Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1044542.pdf
Größe
77 kB
Erstellt
03.09.15, 12:00
Aktualisiert
25.02.16, 16:09
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Verwaltungsstandpunkt Nr. VI-P-01752-VSP-002
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Zuständigkeit
Fachausschuss Umwelt und Ordnung
Vorberatung
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Bestätigung
Petitionsausschuss
Vorberatung
Ratsversammlung
24.02.2016
Beschlussfassung
Eingereicht von
Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport
Betreff
Wir fordern die Stadt Leipzig auf, keine kommunalen Flächen mehr an Zirkusbetriebe
mit Wildtieren zu vergeben
Rechtliche Konsequenzen
Der gemäß Ursprungsantrag gefasste Beschluss wäre
Rechtswidrig und/oder
Nachteilig für die Stadt Leipzig.
Zustimmung
Ablehnung
Zustimmung mit Ergänzung
Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln
X Alternativvorschlag
Sachstandsbericht
Alternativvorschlag:
Die Verwaltung wird bei der Überlassung von Plätzen an Zirkusunternehmen zukünftig die
Platzüberlassungsverträge um die bundesweit geltenden Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und
Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen vom 26.10.2005 (sog.
Zirkusleitlinie) als Anlage zum Vertrag erweitern.
Des Weiteren soll zukünftig im Platzüberlassungsvertrag den Zirkussen explizit mitgeteilt werden,
dass die Haltung, das Mitführen und der Auftritt von Tieren ausschließlich unter Einhaltung des
geltenden Tierschutzrechts zu erfolgen hat.
Die Zirkusunternehmen sollen weiterführend mit dem Vertrag verpflichtet werden, sofern Tiere
gewerblich gehalten und vorgeführt werden, sich spätestens eine Woche vor Beginn des Gastspiels
beim Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt der Stadt Leipzig zu melden.
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Darüber hinaus wird sich die Stadt Leipzig zukünftig in den Verträgen ein außerordentliches
Kündigungsrecht vorbehalten, sofern schwerwiegende Verstöße gegen das Tierschutzrecht bzw. die
benannte Zirkusleitlinie festgestellt werden.
Prüfung der Übereinstimmung mit den strategischen Zielen:
Sachverhalt:
Eine Rechtsgrundlage für eine Kommune, ein generelles Verbot für Zirkusbetriebe, die Wildtiere
führen und/oder zur Schau zu stellen, auszusprechen oder ihnen das Führen und/oder zur Schau
stellen generell untersagen zu können sowie eine diesbezügliche Rechtsnorm erlassen zu können,
ist nicht existent. Die Kommunen besitzen auf dem Gebiet des Tierschutzrechts keine
Normgebungskompetenz. Eine solche ist jedoch zwingend erforderlich, um eine rechtliche Regelung
zu erlassen. Somit ist es für die Stadt Leipzig nicht möglich, eine eigene Rechtsgrundlage zum
Verbot von Wildtieren im Zirkus zu schaffen. Auch der Freistaat Sachsen besitzt hierzu keine
Kompetenz, eine solche rechtliche Norm zu schaffen. Eine Ermächtigung zum Erlass einer
Rechtsverordnung zum Verbot des Zur-Schau-Stellens von Wildtieren im Zirkus ist allein dem
Bundesministerium gemäß § 11 Abs. 4 Tierschutzgesetz vorbehalten. Davon wurde bisher kein
Gebrauch gemacht.
Allenfalls käme im Einzelfall eine Untersagung des Zur-Schau-Stellens von Wildtieren im Zirkus
gemäß § 16a Tierschutzgesetz per verwaltungsrechtlicher Verfügung in Betracht. Hierfür bedarf es
jedoch der Feststellung erheblicher Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen. Dies
festzustellen, obliegt gemäß SächsAGTierschG den Lebensmittelüberwachungs- und
Veterinärämtern der Landkreise und Kreisfreien Städte im Freistaat Sachsen, in der Stadt Leipzig
somit dem VLA.
Ausführungen in einem Beschluss des VG München aus dem Jahr 2014 zufolge, sind einer
kommunalen Behörde Befugnisse eingeräumt, eine Genehmigung zur Nutzung des Geländes der
Kommune zu versagen. Dem liegt auch zugrunde, dass es mit Zirkussen, die Wildtiere zur Schau
stellten, in der betroffenen Gebietskörperschaft immer wieder Probleme hinsichtlich der Einhaltung
tierschutzrechtlicher Bestimmungen gegeben hat.
In den letzten 5 Jahren wurden in Leipzig 39 Kontrollen in Zirkusbetrieben, welche Wildtiere zur
Schau stellten, durchgeführt. Die Kontrollen verliefen in Bezug auf die dort gehaltenen Wildtiere mit
dem Ergebnis, dass die allermeisten Zirkusunternehmen ihre Wildtiere entsprechend den
Vorschriften des Tierschutzgesetzes und der "Zirkusleitlinien" halten. Bei festgestellten Verstößen
einiger weniger Zirkusunternehmen wurden Auflagen zur tierschutzgerechten Haltung erteilt.
Generelle Probleme, die eine Untersagung des Zur-Schau-Stellens von Wildtieren im Zirkus auf dem
Territorium der Stadt Leipzig für die zuständige Behörde notwendig oder möglich machen, bestehen
nicht.
In einer weiteren verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (VG Darmstadt, 2013) wird ein Beschluss
einer Gemeindevertretung zur Einschränkung, Wildtiere in einem Zirkusbetrieb nicht zur Schau
stellen zu dürfen, für nicht rechtmäßig erklärt. Außerdem war dem betroffenen Zirkusunternehmen
bereits zuvor von der zuständigen Behörde eine Zusage zur Nutzung des öffentlichen Platzes erteilt
worden. Das Verwaltungsgericht neigt hier zu der Ansicht, dass Einschränkungen in öffentlichrechtlichen Nutzungsverhältnissen - im engeren Sinne, ob ein öffentlicher Platz für
Zirkusunternehmen, die Wildtiere führen, zur Verfügung gestellt wird - in einer Satzung geregelt
werden müssen. Dies müsste aber weiterführend in einem sog. Hauptsacheverfahren geklärt
werden. Gleichzeitig stellt das Gericht auch klar, dass das Selbstverwaltungsrecht einer Gemeinde
keine ausreichende Rechtsgrundlage bildet, um in Grundrechte einzugreifen zu können.
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Ein generelles Verbot des Zur-Schau-Stellens bestimmter Tierarten im Zirkus würde auch gegen die
grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit verstoßen, was durch das VG Chemnitz bereits im Jahr
2008 bestätigt wurde. In dem hierzu ergangenen Beschluss des VG Chemnitz wird ausgeführt, dass
das Tierschutzgesetz gerade kein Verbot der Haltung bzw. des Zur-Schau-Stellens bestimmter
Tierarten in Zirkussen vorsieht. Somit besteht für die Gemeinde keine gesetzliche Ermächtigung für
generell einschränkende Maßnahmen gegenüber dem betroffenen Zirkusunternehmen. Auch das
Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde führt nicht dazu, dass Grundrechtseingriffe -hier in die
Berufsfreiheit- ohne besondere Rechtsgrundlage zulässig wären. In dem hier vorliegenden Fall sollte
mit Beschluss des Stadtrates ein Platzüberlassungsvertrag dahingehend geändert werden, dass
Wildtiere nicht mehr zur Schau gestellt werden dürfen. Dieser Beschluss des Stadtrates ist nach
Ansicht des Verwaltungsgerichtes nicht zulässig.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass es derzeit für die Verwaltung der Stadt Leipzig keine
rechtliche Möglichkeit gibt, Zirkusbetrieben mit Wildtieren den Auftritt in Leipzig zu versagen.
Zirkusunternehmen, die eine gültige Erlaubnis nach Tierschutzgesetz (sog. §11-Erlaubnis) seitens
ihrer zuständigen Behörde besitzen, Tiere, auch Wildtiere, zur Schau stellen zu können, kann nach
Vorliegen eines rechtskräftigen Verwaltungsverfahrens das Zur-Schau-Stellen von Wildtieren nicht
verwehrt werden, indem man diesen keine Flächen mehr zur Verfügung stellt.
Die Petition wurde seitens der Verwaltung jedoch zum Anlass genommen, die bestehenden
Platzüberlassungsverträge noch einmal zu prüfen.
Die Verwaltung wird im Ergebnis dessen zukünftig ihre Platzüberlassungsverträge erweitern,. Die
bundesweit geltenden Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in
Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen vom 26.10.2005 (sog. Zirkusleitlinie) werden als
Anlage den Vertrag ergänzen. Die Zirkusse erhalten dadurch noch einmal die rechtlichen
Voraussetzungen benannt, unter welchen Wildtiere zu halten sind und zur Scheu gestellt werden
können. Die Einhaltung dieser wird auch seitens der Verwaltung der Stadt Leipzig kontrolliert und
durchgesetzt, was bisher schon der Fall ist. Des Weiteren soll zukünftig im Platzüberlassungsvertrag
den Zirkussen explizit mitgeteilt werden, dass die Haltung, das Mitführen und der Auftritt von Tieren
ausschließlich unter Einhaltung des geltenden Tierschutzrechts zu erfolgen hat. Die
Zirkusunternehmen sollen weiterführend mit dem Vertrag verpflichtet werden, sofern Tiere
gewerblich gehalten und vorgeführt werden, sich spätestens eine Woche vor Beginn des Gastspiels
beim Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt der Stadt Leipzig zu melden. Zuzüglich wird sich die
Stadt Leipzig zukünftig in den Verträgen ein außerordentliches Kündigungsrecht einräumen, sofern
schwerwiegende Verstöße gegen das Tierschutzrecht bzw. die benannte Zirkusleitlinie festgestellt
werden. Im Rahmen von künftigen Bewerbungen um die Platzüberlassung kann dies für ein solches
Unternehmen zu einer Ablehnung im Auswahlverfahren führen.
Anlagen:
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