Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1010166.pdf
Größe
804 kB
Erstellt
06.11.14, 12:00
Aktualisiert
06.12.18, 12:35
Stichworte
Inhalt der Datei
Informationsvorlage Nr. DS-00668/14
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Zuständigkeit
Information zur Kenntnis
Fachausschuss Finanzen
01.12.2014
Information zur Kenntnis
Fachausschuss Kultur
16.01.2015
Information zur Kenntnis
Ratsversammlung
21.01.2015
Information zur Kenntnis
Ratsversammlung
25.02.2015
Information zur Kenntnis
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
25.08.2015
Information zur Kenntnis
Eingereicht von
Dezernat Finanzen
Betreff
Ergebnisse der Bürgerwerkstatt zur Haushaltsplanung 2015/2016 der Stadt Leipzig
Die Vorlage wird zur Kenntnis genommen.
Prüfung der Übereinstimmung mit den strategischen Zielen:
nicht relevant
Sachverhalt:
siehe Anlage
Anlagen:
Dokumentation
Seite 1/3
BESCHLUSSAUSFERTIGUNG
Ratsversammlung vom 25.02.2015
zu 20.6. Ergebnisse der Bürgerwerkstatt zur Haushaltsplanung 2015/2016 der
Stadt Leipzig
Vorlage: DS-00668/14
Beschluss:
1. Die Ergebnisse der Bürgerwerkstatt zur Haushaltsplanung 2015/2016 werden zur Kenntnis
genommen.
2. Unter Einbeziehung des Ergebnisses der Arbeitsgruppe „Prioritätensetzung bei Investitionen
im Kulturbereich" legt der Oberbürgermeister bis zum 2. Quartal 2015 eine
Beschlussvorlage zur Investitionsstrategie im Bereich Kultur vor. Darin werden alle bisher
bekannten Investitionsbedarfe im Bereich Kultur für den Zeitraum 2015 bis 2025 strategisch
strukturiert. Dazu ist ein Indikatorenkatalog zu erarbeiten, der eine strategische Priorisierung
der Investitionen nach objektiven Kriterien ermöglicht. Die Investitionsstrategie im Bereich
Kultur wird mit einem Zeitplan untersetzt.
3. Die Verwaltung legt dem Stadtrat bis zum 30.6.2015 einen Verfahrensvorschlag zum
grundsätzlichen Umgang mit den Ergebnissen aus den Bürgerwerkstätten vor.
Abstimmungsergebnis:
mehrheitlich angenommen bei einigen Gegenstimmen und einigen Enthaltungen
Leipzig, den 26. Februar 2015
Seite: 1/1
Dokumentation der Bürgerwerkstatt zur
Haushaltplanung der Stadt Leipzig 2015/16
Freitag, 12. September 2014 16.00 – 21:00 Uhr im Paulinum der Universität Leipzig
Welche Anregungen haben Bürgerinnen und Bürger zu ausgewählten Aspekten des
Haushaltplans der Stadt Leipzig 2015/16? So lautete die Ausgangsfrage der Bürgerwerkstatt
am 12. September 2014 von 16.00 bis 21.00 Uhr im Paulinum der Universität Leipzig.
Per Zufallsstichprobe repräsentativ ausgewählte 25 Bürgerinnen und Bürger waren der
Einladung von Bürgermeister Torsten Bonew gefolgt.
Sie diskutierten über Schwerpunkte im Investitionshaushalt des Kulturbereichs, über den
Flächenankauf für neue Schulbauten und über die Einführung einer Kulturförderabgabe.
Als wichtige Ergebnisse können festgehalten werden:
• Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich handhabbare Kriterienkataloge, um durch
systematischen Vergleich wichtige Kulturinvestitionen und richtige Schulstandorte zu
identifizieren.
• Weiterhin empfehlen sie der Stadt, sofern Rechtssicherheit besteht, zur Stabilisierung
der Einnahmen eine Kulturförderabgabe für Übernachtungsgäste in Leipzig zu
erproben.
• Die Teilnehmer begrüßten ausdrücklich, in derartigen Bürgerwerkstätten ihre
Anregungen zu Haushaltsfragestellungen einzubringen.
Die Ergebnisse werden in Form einer Vorlage der Verwaltungsspitze der Stadt und dem
Finanzausschuss vorgestellt.
1
Hintergrund
2019 endet der Solidarpakt II der Bundesregierung. Für Sachsen bedeutet das: Freistaat und
Kommunen müssen auf ca. drei Milliarden Euro verzichten. Nicht nur deshalb steht die Stadt
Leipzig schon jetzt vor der Herausforderung, die Finanzierung ihrer umfänglichen Pflichtaufgaben und ihrer freiwilligen Leistungen neu zu überdenken. Welche Möglichkeiten hat
Leipzig, auf die absehbare Entwicklung schrumpfender Zuwendungen von Bund und Land zu
reagieren? Vor diesem Hintergrund haben bereits am 18.09.2012, 01.03.2013 und am
21.10.2013 Bürgerveranstaltungen zum Thema „Nachhaltige Stadtfinanzen“ stattgefunden.
Die Bürgerwerkstatt zur Haushaltsplanung der Stadt Leipzig 2015/16 am 12. 09.2014 stand
in dieser Tradition.
Bereits 2012 wurden im Rahmen einer Bürgerbefragung drei Strategien zum Umgang mit
den haushälterischen Herausforderungen eingeführt: Kürzung, Wachstum,
Einnahmestärkung.
Auf Vorschlag von Verwaltung und Moderatorenteam unterstützte der Fachausschuss
folgende drei Themen, die jeweils eine der drei Strategien repräsentieren und die am
12.09.2014 zur Diskussion standen:
•
Prioritätensetzung bei Investitionen im Kulturbereich (Kürzungsstrategie)
•
Strategischer Flächenerwerb für neue Schulstandorte (Wachstumsstrategie)
•
Einführung einer Kulturförderabgabe in Leipzig (Einnahmestrategie)
Ziel der Werkstatt war es, an konkreten ressortbezogenen Aufgabenstellungen die aktuelle
Haushaltsproblematik zu erörtern, Ideen und Lösungsansätze zu entwickeln und
Meinungsbilder einzuholen.
Die Bürgerwerkstatt war dreiteilig konzipiert:
•
In einer Einführungsphase verschaffte ein Podiumsgespräch mit Herrn Bürgermeister
Torsten Bonew und Herrn Dr. Mario Hesse, Institut für Öffentliche Finanzen und
Public Management der Universität Leipzig den beteiligten Bürgern die Grundlagen
für die Arbeitsgruppenarbeit. Mit Unterstützung durch Folien erläuterten sie
Eckpunkte des kommunalen Haushalts. „Das meiste Geld geben alle Großstädte in
Deutschland für Jugend, Soziales, Schule und Gesundheit aus“, so Herr Bonew. Bei
Ausgaben für Kultur läge Leipzig dagegen deutlich über dem Durchschnitt. Der
höchste Anteil der Leipziger Investitionen liegt aktuell bei den Schulgebäuden;
ebenfalls eine Besonderheit, die auf das Bevölkerungswachstum, insbesondere der
wachsenden Zahl an Kindern zurück zu führen ist.
•
In einer Arbeitsgruppenphase zu den oben genannten Themen erarbeiteten die
Bürger Meinungsbilder und Ideen. Sie wurden unterstützt von Experten aus der
Verwaltung.
•
Im abschließenden Plenum wurden die Ergebnisse der drei Arbeitsgruppen
vorgestellt und Meinungsbilder zu ausgewählten Themen mittels elektronischen
Abstimmungssystems erstellt.
2
Dokumentation: Arbeitsgruppe „Prioritätensetzung bei Investitionen im Kulturbereich“
(Kürzungsstrategie)
Ausganglage:
Kultur hat in Leipzig Tradition. Kultur interessiert und emotionalisiert die Bürgerinnen und
Bürger. Die ausgesprochen lebendige Kulturszene und das vielfältige kulturelle Angebot sind
ein wichtiges Markenzeichen Leipzigs. Jeder 10. Euro der Stadt Leipzig geht in den
Kulturbereich. Dennoch lassen sich mit den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln nicht alle
Investitionen im Kulturbereich umsetzen. Es muss vielmehr eine Prüfung und Priorisierung
der anstehenden Kulturinvestitionen erfolgen. Die Frage der Kulturfinanzierung wird in der
Leipziger Öffentlichkeit immer wieder kontrovers diskutiert. Es stellt sich immer wieder die
Frage, „was wir uns an Kultur leisten wollen und leisten können“. Zu berücksichtigen ist, dass
in der Vergangenheit in Leipzig bereits beachtliche Kulturinvestitionen getätigt wurden. Ein
Überblick über die Investitionsmaßnahmen der Jahre 1995 bis 2013, insgesamt 385 Mio.
Euro, zeigt die gesamte Bandbreite (sozio-) kultureller und musealer Angebote der Stadt
Leipzig. Auch der Kulturentwicklungsplan, im Jahr 2008 für die Jahre 2008 bis 2015 vom
Stadtrat beschlossen und 2012 mit den drei Entwicklungskonzepten „Kulturelle Bildung“,
„Soziokultur“ und „Kommunale Museen“ fortgeschrieben, verweist auf die kulturelle Vielfalt
von Leipzig. Insofern ist eine Priorisierung der Kulturinvestition nicht ausschließlich anhand
des Investitionsvolumens vorzunehmen. Jedes der Kultureinrichtungen und der
Kulturprojekte hat seine Berechtigung.
In einem einführenden Gespräch erläuterte Susanne Kucharski-Huniat, Kulturamtsleiterin der
Stadt Leipzig, die Problematik konkret an aktuell anstehenden Investitionen im Kulturbereich.
Dabei seien Investitionsvolumen, verwaltungsinterner Diskussions- und Planungsstand,
Dringlichkeit der Maßnahmen und damit der Entscheidungsrelevanz sehr unterschiedlich. Als
prioritäre „offene Baustellen“ benannte sie:
•
Sanierung und Neukonzeption des Naturkundemuseums
•
Standortfrage und Neukonzeption eines Sportmuseums
•
Schaffung eines neuen, ergänzenden Theaterstandorts im Leipziger Westen
•
Sanierung der Gebäudehülle Altes Rathaus (inkl. Brandschutz)
•
Fertigstellung der Sanierung der Russischen Gedächtniskirche (2. Bauabschnitt)
•
Schaffung eines neuen, ergänzenden Fertigstellung der Leipziger Notenrouten
•
Ständiger Bauerhalt (z. B. Fassadensanierung Coffe Baum)
3
Leitfrage:
Wie soll eine Priorisierung der aktuell anstehenden Investitionen im Kulturbereich erfolgen?
Ergebnis:
Auf der Basis der oben beschriebenen Ausgangssituation entwickelte sich unter den
Arbeitsgruppenmitgliedern zunächst eine Diskussion um die Herangehensweise, d. h. wie
man sich überhaupt der Leitfrage annähern solle. Um eine Priorisierung vornehmen zu
können, bedarf es einer eingehenden Auseinandersetzung mit den einzelnen
Investitionsvorhaben. Eine erste Schlussfolgerung der Arbeitsgruppe: Die Komplexität der
Handlungsoptionen der genannten Investitionsvorhaben bedinge im Vorfeld eine
systematische Einordnung und Bewertung. Das Investitionsvolumen und die öffentliche
Aufmerksamkeit können nicht alleinige Kriterien sein. In einer ad hoc entwickelten
Bewertungsmatrix wurden folgende Indikatoren (ohne Rangfolge) als entscheidungsrelevant
identifiziert:
•
Kultur-/bauhistorische sowie touristische Bedeutung, anstehendes Jubiläum,
•
Identitätsstiftung, stadträumliche und stadtkulturelle Funktion,
•
Zuspruch bzw. Nachfrage, Besucherzahlen, Wertschöpfungsketten,
•
Bauzustand, Dringlichkeit der Maßnahme, Realisierbarkeit in Stufen,
•
Investitionsvolumen, Kostenentwicklung, möglicher Fördermitteleinsatz,
Querfinanzierung,
•
Insellösung vs. Synergien für die Stadt bzw. für den Stadtteil, Aktivierung- bzw.
Revitalisierungspotential.
4
In einem ersten Ranking wurden vier der „offenen Baustellen“ einer näheren Bewertung
unterzogen. Hierbei wurden einzelne Indikatoren durch die Arbeitsgruppenmitglieder stärker
oder weniger gewichtet, um so ein Ranking bzw. eine Priorisierung nachvollziehbar zu
erarbeiten. Im Ergebnis wurden in Reihenfolge (von höchster Priorität bis am wenigsten
Priorität) die Sanierung und Neukonzeption des Naturkundemuseums, die Standortklärung
für ein Theaterhaus im Leipziger Westen, die Sanierung der Russischen Gedächtniskirche
sowie des Alten Rathauses als ermittelt. Das Ergebnis des Ranking-Verfahrens ergab
interessanterweise ein anderes Meinungsbild als die vorangegangene Diskussion in der
Arbeitsgruppe.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt der Kommunalpolitik sowie der Verwaltung deshalb eine
Objektivierung des Entscheidungsverfahrens. Eine Bewertung und Priorisierung der
anstehenden Kulturinvestitionen solle anhand eines handhabbaren Indikatorenkatalogs
erarbeitet werden. Einzelfälle können so einer Gesamtbetrachtung anstehender Aufgaben
gegenübergestellt werden. Der im Rahmen der Arbeitsgruppe entwickelte Bewertungsansatz
wurde jedoch lediglich als erster skizzierter Rahmen angesehen. Dieser müsse Prüfung
durch die Verwaltung und Politik gründlich geprüft und weiter entwickelt werden.
In einer abschließenden Verständigungsrunde äußerten die Teilnehmer deshalb ihr
dezidiertes Interesse, auch in Zukunft bei weiteren Entscheidungsfindungen mitzuarbeiten.
Man erhoffe sich mehr solcher Informations- und Beteiligungsangebote durch die
Stadtverwaltung.
Dokumentation: Arbeitsgruppe „Strategischer Flächenerwerb für neue
Schulstandorte“ (Wachstumsstrategie)
Ausgangslage:
Leipzig wächst und neue Schulstandorte werden benötigt. Der Entwurf der Schulnetzplanung
weist Bedarf an vier neuen Gymnasien und 5 neuen Oberschulen auf. Die Nachfrage ist
zwar räumlich nicht im Detail vorhersehbar, aber zeichnet sich in bestimmten Gebieten
besonders ab. Dies betrifft insbesondere die innenstadtnahen Bereiche im Leipziger Süden,
Westen aber auch die Bereiche unmittelbar nördlich des Zentrums. Die Sicherstellung von
Grundstücken für den Bau neuer Gymnasien stellt die Stadt Leipzig vor erhebliche
Herausforderungen, da in den nachfragestarken Gebieten geeignete Grundstücke nur
schwer verfügbar sind.
Als Grundlage für die Debatte stellten Frau Förster und Herr Meier vom Amt für Jugend,
Familie und Bildung die bisherige und zu erwartende Entwicklung von Schüler- und
Klassenzahlen für Oberschulen und Gymnasien dar. Daraus wurde der enorme Bedarf
zusätzlicher Kapazitäten und somit neuer Schulstandorte deutlich.
Leitfrage:
Sollten die neuen Standorte dort sein, wo die Nachfrage ist, oder dort wo leicht verfügbare
und günstige städtische Grundstücke zur Verfügung stehen?
Am Beispiel der Standortfindung für ein neues Gymnasium im Bereich Zentrum sowie den
nördlich anschließenden Stadtvierteln wurde exemplarisch diskutiert, welche Kriterien und
Argumente zu einer tragfähigen Entscheidung führen.
5
Ergebnis:
In der Diskussion wurde deutlich, dass für eine zielführende Standortdebatte ein
Kriterienkatalog angelegt werden sollte. Nach einer Sammlung und Gewichtung
verschiedener Kriterien kristallisierte sich folgende Reihung abzuprüfender Kriterien heraus:
ein möglichst kurzer und sicherer Schulweg und eine gute ÖPNV-Anbindung. Aber auch die
Wirtschaftlichkeit und der Entwicklungsimpuls für den Stadtteil wurden als wichtige
Entscheidungsgründe herausgearbeitet.
Betont wurde, dass die Standortentscheidung nicht allein an die Individualinteressen aktuell
betroffener Eltern und Schüler gebunden sein sollte, sondern im Zusammenhang mit
anderen stadtweiten Interessen und Problemlagen abzuwägen ist. Vor diesem Hintergrund
sollten z.B. besonders teure Grundstücke nicht präferiert werden.
Anhand von drei möglichen Standorten für ein Gymnasium in Mitte und Nord wurde der
gemeinsam erarbeitete Kriterienkatalog dann angewendet. Zum Vergleich standen die
möglichen Alternativen Matthäikirchhof, Hauptbahnhof Westseite sowie ein Grundstück im
Bereich Max-Liebermann-Straße/ Delitzscher Straße. Der Standort Matthäikirchhof wegen
des hohen Grundstückspreises und anderer sinnvoller Grundstücksnutzungen an diesem
zentralen Standort als nicht weiter verfolgenswert eingeschätzt.
Die Entscheidung zwischen den verbliebenen Standortoptionen des Entwicklungsgebietes
westlich des Hauptbahnhofes und der Fläche an der Max-Liebermann-Straße fiel dagegen
knapper aus. Sprechen die zentrale Lage und die gute Anbindung an den Nahverkehr für
den letztlich knapp präferierten Gymnasialstandort Hauptbahnhof Westseite, erscheinen die
Vorbereitungskosten und der Umstand des bereits im städtischen Eigentum befindlichen
Grundstücks an der Max-Liebermann-Straße als Vorteil.
Einen weiteren Diskussionsschwerpunkt bildete die mögliche Nutzung noch leer stehender
Schulgebäude in Plattenbauweise in Stadtrandlage. Hier wurden Standorte in Grünau
(ehemaliges Lichtenberggymnasium), in Leipzig-Paunsdorf (Hainbuchenstraße) und an der
Höltystraße in Meusdorf betrachtet. Es wurde festgestellt, dass es stadtweit nur noch sehr
wenige überhaupt in Frage stehende Gebäude dieser Art gibt. Diese sollten im Einzelfall
näher geprüft werden, da deren Reaktivierung sich aufgrund hoher Sanierungskosten bzw.
Nichteignung der vorhandenen Bausubstanz nicht immer als sinnvoll erweise.
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Dokumentation: Arbeitsgruppe „Einführung einer Kulturförderabgabe in Leipzig“
(Einnahmestrategie)
Hinweis: Die Diskussion fand vor dem Urteil des OVG Bautzen
zur Kurtaxe in Dresden statt
Ausgangslage:
Im September 2014 betrug die Schuldenlast der Stadt Leipzig knapp 662 Mio. Euro. Neben
einer strikten Ausgabendisziplin können neue Einnahmequellen zur Konsolidierung des
Leipziger Haushalts beitragen. Viele Kommunen befinden sich in der derselben Situation. In
den letzten fünf Jahren hat daher eine verhältnismäßig große Anzahl von deutschen Städten
die Einführung einer Kulturförderabgabe (auch bekannt z.B. als Bettensteuer, Kurtaxe) als
eine neue Einnahmequelle zumindest geprüft, in vielen Fällen auch eingeführt. Diese
Abgabe zielt darauf ab, Hotelgäste mit einem geringen Beitrag (1 bis 2 EUR) zur
Finanzierung von Kultur heranzuziehen. Zwei Einschränkungen sind dabei zu
berücksichtigen: Diese Abgabe ist nur zulässig für Hotelgäste, die aus privaten Gründen eine
Stadt besuchen. Geschäftsreisende dürfen nicht einbezogen werden. Außerdem gibt es eine
gewisse Rechtsunsicherheit. In einigen Städten waren Klagen erfolgreich. In Dresden, wo
eine Kurtaxe zum 1. Januar 2014 eingeführt wurde, steht derzeit noch der Ausgang einer
Normenkontrollklage aus (Nachtrag: Das Oberverwaltungsgericht hat am 9. Oktober 2014
die Erhebung der Kurtaxe in Dresden für unzulässig erklärt).
In Dresden hat man eine Kurtaxe von 1,30 Euro pro Hotelgast und Nacht eingeführt. Damit
wird für 2014 ein Einnahmevolumen von knapp 5 Mio. Euro erwartet. Die Einführungskosten
durch notwendiges Personal belaufen sich dort auf ca. 100.000 Euro. Ein Rückgang der
Übernachtungszahlen ist nicht zu beobachten. Die Trennung zwischen Privattouristen, die
die Abgabe zahlen müssen und Geschäftstouristen, die nicht zahlen, wird verhältnismäßig
streng vorgenommen: Als Geschäftstourist gilt ein Übernachtungsgast, der zwischen 11.30
Uhr und 17.30 Uhr geschäftlich engagiert ist.
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Würde man das Modell von Dresden auf Leipzig übertragen, würde nach Schätzungen der
Leipziger Kämmerei ein zusätzliches Einnahmevolumen von über 2 Mio. Euro erzielt werden
können.
Dieser Pflichtabgabe steht das Modell einer freiwilligen Kulturförderabgabe gegenüber.
Hierfür gibt es derzeit eine Pilotphase bei drei Leipziger Hotels, deren
Wirkungsuntersuchung noch nicht vorliegt. Ein befragter Hotelier berichtet von einer hohen
Akzeptanz. Hotelgäste erhalten als Gegenwert für 2 oder 4 Euro freiwilliger Abgabe einen
Leipziger Einkaufschip.
Leitfrage:
Soll eine verpflichtende Kulturabgabe oder eine freiwillige Kulturabgabe in Leipzig eingeführt
werden?
Ergebnis:
Auf der Basis der oben beschriebenen Informationen, die im Gespräch mit Mario Hesse vom
Institut für Öffentliche Finanzen und Public Management der Universität Leipzig und Tobias
Kobe aus der Stadtkämmerei zusammen getragen wurden, entspann sich unter den elf
Arbeitsgruppenmitgliedern eine anregende Diskussion. Vorteile von Pflichtabgabe und
freiwilliger Abgabe wurden den jeweiligen Nachteilen gegenüber gestellt.
Im Ergebnis kam die Arbeitsgruppe zur Empfehlung, dass - wenn alle Rechtsfragen zur
Einführung einer Kulturförderabgabe geklärt werden können - eine Kulturförderabgabe in
Leipzig zumindest für eine Probezeit eingeführt werden sollte. In Anlehnung an die Dresdner
Erfahrungen mit einer Kurtaxe wurde eingeschätzt, dass die Einnahmen-Vorteile der
verpflichtenden Abgabe deren Nachteile überwiegen werden. Weil die Pflichtabgabe nur
Privattouristen treffen darf, könnte ergänzend eine freiwillige Abgabe in Hotels und
Kultureinrichtungen initiiert werden, um auch Geschäftstouristen zu erreichen.
8
Eine verpflichtende oder freiwillige Kulturförderabgabe würde nur Übernachtungstouristen,
nicht jedoch Tagestouristen treffen. Daher hat sich die Arbeitsgruppe ergänzend Gedanken
dazu gemacht, inwieweit auch Tagestouristen zu einer vergleichbaren Abgabe
herangezogen werden könnten und sollten. Eine Lösung dafür hat die Gruppe nicht finden
können, zumal berichtet wurde, dass Bewohner von Leipziger Umlandgemeinden durch
Finanzausgleichssysteme indirekt zur Kulturfinanzierung in Leipzig beitragen. Stattdessen
wurde die Idee der größeren Preisstaffelung von Eintrittspreisen z.B. bei Theater- oder
Konzertbesuchen eingebracht: Während die günstigen Preise nicht angetastet werden
sollten, könnten besonders attraktive, prestigeträchtige Veranstaltungen (Premieren) oder
Sitzplätze verteuert werden.
Vorstellung und Diskussion der Ergebnisse im Plenum
Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurden von einem Team aus je einem
Arbeitsgruppenmitglied und dem Moderator vorgestellt und stießen im Plenum auf großes
Interesse. Ein Teil der Ergebnisse konnte auf konkrete Fragen fokussiert werden, zu denen mit Hilfe von elektronischen Abstimmungsgeräten - Meinungsbilder erstellt wurden. Einige
Empfehlungen der Arbeitsgruppen fanden im Plenum volle Unterstützung, bei anderen lag
ein differenziertes Meinungsbild vor.
•
AG „Prioritätensetzung bei Investitionen im Kulturbereich“: Die Arbeitsgruppe
empfahl eine Objektivierung des Entscheidungsverfahrens im Hinblick auf die
Priorisierung von Investitionsentscheidungen im Kulturbereich. Ein handhabbarer
Indikatorenkatalog sei notwendige Grundlage dafür.
Folgende Ergebnisse wurden bei den Meinungsbildern im Plenum erzielt:
•
o
Sollen die Investitionen nach einem Kriterienkatalog auf Chancen und Risiken
priorisiert werden (statt Einzelfallentscheidungen)? (mehrheitlich ja)
o
Welche der „offenen“ Baustellen sollte die höchste Priorität haben?
(Naturkundemuseum prioritär, Theaterhaus im Leipziger Westen und Altes
Rathaus gleichrangig, Russische Gedächtniskirche vierte Priorität.)
AG „Strategischer Flächenerwerb für neue Schulstandorte“:
Die Arbeitsgruppe arbeitete heraus, dass für eine zielführende Standortdebatte ein
Kriterienkatalog angelegt werden sollte. Folgende Reihung abzuprüfender Kriterien
wurden in der AB aufgestellt: ein möglichst kurzer und sicherer Schulweg und eine
gute ÖPNV-Anbindung. Aber auch die Wirtschaftlichkeit und der Entwicklungsimpuls
für den Stadtteil wurden als wichtige Entscheidungsgründe betont. Dabei sollte die
Standortentscheidung nicht allein an die Individualinteressen aktuell betroffener Eltern
und Schüler gebunden sein, sondern im Zusammenhang mit anderen stadtweiten
Interessen und Problemlagen erfolgen.
Auch hier wurden Meinungsbilder im Plenum erhoben, und zwar vor der
Arbeitsgruppendiskussion und nach der Präsentation ihrer Ergebnisse.
9
Im Zeitverlauf haben sich die Ergebnisse verändert:
•
o
Sollte die Stadt Leipzig für einen neuen Schulstandort mehr Geld für ein
Grundstück ausgeben, damit die Wege für die Schüler kürzer sind?
(vorher: mehrheitlich ja, nachher: mehrheitlich nein (dies im Unterschied zur
Arbeitsgruppe)
o
Entscheidungskriterien für die Wahl von Standorten für neue Oberschulen
/Gymnasien: Was ist für Sie das wichtigste Kriterium? (vorher: mehrheitlich
eine ÖPNV-Anbindung mit höchster Bedeutung / nachher: mehrheitlich eine
höchste Priorität für die Wirtschaftlichkeit)
AG „Kulturförderabgabe“: Die Arbeitsgruppe plädierte für die zumindest pilothafte
Einführung einer Kulturförderabgabe, ggf. ergänzt um eine freiwillige Abgabe, die auf
die Geschäftstouristen zielt. Ein Instrument für Tagestouristen wurde nicht gefunden.
Als Ergänzungsvorschlag wurde daher die größere Staffelung von Eintrittspreisen bei
Kultureinrichtungen eingebracht. Das Plenum folgte diesem Vorschlag.
Folgende Ergebnisse wurden bei den Meinungsbildern im Plenum erzielt:
o
Soll eine verpflichtende Kulturförderabgabe für private Touristen eingeführt
werden, wenn diese rechtlich abgesichert ist? (mehrheitlich ja)
o
Für den Fall, dass eine verpflichtende Kulturförderabgabe für private Touristen
eingeführt wird: Soll zusätzlich eine freiwillige Abgabe für Geschäftstouristen
eingeführt werden? (mehrheitlich ja)
o
Sollte eine größere Staffelung der Eintrittspreise bei Kultureinrichtungen
(Gewandhaus, Oper, Theater) erfolgen? (mehrheitlich ja)
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