Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1049524.pdf
Größe
91 kB
Erstellt
07.01.16, 12:00
Aktualisiert
16.06.17, 12:46
Stichworte
Inhalt der Datei
Verwaltungsstandpunkt Nr. VI-A-02118-VSP-01
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Zuständigkeit
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
22.02.2016
Bestätigung
Fachausschuss Allgemeine Verwaltung
22.03.2016
Vorberatung
Verwaltungsausschuss
06.04.2016
Vorberatung
Ratsversammlung
20.04.2016
Beschlussfassung
Eingereicht von
Dezernat Allgemeine Verwaltung
Betreff
Verschwiegenheitspflichten
Rechtliche Konsequenzen
Der gemäß Ursprungsantrag gefasste Beschluss wäre
Rechtswidrig und/oder
Nachteilig für die Stadt Leipzig.
Zustimmung
Ablehnung
Zustimmung mit Ergänzung
Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln
X Alternativvorschlag
Sachstandsbericht
Alternativvorschlag:
Der Stadtrat bekennt sich zu seiner Pflicht, den Datenschutz zu wahren, Geschäfts- und
Betriebsgeheimnisse sowie der Verschwiegenheit unterliegende Kenntnisse nicht zu veröffentlichen
und nicht bekannt zu geben.
Sachverhalt:
1. Allgemeines
Mit den zwei Anträgen der SPD-Fraktion soll der Oberbürgermeister beauftragt werden, ein
Maßnahmepaket zur Verbesserung der Einhaltung der Verschwiegenheitspflichten zu erarbeiten.
Außerdem wird der Oberbürgermeister aufgefordert Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht
auf Strafbarkeit zu prüfen und Anzeige zu erstatten.
Die Angestellten der Stadt Leipzig und ihrer Eigenbetriebe werden bei ihrer Einstellung nach dem
Verpflichtungsgesetz verpflichtet. Dies hat zur Folge, dass sie sich gemäß §§ 203, 204, 353b StGB
bei der Weitergabe von Geheimnissen, insbesondere Betriebs und Geschäftsgeheimnissen, strafbar
machen. Bei Steuergeheimnissen gilt auch § 355 StGB. Beamte, wozu auch die Wahlbeamten
einschließlich des Oberbürgermeisters gehören, sind Amtsträger im Sinne dieser Gesetze und
unterliegen damit gleichfalls deren Straftatbeständen. Gemäß dem Datenschutzgesetz des Landes
Sachsen ist ein Verstoß nach § 39 nur dann strafbar, wenn Handlungen gegen Entgelt oder in der
Absicht begangen worden sind, sich oder einen anderen zu bereichern oder zu schädigen. Im
übrigen liegt bei der rechtswidrigen Veröffentlichung personenbezogener Daten nur eine
Ordnungswidrigkeit vor. Insofern liegt bei der rechtswidrigen Veröffentlichung von
personenbezogenen Daten, sofern die Voraussetzungen § 39 SächsDSG nicht vorliegen, nur eine
Ordnungswidrigkeit vor.
Das Datenschutzgesetz gilt auch für die Stadträte. Im übrigen kann bei den Stadträten nach § 19
Abs. 4 SächsGemO der Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht mit einem Ordnungsgeld von
bis zu 500 € geahndet werden. Diese Ermessensentscheidung liegt bei dem Stadtrat selbst. Eine
strafbare Handlung der Stadträte liegt dagegen nicht vor. Die Stadträte sind kein Amtsträger im
Sinne der §§ 203, 204, 353b StGB. (vgl. Urteil BGH vom 09.05.2006, Az. 5 StR 453/05)
Bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Gesellschaften gilt nach § 17 UWG ein besonderes
Verschwiegenheitsgebot für die dort beschäftigten Personen, wozu auch die Aufsichtsräte gehören.
Auch hier ist eine Strafbarkeit bei Verletzung gegeben. In diesem Sonderfall begeht auch ein
Stadtrat eine Straftat, wenn er Geheimnisse verrät.
Insofern ist festzustellen, dass die bei der Stadt Leipzig und Eigenbetrieb beschäftigten Personen
einschließlich der Wahlbeamten eine Strafbarkeit bei Verletzung der Verschwiegenheitspflichten
begehen. Daneben kann eine Ordnungswidrigkeit nach dem Datenschutzgesetz vorliegen, für
Angestellte nach dem TVÖD ist gemäß § 3 TVÖD auch im Arbeitsvertrag eine Schweigepflicht
festgeschrieben worden.
Die Stadträte dagegen unterliegen grundsätzlich bei der Verschwiegenheit nicht dem
Strafgesetzbuch, sondern den Regelungen der Gemeindeordnung, die ein Bußgeld vorsieht, dass
durch den Stadtrat selbst zu beschließen ist. Allerdings unterliegen auch sie dem
Datenschutzgesetz, bei dem typischerweise von einer Ordnungswidrigkeit auszugehen ist.
Zuständig für den Erlass eines Bußgeldes nach dem Datenschutzgesetz ist dabei der sächsische
Datenschutzbeauftragte.
Im Rahmen dieser Vorschriften kann und wird die Verwaltung bei Verstößen gegen die
Verschwiegenheit tätig.
Bei den Beteiligungen ist aber allein die jeweilige Gesellschaft für eine Verfolgung der Verstöße
verantwortlich. Sie ist auch nur berechtigt, eine Strafanzeige zu erstatten.
2. Zu den einzelnen Anträgen
Der Antrag zu 2, mit dem die Verwaltung aufgefordert wird, bei allen Verstößen gegen die
Verschwiegenheit Strafanzeige zu erstatten, wird bereits umgesetzt.
Werden Verletzungen von Verschwiegenheitspflichten bekannt, erfolgt eine Prüfung auf Strafbarkeit
durch das Rechtsamt, die Verletzung des Datenschutzes durch den Datenschutzbeauftragten der
Stadt und gleichzeitig eine Prüfung des Personalamtes auf personelle Konsequenzen. Werden
Verstöße festgestellt, wird entsprechend gehandelt, d.h. es erfolgen Strafanzeigen, Mitteilung an
den Sächsischen Datenschutzbeauftragten und/oder personelle Maßnahmen wie z.B.
Abmahnungen. Dies gilt für alle Verstöße. Bei Verletzungen der Pflichten durch die Stadträte kann
und soll der Stadtrat selbst neben dem Oberbürgermeister gegen jedes Mitglied des Stadtrates
einen Antrag auf Erlass eines Ordnungsgeldes nach § 19 Abs. 4 SächsGemO stellen, wenn die
Auffassung besteht, dass dieses Mitglied seine Verschwiegenheitspflichten verletzt habe.
Schwierig ist es aber häufig, Verstöße durch eine konkrete Person festzustellen. Bei Beamten und
Angestellten ist eine Strafanzeige möglich, so dass die Staatsanwaltschaft ermitteln kann. Bei
Stadträten ist die nicht möglich, da keine Strafbarkeit vorliegt.
Werden vertrauliche Informationen durch die Presse veröffentlicht, wird regelmäßig auch die
Ermittlung durch die Staatsanwaltschaft keinen Erfolg haben, da die Journalisten ein
Aussageverweigerungsrecht haben und ihre Quelle nicht nennen müssen. Die vorgeschlagenen
Maßnahmen werden bereits durchgeführt, müssen aber nicht unbedingt zum Erfolg führen. Die
Möglichkeiten der Verwaltung zur Feststellung der verantwortlichen Person sind begrenzt.
Der Antrag zu 1 wird, soweit der Oberbürgermeister zuständig ist, bereits erfüllt.
Bei vertraulichen Vorgängen wird in jedem Einzelfall geprüft, wie die Daten besonders geschützt
werden können. Eine absolute Sicherung vertraulicher oder personenbezogenen Daten ist aber
nicht möglich. Weiterhin werden Verletzungen geprüft und, soweit möglich, alle gesetzlich möglichen
Sanktionsmöglichkeiten genutzt.
Konkret werden u.a. folgende Maßnahmen bei Bedarf umgesetzt:
•
Mitteilung von Informationen und Verwendung von Unterlagen nur in nicht-öffentlicher
Sitzung
•
Ausgabe von Unterlagen für Besprechungen oder in Ausschüssen und anschließendes
wieder Einsammeln von Unterlagen
•
keine Einstellung der Vorlagen/Unterlagen in das Allris
•
zusätzliche Belehrung und Unterzeichnung von Verschwiegenheitserklärungen bei
besonderen Vorgängen oder vor Einsicht in Akten
•
keine Herausgabe von Unterlagen sondern nur Einsicht in die Unterlagen im Datenraum mit
Erfassung der Daten des Einsehenden
•
Sensibilisierung der Mitarbeiter und Stadträte durch einen nochmaligen ausdrücklichen
Hinweis auf die Verschwiegenheit bei einzelnen Vorgängen
•
Prüfung von Strafanzeigen und Erstattung von Strafanzeigen bei nachweisbaren
Verletzungen
•
Prüfung von Verletzungen durch den unabhängigen städtischen Datenschutzbeauftragten
Dieser Katalog ist nicht abschließend. Im Einzelfall werden und wurden auch andere Maßnahmen
getroffen. Allerdings ist die Weitergabe von Unterlagen und Daten zur Bearbeitung zwingend
erforderlich. Auch die Beschränkung von Informationen gegenüber den Stadträten ist meist
problematisch. Diese haben gerade einen Anspruch auf Information ggfl. in nichtöffentlicher Sitzung.
Die Mitarbeiter werden ausdrücklich bei Beginn der Tätigkeit auf ihre Verschwiegenheit verpflichtet.
Auch den Stadträten ist Ihre Pflicht zur Verschwiegenheit bekannt. So ist zwar die zusätzliche
Unterzeichnung einer Verschwiegenheitserklärung als Erinnerung möglich, hat aber keine
zusätzlichen rechtlichen Folgen. Soweit der Bürgermeister nochmals bei einzelnen Themen drauf
hinweisen sollte, ob Informationen geheim, vertraulich oder für die Öffentlichkeit gedacht sind, wurde
dies und wird dies auch zukünftig bei einzelnen Angelegenheiten ausdrücklich getan. Allerdings
muss jedem Stadtrat bekannt sein, dass alle in nicht-öffentlicher Sitzung erhaltenen Informationen
der Verschwiegenheit unterliegen. Eine Unterscheidung zwischen geheim, vertraulich und nichtöffentlich gibt es innerhalb der Stadtverwaltung bis auf Ausnahmen so nicht, sondern alle der
Verschwiegenheit unterliegenden Vorgänge sind in nicht-öffentlicher Sitzung zu behandeln. Alle dort
erlangten Informationen unterliegen der Verschwiegenheit. Lediglich die Ergebnisse der
Beschlussfassung werden dann, soweit nicht das Bedürfnis zur weiteren Verschwiegenheit besteht,
veröffentlicht. Daher gibt es eine Vielzahl von Maßnahmen seitens der Verwaltung zur Einhaltung
der Verschwiegenheit. Ein Maßnahmenpaket zur weiteren Sicherheit ist nicht erkennbar, da
insbesondere die Stadträte ein Recht auf Information haben und es an ihnen liegt im Interesse der
Stadt Leipzig ihre Verschwiegenheitspflicht nachzukommen. Nachweisbare Verstöße werden in
jeden Fall geahndet.
3. Alternativvorschlag
Die Anträge sollten daher durch den Alternativvorschlag ersetzt werden.
Der Oberbürgermeister unternimmt bereits eine Vielzahl von Maßnahmen zur Vermeidung von
Verstößen gegen die Verschwiegenheit und zur Verfolgung dieser Verstöße. Allerdings werden
diese Maßnahmen regelmäßig vom Stadtrat kritisiert, den selbstverständlich führt dies zu weniger
Transparenz. So wurden Arbeitsverträge von Geschäftsführen und Leitern, über die der Stadtrat zu
entscheiden hat, zunächst im kleinen Rahmen ausgehandelt und nur zur Einsichtnahme
freigegeben. Sie wurden nicht den Vorlagen beigefügt. Dies hatte den Zweck, die sensiblen Daten
und vor allem auch die neuen Geschäftsführer zu schützen. Unterlagen werden in Ausnahmefällen
bei besonderer Sensibilität nur zur Einsicht ausgeteilt oder zur Verfügung gestellt und dann wieder
eingesammelt, in anderen Fällen nicht in das elektronische System gestellt. Vorlagen werden in
nichtöffentlicher Sitzung behandelt oder nur dort Informationen an den Stadtrat gegeben.
Alles das kann aber nicht verhindern, dass Kenntnisse dennoch weitergegeben werden. Daher ist es
wichtig, dass gerade der Stadtrat sich zu seiner Verschwiegenheitspflicht ausdrücklich bekennt und
ihm bewusst ist, dass er der Stadt Leipzig verpflichtet ist. Verschwiegenheitspflichten dienen nicht
dazu, Vorgänge intransparent werden zu lassen sondern sollen zunächst die Möglichkeit geben,
dass innerhalb der Verwaltung, zu der der Stadtrat ausdrücklich gehört, eine Meinungsfindung
stattfindet und über die danach feststehende Meinung der Stadt die Öffentlichkeit informiert wird. So
sind nach § 37 SächsGemO Beschlüsse aus der nichtöffentlichen Sitzung öffentlich bekannt zu
geben, soweit nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen einzelnen entgegenstehen. Die
Meinungsfindung innerhalb der Verwaltung soll so nicht noch durch öffentliche Diskussionen und
öffentlichen Druck erschwert werden oder Verhandlungen unmöglich werden. Damit sollen Schäden
von der Stadt und damit auch von seinen Bürgern vermieden werden.
Der Stadtrat soll sich daher auch in seiner Vorbildfunktion gegenüber den Mitarbeitern und den
Bürgern der Stadt zu der Einhaltung seiner Verschwiegenheitspflicht nochmals ausdrücklich
bekennen.