Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1042954.pdf
Größe
1,6 MB
Erstellt
14.10.15, 12:00
Aktualisiert
06.12.18, 13:52
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Beschlussvorlage Nr. VI-DS-01974
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Zuständigkeit
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Stadtbezirksbeirat Leipzig-Alt-West
Fachausschuss Umwelt und Ordnung
Ratsversammlung
20.01.2016
Beschlussfassung
Eingereicht von
Dezernat Allgemeine Verwaltung
Betreff
Straßenbenennung 3/2015
Beschlussvorschlag:
1. Der Beschluss der Ratsversammlung vom 08.07.2015 „Straßenbenennung 2/2015“ (Vorlage
VI-DS-01346) wird in Beschlusspunkt 2.3 aufgehoben.
2. Der Abschnitt der Lützner Straße zwischen Jahnallee und Zschochersche Straße (Stadtbezirk
Alt-West, Ortsteile Lindenau und Altlindenau) wird in Bowmanstraße umbenannt.
Prüfung der Übereinstimmung mit den strategischen Zielen:
nicht relevant
BESCHLUSSAUSFERTIGUNG
Ratsversammlung vom 20.01.2016
zu
19.15
Straßenbenennung 3/2015
Vorlage: VI-DS-01974
Beschluss:
1. Der Beschluss der Ratsversammlung vom 08.07.2015 „Straßenbenennung 2/2015“ (Vorlage
VI-DS-01346) wird in Beschlusspunkt 2.3 aufgehoben.
2. Der Abschnitt der Lützner Straße zwischen Jahnallee und Zschochersche Straße
(Stadtbezirk Alt-West, Ortsteile Lindenau und Altlindenau) wird in Bowmanstraße
umbenannt.
Abstimmungsergebnis:
einstimmig angenommen
Leipzig, den 21. Januar 2016
Seite: 1/1
Begründung
Die Ratsversammlung hat am 08.07.2015 auf Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zur
Vorlage Nr. VI-DS-01346 „Straßenbenennung 2/2015“ mehrheitlich den Beschluss gefasst,
den Abschnitt der Lützner Straße zwischen Jahnallee und Zschochersche Straße in
Bowmanstraße umzubenennen (Beschlusspunkt 2.3). Der Beschluss wurde am 22.08.2015
im Leipziger Amtsblatt Nr. 15/2015 als Allgemeinverfügung ortsüblich bekannt gemacht und
damit öffentlich bekannt gegeben.
Der Stadtbezirksbeirat Alt-West hat mit Schreiben vom 31.08.2015 Widerspruch gegen die
Umbenennung eingelegt. In seiner Begründung führt der Stadtbezirksbeirat aus, dass der
Antrag nicht in den Stadtbezirksbeirat eingebracht worden ist, er daher nicht zu dem Antrag
beraten und votieren konnte und er sich daher in seinen Beteiligungsrechten verletzt sieht.
Der der Beschlussfassung zugrunde liegende Antrag ist von der Fraktion DIE LINKE am
02.07.2015 als Änderungsantrag zur Vorlage VI-DS-01346 eingereicht worden (VI-DS01346-ÄA-002). Zwar ist noch vor der Ratsversammlung eine fachliche Beurteilung zu dem
Änderungsantrag eingeholt worden, jedoch ist der Stadtbezirksbeirat Alt-West tatsächlich
nicht über den Änderungsantrag unterrichtet und auch nicht angehört worden. Wegen der
unterlassenen Unterrichtung bzw. Anhörung ist eine Verletzung der Verfahrensvorschriften
von § 71 Abs. 2 SächsGemO, § 28 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 der Hauptsatzung der Stadt
Leipzig gegeben, so dass die durch den Ratsbeschluss erlassene Allgemeinverfügung in
dem beanstandeten Punkt 2.3 – Umbenennung des Abschnittes der Lützner Straße
zwischen Jahnallee und Zschochersche Straße in Bowmanstraße – formell rechtswidrig ist.
Aufgrund der Rechtswidrigkeit kann die Umbenennung nicht vollzogen werden. Es wird
daher empfohlen, den obsolet gewordenen Beschluss vom 08.07.2015 aufzuheben
(Beschlusspunkt 1 dieser Vorlage).
Um Gelegenheit zu geben, in der Sache einen rechtmäßigen Beschluss herbeizuführen, wird
der Inhalt des ursprünglichen Antrages (Anlage 1) erneut zur Beschlussfassung unterbreitet
(Beschlusspunkt 2 dieser Vorlage). Die fachliche Beurteilung der Stadtverwaltung zu dem
Antrag bleibt unbeschadet dessen unverändert bestehen (Anlage 2).
Anlagen
1. Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE VI-DS-01346-ÄA-002 vom 02.07.2015
2. Fachliche Beurteilung der Stadtverwaltung vom 06.07.2015 zu dem Änderungsantrag
ANLAGE 1
Ratsversammlung
Änderungsantrag Nr. VI-DS-01346-ÄA-002
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Ratsversammlung
08.07.2015
Zuständigkeit
Beschlussfassung
Eingereicht von
Fraktion DIE LINKE
Betreff
Straßenbenennung 2/2015
Zustimmung
Ablehnung
Zustimmung mit Ergänzung
Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln
Alternativvorschlag
Sachstandsbericht
Beschluss:
Der Beschluss wird im Abschnitt 2. Umbenennungen um einen Punkt 2.3 ergänzt:
Nr. 2.3 Altwest / Altlindenau, Abschnitt Lützner Straße zwischen Jahnallee und Zschochersche
Straße wird in Bowmanstraße umbenannt.
Begründung:
Während der Befreiung Leipzigs von der Nazi-Diktatur am 18. April 1945 durch amerikanische
Truppen hatten Soldaten der von Westen anrückenden 2. US-Infanterie-Division im Gebäude
Jahnallee 61 in der 3. Etage zur Erstürmung und Sicherung der Zeppelinbrücke als Flussübergang
für den Vormarsch in Richtung Osten ein Maschinengewehrnest aufgebaut. Bei der Deckung der
vorrückenden Truppen wurde der US-Soldat Raymond J. Bowman tödlich getroffen. Der aus Ungarn
stammende Fotograf Robert Capa begleitete die US-Truppen und dokumentierte zeitnah die
Einnahme Leipzigs und die Ereignisse der letzten Kriegstage in Leipzig. Am 14. Mai 1945
veröffentlichte die Zeitschrift Life Magazine erstmals im Rahmen eine Fotoserie von Robert Capa
auch das Foto „Der letzte Tote des Krieges“. Dieses Bild aus der Jahnallee 61 in der 3. Etage erhielt
dadurch weltweit traurige Berühmtheit. Erst 2012 wurde die Identität Raymond J. Bowmans durch
den Militärhistoriker Jürgen Möller geklärt. Ein Kriegskamerad von Bowman besuchte 2013 den Ort
des Geschehens. Wenn Orte des Geschehens wie das Capa-Haus nach Drängen einer
Bürgerinitiative und Stadträten original gesichert und bis Jahresende saniert und damit erhalten
werden, ist Erinnerung authentisch auch für kommende Generationen erlebbar. Nicht oft ergibt sich
auch die Möglichkeit in unmittelbarer Nachbarschaft gleich zwei Menschen des Geschehens durch
Benennung unbenannter Straßenabschnitte zu ehren. Neben der vor wenigen Wochen am 18. April
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benannten Capastraße sollte der Straßenabschnitt südlich des Capa-Hauses (Jahnallee 61)
zwischen Jahnallee und Lützner Straße in „Bowmanstraße“ umbenannt werden. Dadurch wird 70
Jahre nach der Befreiung Leipzigs die heutige Generation die Erinnerung an die Befreiung Leipzigs
durch US-Truppen wach gehalten und werden die alliierten Befreier Leipzigs würdig geehrt.
Der betreffende Straßenabschnitt südlich des Capa-Hauses (Jahnallee 61) zwischen Jahnallee und
Lützner Straße wurde als neue Straßentrasse erst zwischen 1973 bis 1975 als Umgehung zur
Entlastung der Haltestelle am Straßenbahnhof Angerbrücke gebaut. Ursprünglich begann die
Lützner Straße erst ab dem Abzweig der Zschocherschen Straße. Deshalb gibt es auch erst ab dort
Adressen.
Prüfung der Übereinstimmung mit den strategischen Zielen:
Sachverhalt:
Anlagen:
ANLAGE 2
Fachliche Beurteilung zu DS VI-01346-ÄA 2
Die beantragte Umbenennung des Abschnittes der Lützner Straße zwischen Jahnallee und
Zschochersche Straße wird abgelehnt.
Zweifelsohne stellt die Befreiung Leipzigs von der nationalsozialistischen Herrschaft durch
amerikanische Armeeeinheiten am 18. April 1945 ein außerordentlich bedeutsames Ereignis
in der Stadtgeschichte dar, das bleibender Erinnerung bedarf.
An die Befreiung erinnert seit 2001 die Reinhardtstraße. Sie ist nach Emil Reinhardt,
Generalmajor und Kommandant der 69. US-Infanteriedivision benannt, der zum Zeichen der
Einnahme der Stadt Leipzig die amerikanische Flagge auf dem Neuen Rathaus hisste. Die
Reinhardtstraße korrespondiert mit der Trufanowstraße, die nach dem späteren sowjetischen
Stadtkommandanten benannt ist.
An die Befreiung durch amerikanische Truppen wird des Weiteren seit 2011 mit einer
Gedenktafel am Gebäude „Runde Ecke“ erinnert. In dem Gebäude hatten die Alliierte
Militärregierung und das Hauptquartier des VII. US-Armee-Korps bis Juni 1945 ihren Sitz. In
der „Runden Ecke“ erinnert zudem seit April 2015 die Ausstellung „Zwei mal befreit? –
Leipzig unter amerikanischer und sowjetischer Besatzung“ an den Aufbau einer
demokratischen Stadtverwaltung und Stadtgesellschaft während der Zeit der amerikanischen
Besatzung.
Die am 18. April 1945 im Haus Jahnallee 61 stattgefundenen Kampfhandlungen und der
dabei getötete Soldat Raymond J. Bowman haben aufgrund der vom Kriegsberichterstatter
Robert Capa angefertigten fotografischen Dokumentation und deren Veröffentlichung im
Nachrichtenmagazin LIFE im Mai 1945 eine besondere und traurige Bekanntheit erlangt.
Die Capa-Fotos werden seit 2011 in einer Dauerausstellung des Stadtgeschichtlichen
Museums gezeigt. Am 20. November 2014 wurde die dem Haus Jahnallee 61, das von den
Leipzigern bereits „Capa-Haus“ genannt wird, gegenüberliegende Straße in Capastraße
umbenannt. Das Gebäude Jahnallee 61 wird derzeit zusammen mit den angrenzenden
Gebäuden Luppenstraße 26 und 28 saniert. Im Zuge der Wiederaufbereitung wird im CapaHaus auch ein Café mit Gedenkraum und Museum, in dem Fotografien Capas gezeigt
werden, eröffnen. Damit wird der historische Bezug und die Erinnerung an Robert Capa und
Raymond J. Bowman vor dem Vergessen bewahrt.
Sofern zusätzlich noch eine explizite Erinnerung an Raymond J. Bowman gewünscht wird,
wird empfohlen, am Capa-Haus eine Gedenktafel anzubringen.
Zwar zeichnet sich der zur Umbenennung vorgeschlagene Straßenabschnitt der Lützner
Straße durch seine unmittelbare Lage am Ort des Geschehens aus, hat jedoch keinen
historischen Bezug, da er erst zwischen 1973 und 1975 angelegt wurde. Die Umbenennung
wird auch abgelehnt, weil die namentliche Zerstückelung einer Bundesstraße (B87) als nicht
zweckmäßig angesehen wird.