Daten
Kommune
Leipzig
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1059808.pdf
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Erstellt
19.04.16, 12:00
Aktualisiert
14.09.16, 12:38
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Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Informationsvorlage Nr. VI-DS-02705
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Zuständigkeit
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Fachausschuss Kultur
Ratsversammlung
22.06.2016
Information zur Kenntnis
Eingereicht von
Dezernat Kultur
Betreff
Bewerbung Leipzigs zur Kulturhauptstadt Europas 2025 – Sachstandsbericht und
Handlungsempfehlung
Die Information wird zur Kenntnis genommen.
Prüfung der Übereinstimmung mit den strategischen Zielen:
nicht relevant
Sachverhalt:
siehe Begründung
Informationsvorlage:
Bewerbung Leipzigs zur Kulturhauptstadt
Europas 2025 –
Sachstandsbericht, Handlungsempfehlung
1. Sachstand
2. Hintergrund: Zum Programm "Kulturhauptstadt Europas"
2.1. Welche Vorteile bringt der Titel "Kulturhauptstadt Europas" mit sich?
2.2. Welche Finanzierung ist mit dem Programm "Kulturhauptstadt Europas" verbunden?
2.3. Was wird für eine erfolgreiche Bewerbung vor allem benötigt?
3. Vergleiche und Analysen
3.1. Vergleich Weimar 1999 und Ruhr.2010
3.2. Ergänzendes zu Ruhr.2010
4. (Potenzielle) Bewerberstädte "Kulturhauptstadt 2025"
4.1. Dresden
4.2. Magdeburg
4.3. Mannheim
4.4. Kassel
4.5. Nürnberg
5. Die Leipziger Diskussion und Konzeptvorschläge
5.1. Leipziger Kulturforum 2012
5.2. Positionen städtischer Kulturinstitutionen im September 2015
5.3. Beratende Diskussionen auf Bürgermeisterebene im August und September 2015
6. Empfehlung: Thema und Chance einer Leipziger Bewerbung
6.1. Zukunftsprojekt Transformation von Kulturlandschaften: Leipziger Wasserwege und
Seenlandschaften
6.2. Kulturhauptstadtbewerbung als Win-Win-Szenario
6.3. Leuchtturmprojekte
6.4. Ökonomische Dimension
6.5. Politische Konstellation: Gegenbewerbung zur Landeshauptstadt
1
1. Sachstand
Im Jahr 2025 wird Deutschland eine der beiden Kulturhauptstädte Europas stellen. Der
Titel "Kulturhauptstadt Europas" ist für Städte im europäischen Vergleich eine der
renommiertesten Ehrungen, er verspricht breite internationale Aufmerksamkeit. Die
Vergabe ist mit hohen künstlerischen und kulturellen Anforderungen verbunden. Das
Programm ist zugleich von der EU-Kommission mit relativ geringen Mitteln ausgestattet,
es setzt auf die Finanzierung durch Dritte.
Sowohl die Fraktionen der CDU als auch DIE LINKE haben sich im Stadtrat für eine
Bewerbung Leipzigs zur "Kulturhauptstadt Europas" stark gemacht (Antrag Nr. V/A 147
und Nr. A-00366/14). Mit Beschluss der Ratsversammlung vom 28.08.2011 (RBV-895/11)
wurde das Dezernat Kultur beauftragt, alle erforderlichen Fakten zum Thema zu sammeln
und zu einem Bericht zu bündeln.
Eine mögliche Bewerbung der Stadt wurde dabei unter den Vorbehalt der Evaluation des
Programms durch die EU-Kommission gestellt, die für das erste Halbjahr 2012
angekündigt war. Mit erheblicher Verzögerung hat am 24.03.2014 der Ministerrat den
überarbeiteten Vorschlag der EU-Kommission zur Weiterführung der Initiative
"Kulturhauptstädte Europas" angenommen, der die Vergabe des Titels für die Jahre 2019
bis 2033 neu regelt. Der nächstmögliche Zeitpunkt, als deutsche Stadt den Titel
"Kulturhauptstadt Europas" zu tragen, ist das Jahr 2025. Die Veröffentlichung des
Bewerbungsverfahrens soll im Jahr 2019 erfolgen (nationale Ebene).
In Umsetzung des Ratsbeschlusses vom 28.08.2011 (RBV-895/11) hat am 28.03.2012
das 1. Leipziger Kulturforum zum Thema "Risiken und Chancen einer Bewerbung zur
Kulturhauptstadt Europas" stattgefunden (Vgl. Informationsvorlage Nr. V/2213). Weiterhin
berichten die Informationsvorlage Nr. V/2527 vom 22.11.2012 und der
Verwaltungsstandpunkt A-00366/14-VSP-001 vom 25.11.2014 über den Sachstand einer
möglichen Bewerbung.
Im Januar 2015 hat der Stadtrat den Oberbürgermeister erneut beauftragt, die Fakten
über Chancen und Risiken einer Bewerbung Leipzigs zur "Kulturhauptstadt Europas" zu
bündeln und bis Ende des Jahres zu werten. Der Ratsversammlung soll im 1. Quartal
2016 ein Bericht vorgelegt werden, der die Voraussetzungen einer Bewerbung prüft und
ggf. zur Grundlage einer Ratsentscheidung zur Bewerbung Leipzigs werden kann (Vorlage
– A-00366/14-NF-002).
Die folgenden Ausführungen bündeln die bisher geführten Diskussionen, liefern einen
Bericht und formulieren abschließend Empfehlungen.
2
2. Hintergrund: Zum Programm "Kulturhauptstadt Europas"
Das Programm "Kulturhauptstadt Europas" wird seit 1985 von der Europäischen Union
durchgeführt. Ziel des Programms ist es, die Vielfalt und den kulturellen Reichtum
Europas in den Blick zu rücken.1
Nach einer umfassenden Evaluation und mit Beschluss vom 24. März 2014 hat die
Europäische Kommission entschieden, das Programm "Kulturhauptstadt Europas"
fortzuführen. Es wurde die Vergabe des Titels für die Jahre 2020 bis 2033 neu geregelt.
Der nächstmögliche Zeitpunkt für eine Bewerbung aus Deutschland ist das Jahr 2025
(neben Slowenien).
Die Veröffentlichung des Bewerbungsverfahrens soll 2019 erfolgen (nationale Ebene).
Sollten konkurrierende Bewerbungen auf Landesebene vorliegen, muss ein
Auswahlverfahren auf Landesebene vorgeschaltet werden (noch nicht bekannt - vgl. 6.5.).
Nach der Veröffentlichung des Bewerbungsverfahrens auf Bundesebene (2019) bleiben
ca. 10 Monate für die Erarbeitung einer Bewerbung. Ca. 2020 findet eine nationale
Vorauswahl zusammen mit einer europäischen Jury statt. Wird die Stadt ausgewählt,
erhält diese anschließend die Möglichkeit der Überarbeitung der Bewerbung (ca. 9
Monate). Eine europäische Endauswahl würde ca. 2021 erfolgen.
2.1. Welche Vorteile bringt der Titel "Kulturhauptstadt Europas" mit sich?
► Das Programm "Kulturhauptstadt Europas" stellt eine der sichtbarsten und
renommiertesten EU-Initiativen dar.
► Es steigert die Imagewirkung einer Stadt und bietet die Chance zum Imagewandel.
► Es führt zur Internationalisierung und Europäisierung einer Stadt. Die
Tourismusbranche gewinnt erheblich.
► Das Wachstum neuer Industrien, wie der Kultur- und Kreativwirtschaft, wird befördert.
► Es werden städtebauliche Entwicklungen und Erneuerungen unterstützt und
beschleunigt umgesetzt.
► Die kulturelle Vielfalt und Lebendigkeit einer Stadt gewinnen in erheblichem Maße.
2.2. Welche Finanzierung ist mit dem Programm "Kulturhauptstadt Europas"
verbunden?
► EU Fördermittel im Rahmen des Melina-Mercouri-Preises: max. 1,5 Mio EUR
► Gesamtbudget der Kulturhauptstädte (seit 2005) durchschnittlich: 64 Mio EUR
(Linz 2009: 75,2 Mio EUR, Tallin 2011: 14,4 Mio EUR; RUHR.2010: 81 Mio EUR)
► Der Hauptanteil der Finanzierung erfolgt durch: Unterstützung Bund, Land, Kommune
sowie dem Einwerben von Sponsoring / Erlöse aus den Programmen.
1
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf: Generaldirektion interne Politikbereiche, Struktur- und
Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung: "Kulturhauptstädte Europas: Erfolgsstrategien und langfristige
Auswirkungen", November 2013.
3
2.3. Was wird für eine erfolgreiche Bewerbung vor allem benötigt?
"Kulturhauptstadt Europas" zu sein, ist auf keinen Fall ein Erfolgsprojekt per se. Es bedarf
einer langfristigen Ausrichtung der städtischen und regionalen Kulturpolitik, einer seriösen
Kostenkalkulation, eines präzisen Fokus auf die eigenen Potentiale, einer professionellen
und nachhaltigen Planung und Umsetzung des Projektes und nicht zuletzt einer
intensiven, kontinuierlichen und transparenten Kommunikation mit der Öffentlichkeit.
In Themenböcken:
► Klares Bekenntnis und Engagement der Politik sowie ein frühzeitiges Beginnen des
Bewerbungsprozesses (Essen 2010 – 9 Jahre; Lund 2014 – 15 Jahre; Mons 2015 –
11 Jahre)
► Frühe Festlegung einer klaren Zukunfts-Vision hat Priorität gegenüber Einzelprojekten
und einer detaillierten Programmgestaltung
► Entwicklung eines qualitativ hochwertigen Kulturprogramms auf der Grundlage lokaler
Kulturstrategien, sowie eine strategische Kulturpolitik, die auch infrastrukturelle,
städtebauliche, ökonomische und ökologische Prozesse in den Blick nimmt
4
3. Vergleiche und Analysen
3.1. Vergleich Weimar 1999 und Ruhr.2010
In Deutschland wurde der Titel "Kulturhauptstadt Europas" bisher drei Mal verliehen. 1988
an West-Berlin, 1999 an Weimar und 2010 an Ruhr.2010. Während in den Anfangsjahren
vor allem nationale Hauptstädte mit historischer und kultureller Weltgeltung den Titel
trugen, setzte in den späten 1990er Jahren eine konzeptionelle Neuausrichtung ein: Das
Programm wurde vermehrt als Instrument der Stadtentwicklung verstanden, und der Titel
wurde verstärkt an kleinere Städte verliehen. Sowohl Weimar 1999 als auch Ruhr.2010
stellten Stadtentwicklungskonzepte sowie einen Imagewandel der Stadt ins Zentrum des
Kulturhauptstadtjahres.
Weimar 1999
Ruhr.2010
Konzept
Selbstbewusste Kulturstadt und Symbol
für die Wiedervereinigung
Imagewandel vom Industriestandort hin zur
Kulturmetropole
Leitidee
"Erinnern, Vergegenwärtigen und
Entwerfen"
"Kultur durch Wandel – Wandel durch Kultur"
Gesamtbudget
(ohne
Investitionen)
38,34 Mio EUR öffentliche Mittel + 6,49
Mio EUR Sponsoring, Kartenerlöse,
Merchandising (= 44,83 Mio EUR
gesamt)
81 Mio EUR insgesamt, davon öffentliche
Mittel 61,7 % (ca. 50 Mio EUR)
Tourismus
Steigerung von 2 auf 7 Mio Besucher,
Erhöhung der Übernachtungen um 17 %
10 Mio Besucher, Erhöhung der
Übernachtungen in Essen um 27,1 %, in der
gesamten Region um 13 %
Kulturprojekte
ca. 180 Projekte
> historische Besonderheit und
Herausforderung der Stadt: Klassik vs.
KZ Buchenwald
> ernstes und forderndes (eher
hochkulturelles) Programm
ca. 300 Projekte, 5.500 Veranstaltungen
> Erzeugung starker und eindrücklicher
Bilder, Massenevents, Markenbildung
Stadtentwicklung
und
Bauinvestitionen
besondere Nachwendesituation,
umfangreiche Bauinvestitionen,
Stadtentwicklungskonzept als zentraler
Bestandteil des Kulturhauptstadtjahres
(Investitionsvolumen der Stadt im
Kulturhauptstadtjahr: ca. 191 Mio EUR –
daneben weitere Investitionen durch
andere Träger)3
einzelne Städte haben jeweils eigene
Großprojekte in Konkurrenz realisiert;
bei den städtebaulichen Projekten hatte
Ruhr.2010 die meisten Rückschläge zu
verkraften (Museum Küppersmühle,
Dortmunder U); infrastrukturelle Investitionen
ca. 500 Mio EUR4
2
3
4
Bund: 22,2 % (ca. 18 Mio EUR)
Land NRW: 15,4 % (ca. 12,5 Mio EUR)
Regionalverband Ruhr: 14,8 % (ca. 12 Mio)
Stadt Essen: 7,4 % (ca. 6 Mio EUR)
EU Mittel: 1,9 % (ca. 1,5 Mio EUR)2
Vgl. Zentrum für Kulturforschung, ICG Culturplan, "Mit Kultur zur Metropole? Evaluation der
Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010", Juni 2011.
Vgl. Prossek, Achim: "Berlin, Weimar, Ruhr - die deutschen Europäischen Kulturhauptstädte zwischen
Kulturfestival, Stadtentwicklung und Identitätspolitik", in: Informationen zur Raumentwicklung. Heft
11/12.2012.
Vgl. URL <http://www.du2010.de/> (18.09.2015)
5
3.2. Ergänzendes zu Ruhr.20105
Das Projekt Ruhr.2010 soll als Vergleichsbeispiel näher betrachtet werden – die Region,
an die zuletzt in Deutschland der Titel verliehen wurde. Das angeführte Zahlenmaterial
sowie die Organisationsstruktur können als belastbare Beispiele herangezogen werden.
Eine intensive Auseinandersetzung mit Ruhr.2010 erfolgte auch während des 1. Leipziger
Kulturforums 2012, zu dem auch Prof. Dr. Oliver Scheytt geladen war.
Die Vision der Kulturhauptstadt Ruhr.2010 lautete: "Kultur durch Wandel – Wandel durch
Kultur". Das Ziel war der Imagewandel von einer Region der Schwerindustrie hin zu einer
kulturellen Metropole.
Ziele und Maßnahmen:
5
Vgl. Zentrum für Kulturforschung, ICG Culturplan, "Mit Kultur zur Metropole? Evaluation der
Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010“, Juni 2011.
6
Programm Ruhr 20.10
Infrastruktur Ruhr 20.10
Ca. 300 Projekte, 5.500 Einzelveranstaltungen
(Vielzahl, z.T. Kritik an einer fehlenden
Stringenz, fehlende Intendanz).
Bauliche Großprojekte waren nicht direkt Teil der
Programmplanung; gleichwohl war die
Kulturhauptstadt Katalysator für Bauten und
bauliche Infrastrukturen.
(1) Local Heroes
(2) Feste Feiern
(3) Mythos Ruhr begreifen
(4) Musik erleben - !SING DAY OF SONG
(5) Feste feiern – Still-Leben Ruhrschnellweg
(6) Bilder entdecken – RuhrKunstMuseen
(7) Europa bewegen – TWINS
(8) Europa bewegen – MELEZ … etc.
(1) Museum Folkwang, Essen
(2) Küppersmühle Duisburg
(3) Dortmunder U
(4) NRW Staatsarchiv, Duisburg
(5) Zeche Nordstern, Gelsenkirchen
(6) Visitor Center
(7) Bahnhöfe in Essen und Bochum
(8) Verkehrsinfrastruktur
Budget: Gesamtbudget: 81 Mio EUR; Förderung der EU: 1,5 Mio EUR (1,9 Prozent)
7
4. (Potentielle) Bewerberstädte "Kulturhauptstadt 2025"
In einigen Städten Deutschlands wird über eine Bewerbung zur „Kulturhauptstadt Europas
2025“ öffentlich diskutiert. In manchen Kommunen liegt bereits ein Stadtratsbeschluss für
eine Bewerbung vor. Die Zusammenstellung ergibt sich aus öffentlich zugänglichen Daten
mit dem Stand März 2016.
4.1. Dresden
Im November 2014 hat der Dresdner Stadtrat die damalige Oberbürgermeisterin
einstimmig beauftragt, die Debatte um eine Bewerbung der Landeshauptstadt als
"Europäische Kulturhauptstadt 2025" aufzunehmen und zu prüfen. Daraufhin wurde ein
Initiativkreis aus Dresdner Kulturschaffenden und Wissenschaftlern ins Leben gerufen.
Aufgabe des Initiativkreises soll es sein, eine breite Öffentlichkeit für das Thema zu
schaffen und den Kulturbegriff für eine erfolgreiche Bewerbung weiter zu fassen, als er
derzeit öffentlich wie politisch verwendet wird.
Im Januar 2015 hat die Stadt Dresden unter der Überschrift "Dresden – Kultur der
Zukunft" verkündet, dass die Stadt eine Bewerbung vorantreiben wird, da Dresden bereits
national den Ruf als bedeutende Kulturmetropole besitzt und den Anspruch verfolgt,
diesen auch auf europäischer und internationaler Ebene auszubauen. Dresdens
Bewerbung zur "Europäischen Kulturhauptstadt 2025" wird die kulturhistorische
Vergangenheit mit der nicht minder bedeutenden Entwicklung bis in die Gegenwart
verbinden und enge Kooperationen mit der Wissenschaftslandschaft eingehen.6
Die Dresdner Bewerbung verfolgt offenkundig das Primärziel, die Internationalität und
Gastfreundschaft einer europäischen Metropole vor dem Hintergrund der Aktivitäten von
PEGIDA zu unterstreichen und dem damit im Zusammenhang stehenden Imageverlust
entgegen zu wirken.
4.2. Magdeburg
Dass Magdeburg sich für das Jahr 2025 um den Titel "Kulturhauptstadt Europas" bewirbt,
geht auf einen Beschluss des Stadtrates aus dem Jahr 2011 zurück.7
Im Mittelpunkt der Bewerbung soll die für Europa beispielgebende geschichtliche
Bedeutung Magdeburgs sowie der erfolgreiche Strukturwandel von einer Stadt des
Schwermaschinenbaus zu einer modernen Wissenschafts- und Dienstleistungsstadt
stehen. Entscheidend ist das historische Erbe der Stadt aus Kaiser Ottos Zeiten. Von der
6
7
Stadt Dresden, Pressemitteilung „Dresden – Kultur der Zukunft“, 07.01.2015, URL
<http://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2015/01/pm_008.php> (14.01.2016)
Beschluss-Nr. 771-29(V)11, Siehe Bürgerinfoportal Magdeburg: Vgl. URL
<http://ratsinfo.magdeburg.de/infobi.asp> (14.01.2016)
8
Landeshauptstadt aus hatte sich einst das so genannte Magdeburger Recht vor allem in
Richtung Osteuropa ausgebreitet. Seit 2010 nennt sich Magdeburg offiziell auch
"Ottostadt", eine Marketingkampagne auf dem Fundament der Geschichte.8
4.3. Mannheim
Im Jahr 2009 hat der Stadtrat in Mannheim die Vorbereitung einer möglichen Bewerbung
zur Europäischen Kulturhauptstadt 2020 in Abstimmung mit der Metropolregion RheinNeckar beschlossen.9
Unter dem Motto "Kultur Raum Stadt" hat Mannheim ein umfassendes Stadtentwicklungsprojekt angestoßen, das in eine Bewerbung um den Titel "Europäische Kulturhauptstadt
2025" münden soll. Mannheim will sich gemeinsam mit der Metropolregion Rhein-Neckar
den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stellen und diese mit im umfassenden Sinn
kulturellen Mitteln in Angriff nehmen.10
4.4. Kassel
Die Stadt Kassel treibt die Bemühungen um eine Bewerbung als "Kulturhauptstadt Europa
2025" voran. Mit großer Mehrheit hat die Kasseler Stadtverordnetenversammlung im
November 2015 beschlossen, eine Bewerbung prüfen zu lassen.11
Deren inhaltliche Orientierung umriss Oberbürgermeister Bertram Hilgen in der
Neujahrsansprache 2016 wie folgt: "Bis dahin (2015) ist die Neuordnung der Kasseler
Museumslandschaft weitgehend vollendet. Nach dieser kulturellen Aufbauleistung und
dem zusätzlichen kreativen Potenzial in unserer Stadt bin ich zuversichtlich, dass es uns
gelingen sollte, eine Bewerbung abzugeben, die in Europa begeistert".
4.5. Nürnberg
In Nürnberg wird diskutiert, ob sich die Stadt für das Jahr 2025 als "Kulturhauptstadt
Europas" bewerben soll. Offenbar gibt es allerdings noch Bedenken, eine Bewerbung
voranzutreiben.12
Diskutiert wird die Bewerbung mit der "Metropolregion Nürnberg" als regionale Allianz aus
Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Die Region ist Zusammenschluss aus 22
Landkreisen und 11 kreisfreien Städten mit insgesamt 3,5 Millionen Einwohnern.
8
9
10
11
12
Vgl. URL <http://www.magdeburg.de/index.php?&ModID=255&FID=37.12995.1&object=tx%7C698.6.1>
(14.01.2016)
Beschlussvorlage Nr. 633 / 2009, Vgl. URL
<https://www.mannheim.de/sites/default/files/page/320/kulturhaupstadt_beschlussvorlage.pdf>
(14.01.2016)
Vgl. URL <https://www.mannheim.de/node/320/> (14.01.2016)
Vgl. URL <http://www.hna.de/kassel/kulturhauptstadt-europas-2025-stadtverordnete-lassen-erneutebewerbung-pruefen-5882235.html> (14.01.2016)
Vgl. URL <http://www.sueddeutsche.de/bayern/bewerbung-zur-kulturhauptstadt-frankenszaudermetropole-1.2544810> (14.01.2016)
9
5. Die Leipziger Diskussion und Konzeptvorschläge
5.1. Leipziger Kulturforum 2012
Bereits 2012 diskutierte des 1. Leipziger Kulturforum mit namhaften Vertretern, wie Prof.
Dr. Oliver Scheytt, eine mögliche Bewerbung Leipzigs für das Jahr 2020 als
"Kulturhauptstadt Europas" (Informationsvorlage-Nr.: DSV/ 2213) und verzeichnete
folgende Ergebnisse:
Eine Bewerbung muss von Beginn an einen weiten Kulturbegriff im Blick haben, zum
Beispiel auch die Umformung von Kulturlandschaften (Leipziger Gewässerverbund)
berücksichtigen. Damit werden Stadtentwicklung und Stadterneuerung zu zentralen
konzeptionellen Wegmarken einer möglichen Bewerbung zur "Kulturhauptstadt Europas".
Wenn eine Bewerbung zur "Europäischen Kulturhauptstadt" der aktiven Debatte der
Transformationsprozesse der Leipziger Kulturlandschaft dient, so stellte das Kulturforum
in breiter Einmütigkeit fest, sei sie im Sinne der objektiven Aufgaben der nächsten Jahre
letztendlich zielführend – unabhängig davon, ob die Diskussion tatsächlich in eine
Bewerbung mündet bzw. eine Bewerbung zum Erfolg führt.
Eine Vielzahl der städtischen Kulturakteure steht einer Bewerbung weitgehend positiv
gegenüber. Die meisten Stimmen unterstrichen, dass vor allem der Prozess der
Verständigung und der Freiraum, neue Zukunftsvorstellungen zu entwickeln, produktiv
erscheinen. Deutlich wurde, dass der Inhalt einer Bewerbung nicht lediglich feststellen
sollte, dass Leipzig eine traditionsreiche und innovative Kulturstadt ist, die Event auf Event
erzeugen kann, sondern dass nachhaltige strukturelle Überlegungen schlüssig in eine
zukunftsweisende und europäisch relevante Gesamtpositionierung der Stadt einfließen
sollten.13
5.2. Positionen städtischer Kulturinstitutionen im September 2015
Im September 2015 wurden die städtischen Eigenbetriebe sowie die städtischen Museen
erneut gebeten, ihre Haltung zu einer möglichen Bewerbung Leipzigs zur
"Kulturhauptstadt Europas 2025" zu formulieren. Im Ergebnis lässt sich folgendes
Meinungsbild festhalten:
Kultur spielt für das Selbstverständnis der Stadt Leipzig sowie die Außendarstellung eine
besondere Rolle. Leipzig ist eine Stadt der kulturellen Vielfalt. Leipzig ist eine
herausragende international ausstrahlende Musikstadt sowie eine lebendige Kunst- und
13
Vgl. „Kulturhauptstadt Leipzig? Ruhr.2010-Chef Oliver Scheytt zu Chancen und Risiken der Bewerbung“, 06.
September 2011,
URL < http://www.lvz-online.de/kultur/news/kulturhauptstadt-als-erfolgsmodell-interview-mit-oliverscheytt-chef-der-ruhr-2010/r-news-a-103580.html> (07.11.2014)
10
Kreativstadt, in der Tradition und Innovation immer wieder neue Konstellationen eingehen.
Die Kultureinrichtungen der Stadt besitzen die besonders hohe Qualität und das Können,
das Vorhaben "Kulturhauptstadt Europas" mit künstlerischen Ideen erfolgreich zu
gestalten. Der Titel festigt und erweitert das Image Leipzigs als europäische
Kulturmetropole.
Unter dem Titel "Kulturhauptstadt Europas" kann ein herausragendes Kultur- und
Innovationsprogramm mit internationaler Strahlkraft entstehen, das sich so nur mit
Sondermitteln (EU, Bund, Land) verwirklichen lässt. Die Programme setzen zugleich auf
eine breite kulturelle Teilhabe und die Integrationskraft von Kultur.
Leipziger Kultureinrichtungen haben bereits positive Erfahrungen mit dem Format
"Kulturhauptstadt Europas" gesammelt: Das Theater der Jungen Welt kooperiert mit der
Stadt Wrocław / Breslau, die im Jahr 2016 den Titel trägt, und entwickelt Projekte auf
Einladung der polnischen Stadt. Bereits ein Vorab-Treffen im Juni 2015 war aus Sicht des
Theaters ein Erlebnis, das Reichtum sowie Vielfalt eines kulturellen europäischen Erbes
widerspiegelt.
5.3. Beratende Diskussionen auf Bürgermeisterebene im August und September
2015
Die Bürgermeister berieten sich, um Konzepte im Sinne eines erweiterten Kulturbegriffs zu
entwickeln, die auch Stadtentwicklung und Stadterneuerung in den Blick nehmen. Die
Diskussion hatte folgende Ergebnisse:
Die Dezernenten stehen einer Bewerbung zurückhaltend gegenüber. Bei der Vorbereitung
einer möglichen Bewerbung für 2020 standen die Ideen eines demokratischen Wandels
von Gesellschaften nach 1989 bis hin zur Veränderung von Stadt-, Kultur- und
Naturlandschaften im Mittelpunkt. Die städtebauliche Revitalisierung, die Freilegung des
Gewässernetzes, das Leipziger Neuseenland, die Umnutzung von Industriearchitektur
waren dabei wichtige Themen.
Eine Bewerbung kann keine reine "Leistungsschau" sein. Sie muss hingegen eine
innovative Schlüsselaufgabe und Ideen formulieren, die auch auf europäischer Ebene
beispielgebend sind. Ein Scheitern der Bewerbung darf den Themenkomplex und das
Image der Stadt nicht beschädigen.
Im Jahr 2025 könnte auch eine Bundesgartenschau stattfinden. Zum Zeitpunkt der
Gespräche wurde ein mögliches Bewerbungsverfahren thematisiert. Es erschien sinnvoll,
nur eines der beiden Projekte für das Jahr 2025 voranzutreiben. Inzwischen wurde das
BUGA Projekt eingehend geprüft, seine Weiterverfolgung wird derzeit nicht mehr erwogen.
11
6. Thema und Chance einer Leipziger Bewerbung
6.1. Zukunftsprojekt Transformation von Kulturlandschaften: Leipziger Wasserwege
und Seenlandschaften
Der Titel "Europäische Kulturhauptstadt" gehört zu den renommiertesten EUProgrammen. Die hohe internationale Aufmerksamkeit und die Mittelzuwendungen von
Seiten der EU sowie Bund und Land stehen außer Frage.
In einem bereits jetzt starken Mitbewerberfeld hat Leipziger Bewerbung vor allem dann
Aussichten auf Erfolg, wenn sie nicht in erster Linie auf die Stärkung der bekannten
Qualitätsmerkmale einer Kulturstadt beschränkt. Nicht allein die möglichst schöne
Präsentation der Schätze aus der Tradition (wie sie in Magdeburg oder Dresden m.o.w. im
Mittelpunkt stehen werden) sollte der Schwerpunkt sein, sondern lebendige
Gestaltungsprozesse künftiger Lebensräume einer wachsenden Metropolregion.
An diesem Punkt müssen die weitreichenden Um- bzw. Neuformungen von großflächigen
Kulturlandschaften, die im Zuge des Braunkohlenbergbaus unwiederbringlich zerstört
schienen, sowie die Renaissance einer lebendigen Wasserstadt in den Mittelpunkt der
Betrachtung rücken. Mit dieser allumfassenden ökonomischen, ökologischen und
kulturellen Metamorphose stehen die Stadt, ihr engeres Umfeld und die Groß-Region vor
einer Aufgabe, deren Realisierung bis weit in die zweite Hälfte des Jahrhunderts Thema
sein wird.
Die Erschaffung einer Landschaft im großen Maßstab mit weitreichenden Folgen für die
gesamte Infrastruktur nach den Anforderungen künftiger Generationen und unter den
Bedingungen einer weitgehend postindustriellen Entwicklung ist im europäischen Maßstab
für ähnliche Langzeitentwicklungen ebenso beispielhaft für andere urbane Räume, wie sie
in ihrer konkreten Ausformung und Dimension in der entstehenden Leipziger
Seenlandschaft mit fließendem Anschluss an angrenzende Regionen einmalig ist.
Das Eingreifen des Menschen in eine Naturlandschaft und deren Umgestaltung zu einem
neuen nachhaltigen Lebensraum ist die These des "Anthropozäns"14, wie sie in jüngster
Zeit in führenden Kultureinrichtungen Deutschlands diskutiert wird. Eine Kulturhauptstadtbewerbung mit dem Thema Landschaftswandel / Anthropozän ist in dieser Perspektive
von hoher Brisanz, sie ist beispielgebend und vielversprechend auf europäischer Ebene.
14
Vgl. Jürgen Renn / Bernd Scherer (Hrg.), Das Anthropozän. Zum Stand der Dinge. Berlin 2015.
12
6.2. Kulturhauptstadtbewerbung als Win-Win-Szenario
Der für eine Bewerbung zentrale Punkt ist: Ausnahmslos alle im Zusammenhang mit
diesem Schwerpunkt stehenden und perspektivisch zu lösenden Fragen stünden vor
Stadt und Region auch ohne Bewerbung. Speziell die Aufgabe, einen Großraum mit
einem kulturell hochwertigen urbanen Zentrum für einen nachhaltigen internationalen
Tourismus zu erschließen, der das bis heute erreichte beachtliche Niveau quantitativ und
qualitativ noch einmal um ein Vielfaches übersteigen muss, wird auch ohne
Kulturhauptstadtbewerbung eine der zentralen Aufgaben zukünftiger ökonomischer
Entwicklung sein.
Ebenso außer Frage steht, dass bereits die Kommunikation der Auseinandersetzung mit
den Konzepten von Mitbewerbern eine starke überregionale und internationale
Aufmerksamkeit für das eigene Anliegen generieren wird:
Das Thema ist so stark und die Notwenigkeit der intensiven Beschäftigung mit ihm so
offenkundig, dass eine Bewerbung unabhängig von ihrem letztlichen Ausgang Denk- und
Umsetzungsprozesse anstößt und befördert, die ohnehin auf der Agenda stehen.
6.3. Leuchtturmprojekte
Mit dem Großprojekt einer Kulturhauptstadtbewerbung könnten einige Einzelprojekte in
den direkten Fokus genommen werden, deren Realisierung in jedem Falle sinnvoll wäre
und auf diesem Wege entscheidende Beschleunigungsimpulse erfahren könnten15.
► Großprojekt ökologischer Tourismus bei hoher naturnaher Mobilität und großer
kultureller Reichweite in einer faszinierenden Landschaft, die vom Touristen weitgehend
klimaneutral erschlossen werden kann – realisiert durch die Verbindung der Gebiete des
Neuseenlandes mit den innerstädtischen Wasserstraßen
► Stadtraum Leipzig: Intensivierung der "Flüsse ans Licht" - Projekte
► Stadthafen - Projekte als Schlussfolgerung. Entwicklung der Marina in Lindenau
ebenso wie des Stadthafens nahe Kollwitzstraße; Verbindung beider, Anschluss an das
Gewässernetz im Süden und gfs. nach Westen und Nordwesten; Verbindung der Themen
Wasser, Sport, Kultur gfs. mit der Ansiedlung des Sportmuseums in Hafennähe (dessen
Standortfrage bisher ungeklärt ist)
► Saale-Elster-Kanal zur Anbindung größerer Erholungsräume als Fernziel-Leitprojekt mit
Initiationswirkung auf den gesamten Großraum (Schiffshebewerk als touristische
Attraktion)
15
Ausführliche Listung in: "Gewässerlandschaft im Mitteldeutschen Raum. Das Tourismuswirtschaftliche
Gesamtkonzept im Überblick", herausgegeben von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft AnhaltBitterfeld / Dessau / Wittenberg GmbH, der Stadt Leipzig, Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport sowie dem
Grünen Ring Leipzig, 2014.
13
► Geologische Ausstellungszentren, Nutzung der Bergbaufolgelandschaften für
„Außenstellen“ des Naturkundemuseums, Entwicklung eines neuen, flächigen Konzepts
für das neue Museum - das ohnehin auszuarbeitende neue Gesamtkonzeption erführe auf
diese Weise von Beginn an eine zukunftsfähige Erweiterung
► Kulturstätten am und im Wasser: Ausbau der vorhandenen Spielorte von der
Magdeborner Halbinsel (Highfield-Festival) und der schwimmenden Kirche Vineta am
Störmthaler See über die Biedermeierstrand-Bühne Hayna am Schladitzer See bis zur
Eisenstadt Ferropolis; Entwicklung neue Projekte, etwa einer schwimmenden Bühne aus
Modulen, die innerhalb des Gewässerverbundes ortsbeweglich ist
► Zukunftswerkstätten für die Renaturalisierung der Groß-Tagebaue „Vereinigtes
Schleenhain“ und Profen, die zwischen 2030 und 2060 von der Kohleförderung in die
Zukunftslandschaften integriert werden.
All diese Ansätze bedürfen - ein weiterer offenkundiger Vorteil einer Bewerbung mit dieser
Themensetzung - keiner neuen Überlegungen, sie sind bereits in akribischen
Machbarkeitsanalysen u.a. durch die Wirtschaftsförderung Bitterfeld/ Dessau/ Wittenberg,
der Stadt Leipzig (Dezernat III) und den Grünen Ring auf ihre Zukunftsfähigkeit hinterfragt.
Entscheidende Vorarbeiten sind also schon in hoher Qualität geleistet und können als
Basis der Bewerbung genutzt werden.
6.4. Ökonomische Dimension
Die auf den ersten Blick äußerst beeindruckendend erscheinenden Zahlen des
Hauptstadtjahres im Ruhrgebiet (Gesamtbudget: 81 Mio Euro) scheinen den Schluss
nahezulegen, dass es sich bei einer Leipziger Kulturhauptstadtbewerbung um ein
Vorhaben handeln könnte, das der realen Wirtschaftskraft der Kommune nicht adäquat
sei.
Dem gegenüber stehen erreichbare und bereits erreichte Wertschöpfungspotenziale. Sie
lassen die zu tätigenden Ausgaben im Zusammenhang mit der Bewerbung zu zwingend
erforderlichen Investitionen in die aufzubauende Struktur der Zukunftsregion erscheinen.
In der bereits zitierten Untersuchung „Gewässerlandschaft im mitteldeutschen Raum“
wurde ermittelt, dass die von der touristischen Nachfrage angestoßene
Bruttowertschöpfung von 2002 bis 2012 insgesamt rund 25,6 Milliarden Euro betrug, pro
Jahr also durchschnittlich 2,3 Milliarden Euro. Das ist bis zum Jahr 2025 und prognostisch
weit darüber hinaus ein erheblich steigerbarer Wert.
Expertenschätzungen zufolge zog im Prozess der Bewerbung zur Kulturhauptstadt und im
Jahr der Umsetzung selbst jeder investierte Euro einen Ertrag von acht bis zehn Euro
nach sich. Das Programm kann somit einen deutlichen Beitrag zu Wachstum und
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Beschäftigung leisten. Nicht zu unterschätzen ist in diesem Zusammenhang auch die
wirtschaftliche Kraft der Medien.16
Fazit auch hier: Alle notwendigen Prozesse zur Entwicklung einer Struktur und
Verwerbung einer de facto neu geschaffenen Erholungslandschaft stehen mit oder ohne
Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas unausweichlich auf der Tagesordnung. Stadt,
Region und Anliegen können durch die positiven Effekte einer öffentlichkeitswirksamen
Bewerbung nur gewinnen. Eine detaillierter Analyse und Bewertung der ökonomischen
Chancen und Risiken muss eine separate Untersuchung leisten.
6.5. Politische Konstellation: Gegenbewerbung zur Landeshauptstadt Dresden
Gründlich zu bedenken ist, inwieweit eine Bewerbung gegen die Landeshauptstadt
Dresden sinnvoll erscheint. Im November 2014 hat der Dresdner Stadtrat die
Oberbürgermeisterin einstimmig beauftragt, die Debatte um eine Bewerbung Dresdens
zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025 aufzunehmen und zu prüfen. Am 7. Januar 2015
verkündete die Stadt unter der Überschrift "Dresden – Kultur der Zukunft", dass man eine
Bewerbung vorantreiben wird.
Die Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Dr. Eva Maria Stange, hat sich sowohl
als Fraktions-Mitglied der SPD als auch während ihres Wahlkampfes zur
Oberbürgermeisterin der Stadt Dresden im Frühjahr 2015 dezidiert für eine Bewerbung
Dresdens zur "Kulturhauptstadt Europas 2025" stark gemacht. Auch der Sächsische
Staatsminister des Innern, Markus Ulbig, der sich im Frühjahr 2015 ebenso im Wahlkampf
zum Oberbürgermeister der Stadt Dresden befand und nach Niederlage weiterhin
Staatsminister blieb, unterstützt die Bewerbung Dresdens. Im Gespräch mit dem
Kulturbürgermeister äußerte Herr Staatssekretär Uwe Gaul, dass die Bewerbung der
Landeshauptstadt derzeit auch im Kabinett Zustimmung fände. Auf Landesebene
sprechen sich auch weitere Schlüsselakteure für eine Bewerbung Dresdens zur
"Kulturhauptstadt Europas 2025" aus.
So optimistisch der Ausgang eines fairen Wettbewerbs der Konzepte für die Stadt Leipzig
beurteilt werden darf, so unglücklich kann eine Bewerbung gegen eine durch die
Staatsregierung deutlich präferierte Landeshauptstadt von außen wirken. Diese politische
Gemengelage ist vorher abzuklären.
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Nicola Halder-Hass, Förderung von deutschen Welterbestätten – finanzielle Rahmenbedingungen, in:
ICOMOS: Hefte des Deutschen Nationalkomitees, Bd. 57 (2013), S. 33 – 40, hier S. 39.
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