. Kooperationen zwischen freien Trägern und großen städtischen Einrichtungen haben sich in diesem Zusammenhang besonders bewährt. Diesen Ansatz hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung auch zur Grundlage des bundesweiten Programms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ gemacht. Verbünde aus drei Bildungspartnern können sich für die Förderung eines kulturellen 11 http://kulturleben-leipzig.de/ 10 Projektes für benachteiligte Kinder und Jugendliche bewerben und profitieren von insgesamt 230 Mio. Euro, die das Ministerium bis 2017 zur Verfügung stellt. Eine Verlängerung wurde bereits in Aussicht gestellt. Allein in der Stadt Leipzig haben bis zum ersten Quartal 2015 über 40 Projekte und Maßnahmen in einem Umfang von über einer Million Euro stattgefunden. Die Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung Sachsen und das Kulturamt haben sich auf bisher zwei Fachtagen darum bemüht, die Akteure des Programms zu vernetzen und einen Austausch zu den bisherigen Projekten anzuregen. Es wird sich zeigen, ob die Erfahrungen des Programms, das ausschließlich auf Honorarkräfte baut, in die Strukturen der städtischen Einrichtungen einfließen und dort nachhaltig verankert werden können. Zusammenfassend ist hier festzustellen, dass es neben Leuchtturmprojekten und niedrigen Gebühren insbesondere um eine Transformation der Einrichtungen selber gehen muss. Parallel zu einer sich immer schneller verändernden Gesellschaft in Hinsicht auf ihre Altersstruktur, ihre kulturelle Diversität und die zunehmende Technologisierung des Alltags muss auch das Selbstverständnis der kulturellen Institutionen immer wieder neu hinterfragt und ausgehandelt werden. Anpassungen, die sich allein auf Methoden und Konzepte der Vermittlung beziehen, um traditionelle Inhalte der jeweiligen Einrichtung neuen Zielgruppen zu erklären, werden auf lange Sicht nicht ausreichen. (→ Kapitel 3.6) 2.6 Öffentliche Wahrnehmung und Finanzierung der kulturellen Bildung Das Thema kulturelle Bildung hat in den letzten Jahren sowohl auf der Bundes- und Landesebene als auch in kommunalen Zusammenhängen weiter an Bedeutung gewonnen. An den städtischen Kultureinrichtungen und Eigenbetrieben wurden neue Stellen für Pädagog/-innen geschaffen bzw. Stellenanteile aufgestockt. Parallel wurden neue Formate der Vermittlung getestet und zum Teil auch verstetigt. Angebote für Schulen wurden ausgebaut. Besonders auf den Lehrplan abgestimmte Führungen oder Vorstellungsbesuche werden gerne wahrgenommen und sind zum Teil bereits nach kurzer Zeit ausgebucht. So müssen nach wie vor Anfragen aus Kapazitätsgründen abgesagt werden, wie etwa beim Museum der bildenden Künste, dem GRASSI Museum für Angewandte Kunst oder den Schulkonzerten der Musikschule „Johann Sebastian Bach“. Der für 2013 prognostizierte Personaleinschnitt und die damit verbundenen Befürchtungen insbesondere der freien Träger ist in den meisten Fällen nicht eingetreten. Durch Veränderungen in der Bundesgesetzgebung fielen zwar bis Ende 2012 durch das Arbeitsamt geförderte Stellen (AGH Entgeltvariante) ersatzlos weg, sie konnten aber teilweise über die Aufstockung der institutionellen Förderung durch das Kulturamt aufgefangen werden. Zudem ergriffen viele Träger interne Umstrukturierungsmaßnahmen und nutzten den Umbruch zum Aufbau langfristig erheblich belastbarerer Strukturen. Der Umfang der Angebote konnte dadurch nur bedingt wachsen, dafür hat sich die Qualität deutlich erhöht, da nicht immer wieder neue Personen eingeführt und angeleitet werden müssen. Zum Teil gibt es lange 11 Wartelisten, zum Beispiel beim Leipziger Tanztheater oder den Buchkindern. Teilweise werden Angebote nicht mehr beworben, da sie bereits ausgelastet sind. Die öffentliche Wahrnehmung und Wertschätzung der Angebote hat sich leider dennoch zu wenig geändert. Es ist weiterhin zu beobachten, dass Projekte der kulturellen Bildung vor allem im Kontext der formalen Bildung von Eltern, Lehrern und Erziehern als „Sahnehäubchen“ und „Spaßfaktor“ betrachtet werden. Formale und non-formale Bildungsangebote werden nach wie vor zu wenig als Möglichkeiten wahrgenommen, die gleichwertig nebeneinander stehen und sich gegenseitig ergänzen, da sie unterschiedliche Kompetenzen auf unterschiedlichen Wegen fördern. Sobald es zu zeitlichen Engpässen kommt wird in der Regel die Entscheidung für Angebote oder Aufgaben aus dem Bereich der formalen Bildung gefällt. Dies setzt sich auch nach der Schule fort, denn Hausaufgaben haben in den allermeisten Familien absolute Priorität. Der Stellenwert kultureller Bildung spiegelt sich auch in der derzeitigen strukturellen Aufstellung der meisten städtischen Kultureinrichtungen. Die Pädagoginnen und Pädagogen sind in vielen Fällen dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit unterstellt und agieren als solche im Auftrag der Publikumsgewinnung und Vermittlung der bestehenden Inhalte. (→ Kapitel 3.6) 3. Fortschreibung der Ziele und Handlungsableitungen Grundlegende Ziele Im Kulturentwicklungsplan 2016-2020 bekennt sich die Stadt Leipzig zu ihrer Vision der Teilhabe unterschiedlichster Bevölkerungsgruppen an Kunst und Kultur in einer wachsenden Stadt. Über die kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche, die weiter verstetigt werden soll, trägt der Kulturentwicklungsplan den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung, die bereits zu einer Heterogenisierung und Internationalisierung geführt haben und in Zukunft vermehrt führen werden. Ein neuer Schwerpunkt soll daher auf Konzepte gelegt werden, die dazu beitragen, eine „differenzierte und zugleich inklusive, generationsübergreifende und transkulturelle Teilhabe“ zu entwickeln. Dafür muss die bereits bestehende kulturelle Infrastruktur gesichert und qualitativ ausgebaut werden. Bei der steigenden Anzahl von Einwohnern wird sich auch die Anzahl der Angebote erhöhen müssen. Dies betrifft alle künstlerischen Sparten sowie spartenübergreifende und interdisziplinäre Vorhaben. Voraussetzung bleibt eine professionelle künstlerisch/pädagogische Anleitung sowohl bei spezialisierten kunst- und kulturpädagogischen Workshops als auch bei niedrigschwelligen Angeboten. Die Leitziele des Entwicklungskonzeptes kulturelle Bildung 2012-2015 haben in der Mehrzahl weiterhin Bestand. Erfolgreiche Maßnahmen werden weitergeführt und im folgenden Kapitel noch einmal erläutert. Aufgrund der veränderten gesellschaftlichen Bedingungen werden weitere Maßnahmen benannt. Zum Teil können diese aber auch erst im Laufe der kommenden fünf Jahre entstehen, um so auf aktuelle 12 Herausforderungen adäquat reagieren zu können, die heute noch nicht absehbar sind. 3.1. Angebote qualifizieren und Informationswege erschließen Herausforderung: Die Vielfalt der Träger und Angebote ist ein besonderes Markenzeichen Leipzigs. Bereits 2012 wurde jedoch in einer Bestandsanalyse festgestellt, dass ein Überblick fehlt, der es den Nutzern erleichtert, das passende Angebot für sich zu finden. Um hier Abhilfe zu schaffen wurden für Schulen, Horte und Kindertageseinrichtungen der bereits erwähnte Ordner kulturelle Bildung in Leipzig erstellt und kostenfrei verteilt sowie regelmäßig aktualisiert. Das Stempelbuch für Kindertagesstätten, das 2014 erarbeitet wurde, bietet weitere Orientierungsmöglichkeiten speziell für Vorschulkinder und ihre Erzieher/-innen. (→ Kapitel 2.3). Die technischen Möglichkeiten einer Onlinesuche, die auch einen Überblick über aktuelle Projekte und Angebote bieten könnte, kann mit beiden Medien jedoch nicht geboten werden. Privatpersonen können auf die Printprodukte nur sehr bedingt zurückgreifen. Zudem ist die Aktualisierung sehr aufwendig. Die Angebote vieler Institutionen haben sich in den letzten Jahren erheblich qualifiziert und ausdifferenziert. Angesprochen werden Zielgruppen, die bisher nicht oder nur sehr schlecht erreicht wurden. Der dabei gesammelte Erfahrungsschatz sollte dazu genutzt werden, in einem nächsten Schritt daraus inklusive Konzepte zu entwickeln, die einer weiteren Zuschreibung von Gruppenzugehörigkeiten entgegenwirken und kulturelle Bildung vielmehr dazu nutzt, Gemeinsamkeiten in den Mittelpunkt zu rücken. Ziele:  Der Überblick über Angebote kultureller Bildung wird weiter verbessert und schließt Zielgruppen außerhalb der formalen Bildungsinstitutionen mit ein  Der Qualitätsdiskurs wird weiter geführt  Die Kultureinrichtungen entwickeln sich zu inklusiven Orten Handlungsableitungen:  Der Ordner kulturelle Bildung in Leipzig und das Stempelbuch für Kindertagesstätten werden weiterhin regelmäßig aktualisiert.  Die Stadt Leipzig prüft einen Einstieg in die bereits erprobte Website „Musenkuss“ der Stadt Düsseldorf, die eine ausdifferenzierte Suche nach entsprechenden Angeboten der kulturellen Bildung ermöglicht. 12 12 Siehe: http://www.musenkuss-duesseldorf.de/, Städte wie München, Köln und Dresden haben sich der Datenbank bereits angeschlossen und ermöglichen so einen städteübergreifenden Qualitätsdiskurs und die regelmäßige Weiterentwicklung der Website. 13  Die Kultureinrichtungen erarbeiten und erproben generationsübergreifende und inklusive Konzepte. Bei der Vergabe von Fördermitteln durch das Kulturamt an freie Träger werden diese Ansätze verstärkt berücksichtigt. 3.2 Partizipation ermöglichen und Ergebnisse wertschätzen Obwohl sich in Bezug auf die Beteiligung von Teilnehmern an der Konzeption und Durchführung von Angeboten insbesondere bei den Pädagoginnen und Pädagogen ein Bewusstseinswandel vollzieht, gibt es an dieser Stelle weiterhin Handlungsbedarf. Kulturelle Angebote werden oft für eine bestimmte Gruppe, nach wie vor aber selten mit dieser gemeinsam entwickelt. Weitaus öfter haben die Teilnehmer die Möglichkeit, in der Ausgestaltungsphase eines speziellen Projektes ihre Meinungen und Erfahrungen einzubringen. Insbesondere der Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen werden jedoch Mitsprache in der Vorbereitung und Ausgestaltung von Projekten noch immer viel zu selten zugetraut. Dabei gibt es inzwischen ausreichend Belege dafür, dass die Motivation der Teilnehmer, ihr Interesse und ihre Wertschätzung für das Ergebnis erheblich steigen, wenn ihre Meinung gleichwertig in das Projekt einfließen kann. Zudem bestehen weitaus mehr Möglichkeiten, mit heterogenen Gruppen inklusiv zu arbeiten, wenn Beteiligung von Anfang an eine Rolle spielt. Für die gleichberechtigte Einbeziehung aller Teilnehmer in kulturelle Projekte braucht es jedoch neben geeigneten Methoden vor allem ein ausreichend großes Zeitfenster und die Bereitschaft, das Ergebnis in einem angemessen Rahmen zu präsentieren. Nur längerfristige Projekte können wirklich partizipativ und teilnehmerorientiert arbeiten. Sie haben das Potenzial mit den bestehenden kulturellen Angeboten in einen Dialog zu treten und können dazu beitragen, Kultureinrichtungen konstruktiv zu verändern. Viele Einrichtungen setzen jedoch nach wie vor ausschließlich auf zeitlich begrenzte, einmalige Angebote, da diese eine große Anzahl an Personen erreichen, die sich statistisch besser darstellen lassen. Die Nachhaltigkeit solcher Angebote wird von unterschiedlichen Studien allerdings kritisch hinterfragt. 13 Im Jahr 2014 wurde u. a. zur Unterstützung des Aufbaus des ersten Leipziger Jugendparlaments eine Steuerungsgruppe Jugendbeteiligung ins Leben gerufen und 2015 vom AfJFB ein Konzept zur Kinder- und Jugendbeteiligung vorgelegt. Das Kinderbüro hat in diesem Zusammenhang eine Handreichung zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei Schulbaumaßnahmen erarbeitet. Ähnliches Material wäre auch für den kulturellen Bereich wünschenswert, da damit eine stärkere Wahrnehmung der Potenziale in diesem Bereich gelingen würde. Ziele:  Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden verstärkt in die Planung und inhaltliche Ausgestaltung von Projekten einbezogen. Hierfür wird an allen städtischen 13 Siehe z. B. Keuchel, Das 2. Jugend-KulturBarometer, Zentrum für Kulturforschung, Bonn 2012 14 Kultureinrichtungen und kulturellen Eigenbetrieben ein angemessener Rahmen geschaffen.  Die Potenziale der kulturellen Bildung im Bereich der Beteiligung werden sichtbar und erhalten größere Aufmerksamkeit. Handlungsableitungen:  Gemeinsam mit den Pädagoginnen und Pädagogen der städtischen Kultureinrichtungen und von freien Trägern wird eine Empfehlung zur Beteiligung insbesondere von Kindern und Jugendlichen bei der Planung und Umsetzung kultureller Projekte erarbeitet.  Das Kulturamt fördert im Bereich kulturelle Bildung weiterhin Projekte und Maßnahmen, die zur Partizipation in künstlerischen und kulturellen Prozessen anregen. Der Transfer erfolgreicher Modelle wird gezielt unterstützt.  Es werden entsprechende Methoden, Freiräume und Präsentationsformen entwickelt, um die Gedanken, Erfahrungen und Beiträge von Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Projekte und Konzepte einfließen zu lassen. 3.3. Ausgewogene sozialräumliche Verteilung von kulturellen Angeboten unterstützen Bereits der erste Bildungsreport 2012 stellte eine starke sozialräumliche Differenzierung des Leipziger Stadtgebietes fest und wies darauf hin, dass vom Wohnort klare Rückschlüsse auf die Bildungsbiographie der dort lebenden Bevölkerung möglich sind. Bis 2016 haben sich unter anderem durch starke innerstädtische Wanderungsbewegungen einige Quartiere, besonders im Leipziger Westen, positiv entwickelt. Gleichzeitig haben Gentrifizierungsprozesse eingesetzt, die sich durch das starke Bevölkerungswachstum noch weiter verstärken werden. Kulturelle Bildungsangebote können hier zumindest im kleinen Maßstab gegensteuern und zu gesellschaftlicher Teilhabe der Einwohner benachteiligter Stadtbezirke beitragen. Da sich die historisch gewachsene Infrastruktur der Standorte kultureller Einrichtungen nur bedingt verändern lässt, müssen Konzepte entworfen werden, die einer Unterversorgung bestimmter Stadtgebiete gezielt entgegen wirken. Insbesondere die Einrichtungen der Soziokultur, aber auch weitere freie Träger und Einrichtungen des Jugendamtes mit dem Schwerpunkt Jugendkulturarbeit sind hier auf einem guten Weg. Sie haben Möglichkeiten gefunden, ihre sozialräumliche Arbeit mit stadtweiten Angeboten zu verbinden oder kleine Satelliten in Stadtteilen mit besonderen Bedarfen aufgebaut. Die Teilnehmer/innen ihrer Angebote kommen aus den unterschiedlichsten sozialen und kulturellen Schichten und arbeiten inklusiv an gemeinsamen Themen. Allgemeine Buchungsstandards sowie die Orientierung an Effizienz und Besucherzahlen erschweren dagegen die sozialräumliche Steuerung der Angebote der Museen und kulturellen Eigenbetriebe. 15 Durch die im Januar beschlossene Bezuschussung der Halle 7 der Baumwollspinnerei und den damit verbunden Umzug des Leipziger Tanztheaters, des LOFFT und des Naturkundemuseums ergeben sich spannende räumliche Verschiebungen, die es in den kommenden Jahren ebenfalls zu nutzen gilt. Ziel:  Bei der Entwicklung und Bewerbung von kulturellen Angeboten wird auf eine sozialräumliche Ausgewogenheit geachtet. Handlungsableitungen:  Kommunal geförderte Einrichtungen mit Angeboten kultureller Bildung erarbeiten verstärkt Konzepte, die auch außerhalb der jeweiligen Institution umsetzbar sind, so dass die jeweilige Zielgruppe auch vor Ort aufgesucht werden kann.  Im Rahmen der Förderung und bei der Suche nach neuen Räumlichkeiten kommunal geförderter Einrichtungen wird verstärkt auf eine ausgewogene Verteilung geachtet. Zukünftig wird das INSEK hierfür als Grundlage genutzt.  Auf gesamtstädtischer Ebene wird an einer Angebotsstruktur gearbeitet, die sich an den sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen orientiert. Dabei werden etablierte Netzwerke genutzt, um neue strategische Verknüpfungen zu erreichen: Planungsraumkoordinatoren und Bildungskoordinatoren für Neuzugewanderte des AfJFB, Träger mit Managementfunktion, Seniorenbüros etc. Der Aufbau einer tragfähigen Struktur muss ämterübergreifend geprüft werden. 3.4. Kooperationsbeziehungen zwischen formalen und non-formalen Bildungsinstitutionen stärken Herausforderung: Obwohl Kooperationsbeziehungen zwischen Kitas/Schulen/Horten und Kulturinstitutionen von allen Seiten gewünscht werden, da nur hier wirklich alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrem sozialen, kulturellen und finanziellen Hintergrund erreicht werden können, finden nach Aussage der Pädagoginnen und Pädagogen nach wie vor zu wenig Zusammenarbeiten statt, die nachhaltig in den beteiligten Institutionen verankert werden. Eine belastbare Statistik kann jedoch weder von Seiten der Schule noch von Seiten der Kommune vorgelegt werden (→ Kapitel 2.3). Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung, die von der Stadt mit gesteuert werden können, sind nur kleine Bausteine in einem wesentlich komplizierteren Gesamtgefüge. Notwendig wären vor allem systemische Veränderungen, die auf kommunaler Ebene schwer oder gar nicht gelöst werden können. Die geplante Novellierung des sächsischen Schulgesetzes und das in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebene landesweite Konzept kulturelle Bildung könnten hier 2017/18 zu wichtigen Neuerungen führen. 16 Für die Stadt Leipzig bedeutet die bestehende Wachstumsprognose, insbesondere beim Geburtenzuwachs, dass erheblich mehr Ressourcen eingeplant werden müssen, um die gewünschten Kooperationsbeziehungen bedienen und möglichst vielen Kindern und Jugendlichen eine Teilnahme ermöglichen zu können. An dieser Stelle bedarf es einer grundsätzlichen Klärung, aus welchem Topf die Finanzierung von Kooperationsprojekten erfolgen kann. Ziele:  Kulturelle Bildung wird als wertvoller Bestandteil der allgemeinen Bildung anerkannt und in entsprechenden Vorlagen benannt.  Lang- und kurzfristige Kooperationen von Einrichtungen kultureller Bildung mit Kindergärten, Horten und Schulen werden ausgebaut und verstärkt.  Eine tragfähige Statistik gibt Auskunft über die Entwicklung der angestrebten Kooperationsbeziehungen. Handlungsableitungen:  Das Kulturamt nimmt weiterhin an der interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) zur kulturellen Bildung teil und bringt sich aktiv in die Ausgestaltung des landesweiten Konzepts kulturelle Bildung ein.  Es wird ämterübergreifend geprüft, unter welcher Voraussetzung kommunale Förderinstrumente für Kooperationsprojekte mit Schulen, Horten und Kitas genutzt werden können.  Kulturamt und das Amt für Jugend, Familie und Bildung prüfen gemeinsam ob für den Ausbau von Kooperationsbeziehungen zu Kitas ein eigenes Projekt mit einem gesonderten Fördertopf ins Leben gerufen werden kann. (Vorbild Dresden und Düsseldorf sowie Erfahrungen aus den Kulturräumen Vogtland-Zwickau und Oberlausitz-Niederschlesien)  Die Zusammenarbeit zwischen Horten und Kultureinrichtungen wird intensiviert.  Fachtage für Pädagogen aus dem kulturellen und dem Bereich der formalen Bildung (Kita, Hort, Schule) sowie gemeinsam Fortbildungsveranstaltungen werden regelmäßig angeboten. Kooperationspartner sind dabei z. B. das Amt für Jugend, Familie und Bildung, das Referat für Migration und Integration und die Sächsische Bildungsagentur Regionalstelle Leipzig. 17 3.5. Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit fördern Herausforderung: Kulturelle Bildung bietet große Potenziale besonders im Bereich des sozialen Lernens und der Kompetenzförderung. Gleichzeitig basiert die Mehrzahl der Angebote auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit. Die Herausforderung besteht darin, neue Zielgruppen mit den vielfältigen Angeboten vertraut zu machen und längerfristig zu binden ohne alte zu verlieren. Dabei ist im Kontext der wachsenden Stadt ergänzend zum vorhergehenden Konzept eine wesentliche weitere Zielgruppe zu berücksichtigen: In den vergangenen Jahren konnten viele Erfahrungen bei der Gewinnung sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher gemacht werden. Diese Erfahrungen müssen nun strukturell verankert werden, die Zielgruppe soll auch weiterhin ein Schwerpunkt bleiben. Gleichzeitig gilt es, auch mit anderen Zielgruppen Erfahrungen zu sammeln und zukünftig vermehrt inklusive Ansätze zu entwickeln. Durch die Einführung der Entgeltbefreiung für Kinder und Jugendliche in den städtischen Museen sind ungleiche Zugangsbedingungen zu den verschiedenen kulturellen Einrichtungen in Leipzig entstanden, die von Trägern, die nicht oder nur anteilig über eine städtische Förderung verfügen, nicht aufgefangen werden können. Nutzer sind hiervon irritiert, da sie oft nicht wissen, welche Förderstruktur hinter den einzelnen Einrichtungen steht. Es gilt, Wege zu finden, um hier zu einer Angleichung zu kommen. Ziele:  Gewährleistung der Teilhabe von Zielgruppen, die bisher keinen oder wenig Zugang zu kulturellen Angeboten gefunden haben.  Entwicklung inklusiver Ansätze. Handlungsableitungen:  Erarbeitung und Erprobung von Konzepten, um weitere Zielgruppen an öffentlich geförderte Einrichtungen heranzuführen.  Erarbeitung und Erprobung inklusiver Konzepte als besondere Schwerpunktsetzung bei der Förderung freier Träger über das Kulturamt.  Förderung des Erfahrungsaustauschs interessierter Institutionen z. B. im Jour fixe kulturelle Bildung, dabei auch Transfer besonders erfolgreicher Ansätze aus dem Bundesprogramm „Kultur macht stark“ und aus dem Erfahrungsaustausch über das europäische Städtenetzwerk Eurocities.  Ausbau der Zusammenarbeit von Trägern mit unterschiedlichen Zielgruppen. Es bestehen weiterhin große Potenziale in der Zusammenarbeit von freien Trägern mit städtischen Einrichtungen. 18  Weiterbildungsangebote für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kultureinrichtungen in den verschiedensten Funktionen rund um den Themenschwerpunkt Inklusion. 3.6. Öffentliche Wahrnehmung und Wertschätzung der kulturellen Bildung steigern Herausforderung: Die nach wie vor nicht zufriedenstellende Wertschätzung der kulturellen Bildung wurde bereits in Kapitel 2.6. beschrieben. Dabei geht es zum einen um die öffentliche Wahrnehmung und Bewertung im Kontext allgemeiner Bildung, zum anderen aber auch um die Stellung der mit kultureller Bildung betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb der Kulturinstitutionen sowie den Umgang mit den Erfahrungen und Ergebnissen aus kulturellen Bildungsprojekten. Die Zielrichtung der Vermittlung ist bisher zum Teil sehr einseitig und vielfach nicht darauf ausgelegt, die Erfahrungen mit dem Publikum auch wieder in die Institution hinein zu tragen und diese damit kontinuierlich zu verändern. Da sich die Zusammensetzung der Gesellschaft zurzeit besonders schnell wandelt und neue Ansprüche und Umgangsformen den Diskurs über den Auftrag von Kultureinrichtungen in den kommenden Jahren bestimmen werden, wird es verstärkt darauf ankommen, das vorhandene Wissen der Pädagogen zu nutzen, um einen fruchtbaren Dialog mit dem jeweiligen Publikum zu führen und Institutionen zukunftsfähig zu machen. Ziel:  Kulturelle Bildung hat einen höheren Stellenwert innerhalb von Institutionen der formalen und der non-formalen Bildung. Handlungsableitungen:  Es wird ein interner Diskurs über die Möglichkeiten und Aufgaben der kulturellen Bildung im Rahmen der jeweiligen Institution geführt. Die Ergebnisse werden bis zum 2. Quartal 2017 vom Kulturamt zusammengefasst und als Aktualisierung der ehemaligen ANLAGE 3 Bestandteil dieses Konzepts.  Es werden Voraussetzungen dafür geschaffen, dass neue Ansätze erprobt und erfolgreiche Modelle nachhaltig verankert werden können. Dazu wird u. a. geprüft, ob bewährte Formate wie Führungen etc. auch von Honorarkräften übernommen werden können, so dass die Pädagogen an den Einrichtungen mehr Zeit für die konzeptionelle Weiterentwicklung und die Rückspiegelung der Erfahrungen bekommen.  Die Erfahrungen der Pädagoginnen und Pädagogen werden verstärkt in die Erstellung neuer Ausstellungen, Aufführungen etc. eingebunden. 19  Angeregt wird die Selbstverpflichtung jeder Einrichtung, ein bestimmtes prozentuales Budget pro Ausstellung/Vorführung etc. für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen.  Es wird größerer Wert auf die regelmäßige Selbstevaluation und Reflexion der Arbeit gelegt, mit dem Ziel Veränderungsprozesse zu begleiten und Erreichtes kommunizieren zu können. Die bestehenden Feedbacksysteme für Besucher/innen und Teilnehmer/-innen werden überprüft.  Kulturelle Bildung ist Bestandteil der Fortschreibungen der mit Bildung befassten städtischen Fachkonzepte. Die mit kultureller Bildung verbundenen Potenziale werden weiterhin angemessen berücksichtigt. 20 4 Arbeitsstrukturen Voraussetzung für die Umsetzung der grundlegenden Ziele des Entwicklungskonzepts kulturelle Bildung ist eine regelmäßige Abstimmung mit den beteiligten Akteuren einerseits und den mit Kindern, Jugend, Migranten, Senioren, Bildung und Kultur befassten Referaten und Fachämtern andererseits. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zuständigkeit teilweise auf städtischer und teilweise auf der Landesebene liegt.14 Die unterschiedlichen thematischen Schwerpunkte des Querschnittgebiets kulturelle Bildung haben bereits in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass Absprachen meist bi- oder trilateral getroffen wurden. Durch die Benennung neuer Zielgruppen in diesem Konzept wird sich der Kreis der beteiligten Fachämter und Referate noch weiter erhöhen. Damit würde der 2012 geplante Steuerungskreis kulturelle Bildung eine ähnliche Mitgliederzusammensetzung wie die Lenkungsgruppe Lernen vor Ort erhalten. Eine Doppelstruktur scheint hier nicht zielführend. Es wird daher vorgeschlagen, relevante Informationen und Fragen, die nicht bi- oder trilateral geklärt werden können, auf die Tagesordnung der Lenkungsgruppe Lernen vor Ort zu setzen und dort zu besprechen. Sehr bewährt hat sich der Jour fixe kulturelle Bildung, auf dem sich die Pädagoginnen und Pädagogen der städtischen Kultureinrichtungen, Eigenbetriebe und Vertreter/-innen der freien Kultur regelmäßig zu thematischen Schwerpunkten austauschen. Der Jour fixe trifft sich 6 - 7 mal im Jahr unter der Leitung des Kulturamtes an unterschiedlichen Orten in Leipzig. Die thematischen Schwerpunkte werden von den Teilnehmer/-innen des Jour fixe gemeinsam festgelegt und bearbeitet. Zu spezifischen Themen können Gäste als Teilnehmer/-innen oder Impulsgeber/-innen eingeladen werden. Der Jour fixe gibt sich eigene Arbeitsschwerpunkte und kann auf aktuelle Anlässe und gesellschaftliche Veränderungen direkt reagieren. Diese Struktur wird beibehalten. Neu etabliert hat sich der Arbeitskreis Kinder- und Jugendkulturarbeit des Amtes für Jugend, Familie und Bildung. Hier bestehen teilweise personelle Überschneidungen mit dem Jour fixe kulturelle Bildung. Es werden jedoch schwerpunktmäßig Themen der Jugendhilfe und der damit verbundenen Förderung im Bereich Kinder- und Jugendkulturarbeit verhandelt. Die gegenseitige Teilnahme des AfJFB und des Kulturamtes an den beiden Arbeitskreisen sichert den Informationsfluss und die Absprache zu gemeinsamen Schwerpunkten, Qualitätskriterien und statistischen Vorgaben. Dies sollte auch weiterhin so gehandhabt werden. Durch gesellschaftliche Veränderungen werden auch in Zukunft neue Netzwerke mit weiteren Schwerpunktsetzungen entstehen, die das Querschnittsgebiet kulturelle Bildung berühren. Hier sollte jeweils einzeln geprüft werden, auf welchem Wege eine Einbeziehung des Kulturamtes erfolgen kann. 14 Siehe Leitlinie 7 der Bildungspolitischen Leitlinie: „Bildung gemeinsam verantworten“ 21 5 Leitlinien Aus den benannten Herausforderungen, Zielsetzungen und Handlungsableitungen lassen sich abschließend folgende Leitlinien für die kulturelle Bildung 2016-2020 zusammenfassen: 1. Angebote qualifizieren und Informationswege erschließen Der Qualitätsdiskurs wird weitergeführt, inklusive Ansätze werden verstärkt gefördert und digitale Informationswege aufgebaut. 2. Partizipation ermöglichen und Ergebnisse wertschätzen Die Partizipation der Teilnehmer an kulturellen Projekten wird weiter gezielt gefördert. Prozesse und Ergebnisse werden sichtbar gemacht. 3. Ausgewogene sozialräumliche Verteilung von kulturellen Angeboten unterstützen Bei der Entwicklung, Bewerbung und Förderung von kulturellen Angeboten wird auf eine sozialräumliche Ausgewogenheit geachtet. 4. Kooperationsbeziehungen zwischen formalen und non-formalen Bildungsinstitutionen stärken Lang- und kurzfristige Kooperationen von Einrichtungen kultureller Bildung mit Kindergärten, Horten und Schulen werden weiter ausgebaut. 5. Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit fördern Die Beteiligung bisher bildungsferner und benachteiligter Zielgruppen ist eine Aufgabe mit höchster Priorität. Hierzu bedarf es der Auswertung und Weiterentwicklung von Zielgruppenansprachen sowie der Etablierung inklusiver Angebote. 6. Öffentliche Wahrnehmung und Wertschätzung der kulturellen Bildung steigern Die Informations- und Öffentlichkeitsarbeit zur Wirkung kultureller Bildungsprojekte wird weiter verstärkt, um den wichtigen Beitrag von Kultureinrichtungen in der aktuellen Bildungsdebatte sichtbar zu machen. Die Erfahrungen aus der kulturellen Bildung fließen in die Weiterentwicklung der Kultureinrichtungen ein. 7. Kulturelle Bildung als kommunale Querschnittsaufgabe verschiedener Fachverwaltungen verankern Bereits etablierte Strukturen werden für Absprachen und zur Weitergabe von Informationen genutzt. 22 ANHANG 1 Jour fixe kulturelle Bildung, Fachtage und Fortbildungsveranstaltungen im Bereich kulturelle Bildung unter Federführung oder in Kooperation mit dem Kulturamt. Datum Veranstaltung Ort 2011 13.01.2011 Fachtag: „Kulturelle Bildung im Kontext von VHS Ganztagsangeboten“ Veranstalter: Kulturamt, Schulverwaltungsamt in Kooperation mit der Volkshochschule (VHS) und der Sächsischen Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig (SBAL) Referenten: Herr Sprink, VHS, Herr Busch, Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, Frau Reißmann, SBA L, Impulsgeber Praxisprojekte aus verschiedenen Schulen und Kulturinstitutionen. 24.01.2011 Jour fixe kulturelle Bildung Galerie für Thema: Zugang zu benachteiligten Kindern und Zeitgenössische Jugendlichen Kunst Ziele: Kennenlernen von Best-Practice Projekten. Diskussion über die Möglichkeiten, diese besondere Zielgruppe mit kulturellen Projekten zu erreichen. Gäste: Katja Meier, Inernationaler Bund e. V. „Kinderpaten Leipzig“, Jonas Klinkenberg, Lindenfels Westflügel e. V. „Kinderkulturpaten“, Susanne Lose, Fairbund e. V. „Elternkurse“. 14.03.2011 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten Ziele: Kenntnis des Bildungsplans der Kindertagesstätten mit besonderem Fokus auf dem Aspekt der kulturellen/ästhetischen Bildung, Verständigung über die gegenseitigen Wünsche an eine Kooperation, Diskussion über die speziellen Anforderungen der ZG 3-6 Jährige) Gäste: Frau Hackl, Fachberaterin Kindertagesstätten, Frau Kuhnert, Leiterin Kindertagesstätte Kantatenweg, Frau Ebert, stellvertretende Leiterin der Kindertagesstätte Kantatenweg Grassi Museum für Angewandte Kunst 16.05.2011 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Weiterbildung, Kompetenznachweis Kultur Ziele: Kennenlernen von Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich der kulturellen Bildung. Diskussion zu Möglichkeiten der gegenseitigen Unterstützung, Austausch von Erfahrungen Gäste: Jürgen Reichel, Personalberater RMS Haus Steinstraße e. V. 1 Reichel Consulting GmbH, Sandra Böttcher, Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung 20.06.2011 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Diskussion des Entwicklungskonzeptes kulturelle Bildung 2012- 2015 Ziel: Festlegung der wichtigsten Schwerpunkte und Leitsätze für das Konzept Kulturamt 19.09.2011 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Zusammenarbeit mit Schule Ziel: Kenntnis der neuen Struktur der Bildungsagentur, Erarbeitung von Lösungsvorschlägen für die bessere Kommunikation zwischen Schule und Kulturinstitutionen Gäste: Hans-Rudi Fischer, Abteilungsleiter, SBA L, Angelika Wiesner, Referatsleiterin SBA L Verabredung: Erarbeitung eines Informationsmaterials für Schulen zusammen mit Bildungsagentur und Schulleitungen Museum für Druckkunst 15.11.2011 Workshop „Erarbeitung einer Informationsbroschüre kulturelle Bildung für Schulen“ Veranstalter: Kulturamt, Lernen vor Ort, Sächsische Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig Teilnehmer/-innen: Schulleiter/-innen aller Schultypen, Vertreter von Kultureinrichtungen, SBA L, Kulturamt, Lernen vor Ort Sächsische Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig 21.11.2011 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Zusammenarbeit mit Schule Ziel: Festlegung eines Rasters / Suchkriterien für den Gesamtkatalog kulturelle Bildung Gäste: Hans-Rudi Fischer, Abteilungsleiter SBA L, Angelika Wiesner, Referatsleiterin SBA L Sächsische Bildungsagentur Regionalstelle Leipzig 2012 16.01.2012 Jour fixe kulturelle Bildung Kulturamt Thema: Auswertung Jour fixe kulturelle Bildung 2011, Aufstellung der Jahresplanung 2012 28.01.2012 Fortbildungsveranstaltung „Kinder und Jugendliche mit besonderen Herausforderungen im Kontext von Kulturkooperationen“ Veranstalter: Kulturamt in Kooperation mit dem Bach-Museum Teilnehmer/-innen: Pädagog/-innen von Kultureinrichtungen, Lehrer/-innen Referentin: Dipl. Sozialpädagogin Brigitte Hammer Bach-Museum 13.02.2012 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Statistik Ziele: Entwurf eines handhabbaren statistischen Lernen vor Ort 2 Fragebogens. Erhebung von Daten zur kulturellen Bildung für eine Sonderpublikation zum Thema kulturelle Bildung durch Lernen vor Ort und den Bildungsbericht. Gäste: Tobias Habermann, Mario Bischof, Lernen vor Ort 19.03.2012 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Zusammenarbeit von Horten und Kulturinstitutionen Ziele: Kenntnis der Strukturen, Bedingungen und Herausforderungen in der Zusammenarbeit. Besprechung gemeinsamer Ziele zwischen den Vertretern der Kultureinrichtungen und Hortleitungen Gäste: Frau Greif, Sachgebietsleitern Horte, AfJFB, Frau Triandafillidu Fachberaterin Horte, AfJFB, Hortleiterinnen Verabredung: Vorstellung der Kulturinstitutionen in den sog. „Hortsprengeln“ während der offiziellen Treffen des nächsten halben Jahres. Geyserhaus e. V. 21.05.2012 Fachtag „Konzepte für die Erreichung Jugendkulturwerksta bildungsbenachteiligter Zielgruppen“ tt JOJO Veranstalter: Kulturamt, Lernen vor Ort in Kooperation mit der Jugendkulturwerkstatt JOJO Ziele: Vorträge, Best-Practice und Diskussion zu den Erfahrungen und Möglichkeiten von Kultureinrichtungen in Hinsicht auf die Zielgruppe der sog. Benachteiligten. Referent/innen: Dr. Christine Range, Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung (LKJ), Tabea Krämer, Hans-Georg Pachmann, Fördergesellschaft TdJW, Oliver Reiner, LeISA gGmbH „Kulturloge“, Alexandra Friedrich, GfZK, Julia Kurz, GfZK, Lena Seik, GfZK „Zukunftswerkstatt fürs Leben Lernen“, Tobias Habermann, Lernen vor Ort, Ute Eidson, Jugendkulturwerkstatt JOJO, Solveig Hoffmann, Jugendkulturwerkstatt JOJO 18.06.2012 Jour fixe kulturelle Bildung Zeitgeschichtliches Thema: Zusammenarbeit mit Schule Forum Ziele: Alle TN kennen den fertigen Katalog „kulturelle Bildung in Leipzig“ und übernehmen Verantwortung dafür, dass die Materialien regelmäßig aktualisiert werden. Es werden weitere Strategien für die zukünftige Zusammenarbeit mit Schule entwickelt. Gäste: Angelika Wiesner, Referatsleiterin SBA L Verabredung: Gemeinsame Erarbeitung und Umsetzung einer Fortbildungsreihe für Lehrer und Kulturvermittler 3 16.07.2012 Jour fixe kulturelle Bildung Museum der Thema: Zusammenarbeit von Kulturinstitutionen und bildenden Künste Kindertagesstätten Ziele: Verständigung über die gegenseitigen Wünsche an eine Kooperation. Ideensammlung zu möglichen Projekten. Gäste: Stephan Hoffmann, Amt für Kultur und Denkmalschutz, Dresden, Annika Römisch, Eigenbetriebe Kindertagesstätten Dresden. Vorstellung des Dresdner Programms „Kulturelle Bildung an Kindertagesstätten“ (KuBiK) 17.09.2012 Jour fixe kulturelle Bildung MedienpädagogiThema: Einführung in die Arbeit des sches Zentrum Medienpädagogischen Zentrums und der Schulbibliotheken / Schulbibliothekarische Arbeitsstelle Ziele: Kenntnis der Strukturen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Bereich kulturelle Bildung Gäste: Herr Loos, Herr Hickfang, Medienpädagogisches Zentrum, Frau Liebich, stellvertretende Schulleiterin Humboldt-Gymnasium, Frau Müller, AfJFB, Frau Günther, Schulbibliothekarische Arbeitsstelle, Frau Sommerfeld, Mitarbeiterin Schulbibliothek Verabredung: Fortbildungsreihe für Bibliotheksmitarbeiterinnen der Schulbibliotheken in den Kultureinrichtungen. Bereitstellung von kostenfreien Materialien aus den Kultureinrichtungen und des Ordners kulturelle Bildung für die Schulbibliotheken und Leseräume. 15.10.2012 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Vorstellung des neuen Förderprogramms des BMBF: „Kultur macht stark“ Ziele: Kenntnis dieser neuen Fördermöglichkeit. Austausch zu den Bundesverbänden, die Gelder verwalten werden. Kulturamt 2013 25.02.2013 Fortbildungsveranstaltung „Schule trifft Kultur – Leipziger Städtische Kultur empfängt Schule“ Bibliotheken Veranstalter: Kulturamt, SBA L in Kooperation mit den Leipziger Städtischen Bibliotheken. Teilnehmer/-innen: Lehrerinnen und Lehrer verschiedener Schularten, Vertreter/-innen von Kulturinstitutionen. 21.03.2013 Jour fixe kulturelle Bildung Vorweg: Führung durch das Schulmuseum Thema: Auswertung Jour fixe 2012 und Themensetzung 2013. Schulmuseum 4 Ziele: Festlegung Themen 2013. Untersetzung Schwerpunkte Entwicklungskonzept kulturelle Bildung. 18.02.2013 Jour fixe kulturelle Bildung Vorweg: Führung durch die sanierte Stadtbibliothek Thema: Qualität und (Selbst-)Evaluation. Ziele: Austausch zu Bewertungskriterien und -methoden in den Kultureinrichtungen Leipziger Städtische Bibliotheken 15.04.2013 Jour fixe kulturelle Bildung Vorweg: Führung durch das Deutsche Buch- und Schriftmuseum Thema: Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten. Ziel: Kenntnis der Wünsche und Erwartungen von Kindertagesstätten an Angebote im Vorschulbereich. Ideensammlung zu Kooperationsprojekten Gäste: Frau Köbler, bbw, Frau Soldner, Leiterin Kita Hohe Straße, Frau Jacker, ITE Altestraße, Frau Gebhardt, ITE Altestraße, Herr Harig, Leiter Kindergarten Fröbelchen Verabredung: Weiterentwicklung eines Stempelbuchs für Kindertagesstätten in einer kleineren Arbeitsgruppe. Umsetzung sobald Finanzierung geklärt. Deutsches Buchund Schriftmuseum 17.06.2013 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Überarbeitete Richtlinie Ganztagsangebote, Entwicklungen im Programm Kultur macht stark. Vorstellung Entwurf Stempelbuch für Kindertagesstätten Ziel: Chancen und Grenzen der neuen Richtlinie kennenlernen. Gäste: Frau Willhöft, SBA L, Frau Dr. Schilling, AfJFB, Frau Dr. Range, LKJ Kulturamt 02.07.2013 Abschlussveranstaltung Netzwerkprojekt Kultur Neues Rathaus und Schule Kooperationsprojekt des Kulturamtes mit der Sächsischen Bildungsagentur Regionalstelle Leipzig, gefördert durch das SMWK. Präsentation der Ergebnisse aus sechs Tandemprojekten. Teilnehmer/-innen: Kinder und Jugendliche, Pädagog/-innen und Lehrer/-innen aus folgenden Einrichtungen: Bach Museum, 68. Oberschule, Albert-Schweitzer Schule, Haus Steinstraße e. V. , Keplergymnasium – Halle 14 e.V., Petrischule, Theater der Jungen Welt, Schillerschule, Geyserhaus e. V., Sportmittelschule, Oper 5 06./07.09. 2013 Kongress und Preisverleihung „Mixed up“ Bundesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung, BMFSFJ in Kooperation mit dem Kulturamt und dem Museum der bildenden Künste Auszeichnung von besonders erfolgreichen Kooperationsprojekten Kultur + Schule Museum der bildenden Künste 16.09.2013 Jour fixe kulturelle Bildung Schauspiel Leipzig Vorweg: Führung durch das Schauspiel Leipzig Thema: Qualität. Ziel: Entwicklung von handhabbaren Qualitätskriterien, die spartenübergreifend anwendbar sind Verabredung: Weiterarbeit in kleinerer Arbeitsgruppe mit dem Ziel einen Qualitätsrahmen für die kulturelle Bildung in Leipzig zu entwerfen. 18.11.2013 Jour fixe kulturelle Bildung Stadtgeschichtliches Vorweg: Führung durch die Ausstellung im Alten Museum, Altes Rathaus Rathaus Thema: Vorhaben kulturelle Bildung 2014 und Jubiläumsjahr 2015 Ziele: Pädagogen kennen die Ausrichtung der geplanten Projekte und Programme der anderen Einrichtungen. Es entstehen gemeinsame Veranstaltungen für das Jubiläumsjahr. Ausbau der Kooperation mit der Universität. Gäste: Herr Weise, Referent 1000 Jahre Leipzig, Herr Sindermann, Universität Leipzig, Zentrum für Lehrerbildung und Schulforschung Verabredung: Herr Sindermann konzipiert eine Ringvorleseung für Lehramtsstudenten. Diese wird in verschiedenen Kultureinrichtungen der Stadt stattfinden. Absprachen erfolgen bilateral. 09.12.2013 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Themen und Formate Jour fixe kulturelle Bildung 2014 Zeitgeschichtliches Forum Jour fixe kulturelle Bildung Vorweg: Führung durch das Unikatum Kindermuseum Thema: Qualität Ziel: Abstimmung des in einer kleineren Arbeitsgruppe erarbeiteten Qualitätsrahmens zur kulturellen Bildung Verabredung: Gemeinsam verabschiedeter Qualitätsrahmen wird auf leipzig.de veröffentlicht, dem SMWK zur Verfügung gestellt und zukünftig bei der Auswertung von Projekten in Leipzig zugrunde gelegt. Unikatum Kindermuseum 2014 20.01.2014 6 17.03.2014 Fachtag: Bündnisse für Bildung Theatrium Veranstalter: Kulturamt in Kooperation mit der Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung und dem Theatrium Ziele: Akteure aus den unterschiedlichsten Bereichen geben Hinweise zu ihren Erfahrungen mit dem Programm: Antragstellung, Umsetzung, Erfahrungen mit der Zielgruppe bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche. Möglichkeiten Partner für die gemeinsame Antragstellung zu finden. Referentin: Frau Dr. Range, LKJ 09.04.2014 Kulturforum „Visionen und Strategien kultureller Neues Rathaus Bildung“ Veranstalter: Kulturdezernat in Kooperation mit dem Kulturamt Referenten: Prof. Dr. Isabella Reinwand-Weiss, Rat für kulturelle Bildung, Dr. Daniel Tyradellis, Kurator, Frau Grün, Netzwerk junge Ohren, Frau Prof. Dr. Hilger, PwC-Stiftung, Herr Dr. Bernd Liebau, 94. OS, Herr Prof. Dr. Jäschke, SMWK, 19.05.2014 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Inklusive Projekte im Museum Ziele: Einführung in das Thema Inklusion. Gemeinsame Begriffsbestimmung. Austausch von Erfahrungen Gäste: Frau Prof. Dr. Popp, Universität Leipzig Verabredung: Thema soll weiterverfolgt werden. Gegenseitige Einladung zu Veranstaltungen / Fortbildungen zum Thema Inklusion. Museum der bildenden Künste 16.06.2014 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Netzwerkprojekte. Pakete schnüren Ziele: Vorstellung Stempelheft für Kindertagesstätten. Erster Entwurf und Ergebnisse der Befragung von Kindern aus Kindertagesstätten. Kennenlernen weiterer Netzwerkprojekte Kulturamt 26.06.2014 5. Leipziger Bildungskonferenz: Neues Rathaus Schule + Kultur = Schulkultur? Veranstalter: Lernen vor Ort in Kooperation mit dem Kulturamt und der Sächsischen Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig Teilnehmer/-innen: Verterter/-innen Kultureinrichtungen, Lehrer/-innen, Schulleiter/-innen, Verwaltung 07.10.2016 Fortbildungsveranstaltung „Migranten, Galerie für Flüchtlinge, Wohnsituation, rechtliche Zeitgenössische Hintergründe und Grundlagen der interkulturellen Kunst Kommunikation“ Veranstalter: Kulturamt Leipzig in Kooperation mit 7 dem Referat für Migration und Integration, Projekt Resque Plus Teilnehmer/-innen: Pädagog/-innen aus unterschiedlichen Kulturinstitutionen und -vereinen. 13.10.2014 Jour fixe kulturelle Bildung Neues Rathaus Thema: Angebote für eine Zielgruppe mit Migrationshintergrund Ziele: Austausch zu Erfahrungen mit Projekten mit der Zielgruppe Menschen mit Migrationshintergrund. Kollegiale Beratung zu Herausforderungen Vereinbarung: Der Fortbildungsbedarf wird weiterhin als hoch eingeschätzt. Weitere Veranstaltungen sollten folgen 17.11.2014 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Zusammenarbeit mit dem Allgemeinen Sozialdienst Leipzig (ASD). Ziele: Kenntnis der Arbeit des ASD. Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Best-Practice Beispiele Gast: Frau Bechmann (ASD) Vereinbarung: Konzept zur Zusammenarbeit ASD und Kultureinrichtungen soll von einer kleineren Gruppe erarbeitet werden und beim BMFSFJ als Modellprojekt eingereicht werden. Federführung: Haus Steinstraße e. V. 15.12.2014 Jour fixe kulturelle Bildung Haus Steinstraße Thema: Auswertung Jour fixe kulturelle Bildung 2014 e. V. und Verabredungen für 2015 Kulturamt 2015 26.01.2015 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Auswertung des Entwicklungskonzeptes kulturelle Bildung 2012-2015. Erarbeitung weiterführender Schwerpunkte Ziele: Feststellung der Entwicklungen und der weiteren bzw. zukünftigen Herausforderungen Kinder- und Jugendkulturzentrum O.S.K.A.R. 16.03.2015 Jour fixe kulturelle Bildung Vorweg: Führung durch das Gewandhaus. Vorstellung der Programme im Bereich kulturelle Bildung Thema: Arbeitsschwerpunkte 2015. Besonderer Fokus auf dem Jubiläumsjahr Ziel: Kenntnis neuer Ansätze, Kooperationsbedarfe, Unterstützungsbedarfe verschiedener Träger Gäste: Frau Prof. Dr. Weiß, HTWK „Weiterbildungsmaster Museumspädagogik“ Verabredung: Es soll einen weiteren Fachtag Kultur und Schule geben, mit dem Ziel, die Bedarfe der anderen kennenzulernen und neue Kooperationen Gewandhaus 8 ins Leben zu rufen. 17.04.2015 Fachtag: Das Bundesprogramm „Kultur macht Galerie für stark – Bündnisse für Bildung“. Chancen für die Zeitgenössische kulturelle Bildung in Sachsen. Eine Kunst Zwischenbilanz. Veranstalter: Landesvereinigung kulturelle Kinderund Jugendbildung in Kooperation mit dem Kulturamt und der Galerie für Zeitgenössische Kunst Teilnehmer/-innen: Unterschiedlichste Akteure, die bereits im Bundesprogramm aktiv sind oder es zukünftig werden wollen. Referent/-innen: Frau Bürvenich, BMBF, Frau Hübner, BKJ, Herr Weppler, Paritätisches Bildungswerk, Dr. Feist, Mitglied des Bundestages, Herr Dr. Haase, SMWK, Herr Seifert, SMK, Frau Geinitz, Kulturraum Vogtland-Zwickau, Frau Kucharski-Huniat, Kulturamt Leipzig 18.05.2016 Jour fixe kulturelle Bildung Halle 14 e. V. Vorweg: Führung durch die Ausstellung der Halle 14 e. V. und Einblick in der kulturelle Bildungsprogramm Thema: Inklusion. Teilhabeplan der Stadt Leipzig Ziel: TN kennen den Stand der Erarbeitung des Teilhabeplans. Austausch zu Herausforderungen in der Arbeit mit inklusiven Gruppen im kulturellen Bereich. Erarbeitung konkreter Maßnahmen, die in den Teilhabeplan aufgenommen werden könnten. 15.06.2015 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Weiterführung der Auswertung und des Ausblicks „Entwicklungskonzept kulturelle Bildung“ Zusammenstellung aller schriftlicher Zuarbeiten. Diskussion der Ergebnisse. Kulturamt 06.07.2015 Fachtag: „Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten - Auswertung des Stempelbuchs“ Veranstalter: Kulturamt in Kooperation mit dem AfJFB und den Museen im Grassi Teilnehmer/-innen: Vertreterinnen von Kitas, Kultureinrichtungen, AfJFB, Kulturamt. Ziel: Anpassung des Stempelbuchs an Bedarfe der Kitas und Kultureinrichtungen. Kennenlernen der Angebote für Vorschulkinder in den drei Grassis und der beteiligten Kulturinstitutionen Verabredung: Stempelbuch geht mit Anpassungen in eine zweite Runde. Parallel soll mind. 1 Veranstaltung für die Vernetzung von Kultureinrichtungen und Kitas stattfinden Grassi Museum für Völkerkunde, für Musikinstrumente, für Angewandte Kunst 14.09.2015 Jour fixe kulturelle Bildung Buchkinder e. V. Vorab: Führung durch den Buchkindergarten und die 9 Buchkinderwerkstatt Thema: Zusammenarbeit mit Hort / Grundschule / GTA Ziel: Möglichkeiten der Verbesserung der Zusammenarbeit Kulturinstitutionen / Hort / Grundschule Gäste: Frau Triandafillidu, AfJFB, Frau Willhöft, SBAL 23.11.2015 Jour fixe kulturelle Bildung Vorab: Theaterpädagogische Methoden zur Arbeit mit heterogenen Gruppen Thema: Angebote der kulturellen Einrichtungen im Hinblick auf steigende Flüchtlingszahlen Ziel: Kenntnis der unterschiedlichen Konzepte und Angebote. Erarbeitung von Empfehlungen und Achtungszeichen in der Entwicklung von Angeboten für die Zielgruppe Geflüchtete. Schauspiel Leipzig 2016 21.01.2016 Fachtag: Kulturelle Bildung im ganztägigen Galerie für Schulalltag im Kontext von Migration. Zeitgenössische Veranstalter: AfJFB, Kulturamt in Kooperation mit der Kunst SBA L, dem Referat für Migration und Integration und der Galerie für Zeitgenössischen Kunst Teilnehmer/-innen: DAZ-Lehrer/-innen, Schul- und Hortleiter/-innen, Vertreter/-innen von Kulturinstitutionen 25.01.2016 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Auswertung Jour fixe 2015 und Themenfindung 2016 Schulmuseum 21.03.2016 Jour fixe kulturelle Bildung Thema: Internationale Projekte, Eurocities Ziel: Vorstellung Best-Practice Erfahrung in internationalen Projekten. Austausch zu Impulsen aus dem Städtenetzwerk Eurocities Gäste: Frau Kucharski-Huniat, Kulturamt Kulturamt 18.04.2016 Jour fixe kulturelle Bildung Vorab: Theaterpädagogische Methoden zur Arbeit mit der Zielgruppe Thema: Zielgruppe Erwachsene, 60+ Ziel: Austausch zu Erfahrungen mit der Benennung/Ansprache der Zielgruppe und besonderen Angebotsformaten. Vorbereitung der Tagung der Arbeitsgruppe 60+ des Bundesverbands Museumspädagogik im Herbst in Leipzig Zeitgeschichtliches Forum 10 Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ KULTURENTWICKLUNGSPLANUNG Entwicklungskonzept 2016 – 2020 Soziokultur Entwurf Stand 10.05.2016 Inhalt Vorwort 1. Begriffsbestimmung und Grundlagen …..................……………..………. 2 1.1. Arbeitsgrundlagen .................................................................................... 2 1.2. Begrifflichkeit und Soziokultur in Leipzig .................................................. 3 2. Entwicklungen 2011 - 2015....................................................................... 5 2.1. Förderung ………………............................................................................ 5 2.2. Sicherung der soziokulturellen Angebotsstruktur………………………….. 7 2.3. Stadträumliche Entwicklung unterstützen …………………………………. 8 2.4. Stärkung sozialer Integration ………………………………………………. 9 2.5. Demokratieförderung und interdisziplinäre Bildungsarbeit ……………….. 9 3. Fortschreibung der Ziele und Handlungsableitungen ............................... 10 3.1. Sicherung der soziokulturellen Angebotsstruktur und bedarfsgerechte Anpassung/ Erweiterung ………….………………………………………… 10 3.2. Stadträumliche Entwicklung unterstützen ………………………………… 12 3.3. Stärkung sozialer Integration und gesellschaftlicher Teilhabe ……….…… 14 3.4. Demokratieförderung und interdisziplinäre Bildungsarbeit …………….…. 16 4. Weitere Aufgabenstellungen…………………………………………….…… 17 4.1. Soziokultur im Kontext zu ressortübergreifenden Aufgabenstellungen … 17 4.2. Rolle des bürgerschaftlichen Engagements in der soziokulturellen Arbeit 18 4.3. Zukunftsfähigkeit der soziokulturellen Zentren und Projekte…………….. 18 ________________________________________ -1- Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ Vorwort Das Entwicklungskonzept Soziokultur 2011-2015 wurde als Untersetzung der Kulturentwicklungsplanung 2008 - 2015 erarbeitet. In ihm wurden die bis zu diesem Zeitpunkt getrennten Fachgebiete Stadtteilkultur, Soziokultur und Sozialkultur gemeinsam betrachtet, da es sich in jedem Falle um Praxisformen einer „Kultur von/mit allen“ handelt, die sich gleichermaßen durch Alltags- und Wohnortnähe sowie gleichberechtigte Zugangs- und Mitwirkungsmöglichkeiten für alle Bürger der Stadt (Teilhabe/Inklusion) auszeichnen. In der Umsetzung des Konzeptes erwies sich, dass alle drei Bereiche Schnittmengen miteinander haben, aber nicht ausschließlich unter soziokulturellen Kriterien betrachtet werden können. Im hier vorliegenden Konzept 2017 - 2020 werden Entwicklungen und Zielstellungen im Bereich Stadtteilkultur, die über soziokulturelle Kriterien hinaus gehen, zusätzlich aufgenommen, Aufgabenstellungen, die sich in der Sozialkultur u. a. aus dem aktuell entstehenden Teilhabeplan ergeben, werden in die Arbeitsansätze eingebettet. Dem Subsidiaritätsprinzip folgend, anerkennt und fördert die Stadt Leipzig die freie Trägerschaft als tragende Säule aller Aktivitäten in der Sozio- und Stadtteilkultur. Stadtteilkultur als kommunales Handlungsfeld umfasst darüber hinaus auch eigene Aktivitäten des Kulturamtes in den Stadtteilen bzw. im Rahmen ämterübergreifender Maßnahmen zur Gestaltung des Lebensumfeldes der Leipziger Bürgerinnen und Bürger. Auf der Basis des städtischen Entwicklungskonzeptes werden für die Jahre 2017 - 2020 mittelfristige Konzepte der soziokulturellen Zentren erarbeitet - die gegenwärtig aktuellen mittelfristigen Konzepte enden mehrheitlich im Jahr 2016. Eine Übersicht wird dazu ergänzende über die Arbeit der einzelnen Zentren dokumentieren, weshalb hier auf weiterführende Informationen zu den einzelnen soziokulturellen Zentren verzichtet wird. 1. Begriffsbestimmung und Grundlagen 1.1. Arbeitsgrundlagen Die Arbeitsgrundlagen für das Entwicklungskonzept Soziokultur haben sich in den letzten Jahren verändert bzw. befinden sich aktuell selbst in der Fortschreibung. Der Kulturentwicklungsplan 2016 – 2020 benennt insbesondere das fortzuschreibende Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK) mit den hier definierten vier Oberzielen als verbindliche Grundlage kommunalpolitischen Handelns. Für den Bereich Sozio- und Stadtteilkultur ist neben dem Ziel „Leipzig setzt auf Lebensqualität“ das Ziel „Leipzig schafft soziale Stabilität“ von grundsätzlicher Bedeutung. Besonders bei diesem Ziel stehen gesellschaftliche Teilhabe, Integration und Chancengerechtigkeit, aber auch lebenslanges Lernen und aktives bürgerschaftliches Engagement im Fokus. Neben den bereits im Kulturentwicklungsplan 2016 - 2020 benannten Grundlagen sind insbesondere folgende relevant für die Arbeit im Bereich Sozio- und Stadtteilkultur: (1) Kriterienkatalog Soziokultur des Landesverbandes Soziokultur e. V. 2013 (2) Teilhabeplan der Stadt Leipzig (in Erarbeitung) (3) Gesamtkonzept Integration und Migration der Stadt Leipzig (4) (5) Integrierte Stadtteilentwicklungskonzepte für den Leipziger Osten, Schönefeld, den Leipziger Westen, die Georg-Schumann-Straße und Grünau Planungsraumkonzepte des Amtes für Jugend, Familie und Bildung ________________________________________ -2- Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ 1.2. Begrifflichkeit und Soziokultur in Leipzig „In den 1970er Jahren forderte Hermann Glaser, dass jegliche Kultur Soziokultur sein solle. Seither ist der Begriff der Soziokultur nicht eindeutiger geworden, er entzieht sich der Abgrenzung und genauen Definition. Umso lebendiger und konkreter ist die dahinter stehende Kulturarbeit.“ 1 Aus der Literatur und der öffentlichen Debatte ist eine einheitliche Definition von Soziokultur nicht zu gewinnen. Es ist möglich, Arbeitsmethoden und Arbeitsweisen zu beschreiben, auch Merkmale und Ziele. Das Entwicklungskonzept stützt sich daher primär auf den Kriterienkatalog des Landesverbandes Soziokultur Sachsen e. V., der die Wirkungsfelder und Arbeitsweisen von Soziokultur beschreibt und Kriterien für die Zuordnung zu dieser Kultursparte benennt. Soziokultur in der Stadt Leipzig hat eine deutliche inhaltliche Ausrichtung und ist wichtiger gleichberechtigter Bestandteil einer vielfältigen Kulturlandschaft. Die Rolle von Soziokultur ist dabei klar umrissen: Sie nimmt wie ein Seismograf sehr sensibel und frühzeitig gesamtgesellschaftliche Themen auf, transportiert sie in die Gesellschaft, beginnt aber auch gleichzeitig Angebote und Lösungen zu entwickeln. Beispiele hierfür sind Themen wie Integration von Flüchtlingen, interkulturelle Öffnung, demografischer Wandel, Inklusion, Vernetzung und kulturelle Bildung, die schon sehr früh auf der Agenda der soziokulturellen Praxis standen. Das ist grundsätzlich deshalb möglich, weil Soziokultur durch ihre Arbeitsweise ganz nah an den Bedürfnissen der Menschen und den Entwicklungen in der Gesellschaft dran ist. Soziokultur ist die am engsten an das Gemeinwesen und bürgerschaftliches Engagement gebundene Kultursparte. Sie nimmt soziale Defizite und Potenziale wahr, greift sie auf, wendet sich bewusst allen Bürgerinnen und Bürgern zu, unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialer, ethnischer und geografischer Herkunft. „Soziokultur als Methode“ ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und hat sich längst in vielen kulturellen und gesellschaftlichen Bereichen durchgesetzt und wird von den Einrichtungen der Hochkultur und Vereinen mit verschiedenen kulturell-künstlerischen oder inhaltlichen Ausrichtungen angewandt. Das belegen insbesondere auch die Aussagen zum zweiten Schwerpunkt der Kulturentwicklungsplanung - Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt. Soziokultur bezieht schon von je her „alle Gesellschaftsschichten ein, fördert den Dialog – sowohl generationsübergreifend als auch interkulturell – und ermöglichen so den vielfältigen Milieus, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“. „Basierend auf einem weiten, partizipativen Kulturbegriff ist Soziokultur offen für unterschiedlichste kulturelle Konzepte aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen. Sie setzt auf Beteiligung ihrer NutzerInnen. Sie steht für eine demokratische Aktivierung und befähigt die BürgerInnen, ihre Teilhaberechte wahrzunehmen. Soziokultur initiiert neue Formen bürgerschaftlichen Engagements und wirkt der sozialen Spaltung der (städtischen) Gesellschaft entgegen. Darin liegt ihre Stärke. Diesen Ansatz bringt sie vehement in die Kulturpolitik ein.“2 Wesentliche Merkmale von Soziokultur sind: - die Offenheit des Zugangs zu Kunst und Kultur für alle Alters- und sozialen Gruppen durch die alltägliche Präsenz der Orte (soziokulturelle Einrichtungen, öffentlicher Raum) im Lebensumfeld der Menschen - die Überwindung der tradierten Trennung von professioneller künstlerischer Produktion und kreativem Schaffen aller einerseits und zwischen Kunstproduktion und -rezeption andererseits durch entsprechende Angebots- und Partizipationsstrukturen 1 Bundesvereinigung der Soziokulturellen Zentren e. V.; www.soziokultur.de: Begriff Soziokultur H.-Jörg Sievert „Wirkungsweisen der Soziokultur für Stadtteile, Regionen und ländliche Räume“ (Handbuch Soziokultur der Stiftung Niedersachsen) 2 ________________________________________ -3- Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ - die spartenübergreifende Sicht auf Kunst und Kultur, indem sie die tradierte Trennung der künstlerischen Genres in der Vielfalt ihrer Angebote überwindet - die Einbindung künstlerischer Prozesse in die Kommunikation und Gestaltung der alltäglichen Lebensprozesse der Menschen - die Beteiligungsorientierung, die generations- und milieu-übergreifend potenziell alle Bevölkerungsgruppen zur Entwicklung und Nutzung ihrer kreativen Potenziale anregt - die besondere Zuwendung für sozial benachteiligte Gruppen, um Integrationschancen zu verbessern - das Interdisziplinäre und die enge Verflechtung von Kultur-, Jugend-, Bildungs- und Sozialarbeit - die Verflechtung der institutionalisierten, auf Dauer angelegten Arbeit in den Einrichtungen mit der Experimentalität und Flexibilität der Projektmethode - die freie Trägerschaft der soziokulturellen Einrichtungen und Projektträger mit den Potentialen demokratischer Selbstorganisation und -verwaltung Der für die Soziokultur exemplarische integrative Arbeitsansatz von sozialpädagogischer Begleitung, künstlerischer Anleitung und Ermutigung zur Selbstorganisation ist auch in Leipzig ein erfolgreiches Konzept. Die Orientierung soziokultureller Programmatik und Praxis auf Gemeinwesen und Interessen der Bürgerinnen und Bürger ist der Grund, dass Soziokultur in enger Wechselwirkung zu anderen „außerkulturellen“ Lebensbereichen steht. Soziokulturelle Arbeitsfelder richten sich daher neben den vielfältigsten Formen kulturell-künstlerischen Schaffens einschließlich der kulturellen Bildung auch auf Problemlagen in der Jugend- und Sozialarbeit, der Integration von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten, der Demokratieentwicklung, der Stadt- und Stadtteilgestaltung u. v. a. m. Damit sind vielfältige Schnittstellen zu anderen städtischen Bereichen und Fachplanungen wie z. B. Jugend, Familie und Bildung, Stadtentwicklung, Soziales, Migration und Integration gegeben. In Leipzig finden sich beide Grundorientierungen soziokultureller Arbeit: ein überwiegend stadtteil- bzw. zielgruppenorientierter Ansatz und der kulturell-künstlerische Ansatz, wobei der erste Ansatz zukünftig mehr Gewicht erhalten muss. Die soziokulturellen Zentren verfügen über ein jeweils spezifisches Profil, das der Gewichtung und Vernetzung der aus dem sozialen Umfeld und den eigenen Ressourcen abgeleiteten Arbeitsfeldern entspricht. Sie wenden sich an alle Generationen - Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und zunehmend Seniorinnen und Senioren bzw. Menschen, die aus dem Erwerbsleben ausscheiden, sind die Hauptnutzer. 2. Entwicklungen 2011 - 2015 / Sachstand Die im Entwicklungskonzept Soziokultur 2011 - 2015 festgelegten Ziele und Handlungsableitungen und eine Vielzahl der darin enthaltenen Maßnahmen wurden umgesetzt. Die grundlegenden Ziele sind weiterhin aktuell und können im Wesentlichen fortgeschrieben und den aktuellen Rahmenbedingungen angepasst werden, präzisierte und neue Aufgaben werden den Entwicklungsprozess bis 2020 begleiten. Leipzig verfügt über ein stabiles Netz von soziokulturellen Zentren und Einrichtungen mit soziokulturellen Angeboten, das - bedingt durch seine Entstehungsgeschichte, die vor mehr als 25 Jahren mit dem gesellschaftlichen Umbruch begann - bei einer sehr ungleichen Verteilung im Stadtraum. Die Trägervereine von sechs ehemals kommunalen oder betrieblichen Einrichtungen - Conne Island, Frauenkultur, Haus Steinstraße, Kultur- und Kommunikationszentrum naTo, Mühlstraße 14, Stadtteilzentrum Anker - haben auf der sicheren Basis institutioneller Förderung ihre jeweiligen Gründungsideen umgesetzt, spezifische Profile ausgebildet und zugleich auf die ________________________________________ -4- Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ infrastrukturelle und soziale Situation des unmittelbaren Umfelds reagiert. Zur Absicherung ihrer Arbeit wurden - beispielhaft in Deutschland - erstmals 1991 Rahmenvereinbarungen mit den Trägervereinen abgeschlossen, die klare Prioritäten bei der Förderung gesetzt haben. Diese wurden über einen langen Zeitraum kontinuierlich erneuert und endeten planmäßig 2013. Die vertragliche Bindung mit der Stadt schuf und sicherte Stabilität wie Kontinuität. Sie war für beide Seiten wertvolles Planungs- und Steuerungsinstrument, für die Zentren Grundlage für quantitative (Programmumfang, Haushaltsvolumen, Akquise von Drittmitteln) wie qualitative (Professionalisierung, Kooperationen, Netzwerke) Entwicklungen. Unabhängig davon entwickelten sich durch die Umnutzung geeigneter Immobilien durch freie Kulturinitiativen weitere erfolgreich arbeitende soziokulturelle Zentren (GeyserHaus, Werk 2 Kulturfabrik, VILLA), deren Arbeit ebenfalls im Rahmen einer institutionellen Förderung abgesichert wurde und wird. Im Jahr 2009 wurde dieses Spektrum um das Ariowitsch-Haus erweitert, ein Kultur- und Begegnungszentrum für jüdische Kultur, und 2013 wurde die Betreibung des Begegnungszentrums Wiederitzsch, das 1999 im Rahmen der Eingemeindung an die Stadt Leipzig fiel, an den Verein GeyserHaus e. V. übergeben. Im Jahr 1991 eröffnete in Leipzig-Grünau das KOMM-Haus in kommunaler Trägerschaft. „In Ermangelung geeigneter freier Strukturen und aufgrund der Spezifik des Wohngebietes - es existierten keine anderen Kultureinrichtungen, Veranstaltungen der Kirchgemeinden richteten sich eher an interne Kreise - gab es zum Zeitpunkt der Eröffnung des Hauses keine Alternative zu einer öffentlichen Trägerschaft.“3 Im Zusammenhang mit der Entwicklungsstrategie Grünau 2020 erfolgte eine Evaluation von Standort, Arbeit und inhaltlicher Ausrichtung des Hauses, die 2015 mit folgendem Ergebnis abgeschlossen wurde: „Die Nutzung der Einrichtung KOMM-Haus hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt und entspricht nicht mehr dem ursprünglichen Konzept sowie der erfolgten und zu erwartenden Entwicklung im Stadtteil. Seit einigen Jahren ist beim inhaltlich-kulturellen Angebot unter den gegebenen Bedingungen zahlreicher Vermietungen an Dritte kaum eine konzeptionelle Weiterentwicklung möglich, obwohl sich der Stadtteil verändert. Es gibt in Grünau inzwischen viele soziale Angebote, aber nur wenige feste Orte für die Kultur. Eine wachsende Stadt, ein wachsender Stadtteil, braucht nicht nur soziale, sondern auch attraktive kulturelle Angebote. Das Konzept und die Betreibung des KOMM-Haus müssen dementsprechend zukunftsfähig aufgestellt werden.“4 (→ Kapitel 3.1) In den Leipziger Stadtteilen haben sich neben den soziokulturellen Zentren auch kleinere Einrichtungen mit stadtteilbezogenen Freizeit- und Kulturangeboten wie Bürgertreffs, Vereinshäuser, Stadtteilzentren und Stadtteilläden etabliert. Zum Gesamtbild gehören im gegebenen Kontext auch städtische Einrichtungen wie Stadtteilbibliotheken, Außenstellen von Volkshochschule und Musikschule sowie weitere mit städtischen Mitteln geförderte freie Träger der Kunst und Kultur, Jugend- und Seniorenarbeit. Daneben eignet sich eine junge ambitionierte Szene vorhandene Freiräume an wie leer stehende Läden, Häuser (u. a. „Wächterhäuser“) und Industriegebäude. Aktuell ist dabei aufgrund veränderter Nutzungskonditionen eine Verschiebung vom Westen in den Osten der Stadt zu beobachten. Verschiedene Projekte und das Etablieren neuer kultureller Orte werden hier zunächst oft ohne städtische Förderung realisiert. 2.1. Förderung Institutionelle Förderung Die Arbeit aller soziokulturellen Zentren, die in der AG Soziokultur Leipzig verankert sind, wird durch eine stabile institutionelle Förderung unterstützt. Alle Trägervereine erhalten durch das Kulturamt eine Strukturförderung auf der Basis des aktuellen Kriterienkataloges Soziokultur zuzüglich Mittel für Projekte bzw. inhaltliche Arbeit. Auf dieser Basis konnten sie sich 3 Dezernat Kultur: Überprüfung Standort und Konzept KOMM-Haus Stand: August 2015 ebenda 4 ________________________________________ -5- Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ konzeptionell und wirtschaftlich zu wichtigen Säulen der freien Kultur in der Stadt bzw. den Stadtteilen entwickeln und profilieren. In den Jahren 2011 - 2015 konnte die institutionelle Förderung der soziokulturellen Zentren um ca. 245.000 € erhöht werden. Die Stabilität der kommunalen Förderung war und ist eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung der kontinuierlichen und qualitativ anspruchsvollen soziokulturellen Angebote in Leipzig. Dadurch sind die Zentren auch in der Lage, ihre personellen, technischen und sächlichen Ressourcen (Infrastruktur) anderen Vereinen und Initiativen zur Verfügung zu stellen, ihnen - teilweise unentgeltlich - Rahmenbedingungen für Projekte und bürgerschaftliches Engagement zu gewährleisten. Für die soziokulturellen Zentren, die anerkannter Träger der freien Jugendhilfe sind, kommt zur institutionellen Förderung durch das Kulturamt meist eine projektbezogene Anteilsfinanzierung durch das Amt für Jugend, Familie und Bildung, teilweise auch das Sozialamt hinzu. Diese städtische Förderung sichert zusammen mit Eigenmitteln und Drittmitteln die Finanzierung des ganzjährigen Angebots. Ergänzt wird die Finanzierung durch die Beantragung von Drittmitteln bei öffentlichen Förderprogrammen, Stiftungen und Sponsoren. Über Zweckbetriebe bzw. wirtschaftliche Geschäftsbetriebe erwirtschaften die soziokulturellen Zentren Eigenmittel und verfügen somit über eigene - allerdings sehr unterschiedliche wirtschaftliche Potenziale, die sowohl von Art und Größe des genutzten Objekts als auch vom inhaltlichen Konzept mitbestimmt werden. Der erwirtschafte Eigenanteil ist bei allen relativ stabil, jedoch kaum noch zu erhöhen. Projektförderung Der Kriterienkatalog Soziokultur benennt als die wichtigsten Merkmale soziokultureller Projektarbeit: - den Beteiligungsansatz, - die Wirkung ins Gemeinwesen, - die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, Kultur und Leben. Als Mittel der Umsetzung wählt das soziokulturelle Projekt in der Regel künstlerische Formate bzw. Methoden der kulturellen Bildung.5 Soziokulturelle Projekte sind temporär angelegt, haben einen rezeptiven und/oder partizipativen Ansatz und wenden sich über die unmittelbar beteiligten Zielgruppen hinaus an eine breite Öffentlichkeit bzw. versuchen breite Nutzerschichten aktiv in die Umsetzung einzubeziehen. Die Förderung orientiert sich an stadträumlichen und ggf. zielgruppenspezifischen Schwerpunkten. Gefördert werden soziokulturelle und stadtteilkulturelle Projekte freier Träger mit unterschiedlichen Zielgruppen und in verschiedenen Stadträumen, denen gemeinsam ist, dass sie sich am Bedarf im Sozialraum orientieren und häufig auf der Arbeit bestehender Einrichtungen oder Netzwerke aufbauen bzw. diese unterstützen. Sie dient folgenden Zielen: - Rahmenbedingungen für selbstorganisierte kulturelle und gemeinwesenorientierte Angebote schaffen, - das bürgerschaftliche Engagement stärken und Eigeninitiativen anregen, - die Lebensqualität des unmittelbaren Lebensumfelds der Bürgerinnen und Bürger spürbar erhöhen - kreative Betätigung anregen, - durch Begegnung und Austausch die Integration unterschiedlicher Altersgruppen und sozialer Schichten ermöglichen und die Vielfalt der Kulturen sichtbar machen, - die bedarfsorientierte kulturelle Entwicklung von Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf sichern, - Netzwerkbildungen in den Stadtteilen und darüber hinaus anregen. 5 vergl. Kriterienkatalog Soziokultur S. 24 ________________________________________ -6- Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ Stadtteilkultur orientiert sich an der Urbanität von Stadt und Stadtteilen mit ihrer kulturellen und sozialen, aber auch funktionalen und baulichen Vielfalt und will die selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe aller ermöglichen. Sie ist in Leipzig eng gebunden an Gemeinwesen und bürgerschaftliches Engagement - Projekte und Veranstaltungen sind gekennzeichnet durch den unmittelbaren örtlichen Bezug, tragen den Bedingungen und Notwendigkeiten im jeweiligen Sozialraum unmittelbar Rechnung, sie sind daher untereinander kaum vergleichbar und können nur bedingt an künstlerischen Ansprüchen gemessen werden. Gefördert werden auch Projekte von Kultureinrichtungen in Stadt- bzw. Ortsteilen, die maßgeblich zur kulturellen Belebung vor Ort beitragen und deren Angebot sich an den Interessenlagen der Einwohner orientiert und auf Kontinuität ausgerichtet ist. Projektträger sind neben den soziokulturellen Zentren Vereine und freie Initiativen in den Stadtteilen, die ihre kulturellen und künstlerischen Vorhaben im Kontext der Stadtteilbelebung, der Jugend- und Sozialarbeit oder der Arbeit für und mit Migrantinnen und Migranten konzipieren. Dabei handelt es sich meist um mit dem Gemeinwesen des Stadtteils stark verbundene Stadtteilvereine und -initiativen, Bürgervereine, Kirchgemeinden, Kultur- und Heimatvereine, die meist in enger Partnerschaft mit weiteren lokalen Akteurinnen und Akteuren und Netzwerken agieren. Über die Projektförderung werden auch Angebote jener Träger unterstützt, die hauptsächlich in der offenen Kinder- und Jugendarbeit bzw. Jugendkulturarbeit oder in der Integration und Sozialhilfe tätig sind. Wesentliche Rahmenbedingungen dieser Angebote werden meist durch die Förderung anderer städtischer Ämter wie Amt für Jugend, Familie und Bildung bzw. Sozialamt bezuschusst. Die Projektförderung des Kulturamtes für kulturelle Vorhaben trägt zur Stabilisierung und weiteren inhaltlichen Profilierung der Einrichtung sowie zur Erweiterung der Zielgruppen bei. Projekte kultureller Bildung, insbesondere für Kinder und Jugendliche, spielen in der Soziokultur eine besondere Rolle. Sie zielen darauf, die kreativen Potenziale und Fähigkeiten der Beteiligten, ihr Erfahrungswissen zu nutzen und zu stärken. (→ vgl. Entwicklungskonzept Kulturelle Bildung) 2.2. Sicherung der soziokulturellen Angebotsstruktur In den vergangenen fünf Jahren ist es gelungen, die vorhandene Angebotsstruktur weiter zu sichern. Das Netz soziokultureller Zentren wurde erhalten, eine bedarfsgerechte Erweiterung erfolgte bei den Angeboten. Die historisch gewachsene ungleiche stadträumliche Verteilung blieb jedoch bestehen. Alle in Leipzig arbeitenden soziokulturellen Zentren erhalten nunmehr eine institutionelle Förderung, deren Höhe in den vergangenen Jahren mehrfach nach oben angepasst wurde. Mit regelmäßigen Anpassungen bei Personalkosten konnte die Absicherung des ganzjährigen Betriebes der Einrichtungen gewährleistet, eingetretene Änderungen in der bundesdeutschen Gesetzgebung zur Arbeitsförderung (u. a. Wegfall AGH) allerdings nicht kompensiert werden. Die Ertüchtigung der für soziokulturelle Arbeit genutzten städtischen Immobilien nach bauordnungsrechtlichen Bestimmungen wurden weitgehend abgeschlossen, notwendige Sanierungsmaßnahmen konnten darüber hinaus auch an der Parkbühne Eutritzsch (GeyserHaus e. V.) und dem Soziokulturellen Zentrum die VILLA gefördert werden. Es erfolgte eine schrittweise Erneuerung der materiell-technischen Ausstattung aller soziokulturellen Zentren - hilfreich war hier die mögliche Kopplung mit Strukturfördermitteln des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst. (→ Kapitel 3.1) ________________________________________ -7- Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ 2.3. Stadträumliche Entwicklung unterstützen Die Leipziger Stadtteile haben sich, auch historisch bedingt, sehr unterschiedlich entwickelt. Das vitale, kulturell vielfältige urbane Leben konzentriert sich v. a. auf das Zentrum und jene Stadtteile, in denen es bereits kurz nach der Wende entsprechende Entwicklungen gab (Connewitz, Südvorstadt) bzw. solche, bei denen in den letzten Jahren im Zusammenhang mit Städtebauförderprogrammen, Schwerpunktsetzungen der Stadtentwicklung, kulturellen und kulturwissenschaftlichen Initiativen neue Entwicklungen erfolgten (Lindenau, Plagwitz). Zu verzeichnen ist dabei eine enge Wechselbeziehung zwischen Bevölkerungsentwicklung, Bewegung im Stadtraum und dem kulturell-künstlerischen Bereich. Auf Grund der stadträumlichen Ausrichtung von Sozio- und Stadtteilkultur wurden die Aufgabenstellungen durch die räumlichen Schwerpunktsetzungen im Integrierten Stadtentwicklungskonzept (SEKo) und dem darin enthaltenen Fachkonzept Kultur bestimmt. Besonderer Entwicklungsbedarf wurde für folgende Schwerpunkträume der Stadtentwicklung festgestellt und dazu jeweils integrierte Handlungsansätze beschlossen: - die Altbauquartiere im Leipziger Osten und Leipziger Westen (Fortführung der Integrierten Stadtteilentwicklung mit präzisierter Schwerpunktsetzung), - die Großsiedlung Leipzig-Grünau (differenziertes Herangehen im Kernbereich und im Stadtumbaugürtel entsprechend der "Entwicklungsstrategie Grünau 2020"), - die Georg-Schumann-Straße (längste Magistrale der Stadt mit ressortübergreifendem Handlungsbedarf), - Schönefeld (mit Blick auf die demografische Entwicklung im Nordosten Leipzigs und als Stabilisierungspotenzial an der Schnittstelle zwischen Altbau- und Plattenbauquartieren). Diese Gebiete wurden bei Schwerpunktsetzungen im Rahmen der Projektförderung adäquat berücksichtigt. Erfolge bei der Etablierung von (sozio-) kulturellen Angeboten und Projekten sind insbesondere im Leipziger Westen, in den letzten beiden Jahren auch im Leipziger Osten, an der Georg-Schumann-Straße und in Grünau zu verzeichnen. Eine fachübergreifende Prüfung und Bewertung von Projekten mit einer Verortung in den städtebaulichen Schwerpunkträumen wurde im Kulturamt begonnen, insbesondere mit dem Fördergebiet kulturelle Bildung. Die Intensivierung der Arbeit mit und von soziokulturellen Zentren im Rahmen von Stadterneuerungsprozessen ist in einzelnen Teilräumen erfolgt und muss fortgesetzt werden. Das teilweise umfangreiche Engagement von soziokulturellen Zentren in Schwerpunkträumen wie dem Leipziger Osten (Mühlstraße 14 e. V. und Frauenkultur Leipzig e. V.) wurde bei der Höhe der institutionellen Förderungen entsprechend berücksichtigt. (→ Kapitel 3.2.) An Neufassung bzw. Erarbeitung von Integrierten Stadtteilentwicklungskonzepten für den Leipziger Osten (aktuell Monitoring), Schönefeld, die Georg-Schumann-Straße und Grünau (aktuell Endphase der Erarbeitung) wurde fachbezogen mitgearbeitet. Die durch das Kulturamt etablierten Stadtteilkulturfestivals „Grünauer Kultursommer“ und „OSTLichter“ konnten jährlich im Netzwerk mit Akteuren aus dem jeweiligen Stadtraum organisiert und durchgeführt werden, wobei Konzept, Inhalt und die Trägerstruktur jährlich überprüft und angepasst wurden. Nachdem im Jahr 2010 der Verein Mühlstraße 14 e. V. die organisatorische Trägerschaft für die „OSTLichter“ übernommen hat und seitdem gemeinsam mit dem Kulturamt Veranstalter ist, gelang der Beginn einer solchen Partnerschaft im Jahr 2015 auch für den „Grünauer Kultursommer“. Der Verein großstadtKINDER e. V., der in Grünau das Theatrium betreibt, ist nach der erfolgten Konzeptanpassung in den Jahren 2014/15 erfolgreich in die gemeinsame Organisation eingestiegen. (→ Kapitel 3.2.) ________________________________________ -8- Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ 2.4. Stärkung sozialer Integration Die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben und die Stärkung sozialer Integration sind untrennbar miteinander verbunden. Neben der institutionellen Förderung der soziokulturellen Zentren hat die Projektförderung des Kulturamtes dazu beigetragen, dass freie Kultur auf Veränderungen und Entwicklungen in einzelnen Stadtteilen bzw. Sozialräumen gezielt reagieren kann. Insbesondere im Leipziger Osten, dem Stadtraum mit dem höchsten Anteil an Migrantinnen und Migranten aber auch Transferleistungsempfängerinnen und -empfängern (SGB II), haben in den letzten beiden Jahren nachhaltige Entwicklungen begonnen. Viele Künstlerinnen und Künstler, Kreative und Kulturschaffende, aber auch alternative Projekte entdecken den Stadtteil und versuchen mit ihren Mitteln einen Beitrag zur sozialen Stabilität zu leisten und den generationsübergreifenden und transkulturellen Dialog zu fördern. Einzelne soziokulturelle Zentren leisten hier seit Jahren wertvolle Unterstützung und Netzwerkarbeit. Eine besondere Herausforderung ist die Ansprache von und der Zugang zu sog. kulturfernen Schichten, die noch zu selten gelingen. Erfolg versprechend ist hier z. B. die Arbeit des Projektes KulturLeben Leipzig & Region in der VILLA, das kostenlos Tickets für Kultur- und Sportveranstaltungen an Menschen mit besonders geringen Einkommen vermittelt. Die sozialen und demografischen Entwicklungen in den einzelnen Stadtteilen bestätigten den prognostizierten besonderen Förderbedarf bei Vereinen und freien Trägern, die in den vergangenen Jahren zielgruppenspezifische und integrative kulturelle Projekte entwickelten. Die Schwerpunktsetzung auf spezifische Zielgruppen, insbesondere Kinder und Jugendliche, aber auch ältere Menschen, hat sich im Sinne von Inklusion auf alle in den Stadtteilen lebenden Bürger - mit oder ohne Zugangshemmnisse - ausgeweitet. In den Jahren 2011 - 2015 konnte eine kontinuierliche bedarfsgerechte Erweiterung der Angebote für Senioren bzw. deren aktiver Teilhabe erreicht werden. Durch das Sozialamt geförderte Seniorenbüros wurden u. a. in Trägerschaft der Vereine Mühlstraße 14 und GeyserHaus eröffnet und etabliert, mit vielen Effekten auch für die soziokulturelle Arbeit beider. Auch im Haus Steinstraße (Mehrgenerationen-Haus) und in der VILLA konnten Angebote für diese Zielgruppe erweitert werden. Durch Projektförderung des Kulturamtes konnte sich auch die Arbeit in kleineren Einrichtungen wie Stadtteilzentren, Bürgertreffs, Vereinshäusern, Begegnungsstätten für Senioren und Behinderte, Stadtteilläden und anderen Standorten profilieren und stabilisieren. Hier konnten sich bedarfsorientiert Angebote für unterschiedliche Zielgruppen entwickeln. Stadtteilfeste haben niedrigschwellig zur Vermittlung kultureller und gesellschaftlicher Werte beigetragen und allen Anwohnern barrierefrei Partizipation ermöglicht. Die weitere Förderung gegenwärtig erfolgreicher Projekte ist notwendig, um Erhalt und Stabilisierung der vorhandenen Angebote und Netzwerke weiterhin zu sichern. (→ Kapitel 3.3.) 2.5. Demokratieförderung und interdisziplinäre Bildungsarbeit Die soziokulturellen Zentren vermitteln durch kulturelle und politische Bildung ein solidarisches, tolerantes und humanistisches Miteinander, sie sind beständige Orte und Podien für pluralistisches bürgerschaftliches Engagement. Neben den vielfältigen kulturellen und sozialen Angeboten, die insbesondere der Chancengleichheit bei der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und der Förderung des Gemeinwohls dienen, bieten soziokulturelle Zentren auch Plattformen für das Gemeinwesen sowie das bürgerschaftliche / ehrenamtliche Engagement und fördern kulturelle bzw. lebenslange Bildung. Neben der künstlerisch-ästhetischen Bildung ist - vor dem Hintergrund der aktuellen ________________________________________ -9- Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ gesellschaftlichen Situation - zunehmend ein Bedarf an politisch-sozialer Bildung zu verzeichnen. Die Rolle der soziokulturellen Zentren ist hier im Kriterienkatalog Soziokultur klar beschrieben „als Forum politischer Bildung und demokratischer Aktivierung, ohne parteipolitisch gebunden zu sein.“6 Insbesondere gelingt es den soziokulturellen Zentren, sehr niedrigschwellig demokratische Bildung zu vermitteln. Außerdem zeigt sich, dass sich die Bewohner vermehrt in die Ausgestaltung ihrer Lebensräume einbringen wollen. Hier sind soziokulturelle Zentren mit ihren breiten Netzwerken geeignete Anlaufstellen. (→ Kapitel 3.4.) 3. Fortschreibung der Ziele und Handlungsableitungen Die drei wesentlichen Schwerpunkte der Kulturentwicklungsplanung 2016 - 2020 sind: (1) Kulturelle Vielfalt als unverwechselbares Markenzeichen Leipzigs (2) Vision: Kulturelle Teilhabe in einer wachsenden Stadt (3) Verpflichtende Tradition und neue Klangkulturen: Musikstadt Besonders in den ersten beiden werden Inhalte, Methoden und Kriterien soziokultureller Arbeit gespiegelt, auf ihnen basieren die umfangreichen Ziele und Aufgaben im Querschnittsbereich Soziokultur in den nächsten Jahren: Soziokultur ist einerseits ein wichtiger Teil der kulturellen Vielfalt Leipzigs, gleichzeitig wird in den Zentren gerade diese Vielfalt auch gelebt, mit verschiedenen kulturell/künstlerischen Angebotsformen, unterschiedlichen Zielgruppen und in gesamtgesellschaftlich wichtigen Arbeitsfeldern. Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben inklusiv für alle Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten ist eines der Grundprinzipien soziokultureller Arbeit. Hierbei stehen aktuell Kinder- und Jugendliche, Flüchtlinge und Migranten und andere Mitbürger mit besonderem Teilhabebedarf im Fokus. In vielen soziokulturellen Zentren erfolgt der Zugang zu Kindern und jungen Menschen über die Musikkultur. Neben einem breiten popkulturellen Musikprogramm schafft Soziokultur Raum für Experimente und die Entwicklung kreativer Potentiale, leistet einen Beitrag zu Nachwuchsförderung und Identitätsfindung. Sich verändernde gesellschaftliche Bedingungen bringen neue Herausforderungen mit sich. Bei der künftigen Entwicklung von Soziokultur und Stadtteilkultur in Leipzig ist die unterschiedliche Entwicklung der Stadtteile im städtischen Gesamtkontext ebenso zu berücksichtigen wie es die bevorstehenden demografischen und strukturellen Veränderungen in der Bevölkerung sind. Soziokultur kann mit ihren Mitteln rasch auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren und Kompetenz im Umgang mit Wandlungsprozessen entwickeln. Verbunden mit der Intention, immer mehr Bürgerinnen und Bürger zur aktiven Wahrnehmung ihrer Interessen zu motivieren, Eigeninitiative und bürgerschaftliches Engagement zu fördern, trägt das Kulturamt nicht nur als Dienstleister Verantwortung, sondern auch als partnerschaftlich Anregender, Moderator und Unterstützer kultureller Initiativen. Im Folgenden werden die Herausforderungen, Ziele und Handlungsableitungen bis zum Jahr 2020 dargestellt, wie sie sich aus den Entwicklungen der letzten Jahre und den aktuellen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ergeben. 3.1. Sicherung der soziokulturellen Angebotsstruktur und bedarfsgerechte Anpassung/Erweiterung (Struktur) Herausforderung: Gesellschaftliche Veränderungen wie eine wachsende Stadt und damit verbundene Veränderungen der Zielgruppen, die starke Zunahme von Kindern und Jugendlichen sowie der sog. jungen Alten, aber auch die Integration von Geflüchteten und Migranten beeinflussen die Nutzerstrukturen, eröffnen erweiterte Aufgabenspektren und Themenfelder wie lebenslange kulturelle Bildung, Seniorenarbeit und erfordern eine inklusive Ausrichtung der Arbeit. 6 Kriterienkatalog Soziokultur ________________________________________ - 10 - Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ Diese und andere aktuelle Veränderungen zu berücksichtigen ist grundlegende Aufgabe soziokultureller Arbeit. Auf Grund der stadträumlich ungleichen Verteilung sind die Trägervereine der soziokulturellen Zentren dabei verstärkt auch außerhalb ihres eigentlichen Sozialraumes mit mobilen Angeboten tätig bzw. haben temporär Projekträume angemietet. Erweiterte Aufgabenstellungen sind zugleich Chancen für die Erweiterung von bürgerschaftlichem Engagement, für das es Rahmenbedingungen zu sichern gilt, bringen aber auch erweiterten Ressourcenbedarf mit sich. Ziel: Ziel ist es, den jetzigen Standard soziokultureller Zentren und Angebote zu sichern und die Weiterentwicklung bedarfsgerecht zu begleiten. Priorität erlangen Konzepte und Vorhaben, die in Kenntnis der Lebensumstände der potenziellen Nutzerinnen und Nutzer deren Ansprüchen an kulturelle Teilhabe ebenso Rechnung tragen wie deren differenzierten Zugangsvoraussetzungen zu Kunst und Kultur. Soziokultur muss dabei nicht nur sich wandelnde Interessen ihrer potentiellen Nutzer und deren zahlungsfähige Nachfrage berücksichtigen, sondern auch neue gesellschaftliche Problemlagen und Diskurse. Handlungsableitung Künftig gilt es, weiterhin die notwendigen Rahmenbedingungen für die Arbeit in den soziokulturellen Zentren sowie den Erhalt eines funktionierenden Netzes soziokultureller Zentren und Projekte zu gewährleisten, aber eben auch, dieses Netz zu qualifizieren und bei Bedarf auszubauen. Dementsprechend soll Soziokultur in Leipzig auch zukünftig umfassend gefördert werden: einerseits die Struktur sichernd und andererseits durch Begleitung/Beratung in Bezug auf Konzeptionen, Projekte, Qualitätsentwicklung und Vernetzung - im kontinuierlichen Austausch mit der AG Soziokultur Leipzig als Interessenvertreterin der soziokulturellen Zentren. Um die Strukturen und die Finanzierbarkeit soziokultureller Arbeit zu sichern ist es notwendig, dass die Zentren selbst die inhaltlichen Bereiche ihrer Arbeit überprüfen und durch das Erschließen weiterer Aufgabenbereiche ihre Arbeit mittel- bis langfristig sichern. Auch die Projektmittelakquise muss bei einigen der Zentren deutlich an Bedeutung gewinnen, denn städtische Förderung allein wird dauerhaft nicht ausreichen, um den erkennbaren finanziellen Mehrbedarf der Einrichtungen zu decken. In den Jahren bis 2020 sind folgende Maßnahmen vorgesehen: 1. Nutzbarkeit der städtischen Immobilien dauerhaft sichern durch - den Abschluss notwendiger Sanierungs- und Umbaumaßnahmen, der Schwerpunkt liegt dabei bis Ende 2017 auf dem Stadtteilzentrum Anker; - Sicherungsmaßnahmen nach bauordnungsrechtlichen Bestimmungen; - Unterstützung von baulichen Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang zu den Angeboten der soziokulturellen Zentren zu ermöglichen; - Prüfung ggf. notwendiger (Standort-) Veränderungen auf Grund sich ändernder Bedarfe. 2. Struktursicherung der Arbeit in den soziokulturellen Zentren durch - Kontinuität und Verlässlichkeit sowie bedarfsgerechte Ausrichtung der städtischen Förderung; - Unterstützung bei der Verbesserung der materiell-technischen Ausstattung, dem regelmäßigen Erneuerungsbedarf Rechnung tragend; - Gewährleistung der personellen Absicherung des ganzjährigen Betriebes der Einrichtungen entsprechend Kriterienkatalog Soziokultur durch Förderung von mindesten zwei Vollzeitstellen bei differenzierter Betrachtung der einzelnen Aufgabenfelder und Projekte; - wirtschaftliche Stärkung der Arbeit jener soziokulturellen Zentren, die mittelfristig Aufgaben der Stadt übernehmen bzw. übernommen haben und/oder zusätzlich zu ihren Standorten ________________________________________ - 11 - Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ weitere Aufgaben in „unterversorgten“ Gebieten oder in Themenfeldern wie Integration und Bildung übernehmen. 3. Strukturanpassungen anregen und begleiten durch - aktive Unterstützung von Struktur- und Standortveränderungen soziokultureller Zentren, wenn diese aus konzeptionellen oder baulichen Gründen notwendig werden; - Zukunftsfähige Ausrichtung von Konzept und Betreibung des KOMM-Hauses Grünau und Erhalt dieses Angebotes im Sozialraum WK 8 - angestrebt wird eine freie Trägerschaft auf der Grundlage eines tragfähigen Konzepts; - Unterstützung zusätzlicher soziokultureller Angebote/Projekte bzw. der Etablierung soziokulturell arbeitender Einrichtungen in den Schwerpunkträumen der Stadtentwicklung von Leipzig Ost/Nord-Ost. 4. Effektivere ämterübergreifende Zusammenarbeit durch - effiziente Verwaltung, die flexibles und bedarfsgerechtes Handeln der soziokulturellen Einrichtungen ermöglicht und den Notwendigkeiten von Transparenz und Sparsamkeit in der Verwendung von Fördermitteln gerecht wird; - Prüfung der ämterübergreifenden Zusammenführung administrativer Aufgaben bei der Förderung freier Träger. 3.2. Stadträumliche Entwicklung unterstützen Herausforderung Von den bisherigen Schwerpunktbereichen des integrierten Stadtentwicklungskonzeptes sind insbesondere der Leipziger Osten, Schönefeld und Grünau in den nächsten Jahren von besonderer Bedeutung. Hier wurden mit Unterstützung der bisher wirksamen Förderprogramme Entwicklungen angestoßen, die – um nachhaltig wirken zu können – weiterer Begleitung und Förderung bedürfen. Für die Umsetzung der städtischen Ziele entsprechend der gebietsbezogenen integrierten Handlungsansätze in den Stadtteilentwicklungskonzepten wird die ämterübergreifende Arbeit weiterhin an Bedeutung gewinnen, ebenso die gleichberechtigte Zusammenarbeit soziokultureller Zentren mit verschiedenen Partnern aus dem jeweiligen Sozialraum. In den Stadtteilen im Leipziger Osten/ Nordosten, in Grünau und den Kerngebieten von Planungsräumen der Jugendhilfeplanung, in denen sozial besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen mit einem überdurchschnittlichen Anteil an Migrantinnen und Migranten zusammentreffen, steht die Entwicklung und Unterstützung von Projekten mit deutlichem Sozialraumbezug im Fokus. Zur Förderung von Vielfalt und sozialem Zusammenhalt im jeweiligen Stadtraum arbeiten soziokulturelle Zentren sehr eng mit den lokalen Initiativen zusammen, befördern Vernetzung und nachhaltig angelegte Kooperation vor Ort. Mit den vorhandenen Ressourcen werden Initiativen und Akteure gestärkt, um diese Stadtteile mit den Mitteln alltagsnaher Kultur sozial zu stabilisieren. Es gilt jetzt, diese Strukturen zu stabilisieren und die begonnene Entwicklung langfristig abzusichern, Freiräume für kulturelle Entwicklungen zu sichern und nutzbar zu machen. Ziel Ziel ist es, in den nächsten Jahren die Stärkung von Strukturen und Entwicklung von Projekten zu unterstützen, die wohnortnah den offenen Zugang zu kulturellen Angeboten für die von den Folgen des demografischen Wandels und von Veränderungen der Sozialstruktur besonders betroffenen Stadtteile und Bevölkerungsgruppen zu sichern. ________________________________________ - 12 - Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ Handlungsableitung Der Kulturentwicklungsplan 2016 - 2020 sieht die kulturelle Vielfalt als entscheidenden Motor im Rahmen von Stadtentwicklung: „In dieser Perspektive hat eine strategisch verstandene Kulturpolitik auch eine ausgewogene stadträumliche Verteilung und Ausformung der kulturellen Infrastruktur im Blick. Kulturell unterversorgte Stadtquartiere, wie im Norden oder im Osten Leipzigs, erhalten in diesem Sinne eine besondere Aufmerksamkeit, um die kulturelle Vielfalt im gesamten Stadtgebiet ernst zu nehmen.“ Grundsätzlich wird die begonnene erfolgreiche Arbeit und die gezielte Unterstützung in den sich weiter verändernden Schwerpunkträumen fortgesetzt. Es geht dabei um die Entwicklung neuer Angebote und Modellprojekte bzw. die partnerschaftliche konzeptionelle und logistische Unterstützung beim Aufbau von Strukturen oder der Stärkung von Netzwerken in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf, aktive kulturelle und bürgerschaftliche Initiativen sollen unterstützt und mit einbezogen werden. Für strukturell unterversorgte Stadträume wird die modellhafte Bereitstellung eines ämterübergreifenden Verfügungsfonds zur Entwicklung stadtteilbezogener und Integration unterstützender Projekte geprüft, der eine unterjährige Projektförderung ermöglicht. Im Mittelpunkt stehen folgende Aufgaben: 1. Konzeptentwicklungen und Teilhabe im Rahmen von Stadterneuerungsprozessen Fortsetzung der Arbeit mit und von soziokulturellen Zentren in Stadterneuerungsprozessen, Einbindung als Partner und ausgewiesene Experten im Rahmen von Konzeptentwicklungen in den Schwerpunkträumen bzw. dort wo demografische Entwicklungsprozesse oder soziale Problemlagen dies anzeigen. Stadtentwicklung mit ihrem unmittelbaren Einfluss auf Aktionsräume und Lebensqualitäten der Bewohnerinnen und Bewohner soll in ihrer Gestaltbarkeit und Orientierung auf Beteiligung stärker in das Bewusstsein gerückt werden. Die Übernahme von Verantwortung für den Stadtteil soll angeregt werden über das direkte Wahrnehmen von, die Diskussion über und die Mitarbeit an Stadtentwicklungsprozessen im Stadtteil. 2. Sicherung soziokultureller Arbeit in den Schwerpunkträumen Gezielte Entwicklung von sozio- und stadtteilkulturellen Angeboten in den benannten Schwerpunkträumen der Stadtentwicklung. Soziokulturelle Zentren entwickeln zunehmend „Gehstrukturen“ und zeigen mit Projekten Präsenz in den Stadt- und Ortsteilen, wo es strukturell Lücken gibt. Diese mobile bzw. temporäre soziokulturelle Arbeit soll unabhängig von neuen (dauerhaften) Standorten gesichert werden. Unterstützung der Entwicklung soziokultureller Standorte im Leipziger Osten/Nordosten. 3. Unterstützung bei der Etablierung neuer Angebote durch soziokulturelle Zentren (Starthilfe) Nutzung der personellen, technischen und sächlichen Ressourcen, um junge Initiativen zu unterstützen, z. B. durch (unentgeltliche) Beratungsleistungen zu Projektorganisation und -durchführung, Hilfe bei Fördermittelbeantragung und -abrechnung, Bereitstellung von technischem und sächlichem Equipment. Unterstützung neuer Partner: Mit umfassender Kenntnis von Projekten und Akteuren erleichtern sie diesen, sich im Gebiet zu verorten und ebnen den Weg in die Netzwerke. Entwicklung von Projekten und/oder aktive Unterstützung von Kooperationsprojekten, bei denen die Entwicklung lebendiger Nachbarschaften im Mittelpunkt steht. Eine besondere Rolle kommt bei der Umsetzung dieses Ziels auch den etablierten Stadtteilkulturfestivals „Grünauer Kultursommer“ und „OSTLichter“ zu, die durch das Kulturamt gemeinsam mit den jeweiligen Partnern jährlich weiter dem Bedarf anzupassen sind. ________________________________________ - 13 - Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ 3.3 Stärkung sozialer Integration und gesellschaftlicher Teilhabe Herausforderung Der Kulturentwicklungsplan 2016 - 2020 stellt fest, dass das Wachstum der Stadt die Stadtgesellschaft verändern wird und dass freie Kunst und Kultur stellen ihre Programmatik und ihre Angebote verstärkt darauf einstellt. Grundlegende gesellschaftliche Veränderungen wie der demografische Wandel, insbesondere im Kontext von Migration und Integration, der Wertewandel in den Familien, die zunehmende Mobilität im Bildungs- und Arbeitsmarkt und die Entwicklung neuer Kommunikationsstandards im Alltag ziehen Veränderungen im Zusammenleben der Menschen nach sich, die sich auch als soziale Benachteiligung oder Ausgrenzung auswirken können. Letzterem ist mit der Stärkung sozialer und kultureller Kompetenzen entgegenzusteuern, besonders bei den bereits betroffenen Bevölkerungsgruppen. Soziokultur als Teil der offenen Alltags- und Willkommenskultur in Leipzig braucht entsprechende Ressourcen, um in den nächsten Jahren u. a. niedrigschwelligen Zugang und kostenfreie Erreichbarkeiten für die entsprechenden Zielgruppen zu ermöglichen. Dabei stehen auch Begegnungen von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund im inhaltlichen Fokus: kulturelle oder kreative gemeinsame Aktivitäten mit Optionen zu verbinden – wie Sprachkenntnisse im Alltäglichen erweitern, kulturelle Verschiedenheiten wechselseitig kennen lernen oder auch geltende Rechte vermitteln. Hier stellt sich auch die Frage, wie Mitbürger gleich welcher Zielgruppe - erreicht werden können, die nicht von selbst kulturell aktiv sind? Vor dem Hintergrund der weiteren Zuwanderung von Menschen aus verschiedenen Herkunftsländern in die Stadt existiert ein deutlicher gesellschaftlicher Handlungsbedarf, der alle Bereiche des öffentlichen Gemeinwesens betrifft, auch die Soziokultur. Die soziokulturellen Zentren haben sich bereits seit Ende 2014 sehr intensiv der Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund, Asylsuchenden und Geflüchteten gewidmet, Veranstaltungen, Foren und Projekte zum Thema angeboten, mit Akteuren aus dem Gemeinwesen gemeinsam entwickelt bzw. Prozesse der interkulturellen Öffnung begleitet. Inklusion, seit vielen Jahren erfolgreiche Arbeitspraxis und Methodik der soziokulturellen Zentren in Leipzig, ist in den Mittelpunkt der aktuellen Teilhabediskussion gerückt. Es ist notwendig, auch in der gesellschaftlichen Diskussion den Inklusionsbegriff bzw. die inklusive Arbeit auf Menschen mit ausländischer Herkunft sowie sozial Schwächere auszuweiten. Das Engagement der soziokulturellen Zentren in diesen Arbeitsfeldern muss weiterhin abgesichert werden. Ziel Ziel ist es, sozialintegrative, generationsübergreifende sowie multikulturelle Arbeitsansätze besonders zu stärken und die Entwicklung neuer Formate der kulturellen Interaktion zu unterstützen. Dabei ist die aktive Teilhabe von Menschen aller Generationen und sozialen Gruppen unabhängig von ihren ethnischen Hintergründen und religiösen Orientierungen zu gewährleisten. Eine besondere Herausforderung ist es, Asylsuchende und Geflüchtete, die oft langjährig im Duldungsstatus verharren, als Zielgruppe soziokultureller Angebote einzubeziehen, wobei auf die unterschiedlichen Zugangshemmnisse (wirtschaftlich, sprachlich, kulturell) in geeigneter Weise reagiert werden muss. Die damit verbundene interkulturelle Kommunikation fördert die Integration, soll aber auch die Aufnahmegesellschaft für Lebenswirklichkeit und Erfahrungen von Flucht, Asyl und Migration sensibilisieren. Die Soziokultur sucht nach Formen und Mitteln, mit denen man Vorbehalte und Vorurteile in der deutschen Mehrheitsgesellschaft gegenüber Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund abbauen kann (s. a. → Ziel 4). ________________________________________ - 14 - Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ Integration ist auch als ein beiderseitiger Prozess zu verstehen und bedarf ebenso der Integrationsbereitschaft und -bemühungen von Migrantinnen und Migranten. Handlungsableitung Integration und gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben als dynamischer Prozess der Entwicklung eines solidarischen Gemeinwesens aller, die in der Stadt leben, ist Querschnittsaufgabe der Stadtverwaltung. Fachliche Zuständigkeiten bzw. Schnittmengen sind unter diesem Aspekt neu zu definieren bzw. überlappend zu erweitern, um breitgefächerte, sich positiv ergänzende Prozesse zu ermöglichen. Notwendig ist ein intensiver und zielorientierter Austausch aller gesellschaftlichen Akteure im Themenspektrum, um nachhaltige und motivierende Angebote zu schaffen, auch durch die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen/Finanzmittel. Grundlage sind u. a. der in Erarbeitung befindliche Teilhabeplan der Stadt Leipzig und das „Gesamtkonzept zur Integration von Migrantinnen und Migranten“ aus dem Jahr 2012. Zu den inhaltlichen Hauptzielen (→ Ziel 3 und → Ziel 4) entstehen konkrete Maßnahmen im sich dynamisch entwickelnden Prozess, weshalb es eher möglich und sinnvoll ist, den inhaltlichen Rahmen dafür zu definieren, in dem sich die Unterstützung durch die Stadt Leipzig vollziehen wird. Soziokulturelle Projekte tangieren bzw. spiegeln über künstlerisch-kulturelle Mittel und die methodisch-konzeptionellen Herangehensweisen in den Inhalten gesellschaftliche Spannungsfelder, vermitteln Wissen, stärken künstlerisch-kreative Fähigkeiten und die Entwicklung sozialer Kompetenzen. Sie bieten also soziokulturelle bzw. künstlerisch-kreative Aktionsräume, die immer auch wichtige soziale Räume der Begegnung, des Lernens und der Erfahrungen sind. - Schwerpunkt bleibt die Förderung von Projekten, die Produktion und Rezeption von Kunst und Medien mit der Reflexion im Alltag relevanter Themen verknüpfen. Anzustreben ist, dass Vielfalt und Qualität bei Projekten der lebenslangen kulturellen Bildung und generationsübergreifenden Projekten in den kommenden Jahren weiter wachsen. - Besonders förderwürdig sind innovative Arbeitsansätze, die vor allem Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen Schichten die Teilhabe ermöglichen. Gleiches gilt für Projekte, die an gelebte Jugendkulturen anknüpfen. - Die kontinuierliche bedarfsgerechte Erweiterung von Teilhabemöglichkeiten und Angeboten für die Altersgruppe 60+ ist fortzusetzen. Dabei geht es in erster Linie um Nutzung und Erhalt der individuellen Kompetenzen dieser Zielgruppe. Aufgabe wird es sein, gemeinsam mit den soziokulturellen Zentren und abgestimmt mit dem Fachgebiet kulturelle Bildung tragfähige Konzepte für eine „differenzierte und zugleich generationsübergreifende, transkulturelle Teilhabe“ zu entwickeln. Bei der Förderung von Projekten werden die Kriterien für eine flexible, auf inhaltliche wie räumliche Ziele bezogene Förderung von stadtteilkulturellen und gemeinwesenorientierten Vorhaben weiterhin regelmäßig angepasst. Spezifische Schwerpunkte liegen dabei auf Projekten und Angeboten, die - sich speziell am Bedarf im Sozialraum orientieren, auf vorhandene Netzwerke aufbauen oder neue schaffen, Heimatverbundenheit und bürgerschaftliches Engagement stärken; Stadtteil- und Heimatfeste, die sich an diesen Kriterien orientieren, können unterstützt werden, wenn sie das einzige kulturrelevante Angebot vor Ort sind, einen für alle offenen Zugang zu Kunst und Kultur ermöglichen und einen Beitrag zur Integration/Partizipation im Stadtteil leisten; - professionelle künstlerische Angebote ergänzen wie Laienkunst und Brauchtum; ________________________________________ - 15 - Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ Integration kulturell, sozial, ethnisch befördern und kulturelle Teilhabe vor allem für solche Bevölkerungsgruppen ermöglichen, deren Zugang zu Kunst und Kultur bisher aus unterschiedlichen Gründen an Grenzen gestoßen ist. - Dabei sind etablierte und in den Stadtteilen notwendige Projekte weiterhin zu sichern, aber die Palette ist auch zu erweitern etwa um Stadtteilkulturfestivals, -rundgänge und weitere Veranstaltungen mit ersichtlichem Stadtteilbezug sowie Laienkunst und Brauchtum mit vordergründigem Stadtteilbezug. Im Mittelpunkt stehen jene Stadtgebiete, die von sozialen Problemlagen und demografischem Wandel stärker als andere betroffen sind, einen steigenden Anteil an Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund verzeichnen oder aus stadtplanerischer Sicht einen besonderen Entwicklungsbedarf haben. 3.4. Demokratieförderung und interdisziplinäre Bildungsarbeit Herausforderung: Zunehmend ist in allen sozialen Schichten zu beobachten, dass individuelle politische Handlungsmöglichkeiten seltener genutzt bzw. als gesellschaftlicher Moment des Wirkens oder der demokratischen Mitgestaltung begriffen werden. So ist es auch Aufgabe der Soziokultur, dafür zu sorgen, dass demokratische Teilhabe nicht in sozialen Netzwerken endet, sondern in die Tat umgesetzt wird. Im Zentrum interdisziplinärer Ansätze von Bildungsarbeit stehen die Verflechtung von Kultur und Bildung, die Bezugnahme auf Erfahrungswelten und Interessen der Menschen im Stadtteil bzw. der Stadt, die aktive Teilnahme an lebenslangen Lernprozessen. Klassische Bildungsstrukturen müssen angesichts wachsender sozialer Probleme und Veränderungen neu überdacht und ergänzt werden, um Schlüsselkompetenzen zu stärken und der Entwicklung von Defiziten im Demokratieverständnis entgegen zu wirken. Durch die Arbeit mit Geflüchteten, Migrantinnen und Migranten findet ein Lernprozess in den Bereichen interkultureller Bildung, kultureller Teilhabe und soziokultureller Begegnung statt. Dieser wird die Akteure und deren Sichtweisen, aber auch die Inhalte der Arbeit verändern.7 Für die Förderung des ehrenamtlichen Engagements, aber auch für die Stärkung der Bürgerbeteiligung werden vermehrt Ressourcen (räumlich, technisch, strukturell, personell) der soziokulturellen Zentren benötigt. Ziel Ziel ist es, die Soziokultur weiterhin als Resonanzraum gesellschaftlicher Meinungsbildung und Entwicklungsort lebenslangen Lernens zu stärken, besonders ihre Potenziale für die Entwicklung neuer Arbeits- und Kommunikationsformen – bis hin zu Modellprojekten und dem Etablieren effizienter Netzwerke. Handlungsableitung: Ein wichtiger Schwerpunkt für die Soziokultur wird weiterhin in der generationsübergreifenden kulturellen Bildung in Verbindung mit lebenslangem Lernen sowie demokratiefördernden Beteiligungsprozessen – zur Leistung einer erfolgreichen Integrationsarbeit verstärkt auch von MigrantInnengruppen – liegen. Dabei geht es auch um den nachhaltigen Ausbau von Projekten der kulturellen Bildung, insbesondere in Netzwerken mit Schulen und Kindereinrichtungen vor 7 vergl. Werk 2 – Kulturfabrik Leipzig: Antrag auf institutionelle Förderung 2016 ________________________________________ - 16 - Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ Ort zu deren Profilierung als außerschulische Lernorte und Projektträger. Im Sinne der Vorbeugung jeglicher Form von Gewalt sollen Projekte und Angebote entwickelt bzw. ermöglicht werden, die für die jeweiligen Zielgruppen – insbesondere Kinder und Jugendliche – Angebote der kulturellen Bildung, der Rezeption wie Produktion von Kunst und Medien verknüpfen mit der Reflexion alltagsrelevanter Themen und/oder demokratischer Bildung. Folgende Aufgaben stehen im Mittelpunkt: - Ausbau von Projekten und Angeboten, die auf die Stabilisierung demokratischer Grundwerte abzielen; - Stärkung demokratischer Grundeinstellungen, um die Entwicklung von extremistischen Einstellungen und Bestrebungen zu verhindern; - Weiterentwicklung und Stabilisierung demokratischer Strukturen und Prozesse, um damit frühzeitig mit geeigneten Projekten das Verständnis für Demokratie zu fördern; - Ausbau von Angeboten der interkulturellen Begegnung, bei denen durch gleichberechtigte Zusammenarbeit hier beheimateter und geflüchteter Menschen gegenseitiges Kennenlernen und Verständnis für kulturelle, historische, politische und weltanschauliche Hintergründe gefördert werden; - Stärkung von Demokratie und Toleranz/Pluralität der Interessen, Fördern des gesellschaftlichen Zusammenhalts; Im Mittelpunkt stehen dabei Vielfalt und Meinungsfreiheit - auch der Andersdenkenden, der Umgang miteinander, das voneinander Lernen und co-kreatives Schaffen; - Verstärkung der kulturellen Bildung mit den Schwerpunkten Demokratie und Toleranz, insbesondere bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen; - Thematisierung einer neuen Wertedebatte: Was sind unserer Werte (Freiheit, Frieden...)wirklich wert? - wobei globale Ansätze mehr in den Mittelpunkt rücken; - Wiederbelebung der „Streitkultur“ und lebendiger Formen der Gremienarbeit. 4 . Weitere Aufgabenstellungen 4.1. Soziokultur im Kontext zu ressortübergreifenden Aufgabenstellungen Soziokulturelle Einrichtungen sind grundsätzlich Kultureinrichtungen.8 Der Schnittstellencharakter der Soziokultur stellt sie in die Verantwortungsbereiche unterschiedlicher städtischer Dezernate und Ämter - vor allem Kultur, Jugend, Familie und Bildung bzw. Soziales. Die Finanzierung etablierter soziokultureller Standorte muss auch weiterhin gemeinsam aus diesen Etats gewährleistet werden. Die Fördermittel mehrerer städtischer Ämter sind in den Haushalten der Einrichtungen eng verzahnt. Deutliche Mittelkürzungen eines Zuschussgebers ziehen Defizite in der Gesamtstruktur des Angebotes nach sich. Zentren und Ämter müssen daher im gemeinsamen Aushandlungsprozess die Leistungen vereinbaren und wie diese im gegebenen Finanzrahmen zu erbringen sind. Ein einheitliches städtisches ressortübergreifendes Förderprogramm Soziokultur, das die städtischen Leistungen bezogen auf Institutionen, Standorte und Leistungen bündelt, ist in den nächsten Jahren zu prüfen. Im Kontext mit der Fortschreibung des Integrieren Stadtentwicklungskonzeptes und den enthaltenen Fachkonzepten wird eine ämterübergreifende Analyse des konkreten soziokulturellen Bedarfs und die Ableitung künftigen Handlungsbedarfs für die Stadt angeregt. Dabei sind alle nutzbaren Ressourcen zu erfassen und gemeinsame Aufgaben abzuleiten. 8 Kriterienkatalog Soziokultur ________________________________________ - 17 - Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ 4.2. Rolle des bürgerschaftlichen Engagements in der soziokulturellen Arbeit Der Themenkomplex bürgerschaftliches bzw. zivilgesellschaftliches Engagement und Ehrenamt muss in der Diskussion in den nächsten Jahren neu fokussiert werden. Längst klagen einige der soziokulturellen Zentren über personelle Überlastungen durch nicht ausreichende personelle Ausstattung bzw. ungenügende Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Forderung nach mehr finanzieller Unterstützung durch die Stadt, insbesondere bei Stellenanteilen, kann nicht immer im dargestellten Umfang entsprochen werden, auch wenn die Aufgaben, die soziokulturelle Zentren heute zu leisten haben, vielfältiger werden und immer neue Herausforderungen bergen. Das Kulturamt der Stadt Leipzig hält jedoch an der bisherigen Förderung fest und wird gemeinsam mit den soziokulturellen Zentren hier nach Lösungen suchen. "Grundlegende Aufgaben, die für die Einrichtung, das Profil oder den Betrieb von existenzieller Bedeutung sind, sollten...unbedingt langfristig durch hauptamtliche Arbeit abgesichert sein.“ 9 Um die zukünftigen Aufgaben lösen zu können, muss sich Soziokultur auf ihre Entstehungsgeschichte zurückbesinnen, die untrennbar mit freiwilligem (unbezahltem) Engagement verbunden ist. Bürgerschaftliches Engagement ist die Grundlage für Vielfalt in Inhalt, Arbeitsweise und Teilhabe am Prozess. Bürgerschaftlich Engagierte geben wichtige Impulse für die soziokulturelle Arbeit, und nicht zuletzt ermöglicht erst der hohe Anteil freiwillig und unbezahlt geleisteter Arbeit die Umsetzung von Projekten in der Soziokultur. Ein Teil der soziokulturellen Zentren geht bereits diesen Weg, bietet die Rahmenbedingungen für freiwilliges Engagement, bindet die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sinnvoll in die Struktur der Einrichtung ein und profitiert von einem sinnvollen Nebeneinander der verschiedenen Mitarbeiterformen. Grundsätzlich ist allerdings zu beachten: „Bürgerschaftlich Engagierte sind weder eine (schnelle) Entlastung der Hauptamtlichen, noch stellen sie eine betriebswirtschaftliche Ressource dar. Im Gegenteil: Freiwillige brauchen zusätzliche – auch finanzielle – Ressourcen, Hauptamtliche müssen zusätzlich zu bestehenden Aufgaben Zeit für die Betreuung der Freiwilligen aufwenden, wenn die Chancen, die im Engagement Freiwilliger auf beiden Seiten liegen, wirklich genutzt werden sollen.“10 4.3 Zukunftsfähigkeit der soziokulturellen Zentren und Projekte Die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der soziokulturellen Zentren im Rahmen der alltäglichen Arbeit muss gestellt werden. Ist das über viele Jahre aus Sicht der Einrichtung erfolgreiche Konzept noch zeitgemäß? Wie können die individuellen Konzepte passfähig gemacht werden, welche Rolle spielt man in der Stadt, im Stadtteil, im Quartier? Welche Rahmenbedingungen werden gebraucht und was kann Soziokultur selbst dazu beitragen? Die Arbeit der soziokulturellen Zentren muss gemessen werden an ihrer Funktion im und für das Gemeinwesen und nicht am individuellen Profil. Gemeinsam mit den freien Trägern ist vorausschauend zu erörtern, welche Defizite entstehen könnten und mit welchen Maßnahmen gegengesteuert werden kann, um die neu entwickelten Potenziale weiter nutzen zu können. Im Rahmen der Projektförderung ist es Ziel, das Spektrum der Träger zu erweitern, mehr als bisher Vereine und Initiativen aus dem Jugend- und Sozialbereich und aus künstlerischen Sparten in die Stadtteilarbeit einzubinden, um diese inhaltlich zu qualifizieren, die vorhandenen Netzwerke zu stärken und auf demografische Veränderungen zu reagieren. Eine wichtige Rolle kommt dabei den etablierten Vereinen und Einrichtungen – auch den soziokulturelle Zentren – 9 Corinne Eichner: „Chancen, Risiko und Möglichkeiten des Ehrenamtes in der Soziokultur“ (Handbuch Soziokultur der Stiftung Niedersachsen) 10 ebenda ________________________________________ - 18 - Entwicklungskonzept Soziokultur ________________________________________ zu, die als Partner, Unterstützer oder Mentoren Stadtteile "von außen" durch die Entwicklung von neuen Angeboten und Modellprojekten, die Übertragung erfolgreicher Projekte oder Arbeitsansätze beleben können. Das gilt besonders dann, wenn sich im Gebiet keine eigenen kulturellen oder bürgerschaftlichen Initiativen entwickelt haben. Die Veränderungen bei den Inhalten und Akteuren von kulturellen Projekten in den Stadtteilen werden bei den zukünftigen Schwerpunktsetzungen zu berücksichtigen sein: Der experimentelle Charakter bei Veranstaltungen von jungen Akteuren und Initiativen nimmt zu, langfristige, an Strukturen gebundene Verbindungen werden immer seltener; hier geht es oft auch um Selbstverwirklichung von Gruppen oder von Einzelnen. Um die hier benannten Aufgaben unter sich ständig verändernden Rahmenbedingungen zu meistern, wird in den Jahren 2017/18 gemeinsam mit den soziokulturellen Zentren/ der AG Soziokultur Leipzig ein Maßnahmenpaket zur nachhaltigen Sicherung der soziokulturellen Arbeit in Leipzig entwickelt. Geprüft wird dabei, ob und in welcher Form städtische Förderungen zukünftig anzupassen wäre. Berücksichtigt werden auch zeitlich befristete Förderprogramme (EU, Bund, Land), sofern durch deren Finanzierung in den soziokulturellen Zentren Strukturen neu aufgebaut oder stabilisiert wurden. ________________________________________ - 19 -